Der Pate
Roman. Bestpreisseller. Sonderausgabe
Der kleine Vito entkommt als einziger seiner Familie einem Massaker in seinem Heimatort auf Sizilien. Er flieht nach New York und muß erleben, wie seine Landsleute von einem Mafiaboss ausgebeutet werden. Vito tötet ihn und steigt selbst zum Paten auf. Aber...
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Produktdetails
Produktinformationen zu „Der Pate “
Der kleine Vito entkommt als einziger seiner Familie einem Massaker in seinem Heimatort auf Sizilien. Er flieht nach New York und muß erleben, wie seine Landsleute von einem Mafiaboss ausgebeutet werden. Vito tötet ihn und steigt selbst zum Paten auf. Aber ihn beherrscht nur ein Gedanke: Er will den Mord an seiner Familie rächen. Er kehrt nach Italien zurück und vollzieht die Rache.
Klappentext zu „Der Pate “
Ein mitreißender Mafia-Thriller. Auch als Film ein Welterfolg.Der kleine Vito entkommt als einziger einem Massaker in seinem Heimatort auf Sizilien. Er flieht nach New York und wird als Erwachsener zum gefürchteten Paten der amerikanischen Mafia. Aber ihn beherrscht nur ein Gedanke: Er will den Mord an seiner Familie rächen.
Der kleine Vito entkommt als einziger einem Massaker in seinem Heimatort auf Sizilien. Er flieht nach New York und wird als Erwachsener zum gefürchteten Paten der amerikanischen Mafia. Aber ihn beherrscht nur ein Gedanke: Er will den Mord an seiner Familie rächen.
Lese-Probe zu „Der Pate “
Der Pate von Mario Puzo LESEPROBE Erstes BuchAmerigo Bonasera saß im Verhandlungsraum des New Yorker Strafgerichts Nummer 3 und wartete auf sein Recht; auf die Bestrafung jener Männer, die seine Tochter so brutal mißhandelt hatten.
Der Richter rollte die Ärmel seiner schwarzen Robe hoch, als wolle er die beiden jungen Männer, die vor dem Richtertisch standen, körperlich züchtigen. Seine Miene drückte kalte Verachtung aus. Doch irgend etwas stimmte hier nicht. Amerigo Bonasera spürte es, ohne es erklären zu können.
»Sie haben sich wie Barbaren aufgeführt», sagte der Richter schroff. Ja, ja, dachte Amerigo Bonasera. Tiere. Tiere. Die beiden jungen Männer, das glatte Haar zur gepflegten Bürste geschnitten, einen Ausdruck tiefster Zerknirschung auf den frischen, sauberen Gesichtern, senkten unterwürfig den Kopf.
Der Richter fuhr fort: «Sie haben sich wie wilde Tiere benommen. Sie haben Glück, daß Sie das arme Mädchen nicht sexuell mißbraucht haben, sonst hätte ich Sie für zwanzig Jahre hinter Gitter gebracht.» Der Richter hielt inne; unter den dichten Brauen hervor warf er einen kurzen, verschlagenen Blick auf den blassen Amerigo Bonasera, dann konzentrierte er sich auf einen Stapel Bewährungsberichte, der vor ihm lag. Er runzelte die Stirn und zuckte die Achseln, als sei er gegen sein besseres Wissen zu einer Überzeugung gelangt.
... mehr
«Als mildernde Umstände gelten jedoch Ihre Jugend, Ihre bisherige gute Führung und daß Sie aus angesehener Familie kommen. Unser Gesetz will Gerechtigkeit und nicht Vergeltung. Ich verurteile Sie hiermit zu drei Jahren Erziehungsanstalt. Die Strafe wird zur Bewährung ausgesetzt.»
Bonasera empfand Haß und eine überwältigende Hoffnungslosigkeit. Daß sein Gesicht trotzdem unbeweglich blieb, verdankte er seiner vierzigjährigen Berufserfahrung als Bestattungsunternehmer. Seine schöne junge Tochter lag noch immer im Krankenhaus, ihr gebrochener Kiefer mit Draht zusammengehalten; und nun sollten diese beiden animali frei ausgehen? Es war alles nur Theater gewesen. Er sah die glückstrahlenden Eltern um ihre Lieblinge drängen. Ja, jetzt waren sie alle glücklich, jetzt lächelten sie alle.
Scharf stieg bittere schwarze Galle in seiner Kehle empor. Er zog sein weißes Taschentuch heraus und drückte es an die Lippen. So stand er da, als die beiden jungen Männer selbstbewußt lächelnd den Gang hinaufschritten, ohne ihn auch nur mit einem einzigen Blick zu beachten. Stumm, das frische Leinentuch an den Mund gepreßt, ließ er sie vorbei.
Jetzt kamen die Eltern dieser animali, zwei Männer, zwei Frauen, etwa ebenso alt wie er, nur amerikanischer gekleidet. Sie sahen ihn scheu an, aber in ihren Augen stand ein seltsamer, triumphierender Trotz.
Amerigo Bonasera verlor die Beherrschung. Er beugte sich weit in den Gang hinaus und brüllte heiser:
«Ihr werdet noch weinen, wie ich geweint habe - ich werde euch zum Weinen bringen, wie eure Kinder mich zum Weinen gebracht haben!» Er führte das Taschentuch an die Augen. Die Verteidiger, die die Nachhut bildeten, drängten ihre Klienten weiter, und die kleine, dichte Gruppe umringte die beiden jungen Männer, die wie' der kehrtgemacht hatten, als wollten sie ihren Eltern zu Hilfe kommen. Ein hünenhafter Gerichtsdiener eilte herbei, um sich vor der Bankreihe aufzubauen, in der Bonasera stand. Aber das war nicht mehr nötig.
Seit vielen Jahren, solange er in Amerika war, hatte Amerigo Bonasera Vertrauen in Gesetz und Ordnung gehabt. Er war dadurch zu Wohlstand gelangt. Nun, obwohl wilde Visionen vom Kauf eines Revolvers und Mord an den beiden jungen Männern durch sein haßerfülltes Gehirn zuckten, wandte er sich an seine Frau, die die Vorgänge nicht begriffen hatte, und sagte: «Sie haben uns zum Narren gemacht.» Er hielt inne und faßte dann seinen Entschluß. Jetzt hatte er keine Angst mehr vor dem Preis. «Wenn wir Gerechtigkeit wollen, müssen wir zu Don Corleone gehen - auf unseren Knien.»
In seiner pompösen Hotelsuite in Los Angeles trank sich Johnny Fontane einen Rausch an, wie jeder andere eifersüchtige Ehemann. Er hatte sich auf einer roten Couch ausgestreckt, trank den Scotch direkt aus der Flasche und spülte mit einem Schluck Wasser aus dem Eisbehälter nach. Es war vier Uhr morgens. In seiner umnebelten Phantasie stellte er sich vor, wie er seine Frau, dieses Flittchen, kaltmachen würde, wenn sie nach Hause kam. Falls sie nach Hause kam. Es war zu spät, um bei seiner ersten Frau anzurufen und nach den Kindern zu fragen, und seine Freunde mochte er jetzt, da es mit seiner Karriere abwärts ging, auch nicht anrufen. Es gab eine Zeit, da wären sie entzückt und geschmeichelt gewesen, wenn er sie morgens um vier aus dem Schlaf geholt hätte. Heute ging er ihnen nur auf die Nerven. Er konnte sogar ein wenig lächeln, als er daran dachte, daß einmal die größten weiblichen Stars von Amerika voller Interesse Johnny Fontanes Probleme angehört hatten.
Er nahm einen Schluck aus der Flasche, und nun endlich hörte er, wie seine Frau den Schlüssel ins Schloß schob. Er trank weiter, bis sie hereinkam und vor ihm stehenblieb. Sie war so schön - das feine Gesicht, die tiefen dunkelblauen Augen, der zierliche, ebenmäßige Körper. Auf der Leinwand wirkte ihre Schönheit noch intensiver. Millionen von Männern auf der ganzen Welt waren in dieses Gesicht verliebt, in das Gesicht Margot Ashtons. Und zahlten, um es im Kino bewundern zu können.
«Wo zum Teufel warst du?» fragte Johnnv Fontane.
«Aus. Vögeln», antwortete sie.
Sie hatte den Grad seiner Trunkenheit überschätzt. Mit einem Satz war er über den Cocktailtisch gesprungen und packte sie bei der Kehle. Als er aber dieses bezaubernde Gesicht so dicht vor sich sah, erlosch seine Wut, und er war wieder hilflos. Da beging sie den Fehler, ihn spöttisch anzulächeln, und er hob die Faust. «Nicht, Johnny!» schrie sie. «Nicht ins Gesicht! Ich filme!»
Sie lachte. Er schlug sie in den Magen, und sie fiel zu Boden. Er fiel über sie. Als sie nach Luft schnappte, roch er ihren duftenden Atem. Er schlug sie auf ihre Arme und ihre seidig gebräunten Oberschenkel. Er verdrosch sie systematisch, so wie er vor langer Zeit in New Yorks Hell's Kitchen kleinere Buben verdroschen hatte. Schläge, die weh taten, die aber keine bleibende Entstellung, keine ausgeschlagenen Zähne oder gebrochene Nase hinterließen.
Aber er schlug nicht hart genug zu. Er brachte es nicht fertig. Und sie lachte ihn aus. Mit gespreizten Beinen daliegend, das lange Brokatkleid weit über die Schenkel hinaufgerutscht, höhnte sie lachend: «Los, Johnny, steck ihn doch rein! Steck ihn rein, Johnny, das willst du doch nur.»
Johnny Fontane stand auf. Er haßte die Frau auf dem Fußboden, aber ihre Schönheit beschützte sie wie ein Schild. Margot rollte auf die Seite und kam mit einem federnden Sprung auf die Füße. Sie begann wie ein Kind im Zimmer herumzutanzen und sang dazu: «Johnny tut mir gar nicht weh, Johnny tut mir gar nicht weh!» Dann sagte sie beinahe traurig, mit ernstem, schönem Gesicht: «Du armes, dummes Schwein, du benimmst dich wie ein Kind. Ach, Johnny, du wirst immer ein dummer, romantischer Trottel bleiben. Auch im Bett bist du wie ein Kind. Du glaubst immer noch, daß es beim Vögeln so zugeht wie in diesen Schnulzen, die du früher gesungen hast.» Sie schüttelte den Kopf. «Armer Johnny! Leb wohl, Johnny.» Sie ging ins Schlafzimmer, und dann hörte er, wie der Schlüssel herumgedreht wurde.
Johnny saß auf dem Fußboden, das Gesicht in den Händen vergraben. Er empfand lähmende, demütigende Verzweiflung. Doch Johnny war zähe. In der Gosse mußte man zähe sein. Diese Zähigkeit hatte ihm geholfen, im Dschungel von Hollywood zu überleben. Er nahm den Telefonhörer und bestellte ein Taxi, das ihn zum Flughafen bringen sollte. Einen Menschen gab es, der ihn retten konnte. Er würde nach New York zurückkehren, zu dem einzigen, der die Macht besaß, die Weisheit, die Johnny jetzt brauchte, und die Liebe, an die er immer noch glaubte. Sein Pate Don Corleone.
Nazorine, der Bäcker, dick und knusprig wie seine großen italienischen Brote, von seiner Arbeit noch mit Mehlstaub bedeckt, musterte grollend seine Frau, seine heiratsfähige Tochter Katherine und Enzo, seinen Bäckergesellen. Enzo trug wieder seine Kriegsgefangenenuniform mit dem grün bedruckten Ärmelstreifen und hatte entsetzliche Angst, daß er nun dieser Szene wegen zu spät nach Governor's Island zurückkommen werde. Als einer der vielen tausend italienischen Gefangenen, die tagsüber in amerikanischen Betrieben arbeiten durften, lebte er in ständiger Furcht, daß diese Erlaubnis widerrufen werden könnte. Und darum war die kleine Komödie, die eben stattfand, für ihn eine tiefernste Angelegenheit.
Nazorine fragte hitzig: «Hast du meine Familie entehrt? Hast du meiner Tochter ein kleines Andenken gegeben, damit sie dich nicht vergißt, jetzt, wo der Krieg aus ist und du weißt, daß Amerika dich mit einem Tritt in den Arsch in dein Scheißdorf Sizilien zurückbefördern wird?»
Enzo, ein kleiner, kräftig gebauter Junge, legte die Hand auf sein Herz und beteuerte fast unter Tränen, dabei aber sehr geschickt: «Padrone, ich schwöre Ihnen bei der Heiligen Jungfrau, daß ich Ehre Güte nicht ausgenutzt habe. Ich liebe Ihre Tochter und bitte Sie mit allem Respekt um ihre Hand. Ich weiß, daß ich kein Recht dazu habe, aber wenn man mich nach Italien zurückschickt, kann ich nie wieder nach Amerika kommen. Und dann kann ich meine Katherine nicht heiraten.»
Filomena, Nazorines Frau, kam zur Sache. «Schluß mit dem Unsinn!» befahl sie ihrem rundlichen Ehemann. «Du weißt genau, was du zu tun hast. Laß Enzo hierbleiben und schick ihn zu unseren Verwandten nach Long Island, damit er sich dort verstecken kann.»
Katherine weinte. Sie war schon jetzt plump, reizlos und hatte einen Anflug von Damenbart. Nie mehr würde sie einen so hübschen Ehemann finden wie Enzo, nie mehr einen Mann bekommen, der ihren Körper mit so viel respektvoller Liebe an seinen geheimsten Stellen streichelte. «Ich gehe nach Italien!» schrie sie ihren Vater an. «Ich laufe weg, wenn du Enzo nicht hierbleiben läßt!»
© Rowohlt Verlag
Übersetzung: Gisela Stege
Bonasera empfand Haß und eine überwältigende Hoffnungslosigkeit. Daß sein Gesicht trotzdem unbeweglich blieb, verdankte er seiner vierzigjährigen Berufserfahrung als Bestattungsunternehmer. Seine schöne junge Tochter lag noch immer im Krankenhaus, ihr gebrochener Kiefer mit Draht zusammengehalten; und nun sollten diese beiden animali frei ausgehen? Es war alles nur Theater gewesen. Er sah die glückstrahlenden Eltern um ihre Lieblinge drängen. Ja, jetzt waren sie alle glücklich, jetzt lächelten sie alle.
Scharf stieg bittere schwarze Galle in seiner Kehle empor. Er zog sein weißes Taschentuch heraus und drückte es an die Lippen. So stand er da, als die beiden jungen Männer selbstbewußt lächelnd den Gang hinaufschritten, ohne ihn auch nur mit einem einzigen Blick zu beachten. Stumm, das frische Leinentuch an den Mund gepreßt, ließ er sie vorbei.
Jetzt kamen die Eltern dieser animali, zwei Männer, zwei Frauen, etwa ebenso alt wie er, nur amerikanischer gekleidet. Sie sahen ihn scheu an, aber in ihren Augen stand ein seltsamer, triumphierender Trotz.
Amerigo Bonasera verlor die Beherrschung. Er beugte sich weit in den Gang hinaus und brüllte heiser:
«Ihr werdet noch weinen, wie ich geweint habe - ich werde euch zum Weinen bringen, wie eure Kinder mich zum Weinen gebracht haben!» Er führte das Taschentuch an die Augen. Die Verteidiger, die die Nachhut bildeten, drängten ihre Klienten weiter, und die kleine, dichte Gruppe umringte die beiden jungen Männer, die wie' der kehrtgemacht hatten, als wollten sie ihren Eltern zu Hilfe kommen. Ein hünenhafter Gerichtsdiener eilte herbei, um sich vor der Bankreihe aufzubauen, in der Bonasera stand. Aber das war nicht mehr nötig.
Seit vielen Jahren, solange er in Amerika war, hatte Amerigo Bonasera Vertrauen in Gesetz und Ordnung gehabt. Er war dadurch zu Wohlstand gelangt. Nun, obwohl wilde Visionen vom Kauf eines Revolvers und Mord an den beiden jungen Männern durch sein haßerfülltes Gehirn zuckten, wandte er sich an seine Frau, die die Vorgänge nicht begriffen hatte, und sagte: «Sie haben uns zum Narren gemacht.» Er hielt inne und faßte dann seinen Entschluß. Jetzt hatte er keine Angst mehr vor dem Preis. «Wenn wir Gerechtigkeit wollen, müssen wir zu Don Corleone gehen - auf unseren Knien.»
In seiner pompösen Hotelsuite in Los Angeles trank sich Johnny Fontane einen Rausch an, wie jeder andere eifersüchtige Ehemann. Er hatte sich auf einer roten Couch ausgestreckt, trank den Scotch direkt aus der Flasche und spülte mit einem Schluck Wasser aus dem Eisbehälter nach. Es war vier Uhr morgens. In seiner umnebelten Phantasie stellte er sich vor, wie er seine Frau, dieses Flittchen, kaltmachen würde, wenn sie nach Hause kam. Falls sie nach Hause kam. Es war zu spät, um bei seiner ersten Frau anzurufen und nach den Kindern zu fragen, und seine Freunde mochte er jetzt, da es mit seiner Karriere abwärts ging, auch nicht anrufen. Es gab eine Zeit, da wären sie entzückt und geschmeichelt gewesen, wenn er sie morgens um vier aus dem Schlaf geholt hätte. Heute ging er ihnen nur auf die Nerven. Er konnte sogar ein wenig lächeln, als er daran dachte, daß einmal die größten weiblichen Stars von Amerika voller Interesse Johnny Fontanes Probleme angehört hatten.
Er nahm einen Schluck aus der Flasche, und nun endlich hörte er, wie seine Frau den Schlüssel ins Schloß schob. Er trank weiter, bis sie hereinkam und vor ihm stehenblieb. Sie war so schön - das feine Gesicht, die tiefen dunkelblauen Augen, der zierliche, ebenmäßige Körper. Auf der Leinwand wirkte ihre Schönheit noch intensiver. Millionen von Männern auf der ganzen Welt waren in dieses Gesicht verliebt, in das Gesicht Margot Ashtons. Und zahlten, um es im Kino bewundern zu können.
«Wo zum Teufel warst du?» fragte Johnnv Fontane.
«Aus. Vögeln», antwortete sie.
Sie hatte den Grad seiner Trunkenheit überschätzt. Mit einem Satz war er über den Cocktailtisch gesprungen und packte sie bei der Kehle. Als er aber dieses bezaubernde Gesicht so dicht vor sich sah, erlosch seine Wut, und er war wieder hilflos. Da beging sie den Fehler, ihn spöttisch anzulächeln, und er hob die Faust. «Nicht, Johnny!» schrie sie. «Nicht ins Gesicht! Ich filme!»
Sie lachte. Er schlug sie in den Magen, und sie fiel zu Boden. Er fiel über sie. Als sie nach Luft schnappte, roch er ihren duftenden Atem. Er schlug sie auf ihre Arme und ihre seidig gebräunten Oberschenkel. Er verdrosch sie systematisch, so wie er vor langer Zeit in New Yorks Hell's Kitchen kleinere Buben verdroschen hatte. Schläge, die weh taten, die aber keine bleibende Entstellung, keine ausgeschlagenen Zähne oder gebrochene Nase hinterließen.
Aber er schlug nicht hart genug zu. Er brachte es nicht fertig. Und sie lachte ihn aus. Mit gespreizten Beinen daliegend, das lange Brokatkleid weit über die Schenkel hinaufgerutscht, höhnte sie lachend: «Los, Johnny, steck ihn doch rein! Steck ihn rein, Johnny, das willst du doch nur.»
Johnny Fontane stand auf. Er haßte die Frau auf dem Fußboden, aber ihre Schönheit beschützte sie wie ein Schild. Margot rollte auf die Seite und kam mit einem federnden Sprung auf die Füße. Sie begann wie ein Kind im Zimmer herumzutanzen und sang dazu: «Johnny tut mir gar nicht weh, Johnny tut mir gar nicht weh!» Dann sagte sie beinahe traurig, mit ernstem, schönem Gesicht: «Du armes, dummes Schwein, du benimmst dich wie ein Kind. Ach, Johnny, du wirst immer ein dummer, romantischer Trottel bleiben. Auch im Bett bist du wie ein Kind. Du glaubst immer noch, daß es beim Vögeln so zugeht wie in diesen Schnulzen, die du früher gesungen hast.» Sie schüttelte den Kopf. «Armer Johnny! Leb wohl, Johnny.» Sie ging ins Schlafzimmer, und dann hörte er, wie der Schlüssel herumgedreht wurde.
Johnny saß auf dem Fußboden, das Gesicht in den Händen vergraben. Er empfand lähmende, demütigende Verzweiflung. Doch Johnny war zähe. In der Gosse mußte man zähe sein. Diese Zähigkeit hatte ihm geholfen, im Dschungel von Hollywood zu überleben. Er nahm den Telefonhörer und bestellte ein Taxi, das ihn zum Flughafen bringen sollte. Einen Menschen gab es, der ihn retten konnte. Er würde nach New York zurückkehren, zu dem einzigen, der die Macht besaß, die Weisheit, die Johnny jetzt brauchte, und die Liebe, an die er immer noch glaubte. Sein Pate Don Corleone.
Nazorine, der Bäcker, dick und knusprig wie seine großen italienischen Brote, von seiner Arbeit noch mit Mehlstaub bedeckt, musterte grollend seine Frau, seine heiratsfähige Tochter Katherine und Enzo, seinen Bäckergesellen. Enzo trug wieder seine Kriegsgefangenenuniform mit dem grün bedruckten Ärmelstreifen und hatte entsetzliche Angst, daß er nun dieser Szene wegen zu spät nach Governor's Island zurückkommen werde. Als einer der vielen tausend italienischen Gefangenen, die tagsüber in amerikanischen Betrieben arbeiten durften, lebte er in ständiger Furcht, daß diese Erlaubnis widerrufen werden könnte. Und darum war die kleine Komödie, die eben stattfand, für ihn eine tiefernste Angelegenheit.
Nazorine fragte hitzig: «Hast du meine Familie entehrt? Hast du meiner Tochter ein kleines Andenken gegeben, damit sie dich nicht vergißt, jetzt, wo der Krieg aus ist und du weißt, daß Amerika dich mit einem Tritt in den Arsch in dein Scheißdorf Sizilien zurückbefördern wird?»
Enzo, ein kleiner, kräftig gebauter Junge, legte die Hand auf sein Herz und beteuerte fast unter Tränen, dabei aber sehr geschickt: «Padrone, ich schwöre Ihnen bei der Heiligen Jungfrau, daß ich Ehre Güte nicht ausgenutzt habe. Ich liebe Ihre Tochter und bitte Sie mit allem Respekt um ihre Hand. Ich weiß, daß ich kein Recht dazu habe, aber wenn man mich nach Italien zurückschickt, kann ich nie wieder nach Amerika kommen. Und dann kann ich meine Katherine nicht heiraten.»
Filomena, Nazorines Frau, kam zur Sache. «Schluß mit dem Unsinn!» befahl sie ihrem rundlichen Ehemann. «Du weißt genau, was du zu tun hast. Laß Enzo hierbleiben und schick ihn zu unseren Verwandten nach Long Island, damit er sich dort verstecken kann.»
Katherine weinte. Sie war schon jetzt plump, reizlos und hatte einen Anflug von Damenbart. Nie mehr würde sie einen so hübschen Ehemann finden wie Enzo, nie mehr einen Mann bekommen, der ihren Körper mit so viel respektvoller Liebe an seinen geheimsten Stellen streichelte. «Ich gehe nach Italien!» schrie sie ihren Vater an. «Ich laufe weg, wenn du Enzo nicht hierbleiben läßt!»
© Rowohlt Verlag
Übersetzung: Gisela Stege
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Autoren-Porträt von Mario Puzo
Mario Puzo wurde 1920 als Sohn armer italienischer Einwanderer in New York geboren. Seine Mafiaromane machten ihn weltberühmt. Er starb 1999 auf Long Island.
Bibliographische Angaben
- Autor: Mario Puzo
- 2008, 1. Auflage, Sonderausgabe., 512 Seiten, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzung:Stege, Gisela
- Verlag: Rowohlt TB.
- ISBN-10: 3499247658
- ISBN-13: 9783499247651
Kommentar zu "Der Pate"
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