HANNI - EINE SCHWEIZER BERGBÄUERIN
Hanni, eine Magd aus dem Kanton Uri, heiratet den Witwer ihrer Schwester Maria. Der Bergbauer braucht eine Mutter für sein Kind und eine Bäuerin für seinen Hof. Aus dieser anfänglichen Zweckgemeinschaft entwickelt sich allmählich...
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Produktinformationen zu „HANNI - EINE SCHWEIZER BERGBÄUERIN “
Hanni, eine Magd aus dem Kanton Uri, heiratet den Witwer ihrer Schwester Maria. Der Bergbauer braucht eine Mutter für sein Kind und eine Bäuerin für seinen Hof. Aus dieser anfänglichen Zweckgemeinschaft entwickelt sich allmählich Liebe, und im Lauf der Jahre kommen zwölf Kinder zur Welt, darunter vier Zwillingspaare. Das Leben der Familie ist von großer Armut, harter Arbeit und vielen Schicksalsschlägen geprägt. Doch unerschütterliches Gottvertrauen und die tiefe Zuneigung der Eheleute lassen sie alle Schwierigkeiten meistern.
Roswitha Gruber widmet sich der Schilderung starker Frauen mit außergewöhnlichen Lebensgeschichten. Durch ausführliche Recherchen und intensive Gespräche nähert sie sich dem Schicksal ihrer Protagonistinnen an.
Lese-Probe zu „HANNI - EINE SCHWEIZER BERGBÄUERIN “
Mit einem Foto fing es anBevor es losgeht mit der Geschichte der tapferen, fleißigen
und bescheidenen Bergbäuerin Johanna Eberle-
Gisler, deren Lebensbericht ich nach Tonbandprotokollen
niedergeschrieben habe, seien mir einige
Vorbemerkungen gestattet.
Wenige Wochen, nachdem mein Buch »Großmütter
erzählen« im Katalog des Weltbild-Verlags vorgestellt
worden war, erhielt ich einen Anruf: »Hier ist
Walter Eberle aus der Schweiz. Wie sind Sie an das
Foto gekommen?«
»Was für ein Foto?«, fragte ich irritiert.
»Das Foto auf dem Titel Ihres Buches ›Großmütter
erzählen‹.«
»Wieso interessiert Sie das?«, wollte ich wissen.
»Der Knabe auf dem Titelbild, das bin ich, und
das Mädchen ist meine Zwillingsschwester Hanni.«
»Das ist ja interessant«, sagte ich, »aber ich habe
keine Ahnung, woher das Foto stammt. Der Verlag
hat es ausgesucht. Ich werde dort einmal nachfragen
und Ihnen Bescheid geben.«
Er hinterließ mir seine Telefonnummer.
Wenig später konnte ich ihm mitteilen, dass eine
Agentur das Foto geliefert hatte, und Walter Eberle
begann mit seinen Nachforschungen. Bald schon
fand er heraus, dass dieser Schnappschuss aus einer
Serie stammte, die ein Berufsfotograf im Jahr 1942 in und vor dem Haus der Familie aufgenommen und
später an eine Agentur verkauft hatte.
Aus lauter Freude, dass er durch mich auf Umwegen
in den Besitz der alten Fotos gekommen war, die
seine Familie in jenen frühen Jahren zeigten - eigene
Bilder wurden damals kaum gemacht -, lud er mich
samt meinem Mann zur Feier seines siebzigsten
Geburtstags ein. Bei dieser Gelegenheit lernte ich
nicht nur die meisten seiner zahlreichen Geschwister
und viele andere Verwandte kennen, sondern erfuhr
auch fast die ganze Familiengeschichte. Diese hatte
die alte Bäuerin in
... mehr
ihren letzten Lebensjahren ihren
Kindern und Enkeln so lebendig geschildert, dass
diese sie mir anschaulich und ziemlich wortgetreu
wiedergeben konnten und ich den Eindruck gewann,
die zwölffache, inzwischen verstorbene Mutter
spräche persönlich zu mir. Es ist eine bewegende
Geschichte - eine, die uns einen tiefen Einblick
gewährt in das Leben einer Schweizer Bergbauernfamilie
im vorigen Jahrhundert.
Ehe ich diese Frau zu Wort kommen lasse, möchte
ich quasi von außen und zum besseren Verständnis
ein wenig über die damaligen Lebensumstände sagen.
Vielfach herrscht die Meinung vor, die Schweiz sei ein
reiches Land, und ihren Bürgern gehe es durchweg
gut. Das aber ist nur die eine Seite der Medaille, denn
die Schweiz ist keineswegs nur das Land der Schönen
und Reichen, des internationalen Jetset, der vor allem
in Nobelorten wie St. Moritz zeigt, was er hat, und
das Geld mit vollen Händen ausgibt. Und von den
Milliarden, die auf Schweizer Geheimkonten deponiert
sind, profitiert auch nur eine kleine Gruppe, vor allem die Investmentbanker. Das Gros der Bevölkerung
muss wie überall mit einem durchschnittlichen
oder auch kleinen Verdienst auskommen.
Und dass bis ins vorige Jahrhundert hinein ein
Großteil der ländlichen Bevölkerung in bitterster
Armut lebte, das ist eine traurige Tatsache. Woher
hätte der Reichtum auf dem Land auch kommen sollen,
bevor das Geschäft mit dem Tourismus für einen
bescheidenen Wohlstand sorgte? Die steilen, kargen
Böden, die zum Teil lediglich drei bis fünf Monate
im Jahr schneefrei sind, lieferten nur einen geringen
Ertrag, von dem die meist kinderreichen Familien
kaum existieren konnten. Deshalb war es in früheren
Zeiten durchaus üblich gewesen, dass viele Eltern,
der Not gehorchend, das eine oder andere Kind zeitweilig
als Arbeitskraft nach Deutschland schickten
- nicht anders als Schicksalsgenossen aus den österreichischen
Bergregionen. Hütekinder oder Schwabenkinder
nannte man die jugendlichen Saisonarbeiter
- Schwaben deshalb, weil diese Region bevorzugt
solch billige Arbeitskräfte anheuerte.
Sicher ist es den Eltern nicht leichtgefallen, sich
von ihren Kindern zu trennen, zumal wenn sie noch
sehr klein waren, und auch das war keinesfalls ungewöhnlich.
Man geht davon aus, dass Jahr für Jahr
schätzungsweise fünf- bis sechstausend Kinder im
Alter von sechs bis vierzehn Jahren im März die
äußerst
beschwerliche Reise antraten, die sie zum
Teil in tagelangen Fußmärschen über noch schneebedeckte
Alpenpässe führte. Sie hatten weder ordentliches
Schuhwerk oder ausreichende Kleidung
noch genug zu essen. So konnte es vorkommen,
dass manches
Kind unterwegs an Entkräftung oder Unterkühlung
starb.
Auf diesem Hintergrund lässt sich unschwer
ausmalen, welch dramatische Abschiedsszenen sich
abgespielt haben müssen, denn die Eltern wussten
sehr wohl um die Gefahren. Und die Kinder? Vermutlich
ist kaum eines gern gegangen. Sie fürchteten
nicht nur den mörderischen Weg, der vor ihnen
lag, sondern auch das, was sie am Ende erwartete.
Vor allem jene, die schon öfter die Berge überquert
hatten, machten sich keinerlei Illusionen. Wie Vieh
wurden sie am Zielort auf dem Marktplatz zusammengetrieben,
begutachtet und von vielen Händen
abgetastet, bis ein Bauer seine Entscheidung traf,
welches Kind er für welche Aufgabe gebrauchen
konnte - für den Stall oder die Küche, für die Feldarbeit
oder fürs Viehhüten auf der Weide. Danach ging
die Schinderei erst richtig los, denn Überforderung
war ebenso die Regel wie unzureichendes Essen, und
oft kamen noch Schläge, Misshandlung und Vergewaltigung
hinzu.
Dieses »Schwabengehen« erlebte seinen traurigen
Höhepunkt während des neunzehnten Jahrhunderts
und endete erst 1921 - und auch nur deshalb,
weil in Württemberg unter der neuen demokratischen
Regierung ein verändertes Schulgesetz eingeführt
wurde. Waren vorher ausländische Kinder
generell nicht schulpflichtig - in ihren Heimatorten
wurden sie während der Sommermonate ohnehin
freigestellt -, so schrieb das Gesetz künftig für alle
Kinder den Schulbesuch ausnahmslos vor. Damit
waren die schwäbischen Bauern nicht mehr an ihren Hütekindern von jenseits der Berge interessiert. Ein
Kind, das den halben Tag in der Schule verbrachte,
war für sie keine vollwertige Arbeitskraft.
Auch wenn die Geschichte, die ich hier niedergeschrieben
habe, erst um das Jahr 1920 einsetzt,
so waren die Menschen doch noch von den Erinnerungen
an die schlimmen Zeiten geprägt. Und arm
waren die kinderreichen Schweizer Bauernfamilien
nach wie vor - oft sogar unvorstellbar arm.
Roswitha Gruber
Kindern und Enkeln so lebendig geschildert, dass
diese sie mir anschaulich und ziemlich wortgetreu
wiedergeben konnten und ich den Eindruck gewann,
die zwölffache, inzwischen verstorbene Mutter
spräche persönlich zu mir. Es ist eine bewegende
Geschichte - eine, die uns einen tiefen Einblick
gewährt in das Leben einer Schweizer Bergbauernfamilie
im vorigen Jahrhundert.
Ehe ich diese Frau zu Wort kommen lasse, möchte
ich quasi von außen und zum besseren Verständnis
ein wenig über die damaligen Lebensumstände sagen.
Vielfach herrscht die Meinung vor, die Schweiz sei ein
reiches Land, und ihren Bürgern gehe es durchweg
gut. Das aber ist nur die eine Seite der Medaille, denn
die Schweiz ist keineswegs nur das Land der Schönen
und Reichen, des internationalen Jetset, der vor allem
in Nobelorten wie St. Moritz zeigt, was er hat, und
das Geld mit vollen Händen ausgibt. Und von den
Milliarden, die auf Schweizer Geheimkonten deponiert
sind, profitiert auch nur eine kleine Gruppe, vor allem die Investmentbanker. Das Gros der Bevölkerung
muss wie überall mit einem durchschnittlichen
oder auch kleinen Verdienst auskommen.
Und dass bis ins vorige Jahrhundert hinein ein
Großteil der ländlichen Bevölkerung in bitterster
Armut lebte, das ist eine traurige Tatsache. Woher
hätte der Reichtum auf dem Land auch kommen sollen,
bevor das Geschäft mit dem Tourismus für einen
bescheidenen Wohlstand sorgte? Die steilen, kargen
Böden, die zum Teil lediglich drei bis fünf Monate
im Jahr schneefrei sind, lieferten nur einen geringen
Ertrag, von dem die meist kinderreichen Familien
kaum existieren konnten. Deshalb war es in früheren
Zeiten durchaus üblich gewesen, dass viele Eltern,
der Not gehorchend, das eine oder andere Kind zeitweilig
als Arbeitskraft nach Deutschland schickten
- nicht anders als Schicksalsgenossen aus den österreichischen
Bergregionen. Hütekinder oder Schwabenkinder
nannte man die jugendlichen Saisonarbeiter
- Schwaben deshalb, weil diese Region bevorzugt
solch billige Arbeitskräfte anheuerte.
Sicher ist es den Eltern nicht leichtgefallen, sich
von ihren Kindern zu trennen, zumal wenn sie noch
sehr klein waren, und auch das war keinesfalls ungewöhnlich.
Man geht davon aus, dass Jahr für Jahr
schätzungsweise fünf- bis sechstausend Kinder im
Alter von sechs bis vierzehn Jahren im März die
äußerst
beschwerliche Reise antraten, die sie zum
Teil in tagelangen Fußmärschen über noch schneebedeckte
Alpenpässe führte. Sie hatten weder ordentliches
Schuhwerk oder ausreichende Kleidung
noch genug zu essen. So konnte es vorkommen,
dass manches
Kind unterwegs an Entkräftung oder Unterkühlung
starb.
Auf diesem Hintergrund lässt sich unschwer
ausmalen, welch dramatische Abschiedsszenen sich
abgespielt haben müssen, denn die Eltern wussten
sehr wohl um die Gefahren. Und die Kinder? Vermutlich
ist kaum eines gern gegangen. Sie fürchteten
nicht nur den mörderischen Weg, der vor ihnen
lag, sondern auch das, was sie am Ende erwartete.
Vor allem jene, die schon öfter die Berge überquert
hatten, machten sich keinerlei Illusionen. Wie Vieh
wurden sie am Zielort auf dem Marktplatz zusammengetrieben,
begutachtet und von vielen Händen
abgetastet, bis ein Bauer seine Entscheidung traf,
welches Kind er für welche Aufgabe gebrauchen
konnte - für den Stall oder die Küche, für die Feldarbeit
oder fürs Viehhüten auf der Weide. Danach ging
die Schinderei erst richtig los, denn Überforderung
war ebenso die Regel wie unzureichendes Essen, und
oft kamen noch Schläge, Misshandlung und Vergewaltigung
hinzu.
Dieses »Schwabengehen« erlebte seinen traurigen
Höhepunkt während des neunzehnten Jahrhunderts
und endete erst 1921 - und auch nur deshalb,
weil in Württemberg unter der neuen demokratischen
Regierung ein verändertes Schulgesetz eingeführt
wurde. Waren vorher ausländische Kinder
generell nicht schulpflichtig - in ihren Heimatorten
wurden sie während der Sommermonate ohnehin
freigestellt -, so schrieb das Gesetz künftig für alle
Kinder den Schulbesuch ausnahmslos vor. Damit
waren die schwäbischen Bauern nicht mehr an ihren Hütekindern von jenseits der Berge interessiert. Ein
Kind, das den halben Tag in der Schule verbrachte,
war für sie keine vollwertige Arbeitskraft.
Auch wenn die Geschichte, die ich hier niedergeschrieben
habe, erst um das Jahr 1920 einsetzt,
so waren die Menschen doch noch von den Erinnerungen
an die schlimmen Zeiten geprägt. Und arm
waren die kinderreichen Schweizer Bauernfamilien
nach wie vor - oft sogar unvorstellbar arm.
Roswitha Gruber
... weniger
Autoren-Porträt von Roswitha Gruber
Die in Trier geborene Roswitha Gruber hat in den letzten Jahren mehr als 15 Bücher veröffentlicht, die ausnahmslos Bestseller geworden sind. Durch ihr großes Einfühlungsvermögen gewinnt sie schnell das Vertrauen ihrer Mitmenschen und schafft es, dass diese ihr vorbehaltlos ihre Schicksale schildern. Diese bringt sie dann in ihrer unnachahmlichen Art zu Papier. Roswitha Gruber widmet sich vor allem den Lebensgeschichten starker Frauen vom Land.
Bibliographische Angaben
- Autor: Roswitha Gruber
- 254 Seiten, Gebunden
- ISBN-10: 3038125776
- ISBN-13: 9783038125778
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