Die Privilegierten

Roman | SWR-Bestenliste November
 
 
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Hätte nicht alles gut werden müssen? Der neue Roman von Thomas von Steinaecker über die verpassten Chancen einer Generation

In Norwegen beginnt der Winter. Der erste seit vielen Jahren. In einer abgelegenen Hütte muss sich Bastian eingestehen, dass...
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Kommentar zu "Die Privilegierten"
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    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    ninchenpinchen, 27.10.2023

    Bedient das Narrativ

    Da ich den Roman der Longlist 2023, der später in die Shortlist kam, „Muna“ gelesen hatte, wollte ich auch ganz bewusst einen Roman lesen, der in diesem Jahr nicht nominiert wurde. Und das war dann eben Thomas von Steinaeckers „Die Privilegierten“ mit 623 Seiten.

    Der Roman beginnt mit dem Schulalter des Protagonisten und Ich-Erzählers Bastian Klecka und endet weit in der Zukunft, etwa im Jahr 2039. Er umspannt also ungefähr sechzig Jahre. Die Geschichte hat herausragende Momente, besonders bei den Tiergeschichten: drei Mal Katze, einmal Wolf. Dazu kommt Bastians Verzweiflung im Alter, die so berührend und nachvollziehbar beschrieben ist, dass man nicht nur mitfühlt, sondern sogar Angst bekommt vor dem möglichen eigenen Erleben solcher Zustände. Respekt!

    Eine lebenslange Freundschaft verbindet die drei Klassenkameraden: Bastian, Ilie Popescu und Madita. Sie gründen den „Klub der Katze“. Auch wenn die Berufe, Lebenswege und späteren Wohnorte dieser drei Freunde so unterschiedlich sind, wie sie nur sein können, halten sie immer Kontakt, mal mehr, mal weniger, aber immer.

    Bastians Eltern sterben früh bei einem Unfall und der Großvater zieht ihn auf. Wir lesen von seiner Schul- und Studentenzeit, bis zur Heirat und Geburt des Sohnes Samy und weit darüber hinaus. Über Berufs- und Wohnortwechsel, alles sehr ausführlich und streckenweise auch recht langatmig.

    Das Kennen- und Liebenlernen der späteren Ehefrau Brigitte bleibt für mich sehr blass. Die gegenseitigen Abmachungen und Vereinbarungen, z. B. wer aufs Kind aufpasst, wirken roboterhaft und unglaubwürdig. Schublade auf, Absprache raus, Schublade wieder zu. Sogar die Streitigkeiten der Eheleute wirken seltsam unecht. Die Stärken des Autors liegen eindeutig woanders. Siehe oben.

    Kommen wir zur unerquicklichen Bedienung des gerade gängigen Narrativs, dafür gibt es hier unzählige Beispiele. Mit dem jetzigen Wissen: Ich hätte dies Buch nicht lesen mögen. Das können leider auch die oben erwähnten herausragenden Momente nicht wettmachen. S. 187: „Ich hielt immer zu den Demokraten, den Schwarzen, Homosexuellen und anderen benachteiligten Minderheiten. […] Ich war zwar weiß, deutsch, wohlhabend, männlich, mittelalt. Doch am Ende des Tages gehörte ich zu den Guten.“

    Und ja, es geht noch weiter, S. 242: „Madita hatte sich zunächst geweigert, nach Ibiza mit dem Flugzeug zu reisen. Erst nach einer nächtlichen Konferenzschaltung, in deren Verlauf Ilie und ich ihr versprechen mussten, ein dreistelliges CO2-Zertifikat zu kaufen, hatte sie sich breitschlagen lassen.“

    S. 245: „[…] wir diskutierten sehr angeregt-produktiv über Trump und die sehr offensichtlich unvermeidbare rechte Apokalypse.“ Es folgen die „Unwörter“, die man nicht mehr sagen darf, wie z. B. „Zigeuner“, S. 268.

    S. 284: „Der Sender vertrat eine extrem liberale Gesinnung.“ Und dann, Achtung aufgepasst: „Wäre bekannt geworden, dass jemand aus den Redaktionen AfD wählt oder eine abweichende Gesinnung vertrat, wäre er früher oder später gegangen worden.“ Das ist nun wirklich extrem liberal. Satire aus.

    Und nein, es hört noch nicht auf, S. 298: „Die Kirchensteuer konnte man ohnehin sinnvoller verwenden, für NGO-Projekte in Afrika oder CO2-Zertifikate zum Beispiel.“ Oder auf Seite 376: „was sie oder er sich für die Zukunft in Deutschland erhoffe, mehr Toleranz gegenüber Geflüchteten, mehr Diversity, mehr alternative Energien, mehr Kreativität, mehr Farbe, ja, als ein winziges Mädchen piepste, sie wünsche sich mehr Frauenpower in Führungspositionen, […] und mir war … auf einmal nicht mehr bange um die Zukunft.“

    Selten gibt es auch Gegenstimmen, natürlich von jemandem, der abwegige Thesen verbreitet, so meint es Bastian, der so Empathie bewusste Erzähler. Also der abwegige Thesen-Verbreiter stellt auf Seite 471 die historische Einmaligkeit des Holocausts angesichts des Genozids im osmanischen Reich und in Ruanda in Frage. – Also ja, auch andere Völker als die Deutschen haben sich des Genozids schuldig gemacht, sogar viel neueren Datums. Quelle Spiegel, diverse Artikel: „In nur hundert Tagen töteten radikale Hutu 1994 in Ruanda rund 800.000 Tutsi und gemäßigte Hutu, die sich weigerten mitzumachen.“ Natürlich hat derlei normalerweise in einer Rezension nichts zu suchen, aber ich möchte den zahlreichen o. g. Zitaten etwas entgegensetzen. Und politisiert wird ja in diesem Roman reichlich.

    Fazit: Wer auch nur ansatzweise mit der derzeitigen Politik im Lande nicht einverstanden ist, der sollte diesen Roman lieber nicht lesen. Denn zu viel Meinungsmache verdirbt das Lesevergnügen.

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