Der Abend nach dem Begräbnis der besten Freundin.
Eine grandiose Erzählung über Freundschaft und Tod.
Eine Frau auf dem Weg nach Hause. Sie kommt vom Begräbnis ihrer besten Freundin, sechs Stunden ist das her, und im Straßenverkehr denkt sie wieder und wieder an Lilli. Daran, wie sie es mit den Männern...
Eine Frau auf dem Weg nach Hause. Sie kommt vom Begräbnis ihrer besten Freundin, sechs Stunden ist das her, und im Straßenverkehr denkt sie wieder und wieder an Lilli. Daran, wie sie es mit den Männern...
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Taschenbuch
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Produktinformationen zu „Der Abend nach dem Begräbnis der besten Freundin. “
Klappentext zu „Der Abend nach dem Begräbnis der besten Freundin. “
Eine grandiose Erzählung über Freundschaft und Tod.Eine Frau auf dem Weg nach Hause. Sie kommt vom Begräbnis ihrer besten Freundin, sechs Stunden ist das her, und im Straßenverkehr denkt sie wieder und wieder an Lilli. Daran, wie sie es mit den Männern gehalten hat, wie mit den Bindungen, die man lebenslang eingeht, der Familie, den Kindern, wie mit den vielen kleinen und auch größeren Lügen, dem Abtauchen in Affären und wie mit der tödlichen Krankheit. Und daran, wie die Ketten um Lilli immer enger geworden sind.
Marlene Streeruwitz beleuchtet in dieser Erzählung ein Stück Alltag, ein Stück Leben, wie es viele gibt, und verleiht ihm durch ihre hochkonzentrierte, bezwingende Prosa eine eigene Würde.
Lese-Probe zu „Der Abend nach dem Begräbnis der besten Freundin. “
Der Abend nach dem Begräbnis der besten Freundin von Marlene SteeruwitzDie Fahrt nach Hause.
»I did it my way.« Wie um alles in der Welt. Wer ist auf diese Idee gekommen. Wie konnte jemand auf diese Idee kommen. Die Lilli und Frank Sinatra. Was wollte dieser Mann damit sagen. »I did it my way.« Ein erzkatholisches Begräbnis und zum Grab. »I did it my way.« Ein Mafioso in Las Vegas. Und dann. Leichenschmaus.
Ob man zum Leichenschmaus kommen will.
Leichenschmaus. Es soll ja eine soziale Funktion haben. Ein solches Ritual. Oder ist das ein Brauch. Das ist wahrscheinlich eher ein Brauch. Wenn es ein Ritual wäre, könnte man eher hingehen. Dann wäre es die Bestätigung, dass es niemandem gelingt, um das Leben herumzukommen.
Kann der nicht blinken. Kann dieses Arschloch nicht blinken. Was ist denn das für einer. Ja. Ein Oldie mit Hut. Na. Was denn sonst. Ein Oldie mit Hut. Nie heimisch geworden. In seinem Kraftfahrzeug. Ja. Das haben wir gern. Ach ja. Es ist eine Frau. Na ja. Geblinkt muss aber werden, meine Liebe, und deswegen werden wir hier jetzt. Entflechten.
Dass gegessen werden muss. Dass wieder gegessen werden muss. Ja. Das könnte man gemeinsam. Das wäre dann so eine Rückkehr. Aber dafür müsste es karger sein. Und nicht immer der Schweinsbraten auch noch da. Ein Schweinsbraten. So ein Schweinsbraten. Der ist doch.
Hätte ich doch gehen sollen. Ein Stück Schweinsbraten in den Mund stopfen und damit das Leben wieder beginnen. Diesen süßschweinischen Geschmack. Als neuen Lebensanfang.
Wer diese Halogenscheinwerfer erlaubt hat, der gehört.
... mehr
Mein Leben nach diesem Begräbnis kann nicht mit Schweinsbraten beginnen. Ich sollte einfach Vegetarierin werden. Endgültig. Aber wäre das freundlich. Den Verlust von ihr mit der Aufgabe des fleischlichen Genusses.
Wie diese Leute essen können. Die sitzen jetzt da und essen, und es wird dann auch gleich wieder gelacht. Das passiert mir ja auch. Es ist eben unmöglich, sich bei einem Thema zu halten. Man möchte ja wissen, wie das gehen sollte.
Und hier wollten wir auch wissen, wieso es schon wieder. Bitte. Weiterfahren. Nicht immer. Zügig. Meine Herrschaften. Zügig und über die Kreuzung. Und natürlich nicht.
Warum ich nicht geweint habe. Scham. Nein. Geniert hätte ich mich nicht. Warum soll ich mich vor irgendjemandem da genieren. Kann es doch sein, dass wir alle vorbereitet waren. Zwei Jahre Vorbereitung, und wir machen eine gute Prüfung. Ein tränenloses Begräbnis, bei dem ja eigentlich der Krebs zu Grabe getragen worden ist. Sie hat ja nur noch aus Metastasen bestanden. Voll ausmetastasiert. Sie hat das sagen können. Ich bin voll ausmetastasiert.
Ist das eine medizinische Bezeichnung, oder hat sie sich das ausgedacht.
Ich kenne jetzt eigentlich alle Zimmer in dieser Klinik. Die Lilli ist in ziemlich jedem Zimmer da gelegen, aber ich weiß nicht, in welchem sie.
Aber ich habe sie doch gefragt.
Ich wäre nicht weggefahren.
Und sie muss es gewusst haben.
Oder weiß man es dann doch auch nicht. Oder weiß man es und weiß es nicht deutlich genug, es zu sagen. Oder weiß man gar nichts und muss vermuten. Weil sich einem nichts mehr mitteilt, nach zwei Jahren Chemo, und es ist nur so ein Über-den-Rand-Kippen, weil es ja doch die ganze Zeit schon so schrecklich war. Am Anfang war es.
Es ist wie alles andere. Es kann gelernt werden. Die Lilli hat das Sterben gelernt wie eine Fremdsprache. Sie hat das gemacht wie alles andere auch. Begabt und mit Einsatz. Wir sind ja alle Musterschülerinnen geworden. Wir erfolgreichen Frauen. Wir machen ja alles so. Begabt und mit Einsatz.
Ja. Hupen. Ich kann auch hupen.
Warum hat mich der jetzt angehupt. Was habe ich denn. Fahre ich so.
O. k., o. k. Ruhig. Ruhig. Konzentration. Wir wollen keinen Unfall. Obwohl. Eine Massenkarambolage. Jetzt bremsen und sich querstellen und alle in den Wagen hineinsausen lassen. 30 Autos. Jetzt im Abendverkehr. Einen Riesenberg Autowracks. Und eigentlich ginge es um die Geräusche. Um das Knallen und Krachen und die Explosionen und das quietschende Schleifen von Metall und Schreie. Schreie aus den Autowracks und immer der Dopplereffekt von der Gegenfahrbahn und dann das Blaulicht und die Sirenen.
Richtiger wäre das. Und nicht »I did it my way«.
Warum habe ich nicht geheult. Warum habe ich nicht heulen können. Ich bin ja doch. Eingeschränkt. Wenn ich geheult hätte, dann hätte ich das hinter mir, und ich könnte anders an sie denken. Jetzt liegt sie in diesem Drecksgrab, und die haben die Erde über sie und die Blumen fangen zu stinken an und dieser Scheißkrebs. Der kann jetzt zufrieden sein. Und hätte sie doch nicht geraucht. Um Gottes willen. Hätte sie doch nicht geraucht. Diese blöde Kuh. Das weiß man doch, und dann bekommt dieses scheiß »I did it my way« noch eine ganz hinterhältige Bedeutung. Die haben ihr das heimgezahlt. Mit diesem Lied. Die haben ihr die Schuld zugewiesen. Ich habe mich auf meine Art umgebracht. Das haben die gemeint, und dazu haben die kein Recht. Die waren daran beteiligt. So eine Familie. So eine Kleinfamilie. Die waren da mitbeteiligt. Mein Gott. Wie ich diesen Mann hasse. So ein Mäusekönig. So ein Arschloch. Eine solche Frechheit. Sie mit diesem Vorwurf ins Grab singen.
Nein. Das ist. Ungeheuerlich. Das ist ungeheuerlich. Das ist. Wahnsinn. Wahnsinn ist das.
Copyright © S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main
Mein Leben nach diesem Begräbnis kann nicht mit Schweinsbraten beginnen. Ich sollte einfach Vegetarierin werden. Endgültig. Aber wäre das freundlich. Den Verlust von ihr mit der Aufgabe des fleischlichen Genusses.
Wie diese Leute essen können. Die sitzen jetzt da und essen, und es wird dann auch gleich wieder gelacht. Das passiert mir ja auch. Es ist eben unmöglich, sich bei einem Thema zu halten. Man möchte ja wissen, wie das gehen sollte.
Und hier wollten wir auch wissen, wieso es schon wieder. Bitte. Weiterfahren. Nicht immer. Zügig. Meine Herrschaften. Zügig und über die Kreuzung. Und natürlich nicht.
Warum ich nicht geweint habe. Scham. Nein. Geniert hätte ich mich nicht. Warum soll ich mich vor irgendjemandem da genieren. Kann es doch sein, dass wir alle vorbereitet waren. Zwei Jahre Vorbereitung, und wir machen eine gute Prüfung. Ein tränenloses Begräbnis, bei dem ja eigentlich der Krebs zu Grabe getragen worden ist. Sie hat ja nur noch aus Metastasen bestanden. Voll ausmetastasiert. Sie hat das sagen können. Ich bin voll ausmetastasiert.
Ist das eine medizinische Bezeichnung, oder hat sie sich das ausgedacht.
Ich kenne jetzt eigentlich alle Zimmer in dieser Klinik. Die Lilli ist in ziemlich jedem Zimmer da gelegen, aber ich weiß nicht, in welchem sie.
Aber ich habe sie doch gefragt.
Ich wäre nicht weggefahren.
Und sie muss es gewusst haben.
Oder weiß man es dann doch auch nicht. Oder weiß man es und weiß es nicht deutlich genug, es zu sagen. Oder weiß man gar nichts und muss vermuten. Weil sich einem nichts mehr mitteilt, nach zwei Jahren Chemo, und es ist nur so ein Über-den-Rand-Kippen, weil es ja doch die ganze Zeit schon so schrecklich war. Am Anfang war es.
Es ist wie alles andere. Es kann gelernt werden. Die Lilli hat das Sterben gelernt wie eine Fremdsprache. Sie hat das gemacht wie alles andere auch. Begabt und mit Einsatz. Wir sind ja alle Musterschülerinnen geworden. Wir erfolgreichen Frauen. Wir machen ja alles so. Begabt und mit Einsatz.
Ja. Hupen. Ich kann auch hupen.
Warum hat mich der jetzt angehupt. Was habe ich denn. Fahre ich so.
O. k., o. k. Ruhig. Ruhig. Konzentration. Wir wollen keinen Unfall. Obwohl. Eine Massenkarambolage. Jetzt bremsen und sich querstellen und alle in den Wagen hineinsausen lassen. 30 Autos. Jetzt im Abendverkehr. Einen Riesenberg Autowracks. Und eigentlich ginge es um die Geräusche. Um das Knallen und Krachen und die Explosionen und das quietschende Schleifen von Metall und Schreie. Schreie aus den Autowracks und immer der Dopplereffekt von der Gegenfahrbahn und dann das Blaulicht und die Sirenen.
Richtiger wäre das. Und nicht »I did it my way«.
Warum habe ich nicht geheult. Warum habe ich nicht heulen können. Ich bin ja doch. Eingeschränkt. Wenn ich geheult hätte, dann hätte ich das hinter mir, und ich könnte anders an sie denken. Jetzt liegt sie in diesem Drecksgrab, und die haben die Erde über sie und die Blumen fangen zu stinken an und dieser Scheißkrebs. Der kann jetzt zufrieden sein. Und hätte sie doch nicht geraucht. Um Gottes willen. Hätte sie doch nicht geraucht. Diese blöde Kuh. Das weiß man doch, und dann bekommt dieses scheiß »I did it my way« noch eine ganz hinterhältige Bedeutung. Die haben ihr das heimgezahlt. Mit diesem Lied. Die haben ihr die Schuld zugewiesen. Ich habe mich auf meine Art umgebracht. Das haben die gemeint, und dazu haben die kein Recht. Die waren daran beteiligt. So eine Familie. So eine Kleinfamilie. Die waren da mitbeteiligt. Mein Gott. Wie ich diesen Mann hasse. So ein Mäusekönig. So ein Arschloch. Eine solche Frechheit. Sie mit diesem Vorwurf ins Grab singen.
Nein. Das ist. Ungeheuerlich. Das ist ungeheuerlich. Das ist. Wahnsinn. Wahnsinn ist das.
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Autoren-Porträt von Marlene Streeruwitz
Marlene Streeruwitz, in Baden bei Wien geboren, studierte Slawistik und Kunstgeschichte und begann als Regisseurin und Autorin von Theaterstücken und Hörspielen. Für ihre Romane erhielt sie zahlreiche Auszeichnungen, darunter zuletzt den Bremer Literaturpreis und den Preis der Literaturhäuser. Ihr Roman »Die Schmerzmacherin.« stand 2011 auf der Shortlist für den Deutschen Buchpreis. Zuletzt erschienen der Roman »Flammenwand.« (Longlist Deutscher Buchpreis 2019), die Breitbach-Poetikvorlesung »Geschlecht. Zahl. Fall.« (2021) sowie der Roman »Tage im Mai.« (2023). Literaturpreise (u.a.):Mara-Cassens-Preis 1996Österreichischer Würdigungsstaatspreis für Literatur 1999Hermann-Hesse-Literaturpreis 2001 (für "Nachwelt")Walter-Hasenclever-Literaturpreis 2002Bremer Literaturpreis 2012Franz-Nabl-Preis 2015Preis der Literaturhäuser 2020Wiener Buchpreis 2023
Bibliographische Angaben
- Autor: Marlene Streeruwitz
- 2014, 1. Auflage, 64 Seiten, Maße: 12,3 x 19 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Verlag: FISCHER Taschenbuch
- ISBN-10: 359619590X
- ISBN-13: 9783596195909
- Erscheinungsdatum: 22.01.2014
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