Neoliberalismus
Der Neoliberalismus, so scheint es, ist ein Phantom: Es gibt keine Anhänger, nur Kritiker. Der Begriff ist zu einer Kampfparole geworden, zur Negativfolie des modernen Kapitalismus mit einem globalisierten Markt, in dem nur der Wettbewerb zählt. Namen wie...
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Produktinformationen zu „Neoliberalismus “
Der Neoliberalismus, so scheint es, ist ein Phantom: Es gibt keine Anhänger, nur Kritiker. Der Begriff ist zu einer Kampfparole geworden, zur Negativfolie des modernen Kapitalismus mit einem globalisierten Markt, in dem nur der Wettbewerb zählt. Namen wie Milton Friedman, der wohl bekannteste Vertreter der neoliberalen Wirtschaftstheoretiker, stehen für das Konzept eines radikalen Laisser-faire, in dem es für die Schwächeren in der Gesellschaft keine soziale Absicherung mehr gibt.
Klappentext zu „Neoliberalismus “
Der Neoliberalismus, so scheint es, ist ein Phantom: Es gibt keine Anhänger, nur Kritiker. Der Begriff ist zu einer Kampfparole geworden, zur Negativfolie des modernen Kapitalismus mit einem globalisierten Markt, in dem nur der Wettbewerb zählt. Namen wie Milton Friedman, der wohl bekannteste Vertreter der neoliberalen Wirtschaftstheoretiker, stehen für das Konzept eines radikalen Laisser-faire, in dem es für die Schwächeren in der Gesellschaft keine soziale Absicherung mehr gibt.
Lese-Probe zu „Neoliberalismus “
Wenn man über eine undifferenzierte Verdammung des Neoliberalismus einerseits und über eine bornierte Verherrlichung des Marktes andererseits hinaus gelangen will, muss man sich wohl die Mühe machen, die Funktionsweise von Wettbewerbsmärkten und das Zusammenspiel zwischen Marktkoordination und staatlicher Regulierung genauer anzuschauen. Nur auf der Basis eines hinreichenden Verständnisses dieser Grundsachverhalte besteht eine Chance, angemessene Konzepte für erwünschte Verbesserungen entwickeln zu können. Ein erster Schritt bestünde darin, anzuerkennen, dass der von der Kritik bisweilen unterstellte "schrankenlose" Marktkapitalismus in Wirklichkeit nirgends existiert. Überall ist das Wirtschaften an Regeln und Normen gebunden, die zwar mehr oder weniger eng sind und -- wie alle Regeln -- mehr oder weniger befolgt werden, die aber doch in der Form von Wirtschaftsordnungen, Gesetzen, Vorschriften, Auflagen und Verboten das wirtschaftliche Handeln binden. Und dass es bei der Forderungnach Deregulierung nicht um die Durchsetzung des "totalen" Marktes geht, sondern um den Abbau staatlicher Reglementierung -- ausgehend von einer Staatsquote von rund 50 Prozent in Deutschland und einer Regelungsdichte, die in Europa ihresgleichen sucht. Vor diesem Hintergrund sind die Kernforderungen des neoliberale Projekts zu sehen -- Forderungen nach mehr Markt und weniger Staat, nach mehr Wettbewerb und Eigenverantwortung, nach weniger obrigkeitlicher Bevormundung und Regulierung.
Konturen des neoliberalen Projekts. Als philosophische Denkschule steht der Liberalismus in der Tradition von Aufklärung, Individualisierung und Rationalität. Der politische Liberalismus betont die individuelle Freiheit durch Rechtsschutz gegen staatliche Willkür (rule of law) sowie die personale Selbstbestimmung (pursuit of happiness)."Life, liberty and the pursuit of happiness" (Thomas Jefferson: Declaration of Independence 1776). Der Wirtschaftsliberalismus setzt auf Markt und Wettbewerb als
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Organisationsprinzipien des wirtschaftlichen Handelns. Im 18. Jahrhundert richtete sich die Forderung des Laisser-faire! gegen obrigkeitliche Willkür und staatliche Bevormundung; das korrumpierte und fortschrittsfeindliche Feudalregime sollte einem neuen System der "natürlichen Freiheit" Platz machen.
Diese Kernelemente finden sich im heutigen "neoliberalen Projekt" wieder: Auch dabei geht es um den Abbau überzogener staatlicher Regulierungen und lähmender Belastungen des Wirtschaftslebens. Im Zuge einer schleichenden Hypertrophie des Sozialstaats hat sich ein unentwirrbares Netz von Regelungen, Auflagen und Abgaben wie Mehltau über die Wirtschaft gelegt. Die eingeengten individuellen Handlungsspielräume müssten deswegen durch Reformen wieder ausgeweitet, die Blockierungen des Marktsystems wieder gelöst werden. Das neoliberale Projekt zielt auf eine Gestaltung von Wirtschaft und Gesellschaft derart, dass die Individuen darin ihr "Streben nach Glück" mit einem Minimum an staatlicher Reglementierung und einem Maximum an individueller Selbstbestimmung realisieren können.
Eckpunkte der Neoliberalismuskritik. Aus der Perspektive der Neoliberalismuskritik zeigen aber genau diese Bestrebungen, dass der ordnende Staat zurückgedrängt, ja, entmachtet werden soll -- in der Absicht, die Gesellschaft einem rigorosen Marktregime zu unterwerfen. Die neoklassische Theorie fungiere dabei lediglich als Ideologie, die den Konkurrenzkampf "aller gegen alle" rechtfertigen soll -- jedes Wirtschaftssubjekt eine Ich-AG. Es sei bereits beobachtbar, so die Kritik weiter, dass andere gesellschaftliche Lebensbereiche zunehmend vom Markt- und Profitkalkül dominiert würden, ganz im Sinne der These einer fortschreitenden "Kolonialisierung der Lebenswelt" (Habermas 1979, S. 28). Das "Ideal", so Ulrich (2002), "das implizite Ideal des theoretisch und praktisch betriebenen 'ökonomischen Rationalismus' [...] ist nicht mehr eine ethisch-politisch eingebettete Marktwirtschaft, sondern eine totale Marktgesellschaft".
Ethisch-kommunitarisch ausgerichtete Kritiker des Neoliberalismus geißeln die gemeinschaftsfeindliche Prämisse vom autonomen, rationalen Wirtschaftssubjekt und beklagen die normative Dürftigkeit wie auch die Kälte des Marktes. Dem wollen sie mit gemeinschaftsdienlichen Werten und mit einer Erneuerung der Tugend entgegen treten. Wenn allerdings kommunitarisch Gutmeinende verhindern wollen, dass "die Individuen [...] als zitternde Atome in der Kälte des Neoliberalismus alleingelassen werden", dann folgt daraus zwingend der Anspruch einer "Remoralisierung der Zivilgesellschaft" (Reese-Schäfer 2001, S. 131). Damit aber läuft dieser Ansatz in die präzeptorale Falle: Indem Kommunitarier und andere Moralisten normative Vorgaben verabreichen, spielen sie sich zum Vormund auf. Doch die damit intendierte Formung eines besseren und neuen Menschen ist definitiv erledigt, ob nun in der sozialistischen Variante oder in der des florentinischen Bußpredigers Savonarola (1452"1498).
Man wird der Neoliberalismuskritik sicher nicht gerecht, wenn man darin lediglich abgestandenen Antikapitalismus sieht oder sie nur als maßlos überzogen abtut. Immerhin werden in dieser Kritik eine Reihe schwerwiegender Fehlentwicklungen thematisiert, mit denen sich gerade diejenigen auseinandersetzen sollten, die von der prinzipiellen Überlegenheit des Marktes überzeugt sind. Anhaltende Massenarbeitslosigkeit, Krisen, soziale Ungleichheit und Armut zeigen, dass einige der Marktverheißungen nicht erfüllt worden sind (auch wenn noch zu diskutieren wäre, welchen Anteil daran die Wirkungsweise des Marktes hat -- und welchen die Behinderung des Marktes). Kritiker mahnen an, was in Variationen seit Bestehen des Kapitalismus gefordert wird: Beseitigung von Hunger und Armut, soziale Gerechtigkeit, ökologisches Umsteuern, bessere Chancen für die Entwicklungsländer im Weltmarkt und Domestizierung des Weltkapitalismus durch eine Art globaler "sozialer Marktwirtschaft".
Wer möchte sich diesen Forderungen verschließen? Alle Welt ist dafür. Dissens zeigt sich indessen dort, wo es darum geht, wie diese Ziele realisiert werden sollen. Jenseits aller marktschreierischen Kritik und plakativen Polemik ist dies der Inhalt der Kontroverse zwischen den Anhängern einer stärker marktorientierten/neoliberalen Position einerseits und den Anhängern einer stärker regulierenden/staatsinterventionistischen Position andererseits: Brauchen wir mehr Staat, umfangreichere Regulierungen und zusätzliche öffentliche Programme, um Vollbeschäftigung, soziale Gerechtigkeit und globale Entwicklung zu verwirklichen, oder brauchen wir dazu mehr Markt, mehr Wettbewerb, Deregulierung und Entlastung der Wirtschaft von staatlichen Auflagen?
Diese Kernelemente finden sich im heutigen "neoliberalen Projekt" wieder: Auch dabei geht es um den Abbau überzogener staatlicher Regulierungen und lähmender Belastungen des Wirtschaftslebens. Im Zuge einer schleichenden Hypertrophie des Sozialstaats hat sich ein unentwirrbares Netz von Regelungen, Auflagen und Abgaben wie Mehltau über die Wirtschaft gelegt. Die eingeengten individuellen Handlungsspielräume müssten deswegen durch Reformen wieder ausgeweitet, die Blockierungen des Marktsystems wieder gelöst werden. Das neoliberale Projekt zielt auf eine Gestaltung von Wirtschaft und Gesellschaft derart, dass die Individuen darin ihr "Streben nach Glück" mit einem Minimum an staatlicher Reglementierung und einem Maximum an individueller Selbstbestimmung realisieren können.
Eckpunkte der Neoliberalismuskritik. Aus der Perspektive der Neoliberalismuskritik zeigen aber genau diese Bestrebungen, dass der ordnende Staat zurückgedrängt, ja, entmachtet werden soll -- in der Absicht, die Gesellschaft einem rigorosen Marktregime zu unterwerfen. Die neoklassische Theorie fungiere dabei lediglich als Ideologie, die den Konkurrenzkampf "aller gegen alle" rechtfertigen soll -- jedes Wirtschaftssubjekt eine Ich-AG. Es sei bereits beobachtbar, so die Kritik weiter, dass andere gesellschaftliche Lebensbereiche zunehmend vom Markt- und Profitkalkül dominiert würden, ganz im Sinne der These einer fortschreitenden "Kolonialisierung der Lebenswelt" (Habermas 1979, S. 28). Das "Ideal", so Ulrich (2002), "das implizite Ideal des theoretisch und praktisch betriebenen 'ökonomischen Rationalismus' [...] ist nicht mehr eine ethisch-politisch eingebettete Marktwirtschaft, sondern eine totale Marktgesellschaft".
Ethisch-kommunitarisch ausgerichtete Kritiker des Neoliberalismus geißeln die gemeinschaftsfeindliche Prämisse vom autonomen, rationalen Wirtschaftssubjekt und beklagen die normative Dürftigkeit wie auch die Kälte des Marktes. Dem wollen sie mit gemeinschaftsdienlichen Werten und mit einer Erneuerung der Tugend entgegen treten. Wenn allerdings kommunitarisch Gutmeinende verhindern wollen, dass "die Individuen [...] als zitternde Atome in der Kälte des Neoliberalismus alleingelassen werden", dann folgt daraus zwingend der Anspruch einer "Remoralisierung der Zivilgesellschaft" (Reese-Schäfer 2001, S. 131). Damit aber läuft dieser Ansatz in die präzeptorale Falle: Indem Kommunitarier und andere Moralisten normative Vorgaben verabreichen, spielen sie sich zum Vormund auf. Doch die damit intendierte Formung eines besseren und neuen Menschen ist definitiv erledigt, ob nun in der sozialistischen Variante oder in der des florentinischen Bußpredigers Savonarola (1452"1498).
Man wird der Neoliberalismuskritik sicher nicht gerecht, wenn man darin lediglich abgestandenen Antikapitalismus sieht oder sie nur als maßlos überzogen abtut. Immerhin werden in dieser Kritik eine Reihe schwerwiegender Fehlentwicklungen thematisiert, mit denen sich gerade diejenigen auseinandersetzen sollten, die von der prinzipiellen Überlegenheit des Marktes überzeugt sind. Anhaltende Massenarbeitslosigkeit, Krisen, soziale Ungleichheit und Armut zeigen, dass einige der Marktverheißungen nicht erfüllt worden sind (auch wenn noch zu diskutieren wäre, welchen Anteil daran die Wirkungsweise des Marktes hat -- und welchen die Behinderung des Marktes). Kritiker mahnen an, was in Variationen seit Bestehen des Kapitalismus gefordert wird: Beseitigung von Hunger und Armut, soziale Gerechtigkeit, ökologisches Umsteuern, bessere Chancen für die Entwicklungsländer im Weltmarkt und Domestizierung des Weltkapitalismus durch eine Art globaler "sozialer Marktwirtschaft".
Wer möchte sich diesen Forderungen verschließen? Alle Welt ist dafür. Dissens zeigt sich indessen dort, wo es darum geht, wie diese Ziele realisiert werden sollen. Jenseits aller marktschreierischen Kritik und plakativen Polemik ist dies der Inhalt der Kontroverse zwischen den Anhängern einer stärker marktorientierten/neoliberalen Position einerseits und den Anhängern einer stärker regulierenden/staatsinterventionistischen Position andererseits: Brauchen wir mehr Staat, umfangreichere Regulierungen und zusätzliche öffentliche Programme, um Vollbeschäftigung, soziale Gerechtigkeit und globale Entwicklung zu verwirklichen, oder brauchen wir dazu mehr Markt, mehr Wettbewerb, Deregulierung und Entlastung der Wirtschaft von staatlichen Auflagen?
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Inhaltsverzeichnis zu „Neoliberalismus “
InhaltSiglen 9Einleitung 111 Das neoliberale Projekt: Vorrang für den Markt 281.1 Hintergründe des neoliberalen Projekts 281.2 Der Markt als Koordinationsmechanismus 341.3 Wettbewerb als Anreiz- und Sanktionssystem 571.4 Die Tendenz zum Gleichgewicht 601.5 Gemeinwohl als »Nebenwirkung« des Marktes 671.6 Der Staat im liberalen Paradigma 841.7 Der Mensch im liberalen Paradigma 901.8 Der Kern des neoliberalen Projekts 1062 Die Wegbereiter des neoliberalen Projekts 1072.1 Friedrich August von Hayek 1092.2 Milton Friedman 1283 Brennpunkte der Neoliberalismuskritik 1473.1 Wider den neoliberalen »Ökonomismus« 1473.2 Wider das Wüten der Marktkonkurrenz 1563.3 Wider Egoismus und Profitstreben 1633.4 Wider die »Furie der Deregulierung« 1703.5 Wider eine neoliberale Globalisierung 1773.6 Zusammenfassung: Das Elend der Neoliberalismuskritik 184Literatur 196Glossar 205
Autoren-Porträt von Gerhard Willke
Gerhard Willke bietet erstmals eine objektive Darstellung der neoliberalen Ansätze, die zeigt, was an der Neoliberalismuskritik berechtigt und was daran nur lamentierender Zeitgeist ist.Gerhard Willke bietet erstmals eine objektive Darstellung der neoliberalen Ansätze, die zeigt, was an der Neoliberalismuskritik berechtigt und was daran nur lamentierender Zeitgeist ist.
Bibliographische Angaben
- Autor: Gerhard Willke
- 2003, 209 Seiten, Maße: 12,6 x 18,6 cm, Kartoniert (TB), Deutsch
- Verlag: CAMPUS VERLAG
- ISBN-10: 3593372088
- ISBN-13: 9783593372082
- Erscheinungsdatum: 15.09.2003
Rezension zu „Neoliberalismus “
Argumentation in Fäustlingen"Ein intellektueller Schlagabtausch gibt dieser Einführung ihren Reiz." (Financial Times Deutschland, 18.11.2003)
Das Pro und Contra eines Phantoms
"Dieses Buch bietet fast alles, was man von einer guten Wirtschaftslektüre erwarten kann: Es ist informativ, nicht zu lang und vor allem fesselnd geschrieben. Und das ist gerade bei einem wirtschaftspolitischen Thema eher die Ausnahme." (Rolf Döbeli, getAbstract.com, 18.11.2003)
Ach, Neoliberalismus
"Willke verteidigt klug und eingängig den Kapitalismus - und enthüllt nebenbei ebenso einleuchtend dessen Schwächen." (Die Tageszeitung, 17.01.2004)
Die List der liberalen Idee
"Der Autor schildert mit Tiefgang und Prägnanz alle wesentlichen Bestandteile des liberalen Paradigmas." (Frankfurter Allgemeine Zeitung, 25.10.2004)
Kommentar zu "Neoliberalismus"
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