Ganz oben
Aus dem Leben einer weiblichen Führungskraft. Mit e. Vorw. v. Monika Schulze-Strelow
Warum gibt es so wenig Frauen in Führungspositionen? Hier berichtet eine weibliche Führungskraft von ihrem Arbeitsalltag in einer männlich geprägten Umgebung: Warum ihrer Sekretärin ein männlicher Chef lieber wäre; wie...
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Produktdetails
Produktinformationen zu „Ganz oben “
Warum gibt es so wenig Frauen in Führungspositionen? Hier berichtet eine weibliche Führungskraft von ihrem Arbeitsalltag in einer männlich geprägten Umgebung: Warum ihrer Sekretärin ein männlicher Chef lieber wäre; wie unterschiedlich Frauen und Männer Verhandlungstiefpunkte überwinden u.v.m.
Klappentext zu „Ganz oben “
Von den 833 Vorstandssitzen in den 200 größten deutschen Unternehmen sind nur 21 von Frauen besetzt. Angeblich gibt es nicht genug qualifizierte Kandidatinnen für eine solche Führungsposition. Oder hat die Abwesenheit von Frauen im Topmanagement doch andere Gründe? In diesem Buch berichtet eine weibliche Führungskraft von ihrem Arbeitsalltag in einer männlich geprägten Umgebung - warum ihrer Sekretärin ein männlicher Chef entschieden lieber wäre, welche Kriterien bei der Neubesetzung einer Führungsposition gelten, wie unterschiedlich Frauen und Männer Verhandlungstiefpunkte überwinden und wie man sich als Frau vergnügt, wenn es die Kollegen nach der Führungskräftetagung ins Rotlichtviertel zieht. Präzise und (selbst)ironisch zeigt das Buch auf, wo die Probleme liegen, die es Frauen in Deutschland so schwer machen, bis in die Führungsetagen vorzudringen. Es bietet einen einzigartigen, aus eigenen Erfahrungen gewonnenen Einblick in das Sozialverhalten der fast ausschließlich männlichen deutschen Wirtschaftselite.
Klappenbroschur
Lese-Probe zu „Ganz oben “
Ganz Oben von AnonymaEne mene mu - und raus bist du! Warum die Quote für Frauen mit Karriereabsichten so wichtig ist
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Vor mehr als zehn Jahren, als ich noch ganz am Anfang meiner Karriere stand, hatte ich eine Diskussion mit anderen weiblichen Mitarbeiterinnen meines Alters und meiner Qualifikation über die Chancen von Frauen, in einem Unternehmen eine Leitungsfunktion zu übernehmen und damit in eine Männerdomäne einzudringen. Ich erinnere mich daran, dass ich damals als Einzige die Auffassung vertrat, einer Frau stünde wie einem Mann jeder Job auf jeder Ebene offen, solange sie nur wie er über ausreichende fachliche und soziale Kompetenz verfüge. Alles ist möglich, so mein Credo zu jener Zeit, das von den anderen Frauen mit Skepsis aufgenommen wurde. In den darauffolgenden Jahren lief es für mich im Hinblick auf meine Karriere im Unternehmen bestens; ich würde so weit gehen und sagen, dass der Aufstieg auf der Karriereleiter in meinem Fall quasi ein Selbstläufer war, denn um die nächsthöhere Stellung zu erreichen, musste ich mich nie selbst bemühen. Ich wurde gefragt, ohne selbst die Initiative ergreifen zu müssen. Ich war überrascht, für welche Positionen man mich vorschlug. Als eine Stelle im Management vakant war und mein Name im Gespräch war, bevor ich die Funktion dann auch wirklich übernahm, stieß ich in einen Bereich vor, der bis dahin ausschließlich Männern vorbehalten war. Ohne Angst vor der Aufgabe zu haben, hätte ich mich selbst nie zum Kreis der potenziellen Kandidaten gezählt. Mit meiner Ernennung war ich ganz oben angekommen, das war mir damals durchaus bewusst. Dass ich es als Frau so weit im Unternehmen gebracht hatte wie keine andere Frau zuvor, war mir klar, ohne dass ich daraus weitergehende Gedanken über die Problematik der Chancengleichheit von Männern und Frauen in Spitzenfunktionen der Wirtschaft ableitete. Insgesamt waren diese ersten Jahre in meinem Fall also davon geprägt, dass ich über den geringen Anteil von Frauen in Führungspositionen und die Gründe dafür recht wenig nachdachte. Bei mir lief es einfach zu gut. Ich merkte sehr wohl, dass ich, je höher ich auf der Karriereleiter stieg, immer weniger Frauen auf vergleichbaren Positionen traf, bis ich schließlich die einzige Frau unter Männern war. Ich erklärte mir dieses Phänomen damit, dass bei mir eben fachliche und soziale Kompetenz zur übernommenen Aufgabe im Unternehmen passten, und insinuierte damit natürlich, dass dieses bei anderen Frauen entweder nicht in dem Maße gegeben war oder diese Frauen nicht den entsprechenden Willen zeigten, um ganz nach oben zu kommen. Heute frage ich mich, wieso ich die Realität damals nicht habe erkennen können und ob ich möglicherweise nicht wahrhaben wollte, was im Hinblick auf fehlende Chancengleichheit Fakt ist. Mittlerweile entscheide ich zusammen mit gleichrangigen Kollegen - ausschließlich Männern - selbst darüber, wer für einen Führungsjob in Frage kommt und wer nicht. Ich meine, dass die Diskussionen, die wir innerhalb dieses Kreises führen, letztlich dazu beigetragen haben, dass ich meine Meinung geändert habe. Damals war ich wie vielleicht viele aufstrebende und karrierewillige Frauen der Auffassung, dass ein Posten mit dem geeignetsten Bewerber bzw. der fähigsten Kandidatin besetzt wird. Weit gefehlt, es ist ganz anders. Zeigen sich Mann und Frau vergleichbar kompetent, bekommt der Mann den Job. Weil er ein Mann ist. Männer werden nicht schwanger, Männer gehen nicht in Elternzeit, Männer beanspruchen nicht ihr Recht auf Teilzeit. Auszeiten vom Beruf für die Familie kommen bei Männern in Führungspositionen einfach nicht vor, sie stehen dem Unternehmen damit planbar auf Jahre zur Verfügung, Kündigung o. Ä. einmal ausgenommen. Bewirbt sich eine Frau um eine Führungsposition in unserem Unternehmen, drehen sich die Gespräche in unserem Kreis um genau diese ihr Privatleben betreffenden Fragen: Hat sie einen Freund? Oder ist sie gar schon verheiratet? Lässt man sich als Frau auf dieses Spiel ein, lautet die Faustregel: «Bis 40 darf ich nicht heiraten, ab 40 muss ich es tun.» Wer sich mit Mitte 30 oder früher traut, wird der baldigen Familienplanung verdächtigt. Wer hingegen mit über 40 noch unverheiratet ist, kann schnell als Mauerblümchen gelten, dem man durch mangelnden Kontakt zu männlichen Partnern absonderliche charakterliche Eigenheiten unterstellt. Möchte sie Kinder bekommen? lautet eine weitere oft diskutierte Frage. Nur die Vermutung, dass die Kandidatin sich vielleicht mit dem Gedanken an eigene Kinder trägt und dann womöglich von ihrem Recht auf Teilzeitbeschäftigung Gebrauch machen könnte, ist zu viel des Risikos: Sie ist auf der Stelle aus dem Rennen. Hat man Grund zur Annahme, dass die Bewerberin ein Leben ohne Kinder plant, kommen weitere Kriterien ins Spiel, die es einer Frau bedeutend schwerer machen, sich gegenüber der männlichen Konkurrenz zu behaupten. Damen mit einem herrischen Auftreten will man nicht; was beim Mann noch als Ausdruck von natürlicher Autorität und damit als karrieredienlich interpretiert wird, gilt bei einer Frau als Zeichen sexueller Frustration. Wer keinen abgekriegt habe, so die unter den Männern offen geäußerte Erklärung, reagiere sich nun mal ab durch ein besonders unausstehliches Verhalten. Ist die Kandidatin ganz im Gegenteil besonders nett und menschenfreundlich, riskiert sie, dass man sie wieder mit einem potenziellen Kinderwunsch in Verbindung bringt. Eine Frau, die eine Führungsposition anstrebt, muss den schmalen Grat, der ihr das Weiterkommen ermöglicht, finden und gehen. Wenn sie Erfolg haben will, muss sie sehr viel besser sein als alle männlichen Konkurrenten. Sie muss fachlich kompetenter und im Umgang mit Menschen sensibler sein, um sich durchsetzen zu können, ohne autoritär zu wirken. Natürlich werde ich nicht müde, in den Auswahlgesprächen mit meinen Kollegen auf die Einseitigkeit der angelegten Kriterien hinzuweisen. Die Antworten sind meistens recht stereotyp: Die Entscheidung für den Mann bedeute im Sinne des Unternehmens Sicherheit, die Wahl einer Frau sei immer risikobehaftet. Hat es dann wirklich einmal eine Frau bis in die Führungsetage geschafft, erwartet man von ihr eine wesentlich makellosere Performance als von einem Mann in ähnlicher Position. Ein Mann kann sich «Schnitzer» erlauben und das Unternehmen sogar im Streit verlassen, ohne dass sein Verhalten richtungsweisend wäre für folgende Bewerbungen von Männern. Eine Frau in einer Führungsposition ist wie ein Versuchskaninchen. Wird sie den Erwartungen nicht gerecht, hat ihr Scheitern eine verheerende Signalwirkung für zukünftige Aspirantinnen. «Mit Frauen in Spitzenfunktionen hatten wir kein Glück», lautet die Schlussfolgerung, die den Einzelfall generalisiert und ein ganzes Geschlecht stigmatisiert. In einer Abteilung unseres Unternehmens war die Stelle eines Abteilungsleiters zu vergeben, nachdem die vorherige Stelleninhaberin das Unternehmen nach Differenzen verlassen hatte. In der Abteilung selbst fanden sich einige Frauen, die nicht nur kompetent waren, sondern die, auch familiär ungebunden, sich dieser Aufgabe mit der gewünschten Intensität hätten widmen können. Man entschied sich schließlich für einen externen männlichen Bewerber. Ich erkundigte mich nach dem Grund für diese Entscheidung und verwies auf die potenziell in Frage kommenden Frauen, die im Gegensatz zu dem externen Kandidaten auch über die geforderte Erfahrung in diesem Bereich verfügen würden. Man antwortete mir, dass man mit Frauen in Führungspositionen schlechte Erfahrungen gemacht habe, und verwies auf die vorherige Stelleninhaberin. Meine Entgegnung, schlechte Erfahrungen habe man an anderer Stelle vielfach mit männlichen Führungskräften gemacht, blieb unerwidert. Wieso bin ich nicht durch das Raster gefallen, das es Frauen so schwer macht, in Führungspositionen zu kommen? Ich bin fachlich kompetent, arbeite seit Jahren dauerhaft mehr als meine männlichen Kollegen und stand nie im Verdacht, Kinder bekommen zu wollen. Letzteres hat man mir mehrfach direkt bescheinigt: «Sie werden ja keine Familie gründen.» Es ist mir ein Rätsel, wie Männer zu dieser Einschätzung meiner selbst kommen, zumal ich mir ein Leben sowohl mit als auch ohne Kinder immer vorstellen konnte. Ich kann mich außerdem offenbar durchsetzen, ohne «Haare auf den Zähnen» zu haben. Ich gelte ganz einfach als die nette und kompetente Karrierefrau ohne Risikofaktoren. Die Schwierigkeiten, mit denen Frauen zu kämpfen haben, die Karriere machen wollen - und in den meisten Fällen ist für Frauen am Anfang der Karriere ja nicht einmal erkennbar, welche Hindernisse sie überwinden müssen, da die Vorgänge an sich so wenig transparent für sie sind -, hat mich zur Verfechterin einer Frauenquote werden lassen, die sich das einzelne Unternehmen als Selbstverpflichtung auferlegt. In vielen Bereichen der Unternehmen arbeitet man mit einer Quote; sie gibt zum Beispiel bei Umsatz und Gewinn das Ziel vor, das erreicht werden soll und das man deshalb im Auge behält. In Bezug auf den Frauenanteil in Spitzenfunktionen der deutschen Wirtschaft könnte eine Quote dazu beitragen, Frauen ein paar der unsichtbaren Steine auf ihrem Weg in die Führungsetage wegzuräumen.
Ein Kind? Wenn sich die Familienplanung im Geheimen abspielt
Irgendwann, wir waren schon einige Zeit zusammen, keimte bei meinem Freund und mir der Wunsch auf, ein Kind zu bekommen. Er wurde immer stärker, und so setzte ich nach 20 Jahren Verhütung die Pille ab und stellte mich auf eine längere Wartezeit ein, denn so schnell klappt es dann ja meistens nicht mit der Schwangerschaft. Doch bei mir war es anders: Es dauerte nicht lange, und ich war schwanger. Sofort war mir klar, dass ich im Unternehmen mit keinem Menschen darüber sprechen würde. Dafür war es noch viel zu früh, es konnte noch alles Mögliche passieren auf dem Weg zum Kind. So war es dann auch. Nach einigen Wochen wurde klar, dass sich in meiner Gebärmutter nur eine leere Hülle gebildet hatte, die nun mittels einer Ausschabung entfernt werden musste. Ich vereinbarte für diesen ambulanten Eingriff also einen Termin, hatte tags zuvor aber noch eine wichtige Verhandlung auf der Agenda, deren Vorbereitung mich ganz schön in Anspruch nahm. Mitten in der aufgeheizten Stimmung der Verhandlung merkte ich plötzlich, dass etwas nicht stimmte. Schnell begab ich mich in die Toilettenräume, wo ich ein wahres Blutbad anrichtete. Mein Körper hatte die leblose Hülle selbst herausgespült. Mit meinem Arzt zu telefonieren oder gar zu ihm zu fahren kam nicht in Frage, dafür stand im Verhandlungsraum zu viel auf dem Spiel. Ich konnte höchstens ein paar Minuten fehlen. Ich brachte mich also notdürftig wieder in einen präsentablen Zustand und ging zurück. Irgendwie führte ich die Gespräche einem Ende zu, das für unser Unternehmen nicht gerade herausragend, aber doch leidlich akzeptabel war. Ich war physisch und psychisch am Boden. Beim Verlassen des Verhandlungsraumes gab mir ein Kollege zu verstehen, dass ich auch schon mal einen besseren Auftritt gehabt hätte. So richtig überzeugt hätte ich ihn heute in der Verhandlung nicht. Nach dieser Episode wurde ich einfach nicht mehr schwanger. Mein Freund und ich versuchten zwar, ideale Tage für die Befruchtung zu berechnen und uns an diesen auch zu treffen, was organisatorisch nicht immer leicht war, da wir wochentags in verschiedenen Städten wohnten, die ein paar Hundert Kilometer auseinanderlagen. Der Aufwand war erheblich, blieb aber ohne Erfolg. Da es auf natürlichem Weg also offenbar nicht funktionierte, wollten wir es mit künstlicher Befruchtung versuchen. Der Arzt empfahl mir schon bei unserem ersten Besuch, meinen Arbeitgeber über mein Vorhaben zu informieren, da ich ständig abrufbar sein müsse und dies den Berufsalltag natürlich beeinträchtigen werde. Tatsächlich kann der ideale Zeitpunkt der Eientnahme täglich sein, es ist schlecht möglich, diesen Termin lange vorher zu berechnen. Ich habe meinen Arbeitgeber trotzdem nicht in Kenntnis gesetzt, wohlwissend, dass allein der offen geäußerte Wunsch, eine Familie zu gründen, das Ende meiner Karriere bedeutet hätte - auch wenn es mit der Schwangerschaft nicht geklappt hätte. Schlimmstenfalls hätte das dann für mich ohne Kind und ohne Job ausgehen können.
Copyright © by Beck Verlag
Vor mehr als zehn Jahren, als ich noch ganz am Anfang meiner Karriere stand, hatte ich eine Diskussion mit anderen weiblichen Mitarbeiterinnen meines Alters und meiner Qualifikation über die Chancen von Frauen, in einem Unternehmen eine Leitungsfunktion zu übernehmen und damit in eine Männerdomäne einzudringen. Ich erinnere mich daran, dass ich damals als Einzige die Auffassung vertrat, einer Frau stünde wie einem Mann jeder Job auf jeder Ebene offen, solange sie nur wie er über ausreichende fachliche und soziale Kompetenz verfüge. Alles ist möglich, so mein Credo zu jener Zeit, das von den anderen Frauen mit Skepsis aufgenommen wurde. In den darauffolgenden Jahren lief es für mich im Hinblick auf meine Karriere im Unternehmen bestens; ich würde so weit gehen und sagen, dass der Aufstieg auf der Karriereleiter in meinem Fall quasi ein Selbstläufer war, denn um die nächsthöhere Stellung zu erreichen, musste ich mich nie selbst bemühen. Ich wurde gefragt, ohne selbst die Initiative ergreifen zu müssen. Ich war überrascht, für welche Positionen man mich vorschlug. Als eine Stelle im Management vakant war und mein Name im Gespräch war, bevor ich die Funktion dann auch wirklich übernahm, stieß ich in einen Bereich vor, der bis dahin ausschließlich Männern vorbehalten war. Ohne Angst vor der Aufgabe zu haben, hätte ich mich selbst nie zum Kreis der potenziellen Kandidaten gezählt. Mit meiner Ernennung war ich ganz oben angekommen, das war mir damals durchaus bewusst. Dass ich es als Frau so weit im Unternehmen gebracht hatte wie keine andere Frau zuvor, war mir klar, ohne dass ich daraus weitergehende Gedanken über die Problematik der Chancengleichheit von Männern und Frauen in Spitzenfunktionen der Wirtschaft ableitete. Insgesamt waren diese ersten Jahre in meinem Fall also davon geprägt, dass ich über den geringen Anteil von Frauen in Führungspositionen und die Gründe dafür recht wenig nachdachte. Bei mir lief es einfach zu gut. Ich merkte sehr wohl, dass ich, je höher ich auf der Karriereleiter stieg, immer weniger Frauen auf vergleichbaren Positionen traf, bis ich schließlich die einzige Frau unter Männern war. Ich erklärte mir dieses Phänomen damit, dass bei mir eben fachliche und soziale Kompetenz zur übernommenen Aufgabe im Unternehmen passten, und insinuierte damit natürlich, dass dieses bei anderen Frauen entweder nicht in dem Maße gegeben war oder diese Frauen nicht den entsprechenden Willen zeigten, um ganz nach oben zu kommen. Heute frage ich mich, wieso ich die Realität damals nicht habe erkennen können und ob ich möglicherweise nicht wahrhaben wollte, was im Hinblick auf fehlende Chancengleichheit Fakt ist. Mittlerweile entscheide ich zusammen mit gleichrangigen Kollegen - ausschließlich Männern - selbst darüber, wer für einen Führungsjob in Frage kommt und wer nicht. Ich meine, dass die Diskussionen, die wir innerhalb dieses Kreises führen, letztlich dazu beigetragen haben, dass ich meine Meinung geändert habe. Damals war ich wie vielleicht viele aufstrebende und karrierewillige Frauen der Auffassung, dass ein Posten mit dem geeignetsten Bewerber bzw. der fähigsten Kandidatin besetzt wird. Weit gefehlt, es ist ganz anders. Zeigen sich Mann und Frau vergleichbar kompetent, bekommt der Mann den Job. Weil er ein Mann ist. Männer werden nicht schwanger, Männer gehen nicht in Elternzeit, Männer beanspruchen nicht ihr Recht auf Teilzeit. Auszeiten vom Beruf für die Familie kommen bei Männern in Führungspositionen einfach nicht vor, sie stehen dem Unternehmen damit planbar auf Jahre zur Verfügung, Kündigung o. Ä. einmal ausgenommen. Bewirbt sich eine Frau um eine Führungsposition in unserem Unternehmen, drehen sich die Gespräche in unserem Kreis um genau diese ihr Privatleben betreffenden Fragen: Hat sie einen Freund? Oder ist sie gar schon verheiratet? Lässt man sich als Frau auf dieses Spiel ein, lautet die Faustregel: «Bis 40 darf ich nicht heiraten, ab 40 muss ich es tun.» Wer sich mit Mitte 30 oder früher traut, wird der baldigen Familienplanung verdächtigt. Wer hingegen mit über 40 noch unverheiratet ist, kann schnell als Mauerblümchen gelten, dem man durch mangelnden Kontakt zu männlichen Partnern absonderliche charakterliche Eigenheiten unterstellt. Möchte sie Kinder bekommen? lautet eine weitere oft diskutierte Frage. Nur die Vermutung, dass die Kandidatin sich vielleicht mit dem Gedanken an eigene Kinder trägt und dann womöglich von ihrem Recht auf Teilzeitbeschäftigung Gebrauch machen könnte, ist zu viel des Risikos: Sie ist auf der Stelle aus dem Rennen. Hat man Grund zur Annahme, dass die Bewerberin ein Leben ohne Kinder plant, kommen weitere Kriterien ins Spiel, die es einer Frau bedeutend schwerer machen, sich gegenüber der männlichen Konkurrenz zu behaupten. Damen mit einem herrischen Auftreten will man nicht; was beim Mann noch als Ausdruck von natürlicher Autorität und damit als karrieredienlich interpretiert wird, gilt bei einer Frau als Zeichen sexueller Frustration. Wer keinen abgekriegt habe, so die unter den Männern offen geäußerte Erklärung, reagiere sich nun mal ab durch ein besonders unausstehliches Verhalten. Ist die Kandidatin ganz im Gegenteil besonders nett und menschenfreundlich, riskiert sie, dass man sie wieder mit einem potenziellen Kinderwunsch in Verbindung bringt. Eine Frau, die eine Führungsposition anstrebt, muss den schmalen Grat, der ihr das Weiterkommen ermöglicht, finden und gehen. Wenn sie Erfolg haben will, muss sie sehr viel besser sein als alle männlichen Konkurrenten. Sie muss fachlich kompetenter und im Umgang mit Menschen sensibler sein, um sich durchsetzen zu können, ohne autoritär zu wirken. Natürlich werde ich nicht müde, in den Auswahlgesprächen mit meinen Kollegen auf die Einseitigkeit der angelegten Kriterien hinzuweisen. Die Antworten sind meistens recht stereotyp: Die Entscheidung für den Mann bedeute im Sinne des Unternehmens Sicherheit, die Wahl einer Frau sei immer risikobehaftet. Hat es dann wirklich einmal eine Frau bis in die Führungsetage geschafft, erwartet man von ihr eine wesentlich makellosere Performance als von einem Mann in ähnlicher Position. Ein Mann kann sich «Schnitzer» erlauben und das Unternehmen sogar im Streit verlassen, ohne dass sein Verhalten richtungsweisend wäre für folgende Bewerbungen von Männern. Eine Frau in einer Führungsposition ist wie ein Versuchskaninchen. Wird sie den Erwartungen nicht gerecht, hat ihr Scheitern eine verheerende Signalwirkung für zukünftige Aspirantinnen. «Mit Frauen in Spitzenfunktionen hatten wir kein Glück», lautet die Schlussfolgerung, die den Einzelfall generalisiert und ein ganzes Geschlecht stigmatisiert. In einer Abteilung unseres Unternehmens war die Stelle eines Abteilungsleiters zu vergeben, nachdem die vorherige Stelleninhaberin das Unternehmen nach Differenzen verlassen hatte. In der Abteilung selbst fanden sich einige Frauen, die nicht nur kompetent waren, sondern die, auch familiär ungebunden, sich dieser Aufgabe mit der gewünschten Intensität hätten widmen können. Man entschied sich schließlich für einen externen männlichen Bewerber. Ich erkundigte mich nach dem Grund für diese Entscheidung und verwies auf die potenziell in Frage kommenden Frauen, die im Gegensatz zu dem externen Kandidaten auch über die geforderte Erfahrung in diesem Bereich verfügen würden. Man antwortete mir, dass man mit Frauen in Führungspositionen schlechte Erfahrungen gemacht habe, und verwies auf die vorherige Stelleninhaberin. Meine Entgegnung, schlechte Erfahrungen habe man an anderer Stelle vielfach mit männlichen Führungskräften gemacht, blieb unerwidert. Wieso bin ich nicht durch das Raster gefallen, das es Frauen so schwer macht, in Führungspositionen zu kommen? Ich bin fachlich kompetent, arbeite seit Jahren dauerhaft mehr als meine männlichen Kollegen und stand nie im Verdacht, Kinder bekommen zu wollen. Letzteres hat man mir mehrfach direkt bescheinigt: «Sie werden ja keine Familie gründen.» Es ist mir ein Rätsel, wie Männer zu dieser Einschätzung meiner selbst kommen, zumal ich mir ein Leben sowohl mit als auch ohne Kinder immer vorstellen konnte. Ich kann mich außerdem offenbar durchsetzen, ohne «Haare auf den Zähnen» zu haben. Ich gelte ganz einfach als die nette und kompetente Karrierefrau ohne Risikofaktoren. Die Schwierigkeiten, mit denen Frauen zu kämpfen haben, die Karriere machen wollen - und in den meisten Fällen ist für Frauen am Anfang der Karriere ja nicht einmal erkennbar, welche Hindernisse sie überwinden müssen, da die Vorgänge an sich so wenig transparent für sie sind -, hat mich zur Verfechterin einer Frauenquote werden lassen, die sich das einzelne Unternehmen als Selbstverpflichtung auferlegt. In vielen Bereichen der Unternehmen arbeitet man mit einer Quote; sie gibt zum Beispiel bei Umsatz und Gewinn das Ziel vor, das erreicht werden soll und das man deshalb im Auge behält. In Bezug auf den Frauenanteil in Spitzenfunktionen der deutschen Wirtschaft könnte eine Quote dazu beitragen, Frauen ein paar der unsichtbaren Steine auf ihrem Weg in die Führungsetage wegzuräumen.
Ein Kind? Wenn sich die Familienplanung im Geheimen abspielt
Irgendwann, wir waren schon einige Zeit zusammen, keimte bei meinem Freund und mir der Wunsch auf, ein Kind zu bekommen. Er wurde immer stärker, und so setzte ich nach 20 Jahren Verhütung die Pille ab und stellte mich auf eine längere Wartezeit ein, denn so schnell klappt es dann ja meistens nicht mit der Schwangerschaft. Doch bei mir war es anders: Es dauerte nicht lange, und ich war schwanger. Sofort war mir klar, dass ich im Unternehmen mit keinem Menschen darüber sprechen würde. Dafür war es noch viel zu früh, es konnte noch alles Mögliche passieren auf dem Weg zum Kind. So war es dann auch. Nach einigen Wochen wurde klar, dass sich in meiner Gebärmutter nur eine leere Hülle gebildet hatte, die nun mittels einer Ausschabung entfernt werden musste. Ich vereinbarte für diesen ambulanten Eingriff also einen Termin, hatte tags zuvor aber noch eine wichtige Verhandlung auf der Agenda, deren Vorbereitung mich ganz schön in Anspruch nahm. Mitten in der aufgeheizten Stimmung der Verhandlung merkte ich plötzlich, dass etwas nicht stimmte. Schnell begab ich mich in die Toilettenräume, wo ich ein wahres Blutbad anrichtete. Mein Körper hatte die leblose Hülle selbst herausgespült. Mit meinem Arzt zu telefonieren oder gar zu ihm zu fahren kam nicht in Frage, dafür stand im Verhandlungsraum zu viel auf dem Spiel. Ich konnte höchstens ein paar Minuten fehlen. Ich brachte mich also notdürftig wieder in einen präsentablen Zustand und ging zurück. Irgendwie führte ich die Gespräche einem Ende zu, das für unser Unternehmen nicht gerade herausragend, aber doch leidlich akzeptabel war. Ich war physisch und psychisch am Boden. Beim Verlassen des Verhandlungsraumes gab mir ein Kollege zu verstehen, dass ich auch schon mal einen besseren Auftritt gehabt hätte. So richtig überzeugt hätte ich ihn heute in der Verhandlung nicht. Nach dieser Episode wurde ich einfach nicht mehr schwanger. Mein Freund und ich versuchten zwar, ideale Tage für die Befruchtung zu berechnen und uns an diesen auch zu treffen, was organisatorisch nicht immer leicht war, da wir wochentags in verschiedenen Städten wohnten, die ein paar Hundert Kilometer auseinanderlagen. Der Aufwand war erheblich, blieb aber ohne Erfolg. Da es auf natürlichem Weg also offenbar nicht funktionierte, wollten wir es mit künstlicher Befruchtung versuchen. Der Arzt empfahl mir schon bei unserem ersten Besuch, meinen Arbeitgeber über mein Vorhaben zu informieren, da ich ständig abrufbar sein müsse und dies den Berufsalltag natürlich beeinträchtigen werde. Tatsächlich kann der ideale Zeitpunkt der Eientnahme täglich sein, es ist schlecht möglich, diesen Termin lange vorher zu berechnen. Ich habe meinen Arbeitgeber trotzdem nicht in Kenntnis gesetzt, wohlwissend, dass allein der offen geäußerte Wunsch, eine Familie zu gründen, das Ende meiner Karriere bedeutet hätte - auch wenn es mit der Schwangerschaft nicht geklappt hätte. Schlimmstenfalls hätte das dann für mich ohne Kind und ohne Job ausgehen können.
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Inhaltsverzeichnis zu „Ganz oben “
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so wichtig ist
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Manege frei! Wie ich versuche, im Machtspiel meiner Kollegenzu bestehen
Majestätsbeleidigung. Verhandeln im Schwarzmeerraum
Ein Kind? Wenn sich die Familienplanung im Geheimen abspielt
Ein Kind! Wie ich verhindern will, dass der Nachwuchsunfreiwillig mein Karriereende
einläutet
Zum Schluss
"Ich bin doch nicht blöd!" Warum ich nicht alles nehme, wasich kriegen kann
Ene menemu - und raus bist du! Warum die Quote fürFrauen mit Karriereabsichten
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Siehe Anhang. Warum mein Partner nicht so recht insDamenprogramm passen will
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Ein Kind! Wie ich verhindern will, dass der Nachwuchsunfreiwillig mein Karriereende
einläutet
Zum Schluss
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Autoren-Porträt von Anonyma
Die Autorin ist Topmanagerin in einem großen deutschen Unternehmen mit Milliardenumsatz. Sie schreibt anonym, weil sie negative Konsequenzen für ihre Karriere befürchtet.
Bibliographische Angaben
- Autor: Anonyma
- 2013, 3. Aufl., 160 Seiten, Maße: 12,5 x 20,5 cm, Kartoniert (TB), Deutsch
- Verlag: Beck
- ISBN-10: 3406644988
- ISBN-13: 9783406644986
- Erscheinungsdatum: 28.01.2013
Kommentar zu "Ganz oben"
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