Herzfleischentartung
Roman. Ausgezeichnet mit dem Buch.Preis 2001
1940 errichtet die SA im idyllischen Innviertler Dorf St. Pantaleon ein ''Arbeitserziehungslager'', 1941 ein ''Zigeuneranhaltelager''. Hunderte werden dort gequält, etliche umgebracht. Der Gemeindedoktor muss als Lagerarzt irgendwelche Todesursachen...
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Produktdetails
Produktinformationen zu „Herzfleischentartung “
1940 errichtet die SA im idyllischen Innviertler Dorf St. Pantaleon ein ''Arbeitserziehungslager'', 1941 ein ''Zigeuneranhaltelager''. Hunderte werden dort gequält, etliche umgebracht. Der Gemeindedoktor muss als Lagerarzt irgendwelche Todesursachen attestieren bis er eines Tages Anzeige gegen die NS-Schergen erstattet.
Beklemmender Roman über das Grauen.
Klappentext zu „Herzfleischentartung “
Wider besseres Wissen konstatiert ein Arzt im Innviertler NS-Lager Weyer lange Zeit harmlose Todesursachen - bis er Ende 1940 mitten im Dritten Reich die Staatsanwaltschaft einschaltet. Ludwig Lahers Roman ist ein beklemmendes Werk, das sich über weite Strecken der Sprache und Logik der Mörder bedient.
Lese-Probe zu „Herzfleischentartung “
Herzfleischentartung von Ludwig LaherLESEPROBE
Maria Justina Müller kommt in Kärnten zur Welt, als das aktuelle Schlachtfeld Königgrätz heißt. Wir schreiben 1866, und das alte Österreich kassiert gerade eine vernichtende Niederlage gegen die Preußen. Tausende Tote liegen auf beiden Seiten herum. Frau Müller, allgemein als Justi bekannt, ist im Laufe der Jahre ganz schön weit herumgekommen. Auf den ausgedehnten Zügen ihrer Familie lernt sie bald, daß man mit den unsteten Zigeunern nirgendwo viel Freude hat, auch wenn die Roma seit Jahrhunderten mit Tschechen und Ungarn, Slowenen und Ruthenen, Polen und Rumänen, Juden und wie sie sonst noch heißen mögen, den sogenannten Vielvölkerstaat ausmachen. Marias Mutter trug den hübschen Namen Rosalia, und auch deren Mutter war schon Untertanin von - das muß Langzeitkaiser Franz gewesen sein, der vor bald hundertfünzig Jahren die Folter wieder eingeführt hat. Justi hat ein langes Leben gehabt, und vielleicht wäre sie auch außerhalb des Lagers bald einmal gestorben.
Jedenfalls gibt es ihretwegen wieder ordentlich Arbeit für die Amateurmediziner in Gemeindestube und Lagerleitung. Kriminalpolizist Heinrich Neubauer bezeugt durch seine Unterschrift, die Zigeunerin Maria Justina Müller, fünfundsiebzig Jahre alt, müsse ohne jeden Zweifel einer Herzfleischentartung erlegen sein. Der Bürgermeister ist hochzufrieden mit diesem sich irgendwie auf der Höhe der Zeit bewegenden Eintrag im Sterbebuch. Herzfleischentartung klingt auch in seinen Ohren ausgesprochen gut.
© Haymon Verlag
Autoren-Porträt von Ludwig Laher
Ludwig Laher, geboren 1955 in Linz, studierte Germanistik, Anglistik und Klassische Philologie in Salzburg, Dr. phil.; lebt in St. Pantaleon Oberösterreich). Er schreibt Prosa, Lyrik, Essays, Hörspiele, Drehbücher und Übersetzungen; dazu kommen wissenschaftliche Arbeiten. Mehrere Bücher, bei Haymon: Selbstakt vor der Staffelei. Erzählung (1998), Wolfgang Amadeus junior: Mozart Sohn sein. Roman (1999), Herzfleischentartung. Roman (2001), So also ist das / So That's What It's Like. Zweisprachige Anthologie (2002), Aufgeklappt. Roman (2003), Folgen. Roman (2005), Und nehmen was kommt. Roman (2007). Ixbeliebige Wahr-Zeichen? Über Schriftsteller-'Hausorthographien' und amtliche Regel-Werke (Studienverlag, 2008). Zuletzt: Einleben. Roman (2009) und Verfahren. Roman (2011, Longlist des Deutschen Buchpreises 2011).
Bibliographische Angaben
- Autor: Ludwig Laher
- 2009, Veränd. Neuaufl., 196 Seiten, Maße: 11,3 x 19 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Verlag: Haymon Verlag
- ISBN-10: 3852188083
- ISBN-13: 9783852188089
- Erscheinungsdatum: 11.03.2009
Rezension zu „Herzfleischentartung “
"Gerade weil es sich an die konkreten Fakten eines regional begrenzten Falles hält ..., gelingt diesem Buch eine Aussage über das Wesen des Nationalsozialismus und sein zähes Überleben, wie es selten so deutlich und überzeugend dargestellt wurde." Der Standard, Anna MitgutschWir verdanken dem oberösterreichischen Autor Ludwig Laher nicht nur ein wichtiges Stück Vergangenheitsbewältigung, sondern die Wiederentdeckung eines begnadeten Poeten.Josef Lehner, OÖ Rundschau"Das Buch gilt als genau recherchiertes Panorama der österreichischen Provinz zwischen 1940 und 1955. Den Auswüchsen der "ordentlichen Beschäftigungspolitik des Dritten Reiches" und den hohlen Pfeilern der frühen Zweiten Republik ist selten ein Autor derart schonungslos zu Leibe gerückt."Salzburger Woche"Luwig Lahers Roman ist ein beklemmendes Zeugnis für die Unmöglichkeit, eine Zeit zu verstehen, die gerade dabei ist, sich in die Geschichte zu verabschieden."Helmuth Schönauer, ORF Radio Tirol + Neue Südtiroler Tageszeitung"Dieses Buch sollte in den Geschichteunterricht als Literaturbeitrag mit einbezogen werden, um die Schüler sensibel dafür zu machen, dass solche Grausamkeiten niemals wieder passieren können."Eine Leserin, Amazon"Exzellente Analyse des Nationalsozialismus in Österreich"Susanne Fischinger, Neue Wiener Bücherbriefe"Indem sich der Erzähler immer wieder der Sprache und Logik der Täter bedient, diese jedoch an den harten Fakten des Opferseins bricht, wird eine von satirischen Grundtönen unterlegte Diskrepanz erzeugt, die den Blick auf die Ungeheuerlichkeit beider Seiten zu schärfen vermag: auf die so schnell zur "Normalität" gediehene NS-Logik und die Bestialität ihrer Folgen."Volksstimme, Ausgabe 28"Das Darstellen von Grauen auch mit dem Auslösen von Lachen zu kombinieren ist ein verflixt schweres künstlerisches Unterfangen. Und gerade
... mehr
bei so heiklen Themen geradezu unumgänglich. Ludwig Laher ist diese Gratwanderung jedenfalls gelungen. ... Äußerst lesens- und bedenkenswert."Alfred Pittertschatscher, ORF Radio Oberösterreich"Meine Meinung, wonach aus der Literatur ebenso viel über Geschichte zu erfahren sei wie aus den Werken der Historiker, ist durch den gut lesbaren Roman von Ludwig Laher erneut bekräftigt worden."Helmut Sturm, Salzburger Nachrichten"Die trefflich "sprechbar" gerundeten Sätze klingen, als wären sie à haute voix komponiert, und erzeugen auf diese Weise einen zwingenden Sog."Christiane Zintzen, Neue Zürcher Zeitung"Herzfleischentartung' ist ein gewichtiger Beitrag zur - nicht nur im Österreich der ersten Nachkriegsjahrzehnte - ausgebliebenen Erinnerungskultur."Kai Agthe, Ostthüringer Zeitung"Ludwig Laher hat ein faszinierendes Buch geschrieben über die kleinen Täter, Mitläufer, Denunzianten und Feiglinge, die den "Erfolg" des Nationalsozialismus möglich machten, nachher nirgends dabei waren und sich an nichts erinnern konnten."Die Presse"...ein herausragendes Buch.... Der Roman ist eine literarisch höchst überzeugende Konstruktion für dieses verdrängte Kapitel österreichisch-nationalsozialistischer Geschichte zu finden, das ist schon einmal das erste große Verdienst Lahers. Er reportiert die grausamen Geschehnisse mit größtmöglicher Distanz, läßt die Tatsachen für sich sprechen und erreicht mit dem ihm eigenen sprachlichen Sarkasmus jene Betroffenheit beim Leser, die er sich wohl auch erhofft hat."Gerhard Moser, Literatur und Kritik"Wir haben es ja vor allem mit einem ansehnlichen Stück Literatur zu tun und mit keinem Sachbuch. Doch solche Literatur kann in den Köpfen der Leser vielleicht mehr bewirken als das beste Sachbuch..."Hellmut Butterweck, Die Furche"Das Buch ist sowohl Protokoll eines politischen Kriminalfalles und als solches spannend erzählt, als auch eine Sozialgeschichte der 40er und 50er Jahre und eine unerbittliche Diagnose der menschlichen Natur. ... Gerade weil es sich an die konkreten Fakten eines regional begrenzten Falles hält, die allerdings durch die Gestaltung die der Literatur innewohnende Allgemeingültigkeit erhalten, gelingt diesem Buch eine Aussage über das Wesen des Nationalsozialismus und sein zähes Überleben, wie es selten so deutlich und überzeugend dargestellt wurde."Anna Mitgutsch, Der Standard
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