Mittsommermord / Kurt Wallander Bd.8
Kriminalroman. Ausgezeichnet mit dem Corine - Internationaler Buchpreis, Kategorie Belletristik 2001 und dem Deutschen Krimi-Preis, Kategorie International 2001
Grausame Überraschungen für Kommissar Wallander. In Kostümen des 18. Jahrhunderts feiern drei junge Menschen an einem geheimen Ort Mittsommer. Sie kehren nicht nach Hause zurück. Bald ist es grausige Gewissheit: Sie wurden Opfer eines...
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Produktdetails
Produktinformationen zu „Mittsommermord / Kurt Wallander Bd.8 “
Grausame Überraschungen für Kommissar Wallander. In Kostümen des 18. Jahrhunderts feiern drei junge Menschen an einem geheimen Ort Mittsommer. Sie kehren nicht nach Hause zurück. Bald ist es grausige Gewissheit: Sie wurden Opfer eines Verbrechens. Ein neuer Fall für Kommissar Wallander. Fast zur gleichen Zeit wird sein Kollege Svedberg mit zerschossenem Gesicht in seiner Wohnung aufgefunden. Gibt es Zusammenhänge zwischen beiden Fällen?
Klappentext zu „Mittsommermord / Kurt Wallander Bd.8 “
Drei Jugendliche werden ermordet; auch ein Polizist muss sterben ... Wallanders achter FallEs sollte ein harmloses Rollenspiel werden, am 21. Juni 1996, ein kleines Verkleidungsritual in der mythenumrankten Mittsommernacht. Doch Wanderer schaudern, als sie Wochen später in einem Naturschutzgebiet auf die drei Jugendlichen stoßen, deren leblose Körper noch mit Miedern, Hemdkrausen und Perücken herausgeputzt sind. Bald ist es grausige Gewißheit: Sie wurden Opfer eines Verbrechens.
Fast zur gleichen Zeit wird Kommissar Wallanders geschätzter Kollege Svedberg mit zerschossenem Gesicht in seiner Wohnung aufgefunden. Gibt es einen Zusammenhang zwischen den Fällen? Kurt Wallander stürzt sich verzweifelt in die Ermittlungen. Dabei stellt er zu seinem Entsetzen fest, wie wenig er über seinen Kollegen weiß, mit dem er jahrelang zusammengearbeitet hat ...
Lese-Probe zu „Mittsommermord / Kurt Wallander Bd.8 “
Mittsommermord von Henning MankellProlog
Kurz nach fünf hörte es auf zu regnen.
Der Mann, der neben dem dicken Baumstamm hockte, zog vorsichtig die Jacke aus. Der Regen war nicht stark gewesen und hatte auch nicht länger als eine halbe Stunde gedauert. Und doch war die Nässe durch seine Kleidung gedrungen. Eine heftige Wut stieg in ihm auf. Er wollte sich nicht erkälten, nicht jetzt, mitten im Sommer.
Er legte die Regenjacke auf den Boden und stand auf. Seine Beine waren steif. Vorsichtig schaukelte er vor und zurück, um den Blutkreislauf in Gang zu bringen. Dabei blickte er forschend um sich.
Er wußte, daß sie nicht vor acht Uhr kommen würden. Genau, wie sie es verabredet hatten. Doch es bestand die Gefahr, wenn sie auch gering war, daß jemand anderes auf einem der Pfade daherkäme, die sich durch das Naturreservat schlängelten.
Das war der einzige Unsicherheitsfaktor in seinem Plan, das einzige, was er nicht vorhersehen konnte.
Dennoch war er nicht unruhig. Es war der Abend vor Mittsommer. Im Reservat gab es weder Campinggelände noch Festplätze. Außerdem hatten diejenigen, auf die er wartete, die Stelle sorgfältig ausgewählt. Sie wollten ungestört sein.
Vor zwei Wochen hatten sie beschlossen, wo sie sich treffen wollten. Da war er ihnen schon seit einigen Monaten dicht auf den Fersen. Schon am Tag nachdem sie ihren Beschluß gefaßt hatten, suchte er die Stelle. Er achtete sorgfältig darauf, niemandem aufzufallen, als er sich in dem Wandergebiet befand. Einmal war ihm ein älteres Paar auf einem der Pfade entgegengekommen. Da hatte er sich in einem Wäldchen versteckt, bis sie vorbei waren.
Als er dann die Stelle fand, die sie für ihre Mittsommernachtsfeier ausgesucht hatten, dachte er sofort, daß es der ideale Ort war.
Er lag in einer Senke. Darum herum wuchs dichtes Gebüsch, und es
... mehr
gab ein paar Baumgruppen.
Sie hätten keine bessere Stelle wählen können.
Weder für ihre eigenen Zwecke noch für seine.
Die Regenwolken verzogen sich. Als die Sonne hervorkam, wurde es sogleich wärmer.
Der Juni war kühl gewesen. Alle, mit denen er gesprochen hatte, beklagten sich über den schonischen Frühsommer. Und er hatte ihnen zugestimmt.
Er stimmte immer allen zu.
Das war die einzige Möglichkeit zu entkommen, dachte er stets. Allem zu entkommen, was einem in die Quere kam.
Diese Kunst hatte er gelernt, die Kunst, immer zuzustimmen.
Er sah zum Himmel auf. Mehr Regen würde es nicht geben. Frühling und Frühsommer waren wirklich sehr kühl gewesen. Aber jetzt, am Vorabend des Mittsommerfestes, kam endlich die Sonne heraus.
Es wird ein schöner Abend, dachte er. Außerdem ein denkwürdiger.
Das nasse Gras duftete. Von irgendwoher hörte er das Flügelschlagen von Vögeln. Auf der linken Seite unterhalb des Abhangs sah man das Meer.
Er stellte sich breitbeinig hin und spuckte einen Priem Kautabak aus. Dann verwischte er den Fleck mit dem Fuß im Sand.
Er hinterließ nie Spuren. Niemals. Aber oft dachte er, daß er aufhören sollte zu priemen. Es war eine schlechte Angewohnheit. Etwas, das nicht zu ihm paßte.
*
Sie hatten verabredet, sich in Hammar zu treffen.
Es lag günstig, weil zwei von ihnen aus Simrishamn kamen und die anderen aus Ystad. Dann wollten sie in das Naturreservat fahren, ihre Autos abstellen und zu der Stelle gehen, die sie ausgesucht hatten.
Eigentlich war es kein gemeinsamer Beschluß. Sie hatten lange verschiedene Alternativen erwogen und einander die Vorschläge zugeschickt. Aber als schließlich einer von ihnen diesen Platz vorschlug, hatten sie sich ohne Umstände entschieden, vielleicht, weil die Zeit knapp wurde. Es mußten viele Vorbereitungen getroffen werden. Einer von ihnen kümmerte sich um das Essen, ein anderer fuhr nach Kopenhagen, um Kleider und Perücken auszuleihen. Nichts sollte dem Zufall überlassen bleiben.
Sie waren auch auf schlechtes Wetter vorbereitet.
Um zwei Uhr am Nachmittag packte der dafür Zuständige eine große Plastikplane in eine rote Sporttasche. Er legte eine Rolle Klebeband und ein paar alte Zeltstangen aus Leichtmetall dazu. Sie wollten auch bei Regen draußen sein. Aber sie würden einen Regenschutz über dem Kopf haben.
Alles war vorbereitet. Keiner konnte vorhersehen, was dennoch geschah.
Einer von ihnen wurde plötzlich krank.
Eine junge Frau. Und sie war vielleicht auch diejenige, die sich am meisten auf diese Mittsommernacht gefreut hatte. Sie war den anderen vor weniger als einem Jahr begegnet.
Sie wachte früh am Morgen auf und fühlte sich nicht wohl. Zuerst glaubte sie, es sei nur Nervosität. Doch ein paar Stunden später, es war schon nach zwölf, erbrach sie sich und bekam Fieber. Sie hoffte noch immer, es würde vorübergehen. Doch als ihr Kamerad klingelte und sie abholen wollte, stand sie mit zitternden Beinen in der Tür und sagte, sie könne nicht mit.
Deshalb waren sie nur zu dritt, als sie sich kurz vor halb acht in Hammar trafen. Aber sie ließen sich die Stimmung nicht verderben. So etwas kam vor. Gegen plötzliche Krankheitsfälle war man machtlos.
Sie parkten ihre Wagen vor dem Naturreservat, nahmen ihre Körbe und verschwanden auf einem der Pfade. In der Ferne meinte einer von ihnen, eine Ziehharmonika zu hören. Sonst gab es nur die Vögel und das entfernte Rauschen des Meeres.
Als sie den im voraus bestimmten Platz erreichten, sahen sie sogleich, daß sie richtig gewählt hatten. Hier waren sie unbehelligt. Hier würden sie die Morgendämmerung erwarten.
Der Himmel war jetzt wolkenlos.
Es würde eine helle Mittsommernacht werden.
Im Februar hatten sie beschlossen, wie sie die Mittsommernacht feiern wollten. Sie hatten zusammengesessen und von ihrer Sehnsucht nach den hellen Sommernächten gesprochen. Sie hatten viel Wein getrunken und lange, in spielerischer Weise, darüber gestritten, was man eigentlich mit dunkel meinte.
Wann trat diese schwebende Stimmung zwischen Licht und Dunkelheit ein? Wie konnte man ein Dämmerungsland mit Worten beschreiben? Wieviel konnte man sehen, wenn das Licht so schwach war, daß man sich in diesem vagen Zwischenstadium befand, diesem gleitenden Zustand in unmittelbarer Nähe der langsam wachsenden Schatten?
Sie hatten sich nicht einigen können. Das Dunkel blieb eine ungelöste Frage. Aber es war immerhin der Abend, an dem sie ihr Fest geplant hatten. Als sie zu der Senke kamen und ihre Körbe abstellten, zogen sie sich einzeln zurück und wechselten im Schutz der dichten Büsche ihre Kleidung. Auf kleinen Taschenspiegeln, die sie zwischen die Zweige klemmten, konnten sie überprüfen, daß die Perücken richtig saßen. Die Perücken waren noch das Einfachste; schwieriger waren die Schnürleibchen, die Kissen und Unterröcke. Oder die Halstücher und Hemdkrausen, und nicht zuletzt die dicke Puderschicht. Alles mußte stimmen. Es war ein Spiel. Aber sie spielten es ernsthaft. Keiner von ihnen ahnte, daß in einiger Entfernung ein Mann stand und ihre komplizierten Vorbereitungen beobachtete.
Ungekürzte Ausgabe 2010
Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München
Lizenzausgabe mit Genehmigung des Paul Zsolnay Verlags
© 1997 Henning Mankell
© 2000 der deutschsprachigen Ausgabe: Paul Zsolnay Verlag, Wien
Übersetzung: Wolfgang Butt
Sie hätten keine bessere Stelle wählen können.
Weder für ihre eigenen Zwecke noch für seine.
Die Regenwolken verzogen sich. Als die Sonne hervorkam, wurde es sogleich wärmer.
Der Juni war kühl gewesen. Alle, mit denen er gesprochen hatte, beklagten sich über den schonischen Frühsommer. Und er hatte ihnen zugestimmt.
Er stimmte immer allen zu.
Das war die einzige Möglichkeit zu entkommen, dachte er stets. Allem zu entkommen, was einem in die Quere kam.
Diese Kunst hatte er gelernt, die Kunst, immer zuzustimmen.
Er sah zum Himmel auf. Mehr Regen würde es nicht geben. Frühling und Frühsommer waren wirklich sehr kühl gewesen. Aber jetzt, am Vorabend des Mittsommerfestes, kam endlich die Sonne heraus.
Es wird ein schöner Abend, dachte er. Außerdem ein denkwürdiger.
Das nasse Gras duftete. Von irgendwoher hörte er das Flügelschlagen von Vögeln. Auf der linken Seite unterhalb des Abhangs sah man das Meer.
Er stellte sich breitbeinig hin und spuckte einen Priem Kautabak aus. Dann verwischte er den Fleck mit dem Fuß im Sand.
Er hinterließ nie Spuren. Niemals. Aber oft dachte er, daß er aufhören sollte zu priemen. Es war eine schlechte Angewohnheit. Etwas, das nicht zu ihm paßte.
*
Sie hatten verabredet, sich in Hammar zu treffen.
Es lag günstig, weil zwei von ihnen aus Simrishamn kamen und die anderen aus Ystad. Dann wollten sie in das Naturreservat fahren, ihre Autos abstellen und zu der Stelle gehen, die sie ausgesucht hatten.
Eigentlich war es kein gemeinsamer Beschluß. Sie hatten lange verschiedene Alternativen erwogen und einander die Vorschläge zugeschickt. Aber als schließlich einer von ihnen diesen Platz vorschlug, hatten sie sich ohne Umstände entschieden, vielleicht, weil die Zeit knapp wurde. Es mußten viele Vorbereitungen getroffen werden. Einer von ihnen kümmerte sich um das Essen, ein anderer fuhr nach Kopenhagen, um Kleider und Perücken auszuleihen. Nichts sollte dem Zufall überlassen bleiben.
Sie waren auch auf schlechtes Wetter vorbereitet.
Um zwei Uhr am Nachmittag packte der dafür Zuständige eine große Plastikplane in eine rote Sporttasche. Er legte eine Rolle Klebeband und ein paar alte Zeltstangen aus Leichtmetall dazu. Sie wollten auch bei Regen draußen sein. Aber sie würden einen Regenschutz über dem Kopf haben.
Alles war vorbereitet. Keiner konnte vorhersehen, was dennoch geschah.
Einer von ihnen wurde plötzlich krank.
Eine junge Frau. Und sie war vielleicht auch diejenige, die sich am meisten auf diese Mittsommernacht gefreut hatte. Sie war den anderen vor weniger als einem Jahr begegnet.
Sie wachte früh am Morgen auf und fühlte sich nicht wohl. Zuerst glaubte sie, es sei nur Nervosität. Doch ein paar Stunden später, es war schon nach zwölf, erbrach sie sich und bekam Fieber. Sie hoffte noch immer, es würde vorübergehen. Doch als ihr Kamerad klingelte und sie abholen wollte, stand sie mit zitternden Beinen in der Tür und sagte, sie könne nicht mit.
Deshalb waren sie nur zu dritt, als sie sich kurz vor halb acht in Hammar trafen. Aber sie ließen sich die Stimmung nicht verderben. So etwas kam vor. Gegen plötzliche Krankheitsfälle war man machtlos.
Sie parkten ihre Wagen vor dem Naturreservat, nahmen ihre Körbe und verschwanden auf einem der Pfade. In der Ferne meinte einer von ihnen, eine Ziehharmonika zu hören. Sonst gab es nur die Vögel und das entfernte Rauschen des Meeres.
Als sie den im voraus bestimmten Platz erreichten, sahen sie sogleich, daß sie richtig gewählt hatten. Hier waren sie unbehelligt. Hier würden sie die Morgendämmerung erwarten.
Der Himmel war jetzt wolkenlos.
Es würde eine helle Mittsommernacht werden.
Im Februar hatten sie beschlossen, wie sie die Mittsommernacht feiern wollten. Sie hatten zusammengesessen und von ihrer Sehnsucht nach den hellen Sommernächten gesprochen. Sie hatten viel Wein getrunken und lange, in spielerischer Weise, darüber gestritten, was man eigentlich mit dunkel meinte.
Wann trat diese schwebende Stimmung zwischen Licht und Dunkelheit ein? Wie konnte man ein Dämmerungsland mit Worten beschreiben? Wieviel konnte man sehen, wenn das Licht so schwach war, daß man sich in diesem vagen Zwischenstadium befand, diesem gleitenden Zustand in unmittelbarer Nähe der langsam wachsenden Schatten?
Sie hatten sich nicht einigen können. Das Dunkel blieb eine ungelöste Frage. Aber es war immerhin der Abend, an dem sie ihr Fest geplant hatten. Als sie zu der Senke kamen und ihre Körbe abstellten, zogen sie sich einzeln zurück und wechselten im Schutz der dichten Büsche ihre Kleidung. Auf kleinen Taschenspiegeln, die sie zwischen die Zweige klemmten, konnten sie überprüfen, daß die Perücken richtig saßen. Die Perücken waren noch das Einfachste; schwieriger waren die Schnürleibchen, die Kissen und Unterröcke. Oder die Halstücher und Hemdkrausen, und nicht zuletzt die dicke Puderschicht. Alles mußte stimmen. Es war ein Spiel. Aber sie spielten es ernsthaft. Keiner von ihnen ahnte, daß in einiger Entfernung ein Mann stand und ihre komplizierten Vorbereitungen beobachtete.
Ungekürzte Ausgabe 2010
Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München
Lizenzausgabe mit Genehmigung des Paul Zsolnay Verlags
© 1997 Henning Mankell
© 2000 der deutschsprachigen Ausgabe: Paul Zsolnay Verlag, Wien
Übersetzung: Wolfgang Butt
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Autoren-Porträt von Henning Mankell
Henning Mankell, geboren 1948 in Härjedalen, war einer der großen schwedischen Gegenwartsautoren, von Lesern rund um die Welt geschätzt. Sein Werk wurde in über vierzig Sprachen übersetzt, es umfasst etwa vierzig Romane und zahlreiche Theaterstücke. Nicht nur sein Werk, sondern auch sein persönliches Engagement stand im Zeichen der Solidarität. Henning Mankell lebte abwechselnd in Schweden und Mosambik, wo er künstlerischer Leiter des Teatro Avenida in Maputo war. Er starb am 5. Oktober 2015 in Göteborg. Seine Taschenbücher erscheinen bei dtv.
Bibliographische Angaben
- Autor: Henning Mankell
- 2010, 8. Aufl., 608 Seiten, Maße: 12 x 19,1 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzer: Wolfgang Butt
- Verlag: DTV
- ISBN-10: 3423212187
- ISBN-13: 9783423212182
- Erscheinungsdatum: 26.04.2010
Rezension zu „Mittsommermord / Kurt Wallander Bd.8 “
»Einmal mehr ist Henning Mankell ein großer Wurf gelungen - es bleibt hoffentlich nicht das letzte Buch mit Wallander, diesem melancholischen Philosophen unter den fiktiven Polizisten.« NDR
Kommentar zu "Mittsommermord / Kurt Wallander Bd.8"