Der Tag der Rache / Agentur Private Bd.3
Thriller. Deutsche Erstausgabe
Ein Berliner Ermittler der Privat-Detektivagentur verschwindet, und jemand setzt alles daran, die Spuren zu vernichten - mit mörderischen Folgen ...
Private, die renommierteste Ermittlungsagentur der Welt, beschäftigt auch in der Berliner...
Private, die renommierteste Ermittlungsagentur der Welt, beschäftigt auch in der Berliner...
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Produktinformationen zu „Der Tag der Rache / Agentur Private Bd.3 “
Ein Berliner Ermittler der Privat-Detektivagentur verschwindet, und jemand setzt alles daran, die Spuren zu vernichten - mit mörderischen Folgen ...
Private, die renommierteste Ermittlungsagentur der Welt, beschäftigt auch in der Berliner Dependance nur die besten Agenten. Doch dann verschwindet einer von ihnen spurlos: Chris Schneider hatte zuvor eine persönliche Auszeit genommen - warum, wusste niemand. Das Private-Team um Mathilde Engel und Tom Burkhart erhält Hinweise auf ein verlassenes Schlachthaus bei Ahrensfelde, in dem Chris sich aufzuhalten scheint. Doch das Einzige, was sie finden, ist Chris' Peilsender. Und während die Ermittler fieberhaft nach der Wahrheit suchen, werden sie von einem mysteriösen Mann beobachtet ...
Private, die renommierteste Ermittlungsagentur der Welt, beschäftigt auch in der Berliner Dependance nur die besten Agenten. Doch dann verschwindet einer von ihnen spurlos: Chris Schneider hatte zuvor eine persönliche Auszeit genommen - warum, wusste niemand. Das Private-Team um Mathilde Engel und Tom Burkhart erhält Hinweise auf ein verlassenes Schlachthaus bei Ahrensfelde, in dem Chris sich aufzuhalten scheint. Doch das Einzige, was sie finden, ist Chris' Peilsender. Und während die Ermittler fieberhaft nach der Wahrheit suchen, werden sie von einem mysteriösen Mann beobachtet ...
Klappentext zu „Der Tag der Rache / Agentur Private Bd.3 “
Ein Berliner Ermittler der Private-Detektivagentur verschwindet, und jemand setzt alles daran, die Spuren zu vernichten - mit mörderischen Folgen ...Private, die renommierteste Ermittlungsagentur der Welt, beschäftigt auch in der Berliner Dependance nur die besten Agenten. Doch dann verschwindet einer von ihnen spurlos: Chris Schneider hatte zuvor eine persönliche Auszeit genommen - warum, wusste niemand. Das Private-Team um Mathilde Engel und Tom Burkhart erhält Hinweise auf ein verlassenes Schlachthaus bei Ahrensfelde, in dem Chris sich aufzuhalten scheint. Doch das Einzige, was sie finden, ist Chris' Peilsender. Und während die Ermittler fieberhaft nach der Wahrheit suchen, werden sie von einem mysteriösen Mann beobachtet ...
Lese-Probe zu „Der Tag der Rache / Agentur Private Bd.3 “
Der Tag der Rache von James Patterson und Mark SullivanEINS
... mehr
Um zehn Uhr an einem mondlosen Septemberabend schlich Chris Schneider, Ende dreißig und dunkel gekleidet, auf ein langes, verlassenes Gebäude am östlichen Stadtrand von Berlin zu. In seinem Kopf tanzten düstere Bilder und alte Versprechen.
Schneider zog eine Glock Kaliber .40, während er auf das trockene Rascheln der Dornenbüsche, Goldruten und Weinranken lauschte, die hier überall wucherten. Er zögerte, blickte auf die Silhouette des Gebäudes. Und erinnerte sich an den Schrecken, den er hier erlebt hatte. Er wurde sich bewusst, dass genau dies der Moment war, auf den er drei Jahrzehnte gewartet hatte.
Die ersten zehn Jahre hatte er seinen Geist und Körper trainiert. Weitere zehn Jahre danach hatte er vergeblich auf die Gelegenheit gewartet, Rache zu üben. Während der letzten zehn Jahre war er zu der traurigen Überzeugung gelangt, dass diese Gelegenheit niemals kommen würde, dass seine Vergangenheit nicht nur verschwunden, sondern gestorben war. Und mit ihr die Chance auf eine Wiedergutmachung für sich und die anderen.
Doch jetzt hatte er sie, seine Chance als Racheengel, an den sie alle glaubten.
Schneider hörte schrille Stimmen in seinem Kopf, die ihm zuriefen, er solle weitergehen und ihrer Geschichte zu einem gerechten Ende verhelfen. Er spürte, wie er innerlich härter wurde, stärker. Ihre Geschichte verdiente ein gerechtes Ende. Dafür wollte er sorgen.
Mittlerweile hatte er die Außentreppe erreicht. Die Kette vor dem angelehnten Scheunentor hing herab. Beim Blick in die Dunkelheit bekam er ein flaues Gefühl im Magen, und seine Knie wurden weich.
Du hast ein Leben lang darauf gewartet, sagte sich Schneider. Bring es zu Ende. Jetzt.
Für uns alle.
Schneider stieß die Tür mit der Schuhspitze auf, trat ein, roch Urin, verbranntes Kupfer und etwas Totes.
In seinem Kopf blitzte das Bild einer ins Schloss fallenden Tür auf, ein Bild, das ihn einen Augenblick völlig zu lähmen drohte. Doch dann spürte er, wie ihn die Forderung nach Gerechtigkeit vorwärtsdrängte. Er entsicherte seine Waffe und schaltete die am Lauf mit Klebeband befestigte Taschenlampe ein, deren sanfter roter Strahl den Bereich vor ihm ausleuchtete.
Stiefelabdrücke markierten die glatte Stauboberfläche. Er folgte ihnen mit pochendem Herzen. Betonzellen, die eher nach Ställen aussahen, lagen rechts und links des Gangs. Obwohl die Fußabdrücke geradeaus führten, kontrollierte er jeden Raum einzeln. Im letzten blieb er stehen. Ein Horrorfilm lief in seinem Kopf ab.
Als er sich wieder aufs Hier und Jetzt konzentrierte, merkte er, dass seine Hand, in der er die Waffe hielt, zitterte.
Der Gang endete vor einem weiteren Scheunentor. Das Vorhängeschloss war mit geöffnetem Bügel eingehängt, die Tür stand einen Spaltbreit offen und führte in einen höhlenartigen Raum.
Er richtete die Waffe und die Taschenlampe hinauf zu den Dachsparren, wo aufgeschreckte Tauben umherflatterten. Der Geruch nach etwas Totem war hier noch stärker. Schneider schwenkte den Lichtstrahl über den Boden. Große verrostete Schrauben ragten dort heraus. Oben wurde ein Gestell von Balken und Trägern gehalten, das sich durch den gesamten Raum erstreckte. Von dem Gestell hingen verrostete Haken herab.
Die Fußabdrücke führten von der Tür schräg links durch den Raum. Auf die Schrauben im Boden achtend, um nicht zu stolpern, folgte er ihnen. Er wollte noch einmal zu den Balken hinaufsehen, wurde aber von etwas abgelenkt, das vor ihm davonhuschte. Er ging in die Hocke und zielte mit der Waffe und der Lampe in Richtung des Geräuschs.
Eine Schar Ratten floh auf ein im Boden klaffendes Loch am anderen Ende des Raums zu. Auch die Fußabdrücke führten direkt auf das Loch zu und verschwanden dort. Das Fiepen und Zischen der Ratten wurde lauter, je näher er kam.
Links vom Loch stand ein Metallrohr mit einem nur geringfügig kleineren Durchmesser als dem des Lochs. Darauf lag ein Gitter. Rechts daneben stand ein kleiner Gasbrenner, mit dem Unkraut von Bürgersteigen beseitigt wurde.
Schneider trat an das Loch und leuchtete in einen verrosteten Stahlschacht hinunter. Drei Meter weiter unten endete der Schacht, einen guten weiteren Meter tiefer war der Boden mit Kies ausgestreut.
Und auf dem Kies lag eine Frau. Ratten huschten über sie hinweg.
Schneider wusste, wer sie war.
Er hatte sie in Berlin und in ganz Deutschland gesucht und entgegen aller Wahrscheinlichkeit gehofft, dass sie noch lebte.
Doch er war viel, viel zu spät gekommen.
Der Wunsch nach Rache, der in ihm auf kleiner Flamme gelodert hatte, durchfuhr ihn wie eine Feuersbrunst. Er wollte auf irgendetwas schießen, das sich bewegte. Er wollte ins Loch hinunterschreien, ihrem Mörder zuschreien, er möge seine gerechte Strafe abholen.
Doch dann übernahm Schneiders Vernunft wieder die Führung. Jetzt ging es um mehr als nur persönliche Rache. Es ging darum, einen abscheulichen Menschen ins Rampenlicht zu zerren und der Welt sein wahres Gesicht zu präsentieren.
Sofort raus hier, dachte er. Ruf die Polizei an. Auf der Stelle. Sollen sie sich darum kümmern.
Schneider drehte sich um und schwenkte das Licht Richtung Ausgang. Er war sechs oder sieben Schritte gegangen, als er ein Geräusch hörte wie das Flattern eines sehr großen Vogels.
Er versuchte zu reagieren, versuchte, seine Waffe auf das Geräusch zu richten. Doch die dunkle Gestalt fiel bereits aus ihrem Versteck im Schatten oberhalb des verrosteten Gestells über ihn her.
Stiefel schlugen gegen Schneiders Schlüsselbein. Er kippte rückwärts und landete auf einem der Nägel, die aus dem Boden herausragten. Der Nagel spießte ihn auf, brach seine Wirbelsäule und lähmte ihn, die Glock flog scheppernd über den Boden.
Der heftige Schmerz ließ Schneider noch nicht einmal schreien, sondern vollständig verstummen. Die Silhouette eines Mannes erschien über ihm. Er leuchtete mit einer Taschenlampe seinen eigenen Oberkörper an, darüber verdeckte eine schwarze Maske seine Nase, seine Wangen und die Stirn.
Schneider erkannte den Maskierten an der Stimme, sobald er zu sprechen begann, als wären drei Jahrzehnte an einem Tag verflogen.
»Du dachtest, du wärst auf das hier vorbereitet, Chris, hm?«, fragte der Maskierte vergnügt und ließ einen Knacklaut aus seiner Kehle hören. »Du warst nie darauf vorbereitet, egal was du dir in all den Jahren eingeredet hast.«
Ein Messer erschien in der anderen Hand des Maskierten. Er ging neben Schneider in die Hocke und setzte die Klinge an dessen Kehle an.
»Meine Freunde werden schneller da sein, wenn sie dein Blut riechen«, sagte er. »Ein paar Stunden in ihrer Obhut, und deine Maske wird verschwunden sein, Chris. Niemand wird dich je wiedererkennen, nicht einmal deine ach so liebe Mutter, hm?«
ZWEI
Am darauffolgenden Sonntagmorgen um Viertel vor vier zwängte sich Mathilde Engel, von allen nur Mattie genannt, im »Tresor«, einem legendären Nachtclub im Keller eines alten Kraftwerks im angesagten Berliner Stadtteil Kreuzberg, zwischen den Gästen hindurch.
Mattie, Mitte dreißig, energisch und attraktiv, erreichte eine Reihe von Industriekorridoren, mit denen die beiden riesigen Tanzflächen verbunden waren. Gähnend fuhr sie sich mit den Fingern durch ihr kurzes, nach oben stehendes Haar, während die Musik um sie herum dröhnte und von den Wänden widerhallte, und ließ den Blick ihrer stahlblauen Augen über die mit Graffiti überzogenen Wände, über die Nikotinschwaden und die hartgesottenen Partylöwen gleiten, die alles taten, um ihre Samstagnacht mindestens bis in den späten Sonntagmorgen dauern zu lassen.
Ein stämmiger Eurasier, unter seinem linken Auge die Tätowierung eines Spinnennetzes, tauchte vor Mattie im Gang auf.
»Ist die Gräfin noch da, Axel?« Mattie gelang es, die Musik zu übertönen.
Der Mann mit der Spinnennetztätowierung zuckte mit dem Kopf in die Richtung, aus der er gekommen war. »Sie hängt mit dem Argentinier rum. Die pfeifen sich was Stärkeres als Alk, Gras oder Koks rein. Ich tippe auf Ecstasy.«
»Solange es nicht Crystal ist«, erwiderte Mattie. »Ich hasse Speed-Junkies.« »
Du bist auf jeden Fall auf dich allein gestellt«, warnte Axel sie. »Bei so einem Auftrag kann ich dir keine Rückendeckung geben.«
»Meinst du, das würde dir deinen Ruf als Creature of the Night ruinieren?«, fragte Mattie.
»Das auch.«
»Private wird dir einen Finderlohn zukommen lassen.«
Axel grinste. »Noch besser. Danke, Mattie.«
Sie nickte. »Kann ich unbemerkt verschwinden?«
»Notausgänge an beiden Seiten der Tanzfläche.«
»Blick von oben?«
Axel dachte nach. »Ich rufe mal die Bar an. Du wirst tanzen müssen.«
Mattie klatschte ihre Hand gegen Axels große Handfläche und ging Richtung Tanzfläche an ihm vorbei. Währenddessen zog sie ihr Telefon heraus, klappte es auf und rief das Bild einer Jugendlichen in Schuluniform auf.
Die österreichische Gräfin Sophia von Mühlen war siebzehn. Eine Woche zuvor war sie mit dem Pololehrer ihres Vaters durchgebrannt, einem 33-jährigen argentinischen Schurken und Mitgiftjäger namens Raul Montenegro.
In genau vier Tagen würde die Gräfin achtzehn werden und frei entscheiden dürfen, wen sie heiraten wollte.
Was die Familie der Gräfin dringend zu verhindern versuchte und weshalb Private Berlin engagiert worden war, um sie aufspüren und nach Wien zurückbringen zu lassen.
Sophias Mutter war drei Jahre zuvor an einer Überdosis Drogen gestorben. Ihre Großmutter, die beeindruckende Sarah von Mühlen, wollte nicht, dass der Name oder das Vermögen der Familie durch weitere Skandale besudelt würde, besonders da Sophias Vater, ein bekannter Tiroler Politiker, sich für ein höheres Amt bewarb.
»Geld spielt keine Rolle«, hatte die Großmutter zu Mattie gesagt. »Finden Sie sie einfach.«
Genau das hatte Mattie getan und die junge Gräfin über Kreditkartenabbuchungen und die GPS-Daten ihres Mobiltelefons in diesem Nachtclub aufgespürt. Glücklicherweise kannte sie Axel, den Sicherheitschef im Tresor, aus ihrer Zeit bei der Berliner Kripo.
Mattie steckte ihr Telefon wieder ein und betrat die mit zuckenden, schwitzenden Leibern überfüllte Tanzfläche. Angespornt wurden sie von einem DJ, der sich The Mover nannte. Sie bog zur Bar ab, wo sie dem Barmann zunickte, der im selben Moment sein Telefon zuklappte, und stieg auf die Kellnerstation, von wo aus sie sich im Takt der Musik die Theke entlangarbeitete. Andere Gäste bemerkten sie und begannen zu johlen und zu schreien. Mattie spielte die Betrunkene und lächelte. Doch ihre Augen wanderten umher, bis sie auf der anderen Seite des Raums Sophia von Mühlen und ihren Latin Lover erblickte.
Die Gräfin hatte ihre Arme um Montenegros Hals gelegt, küsste seine Brust und ließ sich von oben bis unten von ihm betatschen.
Mattie sah über sie hinweg zum Notausgang.
In dem Moment drückte sich die Gräfin vom Pololehrer fort und wankte zum Flur, eine glückliche Fügung für Mattie, die von der Bar sprang und sie in dem Gang einholte, wo sie mit Axel gesprochen hatte.
»Sophia?«, sprach Mattie sie an und zeigte ihre Dienstmarke. »Ich heiße Mattie Engel und arbeite bei Private Berlin.
Ich bin hier, um Sie nach Hause zu bringen.«
Sophia lachte verächtlich. »Ich bin achtzehn. Ich kann tun, was ich will.«
»Sie werden erst in vier Tagen achtzehn«, blaffte Mattie in einem »Red keinen Quatsch«-Ton. »Gehen wir. Und machen Sie ja keine Szene.«
Sophia lächelte. »Szenen machen kann ich gut. Große Szenen. Solche, bei denen Reporter aufmerksam werden.«
»Nicht solange ich die Verantwortung habe.« Mattie packte die Gräfin am Handgelenk und drückte bestimmte Punkte, um ihren Worten mehr Kraft zu verleihen.
»Au«, jammerte Sophia. »Sie tun mir weh.«
»Es wird noch mehr wehtun, wenn Sie sich nicht vorwärtsbewegen «, erwiderte Mattie und schob die Gräfin den Gang entlang zum Hauptausgang des Clubs.
»Sophia! He! Was machst du da?«
Mattie drehte sich zu dem mit Drogen und Alkohol zugeknallten Pololehrer um, der ihnen wütend hinterherkam.
Ohne Sophias Arm loszulassen, hielt sie Montenegro ihre Dienstmarke vor die Nase. »Machen Sie die Sache nicht komplizierter, als sie schon ist, Raul. Sie fliegt nach Hause.«
Montenegro sah sie finster an. »Sie will mit mir zusammen sein. Sie ist achtzehn.«
»Vielleicht will sie mit Ihnen ins Bett. Aber sie ist keine achtzehn.« Montenegro ließ die Schultern sinken, als gäbe er nach, stürmte aber plötzlich auf sie zu. Mattie ließ die Gräfin los und hob die Arme, um sich zu verteidigen, doch Montenegro versuchte, ihre Hände zur Seite zu schlagen. Mattie packte seine rechte Hand und bog sie kräftig Richtung Boden.
Montenegro stöhnte vor Schmerzen und ging auf die Knie. »Lauf, Sophia!«, rief er. »Lauf!«
DREI
Die Gräfin von Mühlen machte sich eilig aus dem Staub, wich einem Mädchen mit grell pinkfarbenem Haar aus und legte noch einen Zahn zu.
Mattie fluchte, ließ Montenegro los und jagte hinter Sophia her, konnte sie aber nicht einholen. Obwohl Sophia mit Drogen und Alkohol vollgepumpt war, schaffte sie es, sich flink zwischen den anderen Gästen hindurchzulavieren.
»Haltet das Mädchen auf!«, rief Mattie, ihre Marke in der Luft schwenkend.
Stattdessen stellte sich ihr ein abgerissener Typ Anfang zwanzig in den Weg. Doch sie schnellte mit ihrem Fuß hinter sein rechtes Bein und boxte ihm in den Bauch, so dass er, alle viere von sich gestreckt, auf dem Boden landete. Andere Gäste beschimpften Mattie, während Sophia auf Axel zurannte, der das Spektakel vom Seitenausgang aus beobachtete.
Die Gräfin verschwand nach draußen.
Jemand packte Mattie von hinten am Ärmel. Sie drehte sich um. Es war Montenegro. Sie ließ ihren Arm erschlaffen und schlüpfte aus der Jacke, bevor sie dem Kerl gegen das Kinn trat und er schreiend zu Boden fiel.
Mattie rannte weiter, vorbei an Axel, der die Szene voller Vergnügen beobachtete. »Du hättest sie wenigstens aufhalten können oder so was«, schnauzte sie ihn an.
Und mir diesen Spaß entgehen lassen?«
»Halt mir wenigstens diesen wahnsinnigen Stecher vom Leib!«, rief Mattie nach hinten und rannte hinaus auf die Straße, ohne die Antwort des Rausschmeißers abzuwarten. Auf dem Bürgersteig warteten Leute darauf, in den Club eingelassen zu werden. Mattie zeigte ihnen ihre Marke. »Gerade kam ein Mädchen raus. Wo ist sie hin?«
Der Typ gleich neben ihr nuckelte an einem Joint und zuckte mit den Schultern.
»Hab sie nicht gesehen«, antwortete das Mädchen hinter ihm.
Mist, sie ist mir durch die Lappen gegangen, schimpfte Mattie innerlich und stellte sich vor, wie sie von Sophias herrischer Großmutter für die Pleite in der Luft zerrissen wurde. Doch dann hörte sie, wie jemand auf der anderen Straßenseite hinter einem großen Müllcontainer stöhnte und würgte.
»Scheiße, jetzt gehen uns die hundert Euro flöten, die sie uns versprochen hat«, beschwerte sich der Kiffer.
Mattie zeigte ihm den Stinkefinger und überquerte die Straße, wo Sophia von Mühlen hinter dem Container vornübergebeugt alles auskotzte, was während ihrer Flucht nach oben gedrängt war.
»Jetzt kommen Sie, Sophia«, sagte Mattie und half ihr, sich aufzurichten. »Wir suchen uns erst einmal ein Plätzchen, wo ich Sie sauber machen kann.«
Einen Moment lang schien die Gräfin nicht zu wissen, wo sie oder wer Mattie war, bis sie anfing zu weinen. »Wo ist Raul?«
»Er wird sich eine Weile bedeckt halten«, antwortete Mattie und führte sie am Arm auf ihren Wagen zu.
»Ich werde schon noch abhauen«, versprach ihr Sophia. »Ich werde ihn finden, dann werden wir heiraten.«
»Wenn Sie achtzehn sind, können Sie tun, was Sie wollen. Bis dahin gibt es jemanden, der mit Ihnen reden und Sie zur Vernunft bringen will.«
»Mein Vater?«, fragte die Gräfin voller Verachtung. »Der kümmert sich doch nur um sich selbst und seine Karriere.«
»Eigentlich hat uns Ihre Großmutter engagiert.«
Angst stieg in Sophia auf. »Aber ich will meinen Vater sehen.«
»Das werden Sie auf jeden Fall, aber im Moment hat Oma das Sagen.«
Urplötzlich schienen Feindseligkeit und Kampfeslust von der Gräfin abzufallen. Sie schlurfte in ergebener Haltung neben Mattie her, bis sie den BMW 335i aus dem Fuhrpark von Private Berlin erreicht hatten.
Als Mattie die Beifahrertür öffnete, fiel Sophia in ihre Arme. »Ich wollte nur jemanden für mich allein«, plapperte sie. »Ist das denn so schlimm?«
»Nein, Sophia, das ist es nicht, aber ...«
Matties Telefon klingelte. Sollte es doch. Die heulende Gräfin an ihrer Schulter war im Moment wichtiger.
Übersetzung: Helmut Splinter
Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2013 by Wilhelm Goldmann Verlag, München,
Um zehn Uhr an einem mondlosen Septemberabend schlich Chris Schneider, Ende dreißig und dunkel gekleidet, auf ein langes, verlassenes Gebäude am östlichen Stadtrand von Berlin zu. In seinem Kopf tanzten düstere Bilder und alte Versprechen.
Schneider zog eine Glock Kaliber .40, während er auf das trockene Rascheln der Dornenbüsche, Goldruten und Weinranken lauschte, die hier überall wucherten. Er zögerte, blickte auf die Silhouette des Gebäudes. Und erinnerte sich an den Schrecken, den er hier erlebt hatte. Er wurde sich bewusst, dass genau dies der Moment war, auf den er drei Jahrzehnte gewartet hatte.
Die ersten zehn Jahre hatte er seinen Geist und Körper trainiert. Weitere zehn Jahre danach hatte er vergeblich auf die Gelegenheit gewartet, Rache zu üben. Während der letzten zehn Jahre war er zu der traurigen Überzeugung gelangt, dass diese Gelegenheit niemals kommen würde, dass seine Vergangenheit nicht nur verschwunden, sondern gestorben war. Und mit ihr die Chance auf eine Wiedergutmachung für sich und die anderen.
Doch jetzt hatte er sie, seine Chance als Racheengel, an den sie alle glaubten.
Schneider hörte schrille Stimmen in seinem Kopf, die ihm zuriefen, er solle weitergehen und ihrer Geschichte zu einem gerechten Ende verhelfen. Er spürte, wie er innerlich härter wurde, stärker. Ihre Geschichte verdiente ein gerechtes Ende. Dafür wollte er sorgen.
Mittlerweile hatte er die Außentreppe erreicht. Die Kette vor dem angelehnten Scheunentor hing herab. Beim Blick in die Dunkelheit bekam er ein flaues Gefühl im Magen, und seine Knie wurden weich.
Du hast ein Leben lang darauf gewartet, sagte sich Schneider. Bring es zu Ende. Jetzt.
Für uns alle.
Schneider stieß die Tür mit der Schuhspitze auf, trat ein, roch Urin, verbranntes Kupfer und etwas Totes.
In seinem Kopf blitzte das Bild einer ins Schloss fallenden Tür auf, ein Bild, das ihn einen Augenblick völlig zu lähmen drohte. Doch dann spürte er, wie ihn die Forderung nach Gerechtigkeit vorwärtsdrängte. Er entsicherte seine Waffe und schaltete die am Lauf mit Klebeband befestigte Taschenlampe ein, deren sanfter roter Strahl den Bereich vor ihm ausleuchtete.
Stiefelabdrücke markierten die glatte Stauboberfläche. Er folgte ihnen mit pochendem Herzen. Betonzellen, die eher nach Ställen aussahen, lagen rechts und links des Gangs. Obwohl die Fußabdrücke geradeaus führten, kontrollierte er jeden Raum einzeln. Im letzten blieb er stehen. Ein Horrorfilm lief in seinem Kopf ab.
Als er sich wieder aufs Hier und Jetzt konzentrierte, merkte er, dass seine Hand, in der er die Waffe hielt, zitterte.
Der Gang endete vor einem weiteren Scheunentor. Das Vorhängeschloss war mit geöffnetem Bügel eingehängt, die Tür stand einen Spaltbreit offen und führte in einen höhlenartigen Raum.
Er richtete die Waffe und die Taschenlampe hinauf zu den Dachsparren, wo aufgeschreckte Tauben umherflatterten. Der Geruch nach etwas Totem war hier noch stärker. Schneider schwenkte den Lichtstrahl über den Boden. Große verrostete Schrauben ragten dort heraus. Oben wurde ein Gestell von Balken und Trägern gehalten, das sich durch den gesamten Raum erstreckte. Von dem Gestell hingen verrostete Haken herab.
Die Fußabdrücke führten von der Tür schräg links durch den Raum. Auf die Schrauben im Boden achtend, um nicht zu stolpern, folgte er ihnen. Er wollte noch einmal zu den Balken hinaufsehen, wurde aber von etwas abgelenkt, das vor ihm davonhuschte. Er ging in die Hocke und zielte mit der Waffe und der Lampe in Richtung des Geräuschs.
Eine Schar Ratten floh auf ein im Boden klaffendes Loch am anderen Ende des Raums zu. Auch die Fußabdrücke führten direkt auf das Loch zu und verschwanden dort. Das Fiepen und Zischen der Ratten wurde lauter, je näher er kam.
Links vom Loch stand ein Metallrohr mit einem nur geringfügig kleineren Durchmesser als dem des Lochs. Darauf lag ein Gitter. Rechts daneben stand ein kleiner Gasbrenner, mit dem Unkraut von Bürgersteigen beseitigt wurde.
Schneider trat an das Loch und leuchtete in einen verrosteten Stahlschacht hinunter. Drei Meter weiter unten endete der Schacht, einen guten weiteren Meter tiefer war der Boden mit Kies ausgestreut.
Und auf dem Kies lag eine Frau. Ratten huschten über sie hinweg.
Schneider wusste, wer sie war.
Er hatte sie in Berlin und in ganz Deutschland gesucht und entgegen aller Wahrscheinlichkeit gehofft, dass sie noch lebte.
Doch er war viel, viel zu spät gekommen.
Der Wunsch nach Rache, der in ihm auf kleiner Flamme gelodert hatte, durchfuhr ihn wie eine Feuersbrunst. Er wollte auf irgendetwas schießen, das sich bewegte. Er wollte ins Loch hinunterschreien, ihrem Mörder zuschreien, er möge seine gerechte Strafe abholen.
Doch dann übernahm Schneiders Vernunft wieder die Führung. Jetzt ging es um mehr als nur persönliche Rache. Es ging darum, einen abscheulichen Menschen ins Rampenlicht zu zerren und der Welt sein wahres Gesicht zu präsentieren.
Sofort raus hier, dachte er. Ruf die Polizei an. Auf der Stelle. Sollen sie sich darum kümmern.
Schneider drehte sich um und schwenkte das Licht Richtung Ausgang. Er war sechs oder sieben Schritte gegangen, als er ein Geräusch hörte wie das Flattern eines sehr großen Vogels.
Er versuchte zu reagieren, versuchte, seine Waffe auf das Geräusch zu richten. Doch die dunkle Gestalt fiel bereits aus ihrem Versteck im Schatten oberhalb des verrosteten Gestells über ihn her.
Stiefel schlugen gegen Schneiders Schlüsselbein. Er kippte rückwärts und landete auf einem der Nägel, die aus dem Boden herausragten. Der Nagel spießte ihn auf, brach seine Wirbelsäule und lähmte ihn, die Glock flog scheppernd über den Boden.
Der heftige Schmerz ließ Schneider noch nicht einmal schreien, sondern vollständig verstummen. Die Silhouette eines Mannes erschien über ihm. Er leuchtete mit einer Taschenlampe seinen eigenen Oberkörper an, darüber verdeckte eine schwarze Maske seine Nase, seine Wangen und die Stirn.
Schneider erkannte den Maskierten an der Stimme, sobald er zu sprechen begann, als wären drei Jahrzehnte an einem Tag verflogen.
»Du dachtest, du wärst auf das hier vorbereitet, Chris, hm?«, fragte der Maskierte vergnügt und ließ einen Knacklaut aus seiner Kehle hören. »Du warst nie darauf vorbereitet, egal was du dir in all den Jahren eingeredet hast.«
Ein Messer erschien in der anderen Hand des Maskierten. Er ging neben Schneider in die Hocke und setzte die Klinge an dessen Kehle an.
»Meine Freunde werden schneller da sein, wenn sie dein Blut riechen«, sagte er. »Ein paar Stunden in ihrer Obhut, und deine Maske wird verschwunden sein, Chris. Niemand wird dich je wiedererkennen, nicht einmal deine ach so liebe Mutter, hm?«
ZWEI
Am darauffolgenden Sonntagmorgen um Viertel vor vier zwängte sich Mathilde Engel, von allen nur Mattie genannt, im »Tresor«, einem legendären Nachtclub im Keller eines alten Kraftwerks im angesagten Berliner Stadtteil Kreuzberg, zwischen den Gästen hindurch.
Mattie, Mitte dreißig, energisch und attraktiv, erreichte eine Reihe von Industriekorridoren, mit denen die beiden riesigen Tanzflächen verbunden waren. Gähnend fuhr sie sich mit den Fingern durch ihr kurzes, nach oben stehendes Haar, während die Musik um sie herum dröhnte und von den Wänden widerhallte, und ließ den Blick ihrer stahlblauen Augen über die mit Graffiti überzogenen Wände, über die Nikotinschwaden und die hartgesottenen Partylöwen gleiten, die alles taten, um ihre Samstagnacht mindestens bis in den späten Sonntagmorgen dauern zu lassen.
Ein stämmiger Eurasier, unter seinem linken Auge die Tätowierung eines Spinnennetzes, tauchte vor Mattie im Gang auf.
»Ist die Gräfin noch da, Axel?« Mattie gelang es, die Musik zu übertönen.
Der Mann mit der Spinnennetztätowierung zuckte mit dem Kopf in die Richtung, aus der er gekommen war. »Sie hängt mit dem Argentinier rum. Die pfeifen sich was Stärkeres als Alk, Gras oder Koks rein. Ich tippe auf Ecstasy.«
»Solange es nicht Crystal ist«, erwiderte Mattie. »Ich hasse Speed-Junkies.« »
Du bist auf jeden Fall auf dich allein gestellt«, warnte Axel sie. »Bei so einem Auftrag kann ich dir keine Rückendeckung geben.«
»Meinst du, das würde dir deinen Ruf als Creature of the Night ruinieren?«, fragte Mattie.
»Das auch.«
»Private wird dir einen Finderlohn zukommen lassen.«
Axel grinste. »Noch besser. Danke, Mattie.«
Sie nickte. »Kann ich unbemerkt verschwinden?«
»Notausgänge an beiden Seiten der Tanzfläche.«
»Blick von oben?«
Axel dachte nach. »Ich rufe mal die Bar an. Du wirst tanzen müssen.«
Mattie klatschte ihre Hand gegen Axels große Handfläche und ging Richtung Tanzfläche an ihm vorbei. Währenddessen zog sie ihr Telefon heraus, klappte es auf und rief das Bild einer Jugendlichen in Schuluniform auf.
Die österreichische Gräfin Sophia von Mühlen war siebzehn. Eine Woche zuvor war sie mit dem Pololehrer ihres Vaters durchgebrannt, einem 33-jährigen argentinischen Schurken und Mitgiftjäger namens Raul Montenegro.
In genau vier Tagen würde die Gräfin achtzehn werden und frei entscheiden dürfen, wen sie heiraten wollte.
Was die Familie der Gräfin dringend zu verhindern versuchte und weshalb Private Berlin engagiert worden war, um sie aufspüren und nach Wien zurückbringen zu lassen.
Sophias Mutter war drei Jahre zuvor an einer Überdosis Drogen gestorben. Ihre Großmutter, die beeindruckende Sarah von Mühlen, wollte nicht, dass der Name oder das Vermögen der Familie durch weitere Skandale besudelt würde, besonders da Sophias Vater, ein bekannter Tiroler Politiker, sich für ein höheres Amt bewarb.
»Geld spielt keine Rolle«, hatte die Großmutter zu Mattie gesagt. »Finden Sie sie einfach.«
Genau das hatte Mattie getan und die junge Gräfin über Kreditkartenabbuchungen und die GPS-Daten ihres Mobiltelefons in diesem Nachtclub aufgespürt. Glücklicherweise kannte sie Axel, den Sicherheitschef im Tresor, aus ihrer Zeit bei der Berliner Kripo.
Mattie steckte ihr Telefon wieder ein und betrat die mit zuckenden, schwitzenden Leibern überfüllte Tanzfläche. Angespornt wurden sie von einem DJ, der sich The Mover nannte. Sie bog zur Bar ab, wo sie dem Barmann zunickte, der im selben Moment sein Telefon zuklappte, und stieg auf die Kellnerstation, von wo aus sie sich im Takt der Musik die Theke entlangarbeitete. Andere Gäste bemerkten sie und begannen zu johlen und zu schreien. Mattie spielte die Betrunkene und lächelte. Doch ihre Augen wanderten umher, bis sie auf der anderen Seite des Raums Sophia von Mühlen und ihren Latin Lover erblickte.
Die Gräfin hatte ihre Arme um Montenegros Hals gelegt, küsste seine Brust und ließ sich von oben bis unten von ihm betatschen.
Mattie sah über sie hinweg zum Notausgang.
In dem Moment drückte sich die Gräfin vom Pololehrer fort und wankte zum Flur, eine glückliche Fügung für Mattie, die von der Bar sprang und sie in dem Gang einholte, wo sie mit Axel gesprochen hatte.
»Sophia?«, sprach Mattie sie an und zeigte ihre Dienstmarke. »Ich heiße Mattie Engel und arbeite bei Private Berlin.
Ich bin hier, um Sie nach Hause zu bringen.«
Sophia lachte verächtlich. »Ich bin achtzehn. Ich kann tun, was ich will.«
»Sie werden erst in vier Tagen achtzehn«, blaffte Mattie in einem »Red keinen Quatsch«-Ton. »Gehen wir. Und machen Sie ja keine Szene.«
Sophia lächelte. »Szenen machen kann ich gut. Große Szenen. Solche, bei denen Reporter aufmerksam werden.«
»Nicht solange ich die Verantwortung habe.« Mattie packte die Gräfin am Handgelenk und drückte bestimmte Punkte, um ihren Worten mehr Kraft zu verleihen.
»Au«, jammerte Sophia. »Sie tun mir weh.«
»Es wird noch mehr wehtun, wenn Sie sich nicht vorwärtsbewegen «, erwiderte Mattie und schob die Gräfin den Gang entlang zum Hauptausgang des Clubs.
»Sophia! He! Was machst du da?«
Mattie drehte sich zu dem mit Drogen und Alkohol zugeknallten Pololehrer um, der ihnen wütend hinterherkam.
Ohne Sophias Arm loszulassen, hielt sie Montenegro ihre Dienstmarke vor die Nase. »Machen Sie die Sache nicht komplizierter, als sie schon ist, Raul. Sie fliegt nach Hause.«
Montenegro sah sie finster an. »Sie will mit mir zusammen sein. Sie ist achtzehn.«
»Vielleicht will sie mit Ihnen ins Bett. Aber sie ist keine achtzehn.« Montenegro ließ die Schultern sinken, als gäbe er nach, stürmte aber plötzlich auf sie zu. Mattie ließ die Gräfin los und hob die Arme, um sich zu verteidigen, doch Montenegro versuchte, ihre Hände zur Seite zu schlagen. Mattie packte seine rechte Hand und bog sie kräftig Richtung Boden.
Montenegro stöhnte vor Schmerzen und ging auf die Knie. »Lauf, Sophia!«, rief er. »Lauf!«
DREI
Die Gräfin von Mühlen machte sich eilig aus dem Staub, wich einem Mädchen mit grell pinkfarbenem Haar aus und legte noch einen Zahn zu.
Mattie fluchte, ließ Montenegro los und jagte hinter Sophia her, konnte sie aber nicht einholen. Obwohl Sophia mit Drogen und Alkohol vollgepumpt war, schaffte sie es, sich flink zwischen den anderen Gästen hindurchzulavieren.
»Haltet das Mädchen auf!«, rief Mattie, ihre Marke in der Luft schwenkend.
Stattdessen stellte sich ihr ein abgerissener Typ Anfang zwanzig in den Weg. Doch sie schnellte mit ihrem Fuß hinter sein rechtes Bein und boxte ihm in den Bauch, so dass er, alle viere von sich gestreckt, auf dem Boden landete. Andere Gäste beschimpften Mattie, während Sophia auf Axel zurannte, der das Spektakel vom Seitenausgang aus beobachtete.
Die Gräfin verschwand nach draußen.
Jemand packte Mattie von hinten am Ärmel. Sie drehte sich um. Es war Montenegro. Sie ließ ihren Arm erschlaffen und schlüpfte aus der Jacke, bevor sie dem Kerl gegen das Kinn trat und er schreiend zu Boden fiel.
Mattie rannte weiter, vorbei an Axel, der die Szene voller Vergnügen beobachtete. »Du hättest sie wenigstens aufhalten können oder so was«, schnauzte sie ihn an.
Und mir diesen Spaß entgehen lassen?«
»Halt mir wenigstens diesen wahnsinnigen Stecher vom Leib!«, rief Mattie nach hinten und rannte hinaus auf die Straße, ohne die Antwort des Rausschmeißers abzuwarten. Auf dem Bürgersteig warteten Leute darauf, in den Club eingelassen zu werden. Mattie zeigte ihnen ihre Marke. »Gerade kam ein Mädchen raus. Wo ist sie hin?«
Der Typ gleich neben ihr nuckelte an einem Joint und zuckte mit den Schultern.
»Hab sie nicht gesehen«, antwortete das Mädchen hinter ihm.
Mist, sie ist mir durch die Lappen gegangen, schimpfte Mattie innerlich und stellte sich vor, wie sie von Sophias herrischer Großmutter für die Pleite in der Luft zerrissen wurde. Doch dann hörte sie, wie jemand auf der anderen Straßenseite hinter einem großen Müllcontainer stöhnte und würgte.
»Scheiße, jetzt gehen uns die hundert Euro flöten, die sie uns versprochen hat«, beschwerte sich der Kiffer.
Mattie zeigte ihm den Stinkefinger und überquerte die Straße, wo Sophia von Mühlen hinter dem Container vornübergebeugt alles auskotzte, was während ihrer Flucht nach oben gedrängt war.
»Jetzt kommen Sie, Sophia«, sagte Mattie und half ihr, sich aufzurichten. »Wir suchen uns erst einmal ein Plätzchen, wo ich Sie sauber machen kann.«
Einen Moment lang schien die Gräfin nicht zu wissen, wo sie oder wer Mattie war, bis sie anfing zu weinen. »Wo ist Raul?«
»Er wird sich eine Weile bedeckt halten«, antwortete Mattie und führte sie am Arm auf ihren Wagen zu.
»Ich werde schon noch abhauen«, versprach ihr Sophia. »Ich werde ihn finden, dann werden wir heiraten.«
»Wenn Sie achtzehn sind, können Sie tun, was Sie wollen. Bis dahin gibt es jemanden, der mit Ihnen reden und Sie zur Vernunft bringen will.«
»Mein Vater?«, fragte die Gräfin voller Verachtung. »Der kümmert sich doch nur um sich selbst und seine Karriere.«
»Eigentlich hat uns Ihre Großmutter engagiert.«
Angst stieg in Sophia auf. »Aber ich will meinen Vater sehen.«
»Das werden Sie auf jeden Fall, aber im Moment hat Oma das Sagen.«
Urplötzlich schienen Feindseligkeit und Kampfeslust von der Gräfin abzufallen. Sie schlurfte in ergebener Haltung neben Mattie her, bis sie den BMW 335i aus dem Fuhrpark von Private Berlin erreicht hatten.
Als Mattie die Beifahrertür öffnete, fiel Sophia in ihre Arme. »Ich wollte nur jemanden für mich allein«, plapperte sie. »Ist das denn so schlimm?«
»Nein, Sophia, das ist es nicht, aber ...«
Matties Telefon klingelte. Sollte es doch. Die heulende Gräfin an ihrer Schulter war im Moment wichtiger.
Übersetzung: Helmut Splinter
Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2013 by Wilhelm Goldmann Verlag, München,
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Autoren-Porträt von James Patterson, Mark T. Sullivan
James Patterson wuchs in Newburgh, New York, auf, studierte englische Literatur am Manhattan College und an der Vanderbilt University. Während seines Studiums, das er mit Auszeichnung abschloss, jobbte er in einer psychiatrischen Klinik. Danach war Patterson lange Zeit Chef einer großen New Yorker Werbeagentur. Nebenher begann er mit dem Schreiben von Kriminalromanen und das mit großem Erfolg. Denn bereits für seinen Debütroman erhielt er den begehrten Edgar Allan Poe Award, Amerikas wichtigsten Krimipreis. Mittlerweile gilt James Patterson als der Mann, der nur Bestseller schreibt: In den letzten Jahren standen 63 seiner Bücher auf der New York Times Hardcover-Bestsellerliste. Seine Romane wurden bisher in 38 Sprachen übersetzt und erreichten weltweit eine Gesamtauflage von über 260 Millionen Exemplaren. James Patterson lebt heute mit seiner Familie in Palm Beach, Florida.Mark T. Sullivan ist Journalist und wurde bereits zweimal für den Pulitzer Prize for Investigative Reporting nominiert. Der Autor, Abenteuerfanatiker und streitbarer Künstler, lebt nach Stationen in Boston, Agades/Westafrika, Washington, D.C. und Vermont heute mit seiner Familie in Montana.
Bibliographische Angaben
- Autoren: James Patterson , Mark T. Sullivan
- 2013, 384 Seiten, Maße: 11,8 x 18,7 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzung: Splinter, Helmut
- Übersetzer: Helmut Splinter
- Verlag: Goldmann
- ISBN-10: 3442479258
- ISBN-13: 9783442479252
- Erscheinungsdatum: 15.04.2013
Rezension zu „Der Tag der Rache / Agentur Private Bd.3 “
"Der erfolgreichste Schriftsteller der Welt."
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