Gezähmte Wilde
Die Zurschaustellung "exotischer" Menschen in Deutschland 1870-1940. Dissertationsschrift
Geschichte der Völkerschauen
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Produktinformationen zu „Gezähmte Wilde “
Geschichte der Völkerschauen
Klappentext zu „Gezähmte Wilde “
Größte Sehenswürdigkeit! Sudanesen im Zoologischen Garten! - Völkerschauen, in denen Menschen aus Afrika, Asien und Amerika ausgestellt wurden, faszinierten bis zum Beginn des Zweiten Weltkriegs ein großes Publikum in ganz Europa. Anke Dreesbach schildert, wie die Spektakel organisiert und finanziert, durchgeführt und in der Öffentlichkeit wahrgenommen wurden. Indem sie zeigt, welches Wissen über fremde Kulturen zirkulierte und welche Praktiken des Umgangs mit fremden Völkern es in europäischen Gesellschaften gab, leistet sie einen wichtigen Beitrag zur Kulturgeschichte des Kolonialismus.
Großformatiges Paperback. Klappenbroschur
Lese-Probe zu „Gezähmte Wilde “
Blättert man in einer größeren Tageszeitung aus dem letzten Drittel des 19. oder dem ersten Drittel des 20. Jahrhunderts, etwa denMünchner Neuesten Nachrichten oder dem Hamburger Fremdenblatt, so stößt man bald auf Anzeigen wie "Marquardt's Beduinen-Karawane", "J. & G. Hagenbeck's Malabaren-Truppe", "Anthropologisch-zoologische Ausstellung darstellend das Leben und Treiben der Kalmücken" oder "Carl Hagenbeck's neueste Singhalesen-Truppe" in "Umlauff's Weltmuseum St. Pauli, Spielbudenplatz". Stöbert man in Plakatsammlungen aus dieser Zeit, findet man grell-bunte Exemplare, die etwa "Aschanti [...] 73 Eingeborene, Männer, Frauen und Kinder" oder "Die Lippen-Negerinnen aus Central-Afrika Lebend" ankündigen. Die Plakate zeigen Abbildungen von dunkelhäutigen Menschen in prächtigen Trachten oder halbnackt, von Palmen, Elefanten, Pferden oder Kamelen, von Schmuck, Zelten, Tempeln und Hütten, Wüsten und Urwald. ...Mehr als 300 solcher Menschengruppen aus aller Welt waren allein in Deutschland zwischen 1870 und 1940 zu sehen und lockten bis zu 60.000 Besucher pro Tag an. Sie wurden auf Jahrmärkten und Volksfesten gezeigt, in Zoologischen Gärten, in Varietés, Singspielhallen, Restaurants, als Nebenattraktionen bei Zirkusaufführungen, in Panoptiken, Vergnügungsparks, auf Kolonial-, Welt- und Gewerbeausstellungen und als exotisches Beiwerk zu Ausstellungen, die sich gänzlich "unexotischen" Themen wie dem Gartenbau oderBüchern widmeten. Die Form, in welcher die außereuropäischen Menschen ausgestellt wurden, variierte, vom so genannten Eingeborenendorf, in welchem der Besucher den Eindruck haben sollte, sich in der Heimat der jeweiligen Menschen zu befinden, bis hin zu szenischen Darbietungen, die Theateraufführungen glichen. Gemeinsam war all diesen Veranstaltungen, dass sie vorgaben, einen Einblick in das Leben außereuropäischer Völker zu geben. Sie bestanden aus einigen wenigen bis zu mehreren Hundert Teilnehmern, die mit ihren Darbietungen wie mit ihrer bloßen Existenz
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und ihrem Aussehen ein großes Publikum faszinierten. Ganz gleich, aus welchem sozialen Umfeld die Zuschauer stammten und welchen Bildungshintergrund sie hatten, alle wollten sich amüsieren und sich bilden, ihre Neugier stillen, sie wollten sich wundern und sich an der Schönheit der ausgestellten Menschen erfreuen. Die Menschenausstellungen waren für den Großteil der Bevölkerung die einzige Möglichkeit, in Kontakt mit außereuropäischen Kulturen zu treten, sie ersetzten Bücher und regten den Verstand und die Phantasie an. Sie verliehen der Eintönigkeit des eigenen Lebens Farbe und boten eine Fluchtmöglichkeit vor Langeweile und geistiger Leere, vor der Beengung der eigenen Horizonte und der Unterdrückung der Vorstellungskraft, die nur allzu oft der Preis für das Leben in den immer größer werdenden Großstädten waren. Zurschaustellungen außereuropäischer Menschen waren das, was sich die Leute gerne ansahen, wenn sie ein paar Pfennige zur Verfügung und ein wenig freie Zeit hatten.Etwas fiel mir während der Beschäftigung mit dem Thema besonders auf: die fast durchweg positive Reaktion der Zuschauer. Einer kleinen Zahl von kritischen, ablehnenden oder auch nur hinterfragenden Stimmen stehen Tausende und Abertausende von begeisterten Zuschauern gegenüber. Schwärmerei und Faszination beherrschen das Bild, die Zuschauer wollten die Menschen aus anderen Kulturen anschauen und anfassen. Postkarten wurden gekauft, auf denen sie abgebildet waren, oft mit Autogrammen der heimlich verehrten oder öffentlich bewunderten Krieger oder mit (Nackt-)Aufnahmen der hinreißenden Schönheiten. Zeitungen und Zeitschriften brachten jeden Tag neue Geschichten und Bilder und berichteten Anekdoten über die prominenten Mitglieder der Truppen, Details jeden Teil ihres Lebens betreffend. Man brachte ihnen Geschenke mit, Obst und Süßigkeiten, Zigarren, Zylinder, Geld und kleine Preziosen. Pubertierende junge Menschen beiderlei Geschlechts mussten von ihren Eltern im Zaum gehalten werden, damit sie nic
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Inhaltsverzeichnis zu „Gezähmte Wilde “
EinleitungKapitel 1Zurschaustellungen »exotischer« Menschen -eine EinführunHofmohren, Südseeinsulaner und GrönländerDie Schaulust der übersättigten GroßstädterDas MenschenausstellungsgeschäftKapitel 2Wie Wilde gemacht werdenWerbungWerbung mit PlakatenInszenierung und WahrnehmungDie Zähmung der WildenKapitel 3BrücheEin starker MumpitzKeine Vision von fremden LändernSorge, Mitleid und der schlechte Einfluss der Zivilisation»Menschenhandel« und »Menschenschutzvereine«Kapitel 4Nicht alles war KommerzAuch Bürokraten müssen Wilde zähmenDeutschland braucht KolonienWissenschaftler brauchen MaterialSchlussbemerkungenDas Verschwinden der Zurschaustellungen »exotischer«MenschenAnhangBegriffe, Forschungsbericht, QuellenQuellen- und Literaturverzeichnis
Autoren-Porträt von Anne Dreesbach
Anne Dreesbach, Dr. phil., ist Historikerin und promovierte am Historischen Seminar der Universität München.
Bibliographische Angaben
- Autor: Anne Dreesbach
- 2005, 371 Seiten, 11 Schwarz-Weiß-Abbildungen, 10 Abbildungen, Maße: 14,8 x 21 cm, Kartoniert (TB), Deutsch
- Verlag: CAMPUS VERLAG
- ISBN-10: 3593377322
- ISBN-13: 9783593377322
Pressezitat
Auch willige Wiederholungswilde traf man hier"Mit großer Gründlichkeit weist die Autorin den weitreichenden Einfluß nach, den die heute fast vergessenen Völkerschauen einst hatten." (Frankfurter Allgemeine Zeitung, 12.09.2005)
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