Packeis / Kurt Austin Bd.6
Umweltschützer wollen einen begrenzten "Polsprung" auslösen, um die Menschheit zum Umdenken zu bewegen. Und ein Finanzmagnat will das ausbrechende Chaos für sich nutzen. Durch einen Test werden bereits katastrophale Ereignisse ausgelöst - ein als...
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Umweltschützer wollen einen begrenzten "Polsprung" auslösen, um die Menschheit zum Umdenken zu bewegen. Und ein Finanzmagnat will das ausbrechende Chaos für sich nutzen. Durch einen Test werden bereits katastrophale Ereignisse ausgelöst - ein als unsinkbar geltendes Frachtschiff verschwindet spurlos im Ozean, eine Herde Killerwale rastet völlig aus, Menschen und Tiere verlieren jede Orientierung - nur die in Sibirien tätige Paläontologin Karla Janos kennt das Geheimnis, wie die Kettenreaktion wieder zu stoppen ist. In höchster Not sollen Kurt Austin und seine NUMA die Welt vor der Auslöschung allen organischen Lebens bewahren.
Packeis von Clive Cussler
LESEPROBE
Prolog
Ostpreußen1944
Der Mercedes-Benz 770 W 150 »GroßerTourenwagen« wog
mehr als vier Tonnen und warmit Stahlarmierungen versehen
wie ein Panzer. Dennochschien die siebensitzige Limousine
wie ein Geist über die Deckeaus frisch gefallenem
Schnee hinwegzuschweben,während sie mit ausgeschalteten
Scheinwerfern anschlummernden Maisfeldern vorbeiglitt,
die im bläulichen Schein desMondes funkelten.
Als der Wagen sich einem verdunkeltenBauernhaus näherte,
das in einer leichten Senkestand, trat der Fahrer behutsam
auf die Bremse. Der Wagenverfiel in Schritttempo,
schob sich mit derHeimlichkeit einer Katze auf Mäusejagd
an das niedrige Gebäude ausNaturstein heran.
Mit Augen, die die Farbe vonPolareis hatten, blickte der
Fahrer aufmerksam durch diemit Raureif bedeckte Windschutzscheibe.
Das Gebäude schien leer undverlassen zu
sein, doch er wollte keinRisiko eingehen. Weiße Farbe war
hastig über den langenschwarzen Stahlkörper des Wagens
gepinselt worden. Der plumpeVersuch einer Tarnung machte
das Automobil für dieSturmowik Schlachtflugzeuge, die
am Himmel kreisten wiehungrige Raubvögel, so gut wie unsichtbar,
doch der Mercedes war denrussischen Patrouillen,
die wie Geistererscheinungenplötzlich aus dem Schnee hochsprangen,
nur knapp entkommen. Gewehrkugelnhatten die
Panzerung an einem DutzendStellen eingedellt.
Daher wartete er.
Der Mann, der ausgestrecktauf dem geräumigen Rücksitz
der viertürigen Limousinelag, hatte gespürt, wie der Wagen
bremste. Er richtete sichauf und vertrieb mit einem Blinzeln
den Schlaf aus seinen Augen.
»Was ist los?«, fragte er. Ersprach Deutsch mit ungarischem
Akzent. Seine Stimme warbelegt vom Schlaf.
Der Chauffeur bedeuteteseinem Fahrgast zu schweigen.
»Irgendetwas ist nicht«
Das Rattern vonMaschinenpistolen zerschmetterte die
glasige Stille der Nacht.
Der Fahrer rammte den Fußaufs Bremspedal. Das massige
Fahrzeug kam etwa fünfzigMeter vom Bauernhaus entfernt
schlitternd zum Stehen. DerFahrer schaltete die Zündung
aus und griff nach der 9mmLuger, die auf dem Beifahrersitz
lag. Seine Hand schloss sichfester um den Griff
der Luger, als eine stämmigeGestalt in olivfarbener Uniform
und Pelzmütze der RotenArmee aus der Vordertür des Bauernhauses
herausstolperte.
Der Soldat umklammerteseinen Arm und heulte wie ein
von einer Biene gestochenerBulle.
»Verdammte Faschistenhure!«,brüllte er mehrmals. Seine
Stimme war heiser vor Wutund Schmerzen.
Der russische Soldat warerst vor wenigen Minuten in das
Bauernhaus eingedrungen. DasBauernpaar hatte sich in einem
Schrank versteckt,zusammengekauert unter einer Decke
wie Kinder, die Angst vorder Dunkelheit haben. Er hatte
den Ehemann mit einer Kugelgetötet und dann der Frau, die
in die winzige Küchegeflüchtet war, seine Aufmerksamkeit
zugewandt.
Während er sich seine Waffeüber die Schulter hängte, hatte
er den Zeigefinger gekrümmtund gesäuselt: »Frau, komm«,
das besänftigende Vorspiel zurVergewaltigung.
Das mit Wodka getränkteGehirn des Soldaten versäumte,
ihn zu warnen, dass er inGefahr schwebte. Die Frau des Bauern
hatte nicht um Gnadegebettelt oder war in Tränen ausgebrochen
wie die anderen Frauen, dieer vor ihr vergewaltigt
und ermordet hatte. Siehatte ihn mit glühenden Augen angestarrt,
hatte ein Fleischmesserhinterm Rücken hervorgezogen
und damit auf sein Gesichtgezielt. Er hatte im Mondlicht,
das durch die Fensterhereindrang, nur ein Blitzen von
Stahl wahrgenommen und denlinken Arm hochgerissen, um
sich zu schützen, doch diescharfe Klinge war durch den
Ärmel hindurch in seinenUnterarm gedrungen. Daraufhin
hatte er die Frau mit deranderen Hand zu Boden gestoßen.
Doch selbst da hatte sieweiter um das Messer gekämpft. Rasend
vor Wut hatte er sie mitwilden Feuerstößen aus seiner
PPS-43 Maschinenpistolepraktisch in zwei Hälften zerlegt.
Während er draußen vor demBauernhaus stand, inspizierte
der Soldat seine Wunde. DerSchnitt war nicht besonders
tief, und es traten nur nochwenige Blutstropfen aus
dem Riss in der Haut. Erholte eine Flasche selbst gebrannten
Wodkas aus der Tasche undleerte sie. Der feurig-scharfe
Alkohol, der durch seineKehle floss, trug dazu bei, den
brennenden Schmerz in seinemArm zu betäuben. Er schleuderte
die leere Flasche in denSchnee, wischte sich den Mund
mit dem Handrücken ab undmachte sich auf den Weg, um
seinen Kameraden zu folgen. Erwürde vor ihnen damit
prahlen, sich die Wunde währendeines Kampfs mit einer
Bande Faschisten zugezogenzu haben.
Der Soldat trottete ein paarSchritte weit durch den Schnee,
um abrupt stehen zu bleiben,als seine scharfen Ohren das
leise Tick-tick desabkühlenden Automotors auffingen. Er
blickte mit zusammengekniffenenAugen zu dem großen
grauen Fleck in den vomMondschein erzeugten Schatten.
Ein misstrauischesStirnrunzeln erschien auf seiner breiten
Bauernphysiognomie. Er nahmmit einer fließenden Bewegung
die Maschinenpistole von derSchulter und richtete
sie auf das undeutlichauszumachende Objekt. Sein Finger
spannte sich um den Abzug.
Vier Scheinwerfer flammtenauf. Der kraftvolle Acht-
Zylinder-Reihenmotorerwachte röhrend zum Leben, und
der Wagen machte einen Satzvorwärts, wobei sein Heck über
die Schneedecke schlingerte.Der Russe versuchte, dem heranrasenden
Fahrzeug auszuweichen. DieEcke der wuchtigen
Stoßstange erwischte seinBein, und er wurde in den
Straßengraben gefegt.
Der Wagen kam schlitterndzum Stehen, und der Fahrer
stieg aus. Derhochgewachsene Mann ging durch den Schnee
zu dem Soldaten, wobei seinlanger schwarzer Ledermantel
mit einem leisen Klatschengegen seine Oberschenkel schlug.
Der Mann hatte einlängliches Gesicht und ein ausgeprägtes
Kinn. Sein kurzgeschnittenes blondes Haar war unbedeckt,
obgleich eine Temperatur vonweit unter null Grad Celsius
herrschte.
Er ging neben dem zu Bodengeschleuderten Mann in die
Hocke.
»Hast du Schmerzen, Towarisch?«,erkundigte er sich auf
Russisch. Seine Stimme wartief und wohlklingend, und in
ihr schwang das distanzierteMitgefühl eines Arztes mit.
Der Soldat stöhnte. Erkonnte sein Riesenpech nicht fassen.
Erst diese deutsche Schlampemit dem Messer, und jetzt
dies.
Er schickte einen heiserenFluch über seine mit schaumigem
Speichel bedeckten Lippen.»Verflucht sei deine Mutter!
Natürlich habe ich Schmerzen!«
Der hochgewachsene Mannzündete eine Zigarette an und
schob sie zwischen dieLippen des Russen. »Ist jemand in
dem Bauernhaus?«
Der Soldat machte einentiefen Zug und stieß den Rauch
durch die Nasenlöcher aus. Ervermutete in diesem Fremden
einen jener politischenOffiziere, die die Armee wie Schmeißfliegen
umschwirrten.
»Zwei Faschisten«,antwortete der Russe. »Ein Mann und
eine Frau.«
Der Fremde ging insBauernhaus und kam wenige Minuten
später wieder heraus.
»Was ist passiert?«, fragteer und ließ sich abermals neben
dem Soldaten in die Hockesinken.
»Ich habe den Mannerschossen. Die Faschistenschlampe
hat sich mit dem Messer aufmich gestürzt.«
»Gut gemacht.« Er klopftedem Russen auf die Schulter.
»Bist du alleine hier?«
Der Soldat knurrte wie einHund, der seinen Knochen verteidigt.
»Ich teile niemals meineBeute oder meine Frauen.«
»Bei welcher Einheit bistdu?«
»Bei General GalitskysElfter Gardearmee«, erwiderte der
Soldat mit Stolz in derStimme.
»Ihr habt Nemmersdorf an derGrenze angegriffen?«
Der Soldat fletschte dieZähne. »Wir haben die Faschisten
an die Tore ihrer Scheunengenagelt. Männer, Frauen und
Kinder. Du hättest hörensollen, wie die Faschistenhunde um
Gnade gewinselt haben.«
Der hochgewachsene Mannnickte. »Gut gemacht. Ich
kann dich zu deinenKameraden bringen. Wo sind sie?«
»Ganz in der Nähe. Siebereiten sich darauf vor, weiter
nach Westen vorzurücken.«
Der Fremde blickte hinüberzu einer fernen Baumreihe.
Das Dröhnen der großen T-24 Kampfpanzerdrang zu ihm
wie ferner Donner. »Wo sinddie Deutschen?«
»Die Schweine rennen um ihrLeben.« Der Soldat zog
wieder an der Zigarette.»Lang lebe Mütterchen Russland.«
»Ja«, sagte derhochgewachsene Mann. »Lang lebe Mütterchen
Russland.« Er griff inseinen Mantel, holte die Luger
hervor und drückte dieMündung gegen die Schläfe des Soldaten.
»Auf Wiedersehen,Kamerad.«
Die Pistole bellte einmal. DerFremde schob sie zurück in
ihr Holster und kehrte zumWagen zurück. Während er sich
ans Lenkrad setzte, kam vomFahrgast auf dem Rücksitz ein
heisererSchrei.
»Sie haben diesen Soldatenkaltblütig getötet!«
Der dunkelhaarige Mann warMitte dreißig und hatte
die attraktiven Gesichtszügeeines Schauspielers. Ein dünner
Schnurrbart zierte seinensinnlichen Mund. Aber in der Art
und Weise, wie seineausdrucksvollen grauen Augen zornig
funkelten, war nichtsMaßvolles.
»Ich habe lediglichirgendeinem Iwan geholfen, sich für
den größeren Ruhm MütterchenRusslands zu opfern«, sagte
der Chauffeur auf Deutsch.
»Ich begreife ja, dass wirKrieg haben«, sagte der Fahrgast
mit gepresster Stimme. »Abersogar Sie müssen zugeben,
dass die Russen Menschen wiewir sind.«
»Ja, Professor Kovacs, wirsind uns sehr ähnlich. Wir haben
unaussprechlicheGrausamkeiten gegen ihr Volk begangen,
und jetzt rächen sie sichdafür.« Er beschrieb die grauenvollen
Einzelheitendes Massakers in Nemmersdorf.
»Mir tun diese Menschenunendlich leid«, sagte Kovacs
mit gedämpfter Stimme, »aberdie Tatsache, dass die Russen
sich verhalten wie Tiere,darf noch lange nicht dazu führen,
dass der Rest der Welt inBarbarei versinkt.«
Der Fahrer gab einen tiefenSeufzer von sich. »Die Front
verläuft jenseits dieserBergkette«, sagte er. »Sie können gerne
mit Ihren russischenFreunden über die moralischen Werte
der Menschheit diskutieren. Ichwerde Sie nicht davon abhalten.«
Der Professor verkroch sichin sich selbst wie eine Auster.
Der Fahrer warf einen Blickin den Rückspiegel und kicherte
verhalten.
»Eine weise Entscheidung.« Erzündete sich eine Zigarette
an und bückte sich in denFußraum, um das Leuchten des
Streichholzes abzuschirmen.»Ich will Ihnen die Lage erläutern.
Die Rote Armee hat dieGrenze überschritten und ist
durch die deutsche Frontgebrochen, als bestünde sie aus
Papier. Fast alle Bewohnerdieses idyllischen Landstrichs sind
aus ihren Häusern und vonihren Feldern geflüchtet. Unsere
tapfere Armee war in heftigeRückzugsgefechte verwickelt,
während sie um ihr Lebenrannte. Die Russen haben eine
Übermacht von zehn zu eins,was Männer und Waffen betrifft,
und sie schneiden sämtlicheFluchtwege nach Westen
ab, während sieeilmarschmäßig nach Berlin vordringen.
Millionen von Menschen sindunterwegs zur Küste, wo die
See die einzige Möglichkeitzur Flucht bietet.«
»Gott helfe uns allen«,stöhnte der Professor.
»Er scheint auchOstpreußen evakuiert zu haben. Betrachten
Sie sich als Glückspilz«,sagte der Fahrer fröhlich. Er
setzte mit dem Wagen langsamzurück, legte dann den ersten
Vorwärtsgang ein und lenkteihn um die Leiche des Russen
herum. »Sie dürfenmiterleben, wie Geschichte geschrieben
wird.« ()
© Blanvalet
Übersetzung:Michael Kubiak
- Autoren: Clive Cussler , Paul Kemprecos
- 2006, 506 Seiten, Maße: 11,5 x 18,2 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzung: Kubiak, Michael
- Übersetzer: Michael Kubiak
- Verlag: Blanvalet
- ISBN-10: 3442366178
- ISBN-13: 9783442366170
1.5 von 5 Sternen
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