Oneiros - Tödlicher Fluch
Roman
In Paris rast ein Airbus ungebremst in ein Flughafenterminal. Die Ermittlungen beginnen sofort - aber die Ergebnisse sind rätselhaft: Alle Insassen waren schon tot, bevor das Flugzeug auf das Gebäude traf. Was die Polizei nicht weiß: Es gibt doch einen Überlebenden.
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Produktinformationen zu „Oneiros - Tödlicher Fluch “
In Paris rast ein Airbus ungebremst in ein Flughafenterminal. Die Ermittlungen beginnen sofort - aber die Ergebnisse sind rätselhaft: Alle Insassen waren schon tot, bevor das Flugzeug auf das Gebäude traf. Was die Polizei nicht weiß: Es gibt doch einen Überlebenden.
Klappentext zu „Oneiros - Tödlicher Fluch “
In Leipzig hütet ein Bestatter ein grausames Geheimnis, in Minsk führt eine skrupellose Wissenschaftlerin tödliche Experimente durch, in Paris rast ein Airbus ungebremst in ein Flughafenterminal ... Die Ermittlungen zu dem Unglück beginnen sofort - aber die Ergebnisse sind rätselhaft: Sämtliche Insassen waren schon tot, bevor das Flugzeug auf das Gebäude traf. Was die Polizei jedoch nicht herausfindet, ist, dass es einen Überlebenden gibt. Konstantin Korff, der Bestatter aus Leipzig, kommt diesem Überlebenden hingegen schnell auf die Spur, ebenso wie die Wissenschaftlerin - denn diese drei Menschen tragen denselben tödlichen Fluch in sich. Einen Fluch, der sie zu einer Gefahr für jeden in ihrer Umgebung macht ...
Lese-Probe zu „Oneiros - Tödlicher Fluch “
Oneiros - Tödlicher Fluch von Markus HeitzProlog
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»... wünschen wir Ihnen guten Appetit bei Ihrem Frühstück. In etwa zwei Stunden, gegen 10 . 45 Uhr, erreichen wir den Flughafen Paris-Charles de Gaulle, in ungefähr einer Stunde beginnen wir allmählich mit dem Landeanflug und verringern die Flughöhe. Näheres dazu dann wieder von mir. Wenn Sie Fragen oder Wünsche haben, stehen mein Team und ich Ihnen jederzeit gern zur Verfügung.« Christine beendete die Ansage, die sie auf Französisch und auf Englisch mit charmantem Akzent tätigte. Sie machte ihren Kolleginnen Platz, die mit der Essensverteilung begannen.
530 Passagiere in jeweils drei Klassen auf zwei Decks wollten ihr Frühstück haben. Die Chefstewardess hoffte, dass es die Laune an Bord hob. Sie hatten zwei Stunden Verspätung, weil das Personal des JFK-Airports in New York überlastet gewesen war. Oder überfordert. Oder die Technik dort zu alt. Und das geschah nicht zum ersten Mal.
Christines Blick schweifte umher. Flug AF023 erwachte Platz um Platz zum Leben.
Sie mochte die Stimmung am Morgen. Die meisten Passagiere waren halbwegs munter, einige hatten noch die Schlafmasken auf den Augen und den Sitz zur Liege umgebaut, dösten vor sich hin oder hatten Kopfhörer auf den Ohren. Woanders wurde bereits ein Film geschaut; leises Gemurmel schwebte in der Luft, irgendwo in der hellen Kabine lachten Kinder. Sie musste lächeln, weil sie an ihren Sohn dachte. Olivier, sieben Jahre.
»Schaust du bitte mal nach Sitz 81?«, raunte Marlène ihr zu, während sie den ersten Servierwagen aus dem Küchenbereich schob. Es roch nach frisch gebrühtem Kaffee, gebratenen Eiern, Brötchen und Croissants; der Duft verbreitete sich langsam im A380-862.
»Was ist mit ihm?«
»Er nervt. Er hat schon den vierten Whiskey, hing vorhin in der Bar und beschwerte sich, dass ihm das Abendessen Diarrhö beschert hätte.«
»Was hat er gegessen?«
Marlène rollte mit den Augen und blieb stehen. »Zuerst eine Suppe, danach Lachs auf Zitronen-Safran-Reis mit Salat, dann noch ein weiteres Stück Lachs, zwei Croissants mit Schokoladencreme. Zwei Packungen Erdnüsse, eine Packung Chips. Mit scharfem Dip. Das ist das, was ich mitbekommen habe. Claire sagte, dass er zwischendurch einige Gratis-Snacks vernichtet hat. Oh, und er hat eine halbe Flasche Gin gesoffen. Mein Magen würde da auch streiken.«
»Ich kümmere mich darum.« Christine sandte sie mit einem Nicken nach draußen, um das Frühstück auf dem Hauptdeck zu verteilen, wo die meisten Passagiere der niedrigsten Preisklasse untergebracht waren. Bei der Air France nannte man sie ein wenig verschleiernd Voyageurs, was edler klang als dritte Klasse. 340 Männer, Frauen und Kinder waren hier in langen Sitzreihen hinter- und nebeneinander untergebracht. Die Première, die erste Klasse, war im vorderen Teil des Flugzeugs strikt davon abgetrennt.
Christine machte sich schnell auf den Weg, damit sie gleich beim Austeilen der Portionen helfen konnte. Chefin zu sein, bedeutete mehr Verantwortung und nicht weniger Arbeit. Um zu Sitz 81 und seinem renitenten Okkupanten zu gelangen, musste sie allerdings erst ins höher gelegene Deck. Hier befanden sich 106 weitere Voyageurs sowie 80 Affaires, die Business-Klasse.
Christine nahm die nächstbeste Treppe und erreichte das Oberdeck, schritt an den Reihen der Affaires entlang, um weiter nach hinten vorzudringen. Um sie herum schwärmten ihre Kolleginnen und Kollegen, um das durchaus luxuriöse Frühstück zu den Fluggästen zu bringen. Sie seufzte. Ausgerechnet im dicksten Trubel musste einer der Passagiere den Aufstand proben.
Im Vorbeigehen nickte sie den Stewardessen zu, die mit dem Verteilen des Essens begonnen hatten und die letzten Schlafenden mit einem gehauchten bonjour sanft aus den Träumen holten.
»Entschuldigen Sie!«
Christine zuckte zusammen, als sich kühle Finger um ihr Handgelenk schlossen und sie zum Anhalten zwangen.
»Kann ich bitte eine Kanne besonders starken Kaffee bekommen?«
Sie senkte den Blick und betrachtete den Mann. Er war um die vierzig, in einem vollkommen durchschnittlichen, nicht sehr kostspieligen Outfit. Christine konnte die Preise von Garderoben sehr genau einschätzen. Obwohl er sich offensichtlich ein Business-Class-Ticket leisten konnte, war seine Kleidung nicht mehr als hundert Euro wert, inklusive der Stiefel: Jeans, kariertes Hemd, Halstuch. Ein Pseudocowboy, obwohl er dem Akzent seines Englischs nach wohl aus Skandinavien kam. Er hatte ungepflegtes, blondes Haar, das schütter und wirr auf seinem Kopf lag, sowie tiefe Ringe um die hellblauen Augen. Er schien lange nicht geschlafen zu haben. »Monsieur, ich sage meinen Kolleginnen Bescheid.«
Der Mann ließ sie nicht los, seine Augen starrten eindringlich. Unbeweglich. »Bitte richten Sie ihnen aus, dass er sehr, sehr stark sein muss«, raunte er heiser und rieb sich mit der freien Hand über das bleiche Gesicht. Ein dünner Schweißfilm überzog die hohe Stirn.
Christine sah, dass auf dem heruntergeklappten Tisch vier leere Dosen Energiedrinks standen, und die bräunlichen, ringförmigen Spuren auf der ansonsten sauberen Plastikfläche verrieten, dass er bereits Kaffee getrunken haben musste. »Das tue ich sofort, Monsieur. Würden Sie mich bitte loslassen?«
»Stark! Das ist wichtig!« Sein Blick flackerte, dann senkte der Mann die Augen und fixierte die Dosen. »Verzeihung«, flüsterte er und löste die Finger von Christines Arm. Dann sank er in sich zusammen, was wohl als eine Art Entschuldigung dienen sollte; sein anschließendes Gemurmel verstand sie nicht.
Christine setzte ihren Weg fort und beschloss, den Namen des Mannes auf der Passagierliste zu prüfen, sobald sie zurückkam. Das war kein normales Verhalten. Außerdem sah er nicht aus, als würde er in die Business-Class gehören. Am Ende hatte sie es mit einem Junkie zu tun, der es vor Entzug nicht mehr aushielt und kurz vor der Landung ausrastete. Oder während der Landung.
Sie richtete im Gehen ihre marineblaue Jacke, das in einem helleren Ton gehaltene Halstuch sowie die Brosche mit ihrem Air France-Emblem und betrat das Reich der Voyageurs, wo die Passagiere im 2-4-2-Sitzsystem nebeneinandersaßen, ohne beengt zu sein. Kein Vergleich zu den alten Maschinen.
Sitz 81. Hellwach, schlecht gelaunt und eine Brechtüte in der Hand. Er redete auf seine Nachbarn ein, eine junge Frau mit ihrem Sohn rechts und ein Orientale links, die nickten, aber nichts antworten konnten, weil er unermüdlich erzählte. Gestikulierte. Sich echauffierte.
Christine analysierte ihn blitzschnell. Akzent: Italiener.
Garderobe: um die fünfhundert Euro, ohne den Goldschmuck. Kategorie: geiziger Geschäftsmann, Angeber und cazzo.
»Monsieur?« Sie bleckte die Zähne und präsentierte ihr »Leck mich am Arsch«-Lächeln, das unverzichtbar zum Repertoire einer guten Stewardess gehörte. Eine Beleidigung, die keine war.
Sein schwarzer Lockenkopf zuckte herum, das leichte Doppelkinn wippte. Er war höchstens Mitte dreißig, aber eine bella figura machte er nicht. Eine leichte Alkoholfahne umgab ihn. »Si?«
»Monsieur, meine Kollegin sagte, dass Sie sich unpässlich fühlen. Was darf ich Ihnen zur Linderung bringen? Kohletabletten oder ...«
»Porca miseria! Mir ist zum Kotzen, weil ich von diesem Franzosenfraß gegessen habe!«, stieß er auf Englisch hervor und machte eine sehr italienische Handbewegung dazu, die sagen sollte: Mit Alitalia wäre das nicht passiert. »Verspätung haben wir auch«, setzte er hinzu, als wäre die Unpünktlichkeit des Flugs Schuld an seinem Zustand.
Die Passagiere in seiner Reihe verdrehten die Augen, der Junge spielte gelangweilt mit einem bunten Stift mit einer kleinen Leuchtdiode herum. Der Orientale hatte eine Sauerstoffflasche vor sich abgestellt, ein durchsichtiger Schlauch führte von dort unter das Hemd und kam am Hals wieder zum Vorschein. Zwei dünne Enden ragten in seine Nasenlöcher.
Christine beugte sich nach vorne. »Monsieur, ich bedaure Sie außerordentlich. Unser Kapitän hat bereits alles versucht, um den Zeitverlust zu minimieren.« Christine warf den Sitznachbarn entschuldigende Blicke zu, die sich auf den Umstand bezogen, dass ausgerechnet sie diesen Passagier ertragen mussten. »Was das Essen angeht, so haben mir meine Kolleginnen zugetragen, dass Sie unter Umständen etwas viel durcheinander zu sich genommen haben. Darf ich Ihnen vorschlagen ...«
Er verzog das Gesicht. »Haben Sie gerade gesagt, dass ich selbst schuld bin, dass ich kotzen muss und mein Darm mich alle paar Minuten auf das Klo zwingt?« 81 warf die Hände in die Luft, das Goldkettchen am rechten Handgelenk klirrte leise und funkelte im Licht der Leselampe. Den eingravierten italienischen Spruch konnte Christine nicht lesen. »Das muss ich mir nicht bieten lassen! Ich habe viel Geld bezahlt und werde dafür vergiftet!«
Christine atmete tief ein und richtete sich auf. Ihr Lächeln wurde noch breiter und verachtender. »Monsieur, bitte beruhigen Sie sich. Ich verspreche Ihnen ...«
»Ich will die Hälfte meines Geldes zurück«, rief er und sah sie angriffslustig an, rülpste dabei unterdrückt. »Nein, am besten eine volle Rückerstattung, oder ich verklage Air France.« Die dunklen Augen blitzten, er kreuzte die Arme vor der Brust. »Wenn es sein muss, nehme ich eine Probe von meinem Durchfall und lasse ihn untersuchen.« Dann erhob er sich ruckartig, zwängte sich an seinen Nachbarn und der Chefstewardess vorbei und hastete zur Toilette.
Christine verstand, warum Marlène sie um Hilfe gebeten hatte. Dieses Mal bekam sie bedauernde Blicke von den Passagieren. »Ich kann mich für den Zwischenfall nur entschuldigen, messieurs dames«, sagte sie in die Runde.
»Kein Problem«, gab der Orientale, der ein traditionelles Gewand sowie einen dichten schwarzen Bart trug, schwer atmend zurück. Christine erinnerte sich an ihn, weil er eine Sondergenehmigung beim Einchecken für seine Sauerstoffflasche vorgezeigt hatte.
»Da können Sie mal sehen, dass Reisen bildet: Mein Sohn bekommt mehr italienische Schimpfwörter beigebracht, als er je brauchen könnte«, fügte die junge Frau ironisch hinzu. Der Junge kümmerte sich gleichgültig um den Leuchtstift.
Christine nickte dankbar. »Vielen Dank für Ihr Verständnis, messieurs dames. Ich werde schauen, ob ich für Besserung sorgen kann.« Sie ließ offen, ob sie damit den Zustand von 81 meinte, oder ob sie den Mann auf einen anderen Sitz verfrachten wollte, um die Geduld und die Nerven der übrigen Fluggäste zu schonen. Zwei Stunden an der Seite eines Profinörglers konnten sehr lange sein.
Schon wurde der Italiener wieder am Ende des Ganges sichtbar, drückte sich an die Kabinenwand neben der Toilette und winkte ihr verstohlen zu.
Christine ging zu ihm und bemerkte, dass er dabei auf ihre schlanken Beine schaute. »Monsieur, was kann ich für Sie tun? Ist das Toilettenpapier alle?«
Aber 81 gab sich friedlich. »Verzeihen Sie mein Auftreten«, sagte er leise und gestikulierte dennoch weiter, als würde er sich aufregen. »Ich wollte nicht, dass der Araber Verdacht schöpft.«
»Monsieur? Der Araber? Ich verstehe nicht.«
81 drehte sich so, dass man sein Gesicht von den Sitzen aus nicht erkennen konnte. »Er hat die ganze Zeit im Koran gelesen«, raunte er, »und vor sich hin gemurmelt.«
»Es ist in den Maschinen der Air France nicht verboten, religiöse Bücher zu lesen, Monsieur«, hielt sie dagegen. Ein anstrengender Fluggast mit Paranoia. Das hatte ihr noch gefehlt. Sie wusste genau, auf was er hinauswollte. »Die Dame auf Sitz 53 las vorhin die Bibel, und einer der Herrschaften in der Affaires hatte das Kommunistische Manifest vor sich liegen. Deshalb müssen sie nicht gleich Terroristen sein.«
»Die Sauerstoffflasche!«
»Monsieur, der Mann ist im Besitz einer Ausnahmegenehmigung der Air France. Auch wenn ich Ihnen das nicht sagen dürfte, doch zu Ihrer Beruhigung: Er ist lungenkrank und hat eine ...«
»Aber er hat sie nicht aufgedreht.«
Christine musste zugeben, dass sie sich einen Moment verunsichern ließ. »Vielleicht muss er nicht die ganze Zeit inhalieren?«
Er warf ihr einen triumphierenden Blick zu. »Er hat sie kein einziges Mal benutzt, seit wir eingestiegen sind. Die Anzeige steht auf off. Ich kenne das Modell, mein Vater bekam unterstützend Sauerstoff. Dieser Araber ist nicht lungenkrank, darauf verwette ich meinen Goldschmuck.«
Jetzt war ihr Misstrauen tatsächlich geweckt, auch wenn sie es nicht mochte, dass 81 recht haben könnte. »Bon. Monsieur, ich lasse die Genehmigung nochmals prüfen.«
»Dann kann es zu spät sein!« Er packte sie am Arm, an der gleichen Stelle, wo sie vorhin der Affaires mit der kalten Hand und den müden Augen berührt hatte. »Wir haben elf Araber an Bord. Ich habe sie gezählt, und sie sind gut verteilt auf den Decks. Vorhin standen sie an der Bar zusammen und redeten leise. Sie kennen sich! Aber warum sitzen sie dann nicht zusammen?«, sprach er eindringlich. »Was ist, wenn sie zusammengehören und einen Anschlag planen? Wenn es eine Bombe ist oder ... Giftgas, das der Mann neben mir dabeihat?« Er sah rasch über die Schulter. »Was machen wir?«
»Wir machen nichts, ich unternehme etwas, Monsieur.« Christine ärgerte sich, dass es 81 nun endgültig gelungen war, sie mit seinem Verfolgungswahn anzustecken. Es war zwar mehr als unwahrscheinlich, dass sich die italienischen Hirngespinste als etwas anderes als Paranoia herausstellten, aber Sicherheit ging vor. Bei über fünfhundert Menschen an Bord konnte sie nicht so tun, als hätte er nichts gesagt. »Sie kehren an Ihren Platz zurück, Monsieur. Ich prüfe die Passagierlisten und die Genehmigung des Mannes und leite Sicherheitsmaßnahmen in die Wege«, erklärte sie ihm rasch, damit er beruhigt war. »Sollte Ihnen etwas auffallen, tun Sie so, als wäre Ihnen schlecht, und ich komme wieder.« Christine nickte ihm zu. Er nickte zurück und schien stolz auf seine Leistung, dann presste er für einen Moment die Hand auf den Magen. »Oh, mir ist wirklich nicht gut«, fügte er hinzu. »Aber Sie haben recht: Ich bin selbst schuld.« Trotz der aschfahlen Gesichtsfarbe zwinkerte er ihr sehr italienisch zu und kehrte zu seinem Sitz zurück.
Christine fand ihn nicht mehr ganz so unsympathisch und eilte zum Crewbereich, um die Prüfungen vorzunehmen.
»Denken Sie an meinen Kaffee«, rief jemand verlangend hinter ihr. »Extra stark, ja? Ich schlafe sonst gleich ein.«
»Aber ja, Monsieur!«, gab sie im Laufen zurück, ohne anzuhalten, was sie unter normalen Umständen niemals tun würde. Aber jetzt hatte sie Wichtigeres zu tun. Der Pseudocowboy sollte sich nicht so anstellen. Als würde Air France seichten Kaffee anbieten! »Ich sage es meiner Kollegin tout de suite.«
Christine erreichte das Hauptdeck, während im A380 die letzten Frühstücke verteilt wurden. Angespannt setzte sie sich an den Computer, nahm die Passagierlisten zur Hand, glich die Daten mit dem Sitzplan ab, überprüfte die vorhandenen Informationen.
Die fraglichen Orientalen stammten aus verschiedenen arabischen Staaten, es gab keinerlei Eintragungen, die sie irgendwie verdächtig machten.
Dann aber legte sich ihre Stirn in Falten, als sie den Namen des Passagiers neben 81 las: Rub al-Chali.
Sie meinte sich zu erinnern, dass eine Wüste im Oman so hieß. Früher war sie viel mit einer anderen Airline im dortigen Raum unterwegs gewesen, daher kannte sie sich etwas aus.
War es möglich, dass ein Mann und eine Wüste denselben Namen trugen oder ... ?
Wieso sollte sie einen der Sicherheitsleute einschalten. Unter den Passagieren befanden sich vier Bewaffnete, zwei auf jedem Deck, Mitglieder eines Spezialkommandos. Air France setzte sie bei Flügen von und nach New York ein, aus Umsicht und zur Abwehr von Entführungen durch Extremisten. Unauffällig, gekleidet wie normale Reisende.
Rub al-Chali.
Ihr wurde heiß und kalt, sie rieb sich vor Nervosität die Schläfen. Die italienischen Hirngespinste schienen immer weniger absurd.
»Warum ausgerechnet bei meinem Flug?«, murmelte Christine. Sie beschloss, den capitaine über ihren Verdacht zu informieren. Er sollte entscheiden, was zu tun war.
...
© 2012 Knaur Taschenbuch
Ein Unternehmen der Droemerschen Verlagsanstalt
Th. Knaur Nachf. GmbH & Co. KG, München
»... wünschen wir Ihnen guten Appetit bei Ihrem Frühstück. In etwa zwei Stunden, gegen 10 . 45 Uhr, erreichen wir den Flughafen Paris-Charles de Gaulle, in ungefähr einer Stunde beginnen wir allmählich mit dem Landeanflug und verringern die Flughöhe. Näheres dazu dann wieder von mir. Wenn Sie Fragen oder Wünsche haben, stehen mein Team und ich Ihnen jederzeit gern zur Verfügung.« Christine beendete die Ansage, die sie auf Französisch und auf Englisch mit charmantem Akzent tätigte. Sie machte ihren Kolleginnen Platz, die mit der Essensverteilung begannen.
530 Passagiere in jeweils drei Klassen auf zwei Decks wollten ihr Frühstück haben. Die Chefstewardess hoffte, dass es die Laune an Bord hob. Sie hatten zwei Stunden Verspätung, weil das Personal des JFK-Airports in New York überlastet gewesen war. Oder überfordert. Oder die Technik dort zu alt. Und das geschah nicht zum ersten Mal.
Christines Blick schweifte umher. Flug AF023 erwachte Platz um Platz zum Leben.
Sie mochte die Stimmung am Morgen. Die meisten Passagiere waren halbwegs munter, einige hatten noch die Schlafmasken auf den Augen und den Sitz zur Liege umgebaut, dösten vor sich hin oder hatten Kopfhörer auf den Ohren. Woanders wurde bereits ein Film geschaut; leises Gemurmel schwebte in der Luft, irgendwo in der hellen Kabine lachten Kinder. Sie musste lächeln, weil sie an ihren Sohn dachte. Olivier, sieben Jahre.
»Schaust du bitte mal nach Sitz 81?«, raunte Marlène ihr zu, während sie den ersten Servierwagen aus dem Küchenbereich schob. Es roch nach frisch gebrühtem Kaffee, gebratenen Eiern, Brötchen und Croissants; der Duft verbreitete sich langsam im A380-862.
»Was ist mit ihm?«
»Er nervt. Er hat schon den vierten Whiskey, hing vorhin in der Bar und beschwerte sich, dass ihm das Abendessen Diarrhö beschert hätte.«
»Was hat er gegessen?«
Marlène rollte mit den Augen und blieb stehen. »Zuerst eine Suppe, danach Lachs auf Zitronen-Safran-Reis mit Salat, dann noch ein weiteres Stück Lachs, zwei Croissants mit Schokoladencreme. Zwei Packungen Erdnüsse, eine Packung Chips. Mit scharfem Dip. Das ist das, was ich mitbekommen habe. Claire sagte, dass er zwischendurch einige Gratis-Snacks vernichtet hat. Oh, und er hat eine halbe Flasche Gin gesoffen. Mein Magen würde da auch streiken.«
»Ich kümmere mich darum.« Christine sandte sie mit einem Nicken nach draußen, um das Frühstück auf dem Hauptdeck zu verteilen, wo die meisten Passagiere der niedrigsten Preisklasse untergebracht waren. Bei der Air France nannte man sie ein wenig verschleiernd Voyageurs, was edler klang als dritte Klasse. 340 Männer, Frauen und Kinder waren hier in langen Sitzreihen hinter- und nebeneinander untergebracht. Die Première, die erste Klasse, war im vorderen Teil des Flugzeugs strikt davon abgetrennt.
Christine machte sich schnell auf den Weg, damit sie gleich beim Austeilen der Portionen helfen konnte. Chefin zu sein, bedeutete mehr Verantwortung und nicht weniger Arbeit. Um zu Sitz 81 und seinem renitenten Okkupanten zu gelangen, musste sie allerdings erst ins höher gelegene Deck. Hier befanden sich 106 weitere Voyageurs sowie 80 Affaires, die Business-Klasse.
Christine nahm die nächstbeste Treppe und erreichte das Oberdeck, schritt an den Reihen der Affaires entlang, um weiter nach hinten vorzudringen. Um sie herum schwärmten ihre Kolleginnen und Kollegen, um das durchaus luxuriöse Frühstück zu den Fluggästen zu bringen. Sie seufzte. Ausgerechnet im dicksten Trubel musste einer der Passagiere den Aufstand proben.
Im Vorbeigehen nickte sie den Stewardessen zu, die mit dem Verteilen des Essens begonnen hatten und die letzten Schlafenden mit einem gehauchten bonjour sanft aus den Träumen holten.
»Entschuldigen Sie!«
Christine zuckte zusammen, als sich kühle Finger um ihr Handgelenk schlossen und sie zum Anhalten zwangen.
»Kann ich bitte eine Kanne besonders starken Kaffee bekommen?«
Sie senkte den Blick und betrachtete den Mann. Er war um die vierzig, in einem vollkommen durchschnittlichen, nicht sehr kostspieligen Outfit. Christine konnte die Preise von Garderoben sehr genau einschätzen. Obwohl er sich offensichtlich ein Business-Class-Ticket leisten konnte, war seine Kleidung nicht mehr als hundert Euro wert, inklusive der Stiefel: Jeans, kariertes Hemd, Halstuch. Ein Pseudocowboy, obwohl er dem Akzent seines Englischs nach wohl aus Skandinavien kam. Er hatte ungepflegtes, blondes Haar, das schütter und wirr auf seinem Kopf lag, sowie tiefe Ringe um die hellblauen Augen. Er schien lange nicht geschlafen zu haben. »Monsieur, ich sage meinen Kolleginnen Bescheid.«
Der Mann ließ sie nicht los, seine Augen starrten eindringlich. Unbeweglich. »Bitte richten Sie ihnen aus, dass er sehr, sehr stark sein muss«, raunte er heiser und rieb sich mit der freien Hand über das bleiche Gesicht. Ein dünner Schweißfilm überzog die hohe Stirn.
Christine sah, dass auf dem heruntergeklappten Tisch vier leere Dosen Energiedrinks standen, und die bräunlichen, ringförmigen Spuren auf der ansonsten sauberen Plastikfläche verrieten, dass er bereits Kaffee getrunken haben musste. »Das tue ich sofort, Monsieur. Würden Sie mich bitte loslassen?«
»Stark! Das ist wichtig!« Sein Blick flackerte, dann senkte der Mann die Augen und fixierte die Dosen. »Verzeihung«, flüsterte er und löste die Finger von Christines Arm. Dann sank er in sich zusammen, was wohl als eine Art Entschuldigung dienen sollte; sein anschließendes Gemurmel verstand sie nicht.
Christine setzte ihren Weg fort und beschloss, den Namen des Mannes auf der Passagierliste zu prüfen, sobald sie zurückkam. Das war kein normales Verhalten. Außerdem sah er nicht aus, als würde er in die Business-Class gehören. Am Ende hatte sie es mit einem Junkie zu tun, der es vor Entzug nicht mehr aushielt und kurz vor der Landung ausrastete. Oder während der Landung.
Sie richtete im Gehen ihre marineblaue Jacke, das in einem helleren Ton gehaltene Halstuch sowie die Brosche mit ihrem Air France-Emblem und betrat das Reich der Voyageurs, wo die Passagiere im 2-4-2-Sitzsystem nebeneinandersaßen, ohne beengt zu sein. Kein Vergleich zu den alten Maschinen.
Sitz 81. Hellwach, schlecht gelaunt und eine Brechtüte in der Hand. Er redete auf seine Nachbarn ein, eine junge Frau mit ihrem Sohn rechts und ein Orientale links, die nickten, aber nichts antworten konnten, weil er unermüdlich erzählte. Gestikulierte. Sich echauffierte.
Christine analysierte ihn blitzschnell. Akzent: Italiener.
Garderobe: um die fünfhundert Euro, ohne den Goldschmuck. Kategorie: geiziger Geschäftsmann, Angeber und cazzo.
»Monsieur?« Sie bleckte die Zähne und präsentierte ihr »Leck mich am Arsch«-Lächeln, das unverzichtbar zum Repertoire einer guten Stewardess gehörte. Eine Beleidigung, die keine war.
Sein schwarzer Lockenkopf zuckte herum, das leichte Doppelkinn wippte. Er war höchstens Mitte dreißig, aber eine bella figura machte er nicht. Eine leichte Alkoholfahne umgab ihn. »Si?«
»Monsieur, meine Kollegin sagte, dass Sie sich unpässlich fühlen. Was darf ich Ihnen zur Linderung bringen? Kohletabletten oder ...«
»Porca miseria! Mir ist zum Kotzen, weil ich von diesem Franzosenfraß gegessen habe!«, stieß er auf Englisch hervor und machte eine sehr italienische Handbewegung dazu, die sagen sollte: Mit Alitalia wäre das nicht passiert. »Verspätung haben wir auch«, setzte er hinzu, als wäre die Unpünktlichkeit des Flugs Schuld an seinem Zustand.
Die Passagiere in seiner Reihe verdrehten die Augen, der Junge spielte gelangweilt mit einem bunten Stift mit einer kleinen Leuchtdiode herum. Der Orientale hatte eine Sauerstoffflasche vor sich abgestellt, ein durchsichtiger Schlauch führte von dort unter das Hemd und kam am Hals wieder zum Vorschein. Zwei dünne Enden ragten in seine Nasenlöcher.
Christine beugte sich nach vorne. »Monsieur, ich bedaure Sie außerordentlich. Unser Kapitän hat bereits alles versucht, um den Zeitverlust zu minimieren.« Christine warf den Sitznachbarn entschuldigende Blicke zu, die sich auf den Umstand bezogen, dass ausgerechnet sie diesen Passagier ertragen mussten. »Was das Essen angeht, so haben mir meine Kolleginnen zugetragen, dass Sie unter Umständen etwas viel durcheinander zu sich genommen haben. Darf ich Ihnen vorschlagen ...«
Er verzog das Gesicht. »Haben Sie gerade gesagt, dass ich selbst schuld bin, dass ich kotzen muss und mein Darm mich alle paar Minuten auf das Klo zwingt?« 81 warf die Hände in die Luft, das Goldkettchen am rechten Handgelenk klirrte leise und funkelte im Licht der Leselampe. Den eingravierten italienischen Spruch konnte Christine nicht lesen. »Das muss ich mir nicht bieten lassen! Ich habe viel Geld bezahlt und werde dafür vergiftet!«
Christine atmete tief ein und richtete sich auf. Ihr Lächeln wurde noch breiter und verachtender. »Monsieur, bitte beruhigen Sie sich. Ich verspreche Ihnen ...«
»Ich will die Hälfte meines Geldes zurück«, rief er und sah sie angriffslustig an, rülpste dabei unterdrückt. »Nein, am besten eine volle Rückerstattung, oder ich verklage Air France.« Die dunklen Augen blitzten, er kreuzte die Arme vor der Brust. »Wenn es sein muss, nehme ich eine Probe von meinem Durchfall und lasse ihn untersuchen.« Dann erhob er sich ruckartig, zwängte sich an seinen Nachbarn und der Chefstewardess vorbei und hastete zur Toilette.
Christine verstand, warum Marlène sie um Hilfe gebeten hatte. Dieses Mal bekam sie bedauernde Blicke von den Passagieren. »Ich kann mich für den Zwischenfall nur entschuldigen, messieurs dames«, sagte sie in die Runde.
»Kein Problem«, gab der Orientale, der ein traditionelles Gewand sowie einen dichten schwarzen Bart trug, schwer atmend zurück. Christine erinnerte sich an ihn, weil er eine Sondergenehmigung beim Einchecken für seine Sauerstoffflasche vorgezeigt hatte.
»Da können Sie mal sehen, dass Reisen bildet: Mein Sohn bekommt mehr italienische Schimpfwörter beigebracht, als er je brauchen könnte«, fügte die junge Frau ironisch hinzu. Der Junge kümmerte sich gleichgültig um den Leuchtstift.
Christine nickte dankbar. »Vielen Dank für Ihr Verständnis, messieurs dames. Ich werde schauen, ob ich für Besserung sorgen kann.« Sie ließ offen, ob sie damit den Zustand von 81 meinte, oder ob sie den Mann auf einen anderen Sitz verfrachten wollte, um die Geduld und die Nerven der übrigen Fluggäste zu schonen. Zwei Stunden an der Seite eines Profinörglers konnten sehr lange sein.
Schon wurde der Italiener wieder am Ende des Ganges sichtbar, drückte sich an die Kabinenwand neben der Toilette und winkte ihr verstohlen zu.
Christine ging zu ihm und bemerkte, dass er dabei auf ihre schlanken Beine schaute. »Monsieur, was kann ich für Sie tun? Ist das Toilettenpapier alle?«
Aber 81 gab sich friedlich. »Verzeihen Sie mein Auftreten«, sagte er leise und gestikulierte dennoch weiter, als würde er sich aufregen. »Ich wollte nicht, dass der Araber Verdacht schöpft.«
»Monsieur? Der Araber? Ich verstehe nicht.«
81 drehte sich so, dass man sein Gesicht von den Sitzen aus nicht erkennen konnte. »Er hat die ganze Zeit im Koran gelesen«, raunte er, »und vor sich hin gemurmelt.«
»Es ist in den Maschinen der Air France nicht verboten, religiöse Bücher zu lesen, Monsieur«, hielt sie dagegen. Ein anstrengender Fluggast mit Paranoia. Das hatte ihr noch gefehlt. Sie wusste genau, auf was er hinauswollte. »Die Dame auf Sitz 53 las vorhin die Bibel, und einer der Herrschaften in der Affaires hatte das Kommunistische Manifest vor sich liegen. Deshalb müssen sie nicht gleich Terroristen sein.«
»Die Sauerstoffflasche!«
»Monsieur, der Mann ist im Besitz einer Ausnahmegenehmigung der Air France. Auch wenn ich Ihnen das nicht sagen dürfte, doch zu Ihrer Beruhigung: Er ist lungenkrank und hat eine ...«
»Aber er hat sie nicht aufgedreht.«
Christine musste zugeben, dass sie sich einen Moment verunsichern ließ. »Vielleicht muss er nicht die ganze Zeit inhalieren?«
Er warf ihr einen triumphierenden Blick zu. »Er hat sie kein einziges Mal benutzt, seit wir eingestiegen sind. Die Anzeige steht auf off. Ich kenne das Modell, mein Vater bekam unterstützend Sauerstoff. Dieser Araber ist nicht lungenkrank, darauf verwette ich meinen Goldschmuck.«
Jetzt war ihr Misstrauen tatsächlich geweckt, auch wenn sie es nicht mochte, dass 81 recht haben könnte. »Bon. Monsieur, ich lasse die Genehmigung nochmals prüfen.«
»Dann kann es zu spät sein!« Er packte sie am Arm, an der gleichen Stelle, wo sie vorhin der Affaires mit der kalten Hand und den müden Augen berührt hatte. »Wir haben elf Araber an Bord. Ich habe sie gezählt, und sie sind gut verteilt auf den Decks. Vorhin standen sie an der Bar zusammen und redeten leise. Sie kennen sich! Aber warum sitzen sie dann nicht zusammen?«, sprach er eindringlich. »Was ist, wenn sie zusammengehören und einen Anschlag planen? Wenn es eine Bombe ist oder ... Giftgas, das der Mann neben mir dabeihat?« Er sah rasch über die Schulter. »Was machen wir?«
»Wir machen nichts, ich unternehme etwas, Monsieur.« Christine ärgerte sich, dass es 81 nun endgültig gelungen war, sie mit seinem Verfolgungswahn anzustecken. Es war zwar mehr als unwahrscheinlich, dass sich die italienischen Hirngespinste als etwas anderes als Paranoia herausstellten, aber Sicherheit ging vor. Bei über fünfhundert Menschen an Bord konnte sie nicht so tun, als hätte er nichts gesagt. »Sie kehren an Ihren Platz zurück, Monsieur. Ich prüfe die Passagierlisten und die Genehmigung des Mannes und leite Sicherheitsmaßnahmen in die Wege«, erklärte sie ihm rasch, damit er beruhigt war. »Sollte Ihnen etwas auffallen, tun Sie so, als wäre Ihnen schlecht, und ich komme wieder.« Christine nickte ihm zu. Er nickte zurück und schien stolz auf seine Leistung, dann presste er für einen Moment die Hand auf den Magen. »Oh, mir ist wirklich nicht gut«, fügte er hinzu. »Aber Sie haben recht: Ich bin selbst schuld.« Trotz der aschfahlen Gesichtsfarbe zwinkerte er ihr sehr italienisch zu und kehrte zu seinem Sitz zurück.
Christine fand ihn nicht mehr ganz so unsympathisch und eilte zum Crewbereich, um die Prüfungen vorzunehmen.
»Denken Sie an meinen Kaffee«, rief jemand verlangend hinter ihr. »Extra stark, ja? Ich schlafe sonst gleich ein.«
»Aber ja, Monsieur!«, gab sie im Laufen zurück, ohne anzuhalten, was sie unter normalen Umständen niemals tun würde. Aber jetzt hatte sie Wichtigeres zu tun. Der Pseudocowboy sollte sich nicht so anstellen. Als würde Air France seichten Kaffee anbieten! »Ich sage es meiner Kollegin tout de suite.«
Christine erreichte das Hauptdeck, während im A380 die letzten Frühstücke verteilt wurden. Angespannt setzte sie sich an den Computer, nahm die Passagierlisten zur Hand, glich die Daten mit dem Sitzplan ab, überprüfte die vorhandenen Informationen.
Die fraglichen Orientalen stammten aus verschiedenen arabischen Staaten, es gab keinerlei Eintragungen, die sie irgendwie verdächtig machten.
Dann aber legte sich ihre Stirn in Falten, als sie den Namen des Passagiers neben 81 las: Rub al-Chali.
Sie meinte sich zu erinnern, dass eine Wüste im Oman so hieß. Früher war sie viel mit einer anderen Airline im dortigen Raum unterwegs gewesen, daher kannte sie sich etwas aus.
War es möglich, dass ein Mann und eine Wüste denselben Namen trugen oder ... ?
Wieso sollte sie einen der Sicherheitsleute einschalten. Unter den Passagieren befanden sich vier Bewaffnete, zwei auf jedem Deck, Mitglieder eines Spezialkommandos. Air France setzte sie bei Flügen von und nach New York ein, aus Umsicht und zur Abwehr von Entführungen durch Extremisten. Unauffällig, gekleidet wie normale Reisende.
Rub al-Chali.
Ihr wurde heiß und kalt, sie rieb sich vor Nervosität die Schläfen. Die italienischen Hirngespinste schienen immer weniger absurd.
»Warum ausgerechnet bei meinem Flug?«, murmelte Christine. Sie beschloss, den capitaine über ihren Verdacht zu informieren. Er sollte entscheiden, was zu tun war.
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Autoren-Porträt von Markus Heitz
Markus Heitz, geb. 1971, gehört seit den sensationellen Romanen um die 'Zwerge' und seinem 'Ulldart-Zyklus' zu den erfolgreichsten deutschen Fantasy-Autoren. Er gewann bereits siebenmal den Deutschen Phantastik-Preis, dreifach allein im Jahr 2007.
Bibliographische Angaben
- Autor: Markus Heitz
- 2012, 624 Seiten, Maße: 13,5 x 21 cm, Kartoniert (TB), Deutsch
- Verlag: Droemer/Knaur
- ISBN-10: 3426505908
- ISBN-13: 9783426505908
Rezension zu „Oneiros - Tödlicher Fluch “
"Mit seiner Idee, Menschen zu porträtieren, die der Tod nicht finden kann, hat [Markus Heitz] ein faszinierendes Konzept unter seine Handlung gelegt. Nicht nur, dass ihm dies ermöglicht, sich abseits ausgetretender Pfade zu verlustieren, man merkt dem Text förmlich an, wie viel Spaß der Autor beim Schreiben gehabt hat. Natürlich dürfen die typisch Heitz'schen packend beschriebenen Kämpfe nicht fehlen, es gibt Geheimnisse und Verrat, Intrigen und Mysterien hinter Geheimnissen zuhauf, so dass Langeweile einmal mehr ein Fremdwort für Heitz und seine Leser bleibt. Das hat großen Suchtcharakter, ist gewohnt actionreich auf den Punkt geschrieben." Phantastik-news.de, 27.05.2012
Kommentare zu "Oneiros - Tödlicher Fluch"
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