Policy-Diskurse um den Bau von Moscheen in Deutschland
Dissertationsschrift
Entlang der Standard-Fragen der Policy-Forschung werden in dieser Arbeit Antworten darauf gegeben, wie in Deutschland mit Moscheebau-Vorhaben verfahren wird, wie die Verfahren begründet werden und schließlich, ob die Policies das bewirken, was sie bezwecken...
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Klappentext zu „Policy-Diskurse um den Bau von Moscheen in Deutschland “
Entlang der Standard-Fragen der Policy-Forschung werden in dieser Arbeit Antworten darauf gegeben, wie in Deutschland mit Moscheebau-Vorhaben verfahren wird, wie die Verfahren begründet werden und schließlich, ob die Policies das bewirken, was sie bezwecken sollen. Dazu bedient sich die Autorin diskurstheoretischer Annahmen im Sinne Foucaults. Untersucht werden politische Debatten und administrative Abläufe bei Anträgen zum Bau von repräsentativen Moscheen. Im Fokus stehen dabei Diskurse auf der Bundes- und Landesebene genauso wie jene auf kommunaler Ebene, wo konkret über die Moscheebauanträge entschieden wird. Als kommunale Beispiele dienen Diskurse über den gescheiterten Moschee-Neubau in Wertheim sowie den erfolgten Bau in Köln-Ehrenfeld. Die Ergebnisse werden mithilfe der Grounded-Theory Methodik in Kategorien zusammengefasst. Die vorliegende Arbeit greift bestehende Forschungsarbeiten zum Bau von Moscheen und zum Islam in Deutschland auf. Ihr Schwerpunkt liegt auf der Analyse der Bedeutung der verwendeten Begriffe und Diskurskategorien.
Lese-Probe zu „Policy-Diskurse um den Bau von Moscheen in Deutschland “
Textprobe:Kapitel 3.3.3.: Staat und Religion in Deutschland heute:
Wie oben kurz skizziert wurde, ist das heutige religionspolitische und staatkirchenrechtliche Gefüge das Ergebnis jahrhundertealter Religionsgeschichte Europas.
Diese wurde durch verschiedenste Quellen, wie das germanische und das römische Recht, das Christentum und die Idee der Aufklärung beeinflusst. Die Wurzeln der heute in der deutschen Gesetzgebung in Bezug auf Religion und Religionsgemeinschaften gültigen Regelungen liegen in der Weimarer Verfassung.
Nach dem 2. WK wurden die Weimarer Kirchenartikel nach Art. 140 GG ins Grundgesetz inkorporiert (vgl. Huber 1999:117). Viele der heute gültigen rechtlichen Gebote - wie das der Parität - sind dabei einer Konfliktvermeidungsstrategie geschuldet (vgl. Huster 1998:78). Weder die Konstrukteure der Weimarer Reichsverfassung noch heutige Rechtgebungs- und Rechtsprechungsinstanzen haben eine zusammenfassende, eindeutige Regelung für das Staat-Kirche-Verhältnis getroffen. In den Institutionen wurde seit nun fast 100 Jahren stets auf älteres, bereits vorhandenes Recht verwiesen. Seit dem Ende des "Kulturkampfes" hat der Staat es vermieden, in den mühsam erzielten Ausgleich zwischen kirchlichen und staatlichen Interessen einzugreifen. Dies führte im Ergebnis dazu, dass staatskirchenrechtliche Normen aus der Zeit der Staatskirchenhochheit und des Staatskirchentums indirekt noch wirksam sind (vgl. Ott 1968:7f.).129 Es zeigt sich auch heute "(...) eine für das Staatskirchenrecht typische, ambivalente Vorstellung von der Funktion und Wirkung der Religion in modernen Gesellschaften" (Magen 2004:32).
Neben der grundsätzlichen Trennung von Kirche und Staat, sowie der Gewährleistung der Religionsfreiheit gehört religiöse Neutralität zu den zentralen verfassungsrechtlichen Prinzipien (vgl. Mückl 2007:50):130 "Das BverfG geht in ständiger Rechtsprechung vom Grundsatz der weltanschaulich-religiösen Neutralität des vom Grundgesetz verfassten Staates aus"
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(Hillgruber 2007:48). Diese bezieht er aus den Art. 4 Abs. 1, Art. 3 Abs. 3, Art. 33 Abs. 3 GG, sowie durch Art. 136 Abs. 1 und 4 und Art. 137 Abs. 1 WRV in Verbindung mit Art. 140 GG (Ibd.).
Bei der Frage, wie weit der Verfassungsinterpret bei der Definition von Religion, Religionsgemeinschaft und Religionsausübung gehen darf, besteht keine eindeutige Lehrmeinung. Hillgruber sagt: Der Staat des Grundgesetzes kann und will nicht gegenüber den verschiedenen Weltanschauungen und Religionen neutral sein. Begründet wird dies mit der "Schranke" des Schutzes der Würde des einzelnen Menschen, der freien Entfaltung der Persönlichkeit,131 der freiheitlich demokratischen Grundordnung (vgl. Ibd:49f.). Ein völliges Definitionsverbot ist laut Hillgruber jedenfalls nicht gegeben. Der Gesetzgeber sei im Gegenteil zur Aufstellung objektiver Kriterien verpflichtet und kann nicht bloß auf das Selbstverständnis des Grundrechtsträgers eingehen (vgl. Fleischer 1989:127). In diesem Sinne bleiben die bürgerlichen und staatsbürgerlichen Pflichten von der Religionsfreiheit unberührt (vgl. Mückl 2007:51). Das religiöse Neutralitätsgebot führt dazu, dass der Staat sich bei der Bestimmung dessen, was als Religionsausübung unter den Grundrechtschutz fällt, nach dem Selbstverständnis der jeweiligen Religionsgemeinschaft zu richten hat (vgl. Link 2000:169). Dabei räume der Staat dem individuellen Verständnis von Religion Vorrang vor der kollektiven Lehrmeinung der Verbände ein (vgl. Ladeur / Augsberg 2007).132 Bei Kollisionen mit verschiedenen Grundfreiheiten darf der Staat nicht die Religionsfreiheit diesen voranstellen, sondern muss diese im Einzelfall abwägen und sich somit auch mit den Inhalten der als religiös verstandenen Lehren auseinandersetzen (vgl. Gaudernack 2011:164ff).
Diesem Eigendefinitionsrecht wurden unabhängig davon allerdings auch Grenzen gesetzt. Eine Schranke wurde mit dem sog. Kulturvorbehaltt eingebaut (vgl. Ibd:170). Dieser besagt, da
Bei der Frage, wie weit der Verfassungsinterpret bei der Definition von Religion, Religionsgemeinschaft und Religionsausübung gehen darf, besteht keine eindeutige Lehrmeinung. Hillgruber sagt: Der Staat des Grundgesetzes kann und will nicht gegenüber den verschiedenen Weltanschauungen und Religionen neutral sein. Begründet wird dies mit der "Schranke" des Schutzes der Würde des einzelnen Menschen, der freien Entfaltung der Persönlichkeit,131 der freiheitlich demokratischen Grundordnung (vgl. Ibd:49f.). Ein völliges Definitionsverbot ist laut Hillgruber jedenfalls nicht gegeben. Der Gesetzgeber sei im Gegenteil zur Aufstellung objektiver Kriterien verpflichtet und kann nicht bloß auf das Selbstverständnis des Grundrechtsträgers eingehen (vgl. Fleischer 1989:127). In diesem Sinne bleiben die bürgerlichen und staatsbürgerlichen Pflichten von der Religionsfreiheit unberührt (vgl. Mückl 2007:51). Das religiöse Neutralitätsgebot führt dazu, dass der Staat sich bei der Bestimmung dessen, was als Religionsausübung unter den Grundrechtschutz fällt, nach dem Selbstverständnis der jeweiligen Religionsgemeinschaft zu richten hat (vgl. Link 2000:169). Dabei räume der Staat dem individuellen Verständnis von Religion Vorrang vor der kollektiven Lehrmeinung der Verbände ein (vgl. Ladeur / Augsberg 2007).132 Bei Kollisionen mit verschiedenen Grundfreiheiten darf der Staat nicht die Religionsfreiheit diesen voranstellen, sondern muss diese im Einzelfall abwägen und sich somit auch mit den Inhalten der als religiös verstandenen Lehren auseinandersetzen (vgl. Gaudernack 2011:164ff).
Diesem Eigendefinitionsrecht wurden unabhängig davon allerdings auch Grenzen gesetzt. Eine Schranke wurde mit dem sog. Kulturvorbehaltt eingebaut (vgl. Ibd:170). Dieser besagt, da
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Autoren-Porträt von Regina Kruse
Regina Kruse (geb. Kuschnir) wurde 1982 in der Ukraine geboren und verbrachte die ersten 11 Jahre in Russland / Sibirien. 1993 immigrierte sie mit ihrer Familie in die Bundesrepublik. 2007 schloss sie das Studium der Sozialwissenschaften an der Ruhr-Universität-Bochum ab. In Ihrer Abschlussarbeit behandelte sie bereits islampolitische Fragen im Rahmen der Internationalen Politik. 2008 zog die Autorin nach Heidelberg, wo sie an der Ruprecht-Karls-Universität ihr Interesse am politischen Umgang mit dem Islam weiterverfolgte. Dieses mündete in der vorliegenden Dissertationsschrift. Ihr Doktorvater Prof. Dr. h.c. Klaus von Beyme gewährte ihr hierfür stets die volle Forschungs- und Gestaltungsfreiheit. Als Graduierte der Konrad-Adenauer-Stiftung hat die Autorin ein Förderstipendium erhalten, welches ihr das Promovieren als Mutter ermöglicht hat.
Bibliographische Angaben
- Autor: Regina Kruse
- 2016, 328 Seiten, 16 Abbildungen, Maße: 15,5 x 22 cm, Kartoniert (TB), Deutsch
- Verlag: disserta
- ISBN-10: 3959353421
- ISBN-13: 9783959353427
- Erscheinungsdatum: 30.11.2016
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