Die Schriften der alten Betschwester

Dieses Buch ist keine Jugendschrift.Es wendet sich an reife Leser mit sittlichem Ernste, religiöser Grundstimmung, zartem Gemüte und der Fähigkeit, einzutauchen in das Seelenleben der Heldin.Es fordert sittlichen Ernst; denn es muß hinabsteigen in die Kloaken der Verkommenheit, und es muß schwimmen im Abschaum der menschlichen Gesellschaft.Religiöse Grundstimmung, Sinn und Verständnis für die Großmacht der Religion; denn es behandelt ein religiöses Problem: den Kampf zwischen Hölle und Himmel, zwischen dem raffinierten Laster und der arglosen Tugend, zwischen Genuß und Entsagung, und es kann bei dem Leser, der in seinem glaubenslosen Herzen des einzigen Trostes der Mühseligen und Beladenen, der Ewigkeitshoffnung, bar ist, kein Anklingen erwarten.Zartes Gemüt und die Fähigkeit, einzutauchen in das Seelenleben der Heldin; denn vor uns entrollen sich nicht so fast große Ereignisse als vielmehr ein reiches Gemütsleben, das in seiner wundersamen, rührenden Eigenart nur von gleichgestimmten Seelen erfaßt werden kann.In den Augen der Welt erscheint die Heldin dieses Buches als ein Narr, ein Dummkopf, ein Gimpel; in den Augen Gottes ist sie nach den Worten der Bergpredigt achtmal selig, denn sie war arm im Geiste, sanftmütig und trauernd, sie hungerte und dürstete auf Erden vergebens nach Gerechtigkeit, sie war barmherzig, reines Herzens und friedfertig, sie litt Verfolgung um der Gerechtigkeit willen und ward beschimpft und verfolgt bis zum letzten Atemzuge, und so ist ihrer als eines Kindes Gottes das Himmelreich.So leset denn, Freunde, die Schriften der alten Betschwester, die nicht mit Tinte, sondern mit purpurnem Herzblute geschrieben sind, mit dem Herzen, gebt sie aber euern Kindern nicht in die Hände; denn ich möchte die Strafe vermeiden, die der Herr denen androht, die eines dieser Kleinen ärgern!Der Herausgeber (Josef Wichner).

Wichner, JosefJosef Wichner wurde am 23. Oktober 1852 in Bludenz geboren, verlor sehr früh seine Eltern, und wuchs in bitter armen Verhältnissen auf. Er war Professor am Kremser Gymnasium und sah sich selbst als "Volksschriftsteller" mit pädagogischen Absichten. Er beschrieb besondere Züge des Lebens, Sagen, Legenden, geschichtliche Ereignisse, sowie persönliche Erinnerungen und Erlebnisse. Seine Werke sind vielfach in Sammelbänden und Zeitschriften erschienen und umfassen weit über tausend einzelne Titel.Josef Wichner starb am 14. Juni 1923 in Krems an der Donau.