Farasi
Der Jahrhundertritt durch Afrika
5.000 Kilometer Savanne, Busch, Urwald, wilde Tiere, fremde Kulturen u.v.m. Esther und Horst wagen das Abenteuer ihres Lebens: In 12 Monaten reiten sie quer durch Afrika. Ein Pferdediebstahl, ohne Wasser mitten in der Steppe, von 500 Wilden...
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Produktdetails
Produktinformationen zu „Farasi “
5.000 Kilometer Savanne, Busch, Urwald, wilde Tiere, fremde Kulturen u.v.m. Esther und Horst wagen das Abenteuer ihres Lebens: In 12 Monaten reiten sie quer durch Afrika. Ein Pferdediebstahl, ohne Wasser mitten in der Steppe, von 500 Wilden gesteinigt: Dies sind einige Episoden ihrer Tour von Südafrika nach Kenia, die amerikanische Medien später von einem ''Jahrhundertritt'' sprechen lassen.
Klappentext zu „Farasi “
Mit dem Pferd quer durch Afrika. 5.000 Kilometer Savanne, Busch, Urwald, wilde Tiere, fremde Kulturen - Esther und Horst wagten gemeinsam das Abenteuer ihres Lebens. Ein Pferdediebstahl, ohne Wasser mitten in der Steppe, von 500 Wilden gesteinigt und nur knapp dem Tod entronnen, dies sind nur einige Episoden, die sie auf ihrer zwölfmonatigen Tour von Südafrika nach Kenia erlebten. Amerikanische Medien sollten später von dem "Ritt des Jahrhunderts" sprechen. Zugleich ist für die beiden diese Expedition aber auch eine Reise zurück zu den Wurzeln der Menschheit, eine Flucht aus der von Überfluss und Entfremdung geprägten Zivilisation hin zu einem wesentlichen und intensiven Leben.
Lese-Probe zu „Farasi “
Entlang des Flusses waren extrem felsiges Gelände, tiefe Schluchten und steile Hänge zu überwinden. Das ewige Bergauf und wieder Bergab
raubte uns die Kräfte und das Hinterland war ebenso unwegsam. Die
Distanz des ersten Tages lag bei zehn Kilometer, nicht einmal ein
Drittel unserer durchschnittlichen Tagesstrecke. Am nächsten Tag
besserte sich die Lage auch nicht. Unzählige Zuflüsse hatten im Laufe
der Jahrtausende tiefe Gräben gegraben. Nur wenige von ihnen führten
Wasser, die meisten waren saisonal trocken. Die riesigen Felsbrocken
allerdings ließen erahnen, welche Wassermassen während der Regenzeit
hier in den Sambesi fließen mussten. Manchmal war es notwendig, eine
seichte, schwach bewachsene Stelle zum Überqueren der Wasser führenden
Zuflüsse oder Lagunen zu suchen und mit den Pferden durchzuwaten. Die
Gefahr, auf gefährliche Krokodile zu stoßen, war groß, daher waren wir
sehr vorsichtig in der Wahl des Überquerungspunktes und mussten
manchmal Umwege von einigen Kilometer in Kauf nehmen.
Die Menschen, deren Lebensader der große Fluss war, lebten vom
Fischfang. Sie schienen glücklich und zufrieden. Nur spärlich wurden
Feldfrüchte angebaut. Die Leute waren nicht gewöhnt daran, dass man
den Boden beeinflussen konnte, um eine reichere Ernte daraus zu
gewinnen. Für diese Menschen war Gott allein für das Wachstum der
Pflanzen verantwortlich. Es war nicht gerecht, Wasser vom Fluss zu
holen und die Pflanzen damit zu gießen. Gott oder die Götter würden
sich rächen, wenn der Mensch beginnen würde, die Natur zu
beeinflussen. Gott würde Tod und Krankheit schicken, wenn man ihm ins
Handwerk pfuschte.
In Sambia schwanken die
... mehr
Zahlen der Anhänger von Naturreligionen
offiziell zwischen 1 und 26 Prozent. In den Gebieten, die wir entlang
des Sambesi und später am Lake Kariba durchritten, muss der Anteil der
Naturreligionen aber wesentlich höher gewesen sein. Von christlichen
Missionen war weit und breit nichts zu spüren. Der Glaube an
Naturgötter war allerorts vorherrschend. Jeden Tag nach
Sonnenuntergang begann der Busch zu leben. Immer wenn ein
anstrengender Tag zu Ende gegangen war und wir todmüde am Feuer saßen,
erklangen exotische Gesänge, die uns für die Plackerei tagsüber
entschädigten. Das war das Afrika, wie wir es uns vorgestellt hatten.
Allmählich wurde die Landschaft flacher. Wir konnten nun direkt am
Flussufer reiten und kamen gut voran. Die grüne Landschaft, die etwas
kühleren Temperaturen und die Freundlichkeit der Menschen stimmten uns
fröhlich. Auf einer weiträumigen Lichtung, wo der Sambesi einen
Seitenarm bildete, schlugen wir unser Nachtlager auf. Sofort wurden
wir von unzähligen Neugierigen umringt. Als jedoch ein Nil-Waran
auftauchte, verlagerte sich die Aufmerksamkeit auf den Uferrand. Im Nu
kreisten ihn die Kinder, angefeuert von den Erwachsenen, ein und
bewarfen ihn mit Steinen, bis er sich nicht mehr rührte. Obwohl die
Riesenechse als sehr klug und ausgesprochen scheu gilt, hatte sie
keine Chance. Die Eingeborenen töteten sie unbarmherzig, weil sie die
Fische im Fluss dezimierte, oder vielleicht auch nur, weil sie ein
Unglücksbote war. Der Kadaver blieb achtlos liegen. Das Tier maß gut
einen Meter und sah aus, als wäre es dem Film „Jurassic-Park“
entsprungen.
Bis zum Einbruch der Dunkelheit besuchten uns immer wieder Abordnungen
des Dorfes. Höflich fragten sie, ob sie kurz bei uns Platz nehmen
dürften, um zu erfahren, was uns in ihr Gebiet verschlagen hatte,
woher wir kamen und wohin uns unsere Reise führte. Diese Delegationen
bestanden aus drei bis fünf Männern, von denen immer nur einem erlaubt
war, Fragen zu stellen, die er dann mittels Übersetzer weitergab. Kaum
zog sich eine Gesandtschaft mit dem Argument zurück, nicht länger
stören zu wollen, erschien die nächste, welche genau dieselben Fragen
stellte. Selbstverständlich gab es auch immer die gleichen Antworten.
Ich hatte den Eindruck, dass es nicht darum ging, diverse
Informationen zu erhalten, sondern dass es sich um ein Buhlen um
Status innerhalb der Dorfgemeinschaft handelte. Jedes Detail unserer
Reise musste mittlerweile im Umkreis von einigen Kilometer bekannt
gewesen sein, aber die Schar der ehrwürdigen Alten, Häuptlinge,
Chiefs, Polizeioffiziere, und wie sie sich alle vorstellten, riss
nicht ab.
Am nächsten Morgen vor Sonnenaufgang machten wir uns abmarschbereit.
Einige Tage ging es jetzt im selben Trott dahin. Dann mussten wir für
eine Etappe den Fluss wieder verlassen. Querfeldein ritten wir
mithilfe des GPS durch einen Spätherbstwald.
Nach einigen Stunden näherten wir uns einem kleinen Dorf. Da geschah
etwas Merkwürdiges:
Aus allen Hütten sahen wir Gestalten schleichen und in den Wald
huschen. Ein junger Mann versteckte sich hinter einem Baum, aber seine
Neugier war offensichtlich stärker als die Angst. Ich ritt
schnurstracks auf den Baum zu, und als der Junge bemerkte, dass er
entdeckt war, stieß er einen schrillen Schrei aus und rannte
splitternackt davon. Ich zählte zwölf Hütten. Alle waren leer, es war
mucksmäuschenstill ringsum. Wir mutmaßten, dass wir die ersten Weißen
waren, die sie je zu Gesicht bekommen hatten. Womöglich dachten sie,
wir würden Tod und Verderben bringen. Vielleicht gab es Geschichten
dieser Art, die sich aus früher Kolonialzeit erhalten hatten und die
man sich von Generation zu Generation weitererzählte? Für einen Moment
beschlich mich das heroische Gefühl eines Entdeckers, andererseits war
ich beschämt, als Eindringling offensichtlich Furcht und Schrecken
verbreitet zu haben.
Noch durch ein weiteres Dorf ritten wir an diesem Tag, und auch dieses
war wie ausgestorben. Selbst die abgemagerten Hunde, die normalerweise
in Rudeln auftraten und ihre Anwesenheit mit lautem Gebell
unterstrichen, schienen wie vom Erdboden verschluckt. Was mochte in
diesen Menschen wohl vorgegangen sein? Da es zu diesen Dörfern keine
Verkehrsverbindungen gab, waren sie vom Rest der Welt völlig
abgeschnitten und lebten vielleicht schon seit Jahrtausenden ohne
Beeinflussungen von außen.
Als wir am nächsten Abend wieder den Fluss erreichten, war alles so,
wie wir es gewohnt waren. Menschen strömten massenweise herbei, Kinder
lachten und starrten uns mit ihren großen Augen staunend an. Die
Jüngsten unter ihnen begannen zu weinen, und Mütter trösteten sie oder
brachten sie außer Reichweite. So wie man bei uns in vergangenen
Zeiten Geschichten über den schwarzen Mann erzählte, und dies als
erzieherisches Druckmittel verwendete, geschah das hier offenbar mit
dem weißen Mann, „der dich holt, wenn du nicht brav bist.“
In einer Ebene, die mich an den Norden Deutschlands erinnerte, fanden
wir ein hübsches Plätzchen an einem kleinen Zufluss. Ringsum befand
sich meterhohes Gras, das sich bis zum Sambesi erstreckte, der 500
Meter entfernt lag. Kühe und Ziegen weideten auf diesem flachen Stück,
und einige Hütten aus Stroh lagen verstreut dazwischen. Kleine
Rauchsäulen kräuselten sich in der glasklaren Luft. Keine Anzeichen
von Zivilisationsmüll verunstalteten die Landschaft. Bunt gekleidete
Frauen, schwer beladen mit Bündeln von Schilfgras oder mit
Wassereimern, die sie geschickt auf ihren Köpfen balancierten,
verweilten in einiger Entfernung, um uns Fremde zu begutachten. Die
Männer hingegen, allesamt Fischer, kamen sofort näher, um uns
willkommen zu heißen. Sie waren freundlich, aber zurückhaltend.
Interessiert beobachteten sie Esther, die sich durch deren Anwesenheit
nicht abhalten ließ, das Zelt aufzustellen. Ich versorgte indes die
Pferde.
Leider musste ich feststellen, dass Trine zu ihrer Augenverletzung
noch eine bedrohliche Beule am Widerrist bekommen hatte. Als ich ihr
das Gepäck abnahm, kam eine nässende Wunde zum Vorschein. Ich
versorgte die Verletzung mit Blauspray, um einer Entzündung
vorzubeugen und die Fliegen davon abzuhalten, ihre Eier darin
abzulegen. Auch an den Vorderbeinen hatte sich Trine verletzt. Mit den
Hufeisen hatte sie sich ihre Fesseln aufgeschunden. Sie entwickelte
sich tatsächlich zum Problempferd. Das linke Auge, das durch den
zurückschnellenden Ast in Mitleidenschaft gezogen war, hatte sich
gebessert, aber das andere war weiterhin weiß, tränte und eiterte.
Anschließend rieb ich alle drei Pferde mit der Zeckentinktur ein.
Nachdem die Hufe kontrolliert und ausgekratzt waren, führte ich Roland
zu einer geeigneten gefahrlosen Stelle am Bach, um Wasser zu saufen.
Es erstaunte mich immer wieder, dass alle nur an dem Ort tranken, den
ich für sie ausgesucht hatte.
Der Schleier der afrikanischen Nacht senkte sich rasch über die
paradiesische Landschaft. Ich machte Feuer für das Abendessen, und
Esther setzte ihre Tagebuchaufzeichnungen fort. Die Zikadengesänge
verstummten langsam und gingen nahtlos in ein Konzert von Fröschen und
Kröten über.
Wir saßen gemütlich am Lagerfeuer und ließen uns die letzten Reste von
Garys Biltong und eine Dose Bohnen schmecken. Der Teekessel dampfte,
und das Kreuz des Südens strahlte über uns. Endlich waren wir alleine.
Die Angst vor bösen Flussgeistern hatte alle Menschen in ihre
Behausungen getrieben.
Plötzlich wurde die romantische Stimmung durch ein Geräusch
unterbrochen. Es war ganz in der Nähe und hörte sich an, als wäre ein
größerer Gegenstand ins Wasser gefallen. Sofort packte ich meine
Taschenlampe und rannte in die Richtung, aus der das Geräusch kam.
Alle drei Pferde standen im Trockenen. Ich konnte nichts Verdächtiges
feststellen. Ich ließ den Lichtkegel der Lampe am Ufer entlanggleiten.
Und dann sah ich die Bescherung.
offiziell zwischen 1 und 26 Prozent. In den Gebieten, die wir entlang
des Sambesi und später am Lake Kariba durchritten, muss der Anteil der
Naturreligionen aber wesentlich höher gewesen sein. Von christlichen
Missionen war weit und breit nichts zu spüren. Der Glaube an
Naturgötter war allerorts vorherrschend. Jeden Tag nach
Sonnenuntergang begann der Busch zu leben. Immer wenn ein
anstrengender Tag zu Ende gegangen war und wir todmüde am Feuer saßen,
erklangen exotische Gesänge, die uns für die Plackerei tagsüber
entschädigten. Das war das Afrika, wie wir es uns vorgestellt hatten.
Allmählich wurde die Landschaft flacher. Wir konnten nun direkt am
Flussufer reiten und kamen gut voran. Die grüne Landschaft, die etwas
kühleren Temperaturen und die Freundlichkeit der Menschen stimmten uns
fröhlich. Auf einer weiträumigen Lichtung, wo der Sambesi einen
Seitenarm bildete, schlugen wir unser Nachtlager auf. Sofort wurden
wir von unzähligen Neugierigen umringt. Als jedoch ein Nil-Waran
auftauchte, verlagerte sich die Aufmerksamkeit auf den Uferrand. Im Nu
kreisten ihn die Kinder, angefeuert von den Erwachsenen, ein und
bewarfen ihn mit Steinen, bis er sich nicht mehr rührte. Obwohl die
Riesenechse als sehr klug und ausgesprochen scheu gilt, hatte sie
keine Chance. Die Eingeborenen töteten sie unbarmherzig, weil sie die
Fische im Fluss dezimierte, oder vielleicht auch nur, weil sie ein
Unglücksbote war. Der Kadaver blieb achtlos liegen. Das Tier maß gut
einen Meter und sah aus, als wäre es dem Film „Jurassic-Park“
entsprungen.
Bis zum Einbruch der Dunkelheit besuchten uns immer wieder Abordnungen
des Dorfes. Höflich fragten sie, ob sie kurz bei uns Platz nehmen
dürften, um zu erfahren, was uns in ihr Gebiet verschlagen hatte,
woher wir kamen und wohin uns unsere Reise führte. Diese Delegationen
bestanden aus drei bis fünf Männern, von denen immer nur einem erlaubt
war, Fragen zu stellen, die er dann mittels Übersetzer weitergab. Kaum
zog sich eine Gesandtschaft mit dem Argument zurück, nicht länger
stören zu wollen, erschien die nächste, welche genau dieselben Fragen
stellte. Selbstverständlich gab es auch immer die gleichen Antworten.
Ich hatte den Eindruck, dass es nicht darum ging, diverse
Informationen zu erhalten, sondern dass es sich um ein Buhlen um
Status innerhalb der Dorfgemeinschaft handelte. Jedes Detail unserer
Reise musste mittlerweile im Umkreis von einigen Kilometer bekannt
gewesen sein, aber die Schar der ehrwürdigen Alten, Häuptlinge,
Chiefs, Polizeioffiziere, und wie sie sich alle vorstellten, riss
nicht ab.
Am nächsten Morgen vor Sonnenaufgang machten wir uns abmarschbereit.
Einige Tage ging es jetzt im selben Trott dahin. Dann mussten wir für
eine Etappe den Fluss wieder verlassen. Querfeldein ritten wir
mithilfe des GPS durch einen Spätherbstwald.
Nach einigen Stunden näherten wir uns einem kleinen Dorf. Da geschah
etwas Merkwürdiges:
Aus allen Hütten sahen wir Gestalten schleichen und in den Wald
huschen. Ein junger Mann versteckte sich hinter einem Baum, aber seine
Neugier war offensichtlich stärker als die Angst. Ich ritt
schnurstracks auf den Baum zu, und als der Junge bemerkte, dass er
entdeckt war, stieß er einen schrillen Schrei aus und rannte
splitternackt davon. Ich zählte zwölf Hütten. Alle waren leer, es war
mucksmäuschenstill ringsum. Wir mutmaßten, dass wir die ersten Weißen
waren, die sie je zu Gesicht bekommen hatten. Womöglich dachten sie,
wir würden Tod und Verderben bringen. Vielleicht gab es Geschichten
dieser Art, die sich aus früher Kolonialzeit erhalten hatten und die
man sich von Generation zu Generation weitererzählte? Für einen Moment
beschlich mich das heroische Gefühl eines Entdeckers, andererseits war
ich beschämt, als Eindringling offensichtlich Furcht und Schrecken
verbreitet zu haben.
Noch durch ein weiteres Dorf ritten wir an diesem Tag, und auch dieses
war wie ausgestorben. Selbst die abgemagerten Hunde, die normalerweise
in Rudeln auftraten und ihre Anwesenheit mit lautem Gebell
unterstrichen, schienen wie vom Erdboden verschluckt. Was mochte in
diesen Menschen wohl vorgegangen sein? Da es zu diesen Dörfern keine
Verkehrsverbindungen gab, waren sie vom Rest der Welt völlig
abgeschnitten und lebten vielleicht schon seit Jahrtausenden ohne
Beeinflussungen von außen.
Als wir am nächsten Abend wieder den Fluss erreichten, war alles so,
wie wir es gewohnt waren. Menschen strömten massenweise herbei, Kinder
lachten und starrten uns mit ihren großen Augen staunend an. Die
Jüngsten unter ihnen begannen zu weinen, und Mütter trösteten sie oder
brachten sie außer Reichweite. So wie man bei uns in vergangenen
Zeiten Geschichten über den schwarzen Mann erzählte, und dies als
erzieherisches Druckmittel verwendete, geschah das hier offenbar mit
dem weißen Mann, „der dich holt, wenn du nicht brav bist.“
In einer Ebene, die mich an den Norden Deutschlands erinnerte, fanden
wir ein hübsches Plätzchen an einem kleinen Zufluss. Ringsum befand
sich meterhohes Gras, das sich bis zum Sambesi erstreckte, der 500
Meter entfernt lag. Kühe und Ziegen weideten auf diesem flachen Stück,
und einige Hütten aus Stroh lagen verstreut dazwischen. Kleine
Rauchsäulen kräuselten sich in der glasklaren Luft. Keine Anzeichen
von Zivilisationsmüll verunstalteten die Landschaft. Bunt gekleidete
Frauen, schwer beladen mit Bündeln von Schilfgras oder mit
Wassereimern, die sie geschickt auf ihren Köpfen balancierten,
verweilten in einiger Entfernung, um uns Fremde zu begutachten. Die
Männer hingegen, allesamt Fischer, kamen sofort näher, um uns
willkommen zu heißen. Sie waren freundlich, aber zurückhaltend.
Interessiert beobachteten sie Esther, die sich durch deren Anwesenheit
nicht abhalten ließ, das Zelt aufzustellen. Ich versorgte indes die
Pferde.
Leider musste ich feststellen, dass Trine zu ihrer Augenverletzung
noch eine bedrohliche Beule am Widerrist bekommen hatte. Als ich ihr
das Gepäck abnahm, kam eine nässende Wunde zum Vorschein. Ich
versorgte die Verletzung mit Blauspray, um einer Entzündung
vorzubeugen und die Fliegen davon abzuhalten, ihre Eier darin
abzulegen. Auch an den Vorderbeinen hatte sich Trine verletzt. Mit den
Hufeisen hatte sie sich ihre Fesseln aufgeschunden. Sie entwickelte
sich tatsächlich zum Problempferd. Das linke Auge, das durch den
zurückschnellenden Ast in Mitleidenschaft gezogen war, hatte sich
gebessert, aber das andere war weiterhin weiß, tränte und eiterte.
Anschließend rieb ich alle drei Pferde mit der Zeckentinktur ein.
Nachdem die Hufe kontrolliert und ausgekratzt waren, führte ich Roland
zu einer geeigneten gefahrlosen Stelle am Bach, um Wasser zu saufen.
Es erstaunte mich immer wieder, dass alle nur an dem Ort tranken, den
ich für sie ausgesucht hatte.
Der Schleier der afrikanischen Nacht senkte sich rasch über die
paradiesische Landschaft. Ich machte Feuer für das Abendessen, und
Esther setzte ihre Tagebuchaufzeichnungen fort. Die Zikadengesänge
verstummten langsam und gingen nahtlos in ein Konzert von Fröschen und
Kröten über.
Wir saßen gemütlich am Lagerfeuer und ließen uns die letzten Reste von
Garys Biltong und eine Dose Bohnen schmecken. Der Teekessel dampfte,
und das Kreuz des Südens strahlte über uns. Endlich waren wir alleine.
Die Angst vor bösen Flussgeistern hatte alle Menschen in ihre
Behausungen getrieben.
Plötzlich wurde die romantische Stimmung durch ein Geräusch
unterbrochen. Es war ganz in der Nähe und hörte sich an, als wäre ein
größerer Gegenstand ins Wasser gefallen. Sofort packte ich meine
Taschenlampe und rannte in die Richtung, aus der das Geräusch kam.
Alle drei Pferde standen im Trockenen. Ich konnte nichts Verdächtiges
feststellen. Ich ließ den Lichtkegel der Lampe am Ufer entlanggleiten.
Und dann sah ich die Bescherung.
... weniger
Autoren-Porträt von Horst Hausleitner
Horst Hausleitner, geb. 1960, machte erst spät Bekanntschaft mit Pferden. 2003 stieg der Saxophonist, der Stars wie Liza Minelli und Johnny Cash begleitet und mit Bill Clinton gejammt hat, für ein Jahr aus seinem Künstlerleben aus, um sich gemeinsam mit seiner Frau auf eine abenteuerliche Reise nach Afrika zu begeben. Horst Hausleitner lebt heute wieder in Wien.
Bibliographische Angaben
- Autor: Horst Hausleitner
- 2011, 2. Aufl., 353 Seiten, mit zahlreichen Abbildungen, Maße: 14 x 22 cm, Gebunden, Deutsch
- Verlag: Seifert
- ISBN-10: 390240647X
- ISBN-13: 9783902406477
Kommentare zu "Farasi"
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