Gezeichnet / House of Night Bd.1
Die neue Serie "House of Night" wird (nicht nur) jeden Bis(s)-Fan sofort gefangen nehmen! Allein in den USA gibt es bereits über 8 Millionen Fans!
Der Auftakt der neuen Serie: Als auf der Stirn der 16-jährigen Zoey...
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Die neue Serie "House of Night" wird (nicht nur) jeden Bis(s)-Fan sofort gefangen nehmen! Allein in den USA gibt es bereits über 8 Millionen Fans!
Der Auftakt der neuen Serie: Als auf der Stirn der 16-jährigen Zoey der Halbmond erscheint, weiß sie, dass sie gezeichnet ist. Und das bedeutet, dass sie auf dem Weg ist, eine richtige Vampirin zu werden. Wenn sie überleben will, muss sie aber so schnell wie möglich ins Vampir-Internat "House of Night" gelangen. Dort findet Zoey schon ziemlich bald heraus, dass sie keine normale Vampirin ist, sondern eine Auserwählte der Vampirgöttin Nyx - die noch Großes mit Zoey vor hat.
Als auf der Stirn der 16jährigen Zoey Redbird eine saphirblaue Mondsichel aufscheint, weiß sie, dass ihr nicht viel Zeit bleibt, um ins House of Night, das Internat für Vampyre, zu kommen. Denn jetzt ist sie gezeichnet. Im House of Night soll sie zu einem richtigen Vampyr ausgebildet werden - vorausgesetzt, dass sie die Wandlung überlebt. Zoey ist absolut nicht begeistert davon, ein neues Leben anfangen zu müssen, so ganz ohne ihre Freunde - das einzig Gute ist, dass ihr unerträglicher Stiefvater sie dort nicht mehr nerven kann.
Aber Zoey ist kein gewöhnlicher Vampyr - sie ist eine Auserwählte der Vampyrgöttin Nyx. Und sie ist nicht die Einzige im House of Night mit besonderen Fähigkeiten...
House of Night hat bereits über 8 Millionen Fans in den USA und erscheint in über 41 Ländern. Die Verfilmung von House of Night ist bereits in Vorbereitung - und jetzt erscheint der erste Band der neuen Bestseller-Serie endlich auch auf Deutsch.
1
Gerade als ich dachte, noch schlimmer kann dieser Tag nicht werden, sah ich den toten Typen neben meinem Schließfach stehen. Kayla war in ihrem üblichen Labermodus ohne Punkt und Komma und bemerkte ihn nicht mal. Erst mal jedenfalls. Hm, jetzt, wo ich drüber nachdenke, fällt mir auf, dass ihn eigentlich niemand außer mir bemerkte, bevor er anfing zu sprechen. Mal wieder ein Beweis dafür, dass ich tragischerweise immer und überall aus dem Rahmen falle.
»Also echt, Zoey«, sagte Kayla gerade, »ich schwör dir hoch und heilig, Heath hat sich nach dem Spiel nicht total besoffen. Jetzt verurteil ihn doch nicht so.«
»Ja«, murmelte ich abwesend. »Schon okay.« Dann musste ich husten. Schon wieder. Ich fühlte mich beschissen. War wahrscheinlich das, was Mr. Wise, mein leicht verblödeter Bio-Förderkurslehrer, als Teeniepest bezeichnete. Ob die mich von der Geometriearbeit morgen befreien würden, wenn ich starb? War nur zu hoffen.
»Zoey, sag mal, hörst du mir überhaupt zu? He, ich würd sagen, er hatte vielleicht vier, na ja, höchstens sechs Bier und vielleicht drei von den härteren Sachen. Aber das ist doch gar nicht der Punkt. Bestimmt hätte er fast gar nichts getrunken, wenn deine doofen Eltern nicht gewollt hätten, dass du sofort nach dem Spiel heimgehst.« Wir tauschten leidgeprüfte Blicke.
Wieder einmal eine Ungerechtigkeit meiner Mom und meines Stiefpenners, den sie vor drei endlos langen Jahren geheiratet hatte, über die wir uns völlig einig waren. Das Schweigen dauerte ungefähr eine halbe Atempause, dann war K zurück im Labermodus.
»Außerdem musste er doch feiern! Hey, wir haben die Unions geschlagen!« K zog mich an der Schulter zurück und baute sich direkt vor mir auf.
»Ey, dein Freund « »Fast-Freund«, stellte ich richtig und versuchte sie nicht anzuhusten. »Egal. Heath ist unser Quarterback, da muss er doch feiern! Broken Arrow hat die Unions zum ersten Mal seit hunderttausend Jahren wieder geschlagen!«
»Sechzehn.« Ich bin die totale Null in Mathe, aber gegen Kaylas Gespür für Zahlen bin ich das reinste Wunderkind. »Was soll's! Lass den Jungen doch mal glücklich sein.«
»Der Punkt ist, er war ungefähr zum fünften Mal diese Woche total dicht. Sorry, aber ich hab echt keinen Bock auf 'nen Kerl, dessen größte Ambition im Leben sich von In-die-Collegemannschaft-Kommen zu Ein-Sixpack-exen-ohne-zu-Kotzen gewandelt hat. Außerdem wird er fett, wenn er weiter so säuft.« Ich musste husten und brach ab.
Als der Anfall vorbei war, atmete ich ein paarmal tief durch, weil mir schwindelig war. Nicht, dass Laber-K es mitgekriegt hätte.
»Ääh! Ein fetter Heath! Das will ich mir gar nicht vorstellen.« Ich unterdrückte erfolgreich den nächsten Hustenanfall. »Und beim Küssen schmeckt er wie Käsfüße in Bier.« K verzog das Gesicht. »Okay, das ist echt eklig. Schade wo er so megascharf aussieht.« Ich verdrehte die Augen.
Ich versuchte erst gar nicht zu verbergen, dass mich ihre ständige Oberflächlichkeit nervte.
»Oh Mann, wenn du krank bist, bist du immer supermies drauf. Aber Zoey, wenn du wüsstest, was für traurige Hundeaugen er gemacht hat, als du ihn beim Mittagessen so total ignoriert hast. Er hat nicht mal ...« Da sah ich ihn. Den toten Typen. Okay, im Grunde genommen war er nicht wirklich tot, so viel wusste ich. Er war untot. Oder un-menschlich, oder was auch immer. Die Wissenschaftler sagen so, die Leute so. Im Endergebnis ist es jedenfalls dasselbe. Es gab keinen Zweifel daran, was er war. Selbst wenn ich nicht gespürt hätte, welche Macht und Dunkelheit von ihm ausging, hätte ich sein Mal nicht übersehen können: die saphirblaue Mondsichel auf seiner Stirn und dazu die verschlungenen Tätowierungen rund um seine ebenso blauen Augen.
Er war ein Vampyr und nicht nur das. Er war ein Späher. Und, Shit! Er stand neben meinem Schließfach. »Zoey, du hörst mir überhaupt nicht zu!« Da begann der Vampyr zu sprechen.
Es hörte sich an wie eine rituelle Formel. Die Worte glitten durch den Raum auf mich zu, gefährlich und verführerisch, wie Blut, gemischt mit geschmolzener Schokolade.
»Zoey Montgomery! Sie wurde von der Nacht erwählt; ihr Tod wird ihre Geburt sein. Die Nacht ruft sie; höre und gehorche sie Ihrer lieblichen Stimme. Das Schicksal erwartet dich im House of Night!«
Er streckte den langen, weißen Zeigefinger aus und deutete auf mich. Meine Stirn zerbarst vor Schmerz. Und Kayla öffnete den Mund und schrie. Allmählich lösten sich die gleißenden Flecken vor meinen Augen auf. Über mir sah ich Kaylas Gesicht, aus dem jede Farbe gewichen war. Wie immer sprach ich den ersten dämlichen Gedanken aus, der mir in den Sinn kam.
»K, du glotzt wie ein Karpfen.«
»Er hat dich Gezeichnet! Zoey, du hast den Umriss von dem Ding auf der Stirn!« Sie presste sich die zitternde Hand vor den Mund, aber ein Schluchzen kam trotzdem durch. Ich setzte mich auf und hustete. Ich hatte mörderische Kopfschmerzen. Probehalber rieb ich mir die Stelle zwischen den Augenbrauen. Es stach wie ein Wespenstich, und der Schmerz schoss mir in Augen, Schläfen und Oberkiefer. Mir war kotzübel.
»Zoey!« K weinte jetzt richtig und schluchzte nach jedem Wort auf. »Ogottogott. Das war ein Späher ein Vampyr-Späher!«
»K.« Ich versuchte den Schmerz aus meinem Kopf zu kriegen, indem ich die Augen mehrmals kurz zusammenkniff. »Hör auf. Ich hasse es, wenn du heulst, das weißt du.« Ich streckte den Arm aus, um ihr beruhigend die Hand auf die Schulter zu legen. Sie schrak unwillkürlich zurück. Ich konnte es nicht fassen. Sie war tatsächlich zurückgeschreckt, so als hätte sie Angst vor mir! Anscheinend hatte sie an meinem Blick gemerkt, wie verletzt ich deshalb war, denn sofort fing sie wieder mit ihrem K-Gelaber an.
»O Gott, Zoey! Was machst du denn jetzt? Du kannst da doch nicht hingehen! Du kannst nicht eins von diesen Dingern werden. Das ist nicht wahr, das kann nicht wahr sein! Mit wem soll ich denn dann zu unseren Footballspielen gehen?«
Ich bemerkte, dass sie während der gesamten Tirade auf Abstand blieb. Mit aller Gewalt schluckte ich das schreckliche Gefühl der Zurückweisung runter, von dem mir fast die Tränen kamen. Aber nur fast. Ich war ziemlich gut darin, mir das Weinen zu verkneifen. Kein Wunder ich hatte ja drei Jahre Zeit gehabt zu üben.
»Ist doch schon gut. Ich kläre das. Das ist bestimmt ein ... ein bescheuerter Fehler«, log ich. Eigentlich redete ich gar nicht, sondern ließ einfach nur Worte aus meinem Mund fließen. Noch immer mit vor Schmerz verkrampftem Gesicht stand ich auf. Etwas erleichtert sah ich, dass sich außer K und mir niemand im Gang vor den Matheräumen aufhielt.
Dann erstickte ich fast an einem hysterischen Lachanfall: Hätte ich mich nicht so verrückt gemacht wegen der Hammer-Geometrie-Arbeit morgen, und wäre ich nicht noch schnell zum Fach gerannt, um das Buch mit nach Hause zu nehmen und den Rest des Tages wie wild (und wahrscheinlich völlig sinnlos) zu lernen, dann hätte der Späher mich draußen erwischt, wo ich zusammen mit der Mehrheit der ungefähr 1300 Schüler der Broken Arrow Intermediate High School auf den Bus gewartet hätte. Ich habe ein Auto, aber es ist eine Art alter Tradition, solidarisch mit denen rumzustehen, die >die dicken gelben Limousinen< nehmen müssen, wie meine hirnlose Schwester, dieser Barbie-Klon, so schön sagt. Außerdem kriegt man so am besten mit, wer was von wem will.
Tatsächlich war da doch noch ein Junge im Gang: so ein langer dünner Streber mit absolut krummen Zähnen, die ich leider bis ins Detail bewundern durfte, weil er mich mit offenem Maul anglotzte, so als ob ich gerade einen Wurf fliegende Schweine zur Welt gebracht hätte. Ich musste wieder husten. Diesmal klang es richtig eklig verschleimt.
Der Streber gab so was wie ein Fiepsen von sich und hastete, ein quadratisches Brett gegen die dürre Brust gedrückt, zu Mrs. Days Zimmer. Anscheinend traf sich der Schachclub jetzt montags. Spielten Vampyre Schach? Gab es Vampyr-Streber? Oder Vampyr-Cheerleader, die aussahen wie Barbiepuppen? Gab es Vampyre, die in der Schulband spielten? Oder Vampyr-Emos mit dieser bescheuerten Typträgt-Mädchenhosen-Störung und halb übers Gesicht hängendem schwarzen Pony? Oder waren sie alle abgefahrene Gothics, die sich nicht gerne wuschen? Musste ich jetzt auch so eine Gothic-Tusse werden? Oder noch schlimmer, ein Emo?
Ich mochte Schwarz nicht besonders, vor allem nicht ausschließlich, und ich hatte weder das Gefühl, plötzlich eine Abneigung gegen Seife und Wasser zu entwickeln, noch den Wunsch, mir eine neue Frisur zuzulegen und um meine Augen massenhaft schwarzen Kajal zu schmieren. All das wirbelte mir durch den Kopf, während ich mit dem nächsten hysterischen Lachanfall kämpfte. Ich war fast dankbar, dass er zu einem Husten wurde.
»Zoey? Alles okay?« Kaylas Stimme hörte sich kieksig an, als zwickte sie jemand. Sie war noch einen Schritt weiter zurückgewichen. Ich seufzte und spürte die ersten Anzeichen von Wut in mir aufsteigen. Mann, ich hatte diese Scheiße doch nicht gewollt! K und ich waren seit der dritten Klasse die besten Freundinnen, und jetzt sah sie mich an, als sei ich plötzlich zu einem Monster geworden.
»Was soll das, K? Ich bin noch genau die Gleiche wie vor zwei Sekunden oder zwei Stunden oder zwei Tagen.« Frustriert deutete ich auf meinen schmerzenden Kopf.
»Das da ändert doch nichts daran, wer ich bin!« Kaylas Augen füllten sich wieder mit Tränen, aber glücklicherweise begann in ihrem Handy Madonnas »Material Girl« zu quäken.
Automatisch warf sie einen Blick aufs Display. Sie bekam diesen Blick wie ein Kaninchen im Scheinwerferlicht, und ich wusste, dass es ihr Freund Jared war.
»Geh schon.« Meine Stimme war flach und müde. »Fahr mit ihm nach Hause.« Ihr erleichterter Blick traf mich wie eine Ohrfeige.
»Rufst du mich später an?«, rief sie mir über die Schulter zu, während sie eilig durch die Tür nach draußen flüchtete. Ich beobachtete, wie sie über den Rasen zum Parkplatz rannte, das Handy am Ohr. Ihre Lippen bewegten sich hektisch. Bestimmt erzählte sie ihm schon, dass ich mich in ein Monster verwandelte.
Das Problem war, dass zu einem Monster zu werden tatsächlich die nettere der beiden Möglichkeiten war, die ich hatte. Möglichkeit 1: Ich werde zum Vampyr, was für die allermeisten Leute mit Monster auf einer Stufe steht. Möglichkeit 2: Mein Körper verweigert sich der Wandlung, und ich sterbe. Aus, vorbei, basta.
Die gute Nachricht war: Um die Arbeit morgen brauchte ich mir keinen Kopf mehr zu machen. Die schlechte Nachricht war, dass ich ins House of Night ziehen musste; ein privates Internat in der Stadtmitte von Tulsa, allseits bekannt als VampyrPensionat, wo sich über die nächsten vier Jahre sowohl mein Körper als auch mein Leben unsäglich und unwiderruflich verändern würden. Falls das Ganze mich nicht umbrachte. Toll. Ich wollte nichts von beidem. Ich wollte einfach nur versuchen, so normal zu sein, wie es ging, wenn man megakonservative Eltern, einen Troll von einem jüngeren Bruder und eine ach so perfekte ältere Schwester hatte. Ich wollte die Geo-Arbeit mitschreiben.
Ich wollte weiter gute Noten haben, um an der Oklahoma State University Tiermedizin studieren zu können und endlich aus Broken Arrow rauszukommen. Aber vor allem wollte ich dazugehören wenigstens in der Schule. Zu Hause war da längst alle Mühe vergeblich, also blieben mir nur noch meine Freunde und das Leben außerhalb der Familie. Jetzt wurde mir auch noch das genommen.
Ich rieb mir die Stirn und zerwühlte mir dann die Haare so, dass sie mir halb über die Augen und hoffentlich auch über das Mal fielen, das darüber entstanden war.
Mit gesenktem Kopf, als sei ich total fasziniert von meiner Handtasche, lief ich zu der Tür, die auf den Schülerparkplatz führte. Aber ich hielt abrupt inne, bevor ich hinaustrat. Durch die großen Fenster der typischen Schuleingangstüren sah ich Heath auf dem Parkplatz stehen. Umschwirrt von einer Schar Mädels, die alle aufreizend mit dem Arsch wackelten und die Haare zurückwarfen, während sämtliche Typen in der Nähe ihre lächerlich dicken Pick-ups aufröhren ließen und (größtenteils vergeblich) versuchten cool zu wirken.
Passt es nicht hervorragend, dass ich auf genau so was abfahren musste? Na ja, um fair zu bleiben, Heath konnte auch supersüß sein, auch wenn das in letzter Zeit seltener vorkam. Hauptsächlich dann, wenn er ausnahmsweise mal nüchtern war. Schrilles Mädchengekicher drang zu mir herein. Na super. Kathy Richter, die Schulnutte vom Dienst, versuchte Heath zum Spaß eine zu kleben. Selbst aus der Ferne war klar, dass sie glaubte, das sei eine Art Paarungsritual. Und wie immer stand er nur blöd da und grinste. Mistkacke, verdammte, der Tag hatte seinen Tiefpunkt wohl immer noch nicht erreicht! Und genau mittendrin stand mein eisvogelblauer 1966er VW Käfer.
Nein, da konnte ich nicht raus. Nicht mit diesem Ding auf der Stirn. Ich würde nie wieder zu denen da gehören. Ich wusste viel zu gut, was sie machen würden, wenn sie mich sahen, von damals, als das letzte Mal ein Späher jemanden von der SIHS auserwählt hatte. Das war letztes Jahr zu Beginn des Schuljahrs passiert. Der Späher war vor der ersten Stunde gekommen und hatte den Jungen auf dem Weg zu seinem Klassenraum abgefangen. Ich hatte von dem Späher nichts mitgekriegt, aber den Jungen gleich danach gesehen, als er schon seine Bücher fallen gelassen hatte und davongerannt war, das glühende Mal auf der Stirn, das viel zu bleiche Gesicht tränenüberströmt.
Ich vergesse bestimmt nie, wie alle in den überfüllten Gängen vor ihm zurückgewichen waren, als ob er die Pest hätte, während er an ihnen vorbei zum Haupteingang geflohen war. Ich war genau wie alle anderen zur Seite ausgewichen und hatte ihn angestarrt, obwohl er mir eigentlich richtig leidtat. Ich hatte nur Angst, dass ich dann auf ewig die da sein würde, die Komische, die sich mit der Freakshow abgibt. Im Nachhinein ziemlich paradox, oder?
Statt zu meinem Auto flüchtete ich ins nächste Klo, wo Gott sei Dank niemand sonst war. Es gab drei Kabinen oh ja, ich schaute bei jeder unten nach, ob Füße darin zu sehen waren. An einer Wand waren zwei Waschbecken mit kleinen Spiegeln darüber. An der gegenüberliegenden Wand hing ein großer Spiegel mit einem Bord für Bürsten, Make-up und solchen Kram.
Ich legte meine Handtasche und mein Geometriebuch darauf ab. Dann holte ich tief Atem, hob in einer einzigen Bewegung den Kopf und strich mir das Haar zurück. Es war, als würde ich einer vertrauten Fremden ins Gesicht starren. Ich meine, so eine, die man in einer Menge sieht und bei der man das Gefühl hat, dass man sie kennt, aber in Wahrheit tut man das gar nicht. Jetzt war das ich. Die vertraute Fremde. Sie hatte meine Augen. Zumindest die Farbe stimmte, dieses unbestimmte Braun, das sich nicht ganz entscheiden konnte, ob es nicht doch lieber grün wäre. Aber meine Augen waren noch nie so groß und rund gewesen.
Oder doch? Mein Haar hatte sie auch lang, glatt und fast so dunkel wie das meiner Großmutter, bevor es silbern geworden war. Die Fremde hatte auch meine hohen Wangenknochen, meine gerade, kräftige Nase und meinen breiten Mund das Erbe meiner Großmutter und ihrer Cherokee-Vorfahren. Aber sie war viel bleicher, als ich je gewesen war. Ich hatte immer einen leicht olivfarbenen Teint gehabt, viel dunkler als alle anderen in meiner Familie. Aber vielleicht war es ja gar nicht meine Haut, die plötzlich so hell war ... vielleicht wirkte sie einfach nur hell im Kontrast zu dem dunkelblauen Umriss der Mondsichel genau in der Mitte meiner Stirn.
Oder vielleicht lag es auch an dem schrecklichen Neonlicht. Ich hoffte, es war das Licht. Ich starrte das fremdartige Tattoo an. Zusammen mit meinen indianischen Zügen verlieh es mir irgendwie die Aura von Wildheit ... als käme ich aus uralten Zeiten, als die Welt noch größer war ... und barbarischer.
Von heute an würde mein Leben nie mehr dasselbe sein. Und einen Augenblick lang nur einen winzigen Augenblick lang vergaß ich, wie grausam es war, nicht mehr dazuzugehören, und fühlte fast erschrocken eine Woge freudiger Erregung, während tief in mir das Blut des Volks meiner Großmutter frohlockte.
© S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main 2009
Was macht ihr gerne, wenn ihr nicht schreibt?
PC: Kristin und ich reisen gerne. Seit sie klein ist machen wir lange Autotouren. Außerdem sehen wir uns gerne Trash im Fernsehen an und gehen ins Kino. Ich mache gern Wanderungen mit meinen Hunden. Dass wir beide auch ins Fitnessstudio gehen, ist eigentlich kein Hobby – eher eine Notwendigkeit. Denn Essen in tollen Restaurants ist auch ein Hobby von uns.
Wie ist es mit der Tochter/Mutter zu schreiben? Wie schreibt man mit jemand anderem?
PC: Ich liebe es mit Kristin zu schreiben! Autoren haben normalerweise einen sehr einsamen Job; da ist es schön, jemanden dabei zu haben. Und es ist sehr beruhigend, dass Kristin alles, was ich schreibe, noch mal durchgeht. Ich schreibe nämlich immer erst einen kompletten Entwurf, bevor Kristin das Manuskript zur Bearbeitung bekommt. Da muss ich mir keine Sorgen machen, ob ich zu alt oder jung klinge – Kristin richtet das. Ich schreibe nur die Geschichte.
KC: Mit meiner Mutter zu schreiben ist großartig, weil ich ihr zum ersten mal in meinem Leben sagen kann, wenn sie nicht Recht hat.
Habt ihr ein paar Tipps für junge aufstrebende Autoren?
KC: Worüber du schreiben solltest? Schreib ein Buch, dass du selbst am liebsten lesen würdest.
Gibt es Momente in denen ihr beide völlig anderer Meinung seid und nicht entscheiden könnt, in welche Richtung ihr gehen wollt?
PC: Zuerst war es schwierig. Ich bin es zwar gewohnt mit einem Lektorat zu arbeiten, aber als Team zu schreiben ist anders. Ich hatte bereits ein wenig Erfahrung damit, denn ich habe mit der Bestsellerautorin Gena Showalter an ein paar Anthologien gearbeitet und wir haben gemeinsam Ideen gewälzt. Kristin und ich sind uns manchmal uneinig, aber nicht über das Große und Ganze. Weil ich die erfahrenere Schriftstellerin (und die Mutter!) bin, gewinne ich meistens. Und für Kristin ist es dann immer das Größte, wenn unsere Lektorin denselben Vorschlag macht, den ich gerade noch abgelehnt hatte.
Mit welcher Figur könnt ihr euch am meisten identifizieren?
PC: Aphrodite!
KC: Zoey!
- Autoren: P. C. Cast , Kristin Cast
- Altersempfehlung: Ab 14 Jahre
- 2009, 4. Aufl., 464 Seiten, Maße: 13,8 x 20,9 cm, Gebunden, Deutsch
- Übersetzer: Christine Blum
- Verlag: Fischer FJB
- ISBN-10:
- ISBN-13: 4026411361710
- Erscheinungsdatum: 21.12.2009