Flammende Versuchung
Roman. Deutsche Erstausgabe
Deidre kann ihr Glück kaum fassen: Ihre Cousine lässt den Duke of Brookmoor vor dem Altar stehen. Kurz entschlossen macht sie ihm selbst einen Antrag und Calder akzeptiert. Doch bald droht Calders dunkles Geheimnis ihr Glück zu zerstören.
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Produktinformationen zu „Flammende Versuchung “
Deidre kann ihr Glück kaum fassen: Ihre Cousine lässt den Duke of Brookmoor vor dem Altar stehen. Kurz entschlossen macht sie ihm selbst einen Antrag und Calder akzeptiert. Doch bald droht Calders dunkles Geheimnis ihr Glück zu zerstören.
Klappentext zu „Flammende Versuchung “
Von der Königin des amüsanten, historischen Liebesromans!Deidre Cantor kann ihr Glück kaum fassen, als ihre Cousine den Duke of Brookmoor vor dem Altar stehen lässt, schließlich hat sie selbst schon lange ein Auge auf den attraktiven Calder geworfen. Kurz entschlossen macht die praktische Deidre ihm einen Antrag und Calder akzeptiert. Doch er verbirgt ein Geheimnis, das ihr Glück zu zerstören droht. Um seine bildschöne Braut nicht zu verlieren, verstrickt Calder Deidre in ein sinnliches Spiel von Lust und Begehren
Lese-Probe zu „Flammende Versuchung “
Prolog Es war einmal vor langer Zeit, da setzte sich ein knurriger alter Mann mit Schreibfeder und Papier hin und veränderte für immer das Leben seiner weiblichen Nachkommen.
Im Vollbesitz meiner geistigen Kräfte, wenn auch körperlich geschwächt, bekunde ich, Sir Hamish Pickering, als meinen letzten Willen und Testament das Folgende:
Ich bin die gesellschaftliche Leiter so weit hinaufgeklettert, wie es möglich ist, dabei verfüge ich über mindestens doppelt so viel Verstand, Weisheit und Seelenstärke wie der faulenzende Adel. Eine Frau hingegen kann so hoch heiraten, wie ihr Aussehen es zulässt, ja, sie kann sogar Herzogin werden, wenn sie es anstrebt.
In dieser Hinsicht haben mich meine eigenen Töchter schmählich enttäuscht. Morag und Finella, ich habe Geld in Euch investiert, damit Ihr über Eurem eigenen Stand heiraten könnt, aber Euch fehlte der Mumm dazu. Ihr habt darauf gewartet, dass Euch die Welt auf einem Silbertablett serviert wurde. Wenn irgendein weibliches Mitglied dieser Familie auch nur einen einzigen Farthing meines Geldes haben will, dann muss es sich das schon verdienen.
Deshalb erkläre ich, dass mein gesamtes Vermögen meinen nutzlosen Töchtern vorenthalten und für jene Enkelin oder Urenkelin aufbewahrt werde, die einen englischen Herzog heiratet oder einen Mann, der später einen Herzogtitel erbt. Zu diesem Zeitpunkt soll ihr allein das gesamte Vermögen ausbezahlt werden.
Hat sie Schwestern oder Cousinen, die bei diesem Versuch scheitern, so erhalten diese bis an ihr Lebensende eine jährliche Leibrente in Höhe von fünfzehn Pfund. Hat sie Brüder oder Cousins, obschon die Familie unglücklicherweise zu Töchtern tendiert, dann erhält davon ein jeder fünf Pfund, denn mehr hatte ich auch nicht in meinen Taschen, als ich nach London kam. Jeder Schotte, der seinen Haggis wert ist, kann im Laufe von ein paar Jahren aus fünf Pfund fünfhundert machen.
Jedes Mädchen erhält im Jahr seines gesellschaftlichen Debüts eine festgelegte Summe für
... mehr
Kleider und Sonstiges.
Sollten drei Generationen von Pickering-Mädchen versagen, will ich mit der ganzen Mischpoke nichts mehr zu tun haben. In diesem Fall sollen die gesamten fünfzehntausend Pfund dazu verwendet werden, die Strafen und Unkosten jener zu bezahlen, die den Zollinspekteur beim Export jenes herrlichen Scotchs umgehen, der mein einziger Lichtblick in dieser Familie von Schwachköpfen war. Wenn Eure arme, selige Mutter Euch jetzt nur sehen könnte.
Gezeichnet Sir Hamish Pickering Bezeugt von B. R. Stickley, A. M. Wolfe Kanzlei Stickley & Wolfe So lautet das Testament von Sir Pickering. Jetzt sind seine Enkelinnen Phoebe, Deirdre und Sophie nach London gekommen und versuchen, den Preis zu gewinnen.
Phoebe, die warmherzige Vikarstochter mit Vergangenheit, hat bereits verloren - und gewonnen. Indem sie sich für den bettelarmen unehelichen Halbbruder des Mannes, der ihr Herzog hätte sein können, entschied, kehrte sie dem Pickering-Vermögen mit einem Lächeln auf den Lippen den Rücken. Rafe, ihr einst draufgängerischer, jetzt ergebener Ehemann ist mit ihr in die Flitterwochen gefahren - ein Geschenk von Rafes sitzengelassenem Bruder, dem Marquis von Brookhaven. Ihre Zukunft glänzt vor Liebe, wenn auch nicht vor Gold.
Also verbleiben nur noch die schöne, in der Gesellschaft bewanderte Deirdre und die einfache, blaustrümpfige Sophie im Rennen. Der Marquis von Brookhaven, der bald der Herzog von Brookmoor sein wird, ist immer noch zu haben, aber nicht mehr lange, wenn es auch nur ein bisschen nach Miss Deirdre Cantor geht.
Erstes Kapitel England, 1815 Die Bestie von Brookhaven schlägt eine weitere Braut in die Flucht! Sie hat ihn heute Morgen vor dem Altar stehen gelassen!"
Calder Marbrook, Marquis von Brookhaven, blieb beim Ausruf des Zeitungsjungen wie erstarrt stehen. Da ihm das mitten auf einer sehr belebten Straße in London passierte, während eine Bierkutsche auf ihn zurumpelte, war es vielleicht nicht gerade der beste Zeitpunkt, dass er zuhören musste, wie seine Lebensgeschichte lautstark der Öffentlichkeit verkündet wurde.
Der Bierkutscher brüllte eine Warnung, was Calders Körper reagieren ließ, wenn auch nicht seine Gedanken. Nachdem er sich auf der anderen Straßenseite in Sicherheit gebracht hatte, missachtete er die Flüche des Kutschers, die auf der leichten Brise zu ihm getragen wurden, und suchte die Menge nach der Stimme ab, die er vernommen hatte.
"Lest alles über die Bestie! Die Voice of Society meint, er kann seine Frauen nicht davon abhalten, ihm davonzulaufen!"
Der Zeitungsjunge, der in Wahrheit ein ziemlich ergrauter Kerl war, dessen Stimme bei den hohen Tönen leicht ins Zittern geriet, nahm Calders Münze entgegen und reichte ihm eine Zeitung, ohne in seiner Rede innezuhalten. "Die Bestie von Brookhaven schlägt wieder zu!"
Dann hob der Mann den Blick und ließ ihn über Calders Gesicht wandern, um ihn dann wieder auf die Zeichnung einer grübelnden Visage auf der Titelseite in seiner Hand zu senken.
"Oy!" Er sah Calder ins Gesicht. "Das seid Ihr, nicht wahr?" Die momentane Erregung verebbte unter Calders grimmigem Blick. Eilig zog er seine Mütze. "Äh ^ guten Tag, Mylord."
Calder beachtete die Flucht des Mannes nicht weiter, sondern schlug lieber die zusammengeschlagene Zeitung auf. Er fing an Ort und Stelle zu lesen an, ein unverrückbarer, in Schwarz gekleideter Felsen, um den sich unbeachtet der Strom der Londoner Bevölkerung teilte.
"Die Bestie von Brookhaven. Kann bestritten werden, dass sein Reichtum und sein gesellschaftlicher Rang nie ausgereicht haben? Man muss sich fragen, was der Grund für jenen mysteriösen Unfall war, durch den er vor fünf Jahren Witwer wurde ^ der vorzeitige Tod der liebreizenden Lady Brookhaven. Ist es wieder passiert? ^ Hat eine weitere junge Blume Englands beschlossen, vor etwas Dunklem, Unnatürlichem zu fliehen, trotz der offensichtlicheren Vorzüge der Bestie?"
Der Rest ging in Calders sich zusammenballenden Fäusten unter. Alter Schmerz wallte in ihm auf und riss frische Narben auf, die sich gerade erst gebildet hatten. Es war unglaublich, wie sehr diese Unterstellungen ihn schmerzten. Es war nichts als spärlich mit Halbwahrheiten gewürzter Klatsch und Tratsch.
Es stimmte, dass er an diesem Morgen die Frau, die er für sich selbst gewählt hatte, in einer ziemlich unorthodoxen Zeremonie an seinen Halbbruder Rafe weitergegeben hatte, einer Zeremonie, in der er selbst widerstrebend die Rolle des Bräutigams gespielt hatte. Wie es schien, hatte die Gesellschaft etwas dazu zu sagen, dass er und sein Bruder ihre Erwartungen mit einer Stellvertreterhochzeit enttäuscht hatten.
Calder hatte fälschlicherweise angenommen, dass er - nachdem Rafe und Phoebe, die umworbene Verlobte, sicher in die Flitterwochen abgereist waren, die er für sich selbst arrangiert hatte - einfach das Ehrfurcht gebietende Tor von Brook House hinter sich zuziehen könnte und nichts mehr mit der Sache zu tun hätte.
Offenbar war dem nicht so.
Das Papier war dünn, und die frische Tinte beschmierte seine Finger. Es war nur billiges Futter für die Massen, Nachrichtenfitzel für Kleingeister ^ und doch schmerzte ihm die Brust, und sein Atem brannte wie Feuer.
Vierunddreißig Jahre einer untadeligen Existenz, eines Lebens nach dem höchsten Anspruch hinsichtlich Anstand und Ehre - mit Ausnahme eines einzigen Fehlers, eines winzigen Augenblicks in einem ansonsten tadellosen Leben, und hatte er sich nicht wahrlich jede erdenkliche Mühe gegeben, um diesen einen Fehler wieder gutzumachen? Das alles war durch einen einzigen unbekümmerten Handstrich dieser selbsternannten Stimme der Gesellschaft dahin.
Er wurde sich der entgegenkommenden Menschen bewusst und der Art, wie sie ihn neugierig musterten oder sprach aus ihren Blicken Misstrauen? Hatten sie bereits diese angeblichen Nachrichten gelesen? Wurde die Hochzeit, die an diesem Morgen stattgefunden hatte, bereits von der Menge diskutiert und analysiert? Kaute man bereits auf dem Ableben seiner verstorbenen Ehefrau herum wie auf knorpeligem Fleisch? Spuckte man bereits die angebliche Wahrheit heraus, verdreht und verkorkst und nicht als solche zu erkennen?
Blicke um ihn herum, alle starrten ihn an, verurteilten ihn, zweifelten, lästerten.
Nein, es ist nicht wahr!, wollte er ihnen entgegnen. So war es nicht. Damals nicht, und jetzt auch nicht.
Nur leider war es tatsächlich so.
Er hatte sich seitdem geändert. Er hatte die Entscheidung getroffen, nie wieder die Kontrolle über sich zu verlieren, denn die Tatsache, dass genau das vor fünf Jahren geschehen war, war für den Tod Melindas, seiner ersten Frau, mitverantwortlich gewesen.
Er erinnerte sich an dieses überwältigende Gefühl des Betrogenseins und aufflammender Besitzansprüche, die ihn in jener dunklen Zeit ergriffen hatten, aber gewissermaßen nur als Erinnerung einer Erinnerung, vergleichbar dem zweiten Akt eines Theaterstückes, das er vor langer Zeit einmal gesehen hatte.
Der Verlust von diesem Morgen jedoch brannte noch immer wie ein Feuerwerkskörper in seinem Magen. Vor Jahren hatte Melinda sich von ihm abgewendet und nach jemandem gesucht, der aufregender und romantischer war. Und heute hatte es Phoebe getan.
Während die Gesellschaft die wahre Geschichte über Melinda nicht gekannt hatte, war es doch schlimm genug gewesen, als der stoische und bemitleidenswerte Witwer gesehen zu werden, dem es nicht gelungen war, das Interesse seiner Frau zu halten. Die Welt hatte nichts von dem Schaden gewusst, den Calder sich selbst und seinen Liebsten zugefügt hatte.
Natürlich war diese Gnade dem Ansturm des neuesten köstlichen Skandals nicht gewachsen gewesen. Die öffentliche Meinung drehte sich wie ein Fähnchen im Wind. "Die Bestie von Brookhaven schlägt eine weitere Braut in die Flucht Die Fassade von Brook House ragte vor ihm auf. War er tatsächlich so weit gelaufen, während er tief in Gedanken versunken war? Sein Butler, Fortescue, erschien in der Tür. "Guten Tag, Mylord." Und als er Calders Hut und Handschuhe entgegennahm, fügte er hinzu: "Miss Cantor wünscht Euch zu sprechen. Sie wartet im vorderen Salon."
Calder kniff die Augen zusammen. Das hatte er ganz vergessen - Phoebes Cousinen und ihre Tante wohnten ja noch immer in Brook House. Ursprünglich waren sie nur bis zur Hochzeit eingeladen gewesen, doch Lady Tessa und ihre beiden anderen Zöglinge beabsichtigten zweifellos, ihn darum zu bitten, auf unbestimmte Zeit bleiben zu dürfen.
Nicht wenn er es verhindern konnte! Oh, Miss Sophie Blake schlug kaum Wellen auf der Oberfläche von Calders Bewusstsein, denn sie war ein schüchternes, sehr zurückgezogen lebendes Wesen.
Phoebes zweite Cousine, Miss Deirdre Cantor, war extrem dekorativ und einigermaßen gewitzt - aber bedauerlicherweise war sie nur mit dieser kreischenden Harpyie von Stiefmutter zu bekommen. Mit dem unklaren Verlangen eines Mannes in der Hölle, den es nach einem Glas kühlen Wassers dürstet, sehnte sich Calder danach, Lady Tessa für immer loszuwerden.
Miss Deirdre Cantor wünschte ihn also zu sprechen.
Calder dachte an die blonde, saphiräugige Schönheit und entschied, dass ein wenig weibliche Aufmerksamkeit seinem verletzten Stolz nicht schaden konnte - selbst wenn sie ihm nur gewährt wurde, um seine Gastfreundschaft zu erwirken. Mit ihrer hübschen Figur und ihrer klassischen Anmut, die Calder an eine griechische Statue denken ließ, war Deirdre wirklich ein Fest für die Augen.
Jedenfalls war es besser, als noch länger hier zu stehen und an "die Bestie von Brookhaven" zu denken.
Miss Deirdre Cantor wartete im Salon des Marquis und betrachtete hingerissen das Portrait über dem Kaminsims. Es zeigte Lord Brookhavens Vater - und das war gut so, denn was für ein Mann würde schon sein eigenes Portrait dort aufhängen, wo er es Tag für Tag ansehen musste! -, aber die Ähnlichkeit zwischen Vater und Sohn war groß genug, dass es vielleicht einen Blick in die Zukunft erlaubte.
Wie sein Vater war auch Lord Brookhaven ein gut aussehender Mann. Breite Schultern und dunkle Haare und Augen - so entsprach er voll und ganz dem Typus des geheimnisumwitterten Herrn den Hauses in jenen Romanen, von denen ihre Stiefmutter nicht wusste, dass sie sie las.
Wenn er nur hin und wieder lächeln würde, wäre er geradezu unglaublich attraktiv, wenn man denn den kantigen, dunkelhäutigen Typ mit alarmierend intensivem Blick mochte.
Was Deirde generell tat - und diesen Mann insbesondere. Die meisten Frauen bevorzugten den glatten, eloquenten Typ - Männer, wie sie selbst jetzt Deirdre umlagerten, ob diese es wollte oder nicht -, aber Brookhaven war ihr bereits vor Jahren aufgefallen.
Über den Mann auf dem Portrait malte sie in Gedanken Brookhaven, wie sie ihn zum ersten Mal gesehen hatte, als Tessa sie zu der Anhörung anlässlich von Lady Brookhavens Tod mitgenommen hatte, die einem öffentlichen Spießrutenlauf nahe gekommen war. Niemals würde Deirdre Lord Brookhavens stolze, breitschultrige Gestalt vergessen, oder seinen verlorenen Blick und seine - Oh, denk nicht an seinen flachen, festen Bauch oder seinen vom Reiten gestählten Hintern! Reiß dich zusammen, Dee!
Sie war vom ersten Augenblick von ihm hingerissen. Und dann, als er sich, vom Tod seiner Frau am Boden zerstört, vor dem klebrigen Mitleid der Gesellschaft zurückgezogen hatte, hatte sie ihn genauso schnell wieder aus den Augen verloren, wie sie sich seiner bewusst geworden war.
Sie hatte alle Artikel in jeglichen Zeitungen gelesen, die ihre sorglose Stiefmutter überall hatte herumliegen lassen. Fasziniert hatte sie das verschlossene Profil betrachtet, das immer wieder von Künstlern, die mutig und ausdauernd genug waren, vor Brook House auszuharren, um einen Blick auf den mit einem Mal sehr zurückgezogen lebenden Lord zu erhaschen, gezeichnet worden war.
Sie besaß immer noch jede einzelne dieser Zeichnungen, die sie zwischen den Seiten eines Buches gepresst hatte. Sie war damals erst sechzehn gewesen - und er dreißig. Ein nahezu unüberbrückbarer Altersunterschied. Doch sie hatte sich davon nicht entmutigen lassen. Die meisten Leute sahen nur das Gesicht und den Körper, mit dem sie geboren war, und bemerkten darüber nicht, dass sie über einen schier endlosen Vorrat an Geduld und Entschlossenheit verfügte.
Das war ihr gerade recht. Unterschätzt zu werden kam ihr in ihrer damaligen Situation als Tessas gefangene Stieftochter, die mit Blick auf zukünftigen Nutzen an der kurzen Leine gehalten wurde, absolut entgegen.
Sie hatte gewartet, bis sie erwachsen geworden war. Sie hatte mit ihrer Einführung in die Gesellschaft gewartet, bis er wieder aufgetaucht war. Sie hatte gewartet, bis er sich dazu entschlossen hatte, wieder zu heiraten. Sie hatte all die endlos schmerzhaften Wochen gewartet, während derer sie geglaubt hatte, dass Phoebe die Hochzeit durchziehen würde ^ Aber Phoebe hatte es nicht getan. Und jetzt hatte Miss Deirdre Cantor nicht länger vor zu warten.
Logik und Effizienz waren die Wege, die sie einschlagen musste - während sie zugleich so unwiderstehlich aussehen musste wie möglich. Sie griff nach dem Ausschnitt ihres Tageskleides und zerrte kurz daran, während sie zugleich tief einatmete. Es war eine Geste, über die sie nicht mehr nachdenken musste und deren Ergebnis Männer jeden Alters ein anerkennendes Augenfunkeln entlockte.
Sie lächelte grimmig, weil sie das, was sie von Tessa gelernt hatte, in einem solchen Augenblick anwendete, aber sie musste Brookhaven dazu bringen, sie anzuhören. Und dass Männer einem hübschen Dekollete besser zuhörten, war ein offenes Geheimnis.
Hinter ihr öffnete sich die Tür. Auf geht's Sie drehte sich anmutig um und atmete unmerklich ein. Ein sittsames, erfreutes Lächeln umspielte ihre Lippen.
Brookhaven stand kerzengerade im Türrahmen, hielt sich im Schatten, während sie im Licht stand - wie sie es geplant hatte, um ihr blondes Haar besonders gut zur Geltung zu bringen -, und für einen kurzen Augenblick verspürte Deirdre den Stich einer bösen Vorahnung.
Er ist nicht der Typ Mann, dem es gefällt, dass man mit ihm spielt. Dieser Mann kann gefährlich werden, wenn man ihn reizt.
Deirdre zögerte kurz. Vor fünf Jahren war die erste Lady Brookhaven auf der Straße kurz vor London auf schreckliche Art ums Leben gekommen, war wie eine Puppe in einem furchtbaren Kutschenunfall zerbrochen. Damals hatte niemand auch nur angedeutete Verdächtigungen gegenüber dem Mann, der jetzt vor ihr stand, geäußert - aber vielleicht hatte sich nur niemand getraut.
Dieser Mann besaß die Macht, die Welt am Laufen zu halten.
Oder, wie in ihrem Fall, sie anzuhalten. Vor ihrem geistigen Auge erschien das Bild dieses Morgens. Sie hatte in der Kirche gesessen, hatte Brook- haven beobachtet, wie dieser mit Phoebe am Altar gestanden und die Gelübde gesprochen hatte, so leise, dass Deirdre ihn nicht verstehen konnte, so sehr sie sich auch anstrengte. Der Schmerz war überwältigend gewesen, heiß hatte er hinter ihren Augen gebrannt und gedroht, den Stahl aus ihrem Rückgrat zu schmelzen.
Und dann, als Lord Marbrook hereingetaumelt kam, verdreckt und halb verhungert, und Phoebe mit hohlem Blick angefleht hatte, die Zeremonie zu beenden - und es deutlich geworden war, dass Brookhaven Phoebe gar nicht heiratete.
Deirdres atemlose, schwindelig machende Erleichterung in diesem Moment hatte sie eines ganz klar erkennen lassen: Diese Gelegenheit durfte sie sich nicht entgehen lassen.
Sie musste diesen Mann haben.
Zweites Kapitel Gott, war sie hinreißend. Calder hatte es irgendwie geschafft, diese Tatsache zu vergessen, als er mit Phoebe verlobt gewesen war - die natürlich selbst recht hübsch war, aber das war nicht der ausschlaggebende Grund für sein Interesse gewesen.
Miss Deirdre Cantor andererseits war überhaupt nicht hübsch. Sie war atemberaubend, sensationell, eine unfassbar schöne Zusammenstellung aus blondem Haar, saphirblauen Augen, milchweißer Haut und regelmäßigen Gesichtszügen - ganz zu schweigen von einer Figur, die keine Wünsche offen ließ.
An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen. Ihre eigene Stiefmutter, Lady Tessa, war eine Schönheit - eine giftige Viper, nichtsdestotrotz recht liebreizend.
Doch obwohl er Deirdre niemals außerhalb des halbförmlichen Umstandes, ihr Gastgeber zu sein, beobachtet hatte, konnte er sich des Gefühls nicht erwehren, dass sie über Tiefen verfügte, die noch unerforscht waren.
Verdammt! Was für eine unglückliche Metapher. Jetzt dachte er an warme, feuchte Tiefen. Genauer gesagt an die intimen Tiefen dieser absolut züchtigen Frau, die da vor ihm stand.
Es war viel zu lange her.
Sie ging auf ihn zu und blieb auf Armeslänge von ihm entfernt stehen, so wie es sich gehörte und doch ein wenig zögerlich? Hölle nochmal, hatte sie bereits dieses widerliche Geschreibsel gelesen?
"Habt Ihr Angst vor mir, Miss Cantor?"
Sie musterte ihn lange. "Nein."
"Aber Ihr wolltet mich etwas fragen, nicht wahr?"
Ihr Blick wanderte mit einer solchen Intensität über sein Gesicht, dass er fast etwas gesagt hätte. Dann war es vorüber, und sie war so gefasst wie immer. "Ich bin hier, um um Eure Hand anzuhalten, Mylord."
Bei diesen Worten lehnte er sich zurück, sodass das Holz der Tür sich in seine Schulterblätter drückte. "Ah." Sie war nicht die Erste, die das wollte, aber sie war die Erste, die ihren Wunsch so offen formulierte. Wie erfrischend. Aber er hatte heute nicht die Kraft für so etwas. Er rieb sich das Gesicht. "Ah, Miss Cantor, im Augenblick ist die Ehe nicht gerade ein Thema, mit dem ich mich gerne befasse."
"Warum nicht? Weil sie Euch die Bestie nennen?"
Da war es wieder, selbst in der Sicherheit, die Brook House ihm gewährte. Er richtete sich auf und strich sich mit einem Ruck die Weste glatt. "Ein schmeichelhaftes Angebot, ohne Frage, aber vielleicht ist im Augenblick nicht der rechte Moment -"
Sie trat rasch einen Schritt vor. "Jetzt ist exakt der rechte Moment dafür, Mylord. Ihr dürft nicht zulassen, dass man einen solchen Abschaum über Euch verbreitet."
Er war tatsächlich ein wenig überrascht. Es gab nicht viele Frauen, die auf derart köstlich skandalöse Gerüchte nichts gaben, zumindest nicht in der besseren Gesellschaft. Der Durchschnitt lechzte eher danach, solche Gerüchte zu verbreiten, oder sie mit aller Kraft zu vermeiden. "Woher wollt Ihr das wissen?"
Das war es nicht, was er sie eigentlich hatte fragen wollen, aber jetzt wurde ihm bewusst, dass es ihn tatsächlich interessierte.
Sie verschränkte die Arme - welch wahrlich köstliche Oberweite - und schaute ihn mit hochgezogener Augenbraue an. "Ich glaube kaum, dass derselbe Mann, der mit einer solchen Sorgfalt die Hochzeit seiner Verlobten mit einem anderen Mann vorbereitet hat, nur um sie glücklich zu machen, einen Mord planen oder auf derart abscheuliche Art Rache nehmen würde."
Da irrt Ihr Euch aber gewaltig.
Andererseits war es eine schöne Abwechslung, in einem derart heroischen Licht gesehen zu werden. Oh, er war bemitleidet worden und respektiert, und im Augenblick erlebte er gerade eine neue Form der Berühmtheit, aber noch nie in seinem Leben hatte ihn jemand für galant gehalten. Nicht ihn, den ernsten älteren Bruder mit seiner manchmal erschütternden Direktheit und dem Mangel an gesellschaftlicher Gewandtheit. Er war reich und angesehen und wichtig, aber diese Attribute machten aus ihm offenbar keinen Helden.
Ihr Blick voller Gewissheit ruhte weiterhin auf ihm. "Ihr seid keine Bestie."
Oh, aber das bin ich doch.
Sollten drei Generationen von Pickering-Mädchen versagen, will ich mit der ganzen Mischpoke nichts mehr zu tun haben. In diesem Fall sollen die gesamten fünfzehntausend Pfund dazu verwendet werden, die Strafen und Unkosten jener zu bezahlen, die den Zollinspekteur beim Export jenes herrlichen Scotchs umgehen, der mein einziger Lichtblick in dieser Familie von Schwachköpfen war. Wenn Eure arme, selige Mutter Euch jetzt nur sehen könnte.
Gezeichnet Sir Hamish Pickering Bezeugt von B. R. Stickley, A. M. Wolfe Kanzlei Stickley & Wolfe So lautet das Testament von Sir Pickering. Jetzt sind seine Enkelinnen Phoebe, Deirdre und Sophie nach London gekommen und versuchen, den Preis zu gewinnen.
Phoebe, die warmherzige Vikarstochter mit Vergangenheit, hat bereits verloren - und gewonnen. Indem sie sich für den bettelarmen unehelichen Halbbruder des Mannes, der ihr Herzog hätte sein können, entschied, kehrte sie dem Pickering-Vermögen mit einem Lächeln auf den Lippen den Rücken. Rafe, ihr einst draufgängerischer, jetzt ergebener Ehemann ist mit ihr in die Flitterwochen gefahren - ein Geschenk von Rafes sitzengelassenem Bruder, dem Marquis von Brookhaven. Ihre Zukunft glänzt vor Liebe, wenn auch nicht vor Gold.
Also verbleiben nur noch die schöne, in der Gesellschaft bewanderte Deirdre und die einfache, blaustrümpfige Sophie im Rennen. Der Marquis von Brookhaven, der bald der Herzog von Brookmoor sein wird, ist immer noch zu haben, aber nicht mehr lange, wenn es auch nur ein bisschen nach Miss Deirdre Cantor geht.
Erstes Kapitel England, 1815 Die Bestie von Brookhaven schlägt eine weitere Braut in die Flucht! Sie hat ihn heute Morgen vor dem Altar stehen gelassen!"
Calder Marbrook, Marquis von Brookhaven, blieb beim Ausruf des Zeitungsjungen wie erstarrt stehen. Da ihm das mitten auf einer sehr belebten Straße in London passierte, während eine Bierkutsche auf ihn zurumpelte, war es vielleicht nicht gerade der beste Zeitpunkt, dass er zuhören musste, wie seine Lebensgeschichte lautstark der Öffentlichkeit verkündet wurde.
Der Bierkutscher brüllte eine Warnung, was Calders Körper reagieren ließ, wenn auch nicht seine Gedanken. Nachdem er sich auf der anderen Straßenseite in Sicherheit gebracht hatte, missachtete er die Flüche des Kutschers, die auf der leichten Brise zu ihm getragen wurden, und suchte die Menge nach der Stimme ab, die er vernommen hatte.
"Lest alles über die Bestie! Die Voice of Society meint, er kann seine Frauen nicht davon abhalten, ihm davonzulaufen!"
Der Zeitungsjunge, der in Wahrheit ein ziemlich ergrauter Kerl war, dessen Stimme bei den hohen Tönen leicht ins Zittern geriet, nahm Calders Münze entgegen und reichte ihm eine Zeitung, ohne in seiner Rede innezuhalten. "Die Bestie von Brookhaven schlägt wieder zu!"
Dann hob der Mann den Blick und ließ ihn über Calders Gesicht wandern, um ihn dann wieder auf die Zeichnung einer grübelnden Visage auf der Titelseite in seiner Hand zu senken.
"Oy!" Er sah Calder ins Gesicht. "Das seid Ihr, nicht wahr?" Die momentane Erregung verebbte unter Calders grimmigem Blick. Eilig zog er seine Mütze. "Äh ^ guten Tag, Mylord."
Calder beachtete die Flucht des Mannes nicht weiter, sondern schlug lieber die zusammengeschlagene Zeitung auf. Er fing an Ort und Stelle zu lesen an, ein unverrückbarer, in Schwarz gekleideter Felsen, um den sich unbeachtet der Strom der Londoner Bevölkerung teilte.
"Die Bestie von Brookhaven. Kann bestritten werden, dass sein Reichtum und sein gesellschaftlicher Rang nie ausgereicht haben? Man muss sich fragen, was der Grund für jenen mysteriösen Unfall war, durch den er vor fünf Jahren Witwer wurde ^ der vorzeitige Tod der liebreizenden Lady Brookhaven. Ist es wieder passiert? ^ Hat eine weitere junge Blume Englands beschlossen, vor etwas Dunklem, Unnatürlichem zu fliehen, trotz der offensichtlicheren Vorzüge der Bestie?"
Der Rest ging in Calders sich zusammenballenden Fäusten unter. Alter Schmerz wallte in ihm auf und riss frische Narben auf, die sich gerade erst gebildet hatten. Es war unglaublich, wie sehr diese Unterstellungen ihn schmerzten. Es war nichts als spärlich mit Halbwahrheiten gewürzter Klatsch und Tratsch.
Es stimmte, dass er an diesem Morgen die Frau, die er für sich selbst gewählt hatte, in einer ziemlich unorthodoxen Zeremonie an seinen Halbbruder Rafe weitergegeben hatte, einer Zeremonie, in der er selbst widerstrebend die Rolle des Bräutigams gespielt hatte. Wie es schien, hatte die Gesellschaft etwas dazu zu sagen, dass er und sein Bruder ihre Erwartungen mit einer Stellvertreterhochzeit enttäuscht hatten.
Calder hatte fälschlicherweise angenommen, dass er - nachdem Rafe und Phoebe, die umworbene Verlobte, sicher in die Flitterwochen abgereist waren, die er für sich selbst arrangiert hatte - einfach das Ehrfurcht gebietende Tor von Brook House hinter sich zuziehen könnte und nichts mehr mit der Sache zu tun hätte.
Offenbar war dem nicht so.
Das Papier war dünn, und die frische Tinte beschmierte seine Finger. Es war nur billiges Futter für die Massen, Nachrichtenfitzel für Kleingeister ^ und doch schmerzte ihm die Brust, und sein Atem brannte wie Feuer.
Vierunddreißig Jahre einer untadeligen Existenz, eines Lebens nach dem höchsten Anspruch hinsichtlich Anstand und Ehre - mit Ausnahme eines einzigen Fehlers, eines winzigen Augenblicks in einem ansonsten tadellosen Leben, und hatte er sich nicht wahrlich jede erdenkliche Mühe gegeben, um diesen einen Fehler wieder gutzumachen? Das alles war durch einen einzigen unbekümmerten Handstrich dieser selbsternannten Stimme der Gesellschaft dahin.
Er wurde sich der entgegenkommenden Menschen bewusst und der Art, wie sie ihn neugierig musterten oder sprach aus ihren Blicken Misstrauen? Hatten sie bereits diese angeblichen Nachrichten gelesen? Wurde die Hochzeit, die an diesem Morgen stattgefunden hatte, bereits von der Menge diskutiert und analysiert? Kaute man bereits auf dem Ableben seiner verstorbenen Ehefrau herum wie auf knorpeligem Fleisch? Spuckte man bereits die angebliche Wahrheit heraus, verdreht und verkorkst und nicht als solche zu erkennen?
Blicke um ihn herum, alle starrten ihn an, verurteilten ihn, zweifelten, lästerten.
Nein, es ist nicht wahr!, wollte er ihnen entgegnen. So war es nicht. Damals nicht, und jetzt auch nicht.
Nur leider war es tatsächlich so.
Er hatte sich seitdem geändert. Er hatte die Entscheidung getroffen, nie wieder die Kontrolle über sich zu verlieren, denn die Tatsache, dass genau das vor fünf Jahren geschehen war, war für den Tod Melindas, seiner ersten Frau, mitverantwortlich gewesen.
Er erinnerte sich an dieses überwältigende Gefühl des Betrogenseins und aufflammender Besitzansprüche, die ihn in jener dunklen Zeit ergriffen hatten, aber gewissermaßen nur als Erinnerung einer Erinnerung, vergleichbar dem zweiten Akt eines Theaterstückes, das er vor langer Zeit einmal gesehen hatte.
Der Verlust von diesem Morgen jedoch brannte noch immer wie ein Feuerwerkskörper in seinem Magen. Vor Jahren hatte Melinda sich von ihm abgewendet und nach jemandem gesucht, der aufregender und romantischer war. Und heute hatte es Phoebe getan.
Während die Gesellschaft die wahre Geschichte über Melinda nicht gekannt hatte, war es doch schlimm genug gewesen, als der stoische und bemitleidenswerte Witwer gesehen zu werden, dem es nicht gelungen war, das Interesse seiner Frau zu halten. Die Welt hatte nichts von dem Schaden gewusst, den Calder sich selbst und seinen Liebsten zugefügt hatte.
Natürlich war diese Gnade dem Ansturm des neuesten köstlichen Skandals nicht gewachsen gewesen. Die öffentliche Meinung drehte sich wie ein Fähnchen im Wind. "Die Bestie von Brookhaven schlägt eine weitere Braut in die Flucht Die Fassade von Brook House ragte vor ihm auf. War er tatsächlich so weit gelaufen, während er tief in Gedanken versunken war? Sein Butler, Fortescue, erschien in der Tür. "Guten Tag, Mylord." Und als er Calders Hut und Handschuhe entgegennahm, fügte er hinzu: "Miss Cantor wünscht Euch zu sprechen. Sie wartet im vorderen Salon."
Calder kniff die Augen zusammen. Das hatte er ganz vergessen - Phoebes Cousinen und ihre Tante wohnten ja noch immer in Brook House. Ursprünglich waren sie nur bis zur Hochzeit eingeladen gewesen, doch Lady Tessa und ihre beiden anderen Zöglinge beabsichtigten zweifellos, ihn darum zu bitten, auf unbestimmte Zeit bleiben zu dürfen.
Nicht wenn er es verhindern konnte! Oh, Miss Sophie Blake schlug kaum Wellen auf der Oberfläche von Calders Bewusstsein, denn sie war ein schüchternes, sehr zurückgezogen lebendes Wesen.
Phoebes zweite Cousine, Miss Deirdre Cantor, war extrem dekorativ und einigermaßen gewitzt - aber bedauerlicherweise war sie nur mit dieser kreischenden Harpyie von Stiefmutter zu bekommen. Mit dem unklaren Verlangen eines Mannes in der Hölle, den es nach einem Glas kühlen Wassers dürstet, sehnte sich Calder danach, Lady Tessa für immer loszuwerden.
Miss Deirdre Cantor wünschte ihn also zu sprechen.
Calder dachte an die blonde, saphiräugige Schönheit und entschied, dass ein wenig weibliche Aufmerksamkeit seinem verletzten Stolz nicht schaden konnte - selbst wenn sie ihm nur gewährt wurde, um seine Gastfreundschaft zu erwirken. Mit ihrer hübschen Figur und ihrer klassischen Anmut, die Calder an eine griechische Statue denken ließ, war Deirdre wirklich ein Fest für die Augen.
Jedenfalls war es besser, als noch länger hier zu stehen und an "die Bestie von Brookhaven" zu denken.
Miss Deirdre Cantor wartete im Salon des Marquis und betrachtete hingerissen das Portrait über dem Kaminsims. Es zeigte Lord Brookhavens Vater - und das war gut so, denn was für ein Mann würde schon sein eigenes Portrait dort aufhängen, wo er es Tag für Tag ansehen musste! -, aber die Ähnlichkeit zwischen Vater und Sohn war groß genug, dass es vielleicht einen Blick in die Zukunft erlaubte.
Wie sein Vater war auch Lord Brookhaven ein gut aussehender Mann. Breite Schultern und dunkle Haare und Augen - so entsprach er voll und ganz dem Typus des geheimnisumwitterten Herrn den Hauses in jenen Romanen, von denen ihre Stiefmutter nicht wusste, dass sie sie las.
Wenn er nur hin und wieder lächeln würde, wäre er geradezu unglaublich attraktiv, wenn man denn den kantigen, dunkelhäutigen Typ mit alarmierend intensivem Blick mochte.
Was Deirde generell tat - und diesen Mann insbesondere. Die meisten Frauen bevorzugten den glatten, eloquenten Typ - Männer, wie sie selbst jetzt Deirdre umlagerten, ob diese es wollte oder nicht -, aber Brookhaven war ihr bereits vor Jahren aufgefallen.
Über den Mann auf dem Portrait malte sie in Gedanken Brookhaven, wie sie ihn zum ersten Mal gesehen hatte, als Tessa sie zu der Anhörung anlässlich von Lady Brookhavens Tod mitgenommen hatte, die einem öffentlichen Spießrutenlauf nahe gekommen war. Niemals würde Deirdre Lord Brookhavens stolze, breitschultrige Gestalt vergessen, oder seinen verlorenen Blick und seine - Oh, denk nicht an seinen flachen, festen Bauch oder seinen vom Reiten gestählten Hintern! Reiß dich zusammen, Dee!
Sie war vom ersten Augenblick von ihm hingerissen. Und dann, als er sich, vom Tod seiner Frau am Boden zerstört, vor dem klebrigen Mitleid der Gesellschaft zurückgezogen hatte, hatte sie ihn genauso schnell wieder aus den Augen verloren, wie sie sich seiner bewusst geworden war.
Sie hatte alle Artikel in jeglichen Zeitungen gelesen, die ihre sorglose Stiefmutter überall hatte herumliegen lassen. Fasziniert hatte sie das verschlossene Profil betrachtet, das immer wieder von Künstlern, die mutig und ausdauernd genug waren, vor Brook House auszuharren, um einen Blick auf den mit einem Mal sehr zurückgezogen lebenden Lord zu erhaschen, gezeichnet worden war.
Sie besaß immer noch jede einzelne dieser Zeichnungen, die sie zwischen den Seiten eines Buches gepresst hatte. Sie war damals erst sechzehn gewesen - und er dreißig. Ein nahezu unüberbrückbarer Altersunterschied. Doch sie hatte sich davon nicht entmutigen lassen. Die meisten Leute sahen nur das Gesicht und den Körper, mit dem sie geboren war, und bemerkten darüber nicht, dass sie über einen schier endlosen Vorrat an Geduld und Entschlossenheit verfügte.
Das war ihr gerade recht. Unterschätzt zu werden kam ihr in ihrer damaligen Situation als Tessas gefangene Stieftochter, die mit Blick auf zukünftigen Nutzen an der kurzen Leine gehalten wurde, absolut entgegen.
Sie hatte gewartet, bis sie erwachsen geworden war. Sie hatte mit ihrer Einführung in die Gesellschaft gewartet, bis er wieder aufgetaucht war. Sie hatte gewartet, bis er sich dazu entschlossen hatte, wieder zu heiraten. Sie hatte all die endlos schmerzhaften Wochen gewartet, während derer sie geglaubt hatte, dass Phoebe die Hochzeit durchziehen würde ^ Aber Phoebe hatte es nicht getan. Und jetzt hatte Miss Deirdre Cantor nicht länger vor zu warten.
Logik und Effizienz waren die Wege, die sie einschlagen musste - während sie zugleich so unwiderstehlich aussehen musste wie möglich. Sie griff nach dem Ausschnitt ihres Tageskleides und zerrte kurz daran, während sie zugleich tief einatmete. Es war eine Geste, über die sie nicht mehr nachdenken musste und deren Ergebnis Männer jeden Alters ein anerkennendes Augenfunkeln entlockte.
Sie lächelte grimmig, weil sie das, was sie von Tessa gelernt hatte, in einem solchen Augenblick anwendete, aber sie musste Brookhaven dazu bringen, sie anzuhören. Und dass Männer einem hübschen Dekollete besser zuhörten, war ein offenes Geheimnis.
Hinter ihr öffnete sich die Tür. Auf geht's Sie drehte sich anmutig um und atmete unmerklich ein. Ein sittsames, erfreutes Lächeln umspielte ihre Lippen.
Brookhaven stand kerzengerade im Türrahmen, hielt sich im Schatten, während sie im Licht stand - wie sie es geplant hatte, um ihr blondes Haar besonders gut zur Geltung zu bringen -, und für einen kurzen Augenblick verspürte Deirdre den Stich einer bösen Vorahnung.
Er ist nicht der Typ Mann, dem es gefällt, dass man mit ihm spielt. Dieser Mann kann gefährlich werden, wenn man ihn reizt.
Deirdre zögerte kurz. Vor fünf Jahren war die erste Lady Brookhaven auf der Straße kurz vor London auf schreckliche Art ums Leben gekommen, war wie eine Puppe in einem furchtbaren Kutschenunfall zerbrochen. Damals hatte niemand auch nur angedeutete Verdächtigungen gegenüber dem Mann, der jetzt vor ihr stand, geäußert - aber vielleicht hatte sich nur niemand getraut.
Dieser Mann besaß die Macht, die Welt am Laufen zu halten.
Oder, wie in ihrem Fall, sie anzuhalten. Vor ihrem geistigen Auge erschien das Bild dieses Morgens. Sie hatte in der Kirche gesessen, hatte Brook- haven beobachtet, wie dieser mit Phoebe am Altar gestanden und die Gelübde gesprochen hatte, so leise, dass Deirdre ihn nicht verstehen konnte, so sehr sie sich auch anstrengte. Der Schmerz war überwältigend gewesen, heiß hatte er hinter ihren Augen gebrannt und gedroht, den Stahl aus ihrem Rückgrat zu schmelzen.
Und dann, als Lord Marbrook hereingetaumelt kam, verdreckt und halb verhungert, und Phoebe mit hohlem Blick angefleht hatte, die Zeremonie zu beenden - und es deutlich geworden war, dass Brookhaven Phoebe gar nicht heiratete.
Deirdres atemlose, schwindelig machende Erleichterung in diesem Moment hatte sie eines ganz klar erkennen lassen: Diese Gelegenheit durfte sie sich nicht entgehen lassen.
Sie musste diesen Mann haben.
Zweites Kapitel Gott, war sie hinreißend. Calder hatte es irgendwie geschafft, diese Tatsache zu vergessen, als er mit Phoebe verlobt gewesen war - die natürlich selbst recht hübsch war, aber das war nicht der ausschlaggebende Grund für sein Interesse gewesen.
Miss Deirdre Cantor andererseits war überhaupt nicht hübsch. Sie war atemberaubend, sensationell, eine unfassbar schöne Zusammenstellung aus blondem Haar, saphirblauen Augen, milchweißer Haut und regelmäßigen Gesichtszügen - ganz zu schweigen von einer Figur, die keine Wünsche offen ließ.
An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen. Ihre eigene Stiefmutter, Lady Tessa, war eine Schönheit - eine giftige Viper, nichtsdestotrotz recht liebreizend.
Doch obwohl er Deirdre niemals außerhalb des halbförmlichen Umstandes, ihr Gastgeber zu sein, beobachtet hatte, konnte er sich des Gefühls nicht erwehren, dass sie über Tiefen verfügte, die noch unerforscht waren.
Verdammt! Was für eine unglückliche Metapher. Jetzt dachte er an warme, feuchte Tiefen. Genauer gesagt an die intimen Tiefen dieser absolut züchtigen Frau, die da vor ihm stand.
Es war viel zu lange her.
Sie ging auf ihn zu und blieb auf Armeslänge von ihm entfernt stehen, so wie es sich gehörte und doch ein wenig zögerlich? Hölle nochmal, hatte sie bereits dieses widerliche Geschreibsel gelesen?
"Habt Ihr Angst vor mir, Miss Cantor?"
Sie musterte ihn lange. "Nein."
"Aber Ihr wolltet mich etwas fragen, nicht wahr?"
Ihr Blick wanderte mit einer solchen Intensität über sein Gesicht, dass er fast etwas gesagt hätte. Dann war es vorüber, und sie war so gefasst wie immer. "Ich bin hier, um um Eure Hand anzuhalten, Mylord."
Bei diesen Worten lehnte er sich zurück, sodass das Holz der Tür sich in seine Schulterblätter drückte. "Ah." Sie war nicht die Erste, die das wollte, aber sie war die Erste, die ihren Wunsch so offen formulierte. Wie erfrischend. Aber er hatte heute nicht die Kraft für so etwas. Er rieb sich das Gesicht. "Ah, Miss Cantor, im Augenblick ist die Ehe nicht gerade ein Thema, mit dem ich mich gerne befasse."
"Warum nicht? Weil sie Euch die Bestie nennen?"
Da war es wieder, selbst in der Sicherheit, die Brook House ihm gewährte. Er richtete sich auf und strich sich mit einem Ruck die Weste glatt. "Ein schmeichelhaftes Angebot, ohne Frage, aber vielleicht ist im Augenblick nicht der rechte Moment -"
Sie trat rasch einen Schritt vor. "Jetzt ist exakt der rechte Moment dafür, Mylord. Ihr dürft nicht zulassen, dass man einen solchen Abschaum über Euch verbreitet."
Er war tatsächlich ein wenig überrascht. Es gab nicht viele Frauen, die auf derart köstlich skandalöse Gerüchte nichts gaben, zumindest nicht in der besseren Gesellschaft. Der Durchschnitt lechzte eher danach, solche Gerüchte zu verbreiten, oder sie mit aller Kraft zu vermeiden. "Woher wollt Ihr das wissen?"
Das war es nicht, was er sie eigentlich hatte fragen wollen, aber jetzt wurde ihm bewusst, dass es ihn tatsächlich interessierte.
Sie verschränkte die Arme - welch wahrlich köstliche Oberweite - und schaute ihn mit hochgezogener Augenbraue an. "Ich glaube kaum, dass derselbe Mann, der mit einer solchen Sorgfalt die Hochzeit seiner Verlobten mit einem anderen Mann vorbereitet hat, nur um sie glücklich zu machen, einen Mord planen oder auf derart abscheuliche Art Rache nehmen würde."
Da irrt Ihr Euch aber gewaltig.
Andererseits war es eine schöne Abwechslung, in einem derart heroischen Licht gesehen zu werden. Oh, er war bemitleidet worden und respektiert, und im Augenblick erlebte er gerade eine neue Form der Berühmtheit, aber noch nie in seinem Leben hatte ihn jemand für galant gehalten. Nicht ihn, den ernsten älteren Bruder mit seiner manchmal erschütternden Direktheit und dem Mangel an gesellschaftlicher Gewandtheit. Er war reich und angesehen und wichtig, aber diese Attribute machten aus ihm offenbar keinen Helden.
Ihr Blick voller Gewissheit ruhte weiterhin auf ihm. "Ihr seid keine Bestie."
Oh, aber das bin ich doch.
... weniger
Autoren-Porträt von Celeste Bradley
Celeste Bradley, 1964 in Virginia geboren, lebt am Fuße der Sierra Nevada in Nordkalifornien. Sie ist mit einem Journalisten verheiratet und hat zwei Töchter.
Bibliographische Angaben
- Autor: Celeste Bradley
- 2011, 414 Seiten, Maße: 12,5 x 18,2 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzung: Munroe, Cora
- Übersetzer: Cora Munroe
- Verlag: Blanvalet
- ISBN-10: 3442374960
- ISBN-13: 9783442374960
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