Letzte Bootsfahrt / Gasperlmaier Bd.3
Ein Altaussee-Krimi
Herbert Dutzler: Sein neuer Bestseller!
In letzte Bootsfahrt kann selbst einem erfahrenen Dorfpolizisten der Appetit vergehen. Im Ausseerland wird die Leiche eines Geschäftsmannes gefunden. Gasperlmaiers Ermittlungen schreiten voran und bringen...
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Produktinformationen zu „Letzte Bootsfahrt / Gasperlmaier Bd.3 “
Herbert Dutzler: Sein neuer Bestseller!
In letzte Bootsfahrt kann selbst einem erfahrenen Dorfpolizisten der Appetit vergehen. Im Ausseerland wird die Leiche eines Geschäftsmannes gefunden. Gasperlmaiers Ermittlungen schreiten voran und bringen Zweifelhafte Dinge zu Tage. Erpressung, Grundstück-Schacherei und Lobbying stehen an der Tagesordnung rund um Bad Aussee - da ist Vorsicht geboten.
Letzte Bootsfahrt - der dritte Kriminalroman von Herbert Dutzler überzeugt durch seinen eigenen urig-komischen Schreibstil und Figuren, wie man sie in jedem Dorf trifft. Immer auf der Suche nach einer heißen Spur verhaspelt sich der pedantische Gasperlmaier ab und zu an Kleinigkeiten. Letzte Bootsfahrt, ein Heimatkrimi voll Komik.
Klappentext zu „Letzte Bootsfahrt / Gasperlmaier Bd.3 “
AUS MIT RUHE UND GEMÜTLICHKEIT! - EIN ATMOSPHÄRISCHER ALPENKRIMI MIT INSPEKTOR GASPERLMAIERDa kann selbst einem erfahrenen Dorfpolizisten der Appetit vergehen: In pikanter Pose wird die Leiche eines Geschäftsmannes gefunden. Schnell kommen dubiose Details ans Licht. Bestechung, unseriöse Grundstücksdeals - hinter der idyllischen Kulisse des Ausseerlandes geht nicht alles mit rechten Dingen zu. Der sympathisch-tollpatschige Gasperlmaier verlässt sich in seinem dritten Fall so lange auf sein Bauchgefühl, bis ihm flau im Magen wird: Auch seine Mutter scheint nämlich in den Fall verwickelt zu sein. Leserstimmen:>>Wer Jörg Maurer und Rita Falk mag, wird Herbert Dutzler lieben!Ein amüsanter Regionalkrimi mit der richtigen Portion Lokalkolorit, der mir viele vergnügliche Lesestunden beschert hat!Wer mordet und lässt Leichen die Hose herunter? Der Autor legt verschiedene Fährten und macht die Tätersuche zu einem spannenden Ratespiel.Herbert Dutzler ist mein Lieblingsautor! Mit Letzte Bootsfahrt gelingt ihm nun schon die dritte mitreißende Story, die er raffiniert mit der idyllischen Atmosphäre des Ausseerlandes verwebt.
Lese-Probe zu „Letzte Bootsfahrt / Gasperlmaier Bd.3 “
Letzte Bootsfahrt von Herbert Dutzler Das Haus der Breitwiesers war leer. Die Frau Doktor hatte dem Uniformierten, der davor Wache gehalten hatte, die Schlüssel abgenommen und ihn heimgeschickt. Gemeinsam standen sie vor der offenen Klotür, hinter der jetzt natürlich nicht mehr der Herr Breitwieser kniete, den hatte man längst in die Gerichtsmedizin gebracht. „Es findet ein Kampf statt“, sagte die Frau Doktor. „Wo?“, erschrak Gasperlmaier und wandte sich um. „Nicht jetzt, Gasperlmaier. Historisches Präsens. Um mir die Angelegenheit besser vorstellen zu können.“ Gasperlmaier versuchte vergeblich, die Hitze, die über sein Gesicht aufstieg, zu unterdrücken. Die Frau Doktor aber war ohnehin völlig in Gedanken und schenkte ihm und seinen heißen Ohren keine weitere Beachtung, und der Friedrich stand schwer atmend mit dem Hintern an den Schuhschrank gelehnt und hatte offenbar andere Sorgen. „Die Person, die Breitwieser angreift, ist entweder seine Frau oder jemand Dritter, der durch die offene Haustür eingedrungen ist und Breitwieser attackiert.“ Die Frau Doktor ging langsam zur Haustür zurück, was nur dadurch ermöglicht wurde, dass der Friedrich seinen Wanst so weit wie möglich einzog und sich fest an das Schuhschränkchen drückte. Gasperlmaier machte sich mehr Sorgen um das Schränkchen als um den Friedrich. „Er – oder sie – kommt hier herein. Soweit wir wissen, ohne Tatwaffe. Aber mit einem fürchterlichen Hass auf den Breitwieser. Will ihn vielleicht zunächst nur zur Rede stellen.“ Die Frau Doktor ging wieder zurück zum Klo. „Was ich nicht verstehe“, sagte sie, wandte sich zu Gasperlmaier um und legte einen Finger an den Mund. Gasperlmaier fiel auf, dass ihre sinnlichen Lippen himbeerrot glänzten. „Wieso am Klo? Wenn der Herr
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Breitwieser gerade, also, wenn er gerade“, sie gestikulierte ein wenig unsicher herum. „Wenn er also gerade sein Wasser gelassen hat“, half der Friedrich trocken aus. „Ja, danke. Dann war ja die Tür zu. Und verschlossen. Wie konnte dann der Täter oder die Täterin hinterrücks auf ihn losgehen? Er wird ja nicht gerade bei offener Tür? Was denken Sie, meine Herren?“ Gasperlmaier konnte der Theorie der Frau Doktor wenig abgewinnen. Wenn nachweislich niemand zu Hause war, dann hielt auch er selbst sich selten damit auf, die Klotür hinter sich zuzuziehen. Wozu auch? Ganz anders war es für ihn auf öffentlichen Anlagen. Er benutzte ungern Pissoirs, weil er die Bewegungen und Geräusche allfälliger Nachbarn als äußerst störend empfand. Der Gang auf die Toilette war für ihn doch etwas eher Intimeres. Noch schlimmer war es, wenn er ein größeres Geschäft etwa in einer Kabine hätte verrichten sollen, die nur durch eine dünne Sperrholzwand von der Nachbarkabine getrennt war. War Gasperlmaier in so einem Fall den Geräuschen und Gerüchen aus der Nachbarkabine hilflos ausgeliefert, konnte er gleich wieder seine Hose hochziehen, denn in ihm verkrampfte sich dann alles so heftig, dass an Erleichterung gar nicht mehr zu denken war. „Mein Gott, Frau Doktor“, meinte hingegen der Friedrich. „Wir Männer sind da nicht so. Ob Tür offen oder zu, ob Klo, Garten oder Autoreifen – jede Gelegenheit ist recht.“ Die Frau Doktor sah den Friedrich, wie Gasperlmaier fand, einigermaßen erschüttert an. Andererseits konnte ihm Gasperlmaier nicht widersprechen – nicht nur einmal hatten sie LKWs auf Parkplätzen überprüft und den Fahrer dabei vorgefunden, wie er gegen einen Reifen seines eigenen Sattelzuges urinierte. „Ihr Männer seid ja ganz schöne Schweine.“ Gasperlmaier fühlte sich irgendwie persönlich angegriffen, wollte sich aber der Frau Doktor gegenüber nicht unbedingt mit einer Darstellung seiner eigenen, durchaus gesellschaftlich tolerablen Uriniergewohnheiten rechtfertigen. Die Frau Doktor holte tief Luft. „Er könnte also, meinen Sie, hier bei offener Tür gestanden sein, um, um …“ „Ja“, half ihr der Friedrich aus. „Und dann könnte ihn der Täter von hinten attackiert haben. Wenn Sie mich fragen, Frau Doktor, dann muss man schon einige Kraft haben, und eine Mordswut, um jemanden auf diese Weise umzubringen. Seine Frau kann ich mir dabei nicht vorstellen. Überhaupt eine Frau nicht.“ Gasperlmaier musste an einen nicht lange zurückliegenden Fall denken, als man zunächst auch gemeint hatte, eine Frau käme als Täterin nicht in Frage. Man hatte allerdings nicht bedacht, dass es auch muskelbepackte, eins neunzig große Speerwerferinnen gab. „Der Täter“, fuhr die Frau Doktor fort, „verschwindet spurlos – allerdings, ein paar Faser- oder DNA-Spuren werden wir an der Leiche schon finden –, die Ehefrau kommt wenig später nach Hause, findet ihren Mann tot vor, ruft ihre Tochter an, die sofort kommt – und die nächsten beiden am Tatort, meine Herren, das waren ja bereits Sie.“ Gasperlmaier nickte beflissen. „Ist Ihnen irgendwas aufgefallen?“ Gasperlmaier dachte nach. War ihm was aufgefallen? Eine schwierige Frage. Sehr schwierig. Warum Kriminalbeamte auch immer so unklare Fragen stellen mussten. Was war denn auffällig? Dass die Frau Schnabel zwar recht jung, aber nicht groß und ein wenig füllig war? Dass die Frau Breitwieser von Engeln und belebtem Wasser faselte? Er konnte sich nicht entscheiden, auf welche seiner Beobachtungen er sich festlegen sollte. Der Friedrich kam ihm zuvor. „Wenn Sie mich fragen, die haben beide nicht allzu erschüttert gewirkt. Die Frau hat ihn ja gehasst. Wie sie dauernd darauf herumgetrampelt ist, dass er Bier getrunken und geraucht hat, dass er nicht an ihre Engel geglaubt hat – die ist sicher nicht unglücklich darüber, dass er zum Teufel gegangen ist.“ „An Engel glauben Sie nicht, an Teufel schon?“, fragte die Frau Doktor den Friedrich lächelnd. Gasperlmaier fühlte sich ermutigt. „Und die Tochter, die war auch ziemlich gelassen, sie hat sogar einmal gekichert, glaube ich, ich weiß nicht mehr weswegen.“ „Trotzdem“, nahm die Frau Doktor den Faden auf, „glauben Sie beide, dass es weder die Frau noch die Tochter war. Was für eine Statur haben denn die beiden?“ Gasperlmaier zuckte mit den Schultern, entschloss sich dann aber doch zu einer Antwort, da der Friedrich still blieb und ihn anblickte. „Also, die Tochter, die ist eher klein, nicht ganz schlank …“ Gasperlmaier geriet ins Stottern, weil er Hemmungen verspürte, der Frau Doktor mitzuteilen, dass die Frau Schnabel mit einem überaus üppigen Busen gesegnet war. Er hatte sich schon einige Male den Vorwurf anhören müssen, seine Augen zu lange und zu genau auf weiblichen Reizen verweilen zu lassen. „Und die Mutter, die hat auf mich eher zart gewirkt, vielleicht größer, aber nicht sportlich, nicht kräftig.“ „Ja“, sagte die Frau Doktor. „Das haben Engelsgläubige oft so an sich: so was Durchscheinendes, Entrücktes.“ „Genau!“, stimmte Gasperlmaier zu. Die Frau Doktor seufzte. „Der große Unbekannte! Das kann ja lustig werden. Schauen wir uns hier herinnen doch einmal ein wenig um!“ Gasperlmaier kannte den Hang der Frau Doktor zu Unternehmungen ein wenig abseits der Legalität, redete sich aber ein, dass es sich schließlich nur um eine genaue Studie des Tatorts handelte, auch wenn die Frau Doktor bereits Aktenordner aus einem Regal im Wohnzimmer zu ziehen begann. Gasperlmaier widmete sich der Steinesammlung, die ihm auf den Regalen des Wohnzimmers schon bei seinem ersten Besuch aufgefallen war. Jetzt stellte er fest, dass unter vielen Steinen kleine Kärtchen lagen, die den Namen des Steins und seine angebliche Wirkung zeigten. Manchmal lagen auch mehrere kleine Steine auf einem Kartonkärtchen. „Meditationsstein. Reiki. Edelsteinwasser“, las er da auf einem Blatt, auf dem zwei kleine Stücke Bergkristall lagen. „Alle Chakren“, stand auch noch dabei. Gasperlmaier wunderte sich, dass ein einziger Stein so vieles, ja praktisch alles heilen konnte. Ihm kamen doch massive Zweifel daran, dass das funktionieren konnte. Vor allem, wenn er bedachte, wie viele Medikamente man in der Apotheke schon für das Kurieren einer mittelschweren Erkältung abholte und bezahlte. Da wäre es ja wohl zu einfach, dachte er, wenn man sich da einfach ein Steinchen in die Hosentasche stecken könnte. Da wäre die gesamte Pharmaindustrie ja längst bankrottgegangen. „Vieles über Immobiliengeschäfte“, sagte die Frau Doktor, die inzwischen ein wenig in den Ordnern geblättert hatte. „Da kann man sich schon Feinde machen. Das ist ja ein Geschäft, wo sich oft jemand über den Tisch gezogen fühlt.“ Gasperlmaier fiel eine kleine, purpurrote Schachtel neben ein paar Steinen auf. Auf dem Deckel stand „Glückskekse“. Gasperlmaier öffnete sie und las, was auf der Deckelinnenseite stand: „Hausgemachte bechannelte Glückskekse. Indikationen: Depressionen, Kummer, Sorge, Angst, Verzweiflung u.v.m.“ Dass es Kekse gegen Depressionen gab, das hatte er nicht gewusst. Gasperlmaier staunte. „Ja, meine Herren!“ Die Frau Doktor klappte einen Aktenordner zu, schob ihn wieder ins Regal und rieb sich die Hände, als hätte sie Staub daran. „Wir fahren jetzt zu den Schnabels. Die Witwe ist auch dort, die Tochter kümmert sich um sie. Sehen wir einmal, was wir von denen heute noch erfahren können.“ Es dämmerte bereits, als sie in Grundlsee ankamen. Die Villa der Schnabels lag ein wenig oberhalb des Sees, an einem mäßig steilen Abhang. Gasperlmaier stieg aus und ließ seine Blicke über den See schweifen. Das war schon eine tolle Sache, hier heroben zu wohnen. Eine prachtvolle Landschaft direkt vor dem Fenster, kaum Lärm, mitten im Grünen, und noch dazu in einem solchen Haus! Gasperlmaier bewunderte die von Efeu umrankte Villa mit ihren Türmchen und Erkern. Wer hätte nicht gern so gelebt? Die Frau Doktor läutete, und kurz darauf öffnete ihnen die Frau Schnabel die Tür. Während sich die Frau Doktor vorstellte, ließ Gasperlmaier seine Blicke durch das Vorhaus schweifen. Nein, das war eigentlich kein Vorhaus mehr, das war schon mehr eine Halle. Sofas, Tischchen und Stühle verschiedenster Stilarten waren entlang der Wände aufgestellt, sodass Gasperlmaier das Gefühl hatte, sich in einem Museum zu befinden. Bloß die Absperrbänder vor den Möbeln fehlten. In der ihm gegenüberliegenden Wand öffnete sich ein gewaltiger Kamin, in dem einige größere Holzscheite lagen. An den Wänden prangten Gemälde, besonders ins Auge stach Gasperlmaier eines, auf dem ein Jäger gerade auf einen röhrenden Hirsch anlegte. Bevor sich Gasperlmaier sattgesehen hatte, bat die Frau Schnabel sie durch eine Tür in ein Wohnzimmer, allem aber modern eingerichtet war. Ein breites Fenster, das fast bis zum Boden reichte, erlaubte einen grandiosen Blick über den See und die dahinterliegenden Berge. Ein noch jung aussehender, aber zur Fettleibigkeit neigender Mann mit hoher Stirn, dicken Backen und einem Doppelkinn, das den Hals fast verschwinden ließ, erhob sich von einem Stuhl und stellte sich als Gerfried Schnabel vor. Gasperlmaier erinnerte sich, ihn schon öfters im Supermarkt gesehen zu haben, meist mit weißem Mantel bekleidet. Außerdem saß die Frau Breitwieser mit am Tisch. „Bitte, nehmen Sie Platz!“ Die Frau Schnabel wies auf zwei Sofas und mehrere Stühle, die um einen kleinen Tisch herumstanden. „Etwas zu trinken?“ Gasperlmaier hätte schon Durst gehabt, wartete aber zuerst die Reaktion der Frau Doktor ab. „Nein, danke!“, winkte sie ab. „Es wird nicht lange dauern.“ Gasperlmaier fiel jetzt auf, dass die Frau Schnabel mit allerlei recht teuer aussehendem Schmuck behängt war. Eine mehrreihige Perlenkette verirrte sich da in dem Spalt zwischen ihren, wie Gasperlmaier nun bestätigt fand, recht ausladenden Brüsten, nicht wenige Ringe glänzten an ihren kurzen, dicken Fingern. An einem davon drehte sie ein wenig nervös herum, als die Frau Doktor das Wort an ihre Mutter richtete. „Frau Breitwieser, zunächst einmal möchte ich Ihnen mein aufrichtig empfundenes Beileid ausdrücken. Ich weiß, dass es jetzt schwierig ist, nüchterne Fragen zu beantworten, wenn man sich in einer emotional so belastenden Situation befindet.“ Wie eine Psychologin, dachte Gasperlmaier bei sich. Vielleicht, er wusste es ja nicht einmal, wofür sie ihren Doktortitel erhalten hatte, war sie ja sogar eine. Die Antwort der Frau Breitwieser war vorhersehbar. „Ich habe ja schon alles gesagt, was ich weiß. Den beiden Polzisten da.“ Sie zeigte auf Gasperlmaier und den Friedrich, die beide unwillkürlich nickten. „Ich möchte es aber lieber aus erster Hand erfahren, was Sie wahrgenommen haben. Das ist mir wichtig.“ Die Frau Doktor blieb geduldig. Wahrscheinlich war es doch wichtig gewesen, dass sie sie vor ihrem Besuch hier über die Denkweise der Frau Breitwieser ein wenig ins Bild gesetzt hatten, denn sonst ging sie immer direkter vor. Gasperlmaier fiel auf, dass sich der Herr Schnabel unter den missbilligenden Blicken seiner Frau einen Whisky aus einer auf dem Tisch stehenden Flasche einschenkte. Sie selbst hatte eine Teetasse vor sich stehen, während vor der Frau Breitwieser ein leeres Glas und eine Karaffe mit Wasser standen, auf deren Grund ein paar bunte Steine lagen. Wahrscheinlich, so überlegte Gasperlmaier, handelte es sich dabei um das ihm bereits bekannte energetisierte Wasser. Was ihn betraf, sah es aber genauso tot aus wie das Wasser bei ihm daheim. Gasperlmaier vertiefte sich in die Aussicht aus dem Riesenfenster, während die Frau Breitwieser das wiederholte, was er ohnehin schon wusste. Langsam wurde es immer dunkler, und er konnte nur noch Umrisse der Landschaft erkennen, weil das Fenster die Szene im Raum zu spiegeln begann. Gasperlmaier fühlte sich müde. Er hätte gern ein Bier gehabt. „Und wo waren Sie genau zwischen zwei und vier?“, fragte die Frau Doktor die Frau Schnabel jetzt noch einmal. „Verdächtigen Sie etwa mich?“, fuhr die Angesprochene auf, „das ist ja wohl der Gipfelpunkt der Frechheit!“ „Von Verdacht“, beruhigte die Frau Doktor, „kann keine Rede sein. Es gehört sowohl zur Routine als auch zu meinen Vorschriften, dass mein Bericht genaue Angaben über den Aufenthaltsort aller Personen enthält, die eine Beziehung zum Getöteten hatten, also natürlich auch seiner Familie. Ich bin sogar verpflichtet, diesen Aufenthaltsort durch Zeugen belegen zu lassen. Ich hoffe, Sie bringen dafür ein wenig Verständnis auf.“ Im Fernsehkrimi, erinnerte sich Gasperlmaier, gab es diese Szene auch oft. Da hieß allerdings die kurz angebundene Antwort der Kommissare meist nur: „Reine Routine“. Wahrscheinlich, weil man ja schließlich in eineinhalb Stunden mit dem ganzen Fall fertig werden musste. Die Frau Doktor hingegen nahm sich alle Zeit, die nötig war. Immer noch etwas indigniert, streckte die Frau Schnabel ihren Finger in die Höhe. „Da oben. In meinem Büro. Meine Mitarbeiterin kann das bestätigen. Ich habe auch zahlreiche Telefonate geführt. Ich hoffe, Sie rufen jetzt nicht alle meine Kunden an. Das wäre nämlich geschäftsschädigend.“ Die Frau Doktor schüttelte den Kopf. „Ihre Mitarbeiterin genügt uns völlig.“ Die Frau Breitwieser schenkte sich von ihrem Wasser nach, trank einen Schluck und schloss die Augen, ohne das Glas wieder abzustellen. Im Gegensatz zu ihrer Tochter trug sie lediglich einen grauen, geschliffenen Stein um den Hals, bemerkte Gasperlmaier. Wahrscheinlich war es irgend so ein Energiestein, der ein Chakra positiv beeinflusste. „Und Sie?“, wandte sich die Frau Doktor nun an den Herrn Schnabel, der, wie Gasperlmaier fand, eine ebenso arrogante wie säuerliche Miene zur Schau stellte. „In meinem Markt natürlich!“, kam es auch etwas giftig aus ihm heraus. Was die Frau Schnabel an diesem Fettwanst fand, konnte sich Gasperlmaier nicht vorstellen. Wenn er Qualitäten hatte, dann jedenfalls solche, die er gut zu verbergen verstand. „Kann das auch jemand bezeugen?“ „Sieben Angestellte!“, kam es bissig zurück. Die Frau Doktor schien zu überlegen, ob noch weitere Fragen nötig waren, als die Frau Breitwieser aufstand und sich neben Gasperlmaier ans Fenster stellte. Sie breitete die Arme weit aus, öffnete die Handflächen nach oben und legte den Kopf in den Nacken. Gasperlmaier sah ihr sprachlos und überrascht zu, ebenso wie die anderen Anwesenden, nur der Herr Schnabel zischte verächtlich. „Wie wird er wiedergeboren werden?“, fragte die Frau Breitwieser, die Augen zur Decke gewandt. „Ich frage mich, ob ich mit ihm Kontakt werde aufnehmen können. Oder er mit mir.“ „Mama, nicht gerade jetzt, bitte!“ Die Frau Schnabel versuchte ihre Mutter so sanft wie möglich in die hiesige Welt zurückzuholen. „Glauben Sie etwa nicht an Wiedergeburt?“, fragte die Frau Breitwieser nun zu Gasperlmaier gewandt. Er rang nach sinnvollen Gedanken und Worten, brachte aber nicht mehr zustande als ein unentschlossenes Schulterzucken. „Ich selbst bin vielfach wiedergeboren worden. Die Beweise für Wiedergeburt sind völlig überzeugend, man muss mit Blindheit geschlagen sein, um nicht zu erkennen, dass wir alle Reinkarnationen sind. Der siebzehnte Dalai Lama, zum Beispiel …“ „Mama, bitte jetzt nicht!“ Die Stimme der Frau Schnabel war ein wenig schärfer geworden. „Die Herrschaften von der Polizei interessieren sich für …“ Sie hielt kurz inne, um der Frau Doktor einen Blick zuzuwerfen, „… mehr irdische Tatsachen. Und die hast du ja schon gesagt.“ Während sich der Herr Schnabel einen weiteren Whisky einschenkte, erhob sich die Frau Doktor. Der Friedrich brauchte einige Zeit, um es ihr gleichzutun, denn er war in seinem Sofa förmlich versunken. Die Frau Doktor reichte allen dreien eine Visitenkarte. „Wenn Ihnen noch irgendetwas Wesentliches einfällt, können Sie mich jederzeit anrufen. Es ist nicht ausgeschlossen, dass ich Sie noch einmal befragen muss.“ Vor der Haustür holte die Frau Doktor einmal kräftig Luft. „Die ist ja tatsächlich ganz schön durch den Wind. Was glaubt ihr, kann es einer der drei gewesen sein?“ „Die einzige, die ein gutes Alibi hat, ist die Frau Schnabel.“ Nach einer kurzen Pause korrigierte sie sich: „Und vielleicht auch ihr Mann! Der müsste ja von seinen Angestellten gesehen worden sein!“ Der Friedrich öffnete die Beifahrertür. „Aber die Frau Breitwieser“, überlegte Gasperlmaier, „die scheint mir erstens nicht kräftig genug. Und wenn sie an Wiedergeburt glaubt, was hat sie dann davon, ihren Mann umzubringen? Dann kommt er ja wieder!“ „Gasperlmaier, stellen Sie sich doch nicht blöd!“ Mittlerweile saßen sie alle drei wieder im Auto, und die Frau Doktor startete. „Wenn er wiedergeboren wird, dann schließlich als Baby. Er kommt ja nach einer Reinkarnation nicht als Pensionist wieder zu ihr zurück.“ Das leuchtete Gasperlmaier ein. „Wenn er sich recht aufgeführt hat, im Diesseits“, fügte der Friedrich hinzu, „dann kann es sein, dass er als Hund wiedergeboren wird, zum Beispiel. Oder als Goldfisch. Dann würde er die ganze Zeit im Glasl herumschwimmen und könnte der Frau Breitwieser gar nicht mehr widersprechen. Und rauchen und trinken würde er auch nicht mehr, und die Frau Breitwieser könnte ihm ein paar Steine in sein Aquarium schmeißen, damit er ein bisschen belebtes Wasser um sich hat. Das ist schon ein Motiv, glaube ich.“ Die Frau Doktor musste lachen, und Gasperlmaier fühlte sich wieder einmal als der Blöde. Er beschloss, für den Rest der Fahrt zu schweigen. Das fiel der Frau Doktor aber gar nicht auf, denn die hielt bis fast nach Altaussee hinein ohnehin einen Monolog, in dem sie alles, was zu dem Fall bisher bekannt war, zusammenfasste. Zum Schluss fügte sie noch ihre Einschätzung des Herrn Schnabel hinzu. „Der schaut zwar so drein, als würde er die Alte hassen. Aber warum sollte er ihren Mann umbringen? Erben tut er nichts, weil die Witwe erbt. Und die wird das Geld vielleicht eher ihrem Guru überschreiben als den Schnabels. Die Firma gehört ohnehin schon der Tochter, also braucht er niemanden umzubringen, um an Geld zu kommen. Wenn er ein Motiv hat, dann kennen wir es noch nicht. Gelegenheit? Vielleicht. Er war zwar im Supermarkt, aber möglicherweise fällt es den Angestellten nicht gleich auf, wenn der Chef einmal für eine halbe Stunde verschwindet.“ Der Friedrich nahm seine Kappe ab und kratzte sich am Kopf. „Ich weiß nicht“, brummte er gegen die Windschutzscheibe hin, auf der der Scheibenwischer regelmäßig die Regentropfen wegpolierte, „mir war so, als hätte ich den Namen Breitwieser schon einmal gehört. In irgendeiner politischen Angelegenheit, da war einmal was.“ Er hatte das Kopfkratzen beendet und seine Mütze wieder aufgesetzt. Die Frau Doktor gähnte hinter vorgehaltener Hand. „Das wird bis morgen warten müssen, meine Herren. Heute werden wir nicht mehr viel ausrichten.“ Sie hielt den Wagen vor dem Posten an, worauf sich Gasperlmaier und der Friedrich verabschiedeten. Gasperlmaier musste einige Zeit warten, bis der Friedrich seine gesamte Masse aus dem Autositz befreit und nach draußen gewuchtet hatte. Kaum hatte er die Tür zugeschlagen, ließ die Frau Doktor den Motor aufheulen und schoss davon. „Kannst dich nicht erinnern, Gasperlmaier?“, fragte der Friedrich, ohne sich vom Regen beeindrucken zu lassen, der zwar nicht heftig, aber regelmäßig auf sie niederging. „Da war was. Wegen irgendwelchen Gründen. Mit irgendwelchen Wienern. Und da ist der Name Breitwieser gefallen.“ Gasperlmaier schüttelte den Kopf. Er wollte ungern eingestehen, dass er die Lokalpolitik, wenn überhaupt, dann aus den Augenwinkeln verfolgte. Die Streitereien um den Parkplatz da und den Schutzweg dort, oder welcher Verein auf Kosten von welchem anderen diesmal mehr Subventionen von der Gemeinde bekam, das ließ ihn kalt. Selbst wenn seine Christine wieder einmal lautstark beklagte, dass die Gemeinde die Schule verfallen ließ und für zeitgemäße Lehrmittel überhaupt kein Verständnis und schon gar kein Geld hatte, hatte er dafür nur ein müdes Achselzucken übrig – was die Christine in der Regel noch weiter auf die Palme brachte und in dem Vorwurf endete, er sei an allem völlig desinteressiert und überhaupt ein gänzlich unpolitischer Mensch, als welcher er eigentlich gar nicht zu ihr passe. Wie von selbst hatten die beiden den Weg zum Schneiderwirt eingeschlagen, und weil Gasperlmaier vergessen hatte zu antworten, hakte der Friedrich noch einmal nach. „Kannst dich nicht mehr erinnern?“ Gasperlmaier schüttelte nur den Kopf. „Ich hab den Namen Breitwieser bis heute noch nicht einmal gehört.“ Gasperlmaier wusste, dass es für den Friedrich fast undenkbar schien, dass man jemanden aus dem Dorf nicht einmal dem Namen nach kannte, aber er selbst hatte kein so großes Interesse an den Angelegenheiten anderer Leute, dass er sich ihre Namen merken konnte. „Gehst noch mit hinein auf ein Bier?“ Gasperlmaier seufzte. Er wusste, wenn er jetzt den Weg des geringsten Widerstandes ging und sich beim Schneiderwirt drinnen auf eine Bank hockte, dann würde es nicht bei einem Bier bleiben. Und eigentlich war er ja wirklich hundemüde, das Begräbnis, und das Essen und Trinken, und dann der Mord, das hatte ihn alles ganz schön mitgenommen. So schüttelte er den Kopf und machte sich auf den Heimweg. „Vielleicht morgen wieder!“, machte er dem Friedrich noch Hoffnung.
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Autoren-Porträt von Herbert Dutzler
Herbert Dutzler, geboren 1958, aufgewachsen in Schwanenstadt und Bad Aussee, lebt als Krimiautor, Lehrer und LehrerInnenbildner in Schwanenstadt. Bisher erschienen bei HAYMONtb die ersten beiden Fälle des Altausseer Polizisten Gasperlmaier, Letzter Kirtag (2011) und Letzter Gipfel (2012).
Bibliographische Angaben
- Autor: Herbert Dutzler
- 2019, 12. Aufl., 368 Seiten, Maße: 11,4 x 19 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Verlag: Haymon Verlag
- ISBN-10: 3852189330
- ISBN-13: 9783852189338
- Erscheinungsdatum: 01.11.2019
Rezension zu „Letzte Bootsfahrt / Gasperlmaier Bd.3 “
"Krimi-Großmacht Österreich. Herbert Dutzler ist der heiße Name für temperierte Sommerzeiten." News, Susanne Zobl "Gasperlmaier ist ein herrlich unverwechselbarer Kauz." Format, Julia Kospach "Einer der erfreulichsten heimischen Krimis dieses Jahres." Die Presse, Mirjam Marits "Herbert Dutzler überzeugt durch seinen originellen Erzählstil, Situationskomik und authentische Figuren." Buchmedia-Magazin, Simon Eckstein "Mich und mein Umfeld begeistert Herbert Dutzlers ,Letzte Bootsfahrt' - urig amüsant und dabei grandios spannend." BuchMarkt, Jörn Meyer "spitzzüngig, urig und amüsant" Thomas Raab "eine sehr authentische Figur" Frau aktuell "Ein tolles Buch" ekz.bibliotheksservice, Mareike Liedmann "Das ganze Buch zeigt feinsinnigen Humor in einer wunderschön gefärbten österreichischen Tonlage." www.literaturhaus.at, Spunk Seipel "absolut empfehlenswert" ekz-bibliotheksservice, Mareike Liedmann
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