Exodus aus Libyen
Sie sind Acht. Unterschiedlicher Herkunft und Religion, aus unterschiedlichen sozialen Milieus, von verschiedenem Alter und Charakter. Sie alle wollen mitten im libyschen Bürgerkrieg Tripolis verlassen. Gemeinsam in einem Land Cruiser, unter Beschuss, in...
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Produktinformationen zu „Exodus aus Libyen “
Klappentext zu „Exodus aus Libyen “
Sie sind Acht. Unterschiedlicher Herkunft und Religion, aus unterschiedlichen sozialen Milieus, von verschiedenem Alter und Charakter. Sie alle wollen mitten im libyschen Bürgerkrieg Tripolis verlassen. Gemeinsam in einem Land Cruiser, unter Beschuss, in sengender Hitze. Quer durch die Wüste in Richtung Tunesien.Wegen einer Reifenpanne müssen sie in einem von den Regierungstruppen zurückeroberten Dorf Rast machen und in der Ruine eines Hotels übernachten, in dem ausgerechnet auch der Kommandant der Besatzungstruppe logiert.
Nun nimmt kein griechisches, so aber ein ganz reales libysches Drama seinen Lauf.
Lese-Probe zu „Exodus aus Libyen “
1Die Sonne steht hoch, der Himmel ist wolkenlos blau, die Atmosphäre von einer seltenen Vollkommenheit. Zwei Frauen tauschen von Fenster zu Fenster Eindrücke aus, während sie ihre Wäsche auf vor der Fassade gespannte Leinen hängen. Aus der vierten Etage ertönt der gutturale Schrei eines im Käfig gehaltenen Papageien, das Bellen eines Hundes antwortet ihm, die Lautsprecher hoch oben auf den Minaretts stoßen ihre Aufrufe aus. Mitten auf der nach den Gezeiten, angebranntem Fett und nach Fisch stinkenden Straße malt ein kleines Mädchen mit leuchtenden Augen mit einem Stein das Hüpfspiel "Himmel und Hölle" direkt in die Erde. Im Rinnstein trocknet eine Blutlache vollends aus, der Körper ist verschwunden, übrig ist nur ein Schuh mit Löchern in der Sohle. Ein Schwarm fliegender Schaben schwirrt aus einem Gully hervor und verdunkelt die angrenzende Straße mit einem sich bewegenden Schatten, unter dem Taxis, qualmende Lastwagen, knatternde Motorroller, Pferde- und Eselskarren, Fußgänger, brechend volle Kleinbusse und schwer beladene Autos sich vermengen und kreuz und quer fortbewegen: die totale Anarchie.
In diesem urbanen Chaos stürzt sich der Fahrer des Land Cruisers mit durchgedrückter Hupe in den Verkehr, erzwingt die Durchfahrt, donnert über den Gehsteig, schert sich einen Dreck um Ampeln. Abbremsen kommt nicht infrage, anhalten würde bedeuten, sich in Gefahr zu bringen. Am Vortag sind im Zentrum drei Busse von schwerbewaffneten Männern überfallen worden, als sie an roten Ampeln hielten. Die Passagiere wurden ausgeraubt, mehrere mit roher Gewalt, ein Junge wurde getötet, eine Frau kam ins Krankenhaus.
Der Fahrer nennt sich Chino wegen seinen Mandelaugen unter den Lidern, aber das ist nicht sein richtiger Name, sein richtiger Name steht auf der Liste der zum Tode Verurteilten. Seite 225, Abs. 3. Iken Massima. Nur ein "k" statt zwei. Unfähig, seinen Namen richtig zu schreiben. Er ist ein großer Kerl, hager, knorrig, ohne Fett. Muskeln, Nerven und Sehnen kommen auf
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seiner schwarzen Haut zum Vorschein. Die breite Brust unter dem zerrissenen Unterhemd ist ein Gewirr aus Knoten, die sich bei jeder Bewegung ineinander verschlingen und zusammenziehen wie ein Vipernnest. Sein Bart ist ganz neu, pechschwarz, kein weißes Haar. Er wird ihn erst nach dem Tod des Pourriture abnehmen. Das hat er Izza versprochen."Du wirst aussehen wie ein Fundamentalist", hatte sie gesagt."Die haben kein Monopol auf einen Bart", hatte er erwidert. "Victor Hugo war kein Fundamentalist, Maimonidis und Aristoteles auch nicht.""Wie kommst du denn auf die? Ein Christ, ein Jude und ein Grieche, seit Jahrhunderten tot!"Sie hatten gelacht.
Neben ihm auf dem Beifahrersitz, in Hemdsärmeln, ein Baumwollblouson lässig über die Knie geworfen, sitzt Henri Ventura und betrachtet das heillose Chaos durch die Windschutzscheibe. Er hat keinerlei Gepäck. Er lässt das Fenster runter, als zwei französische Rafale-Kampfjets in sehr niedriger Höhe vorüberfliegen. So niedrig, dass er die Nextor-Kanone unter dem rechten Flügel des Jagdbombers erkennen kann, die, wie er weiß, bis zu 2500 Granaten pro Minute abfeuern kann. Und so schnell, dass er die Piloten nicht mit Sicherheit erkennen konnte. Das ist normal, er kennt die von der Staffel nicht gut, außer Michel natürlich, und Charlie, aber Michel ist in Neapel und stopft sich mit Pizza Margherita voll, begossen mit Limoncello, und Charlie dürfte wohl tot sein, wenigstens muss man es ihm wünschen, es wäre besser für ihn. Dichter, schwarzer Rauch steigt über Bab-al-Azizyah, der Residenz des Pourriture auf. Die Kameraden haben den Job erledigt, der eigentlich seiner hätte sein sollen, denkt er und kurbelt das Fenster wieder hoch.
Das Gesicht männlich, wettergebräunt von der Sonne und dem Sport an der frischen Luft, das Haar im Bürstenschnitt, strohblond, die Augen strahlend blau. Er ist mittelgroß, hält sich gerade auf seinem Sitz, so
Neben ihm auf dem Beifahrersitz, in Hemdsärmeln, ein Baumwollblouson lässig über die Knie geworfen, sitzt Henri Ventura und betrachtet das heillose Chaos durch die Windschutzscheibe. Er hat keinerlei Gepäck. Er lässt das Fenster runter, als zwei französische Rafale-Kampfjets in sehr niedriger Höhe vorüberfliegen. So niedrig, dass er die Nextor-Kanone unter dem rechten Flügel des Jagdbombers erkennen kann, die, wie er weiß, bis zu 2500 Granaten pro Minute abfeuern kann. Und so schnell, dass er die Piloten nicht mit Sicherheit erkennen konnte. Das ist normal, er kennt die von der Staffel nicht gut, außer Michel natürlich, und Charlie, aber Michel ist in Neapel und stopft sich mit Pizza Margherita voll, begossen mit Limoncello, und Charlie dürfte wohl tot sein, wenigstens muss man es ihm wünschen, es wäre besser für ihn. Dichter, schwarzer Rauch steigt über Bab-al-Azizyah, der Residenz des Pourriture auf. Die Kameraden haben den Job erledigt, der eigentlich seiner hätte sein sollen, denkt er und kurbelt das Fenster wieder hoch.
Das Gesicht männlich, wettergebräunt von der Sonne und dem Sport an der frischen Luft, das Haar im Bürstenschnitt, strohblond, die Augen strahlend blau. Er ist mittelgroß, hält sich gerade auf seinem Sitz, so
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Autoren-Porträt von Tito Topin
Topin, TitoTito Topin, französischer Schriftsteller, Drehbuchautor und Grafiker, in Marokko geboren, ist Autor von mehr als fünfundzwanzig Romanen, von Comics und Produktionen für das Fernsehen. Vom französischen Kulturministerium wurde er mit dem Orden Chevalier des Arts et Lettres ausgezeichnet und hat u.a. den Prix Mystère de la critique und den Grand Prix de littérature policière erhalten.
Bibliographische Angaben
- Autor: Tito Topin
- 2015, 1. Aufl., 233 Seiten, Maße: 11,6 x 19,2 cm, Kartoniert (TB), Deutsch
- Übersetzer: Katarina Grän
- Verlag: Distel
- ISBN-10: 3923208901
- ISBN-13: 9783923208906
- Erscheinungsdatum: 26.11.2015
Pressezitat
Der Krieg und die Liebe. Schlachtfelder des Lebens. Vielleicht muss man Franzose sein, um so darüber schreiben zu können:"Sie wissen sehr wohl, dass Kriege schon lange nicht mehr gewonnen werden. Niemand ist als Gewinner aus dem Zweiten Weltkrieg hervorgegangen. Wer hat den Koreakrieg gewonnen? Der Norden, der Süden? Afghanistan, Irak, Israel-Palästina, die Hututs gegen die Tutsis, die Liste dieser aufreibenden Kriege, die letztendlich immer ohne Siege oder Besiegte enden, ist lang. Wenn Sie nichts dagegen haben, würde ich lieber auf die Liebe anstoßen, dabei gibt es nur Verlierer, aber wenigstens entspricht das den Spielregeln."Der so spricht ist kein Pazifist, sondern Hajj Ahmet, Kommandant der libysischen Armee. Wir befinden uns mitten im libyschen Bürgerkrieg, 2011, in einem zerstörten Wüstennest, etwa 100 Kilometer von der tunesischen Grenze entfernt. Die versucht eine Gruppe von sechs Männern und zwei Frauen zu erreichen, in einem gestohlenen Land Cruiser, mit wenig mehr als Erinnerungen und ein bisschen Hoffnung im Gepäck.Die seltsam zusammengewürfelte Truppe (hier muss der Leser ein wenig Toleranz gegenüber UNwahrscheinlichkeiten aufbringen) - darunter ein kanadischer Arzt, ein französischer Fälscher, ein libyscher Lehrer und eine Ex-Geliebte Gaddafis - hat eigentlich keine Chance. Der Wagen geht kaputt, untereinander ist man zerstritten und dann ist da eben noch Hajj Ahmet, der die Gruppe an der Weiterfahrt hindert. Als der erste von ihnen von den Soldaten ermordet wird, scheint es als einzigen Ausweg nur noch den Tod zu geben
Ein seltsamer, ein aufregender Hybrid ist dem Franzosen Tito Topin, dessen frühere Romane in Deutschland nicht übersetzt oder längst out of print sind, mit "Exodus aus Libyen" gelungen: Halb Actionreißer, halb existenzialistisches Drama, hoch spannend, politisch und voller kluger Gedanken über den Krieg und was er mit den Menschen anstellt.
www.krimi-welt.de, 7.11.15
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