Die Vermessung der Welt
Seit September 2005 auf den Bestenlisten!
Ende 18. Jahrhundert: Zwei junge Deutsche haben sich etwas scheinbar Unmögliches in den Kopf gesetzt: Sie wollen die Welt vermessen - natürlich jeder auf seine Art. Was sie erleben ist höchst abenteuerlich,...
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Seit September 2005 auf den Bestenlisten!
Ende 18. Jahrhundert: Zwei junge Deutsche haben sich etwas scheinbar Unmögliches in den Kopf gesetzt: Sie wollen die Welt vermessen - natürlich jeder auf seine Art. Was sie erleben ist höchst abenteuerlich, aber auch urkomisch. Der eine ist Alexander von Humboldt, der sich durch Urwald und Steppe kämpft, Gifte kostet, Vulkane besteigt, Seeungeheuer und Menschenfresser trifft.
Der andere, der Mathematiker und Astronom Johann C.F. Gauß, der jede Form von Bewegung hasst, versucht das Ganze von zu Hause aus per Formeln - und das noch in seiner Hochzeitsnacht. Nach Jahren treffen sich die beiden.
"Für mich ist es das beste Buch eines deutschen Autors, das ich in diesem Jahr gelesen habe."
Elke Heidenreich in "Lesen"
"Spannend, facettenreich und wunderbar"
Der Spiegel
Daniel Kehlmann wurde in 1975 in München geboren und gehört neben Leonie Swann zu den erfolgreichsten deutschen Newcomern. Sein Roman "Ich und Kaminski" wurde ein großer internationaler Erfolg."
Die Zeit
«Eine literarische Sensation.»
The Guardian
«Unterhaltsam, humorvoll und auf schwerelose Art tiefgründig und intelligent.»
Frankfurter Allgemeine Zeitung
«Urkomisch und zugleich herzzerreißend.»
Time
«Ein großes Buch, ein genialer Streich.»
Frankfurter Rundschau
«Ein meisterhaft geschriebener, wunderbar unterhaltsamer und zutiefst befriedigender Roman.»
Los Angeles Times
DieVermessung der Welt von DanielKehlmann
LESEPROBE
Der Lehrer
Wer den Professor nach frühen Erinnerungen fragte, bekamzur Antwort, daß es so etwas nicht gebe. Erinnerungen seien, anders alsKupferstiche oder Postsendungen, undatiert. Man finde Dinge in seinemGedächtnis vor, welche man manchmal durch Überlegung in die richtige Reihenfolgebringen könne.
Leblos und zweitklassig fühlte sich etwa die Erinnerung anden Nachmittag an, als er seinen Vater beim Abzählen des Lohnes korrigierthatte. Vielleicht hatte er sie zu oft erzählen hören; sie schien ihmzurechtgebogen und unwirklich. Jede andere hatte mit seiner Mutter zu tun. Erwar gefallen, sie tröstete ihn; er weinte, sie wischte die Tränen weg; erkonnte nicht schlafen, sie sang ihm vor; ein Junge aus der Nachbarschaft wollteihn prügeln, aber sie sah es, rannte ihm nach, bekam ihn zu fassen, klemmteihn zwischen die Knie und schlug ihm ins Gesicht, bis er blutig und taubdavontappte. Er liebte sie unsagbar. Er würde sterben, stieße ihr etwas zu. Daswar keine Redensart. Er wußte, daß er es nicht überleben würde. So war esgewesen, als er drei Jahre alt war, und dreißig Jahre später war es nichtanders.
Sein Vater war Gärtner, hatte meist dreckige Hände, verdientewenig, und wann immer er sprach, beklagte er sich oder gab Befehle. EinDeutscher, sagte er immer wieder, während er müde die abendliche Kartoffelsuppeaß, sei jemand, der nie krumm sitze. Einmal fragte Gauß: Nur das? Reiche dasdenn schon, um ein Deutscher zu sein? Sein Vater überlegte so lange, daß man eskaum mehr glauben konnte. Dann nickte er.
Seine Mutter war mollig und melancholisch, und außerKochen, Waschen, Träumen und Weinen sah er sie nie etwas tun. Schreiben oderlesen konnte sie nicht. Schon früh war ihm aufgefallen, daß sie alterte. Ihre Hautverlor an Spannung, ihr Körper seine Form, ihre Augen hatten immer wenigerGlanz, und jedes Jahr waren auf ihrem Gesicht neue Falten. Er wußte, daß essich mit allen Menschen so verhielt, aber in ihrem Fall war es nicht zuertragen. Sie verging vor seinen Augen, und er konnte nichts dagegen machen.
Die meisten späteren Erinnerungen kreisten um die Trägheit.Lange hatte er gemeint, daß die Leute Theater spielten oder einem Ritualanhingen, das sie verpflichtete, immer erst nach einer kurzen Pause zusprechen oder zu handeln. Manchmal konnte er sich anpassen, dann wieder war esnicht auszuhalten. Erst allmählich kam er dahinter, daß sie diese Pausenbrauchten. Warum dachten sie so langsam, so schwer und mühevoll? Als würden Gedankenvon einer Maschine hervorgebracht, die man zuvor anwerfen und in Gang kurbelnmußte, als wären sie nicht lebendig und bewegten sich von selbst. Ihm fiel auf,daß man sich ärgerte, wenn er die Pausen nicht einhielt. Er tat sein Bestes,aber oft gelang es ihm nicht.
Auch die schwarzen Zeichen in den Büchern, welche zu den meistenErwachsenen sprachen, nicht aber zu seiner Mutter und zu ihm, störten ihn. Aneinem Sonntagnachmittag ließ er sich von seinem Vater, aber wie stehst du dennda, Junge, einige erklären: das mit dem großen Balken, das unten weitausschwingende, den Halb- und den ganzen Kreis. Dann betrachtete er die Seite,bis sich die noch unbekannten ganz von allein ergänzten und da plötzlich Wörterstanden. Er blätterte um, diesmal ging es schneller, ein paar Stunden späterkonnte er lesen, und noch am selben Abend war er mit dem Buch, das übrigenslangweilig war und immerzu von Christi Tränen und der Liebesreue desSünderherzens redete, fertig. Er brachte es seiner Mutter, um auch ihr dieZeichen zu erklären, aber sie schüttelte traurig lachend den Kopf. In diesemMoment begriff er, daß niemand den Verstand benutzen wollte. Menschen wolltenRuhe. Sie wollten essen und schlafen, und sie wollten, daß man nett zu ihnen war.Denken wollten sie nicht.
Der Lehrer in der Schule hieß Büttner und prügelte gern. Ertat, als wäre er streng und asketisch, und nur manchmal verriet seinGesichtsausdruck, wieviel Spaß ihm das Zuschlagen machte. Am liebsten stellteer ihnen Aufgaben, an denen sie lange arbeiten mußten und die trotzdem kaumohne Fehler zu lösen waren, so daß es zum Schluß einen Anlaß gab, den Stockhervorzuholen. Es war das ärmste Viertel Braunschweigs, keines der Kinder hierwürde eine höhere Schule besuchen, niemand mit etwas anderem arbeiten als denHänden. Er wußte, daß Büttner ihn nicht leiden konnte. So stumm er sich auchverhielt und so sehr er versuchte, langsam wie alle zu antworten, spürte erdoch Büttners Mißtrauen, und daß der Lehrer nur auf einen Grund wartete, ihnein wenig fester zu schlagen als den Rest. (...)
© Rowohlt Verlag GmbH
„Daniel Kehlmann ist einer der Coolsten, die der Literaturbetrieb zu bieten hat“, schrieb der Focus. Coolness war wohl angebracht bei dem großen Interesse an seiner Person nach dem weltweiten Erfolg des Romans „Die Vermessung der Welt.“ Die Geschichte um den Forscher Alexander von Humboldt und den Mathematiker Carl Friedrich Gauß wurde in über 40 Sprachen übersetzt, sogar ins Färöische, Katalanische und in Hindi.
Dabei ist der Autor kein so genannter Shootingstar: Er hatte bereits 1997 seinen ersten Roman „Beerholms Vorstellung“ veröffentlicht und 1999 „Mahlers Zeit“. International bekannt wurde er 2003 mit dem Werk „Ich und Kaminski“.
Daniel Kehlmann wurde 1975 in München geboren als Sohn des Regisseurs Michael Kehlmann und der Schauspielerin Dagmar Mettler. Seit dem sechsten Lebensjahr lebte er mit den Eltern in Wien, wo er nach dem Besuch einer Jesuitenschule Philosophie und Literaturwissenschaft studierte. Später lehrte er selbst als Gastdozent in Göttingen, Mainz und Wiesbaden Poetik. Die Göttinger Vorlesungen sind in dem Buch „Diese sehr ernsten Scherze“ zusammengefasst. Weitere Betrachtungen über Bücher und Schriftsteller finden sich in „Wo ist Carlos Montúfar?“. Rezensionen und Essays von Kehlmann erscheinen regelmäßig in Tageszeitungen und Literaturzeitschriften. Seit der Veröffentlichung des ersten Romans begleiten Auszeichnungen sein literarisches Schaffen, etwa der Per-Olov-Enquist-Preis sowie der Thomas-Mann-Preis.
Kehlmanns Romane zeichnen sich durch Protagonisten aus, die beileibe keine Durchschnittstypen sind, sondern alle zu Extremen neigen. Der Zauberkünstler Beerholm hält sich für einen großen Magier, und der Physiker Mahler verliert durch seine hohe Begabung die
„Ruhm“ schließlich ist eine Sammlung von neun Episoden in einer Geschichte. In einer von ihnen hadert zum Beispiel eine alte Dame kurz vor ihrem Tod mit dem Schriftsteller, der sie erfunden hat…
- Autor: Daniel Kehlmann
- 2005, 304 Seiten, Maße: 13,3 x 21 cm, Gebunden, Deutsch
- Verlag: Rowohlt, Hamburg
- ISBN-10: 3498035282
- ISBN-13: 9783498035280
- Erscheinungsdatum: 16.09.2005
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