Die Kunst des stilvollen Verarmens
Der Autor hat es am eigenen Leib erfahren: Sehr schnell kann man heute seinen Besitz verlieren. Doch auch die Kunst des stilvollen Verarmens will gelernt sein. Wie man auch ohne einen Heller reich sein kann, verrät dieses Buch.
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Der Autor hat es am eigenen Leib erfahren: Sehr schnell kann man heute seinen Besitz verlieren. Doch auch die Kunst des stilvollen Verarmens will gelernt sein. Wie man auch ohne einen Heller reich sein kann, verrät dieses Buch.
Die Kunstdes stilvollen Verarmens von Alexandervon Schönburg
LESEPROBE
«Es ist besser, man gewöhnt sich im Leben an den Verlust.Man erspart sich viel Traurigkeit.»
HELMUT BERGER
Die Ausgangslage
Über dieNotwendigkeit des Sparens
Damals, als die Wirtschaft noch boomte, saß ich in einem schönenBüro, hatte Visitenkarten in der Tasche, die mich als Angestellten eines derangesehensten Medienunternehmen des Landes auswiesen, und dank unseres Arbeitsrechtsdie Aussicht, nach Ablauf einer Frist mit meinem Arbeitsplatz verheiratet zusein. Irgendwo zu Hause im Bücherregal befand sich, säuberlich abgeheftet, einArbeitsvertrag, der eine regelmäßige Gehaltserhöhung vorsah. Jedes Jahr rundtausend D-Mark mehr. Ich wäre also - langsam, aber sicher - reich geworden.Auch sämtliche Zukunftssorgen, die ich zu diesem Zeitpunkt allerdings noch garnicht kannte, hatte mir mein Arbeitgeber abgenommen. Denn fast ebenso hoch wiemein Gehalt waren die Beiträge, die er in meine Renten-, Kranken-, Arbeitslosen-und Pflegeversicherung einzahlte.
Es kam anders, und das lag an einer Notbremse. Die hattemein Arbeitgeber gezogen, nachdem Osama Bin Laden in New York den Lauf derGeschichte verändert hatte und das Unternehmen, bei dem ich angestellt war,plötzlich einsah, dass die immensen Investitionen in neues human capital in derrückblickend etwas naiven, damals jedoch verbreiteten Hoffnung getätigt wordenwaren, das goldene Zeitalter der späten neunziger Jahre werde ewig währen.Durch das ruckartige Bremsen wurden all jene von Bord geschleudert, die maninnerhalb der vergangenen zwei Jahre angeheuert hatte.
Als wir eingestellt wurden, war die Zeitung, für die wir arbeiteten,so randvoll mit Anzeigen, dass der Bote sie am Wochenende nicht mehr in denBriefkastenschlitz stecken konnte. Die Leser, die sich nicht für denStellenmarkt interessierten, mussten beim Griff zur Samstagsausgabe zunächsteinen Anzeigenteil entsorgen, für den übers Jahr gesehen sicher einmittelgroßer Mischwald gerodet und für dessen Transport die fossile Energieverfeuert wurde, die sich in mehreren Millionen Jahren angesammelt hatte. Die Verlagewaren naturgemäß davon überzeugt, dass es genauso weitergehen würde. Jederhatte Angst, den Anschluss zu verpassen. Vom Konzernchef bis hinunter zumRentner, der sein Sparbuch plünderte, um an der Börse mitzumischen, kanntenalle nur noch die Furcht, der Boom könnte ohne sie stattfinden. Die Firmen stürztensich in Investitionen, die Bürger in Konsum und kauften «Volksaktien».
Das alles endete natürlich mit einem fürchterlichen Hang-over,und dass die in der Medienbranche Beschäftigten die Veränderung am schnellstenzu spüren bekommen würden, verstand sich von selbst. Das Erste, was Unternehmeneinsparen, wenn die Umsätze schrumpfen, sind Anzeigen. Mit Kürzungen desWerbebudgets lassen sich ohne soziale Härte, ohne großen verwaltungstechnischenAufwand und vor allem umgehend Millionen einsparen. Wir, die man für dieinnovative Beilage einer konservativen Zeitung geholt hatte, warenlogischerweise die ersten Opfer des Kettensägenmassakers auf dem Arbeitsmarktder Besserverdienenden.
In meinem persönlichen Fall war das ziemlich hart, eine kleineFamilie kann man eigentlich nur ernähren, wenn man über ein regelmäßigesEinkommen verfügt. Dennoch versuchte ich, ein gewisses Verständnis für dasHandeln meiner Firma zu entwickeln - schließlich war nicht von der Hand zuweisen, dass sich ein Unternehmen in Zeiten wie diesen keine neuen Mitarbeiterleisten kann. Also begegnete ich meiner Entlassung mit Galgenhumor, in der festenÜberzeugung, dass dies einer der Momente im Leben sein könnte, in denen eswichtig ist, eine gute Figur zu machen. In den verbleibenden Wochen meinesAngestelltendaseins erschien ich betont fröhlich im Büro und achtete darauf,auch durch mein Äußeres den Anschein zu vermeiden, ich würde mit meinemSchicksal hadern. Im Gegensatz zu früher zog ich nun jeden Tag eine Krawatte an,was sonst nur noch ein paar ältere Mitarbeiter taten. Und als ich zum letztenMal die Redaktion betreten hatte - es war ein außergewöhnlich sonnigerHerbsttag -, entfernte ich in meinem Arbeitszimmer alle noch so kleinen Spurenmeiner Zeit dort, gab die Zimmerpflanze in die Obhut der Chefsekretärin, ginganschließend von Raum zu Raum und verabschiedete mich mit dem Hinweis, dass ichmein Büro «besenrein» hinterlassen hätte. (...)
© 2005 by Rowohlt Verlag GmbH, Berlin
- Autor: Alexander von Schönburg
- 2005, 11. Aufl., 240 Seiten, Maße: 13 x 21 cm, Gebunden, Deutsch
- Verlag: Rowohlt, Berlin
- ISBN-10: 3871345202
- ISBN-13: 9783871345203
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