Frenkie Schinkels
Die nackte Wahrheit
Frenkie Schinkels ist Profifußballer, Entertainer, Fußball-Kommentator, Familienvater - kurz: Er ist eine schillernde Persönlichkeit mit vielen Facetten.
Gerne präsentiert sich Frenkie Schinkels als Sprücheklopfer. Doch...
Leider schon ausverkauft
Buch (Gebunden)
- Lastschrift, Kreditkarte, Paypal, Rechnung
- Kostenlose Rücksendung
Produktdetails
Produktinformationen zu „Frenkie Schinkels “
Frenkie Schinkels ist Profifußballer, Entertainer, Fußball-Kommentator, Familienvater - kurz: Er ist eine schillernde Persönlichkeit mit vielen Facetten.
Gerne präsentiert sich Frenkie Schinkels als Sprücheklopfer. Doch seine Biografie "Die nackte Wahrheit" enthüllt, dass sein Leben häufig einer Achterbahn glich: Drogen, Affären, Doping, Schwarzgeld und schließlich der Tod seiner ersten Ehefrau. Schinkels nimmt kein Blatt vor den Mund. Ein Buch, das nicht nur unterhält, sondern auch Mut macht.
"Mit diesem Buch will ich allen Menschen Mut machen, in einer Krise nicht aufzugeben und die Kraft zum Weitermachen zu finden."
Frenkie Schinkels
Frenk Schinkels, von allen nur "Frenkie" genannt, wird 1963 in Rotterdam geboren. Schon als kleiner Junge gilt seine Leidenschaft dem Fußball und er beweist Talent. Mit 16 Jahren hat er bereits seinen ersten Vertrag als Profifußballer in der Tasche. Doch erst als der temperamentvolle Mittelfeldspieler 1985 von den Niederlanden nach Österreich wechselt, geht es sportlich rasant aufwärts. 1992/93 spielt er schließlich in der österreichischen Nationalmannschaft und wird mit SV Austria Salzburg Vizemeister. 1995 beendet Schinkels seine Karriere als Profifußballer und arbeitet als Trainer. Fürs Fernsehen ist er immer wieder als Fußballexperte tätig und analysiert aktuelle Spiele.
Klappentext zu „Frenkie Schinkels “
Jeder kennt Frenkie Schinkels. Den Fußballer, den Entertainer, den Sprücheklopfer. Doch Schinkels ist mehr.Gemeinsam mit den Journalisten Klaus Pfeiffer und Martin Huber hat Frenkie Schinkels zu seinem 50. Geburtstag seine bewegende Lebensgeschichte aufgeschrieben. Große Siege und große Namen begleiten den Aufstieg vom Rotterdamer Hafenjungen zum Fußballstar, Meistertrainer und TV-Publikumsliebling. Aber auch Enttäuschungen und Skandale. Die Namen Frank Stronach, Jörg Haider und Ernst Happel sind damit eng verbunden.Schinkels erzählt die ganze Geschichte seines Lebens, die nackte Wahrheit: Sex, Affären, Drogen, Doping, Schwarzgeld, Burnout. Er erzählt von Liebe und Verlust, von Reichtum und Armut und vom unermüdlichen Kampf, niemals aufzugeben. Eine wahre Geschichte, die fesselt, unterhält und Mut macht.
Lese-Probe zu „Frenkie Schinkels “
Frenkie Schinkels von Martin Huber, Klaus PfeifferProlog
Alles geben die Götter, die unendlichen, ihren Lieblingen ganz: Alle Freuden, die unendlichen, alle Schmerzen, die unendlichen, ganz.
Johann Wolfgang von Goethe
St. Pölten, 5. März 1995: Um 0.45 Uhr in der Früh parkte ich mein Auto vor unserem Haus. Ich stieg aus. Es war eisig kalt, tiefster Winter. Ich freute mich auf meine Frau. Ich hatte sie länger nicht gesehen, kam gerade von einem Trainingslager heim. Es war aber nicht Esther, die mich vor dem Eingang empfing, sondern ein Polizist. „Herr Schinkels?“, fragte er. „Ja“, antwortete ich. Seine Gesichtszüge wurden ernst. „Ihre Frau“, begann er den Satz, „Ihre Frau hatte einen Unfall.“ „Einen Unfall?“ Mein Mund wurde trocken. Ich versuchte, ruhig zu bleiben. „Gut, dann fahren wir gleich ins Spital zu ihr“, meinte ich und überlegte, welche Sachen ich für Esther mitnehmen konnte: Zahnbürste, Unterwäsche, einen Morgenmantel. „Kein Spital“, riss mich der Polizist aus meinen Gedanken. „Ihre Frau ist tot!“ Tot? Eine noch nie verspürte Panik machte sich in mir breit. Ich kniete nieder. Die Mutter deiner vier Kinder ist tot. Da liegst du am Boden. Nichts im Leben bereitet dich auf so eine Situation vor. Auf dem Fußballplatz konnte ich alle Probleme lösen, aber hier und jetzt? Esther, meine große Liebe, hat mich verlassen – für immer. Vor ein paar Stunden haben wir noch telefoniert und jetzt sollte ich sie nie wieder sehen. Sie war erst 28, ich 32 – wir wollten doch noch so viel erleben. Ich brauchte sie doch. Unsere vier Töchter brauchten sie doch.
„Herr Schinkels“, hörte ich den Polizisten sagen. „Neben Ihrer Frau saß noch ein Mann im Auto – er ist auch tot.“ Wovon sprach er? Welcher Mann? Um
... mehr
Gottes willen, mein Vater!, schoss es mir durch den Kopf. Er sollte doch auf die Kinder aufpassen. Warum war er im Auto? Mein Puls hämmerte. Ich rannte ins Haus, die Stiegen hoch, stürzte ins Kinderzimmer. „Frenkie“, hörte ich die vertraute Stimme meines Vaters sagen. „Was ist denn los?“ Jetzt begann ich zu schluchzen. „Die Esther ist tot“, brachte ich gerade noch heraus. Stille. Dann haben wir beide nur noch geweint. Geweint, geweint, geweint.
„Die nackte Wahrheit“ – ich habe es mir nicht leicht gemacht mit dem Titel dieses Buches. Genauso gut könnte er lauten „Zwischen Himmel und Hölle“ oder „Immer aufstehen“. Mit einer Anleitung für das Leben: Eine Niederlage wegstecken zu können, Schicksalsschläge und Enttäuschungen zu meistern – im Beruflichen wie im Privaten. Ich erzähle aber noch mehr: die nackte Wahrheit, meine nackte Wahrheit.
Ein Fußballspiel dauert 90 Minuten. Aber wie lange dauert ein Leben? Das meiner ersten Frau Esther endete mit 28 Jahren. Meines geht jetzt schon 50 Jahre. Zeit, um zurückzublicken. Auf den Rotterdamer Hafenjungen, der mit 16 sein Zuhause in Richtung Schweden verließ, der dann wieder nach Holland zurückkehrte, ehe er in Österreich seine neue Heimat fand. Der schnell viel Geld verdiente und es noch schneller ausgab. Der ehrenwerte Leute und zwielichtige Gestalten traf. Und der die Schattenseiten des Lebens kennenlernte: Armut, Krankheit, Tod. Aber auch die Sternstunden: wundervolle Kinder, Triumphe im Sport, das Mitgefühl der Menschen. Meine Erziehung, meine Willensstärke und nicht zuletzt die Summe an Erfahrungen haben mich immer angetrieben und aus Tiefen zu neuen Höhen geführt. Mit diesem Buch will ich allen Menschen Mut machen, in einer Krise nicht aufzugeben und die Kraft zum Weitermachen zu finden. Auch mit einem kräftigen Schuss Humor, ohne den dieses Leben kaum zu meistern ist. Denn einen Tag nicht gelacht ist einen Tag nicht gelebt.
50! Anpfiff zur zweiten Halbzeit
Es ist drei Uhr in der Früh, die Nacht vom 7. auf den 8. Jänner 2013. Ich kann nicht schlafen. Wie so oft. Doch diesmal hat meine Rastlosigkeit einen guten Grund. Morgen ist mein 50. Geburtstag.
Viele Gedanken gehen mir durch den Kopf. Der, dass heute noch viel zu tun ist: Mit meinen Autoren muss ich an einigen Kapiteln für dieses Buch feilen, es soll in drei Wochen fertig sein. Wir müssen schnell arbeiten, um den Zeitplan einzuhalten. Vorher gebe ich ein Interview für Puls 4, der Sender plant einen Bericht mit mir. Auch meine Sport-Kolumnen in der Tageszeitung „Heute“ und in der „NÖN“ warten auf mich. Diese Analysen mache ich mit Leidenschaft. Die Journalisten haben mit mir in den nächsten Wochen aber auch noch anderes vor. Mit einer Leserin soll ich auf dem Opernball tanzen, mit einem Leser zum Wiener Derby gehen. Alles super Ideen, aber alles superstressig. Ich denke an das Geburtstagsfest. 200 Leute werden kommen. Darunter auch Familie und Freunde aus Holland. Ich muss die Übernachtungen organisieren. Wie reagiert mein Vater, wenn er alte Kumpane wiedersieht? Habe ich keinen Namen auf der Einladungsliste vergessen? Wird auch keiner der Stargäste absagen? Für die engsten Weggefährten brauche ich noch Geschenke. Besonders für meine Frau Romana. Hier sind Blumen zu wenig. Ich denke nach. Dabei komme ich zu vorgestern. Mit Freunden habe ich gefeiert. Bei einer Rundfahrt durch St. Pölten leerten wir alle vollen Gläser. Den Geburtstag herbeitrinken nannte ich es. Habe ich deswegen Kopfschmerzen? Kann nicht sein, der Alkohol muss längst rausgeschwitzt sein. Ich gehe jeden Tag laufen und in die Kraftkammer. Aber vielleicht habe ich auch Kopfschmerzen, weil ich daran denke, dass meine Mutter mit 50 gestorben ist. Morgen erreiche ich dieses Alter. War’s das schon? Ich lasse mein Leben Revue passieren. Höhen und Tiefen. Siege und Niederlagen. Vieles spukt mir durch den Kopf. Ich muss aufpassen, dass es nicht zu viel wird. Nur ja keinen negativen Stress. Ich steige aus dem Bett, trinke einen Schluck Wasser und schaue auf die Uhr. „Schon fünf“, denke ich. Im Kopf gehe ich die kommenden Termine durch. Ich lege mich wieder hin. Doch der Schlaf kommt nicht. Ich denke an meine Frau Romana; wir haben getrennte Schlafzimmer, sie schläft sicher tief und fest. Ich beneide sie. Ich gönne es ihr. Diesen Schlaf hat sie sich verdient. Sie hat viel für mein Geburtstagsfest getan. Mehr noch: Sie hat viel für mich getan. Sie hält die Familie zusammen. Ich denke jetzt an meine Kinder, an meine Enkel. Da ist er wieder, dieser Kopfschmerz. Die Enkel! Gestern haben wir mit Mikel Geburtstag gefeiert. Er wurde 1 Jahr alt. Er hat von der Torte mehr vom Teller gefetzt als er gegessen hat. Ich schmunzle. So soll es sein, das ist gute alte holländische Tradition. Dann werde ich nachdenklich. Die 17 Monate alte Lara ist nicht ganz so gesund wie ihr Cousin. Es gab Komplikationen bei der Geburt, die Ärzte machten Fehler. Ich sehe, wie meine Tochter Kimberly und ihr Freund „Flo“, der Vater des Kindes, leiden. Das tut mir weh. Um ihre Wirbelsäule zu entlasten, benötigt Lara einen Spezialsessel. Der kostet 4.700 Euro. Viel Geld, das die Eltern derzeit nicht haben. Und die Krankenkasse will sich auch nur mit 900 Euro beteiligen. Eine Gemeinheit eigentlich. Egal, der Sessel für Lara wird angeschafft, beschließe ich jetzt. So viel er auch kosten mag. Dass meine Kinder die kommenden Hürden meistern, das ist mein größter Wunsch zum Geburtstag. Sie sollen ein schönes Leben haben. Um mich abzulenken, drehe ich den Fernseher auf. Es hilft. Ich kann eine Stunde schlafen. Bis mich unser Yorkshire-Terrier Kathie weckt. Sie schleckt mir genüsslich die Nase ab. Ich weiß, jetzt ist es wirklich Zeit zum Aufstehen. Mein Tag fängt typisch an: Zähne putzen, dann frisieren, Gel in die Haare – ohne geht es nicht. Der zweite Weg führt mich schon zum Vater. Jeden Tag. Er lebt im übernächsten Haus. Im Garten hat er einen kleinen Streichelzoo: Ziegen, Hasen, Hühner. Ich schaue, ob alles okay ist. Was für andere in der Früh das Gebet ist, ist für mich das tägliche Gespräch mit meinem Vater bei einem frisch aufgebrühten Kaffee.
Ich freue mich jeden Tag, ihn zu sehen. Er ist mein Lebensmensch. Er kennt mich am besten. Meine Stärken, meine Schwächen. Meine schönen und meine nicht so schönen Seiten. Und er versteht mich. Meistens.
Vater Piet – mein Lebensmensch
„Du bist ein Trottel.“ Das sagte mein Vater Piet vor zwei Jahren zu mir. Mit 48 hatte ich mir auf den rechten Oberarm mein erstes Tattoo stechen lassen. Zwei betende Hände, verbunden mit einer Kette, an der ein Kreuz hängt.
Ich wollte ein Symbol, das meine Familie schützt. Das Kreuz deshalb, weil ich gläubig bin. In die Kette ließ ich die Anfangsbuchstaben der für mich wichtigsten Menschen tätowieren: meine fünf Kinder, meine Frau Romana und mein Vater Piet. Als ich ihm das fertige Kunstwerk zeigte, schüttelte er nur den Kopf. Er hatte kein Verständnis: nicht für Tätowierungen, nicht für Drogen, nicht für Gewalt. Mein Vater hat mich noch nie mit seinen Fingern berührt – außer zum Trösten oder zum Gratulieren. Geschlagen hat er mich nie. Das habe ich von ihm gelernt. Meine Kinder haben von mir noch nie eine Ohrfeige bekommen. Das werden sie auch nie. Wenn ich streng rede, wissen sie, was los ist. Meine Stimmbänder sind meine Hände. Mein Vater kannte diese behütete Kindheit nicht. Sein eigener Vater starb früh. Als er vier Jahre alt war, übernahmen strenge Pflegeeltern die Erziehung. Papa zog aufs Land, für zwei Jahre. Dann hat ihn sein älterer geliebter Bruder Henk zu sich geholt. Henk ist heute 94 Jahre alt und lebt in Holland. Ich weiß, wenn dem einmal was passiert, muss ich meinen Vater einen Monat lang trösten. Henk war sein Retter in der Not. Zum Essen gab es damals Kartoffeln und Rote Rüben – jeden Tag. Mein Vater hatte ein einziges Paar Schuhe. Damit hat er Fußball gespielt, damit ist er in die Schule gegangen. Mit 16 konnte mein Vater sein eigenes Geld verdienen, auf einer Reederei. Als Schiffsjunge reiste er um die ganze Welt. Typisch: Als Einziger der Besatzung war er nicht tätowiert. Dabei war das fast Pflicht, wenn du ein Boot betreten hast. „I love Mama, I love Holland, I love Käse“, prangte auf den Oberarmen der Männer. Auf seinen nicht. Ein Seemann ohne Tätowierung – das ist so, wie wenn ein Stürmer nie aufs Tor schießt. Später arbeitete er im Hafen als Kontrollor, checkte die Waren, die ein- und ausgingen. Eigentlich arbeitete meine ganze Familie im Hafen. Nur ich nicht. Vermutlich, weil ich als Einziger nicht schwimmen konnte. Dafür konnte ich Fußball spielen. Und darauf war mein Vater sehr stolz. Ich wollte immer Profi werden. Er hat mich diesen Traum leben lassen. Wie ich hat er lange unter meiner kranken Mutter gelitten. Sie hatte Depressionen, war alkohol- und tablettensüchtig. Und sie tyrannisierte ihn. Mein Vater akzeptierte das. Er hat alles weggesteckt. Er war wie ein Boxer, der jeden zweiten Tag eine in die Fresse kriegt, den Kopf beutelt, aber nicht zu Boden geht. Aber er war schwer gezeichnet. Nach seiner Scheidung rief ihn eines Tages der neue Freund meiner Mutter an und warf ihm vor: „Du hast deine Frau auf dem Gewissen. Du hast sie krank gemacht.“ Das war zu viel für ihn. Er ist mit einem Baseball-Schläger zu seinem Haus hingefahren, hat Türen und Fenster eingeschlagen. Die Polizei hat meinen Vater abgeführt. Er musste einen Tag im Gefängnis verbringen. Das war der einzige Ausraster seines Lebens. Und das einzige Mal, dass er Gewalt sprechen ließ. „So geht es nicht, Papa“, habe ich zu ihm gesagt. Aber ich verstand ihn gut. Er hat sich für seine Frau aufgeopfert – und für mich. Er war mir damals Vater und Mutter. Heute ist er mein bester Freund. Als Dankeschön habe ich ihm ein kleines Häuschen auf ein Grundstück ganz in meiner Nähe gebaut. Weihnachten 2010 ist er eingezogen. Im Garten hat er seinen kleinen Streichelzoo mit Ziegen, Hasen und Hühnern. Er liebt Tiere. Und ich liebe ihn. Solange er lebt, kann er hier wohnen.
Brief von Vater Piet
Lieber Frenk,
ich habe das Bild vor meinen Augen, als ob es gestern passiert wäre. Wir beide fuhren mit dem Auto nach Schweden. Du warst 16 Jahre alt – und wolltest nur weg. Wir waren 24 Stunden unterwegs, in einem blauen Renault mit Lenkradschaltung. In unserer 64-Quadratmeter-Wohnung im Süden von Rotterdam war zuvor die Situation kurz vorm Explodieren. Deine Mama war krank. Sie war depressiv, sie nahm Tabletten und sie war nicht immer fair zu dir. Als Gerechtigkeitsfanatiker hast du das nicht mehr ausgehalten. Ich habe gesehen, dass du leidest. Ich versuchte zu vermitteln, es ist mir aber nicht gelungen. In Schweden wolltest du als junger Fußballer durchstarten. Als wir über Deutschland und Dänemark nach Halmstad fuhren, hatte ich Angst um dich. Ich wusste, dass du kein Kind von Traurigkeit bist. Fünf Tage schlief ich bei dir im Hotel. „Wenn nichts mehr geht, dann hole ich dich.“ Diesen Satz gab ich dir mit auf den Weg. Dann fuhr ich heim. Der Moment des Abschieds war brutal. Ich sah dich im Rückspiegel des Autos. Du hast gewinkt und geweint. Du bist im Spiegel immer kleiner geworden. Dann warst du weg. Heute bin ich stolz auf dich. Ich bin froh, dass du über 17 Wege ans Ziel gekommen bist. Ich bin stolz, dass du fünf tolle Kinder hast. Ich bin froh, dass wir heute wieder nahe beieinander leben. Das ist mir wichtiger als dein ziemlich originelles Geschenk zu meinem 55. Geburtstag. Ich war mit meinem Bruder und seinen zwei Kindern im Stadion von Sittard, als du am 27. Mai 1992 gegen deine alte Heimat Holland im rot-weiß-roten Nationalteamdress per Kopf das 2 : 3 geschossen hast. Rijkaard, Bergkamp, Gullit und Polster schossen die anderen Tore. Du scherzt heute noch oft darüber: „Gut, dass ich dich eingefangen habe, sonst würdest du heute noch mit den Händen in der Höhe durch Rotterdam laufen.“ Du übertreibst. Aber es stimmt schon: Sportlich war ich nie so glücklich wie an diesem Tag. Ernst Happel war dein Trainer. Für mich als Rotterdamer Hafenarbeiter war der ehemalige Trainer-Held von Feyenoord ein Gott. Was viele erst in diesem Buch erfahren: Happel wollte dich schon früher mit einem Haufen Geld nach Innsbruck locken. Ich war deine Vertrauensperson. Gemeinsam haben wir uns entschieden, auf Zeit zu setzen. Es war die falsche Entscheidung. Ich habe mir deshalb oft Vorwürfe gemacht. Jetzt gab es doch noch ein Happy End. Und das in Holland gegen Holland. Frenk, mir war immer wichtig, dass du deine Träume lebst. Ich wollte nicht, dass du so wie ich Hafenarbeiter wirst. Ich habe dir immer vertraut. Heute bist du mein bester Freund.
Dein Papa Piet
© echomedia buchverlag ges.m.b.h. (Verlag)
„Die nackte Wahrheit“ – ich habe es mir nicht leicht gemacht mit dem Titel dieses Buches. Genauso gut könnte er lauten „Zwischen Himmel und Hölle“ oder „Immer aufstehen“. Mit einer Anleitung für das Leben: Eine Niederlage wegstecken zu können, Schicksalsschläge und Enttäuschungen zu meistern – im Beruflichen wie im Privaten. Ich erzähle aber noch mehr: die nackte Wahrheit, meine nackte Wahrheit.
Ein Fußballspiel dauert 90 Minuten. Aber wie lange dauert ein Leben? Das meiner ersten Frau Esther endete mit 28 Jahren. Meines geht jetzt schon 50 Jahre. Zeit, um zurückzublicken. Auf den Rotterdamer Hafenjungen, der mit 16 sein Zuhause in Richtung Schweden verließ, der dann wieder nach Holland zurückkehrte, ehe er in Österreich seine neue Heimat fand. Der schnell viel Geld verdiente und es noch schneller ausgab. Der ehrenwerte Leute und zwielichtige Gestalten traf. Und der die Schattenseiten des Lebens kennenlernte: Armut, Krankheit, Tod. Aber auch die Sternstunden: wundervolle Kinder, Triumphe im Sport, das Mitgefühl der Menschen. Meine Erziehung, meine Willensstärke und nicht zuletzt die Summe an Erfahrungen haben mich immer angetrieben und aus Tiefen zu neuen Höhen geführt. Mit diesem Buch will ich allen Menschen Mut machen, in einer Krise nicht aufzugeben und die Kraft zum Weitermachen zu finden. Auch mit einem kräftigen Schuss Humor, ohne den dieses Leben kaum zu meistern ist. Denn einen Tag nicht gelacht ist einen Tag nicht gelebt.
50! Anpfiff zur zweiten Halbzeit
Es ist drei Uhr in der Früh, die Nacht vom 7. auf den 8. Jänner 2013. Ich kann nicht schlafen. Wie so oft. Doch diesmal hat meine Rastlosigkeit einen guten Grund. Morgen ist mein 50. Geburtstag.
Viele Gedanken gehen mir durch den Kopf. Der, dass heute noch viel zu tun ist: Mit meinen Autoren muss ich an einigen Kapiteln für dieses Buch feilen, es soll in drei Wochen fertig sein. Wir müssen schnell arbeiten, um den Zeitplan einzuhalten. Vorher gebe ich ein Interview für Puls 4, der Sender plant einen Bericht mit mir. Auch meine Sport-Kolumnen in der Tageszeitung „Heute“ und in der „NÖN“ warten auf mich. Diese Analysen mache ich mit Leidenschaft. Die Journalisten haben mit mir in den nächsten Wochen aber auch noch anderes vor. Mit einer Leserin soll ich auf dem Opernball tanzen, mit einem Leser zum Wiener Derby gehen. Alles super Ideen, aber alles superstressig. Ich denke an das Geburtstagsfest. 200 Leute werden kommen. Darunter auch Familie und Freunde aus Holland. Ich muss die Übernachtungen organisieren. Wie reagiert mein Vater, wenn er alte Kumpane wiedersieht? Habe ich keinen Namen auf der Einladungsliste vergessen? Wird auch keiner der Stargäste absagen? Für die engsten Weggefährten brauche ich noch Geschenke. Besonders für meine Frau Romana. Hier sind Blumen zu wenig. Ich denke nach. Dabei komme ich zu vorgestern. Mit Freunden habe ich gefeiert. Bei einer Rundfahrt durch St. Pölten leerten wir alle vollen Gläser. Den Geburtstag herbeitrinken nannte ich es. Habe ich deswegen Kopfschmerzen? Kann nicht sein, der Alkohol muss längst rausgeschwitzt sein. Ich gehe jeden Tag laufen und in die Kraftkammer. Aber vielleicht habe ich auch Kopfschmerzen, weil ich daran denke, dass meine Mutter mit 50 gestorben ist. Morgen erreiche ich dieses Alter. War’s das schon? Ich lasse mein Leben Revue passieren. Höhen und Tiefen. Siege und Niederlagen. Vieles spukt mir durch den Kopf. Ich muss aufpassen, dass es nicht zu viel wird. Nur ja keinen negativen Stress. Ich steige aus dem Bett, trinke einen Schluck Wasser und schaue auf die Uhr. „Schon fünf“, denke ich. Im Kopf gehe ich die kommenden Termine durch. Ich lege mich wieder hin. Doch der Schlaf kommt nicht. Ich denke an meine Frau Romana; wir haben getrennte Schlafzimmer, sie schläft sicher tief und fest. Ich beneide sie. Ich gönne es ihr. Diesen Schlaf hat sie sich verdient. Sie hat viel für mein Geburtstagsfest getan. Mehr noch: Sie hat viel für mich getan. Sie hält die Familie zusammen. Ich denke jetzt an meine Kinder, an meine Enkel. Da ist er wieder, dieser Kopfschmerz. Die Enkel! Gestern haben wir mit Mikel Geburtstag gefeiert. Er wurde 1 Jahr alt. Er hat von der Torte mehr vom Teller gefetzt als er gegessen hat. Ich schmunzle. So soll es sein, das ist gute alte holländische Tradition. Dann werde ich nachdenklich. Die 17 Monate alte Lara ist nicht ganz so gesund wie ihr Cousin. Es gab Komplikationen bei der Geburt, die Ärzte machten Fehler. Ich sehe, wie meine Tochter Kimberly und ihr Freund „Flo“, der Vater des Kindes, leiden. Das tut mir weh. Um ihre Wirbelsäule zu entlasten, benötigt Lara einen Spezialsessel. Der kostet 4.700 Euro. Viel Geld, das die Eltern derzeit nicht haben. Und die Krankenkasse will sich auch nur mit 900 Euro beteiligen. Eine Gemeinheit eigentlich. Egal, der Sessel für Lara wird angeschafft, beschließe ich jetzt. So viel er auch kosten mag. Dass meine Kinder die kommenden Hürden meistern, das ist mein größter Wunsch zum Geburtstag. Sie sollen ein schönes Leben haben. Um mich abzulenken, drehe ich den Fernseher auf. Es hilft. Ich kann eine Stunde schlafen. Bis mich unser Yorkshire-Terrier Kathie weckt. Sie schleckt mir genüsslich die Nase ab. Ich weiß, jetzt ist es wirklich Zeit zum Aufstehen. Mein Tag fängt typisch an: Zähne putzen, dann frisieren, Gel in die Haare – ohne geht es nicht. Der zweite Weg führt mich schon zum Vater. Jeden Tag. Er lebt im übernächsten Haus. Im Garten hat er einen kleinen Streichelzoo: Ziegen, Hasen, Hühner. Ich schaue, ob alles okay ist. Was für andere in der Früh das Gebet ist, ist für mich das tägliche Gespräch mit meinem Vater bei einem frisch aufgebrühten Kaffee.
Ich freue mich jeden Tag, ihn zu sehen. Er ist mein Lebensmensch. Er kennt mich am besten. Meine Stärken, meine Schwächen. Meine schönen und meine nicht so schönen Seiten. Und er versteht mich. Meistens.
Vater Piet – mein Lebensmensch
„Du bist ein Trottel.“ Das sagte mein Vater Piet vor zwei Jahren zu mir. Mit 48 hatte ich mir auf den rechten Oberarm mein erstes Tattoo stechen lassen. Zwei betende Hände, verbunden mit einer Kette, an der ein Kreuz hängt.
Ich wollte ein Symbol, das meine Familie schützt. Das Kreuz deshalb, weil ich gläubig bin. In die Kette ließ ich die Anfangsbuchstaben der für mich wichtigsten Menschen tätowieren: meine fünf Kinder, meine Frau Romana und mein Vater Piet. Als ich ihm das fertige Kunstwerk zeigte, schüttelte er nur den Kopf. Er hatte kein Verständnis: nicht für Tätowierungen, nicht für Drogen, nicht für Gewalt. Mein Vater hat mich noch nie mit seinen Fingern berührt – außer zum Trösten oder zum Gratulieren. Geschlagen hat er mich nie. Das habe ich von ihm gelernt. Meine Kinder haben von mir noch nie eine Ohrfeige bekommen. Das werden sie auch nie. Wenn ich streng rede, wissen sie, was los ist. Meine Stimmbänder sind meine Hände. Mein Vater kannte diese behütete Kindheit nicht. Sein eigener Vater starb früh. Als er vier Jahre alt war, übernahmen strenge Pflegeeltern die Erziehung. Papa zog aufs Land, für zwei Jahre. Dann hat ihn sein älterer geliebter Bruder Henk zu sich geholt. Henk ist heute 94 Jahre alt und lebt in Holland. Ich weiß, wenn dem einmal was passiert, muss ich meinen Vater einen Monat lang trösten. Henk war sein Retter in der Not. Zum Essen gab es damals Kartoffeln und Rote Rüben – jeden Tag. Mein Vater hatte ein einziges Paar Schuhe. Damit hat er Fußball gespielt, damit ist er in die Schule gegangen. Mit 16 konnte mein Vater sein eigenes Geld verdienen, auf einer Reederei. Als Schiffsjunge reiste er um die ganze Welt. Typisch: Als Einziger der Besatzung war er nicht tätowiert. Dabei war das fast Pflicht, wenn du ein Boot betreten hast. „I love Mama, I love Holland, I love Käse“, prangte auf den Oberarmen der Männer. Auf seinen nicht. Ein Seemann ohne Tätowierung – das ist so, wie wenn ein Stürmer nie aufs Tor schießt. Später arbeitete er im Hafen als Kontrollor, checkte die Waren, die ein- und ausgingen. Eigentlich arbeitete meine ganze Familie im Hafen. Nur ich nicht. Vermutlich, weil ich als Einziger nicht schwimmen konnte. Dafür konnte ich Fußball spielen. Und darauf war mein Vater sehr stolz. Ich wollte immer Profi werden. Er hat mich diesen Traum leben lassen. Wie ich hat er lange unter meiner kranken Mutter gelitten. Sie hatte Depressionen, war alkohol- und tablettensüchtig. Und sie tyrannisierte ihn. Mein Vater akzeptierte das. Er hat alles weggesteckt. Er war wie ein Boxer, der jeden zweiten Tag eine in die Fresse kriegt, den Kopf beutelt, aber nicht zu Boden geht. Aber er war schwer gezeichnet. Nach seiner Scheidung rief ihn eines Tages der neue Freund meiner Mutter an und warf ihm vor: „Du hast deine Frau auf dem Gewissen. Du hast sie krank gemacht.“ Das war zu viel für ihn. Er ist mit einem Baseball-Schläger zu seinem Haus hingefahren, hat Türen und Fenster eingeschlagen. Die Polizei hat meinen Vater abgeführt. Er musste einen Tag im Gefängnis verbringen. Das war der einzige Ausraster seines Lebens. Und das einzige Mal, dass er Gewalt sprechen ließ. „So geht es nicht, Papa“, habe ich zu ihm gesagt. Aber ich verstand ihn gut. Er hat sich für seine Frau aufgeopfert – und für mich. Er war mir damals Vater und Mutter. Heute ist er mein bester Freund. Als Dankeschön habe ich ihm ein kleines Häuschen auf ein Grundstück ganz in meiner Nähe gebaut. Weihnachten 2010 ist er eingezogen. Im Garten hat er seinen kleinen Streichelzoo mit Ziegen, Hasen und Hühnern. Er liebt Tiere. Und ich liebe ihn. Solange er lebt, kann er hier wohnen.
Brief von Vater Piet
Lieber Frenk,
ich habe das Bild vor meinen Augen, als ob es gestern passiert wäre. Wir beide fuhren mit dem Auto nach Schweden. Du warst 16 Jahre alt – und wolltest nur weg. Wir waren 24 Stunden unterwegs, in einem blauen Renault mit Lenkradschaltung. In unserer 64-Quadratmeter-Wohnung im Süden von Rotterdam war zuvor die Situation kurz vorm Explodieren. Deine Mama war krank. Sie war depressiv, sie nahm Tabletten und sie war nicht immer fair zu dir. Als Gerechtigkeitsfanatiker hast du das nicht mehr ausgehalten. Ich habe gesehen, dass du leidest. Ich versuchte zu vermitteln, es ist mir aber nicht gelungen. In Schweden wolltest du als junger Fußballer durchstarten. Als wir über Deutschland und Dänemark nach Halmstad fuhren, hatte ich Angst um dich. Ich wusste, dass du kein Kind von Traurigkeit bist. Fünf Tage schlief ich bei dir im Hotel. „Wenn nichts mehr geht, dann hole ich dich.“ Diesen Satz gab ich dir mit auf den Weg. Dann fuhr ich heim. Der Moment des Abschieds war brutal. Ich sah dich im Rückspiegel des Autos. Du hast gewinkt und geweint. Du bist im Spiegel immer kleiner geworden. Dann warst du weg. Heute bin ich stolz auf dich. Ich bin froh, dass du über 17 Wege ans Ziel gekommen bist. Ich bin stolz, dass du fünf tolle Kinder hast. Ich bin froh, dass wir heute wieder nahe beieinander leben. Das ist mir wichtiger als dein ziemlich originelles Geschenk zu meinem 55. Geburtstag. Ich war mit meinem Bruder und seinen zwei Kindern im Stadion von Sittard, als du am 27. Mai 1992 gegen deine alte Heimat Holland im rot-weiß-roten Nationalteamdress per Kopf das 2 : 3 geschossen hast. Rijkaard, Bergkamp, Gullit und Polster schossen die anderen Tore. Du scherzt heute noch oft darüber: „Gut, dass ich dich eingefangen habe, sonst würdest du heute noch mit den Händen in der Höhe durch Rotterdam laufen.“ Du übertreibst. Aber es stimmt schon: Sportlich war ich nie so glücklich wie an diesem Tag. Ernst Happel war dein Trainer. Für mich als Rotterdamer Hafenarbeiter war der ehemalige Trainer-Held von Feyenoord ein Gott. Was viele erst in diesem Buch erfahren: Happel wollte dich schon früher mit einem Haufen Geld nach Innsbruck locken. Ich war deine Vertrauensperson. Gemeinsam haben wir uns entschieden, auf Zeit zu setzen. Es war die falsche Entscheidung. Ich habe mir deshalb oft Vorwürfe gemacht. Jetzt gab es doch noch ein Happy End. Und das in Holland gegen Holland. Frenk, mir war immer wichtig, dass du deine Träume lebst. Ich wollte nicht, dass du so wie ich Hafenarbeiter wirst. Ich habe dir immer vertraut. Heute bist du mein bester Freund.
Dein Papa Piet
© echomedia buchverlag ges.m.b.h. (Verlag)
... weniger
Autoren-Porträt von Klaus Pfeiffer, Martin Huber
Die Autoren:Klaus Pfeiffer1970 in Wien geboren. Journalist, Buchautor, Werbetexter. Österreichs Sportjournalist des Jahres 2009. Seit 2005 Sportchef bei der Tageszeitung "Heute".Mag. Martin Huber1980 in Oberösterreich geboren. Journalist und Buchautor. 2. Platz bei der Wahl zu Österreichs Sportjournalisten des Jahres 2011. Seit 2006 bei der Tageszeitung "Heute".
Bibliographische Angaben
- Autoren: Klaus Pfeiffer , Martin Huber
- 2013, 3. Aufl., 240 Seiten, mit zahlreichen Schwarz-Weiß-Abbildungen, mit Abbildungen, Maße: 22 x 28 cm, Gebunden, Deutsch
- Verlag: Echo Medienhaus
- ISBN-10: 3902900156
- ISBN-13: 9783902900159
- Erscheinungsdatum: 06.05.2013
Kommentare zu "Frenkie Schinkels"
4.5 von 5 Sternen
5 Sterne 3Schreiben Sie einen Kommentar zu "Frenkie Schinkels".
Kommentar verfassen