Johnny / Bullet Catcher Bd.3
Roman. Deutsche Erstausgabe
Johnny Christiano wurde einst von den Bullet Catchers - einer Eliteeinheit von Bodyguards - davor bewahrt, auf die schiefe Bahn zu geraten. Seither nimmt er seinen Job sehr ernst. Sein neuester Auftrag lautet, die hübsche Reporterin Sage zu beschützen....
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Produktinformationen zu „Johnny / Bullet Catcher Bd.3 “
Klappentext zu „Johnny / Bullet Catcher Bd.3 “
Johnny Christiano wurde einst von den Bullet Catchers - einer Eliteeinheit von Bodyguards - davor bewahrt, auf die schiefe Bahn zu geraten. Seither nimmt er seinen Job sehr ernst. Sein neuester Auftrag lautet, die hübsche Reporterin Sage zu beschützen. Diese stellt Nachforschungen über eine zwielichtige Webseite an, die gegen Bezahlung Frauenfantasien wahr werden lässt. Sage glaubt, dass die Webseite etwas mit dem überraschenden Tod ihrer Wohnungsgenossin zu tun haben könnte. Um der Sache auf den Grund zu gehen, will Sage selbst den Service der Seite in Anspruch nehmen. Doch dabei gerät sie schon bald in größte Gefahr ...
Lese-Probe zu „Johnny / Bullet Catcher Bd.3 “
Bullet Catcher Johnny von Roxanne St. Claire1
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Ohrstöpsel, die sie für alle Anzeichen drohender Gefahr taub machten. Vorhanden. Ein langer, wippender Pferdeschwanz, der das Zupacken erleichterte. Vorhanden. Tief sitzende Laufshorts, mit denen auch der ungeschickteste Vergewaltiger klarkam. Vorhanden. Eine mitternächtliche Stunde, ein menschenleerer Park, zur Selbstverteidigung nicht mehr in der Hand als einen Schlüssel. Vorhanden. Vorhanden. Vorhanden. He - es war nicht sein Problem. Johnny Christiano zog sich tiefer in die Schatten des Bostoner Public Garden zurück und wartete ab, was sie als Nächstes tun würde. Wenn man einen Schutzengel namens Lucy Sharpe hatte, konnte man getrost den gesunden Menschenverstand auf Urlaub schicken und einen Bullet Catcher die Drecksarbeit machen lassen. Sie näherte sich in beeindruckendem Tempo, und Johnny duckte sich tiefer in die blühende Hecke. Wie lange würde es wohl dauern, bis Miss Hot Legs überfallen wurde? Er tippte auf etwa vier Minuten, aber als sie zum ersten Mal an ihm vorbeikam, wurde ihm klar, dass sie nicht nur dumm, arrogant und verantwortungslos war, sondern auch schnell. Also vielleicht nur drei Minuten. In sicherem Abstand heftete er sich an ihre Fersen. Sie umrundete den Teich, steuerte dann in den trüben Schein einer Schmucklaterne und verlangsamte ihre Schritte. Hatte sie es sich anders überlegt? Ihren albernen Plan überdacht? Oder wollte sie nur Zeit gewinnen? Johnny hielt sich abwartend zurück. Sie blickte auf die Fußgängerbrücke zu ihrer Rechten und zum Charles Street Gate linkerhand. Er verbarg sich unter dem herabhängenden Zweig einer Weide und beobachtete, wie ihr Sport-BH sich ruhig und gleichmäßig hob und senkte. Sie war kein bisschen außer Atem. Als ein Eichhörnchen über den Baumstamm flitzte, fuhr die junge Frau herum, mit verengten Augen, und ihre Haltung wirkte schlagartig nicht mehr unbedarft, sondern äußerst wachsam. Sie fingerte an ihrem iPod herum und fiel dann wieder in einen leichten Trab. Er blieb fünfzehn Meter hinter ihr, nahe genug, um sich von ihrem hin- und herpendelnden Pferdeschwanz hypnotisieren und von ihren tief auf den Hüften sitzenden Minishorts fesseln zu lassen, die ihren marathongestählten Hintern nur notdürftig bedeckten. Es wäre nett gewesen, wenn Lucy ihm erzählt hätte, dass sie eine Läuferin war, dann hätte er das alles anders geplant. Aber der Boss hatte sich mal wieder nicht mit Einzelheiten aufgehalten. Dafür war die Liste der Pflichten lang gewesen. Was er zu tun hatte, wusste er genau. Nur hatte er keine Ahnung, warum. Eine Minute. Wie verzweifelt musste eine Frau sein, um sich so einem billigen Nervenkitzel hinzugeben? Wobei, billig war das nicht. Selbst in der einfachsten Variante kostete die Entführungsfantasie tausend Dollar. Fünfzehnhundert waren der Preis für eine einfache Rettung. Zweitausend für das De-luxe-Paket, das vermutlich Sonderdienste des edlen Retters einschloss. Offenbar waren männliche Stripper für moderne Mädels heute alte Kamellen aus dem vergangenen Jahrtausend.
Ist nicht dein Problem, Mann. Mach einfach den Job, den Lucy dir aufgetragen hat! Das war ein Prinzip bei Bullet Catcher: sich kein Urteil zu bilden über Auftraggeber und ihre Marotten. Auf dem Weg Richtung Tor rückte sie ihre Ohrstöpsel zurecht, ganz offensichtlich wieder vollkommen geistesabwesend. Sie wurde nun langsamer, wiegte den Kopf zum Takt der Musik, zog dann ihren Pferdeschwanz fester und blieb schließlich stehen. Ihre Silhouette hob sich gegen das schwache Licht ab, das die am Teichufer befestigten Schwanenboote beleuchtete. Mit einem Schwung warf sie ihre Haare zurück, streckte sich und straffte die Schultern, ballte die Fäuste und strebte auf das offene Eisentor zu, das zur Charles Street hinausführte - und zu ihrer Verabredung mit dem Entführer. Was entweder der Gipfel der Dummheit war oder darauf hindeutete, dass sie irgendwo unter diesen sexy Kurven Nerven aus Stahl hatte. Ob nun dumm wie Bohnenstroh oder frech wie Oskar, war egal. Heute Nacht war eine höhere Macht am Werk als ihr Verlangen nach einem Adrenalinrausch. Und wenn Lucy ins Spiel kam, dann war Schluss mit kindischen Spielereien - oder billigem Nervenkitzel.
Die Joggerin blieb in der Nähe des Tors stehen. Nur wenige Autos waren in Richtung Beacon Street unterwegs, der nächsten Querstraße im Norden. Ein weißer BMW rauschte auf der gegenüberliegenden Fahrbahn die Einbahnstraße entlang, sonst lag die Charles Street ebenso verlassen wie die meisten anderen Straßen von Boston an einem Montag um Mitternacht. Sie ging langsam in Fahrtrichtung weiter und trommelte dabei mit den Fingern auf ihre nackten Schenkel.
Johnny wartete still und unbemerkt direkt hinter dem offenen Tor, aber die junge Frau konzentrierte sich ohnehin voll auf die Straße. Ihre Nackenmuskeln waren angespannt, obwohl sie versuchte, möglichst ahnungslos und locker zu wirken. Beim Geräusch eines näher kommenden Wagens blickte sie über die Schulter. Na also - ein Transporter. Dunkle Lackierung, älteres Modell. Nur das Standlicht brannte. It's showtime, baby.
Sie trat auf den Rinnstein zu und verlangsamte, als sie zum Fußgängerüberweg kam. Johnny zählte bis fünf und fiel dann in leichten Trab. Der Transporter wechselte auf die linke Spur, bremste auf Schritttempo herunter, fuhr langsam auf den Zebrastreifen zu und blieb einen halben Meter vor ihr stehen.
Sie erstarrte, dann rannte sie los. Nicht so schnell sie konnte, aber doch schnell genug, um ihre Flucht echt wirken zu lassen. Johnny nahm Tempo auf, genau in dem Moment, als die Seitentür des Transporters auf glitt und sich ein Männerbein auf die Straße streckte. Sie sah über die Schulter und stolperte leicht. »Komm her, Schätzchen«, rief der Mann. »Ich brauche Hilfe.« Sie zögerte einen Moment lang und blickte auf den Wagen. »Komm her«, wiederholte er. Sie trat etwas näher, dann griff Johnny zu. Er packte sie um die Taille und hob sie vom Boden ab, ohne seine Schritte zu verlangsamen. »He! « Sie wand sich in seinen Armen, trat ihm ans Schienbein und drosch auf seinen Hintern ein. »Noch nicht!« Er hob sie höher, und der Mann im Transporter brüllte etwas herüber. Sie versetzte ihm einen erneuten Schlag. »Ich bin noch nicht entführt worden!« Ihr Knie verfehlte nur knapp seine empfindlichste Stelle. »Komm schon, Prinzessin«, grollte er auf dem Weg zu seinem Toyota Camry, den er Stunden zuvor dort abgestellt hatte. »So läuft das. « Er erreichte den Wagen in weniger als zehn Schritten, machte sie mit einer Hand bewegungsunfähig, riss mit der anderen die hintere Wagentür auf und stieß sie hinein. »Noch ... « Er schlug die Tür zu und hörte gerade noch ihr gedämpftes »... nicht!«. In wütendem Protest trommelte sie mit den Fäusten gegen das Fenster.
Oh doch! Der Transporter fuhr heran, als er die Fahrertür des Toyota aufriss. »He, Arschloch, was soll das?« Die wütende Stimme hatte einen typischen Bostoner Akzent, aber Johnny nahm sich nicht die Zeit zu reagieren. Er hatte angenommen, dass Lucy vorher alles mit dem Unternehmen abgesprochen hatte, doch auch wenn es Kommunikationsprobleme gegeben haben sollte - er wusste, was er zu tun hatte. Er zog die Fahrertür zu und steckte den Zündschlüssel ein, als sich von hinten Finger in seine Haare krallten und daran rissen. »Ich kann es nicht fassen, dass Sie das getan haben!«, kreischte sie.
Er schüttelte sie ab, ließ den Wagen an und überquerte alle drei Fahrspuren, um rechts in die Beacon Street einzubiegen. Es war zwar unwahrscheinlich, aber doch möglich, dass die echten Retter in der Nähe waren und wissen wollten, wer ihnen da ins Handwerk pfuschte. Deshalb sah er zu, dass er möglichst schnell Land gewann. Sie schlug mit der Hand so fest gegen seine Rückenlehne, dass er es in der Brust spürte. »Das war zu schnell! Ich bin noch nicht einmal entführt worden! Ich habe für eine Entführung bezahlt, Sie Blödmann!« Er fing im Rückspiegel ihren Blick auf. Selbst im Dunkeln waren die wütenden Funken in ihren Augen zu sehen. »Nichts zu danken.« Sie schnappte nach Luft und warf sich gegen ihre Rückenlehne. »Dafür habe ich nicht bezahlt!«, fauchte sie. »Davon hatte ich ja wohl gar nichts.« Sie trat gegen seinen Sitz. »Ach ... verdammt!« Auf welche Art von Kitzel fuhr sie ab? Was war so toll daran, zu einem unbekannten Widerling in einen Transporter zu steigen?
»Sie haben dafür bezahlt, gerettet zu werden«, sagte er und sah sie wieder im Spiegel an. Er hatte diesmal kein Bild gesehen, so wie sonst immer bei einem neuen Auftrag. Normalerweise hätte ihm Lucy ein drei Zentimeter dickes Dossier in die Hand gedrückt, das alle Informationen enthielt, einschließlich der BH-Größe. Er richtete den Spiegel leicht nach unten. Ein amtliches - sehr amtliches - C-Körbchen, vielleicht sogar noch etwas mehr. »Ich mache nur meinen Job, Miss. Wohin soll's gehen?« »Wohin?« Sie klang ungläubig. »Ich wollte kein Taxi zur Beacon Street. Ich habe dafür bezahlt, entführt zu werden, schönen Dank auch. Und dieser Service hier ist keinesfalls zwei-tausend Dollar wert.« »Zweitausend?« Er hustete. »Sie haben das De-luxe-Paket gebucht?« Ihr Blick wurde bohrend. »Kommuniziert ihr eigentlich nicht in eurer Firma?« »Mir wurde gesagt, es sei eine Standardrettung«, sagte er und hoffte, den richtigen Ausdruck verwendet zu haben. »Von de luxe war nicht die Rede.« Sie verschränkte die Arme, und ihre blassen Züge verdunkelten sich vor Wut und Enttäuschung. »Ich habe mich in der Anmeldung klar und deutlich ausgedrückt. Ich wollte so viel Zeit wie möglich, bevor ich gerettet werde. Mein Kontakt hat mir mindestens eine Stunde zugesagt. Eine Stunde mit einem Mann, der angeblich der Beste von allen sein soll.« »Eine Stunde? Wozu?« Die Frage war ihm herausgerutscht, jetzt musste er zurückrudern. »Ich meine, geht es nicht vor allem um die Rettung an sich?« Er schenkte ihr sein gewinnendstes Grinsen. »Um den Retter in einem blitzenden ... « Er blickte auf das Armaturenbrett. »Toyota?« Sie verdrehte die Augen. »Ich wollte das volle Programm.« Für einen Moment wandte sie sich gedankenverloren zum Fenster. Dann sah sie wieder in den Spiegel und funkelte ihn fragend an. »Wie lange sind Sie schon dabei?« Fünf Minuten. »Eine ganze Weile.« »Machen Sie viele Rettungen? Sind Sie fest angestellt?« »Oh ja! Rettungen sind mein Spezialgebiet, Süße.« Ein Bodyguard durfte sich mit Fug und Recht als Retter bezeichnen. »Arbeiten Sie nur für takemetonight, oder freiberuflich?« Wie viele Websites gab es wohl, wo sich Mädels Adrenalinschübe für ihre Fantasien bestellen konnten? War das wirklich ein aufstrebender Geschäftszweig? »Nur für die. « »Reden Sie viel mit ihnen? Mit den Frauen, die Sie retten?«
»Wenn sie wollen.« Er musste noch etwas nachlegen, sonst würde sie ihm nie abnehmen, dass er für die Firma arbeitete. Und Lucy hatte gesagt, dass sie ihm glauben musste. »Ich rede, wenn sie, na ja, das De-luxe-Paket gekauft haben.« Sie beugte sich vor und krallte ihre Finger in seine Schultern. »Jetzt reden wir mal Klartext, mein Freund. Bedeutet de luxe einfachen Sex oder irgendwas Perverses?« Er hielt an einer Ampel und zuckte die Achseln. »He, es ist deine Kohle, Baby.« »Wenden Sie den Wagen.« »Oh nein, wir fahren nicht zum Park zurück. Sie sind gerettet worden. Der erste Teil ist erledigt, ob Ihnen das nun lange genug war oder nicht. Wiederholungen gibt es nicht.«
»Ich kenne die Regeln«, sagte sie. »Aber Sie werden jetzt trotzdem wenden.« »Wohin wollen Sie denn?« Sie bedachte ihn mit einem Blick, der alles sagte. »Ich wohne nahe der Chestnut Street in Beacon Hill. Und um das Parlamentsgebäude herum sind nur Einbahnstraßen.« Er wechselte auf die linke Spur, um zu wenden. »Nach Hause? Sie wollen nach Hause?« »Allerdings. Ich will was haben für mein Geld.« Sie griff sich an den Hinterkopf und löste ihr Haar, sodass ihr die dichte blonde Mähne über die Schultern fiel. Für eine Frau, die gerade mit einem vollkommen Fremden über normalen oder perversen Sex diskutiert hatte, wirkte sie erstaunlich distanziert. Lucy hatte sich bei diesem Auftrag ungewöhnlich bedeckt gehalten, aber es war davon auszugehen, dass er keinen Callboyservice einschloss. »Wie sagten Sie noch, ist Ihr Name?«, fragte sie. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als das Spiel mitzuspielen. Sie musste schließlich glauben, dass sie einen echten Retter von www.takemetonight.com vor sich hatte, einen Spezialisten für Nervenkitzel der besonderen Art. »Such dir einen aus, Zuckerschnecke.« Sie hob den Blick zum Wagenhimmel. »Schluss jetzt mit den Kosenamen! Wie heißt du wirklich?« »Johnny. Ich heiße Johnny Christiano. Wie heißt du?« »Ich bin Sage Valentine.« »Sage ... « Der Name hatte ihm sofort gefallen, als Lucy ihm von dem ungewöhnlichen Auftrag berichtet hatte. »Wie Salbei auf Englisch? Ich liebe das Zeug.« »Sage bedeutet auch Weisheit«, sagte sie und blickte aus dem Fenster. »Ich heiße doch nicht nach einem Gewürz.« »Eigentlich ist es ein Kraut.« »Von mir aus. Jedenfalls bedeutet mein Name Weisheit.« Ach, tatsächlich? Davon hatte sie heute Abend aber nichts gezeigt. Er betrachtete sie näher und entdeckte Argwohn und Furcht in ihren grünen Augen. Oder waren sie braun? In diesem Licht war das schwer zu sagen. Jedenfalls waren sie, wie alles Übrige an ihr, richtig hübsch. Groß und außen etwas nach oben geneigt. Auch die Wangenknochen waren schön. Seine Mutter sagte immer, man könne die Klasse eines Mädchens an den Wangenknochen erkennen. Allerdings hatte seine Mutter sicher nie eine Frau gekannt, die zweitausend Dollar dafür hinlegte, entführt, gerettet und dann ordentlich gefickt zu werden, nur aus Jux und Tollerei. Andererseits, bei der Familie ... Sage legte ihr Gesicht an die Scheibe und schloss die Augen. »Ich kann es immer noch nicht fassen, dass du meine Entführung vermasselt hast.« »War es das erste Mal, Sage?« »Das erste, letzte und einzige Mal«, seufzte sie. Unglaublich. Er hatte tatsächlich ein schlechtes Gewissen, weil er ihre Haut gerettet hatte. »Vielleicht kann ich es ja wiedergutmachen.« »Das will ich hoffen.« Als er in den Spiegel sah, kam ihm eine Idee, wie er ein Lächeln auf ihr Gesicht zaubern konnte. Das hatte bislang noch bei jeder Frau funktioniert. »Keine Sorge, mein Engel. Ich habe da etwas ganz Besonderes im Sinn.« Zumindest etwas von dem, was sie auf der Website gelesen hatte, stimmte. Garantiert sichere Rettung durch heiße, gut aussehende Jungs, die speziell dafür ausgebildet wurden, alle Ihre Fantasien zu erfüllen.
Aber sie war nicht halb nackt durch den Public Garden gehüpft, über die Charles Street gestolpert und hatte sich wie eine Blondine mit Hasenhirn aufgeführt, um sich eine absurde Fantasie erfüllen zu lassen. Und das Geld? Unbedeutend. Sie würde doppelt so viel an Honorar bekommen, wenn sie die Idee an einen Verleger verkaufte, ein Plan, der allerdings ohne die Chance auf ein Interview mit dem »Chefentführer« hypothetisch bleiben würde. Das Schlimmste aber war, dass sie nichts über die Nacht herausfinden konnte, in der Keisha entführt worden war. Alles, was sie hatte, war ein Lustknabe, der sie mit Kosenamen anredete und gerade ihre einzige Chance vereitelt hatte, ein paar Fakten zu sammeln. Ihr blieb nichts anderes übrig, als das Versteckspiel weiterzuspielen, um wenigstens aus ihm etwas herauszubekommen. Sie musterte seine breiten Schultern, sein Haar, das nachlässig über das dunkle T-Shirt fiel. Seinen Nacken, der stark, aber nicht massig war. Wunderschöne Augen. Viel mehr konnte sie nicht sehen. Wäre er Keishas Typ gewesen? Sie hatte immer Kerle gemocht, die wussten, wo es langgeht. Ob er ihre Mitbewohnerin gekannt hatte? Ob er sie einmal gerettet hatte? Würde sie tatsächlich mit ihm schlafen müssen, um das herauszufinden? Der Gedanke jagte ein sengendes, sündiges Gefühl durch ihre Adern. Nun, sie würde tun, was notwendig war, alles geben, wenn es sein musste, so wie immer. »Du kannst hier parken, hinter dem Müllcontainer. Da bekommst du wahrscheinlich einen Strafzettel, aber bei einem Mietwagen ist das ja egal.« Er warf ihr im Rückspiegel einen kurzen, überraschten Blick zu. »Woher weißt du, dass der Wagen gemietet ist?« Sie zog die Hertz-Karte aus dem Fach hinter seinem Sitz - sie war ihr dort aufgefallen, als sie dagegen getreten hatte - und wedelte damit durch sein Blickfeld. »Es ist offensichtlich. Ich habe auch kein eigenes Auto. Wer schlau ist, braucht in Boston keines.« Er zuckte leicht mit seinen eindrucksvollen Schultern und lenkte den Wagen in die Lücke. Noch ehe sie den Türgriff gefunden hatte, war er ausgestiegen. Mit der Haltung eines Limousinenchauffeurs öffnete er ihr die Tür. Er war zwar kaum mehr als ein Callboy, aber immerhin ein Gentleman. Sie stieg aus und wippte auf ihren Nikes hin und her. Endlich hatte sie Gelegenheit, sich anzusehen, was man ihr da geschickt hatte. Immerhin. Die Werbung war nicht gelogen. Etwa ein Meter achtzig groß, solide wie ein Fels und von einer Statur, die auch die anspruchsvollste Kundin zufriedenstellen dürfte. Geheimnisvolle dunkle Augen, seidiges schwarzes Haar, volle Lippen und eine Nase, der man zwar den ein oder anderen Kampf ansah, die aber gut verheilt war. Schade um das schlechte Timing. »Und? Was meinst du?«, fragte er mit einem angedeuteten Lächeln. Seine Augen glitzerten im Schein der Straßenlaterne, während er sie ebenfalls musterte. »Gut genug?« Wenn sie dafür bezahlt hätte, mit einem heißen, dunklen, gefährlichen Fremden multiple Orgasmen zu erleben, dann ja. »Das werden wir sehen«, sagte sie. Aber taugte er für das, was sie von ihm wollte - Antworten, Informationen? Oder hoffentlich sogar Beweise? Sie musste ihn umgarnen, seine Verteidigung knacken, ihn zum Reden bringen. Vielleicht gab es nur eine Art und Weise, das zu erreichen. Nun ja. Sie hatte schließlich für das De-luxe-Paket bezahlt. Sie deutete auf die Straße, die vom Parkweg wegführte. »Es ist nur ein paar Häuser weiter.« Er legte ihr beschützend die Hand auf die Schulter. »Nette Gegend«, bemerkte er. »Hübsch, die Laternen und das Kopfsteinpflaster. « »Warst du schon mal in Beacon Hill?« Vielleicht in der Nacht, als Melissa starb? »Schon mal Kundschaft hier gehabt?« »Kann mich nicht erinnern«, sagte er. »Es sind so viele.« Sie warf ihm einen schnellen Blick zu, um zu sehen, ob er scherzte, aber seine Augen verrieten nichts. »Für wen arbeitest du?«, fragte sie streng. Da. Das war eine Reaktion, wie sie sie erhofft hatte. »Für takemetonight.com. Das weißt du doch.« »Ich meine, innerhalb der Firma. Wer ist dein Chef? Gibt es eine Hierarchie? Gehörst du zu einer Art Kundenserviceabteilung?« Er unterdrückte ein Lachen. »Wir haben eine ziemlich lose Unternehmensstruktur.« Es würde nicht leicht werden. Aber selbst wenn er Keisha nicht kannte, wusste er vielleicht, wer an jenem Abend ihre Rettung übernommen hatte. Sie fummelte an einer Innentasche ihrer Laufshorts, zog einen Schlüssel heraus und blieb dann auf der dreistufigen Treppe zu ihrer Wohnung stehen. »Wie lange ist die Website eigentlich schon im Netz?« »Kann ich gar nicht sagen.« Sie stieg zur Tür hoch, steckte den Schlüssel ins Schloss, zögerte dann aber. War das der richtige Weg? Was, wenn sie mit ihm schlief, er aber ihre Fragen nicht beantwortete? Was dann? »Du bist dir immer noch nicht sicher, nicht wahr?«, sagte er und beugte sich etwas näher zu ihr. Er duftete süß, wie Gartenblumen. Als hätte er sich im Geißblatt versteckt ... »Hast du in der Charles Street gewartet?«, wollte sie wissen. »Ich war fünfzehn Meter hinter dir, und zwar seit du vor etwa einer Stunde das Haus verlassen hast.« Sie schnappte erschrocken nach Luft, und ihr Magen ballte sich zusammen. »Du bist mir gefolgt?« Sein Blick glitt über sie wie flüssiges Quecksilber. »Die Chestnut entlang, über die Beacon - du solltest übrigens nicht einfach irgendwo über die Straße gehen -, um den Common Park herum, an der Gruppe Obdachloser vorbei, die du gegrüßt hast, durch den Public Garden und das letzte Stück bis zu den Schwanenbooten. Du warst nie allein.«
© 2011 LYX verlegt durch EGMONT Verlagsgesellschaften mbH
Ohrstöpsel, die sie für alle Anzeichen drohender Gefahr taub machten. Vorhanden. Ein langer, wippender Pferdeschwanz, der das Zupacken erleichterte. Vorhanden. Tief sitzende Laufshorts, mit denen auch der ungeschickteste Vergewaltiger klarkam. Vorhanden. Eine mitternächtliche Stunde, ein menschenleerer Park, zur Selbstverteidigung nicht mehr in der Hand als einen Schlüssel. Vorhanden. Vorhanden. Vorhanden. He - es war nicht sein Problem. Johnny Christiano zog sich tiefer in die Schatten des Bostoner Public Garden zurück und wartete ab, was sie als Nächstes tun würde. Wenn man einen Schutzengel namens Lucy Sharpe hatte, konnte man getrost den gesunden Menschenverstand auf Urlaub schicken und einen Bullet Catcher die Drecksarbeit machen lassen. Sie näherte sich in beeindruckendem Tempo, und Johnny duckte sich tiefer in die blühende Hecke. Wie lange würde es wohl dauern, bis Miss Hot Legs überfallen wurde? Er tippte auf etwa vier Minuten, aber als sie zum ersten Mal an ihm vorbeikam, wurde ihm klar, dass sie nicht nur dumm, arrogant und verantwortungslos war, sondern auch schnell. Also vielleicht nur drei Minuten. In sicherem Abstand heftete er sich an ihre Fersen. Sie umrundete den Teich, steuerte dann in den trüben Schein einer Schmucklaterne und verlangsamte ihre Schritte. Hatte sie es sich anders überlegt? Ihren albernen Plan überdacht? Oder wollte sie nur Zeit gewinnen? Johnny hielt sich abwartend zurück. Sie blickte auf die Fußgängerbrücke zu ihrer Rechten und zum Charles Street Gate linkerhand. Er verbarg sich unter dem herabhängenden Zweig einer Weide und beobachtete, wie ihr Sport-BH sich ruhig und gleichmäßig hob und senkte. Sie war kein bisschen außer Atem. Als ein Eichhörnchen über den Baumstamm flitzte, fuhr die junge Frau herum, mit verengten Augen, und ihre Haltung wirkte schlagartig nicht mehr unbedarft, sondern äußerst wachsam. Sie fingerte an ihrem iPod herum und fiel dann wieder in einen leichten Trab. Er blieb fünfzehn Meter hinter ihr, nahe genug, um sich von ihrem hin- und herpendelnden Pferdeschwanz hypnotisieren und von ihren tief auf den Hüften sitzenden Minishorts fesseln zu lassen, die ihren marathongestählten Hintern nur notdürftig bedeckten. Es wäre nett gewesen, wenn Lucy ihm erzählt hätte, dass sie eine Läuferin war, dann hätte er das alles anders geplant. Aber der Boss hatte sich mal wieder nicht mit Einzelheiten aufgehalten. Dafür war die Liste der Pflichten lang gewesen. Was er zu tun hatte, wusste er genau. Nur hatte er keine Ahnung, warum. Eine Minute. Wie verzweifelt musste eine Frau sein, um sich so einem billigen Nervenkitzel hinzugeben? Wobei, billig war das nicht. Selbst in der einfachsten Variante kostete die Entführungsfantasie tausend Dollar. Fünfzehnhundert waren der Preis für eine einfache Rettung. Zweitausend für das De-luxe-Paket, das vermutlich Sonderdienste des edlen Retters einschloss. Offenbar waren männliche Stripper für moderne Mädels heute alte Kamellen aus dem vergangenen Jahrtausend.
Ist nicht dein Problem, Mann. Mach einfach den Job, den Lucy dir aufgetragen hat! Das war ein Prinzip bei Bullet Catcher: sich kein Urteil zu bilden über Auftraggeber und ihre Marotten. Auf dem Weg Richtung Tor rückte sie ihre Ohrstöpsel zurecht, ganz offensichtlich wieder vollkommen geistesabwesend. Sie wurde nun langsamer, wiegte den Kopf zum Takt der Musik, zog dann ihren Pferdeschwanz fester und blieb schließlich stehen. Ihre Silhouette hob sich gegen das schwache Licht ab, das die am Teichufer befestigten Schwanenboote beleuchtete. Mit einem Schwung warf sie ihre Haare zurück, streckte sich und straffte die Schultern, ballte die Fäuste und strebte auf das offene Eisentor zu, das zur Charles Street hinausführte - und zu ihrer Verabredung mit dem Entführer. Was entweder der Gipfel der Dummheit war oder darauf hindeutete, dass sie irgendwo unter diesen sexy Kurven Nerven aus Stahl hatte. Ob nun dumm wie Bohnenstroh oder frech wie Oskar, war egal. Heute Nacht war eine höhere Macht am Werk als ihr Verlangen nach einem Adrenalinrausch. Und wenn Lucy ins Spiel kam, dann war Schluss mit kindischen Spielereien - oder billigem Nervenkitzel.
Die Joggerin blieb in der Nähe des Tors stehen. Nur wenige Autos waren in Richtung Beacon Street unterwegs, der nächsten Querstraße im Norden. Ein weißer BMW rauschte auf der gegenüberliegenden Fahrbahn die Einbahnstraße entlang, sonst lag die Charles Street ebenso verlassen wie die meisten anderen Straßen von Boston an einem Montag um Mitternacht. Sie ging langsam in Fahrtrichtung weiter und trommelte dabei mit den Fingern auf ihre nackten Schenkel.
Johnny wartete still und unbemerkt direkt hinter dem offenen Tor, aber die junge Frau konzentrierte sich ohnehin voll auf die Straße. Ihre Nackenmuskeln waren angespannt, obwohl sie versuchte, möglichst ahnungslos und locker zu wirken. Beim Geräusch eines näher kommenden Wagens blickte sie über die Schulter. Na also - ein Transporter. Dunkle Lackierung, älteres Modell. Nur das Standlicht brannte. It's showtime, baby.
Sie trat auf den Rinnstein zu und verlangsamte, als sie zum Fußgängerüberweg kam. Johnny zählte bis fünf und fiel dann in leichten Trab. Der Transporter wechselte auf die linke Spur, bremste auf Schritttempo herunter, fuhr langsam auf den Zebrastreifen zu und blieb einen halben Meter vor ihr stehen.
Sie erstarrte, dann rannte sie los. Nicht so schnell sie konnte, aber doch schnell genug, um ihre Flucht echt wirken zu lassen. Johnny nahm Tempo auf, genau in dem Moment, als die Seitentür des Transporters auf glitt und sich ein Männerbein auf die Straße streckte. Sie sah über die Schulter und stolperte leicht. »Komm her, Schätzchen«, rief der Mann. »Ich brauche Hilfe.« Sie zögerte einen Moment lang und blickte auf den Wagen. »Komm her«, wiederholte er. Sie trat etwas näher, dann griff Johnny zu. Er packte sie um die Taille und hob sie vom Boden ab, ohne seine Schritte zu verlangsamen. »He! « Sie wand sich in seinen Armen, trat ihm ans Schienbein und drosch auf seinen Hintern ein. »Noch nicht!« Er hob sie höher, und der Mann im Transporter brüllte etwas herüber. Sie versetzte ihm einen erneuten Schlag. »Ich bin noch nicht entführt worden!« Ihr Knie verfehlte nur knapp seine empfindlichste Stelle. »Komm schon, Prinzessin«, grollte er auf dem Weg zu seinem Toyota Camry, den er Stunden zuvor dort abgestellt hatte. »So läuft das. « Er erreichte den Wagen in weniger als zehn Schritten, machte sie mit einer Hand bewegungsunfähig, riss mit der anderen die hintere Wagentür auf und stieß sie hinein. »Noch ... « Er schlug die Tür zu und hörte gerade noch ihr gedämpftes »... nicht!«. In wütendem Protest trommelte sie mit den Fäusten gegen das Fenster.
Oh doch! Der Transporter fuhr heran, als er die Fahrertür des Toyota aufriss. »He, Arschloch, was soll das?« Die wütende Stimme hatte einen typischen Bostoner Akzent, aber Johnny nahm sich nicht die Zeit zu reagieren. Er hatte angenommen, dass Lucy vorher alles mit dem Unternehmen abgesprochen hatte, doch auch wenn es Kommunikationsprobleme gegeben haben sollte - er wusste, was er zu tun hatte. Er zog die Fahrertür zu und steckte den Zündschlüssel ein, als sich von hinten Finger in seine Haare krallten und daran rissen. »Ich kann es nicht fassen, dass Sie das getan haben!«, kreischte sie.
Er schüttelte sie ab, ließ den Wagen an und überquerte alle drei Fahrspuren, um rechts in die Beacon Street einzubiegen. Es war zwar unwahrscheinlich, aber doch möglich, dass die echten Retter in der Nähe waren und wissen wollten, wer ihnen da ins Handwerk pfuschte. Deshalb sah er zu, dass er möglichst schnell Land gewann. Sie schlug mit der Hand so fest gegen seine Rückenlehne, dass er es in der Brust spürte. »Das war zu schnell! Ich bin noch nicht einmal entführt worden! Ich habe für eine Entführung bezahlt, Sie Blödmann!« Er fing im Rückspiegel ihren Blick auf. Selbst im Dunkeln waren die wütenden Funken in ihren Augen zu sehen. »Nichts zu danken.« Sie schnappte nach Luft und warf sich gegen ihre Rückenlehne. »Dafür habe ich nicht bezahlt!«, fauchte sie. »Davon hatte ich ja wohl gar nichts.« Sie trat gegen seinen Sitz. »Ach ... verdammt!« Auf welche Art von Kitzel fuhr sie ab? Was war so toll daran, zu einem unbekannten Widerling in einen Transporter zu steigen?
»Sie haben dafür bezahlt, gerettet zu werden«, sagte er und sah sie wieder im Spiegel an. Er hatte diesmal kein Bild gesehen, so wie sonst immer bei einem neuen Auftrag. Normalerweise hätte ihm Lucy ein drei Zentimeter dickes Dossier in die Hand gedrückt, das alle Informationen enthielt, einschließlich der BH-Größe. Er richtete den Spiegel leicht nach unten. Ein amtliches - sehr amtliches - C-Körbchen, vielleicht sogar noch etwas mehr. »Ich mache nur meinen Job, Miss. Wohin soll's gehen?« »Wohin?« Sie klang ungläubig. »Ich wollte kein Taxi zur Beacon Street. Ich habe dafür bezahlt, entführt zu werden, schönen Dank auch. Und dieser Service hier ist keinesfalls zwei-tausend Dollar wert.« »Zweitausend?« Er hustete. »Sie haben das De-luxe-Paket gebucht?« Ihr Blick wurde bohrend. »Kommuniziert ihr eigentlich nicht in eurer Firma?« »Mir wurde gesagt, es sei eine Standardrettung«, sagte er und hoffte, den richtigen Ausdruck verwendet zu haben. »Von de luxe war nicht die Rede.« Sie verschränkte die Arme, und ihre blassen Züge verdunkelten sich vor Wut und Enttäuschung. »Ich habe mich in der Anmeldung klar und deutlich ausgedrückt. Ich wollte so viel Zeit wie möglich, bevor ich gerettet werde. Mein Kontakt hat mir mindestens eine Stunde zugesagt. Eine Stunde mit einem Mann, der angeblich der Beste von allen sein soll.« »Eine Stunde? Wozu?« Die Frage war ihm herausgerutscht, jetzt musste er zurückrudern. »Ich meine, geht es nicht vor allem um die Rettung an sich?« Er schenkte ihr sein gewinnendstes Grinsen. »Um den Retter in einem blitzenden ... « Er blickte auf das Armaturenbrett. »Toyota?« Sie verdrehte die Augen. »Ich wollte das volle Programm.« Für einen Moment wandte sie sich gedankenverloren zum Fenster. Dann sah sie wieder in den Spiegel und funkelte ihn fragend an. »Wie lange sind Sie schon dabei?« Fünf Minuten. »Eine ganze Weile.« »Machen Sie viele Rettungen? Sind Sie fest angestellt?« »Oh ja! Rettungen sind mein Spezialgebiet, Süße.« Ein Bodyguard durfte sich mit Fug und Recht als Retter bezeichnen. »Arbeiten Sie nur für takemetonight, oder freiberuflich?« Wie viele Websites gab es wohl, wo sich Mädels Adrenalinschübe für ihre Fantasien bestellen konnten? War das wirklich ein aufstrebender Geschäftszweig? »Nur für die. « »Reden Sie viel mit ihnen? Mit den Frauen, die Sie retten?«
»Wenn sie wollen.« Er musste noch etwas nachlegen, sonst würde sie ihm nie abnehmen, dass er für die Firma arbeitete. Und Lucy hatte gesagt, dass sie ihm glauben musste. »Ich rede, wenn sie, na ja, das De-luxe-Paket gekauft haben.« Sie beugte sich vor und krallte ihre Finger in seine Schultern. »Jetzt reden wir mal Klartext, mein Freund. Bedeutet de luxe einfachen Sex oder irgendwas Perverses?« Er hielt an einer Ampel und zuckte die Achseln. »He, es ist deine Kohle, Baby.« »Wenden Sie den Wagen.« »Oh nein, wir fahren nicht zum Park zurück. Sie sind gerettet worden. Der erste Teil ist erledigt, ob Ihnen das nun lange genug war oder nicht. Wiederholungen gibt es nicht.«
»Ich kenne die Regeln«, sagte sie. »Aber Sie werden jetzt trotzdem wenden.« »Wohin wollen Sie denn?« Sie bedachte ihn mit einem Blick, der alles sagte. »Ich wohne nahe der Chestnut Street in Beacon Hill. Und um das Parlamentsgebäude herum sind nur Einbahnstraßen.« Er wechselte auf die linke Spur, um zu wenden. »Nach Hause? Sie wollen nach Hause?« »Allerdings. Ich will was haben für mein Geld.« Sie griff sich an den Hinterkopf und löste ihr Haar, sodass ihr die dichte blonde Mähne über die Schultern fiel. Für eine Frau, die gerade mit einem vollkommen Fremden über normalen oder perversen Sex diskutiert hatte, wirkte sie erstaunlich distanziert. Lucy hatte sich bei diesem Auftrag ungewöhnlich bedeckt gehalten, aber es war davon auszugehen, dass er keinen Callboyservice einschloss. »Wie sagten Sie noch, ist Ihr Name?«, fragte sie. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als das Spiel mitzuspielen. Sie musste schließlich glauben, dass sie einen echten Retter von www.takemetonight.com vor sich hatte, einen Spezialisten für Nervenkitzel der besonderen Art. »Such dir einen aus, Zuckerschnecke.« Sie hob den Blick zum Wagenhimmel. »Schluss jetzt mit den Kosenamen! Wie heißt du wirklich?« »Johnny. Ich heiße Johnny Christiano. Wie heißt du?« »Ich bin Sage Valentine.« »Sage ... « Der Name hatte ihm sofort gefallen, als Lucy ihm von dem ungewöhnlichen Auftrag berichtet hatte. »Wie Salbei auf Englisch? Ich liebe das Zeug.« »Sage bedeutet auch Weisheit«, sagte sie und blickte aus dem Fenster. »Ich heiße doch nicht nach einem Gewürz.« »Eigentlich ist es ein Kraut.« »Von mir aus. Jedenfalls bedeutet mein Name Weisheit.« Ach, tatsächlich? Davon hatte sie heute Abend aber nichts gezeigt. Er betrachtete sie näher und entdeckte Argwohn und Furcht in ihren grünen Augen. Oder waren sie braun? In diesem Licht war das schwer zu sagen. Jedenfalls waren sie, wie alles Übrige an ihr, richtig hübsch. Groß und außen etwas nach oben geneigt. Auch die Wangenknochen waren schön. Seine Mutter sagte immer, man könne die Klasse eines Mädchens an den Wangenknochen erkennen. Allerdings hatte seine Mutter sicher nie eine Frau gekannt, die zweitausend Dollar dafür hinlegte, entführt, gerettet und dann ordentlich gefickt zu werden, nur aus Jux und Tollerei. Andererseits, bei der Familie ... Sage legte ihr Gesicht an die Scheibe und schloss die Augen. »Ich kann es immer noch nicht fassen, dass du meine Entführung vermasselt hast.« »War es das erste Mal, Sage?« »Das erste, letzte und einzige Mal«, seufzte sie. Unglaublich. Er hatte tatsächlich ein schlechtes Gewissen, weil er ihre Haut gerettet hatte. »Vielleicht kann ich es ja wiedergutmachen.« »Das will ich hoffen.« Als er in den Spiegel sah, kam ihm eine Idee, wie er ein Lächeln auf ihr Gesicht zaubern konnte. Das hatte bislang noch bei jeder Frau funktioniert. »Keine Sorge, mein Engel. Ich habe da etwas ganz Besonderes im Sinn.« Zumindest etwas von dem, was sie auf der Website gelesen hatte, stimmte. Garantiert sichere Rettung durch heiße, gut aussehende Jungs, die speziell dafür ausgebildet wurden, alle Ihre Fantasien zu erfüllen.
Aber sie war nicht halb nackt durch den Public Garden gehüpft, über die Charles Street gestolpert und hatte sich wie eine Blondine mit Hasenhirn aufgeführt, um sich eine absurde Fantasie erfüllen zu lassen. Und das Geld? Unbedeutend. Sie würde doppelt so viel an Honorar bekommen, wenn sie die Idee an einen Verleger verkaufte, ein Plan, der allerdings ohne die Chance auf ein Interview mit dem »Chefentführer« hypothetisch bleiben würde. Das Schlimmste aber war, dass sie nichts über die Nacht herausfinden konnte, in der Keisha entführt worden war. Alles, was sie hatte, war ein Lustknabe, der sie mit Kosenamen anredete und gerade ihre einzige Chance vereitelt hatte, ein paar Fakten zu sammeln. Ihr blieb nichts anderes übrig, als das Versteckspiel weiterzuspielen, um wenigstens aus ihm etwas herauszubekommen. Sie musterte seine breiten Schultern, sein Haar, das nachlässig über das dunkle T-Shirt fiel. Seinen Nacken, der stark, aber nicht massig war. Wunderschöne Augen. Viel mehr konnte sie nicht sehen. Wäre er Keishas Typ gewesen? Sie hatte immer Kerle gemocht, die wussten, wo es langgeht. Ob er ihre Mitbewohnerin gekannt hatte? Ob er sie einmal gerettet hatte? Würde sie tatsächlich mit ihm schlafen müssen, um das herauszufinden? Der Gedanke jagte ein sengendes, sündiges Gefühl durch ihre Adern. Nun, sie würde tun, was notwendig war, alles geben, wenn es sein musste, so wie immer. »Du kannst hier parken, hinter dem Müllcontainer. Da bekommst du wahrscheinlich einen Strafzettel, aber bei einem Mietwagen ist das ja egal.« Er warf ihr im Rückspiegel einen kurzen, überraschten Blick zu. »Woher weißt du, dass der Wagen gemietet ist?« Sie zog die Hertz-Karte aus dem Fach hinter seinem Sitz - sie war ihr dort aufgefallen, als sie dagegen getreten hatte - und wedelte damit durch sein Blickfeld. »Es ist offensichtlich. Ich habe auch kein eigenes Auto. Wer schlau ist, braucht in Boston keines.« Er zuckte leicht mit seinen eindrucksvollen Schultern und lenkte den Wagen in die Lücke. Noch ehe sie den Türgriff gefunden hatte, war er ausgestiegen. Mit der Haltung eines Limousinenchauffeurs öffnete er ihr die Tür. Er war zwar kaum mehr als ein Callboy, aber immerhin ein Gentleman. Sie stieg aus und wippte auf ihren Nikes hin und her. Endlich hatte sie Gelegenheit, sich anzusehen, was man ihr da geschickt hatte. Immerhin. Die Werbung war nicht gelogen. Etwa ein Meter achtzig groß, solide wie ein Fels und von einer Statur, die auch die anspruchsvollste Kundin zufriedenstellen dürfte. Geheimnisvolle dunkle Augen, seidiges schwarzes Haar, volle Lippen und eine Nase, der man zwar den ein oder anderen Kampf ansah, die aber gut verheilt war. Schade um das schlechte Timing. »Und? Was meinst du?«, fragte er mit einem angedeuteten Lächeln. Seine Augen glitzerten im Schein der Straßenlaterne, während er sie ebenfalls musterte. »Gut genug?« Wenn sie dafür bezahlt hätte, mit einem heißen, dunklen, gefährlichen Fremden multiple Orgasmen zu erleben, dann ja. »Das werden wir sehen«, sagte sie. Aber taugte er für das, was sie von ihm wollte - Antworten, Informationen? Oder hoffentlich sogar Beweise? Sie musste ihn umgarnen, seine Verteidigung knacken, ihn zum Reden bringen. Vielleicht gab es nur eine Art und Weise, das zu erreichen. Nun ja. Sie hatte schließlich für das De-luxe-Paket bezahlt. Sie deutete auf die Straße, die vom Parkweg wegführte. »Es ist nur ein paar Häuser weiter.« Er legte ihr beschützend die Hand auf die Schulter. »Nette Gegend«, bemerkte er. »Hübsch, die Laternen und das Kopfsteinpflaster. « »Warst du schon mal in Beacon Hill?« Vielleicht in der Nacht, als Melissa starb? »Schon mal Kundschaft hier gehabt?« »Kann mich nicht erinnern«, sagte er. »Es sind so viele.« Sie warf ihm einen schnellen Blick zu, um zu sehen, ob er scherzte, aber seine Augen verrieten nichts. »Für wen arbeitest du?«, fragte sie streng. Da. Das war eine Reaktion, wie sie sie erhofft hatte. »Für takemetonight.com. Das weißt du doch.« »Ich meine, innerhalb der Firma. Wer ist dein Chef? Gibt es eine Hierarchie? Gehörst du zu einer Art Kundenserviceabteilung?« Er unterdrückte ein Lachen. »Wir haben eine ziemlich lose Unternehmensstruktur.« Es würde nicht leicht werden. Aber selbst wenn er Keisha nicht kannte, wusste er vielleicht, wer an jenem Abend ihre Rettung übernommen hatte. Sie fummelte an einer Innentasche ihrer Laufshorts, zog einen Schlüssel heraus und blieb dann auf der dreistufigen Treppe zu ihrer Wohnung stehen. »Wie lange ist die Website eigentlich schon im Netz?« »Kann ich gar nicht sagen.« Sie stieg zur Tür hoch, steckte den Schlüssel ins Schloss, zögerte dann aber. War das der richtige Weg? Was, wenn sie mit ihm schlief, er aber ihre Fragen nicht beantwortete? Was dann? »Du bist dir immer noch nicht sicher, nicht wahr?«, sagte er und beugte sich etwas näher zu ihr. Er duftete süß, wie Gartenblumen. Als hätte er sich im Geißblatt versteckt ... »Hast du in der Charles Street gewartet?«, wollte sie wissen. »Ich war fünfzehn Meter hinter dir, und zwar seit du vor etwa einer Stunde das Haus verlassen hast.« Sie schnappte erschrocken nach Luft, und ihr Magen ballte sich zusammen. »Du bist mir gefolgt?« Sein Blick glitt über sie wie flüssiges Quecksilber. »Die Chestnut entlang, über die Beacon - du solltest übrigens nicht einfach irgendwo über die Straße gehen -, um den Common Park herum, an der Gruppe Obdachloser vorbei, die du gegrüßt hast, durch den Public Garden und das letzte Stück bis zu den Schwanenbooten. Du warst nie allein.«
© 2011 LYX verlegt durch EGMONT Verlagsgesellschaften mbH
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Autoren-Porträt von Roxanne St. Claire
Roxanne St. Claire ist in Pittsburgh aufgewachsen und hat an der Universität von Kalifornien studiert. Nach einer Karriere in der Werbeabteilung einer Firma veröffentlichte sie 2002 ihren ersten Liebesroman. Sie lebt mit ihrem Mann und ihren Kindern in Florida.
Bibliographische Angaben
- Autor: Roxanne St. Claire
- 2011, 1. Aufl., 360 Seiten, Maße: 12,4 x 17,7 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzer: Kristiana Dorn-Ruhl
- Verlag: LYX
- ISBN-10: 3802583507
- ISBN-13: 9783802583506
- Erscheinungsdatum: 07.09.2011
Kommentar zu "Johnny / Bullet Catcher Bd.3"
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