Der Tod ist ein bleibender Schaden
Roman
'Es hätte alles so schön werden können. Dan McEvoy, knallharter Türsteher und Exsoldat, hat soeben neue Haare transplantiert bekommen. Jetzt klappt s auch mit Connie, der heißen Hostess im verruchtesten Club von New Jersey. Doch dann wird Connie mit Loch im...
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Produktinformationen zu „Der Tod ist ein bleibender Schaden “
'Es hätte alles so schön werden können. Dan McEvoy, knallharter Türsteher und Exsoldat, hat soeben neue Haare transplantiert bekommen. Jetzt klappt s auch mit Connie, der heißen Hostess im verruchtesten Club von New Jersey. Doch dann wird Connie mit Loch im Kopf und mausetot aufgefunden. Die Bullen verdächtigen Dan. Der hat ausnahmsweise eine weiße Weste. Das kann er sogar beweisen. Und weil Dan ein Meister der Fettnäpfchen ist, geht dabei alles so richtig schön schief. Die Mafia hat s auf ihn abgesehen und fackelt ihm fast den teuren Haarschopf ab. Doch ob mit oder ohne Haare, Dan will Connies Mörder finden.
Lese-Probe zu „Der Tod ist ein bleibender Schaden “
Der Tod ist ein bleibender Schaden von Eoin ColferKapitel Eins
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Der großartige Stephen King hat mal geschrieben »reg dich nicht über Kleinigkeiten auf«, und ich hab lange drüber gebrütet, bis mir klarwurde, dass ich nicht ganz damit einverstanden bin. Ich weiß schon, was er meint: In unser aller Leben gibt's sowieso Leid und Elend genug, ohne dass wir wegen jedem eingerissenen Fingernagel gleich durchdrehen, aber wenn man sich über Kleinigkeiten aufregt, hilft einem das manchmal, das wirklich Wichtige durchzustehen. Seht mich an, mir und um mich herum ist so viel absolut Entsetzliches passiert, dass die meisten anderen längst sabbernd in der Klapse säßen, aber ich versuch einfach, nicht zu viel drüber nachzudenken. Soll's ruhig im Inneren brodeln, das ist meine Philosophie. Ist bestimmt gesünder, oder? Konzentrier dich auf den harmlosen Alltagskram und lass dich nicht von den psychischen Niederschlägen ablenken, die dich fertigmachen. Mit meiner Philosophie bin ich bis hierher gekommen, aber mein soldatisches Gespür sagt mir, dass es schon bald zum großen Knall kommen wird. Bei meinem derzeitigen Job in Cloisters in New Jersey ist Nachdenken eher nicht gefragt. Über philosophische Themen oder natürliche Phänomene plaudern wir im Kasino nicht oft. Einmal wollte ich erzählen, was ich im National Geographic Channel gesehen hatte, aber Jason guckte mich an, als hätte ich ihn persönlich beleidigt, also wechselte ich sicherheitshalber das Thema, überlegte laut, welche Mädchen sich die Titten hatten machen lassen. Darüber reden wir ständig, ist also bekanntes Terrain. Nach ein paar Schlucken von seinem Proteinshake beruhigte er sich wieder. Mein Gequatsche über tektonische Platten hatte Jase mehr Angst eingejagt als ein Besoffener mit Pistole. Jason ist der beste Türsteher, mit dem ich je gearbeitet habe, eine seltene Kombination aus groß und schnell, aber mit viel mehr Grips in der Birne, als er raushängen lässt. Manchmal vergisst er sich und spielt auf einen Fellini-Film an, verwischt seine Spuren aber anschließend sofort, indem er dem nächstbesten Kerl an der Tür das Leben schwermacht. Der Mann hat Geheimnisse, wie wir alle. Er will mich nicht damit belasten, und mir ist seine Einstellung absolut recht. Wir machen beide auf blöd und verdächtigen uns gegenseitig, dass wir gar nicht so blöd sind, wie wir tun. Ganz schön anstrengend. Meistens haben wir abends Zeit, draußen zu quatschen. Bis ungefähr halb elf ist alles ruhig. In der Regel kreuzen bloß ein paar Freizeitzocker auf, unauffällige Typen. Die Partymeute rollt erst an, wenn die normalen Bars schließen. Victor, der Chef, den ich später noch näher beschreiben werde, weil er so ein Arschgesicht ist, dass er eigentlich einen eigenen Film verdient hätte, nur dass es mir den Flow versaut, wenn ich jetzt damit anfange, also mach ich's später, aber egal, Vic will immer zwei Männer draußen haben. Wenn's ums Hinterzimmer geht, braucht er manchmal zwei, um eine Schlägerei zu stoppen. Da kann's ganz schön hoch hergehen, besonders wenn kleine Männer beteiligt sind. Ich denke, daran ist Joe Pesci schuld. Also übernehme ich meistens die Nachtschicht, wobei es genau genommen gar keine Tagesschicht gibt. Ein- oder zweimal im Monat leg ich auch eine doppelte ein. Macht mir nichts aus. Was soll ich zu Hause? Liegestütze trainieren und mir Mrs Delanos Gezeter anhören? Um Punkt acht fang ich heute an. Es ist mitten in der Woche, also freu ich mich auf einen ruhigen Abend, Energieriegel futtern und mit Jason die Vorzüge der Chirurgie diskutieren. Ein schlichter Zeitvertreib, der mich dem Glück so nahebringt, wie ich ihm in diesem Leben kommen werde. Jason und ich sehen uns gerade auf YouTube an, wie so ein Russe Kettlebells durch die Luft schleudert, als ich einen Anruf von Marco auf mein Headset kriege. Ich muss den kleinen Barmann zweimal bitten, sich zu wiederholen, bevor seine Botschaft bei mir ankommt und ich ins Kasino rase. Offensichtlich hat sich mein Lieblingsmädchen Connie beim Servieren über den Tisch gebeugt, und so ein Typ hat ihr über den Arsch geleckt. Wichsgesicht. Ich meine, das steht auf Messingtafeln an der Wand. Nicht direkt das mit dem Arschlecken. Da heißt es Anfassen der Hostessen untersagt. Verbindliche Klubregel. Einige Hostessen legen vielleicht in den Kabinen hinten auch mal Hand an, aber der Kunde hat auf keinen Fall das Recht zurückzugrapschen. Als ich da ankomme, versucht Marco gerade Connie von dem Kerl fernzuhalten, was in sehr viel stärkerem Maße seiner eigenen Sicherheit dient, als ihm klar sein dürfte. Einmal hab ich gesehen, wie Connie einem College-Footballer ein Tablett übergezogen hat. Seine Gesichtszüge drückten sich ins Metall, als wär's Pappkarton. »Okay, Leute«, sage ich mit meiner donnernden Türsteherstimme. »Lasst uns das professionell regeln.« Der Vorschlag wird von den Stammgästen, die auf ein bisschen Theater gehofft hatten, mit Buhrufen quittiert. Ich klemme mir Marcos Kopf wie einen Basketball unter den Arm und bugsiere ihn hinter die Bar, dann baue ich mich drohend vor dem Übeltäter auf. Der Schlabbermann stemmt die Hände auf die Hüfte, als wäre er Peter Pan. Connies Finger haben rote Streifen auf seiner Wange hinterlassen. »Warum gehen wir nicht nach hinten«, sage ich und schenke ihm fünf Sekunden lang direkten Blickkontakt, »bevor hier alles aus dem Ruder läuft.« »Die Schlampe hat mich geschlagen«, sagt er und zeigt mit dem Finger, als könne irgendein Zweifel daran bestehen, von welcher Schlampe er spricht. Seine Finger sind noch klebrig von einer Portion Chicken Wings, und Soßenfinger haben mich schon immer in einem kaum nachvollziehbaren Maß zur Weißglut gebracht. »Wir haben da hinten einen Pausenraum«, sage ich und bemühe mich, die braune Schmiere unter seinen Nägeln zu übersehen. Was ist bloß los mit den Leuten? Man isst, macht den Mund dabei zu und wischt sich hinterher die Finger ab. Wie schwer ist das? »Warum besprechen wir das Problem nicht da hinten?« Connie ist still, strengt sich an, ihre Wut im Zaum zu halten, kaut auf einem Nikotinkaugummi, als wären's die Eier von dem Kerl. Connie hat Temperament, aber ohne guten Grund würde sie nicht handgreiflich werden. Sie hat zwei Kinder drüben in Cypress im Hort, sie braucht die Kohle. »Okay, Dan«, sagt sie. »Aber können wir einen Zahn zulegen? Da sind Leute, die's kaum abwarten können, mir Trinkgeld zuzustecken. Das ist doch ein klarer Fall.« Der mit dem Zeigefinger lacht, als hätte sie was Witziges gesagt. Ich führe die beiden in den Pausenraum, der kaum mehr als eine Besenkammer ist, und tatsächlich stehen da ein paar Wischmopps, die wie Dreadlockpalmen aus einer Kisteninsel in der Ecke wachsen. »Alles klar?«, frage ich Connie und bin froh, dass sie sich keine ansteckt. Sechs Monate hat sie's jetzt geschafft, nicht zu rauchen. Sie nickt, setzt sich auf das verdreckte Sofa. »Der Kerl hat mir über den Arsch geleckt. Geleckt. Hast du feuchte Tücher, Daniel?« Ich reiche ihr eine Packung. Wenn man in einem viertklassigen Kasino wie dem Slotz in New Jersey arbeitet, hat man immer ein Päckchen Desinfektionstücher dabei. Hier kann man sich alles Mögliche holen. Ich gucke weg, während sich Connie die Barbecuesoße vom Hintern wischt. An tiefen Dekolletés kommt man hier nicht vorbei, aber ich finde, man kann wenigstens die unteren Partien meiden. Ich bemühe mich, meinen Blick über der Gürtellinie zu halten, das ist für alle besser. Während sie sich also saubermacht, wende ich mich an den Kerl. Den Schlabbermann. »Was haben Sie sich dabei gedacht, Sir? Anfassen verboten. Können Sie nicht lesen?« Der Kerl wird mir blöd kommen. Das sehe ich ihm schon an den Haaren an, ein rotblondes krauses Büschel thront auf seinem Kopf wie ein vom Dach gefallenes Vogelnest. »Ich hab das Schild gesehen, Daniel«, sagt er und zeigt zurück ins Kasino. Der Mann ist eine Zeigemaschine. »Da steht nicht anfassen. « »Und was haben Sie gemacht? Sie haben sie angefasst.« »Nein«, sagt der Mann und schwingt seinen Zeigefinger zu mir rüber, so dicht, dass ich die Soße riechen kann, was mir den Appetit auf Gegrilltes mindestens einen Monat lang verderben wird. Rippchen vielleicht ausgenommen. »Ich hab sie nicht angefasst. Man fasst etwas mit den Händen an. Ich hab gekostet.« Dann hört er auf zu reden, als bräuchte ich eine Sekunde, um sein geniales Argument sacken zu lassen. »Glauben Sie, so einen dämlichen Scheiß hab ich noch nie gehört? Glauben Sie im Ernst, dass Sie der Erste sind, der's auf die Tour probiert?« »Ich denke, ich bin der erste Rechtsanwalt, der's auf die Tour probiert.« Er grinst selbstgefällig. Ich hasse diesen Gesichtsausdruck, vielleicht weil ich ihn zu oft zu sehen bekomme. »Sie sind Anwalt?« Weiteres Gezeige. Ich hab gute Lust, diesem Arschloch den Finger zu brechen. »Das haben Sie verdammt richtig erkannt, ich bin Anwalt. Wenn Sie mir blöd kommen, mache ich den Scheißladen hier dicht. Sie werden für mich arbeiten.« »Ich werde für Sie arbeiten, Sir?« Manchmal wiederhole ich was. Die meisten Leute halten mich für blöd, aber in Wirklichkeit traue ich nur meinen Ohren nicht. Der Kerl entscheidet sich ebenfalls für Interpretation A. »Was ist los mit Ihnen? Sind Sie ein Papagei? Ein unterbelichteter irischer Papagei? Gott, gütiger!« So läuft das wahrscheinlich bei dem Penner im Büro. Er wirft mit Dreck um sich, und die Leute lassen sich's gefallen. Ich schätze mal, er ist der Boss oder jedenfalls kurz davor, es zu werden. Nur der Boss und der Postbote können es sich in diesem Maß leisten, auf alle zu scheißen, ohne dass ihnen jemand an den Kragen geht. Sein Anzug und seine Brille sehen aus wie um 1972 von Michael Caine geklaut, und dazu natürlich der styroporartige, rotblonde Haarkranz. »Nein, Sir. Ich bin kein Papagei«, sage ich ruhig und freundlich, wie ich es auf der Türsteherschule gelernt habe. »Ich bin hier im Haus Leiter der Abteilung für Sicherheit, und Sie haben eine der Hostessen angefasst, ganz egal, wie Sie den Sachverhalt verdrehen. « Der Kerl lacht, als hätte er Publikum. »Sachverhalte verdrehen ist genau das, womit ich mein Geld verdiene, Mister Daniel Sicherheitschef. Das ist mein gottverdammter Beruf.« Er sagt das gottverdammter ganz falsch, als hätte er's aus dem Fernsehen. Aus dem Mund eines Anwalts klingt es sowieso nicht richtig. »Das ist Ihr gottverdammter Beruf?«, sage ich und sage es so, wie es gesagt werden sollte. Ich hab's nämlich von einem rumänischen Söldner gelernt, der für die christliche Miliz in Tebnine gearbeitet hat. Anghel und seine Jungs fuhren fast jeden Tag in ihrem klapprigen VW an unserem Camp vorbei und wollten Deals für Kondensmilch und Nudeln aushandeln, die wir von den französischen Garçons bekamen. Ich konnte Anghel ganz gut leiden, er hat nie gezielt auf mich geschossen, sein ganzer Kopf bestand aus Bart, und mir gefiel, wie er gottverdammt sagte. Nur eine Packung, Paddy? Ich geb dir perfektes gottverdammtes Föhn dafür. Klang echt, Betonung auf Gott. Wenn ich also Eindruck schinden will, sag ich's rumänisch. Oft genügt das schon, um jemanden zu irritieren, aus dem Tritt zu bringen. Aber nicht bei dem hier. Der rotblonde Affe zeigt sich absolut unbeeindruckt von meinem gottverdammt und setzt an, seinen zweiten schweren Fehler des Abends zu begehen, jedenfalls soweit ich weiß. Er macht einen Schritt auf mich zu, als hätte er hier das Sagen und als wäre ich nicht zwanzig Zentimeter größer und fünfzig Pfund schwerer. »Was soll der Papageienscheiß?«, fragt er und, ob ihr's glaubt oder nicht, er tippt mir an die Stirn. »Haben die dir den Strom da oben abgestellt? Gott, gütiger.« Mit dem Tippen überrumpelt er mich, aber ich freu mich auch drüber, weil der Kerl mich jetzt angefasst hat. »Sie hätten mich nicht anfassen dürfen, Sir«, sage ich traurig. »Das ist ein Übergriff. Jetzt muss ich mich verteidigen.« Das nimmt ihm den Wind aus den Segeln. Als Anwalt kennt dieser Klugscheißer die Gesetze genau. Ihm ist klar, dass ich jetzt das Recht habe, ihm ein bisschen weh zu tun und zu behaupten, ich hätte mich bedroht gefühlt. Ich übe schon mal ein bedrohtes Gesicht zu machen, damit er sich vorstellen kann, wie's vor Gericht wirkt. Sein Zeigefinger verkümmert wie eine vertrocknete Kackwurst, und er macht ein paar Schritte rückwärts. »Hören Sie. Wenn Sie mir auch nur ein Haar ...« Er kann seine Drohung nicht zu Ende führen, weil ich einen Schuss guthabe, und das weiß er. Zu diesem Zeitpunkt hätte ich wirklich sehr gerne davon Gebrauch gemacht und den Anwalt aus unser aller kläglichem Dasein entfernt. Aber Connie hat ihre Kinder im Hort, und das Letzte, was sie braucht, ist eine Vorladung als Zeugin vor Gericht. Noch dazu, wo der Gerichtssaal die angestammte Kampfarena dieses Arschlochs ist. Vor dem Richter wird er zum Gladiator. Ich sehe ihn praktisch vor mir, wie er wie ein rotblondes Äffchen herumspringt und mit dem Finger in der Luft fuchtelt, als gäb's kein Morgen. Und um ganz ehrlich zu sein, mein bedrohter Gesichtsausdruck ist gar nicht so supergeil. Also sage ich: »Wie viel Geld haben Sie in der Brieftasche?« Der Kerl will sich noch mal aufblasen, aber ich baue ihm einen Fluchtweg, und das weiß er auch. »Keine Ahnung. Vielleicht ein paar Hunderter.« Von wegen keine Ahnung. Anwälte und Buchhalter wissen so was immer. Normalerweise stecken sie sich überall ein paar Scheine hin, für den Fall, dass sie's später am Abend mit einer aufdringlichen Tänzerin oder Nutte zu tun bekommen. Wahrscheinlich weiß der Typ sogar, wie viel Kohle seine kranke Mama im Glas für ihre Dritten versteckt. »Geben Sie mir drei«, sage ich. »Geben Sie mir dreihundert für die Hostess, und ich verzichte drauf, mich in Selbstverteidigung zu üben.« Der Anwalt zuckt sichtlich zusammen. »Dreihundert! Für einmal lecken. Gott, gütiger.« Er wird drauf eingehen. Ich weiß es genau. Die Alternative wäre, seinen großkotzigen Klienten erklären zu müssen, wie es dazu kam, dass er in einer Absteige wie dem Slotz, wo der Teppich in den Ecken schimmelt und die Klos noch Kettenspülung haben, die Fresse poliert bekam. Der Kerl fingert angestrengt in seiner Brieftasche herum, als würden sich die Scheine sträuben, weshalb ich danach greife und ihm die weichen Wurstfinger quetsche. »Überlassen Sie mir das Zählen, Sir. Sie zittern ja.« Er zittert nicht, aber ich will ihm schon mal die Vorstellung einimpfen, dass er eigentlich guten Grund dazu hätte. Das ist kein Tipp aus der Türsteherschule. Der Psychodoktor bei der Armee hat mir vor meinem zweiten Einsatz ein paar Ratschläge zur Konfliktlösung mit auf den Weg gegeben. Stimmt schon, ich hab mir die Brieftasche geschnappt, damit das Ganze schneller über die Bühne geht, aber ich will mir bei der Gelegenheit auch noch eine seiner Visitenkarten unter den Nagel reißen. Immer gut, ein paar Einzelheiten über lästige Kunden in der Hand zu haben. Damit sie wissen, dass sie sich nicht verstecken können.
© List (Verlag), Weltbild
Der großartige Stephen King hat mal geschrieben »reg dich nicht über Kleinigkeiten auf«, und ich hab lange drüber gebrütet, bis mir klarwurde, dass ich nicht ganz damit einverstanden bin. Ich weiß schon, was er meint: In unser aller Leben gibt's sowieso Leid und Elend genug, ohne dass wir wegen jedem eingerissenen Fingernagel gleich durchdrehen, aber wenn man sich über Kleinigkeiten aufregt, hilft einem das manchmal, das wirklich Wichtige durchzustehen. Seht mich an, mir und um mich herum ist so viel absolut Entsetzliches passiert, dass die meisten anderen längst sabbernd in der Klapse säßen, aber ich versuch einfach, nicht zu viel drüber nachzudenken. Soll's ruhig im Inneren brodeln, das ist meine Philosophie. Ist bestimmt gesünder, oder? Konzentrier dich auf den harmlosen Alltagskram und lass dich nicht von den psychischen Niederschlägen ablenken, die dich fertigmachen. Mit meiner Philosophie bin ich bis hierher gekommen, aber mein soldatisches Gespür sagt mir, dass es schon bald zum großen Knall kommen wird. Bei meinem derzeitigen Job in Cloisters in New Jersey ist Nachdenken eher nicht gefragt. Über philosophische Themen oder natürliche Phänomene plaudern wir im Kasino nicht oft. Einmal wollte ich erzählen, was ich im National Geographic Channel gesehen hatte, aber Jason guckte mich an, als hätte ich ihn persönlich beleidigt, also wechselte ich sicherheitshalber das Thema, überlegte laut, welche Mädchen sich die Titten hatten machen lassen. Darüber reden wir ständig, ist also bekanntes Terrain. Nach ein paar Schlucken von seinem Proteinshake beruhigte er sich wieder. Mein Gequatsche über tektonische Platten hatte Jase mehr Angst eingejagt als ein Besoffener mit Pistole. Jason ist der beste Türsteher, mit dem ich je gearbeitet habe, eine seltene Kombination aus groß und schnell, aber mit viel mehr Grips in der Birne, als er raushängen lässt. Manchmal vergisst er sich und spielt auf einen Fellini-Film an, verwischt seine Spuren aber anschließend sofort, indem er dem nächstbesten Kerl an der Tür das Leben schwermacht. Der Mann hat Geheimnisse, wie wir alle. Er will mich nicht damit belasten, und mir ist seine Einstellung absolut recht. Wir machen beide auf blöd und verdächtigen uns gegenseitig, dass wir gar nicht so blöd sind, wie wir tun. Ganz schön anstrengend. Meistens haben wir abends Zeit, draußen zu quatschen. Bis ungefähr halb elf ist alles ruhig. In der Regel kreuzen bloß ein paar Freizeitzocker auf, unauffällige Typen. Die Partymeute rollt erst an, wenn die normalen Bars schließen. Victor, der Chef, den ich später noch näher beschreiben werde, weil er so ein Arschgesicht ist, dass er eigentlich einen eigenen Film verdient hätte, nur dass es mir den Flow versaut, wenn ich jetzt damit anfange, also mach ich's später, aber egal, Vic will immer zwei Männer draußen haben. Wenn's ums Hinterzimmer geht, braucht er manchmal zwei, um eine Schlägerei zu stoppen. Da kann's ganz schön hoch hergehen, besonders wenn kleine Männer beteiligt sind. Ich denke, daran ist Joe Pesci schuld. Also übernehme ich meistens die Nachtschicht, wobei es genau genommen gar keine Tagesschicht gibt. Ein- oder zweimal im Monat leg ich auch eine doppelte ein. Macht mir nichts aus. Was soll ich zu Hause? Liegestütze trainieren und mir Mrs Delanos Gezeter anhören? Um Punkt acht fang ich heute an. Es ist mitten in der Woche, also freu ich mich auf einen ruhigen Abend, Energieriegel futtern und mit Jason die Vorzüge der Chirurgie diskutieren. Ein schlichter Zeitvertreib, der mich dem Glück so nahebringt, wie ich ihm in diesem Leben kommen werde. Jason und ich sehen uns gerade auf YouTube an, wie so ein Russe Kettlebells durch die Luft schleudert, als ich einen Anruf von Marco auf mein Headset kriege. Ich muss den kleinen Barmann zweimal bitten, sich zu wiederholen, bevor seine Botschaft bei mir ankommt und ich ins Kasino rase. Offensichtlich hat sich mein Lieblingsmädchen Connie beim Servieren über den Tisch gebeugt, und so ein Typ hat ihr über den Arsch geleckt. Wichsgesicht. Ich meine, das steht auf Messingtafeln an der Wand. Nicht direkt das mit dem Arschlecken. Da heißt es Anfassen der Hostessen untersagt. Verbindliche Klubregel. Einige Hostessen legen vielleicht in den Kabinen hinten auch mal Hand an, aber der Kunde hat auf keinen Fall das Recht zurückzugrapschen. Als ich da ankomme, versucht Marco gerade Connie von dem Kerl fernzuhalten, was in sehr viel stärkerem Maße seiner eigenen Sicherheit dient, als ihm klar sein dürfte. Einmal hab ich gesehen, wie Connie einem College-Footballer ein Tablett übergezogen hat. Seine Gesichtszüge drückten sich ins Metall, als wär's Pappkarton. »Okay, Leute«, sage ich mit meiner donnernden Türsteherstimme. »Lasst uns das professionell regeln.« Der Vorschlag wird von den Stammgästen, die auf ein bisschen Theater gehofft hatten, mit Buhrufen quittiert. Ich klemme mir Marcos Kopf wie einen Basketball unter den Arm und bugsiere ihn hinter die Bar, dann baue ich mich drohend vor dem Übeltäter auf. Der Schlabbermann stemmt die Hände auf die Hüfte, als wäre er Peter Pan. Connies Finger haben rote Streifen auf seiner Wange hinterlassen. »Warum gehen wir nicht nach hinten«, sage ich und schenke ihm fünf Sekunden lang direkten Blickkontakt, »bevor hier alles aus dem Ruder läuft.« »Die Schlampe hat mich geschlagen«, sagt er und zeigt mit dem Finger, als könne irgendein Zweifel daran bestehen, von welcher Schlampe er spricht. Seine Finger sind noch klebrig von einer Portion Chicken Wings, und Soßenfinger haben mich schon immer in einem kaum nachvollziehbaren Maß zur Weißglut gebracht. »Wir haben da hinten einen Pausenraum«, sage ich und bemühe mich, die braune Schmiere unter seinen Nägeln zu übersehen. Was ist bloß los mit den Leuten? Man isst, macht den Mund dabei zu und wischt sich hinterher die Finger ab. Wie schwer ist das? »Warum besprechen wir das Problem nicht da hinten?« Connie ist still, strengt sich an, ihre Wut im Zaum zu halten, kaut auf einem Nikotinkaugummi, als wären's die Eier von dem Kerl. Connie hat Temperament, aber ohne guten Grund würde sie nicht handgreiflich werden. Sie hat zwei Kinder drüben in Cypress im Hort, sie braucht die Kohle. »Okay, Dan«, sagt sie. »Aber können wir einen Zahn zulegen? Da sind Leute, die's kaum abwarten können, mir Trinkgeld zuzustecken. Das ist doch ein klarer Fall.« Der mit dem Zeigefinger lacht, als hätte sie was Witziges gesagt. Ich führe die beiden in den Pausenraum, der kaum mehr als eine Besenkammer ist, und tatsächlich stehen da ein paar Wischmopps, die wie Dreadlockpalmen aus einer Kisteninsel in der Ecke wachsen. »Alles klar?«, frage ich Connie und bin froh, dass sie sich keine ansteckt. Sechs Monate hat sie's jetzt geschafft, nicht zu rauchen. Sie nickt, setzt sich auf das verdreckte Sofa. »Der Kerl hat mir über den Arsch geleckt. Geleckt. Hast du feuchte Tücher, Daniel?« Ich reiche ihr eine Packung. Wenn man in einem viertklassigen Kasino wie dem Slotz in New Jersey arbeitet, hat man immer ein Päckchen Desinfektionstücher dabei. Hier kann man sich alles Mögliche holen. Ich gucke weg, während sich Connie die Barbecuesoße vom Hintern wischt. An tiefen Dekolletés kommt man hier nicht vorbei, aber ich finde, man kann wenigstens die unteren Partien meiden. Ich bemühe mich, meinen Blick über der Gürtellinie zu halten, das ist für alle besser. Während sie sich also saubermacht, wende ich mich an den Kerl. Den Schlabbermann. »Was haben Sie sich dabei gedacht, Sir? Anfassen verboten. Können Sie nicht lesen?« Der Kerl wird mir blöd kommen. Das sehe ich ihm schon an den Haaren an, ein rotblondes krauses Büschel thront auf seinem Kopf wie ein vom Dach gefallenes Vogelnest. »Ich hab das Schild gesehen, Daniel«, sagt er und zeigt zurück ins Kasino. Der Mann ist eine Zeigemaschine. »Da steht nicht anfassen. « »Und was haben Sie gemacht? Sie haben sie angefasst.« »Nein«, sagt der Mann und schwingt seinen Zeigefinger zu mir rüber, so dicht, dass ich die Soße riechen kann, was mir den Appetit auf Gegrilltes mindestens einen Monat lang verderben wird. Rippchen vielleicht ausgenommen. »Ich hab sie nicht angefasst. Man fasst etwas mit den Händen an. Ich hab gekostet.« Dann hört er auf zu reden, als bräuchte ich eine Sekunde, um sein geniales Argument sacken zu lassen. »Glauben Sie, so einen dämlichen Scheiß hab ich noch nie gehört? Glauben Sie im Ernst, dass Sie der Erste sind, der's auf die Tour probiert?« »Ich denke, ich bin der erste Rechtsanwalt, der's auf die Tour probiert.« Er grinst selbstgefällig. Ich hasse diesen Gesichtsausdruck, vielleicht weil ich ihn zu oft zu sehen bekomme. »Sie sind Anwalt?« Weiteres Gezeige. Ich hab gute Lust, diesem Arschloch den Finger zu brechen. »Das haben Sie verdammt richtig erkannt, ich bin Anwalt. Wenn Sie mir blöd kommen, mache ich den Scheißladen hier dicht. Sie werden für mich arbeiten.« »Ich werde für Sie arbeiten, Sir?« Manchmal wiederhole ich was. Die meisten Leute halten mich für blöd, aber in Wirklichkeit traue ich nur meinen Ohren nicht. Der Kerl entscheidet sich ebenfalls für Interpretation A. »Was ist los mit Ihnen? Sind Sie ein Papagei? Ein unterbelichteter irischer Papagei? Gott, gütiger!« So läuft das wahrscheinlich bei dem Penner im Büro. Er wirft mit Dreck um sich, und die Leute lassen sich's gefallen. Ich schätze mal, er ist der Boss oder jedenfalls kurz davor, es zu werden. Nur der Boss und der Postbote können es sich in diesem Maß leisten, auf alle zu scheißen, ohne dass ihnen jemand an den Kragen geht. Sein Anzug und seine Brille sehen aus wie um 1972 von Michael Caine geklaut, und dazu natürlich der styroporartige, rotblonde Haarkranz. »Nein, Sir. Ich bin kein Papagei«, sage ich ruhig und freundlich, wie ich es auf der Türsteherschule gelernt habe. »Ich bin hier im Haus Leiter der Abteilung für Sicherheit, und Sie haben eine der Hostessen angefasst, ganz egal, wie Sie den Sachverhalt verdrehen. « Der Kerl lacht, als hätte er Publikum. »Sachverhalte verdrehen ist genau das, womit ich mein Geld verdiene, Mister Daniel Sicherheitschef. Das ist mein gottverdammter Beruf.« Er sagt das gottverdammter ganz falsch, als hätte er's aus dem Fernsehen. Aus dem Mund eines Anwalts klingt es sowieso nicht richtig. »Das ist Ihr gottverdammter Beruf?«, sage ich und sage es so, wie es gesagt werden sollte. Ich hab's nämlich von einem rumänischen Söldner gelernt, der für die christliche Miliz in Tebnine gearbeitet hat. Anghel und seine Jungs fuhren fast jeden Tag in ihrem klapprigen VW an unserem Camp vorbei und wollten Deals für Kondensmilch und Nudeln aushandeln, die wir von den französischen Garçons bekamen. Ich konnte Anghel ganz gut leiden, er hat nie gezielt auf mich geschossen, sein ganzer Kopf bestand aus Bart, und mir gefiel, wie er gottverdammt sagte. Nur eine Packung, Paddy? Ich geb dir perfektes gottverdammtes Föhn dafür. Klang echt, Betonung auf Gott. Wenn ich also Eindruck schinden will, sag ich's rumänisch. Oft genügt das schon, um jemanden zu irritieren, aus dem Tritt zu bringen. Aber nicht bei dem hier. Der rotblonde Affe zeigt sich absolut unbeeindruckt von meinem gottverdammt und setzt an, seinen zweiten schweren Fehler des Abends zu begehen, jedenfalls soweit ich weiß. Er macht einen Schritt auf mich zu, als hätte er hier das Sagen und als wäre ich nicht zwanzig Zentimeter größer und fünfzig Pfund schwerer. »Was soll der Papageienscheiß?«, fragt er und, ob ihr's glaubt oder nicht, er tippt mir an die Stirn. »Haben die dir den Strom da oben abgestellt? Gott, gütiger.« Mit dem Tippen überrumpelt er mich, aber ich freu mich auch drüber, weil der Kerl mich jetzt angefasst hat. »Sie hätten mich nicht anfassen dürfen, Sir«, sage ich traurig. »Das ist ein Übergriff. Jetzt muss ich mich verteidigen.« Das nimmt ihm den Wind aus den Segeln. Als Anwalt kennt dieser Klugscheißer die Gesetze genau. Ihm ist klar, dass ich jetzt das Recht habe, ihm ein bisschen weh zu tun und zu behaupten, ich hätte mich bedroht gefühlt. Ich übe schon mal ein bedrohtes Gesicht zu machen, damit er sich vorstellen kann, wie's vor Gericht wirkt. Sein Zeigefinger verkümmert wie eine vertrocknete Kackwurst, und er macht ein paar Schritte rückwärts. »Hören Sie. Wenn Sie mir auch nur ein Haar ...« Er kann seine Drohung nicht zu Ende führen, weil ich einen Schuss guthabe, und das weiß er. Zu diesem Zeitpunkt hätte ich wirklich sehr gerne davon Gebrauch gemacht und den Anwalt aus unser aller kläglichem Dasein entfernt. Aber Connie hat ihre Kinder im Hort, und das Letzte, was sie braucht, ist eine Vorladung als Zeugin vor Gericht. Noch dazu, wo der Gerichtssaal die angestammte Kampfarena dieses Arschlochs ist. Vor dem Richter wird er zum Gladiator. Ich sehe ihn praktisch vor mir, wie er wie ein rotblondes Äffchen herumspringt und mit dem Finger in der Luft fuchtelt, als gäb's kein Morgen. Und um ganz ehrlich zu sein, mein bedrohter Gesichtsausdruck ist gar nicht so supergeil. Also sage ich: »Wie viel Geld haben Sie in der Brieftasche?« Der Kerl will sich noch mal aufblasen, aber ich baue ihm einen Fluchtweg, und das weiß er auch. »Keine Ahnung. Vielleicht ein paar Hunderter.« Von wegen keine Ahnung. Anwälte und Buchhalter wissen so was immer. Normalerweise stecken sie sich überall ein paar Scheine hin, für den Fall, dass sie's später am Abend mit einer aufdringlichen Tänzerin oder Nutte zu tun bekommen. Wahrscheinlich weiß der Typ sogar, wie viel Kohle seine kranke Mama im Glas für ihre Dritten versteckt. »Geben Sie mir drei«, sage ich. »Geben Sie mir dreihundert für die Hostess, und ich verzichte drauf, mich in Selbstverteidigung zu üben.« Der Anwalt zuckt sichtlich zusammen. »Dreihundert! Für einmal lecken. Gott, gütiger.« Er wird drauf eingehen. Ich weiß es genau. Die Alternative wäre, seinen großkotzigen Klienten erklären zu müssen, wie es dazu kam, dass er in einer Absteige wie dem Slotz, wo der Teppich in den Ecken schimmelt und die Klos noch Kettenspülung haben, die Fresse poliert bekam. Der Kerl fingert angestrengt in seiner Brieftasche herum, als würden sich die Scheine sträuben, weshalb ich danach greife und ihm die weichen Wurstfinger quetsche. »Überlassen Sie mir das Zählen, Sir. Sie zittern ja.« Er zittert nicht, aber ich will ihm schon mal die Vorstellung einimpfen, dass er eigentlich guten Grund dazu hätte. Das ist kein Tipp aus der Türsteherschule. Der Psychodoktor bei der Armee hat mir vor meinem zweiten Einsatz ein paar Ratschläge zur Konfliktlösung mit auf den Weg gegeben. Stimmt schon, ich hab mir die Brieftasche geschnappt, damit das Ganze schneller über die Bühne geht, aber ich will mir bei der Gelegenheit auch noch eine seiner Visitenkarten unter den Nagel reißen. Immer gut, ein paar Einzelheiten über lästige Kunden in der Hand zu haben. Damit sie wissen, dass sie sich nicht verstecken können.
© List (Verlag), Weltbild
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Autoren-Porträt von Eoin Colfer
Eoin Colfer ist Lehrer und lebt mit Frau und Sohn in Wexford, Irland. Er hat mehrere Jahre in Saudi-Arabien, Tunesien und Italien unterrichtet. Seine bisherigen Bücher für junge Leser standen in Irland, England und den USA an der Spitze der Bestsellerlisten. Er ist der international gefeierte Bestsellerautor der "Artemis Fowl"-Serie. Seine Bücher erscheinen in 44 Ländern und wurden bislang weltweit über 18 Millionen Mal verkauft. 2004 erhielt er den "Deutschen Bücherpreis".Conny Lösch lebt als Journalistin und Übersetzerin in Berlin. Sie hat Bücher u.a. von Jon Savage, Simon Reynolds, Gail Jones, Elmore Leonhard und Don Winslow ins Deutsche übertragen.
Autoren-Interview mit Eoin Colfer
Interview mit Eoin Colfer „Der Tod ist ein bleibender Schaden" ist Ihr erstes Buch für Erwachsene. Warum haben Sie sich diesmal an diese Leser gewendet?
Eoin Colfer: Schon seit fünf Jahren wollte ich ein Buch für Erwachsene schreiben. Aber ich hatte nie Zeit dafür. Als ich dann 45 wurde, dachte ich, dass Artemis jetzt einmal für die nächsten sechs Monate warten muss. Und dann habe ich es geschrieben.
Diesmal haben Sie einen Krimi geschrieben. War es schwer, das Genre zu wechseln?
Eoin Colfer: Ich denke, dass auch die Artemis-Bücher Krimis sind, nur dass darin noch zusätzlich ein wenig Magie vorkommt. Daher war die Veränderung nicht allzu groß. Außerdem wollte ich über Dinge schreiben, die für Kinder nicht so richtig geeignet sind. Das war befreiend nach vielen Jahren mit Märchen, denn in gewisser Weise ist Artemis Fowl ja ein modernes Märchen. In „Der Tod ist ein bleibender Schaden" kann ich mit anderen Themen wie Psychosen, Kriminalität und mit Fragen nach Männlichkeit und Rollenbildern spielen. Außerdem gibt es Sex. Das sind Dinge, die in Kinderbüchern nichts verloren haben.
Der Roman spielt in New Jersey. Warum haben Sie diesen Schauplatz gewählt?
Eoin Colfer: Ich habe New Jersey schon mehrmals besucht und war erstaunt darüber, dass es dort nicht nur raue Ecken, sondern auch viele schöne Kleinstädte gibt. Immer wenn ich diese wohlhabenden Gegenden in New Jersey besuche, bin ich überrascht, wie friedlich es dort ist. Ich dachte, dass es ein interessanter Twist sein könnte, einen Krimi an einem solchen Ort spielen zu lassen.
Warum haben Sie Ihren Helden zu einem irischen Amerikaner gemacht?
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Eoin Colfer: Dan ist Ire, weil ich den Iren emotional am nächsten bin und mich am besten in sie hineinversetzen kann. Deshalb musste er einfach aus meiner Heimat kommen. Außerdem fand ich es interessant, Amerika durch die Augen eines Ausländers zu betrachten, weil Dan so besser die Eigenarten des Landes bemerken kann. Dans Mutter ist aber Amerikanerin, weshalb Dan auch einen amerikanischen Pass hat und in den Staaten arbeiten kann.
Ihr Held Dan muss gegen einen sehr gefährlichen Hund kämpfen. Mögen Sie keine Hunde?
Eoin Colfer (lacht): Dieser Teil des Buches wird am kontroversesten diskutiert. Niemand scheint sich um die ermordeten Menschen im Buch zu kümmern, aber alle sprechen über den Kampf mit dem Rottweiler. Ich mag Hunde sehr, und obwohl Dan und der Hund einen ziemlichen schlechten Start haben, werden sie am Ende Kumpels.
Die Hauptfigur Dan leidet unter Haarausfall. Warum haben Sie dieses Thema gewählt?
Eoin Colfer: Ich hatte im irischen Fernsehen eine Sendung über Haartransplantationen gesehen und hatte die Eingebung, dass das auch für ein Buch geeignet wäre. Ich wollte Haartransplantation und plastische Chirurgie für Männer aber auch deshalb im Roman thematisieren, weil in Büchern nie darüber geschrieben wird, obwohl es einem im normalen Leben ziemlich häufig begegnet. Ich wollte einen modernen Mann als zentrale Figur, dessen Selbstvertrauen wegen seines Haarausfalls einen Knacks bekommen hat und der dennoch ein Held ist.
Ihr vorheriger Held Artemis Fowl scheint ein bisschen klüger zu sein als Dan. Zumindest weiß Artemis immer, wie er die Welt retten kann.
Eoin Colfer: Ich glaube, Dan ist viel schlauer, als er vorgibt. Er versteckt seinen Verstand, weil er nicht zu viel Aufmerksamkeit will. Artemis hingegen will, dass alle Welt seinen Namen kennt und ihn als Genie bewundert. Dan benutzt seinen Kopf nur dann, wenn er muss.
Wie sind Ihre Pläne für die Zukunft? Werden Sie weitere Krimis schreiben?
Eoin Colfer: Ich werde dieses Jahr die Artemis-Fowl-Serie abschließen und danach hoffentlich sowohl Bücher für Kinder als auch für Erwachsene schreiben. Und es wird auf jeden Fall weitergehen mit Dan.
© Michael Paynter
Eoin Colfer: Dan ist Ire, weil ich den Iren emotional am nächsten bin und mich am besten in sie hineinversetzen kann. Deshalb musste er einfach aus meiner Heimat kommen. Außerdem fand ich es interessant, Amerika durch die Augen eines Ausländers zu betrachten, weil Dan so besser die Eigenarten des Landes bemerken kann. Dans Mutter ist aber Amerikanerin, weshalb Dan auch einen amerikanischen Pass hat und in den Staaten arbeiten kann.
Ihr Held Dan muss gegen einen sehr gefährlichen Hund kämpfen. Mögen Sie keine Hunde?
Eoin Colfer (lacht): Dieser Teil des Buches wird am kontroversesten diskutiert. Niemand scheint sich um die ermordeten Menschen im Buch zu kümmern, aber alle sprechen über den Kampf mit dem Rottweiler. Ich mag Hunde sehr, und obwohl Dan und der Hund einen ziemlichen schlechten Start haben, werden sie am Ende Kumpels.
Die Hauptfigur Dan leidet unter Haarausfall. Warum haben Sie dieses Thema gewählt?
Eoin Colfer: Ich hatte im irischen Fernsehen eine Sendung über Haartransplantationen gesehen und hatte die Eingebung, dass das auch für ein Buch geeignet wäre. Ich wollte Haartransplantation und plastische Chirurgie für Männer aber auch deshalb im Roman thematisieren, weil in Büchern nie darüber geschrieben wird, obwohl es einem im normalen Leben ziemlich häufig begegnet. Ich wollte einen modernen Mann als zentrale Figur, dessen Selbstvertrauen wegen seines Haarausfalls einen Knacks bekommen hat und der dennoch ein Held ist.
Ihr vorheriger Held Artemis Fowl scheint ein bisschen klüger zu sein als Dan. Zumindest weiß Artemis immer, wie er die Welt retten kann.
Eoin Colfer: Ich glaube, Dan ist viel schlauer, als er vorgibt. Er versteckt seinen Verstand, weil er nicht zu viel Aufmerksamkeit will. Artemis hingegen will, dass alle Welt seinen Namen kennt und ihn als Genie bewundert. Dan benutzt seinen Kopf nur dann, wenn er muss.
Wie sind Ihre Pläne für die Zukunft? Werden Sie weitere Krimis schreiben?
Eoin Colfer: Ich werde dieses Jahr die Artemis-Fowl-Serie abschließen und danach hoffentlich sowohl Bücher für Kinder als auch für Erwachsene schreiben. Und es wird auf jeden Fall weitergehen mit Dan.
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Bibliographische Angaben
- Autor: Eoin Colfer
- 2012, 279 Seiten, Maße: 13,9 x 20,5 cm, Kartoniert (TB), Deutsch
- Übersetzung: Lösch, Conny
- Übersetzer: Conny Lösch
- Verlag: List
- ISBN-10: 347135073X
- ISBN-13: 9783471350737
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