Die Hebammen-Sprechstunde

Dazu kurzeiniges über mich: Ich übe meinen Beruf seit 1976 aus, im Angestelltenver­hältnisarbeitete ich in einer kleinen Frauenklinik, in der es üblich war, als Hebammeauch die Wöchnerinnen und Neugeborenen zu versorgen. 1977 habe ich bereits alsNe­bentätigkeit Geburtsvorbereitungskurse angeboten. 1984 wagte ich dann denSchritt in die Freiberuflichkeit. Ich betreute die Frauen nun nach ihrerKlinikentlassung zu Hause. Auch kamen jetzt die ersten auf mich zu, die ihrKind ambulant in der Klinik geboren hatten und dann ab dem erstenWochenbettstag von mir zu Hause versorgt werden wollten. Bald gab es auch dieersten Anfragen nach Hausgeburten. Ein überzeugter Geburtshelfer und nochüberzeugtere werdende Eltern machten mir diesen Schritt in die Hausgeburtshilfezu einem nachhaltigen Erlebnis. Meine anfängliche Skepsis war bald vorbei.Intensive Vorge­spräche und ein Kennenlernen der Eltern halfen, das Risiko sogering wie möglich zu hal­ten.

1986gründete ich gemeinsam mit einer Kollegin eine Hebammenpraxis, die durch Mit­wirkeneiner dritten Hebamme auch einen Namen erhalten hat, »Erdenlicht«. Wir Heb­ammenwollen dort ein Licht auf Erden sein, das es den Kindern erleichtert, das Lichtdieser Erde zu erblicken, und den Eltern einen Lichtblick bieten in ihremProzeß des Eltern­werdens und -seins. Seit 1988 gibt es im »Erdenlicht« auchregelmäßige Hebammen­sprechstunden neben den Geburtsvorbereitungskursen, denPartnerabenden, den Natur­heilkunde-Infos, den Wickelkursen, derRückbildungsgymnastik, dem Babytreff, dem Babymassagekurs, der Stillgruppe, demErnährungskreis »Stillen und was danach«, den Seminaren »Kinderkrankheitenhomöopathisch behandeln« und den Vorträgen »Aromen und ihr Einsatz in derFamilie«.

Ich selbstbin Mutter von drei Kindern. Meine beiden Söhne habe ich in der Klinik ge­boren,meine Tochter durfte zu Hause das Licht der Welt erblicken. Alle Kinder habenje­weils zu einem enormen Entwicklungsschritt für mich als Hebamme beigetragen.Das er­ste Kind brachte mir sowohl in der Schwangerschaft als auch bei derGeburt die Geburts­-Medizin nahe - mit all ihren Problemen. Damals war eineprogrammierte Geburt üblich. Ich mußte erleben, daß ein Dammschnitt wirklichschmerzhaft sein kann, eine Verletzung darstellt, die mich bis heute verfolgt.

Meinezweite Schwangerschaft eröffnete mir, daß sogenannte Frühgeburtsbestrebungen, dieselbenwie in der ersten Schwangerschaft, auch einfach normal sein können. Daß ein Teeauch helfen kann. Daß eine Zufuhr von Fremdeiweiß in der Schwangerschaft beim Kindextreme Hautprobleme hervorrufen kann, die das Kind möglicherweise lebensläng­lichbelasten. Die Geburt führte zu der Erkenntnis: kein timing, keineDammverletzung, das ist Geburt! Ich durfte erleben, was »gebären« heißt undnicht »entbunden zu werden«.Ich bin meiner Kollegin heute noch dankbar undmöchte bereits hier erwähnen, daß eine Kli­nikgeburt auch ein sehr schönes undnachhaltiges Erlebnis für eine Familie sein kann, wenn die Rahmenbedingungenerfüllt werden. Sehr gerne denken wir an das erholsame Wo­chenbett in derKlinik zurück. Durch meine zweite Schwangerschaft, die Geburt und dasWochenbett ist mir die Homöopathie und Kräuterheilkunde begegnet und seitdieser Zeit »meine« Medizin geworden. Ich konnte erleben, daß auch extremeStillprobleme und wun­de Brustwarzen mit naturheilkundlichen Methoden geheiltwerden können. Wir konnten später in der Familie erfahren, wie wir mitNaturheilkunde und entsprechendem Bewußt­sein Hautproblemen bei Kindernbegegnen können.

Meinedritte Schwangerschaft einige Jahre später ermöglichte mir das Erlebnis, was esheißt, im Kreise der Familie zu gebären, was es bedeutet, wenn psychischeProbleme oder etwaige Neuerungen unverarbeitet bei der Geburt im Raum stehen.Dieses Kind hat uns geholfen, aus einem starren Schema auszubrechen: AlsHebamme eine Hausgeburt zu er­leben, als Frau und Mutter trotz Stillen vollberufstätig zu sein, einen Rollentausch in der Familie, dazu auf dem Dorflebend, zu verwirklichen! Seit der Geburt unserer Tochter ist mein Mann zuHause, betreut die Kinder, versorgt den Haushalt, unterstützt mich in mei­nerSchreibarbeit, stärkt mir den Rücken und hält ihn mir auch frei. Ohne meinenMann wäre es mir nicht möglich, so umfassend als Hebamme tätig zu sein. Dennfreiberufliche Hebamme sein bedeutet: rund um die Uhr, das ganze Jahr über inBereitschaft zu sein für die nächste anstehende Geburt ebenso wie ständigeAnsprechpartnerin für die Schwange­ren und Wöchnerinnen mit all ihren Ängstenund akuten Problemen.

So bin ichals Hebamme zu der Kräuterheilkunde und der Homöopathie gekommen. Die Aromatherapieist mir einige Jahre später begegnet. Auch diese Heilkunde ist mir inVerbindung mit der Geburt eines Kindes bewußt geworden. Ich durfte eine Frau,die mit ätherischen Ölen sehr vertraut ist, bei der Geburt ihrer Tochterbegleiten. Es waren so nach­haltige Erlebnisse, daß ich mich seit dieser Zeitintensiv mit der Anwendung und Wirkung von ätherischen Ölen auseinandersetze.

Ich möchtedieses Buch bewußt schwangeren Frauen, Eltern und Kindern widmen, denn diesewaren es, die mich auf diesen Wissensstand gebracht haben.

In den dannfolgenden Abschnitten des Buches - Schwangerschaft, Geburt und Wochen­bett-werde ich abwechselnd über meine Erfahrungen aus den Bereichen der Kräuterheil­kunde,der Homöopathie sowie der ätherischen Öle berichten. Dies sollen Hinweise und Ratschläge,jedoch keine Verordnungen sein. Zu welcher Art von Therapie Sie sich alsSchwangere hingezogen fühlen, werden Sie selbst erkennen. Die eine wird bessermit Tee­mischungen zurecht kommen, die andere mit der Einnahme einer homöopathischenArz­nei, eine andere wieder mit den ätherischen Ölen in der Duftlampe, imMassageöl oder in der Badewanne.

Ich möchtedarauf hinweisen, daß alle Menschen, also auch werdende Eltern, fähig sind, fürsich selbst zu entscheiden und die Eigenverantwortung zu übernehmen.Letztendlich kann dies im ganzen Leben niemand für andere Menschen tun.

Im Anhangmöchte ich grundlegende Information für den Umgang mit Heilkräutern, derHomöopathie und der Aromatherapie vermitteln. Bei der Anwendung einer dieser na­turheilkundlichenMaßnahmen sollten Sie immer in diesen Kapiteln nachlesen.

Nichtersetzen soll dieses Buch den Rat einer erfahrenen Hebamme, einer Ärztin oderei­ner anderen Therapeutin, die ausgebildet und befähigt ist in der Betreuungvon schwan­geren Frauen und Müttern. Bereits hier möchte ich darauf aufmerksammachen, daß die Naturheilkunde eine Erfahrungsheilkunde und nicht frei vonNebenwirkungen ist.

© 1994Ingeborg Stadelmann Eigenverlag

Eine ebenso wichtige, wie die Kräuterheilkunde und die Homöopathie -neben dem unersätzlichen schulmedizinischen undempirischenWissen von Hebammen. Es war das erste Buch einer deutschen Hebamme undgleichzeitig auch das erste, in dem der Komplementärmedizin neben derSchulmedizin Platz eingeräumt wird. Und es ist erste, das sich mit derAromatherapie in der Geburtshilfe beschäftigt.

Das Buchrichtet sich nicht nur an (werdende) Eltern, sondern auch an Hebammen in derAusbildung. Gehört es auch hier schon zum festen Kanon? Wie aufgeschlossen istdie Geburtshilfe inzwischen gegenüber Homöopathie und Aromatherapie?

Ja, dasBuch wird als das andere Lehrbuch" bezeichnet. Mittlerweile bieten vieleKliniken alternative Therapien an, denn die Kundin" wünscht das.

Einmalpraktisch gefragt: Braucht man homöopathische Vorkenntnisse, um die natürlichenBehandlungen, die Sie vorschlagen, verstehen zu können?

Eigentlichgenügt gesunder Menschenverstand und das Bedürfnis, das Leben selbst zugestalten und das Vertrauen, dass der Körper schon weiß, was er zu tun hat.Aber: Grundwissen in der Homöopathie ist schon wichtig, denn sie vermittelt denSelbsthilfemechanismus, der vielen Menschen verloren gegangen ist.

Wie sindIhre Erfahrungen: Ist jede Apotheke in der Lage, Ihre Rezeptmischungenanzufertigen?

Nein, dennman braucht nicht nur das entsprechende Fachwissen und ein modernes großesLabor, sondern auch noch ein gutes Näschen". Zudem liegen meine Rezepturen nur in der Bahnhof-Apotheke in Kempten vorund sind mittlerweile eine international registrierte Marke.

Sieselbst arbeiten eng mit der Bahnhof-Apotheke in Kempten zusammen, dort kann maninzwischen über 120 Ihrer Aromamischungen - auch online - bestellen. Wie kam eszu diesem Jointventure"?

Wir sinduns begegnet, haben uns gegenseitig respektiert und wollten mehr vom anderenBerufbild lernen. Wir haben bald die Sprache und Bedürfnisse der jeweilsanderen Berufsgruppe verstanden.

Nachjahrelanger Praxis in der Geburtshilfe sind Sie nun vorwiegend in der Aus- undWeiterbildung von Hebammen tätig, veranstalten Seminare und sind gefragteReferentin. Wie kann man sich eine typische Arbeitswoche bei Ihnen vorstellen?

Montag undDienstag Büroarbeit, Qualitätssicherung und Pflege der Original ISAromamischung sowie Beratung und Schulung von Mitarbeiterinnen und Kunden derBahnhof-Apotheke. Mittwoch bis Samstagmittag Seminare, Sonntag Erholung undFamilie. Dann geht s wieder am Montag in die Apotheke.  

In Ihremkleinen Verlag sind zahlreiche weitere Titel rund um die Aromatherapie geplant.Worauf können sich die Leser freuen?

Auf einekomplett überarbeitete Neuauflage der Hebammen-Sprechstunde sowie auf Aromatherapie vom Kleinkind bis zur Pubertät", Aromatherapie als ErsteHilfe", Aromatherapie in der häuslichen Pflege" sowie Aromatherapie zum Wohlfühlen".

DieFragen stellte Henrik Flor, Literaturtest.