Rungholts Ehre
Lübeck 1388: Aus der Trave wird die Leiche eines offenbar weit gereisten Fremden gezogen. Der Lehrling des Kaufmanns Rungholt wird beschuldigt, den Mann erschlagen zu haben. Rungholt bleiben nur wenige Tage, um die Unschuld seines Lehrjungen zu beweisen...
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Lübeck 1388: Aus der Trave wird die Leiche eines offenbar weit gereisten Fremden gezogen. Der Lehrling des Kaufmanns Rungholt wird beschuldigt, den Mann erschlagen zu haben. Rungholt bleiben nur wenige Tage, um die Unschuld seines Lehrjungen zu beweisen und die Ehre seines Hauses wieder herzustellen. Dabei bringt er nicht nur sich selbst in Gefahr, sondern auch seine geliebte Tochter Mirke.
Lübeck, 1390: In der Hauptstadt der Hanse wird die Leiche eines offensichtlich weit gereisten Fremden aus der Trave gezogen. Unversehens findet sich der bärbeißige Patrizier Rungholt ein Mann mit unablässigem Zahnschmerz und Hang zum Hamburger Bier in einer finsteren Ränke wieder. Denn sein Kaufmannslehrling wird beschuldigt, den Fremden erschlagen zu haben. Rungholt bleiben nur wenige Tage, um die Unschuld seines Lehrlings zu beweisen und die Ehre seines Hauses wieder herzustellen. Dickköpfig und gegen alle Widerstände des Hohen Rats und der Kirche, verfolgt Rungholt seine Spuren und verliert über der Suche nach der Wahrheit beinahe alles: Seine Ehre, sein Leben und seine geliebte Tochter Mirke ...
Rungholt ist ein Mann, den man nicht vergisst: aufbrausend, stur, hoch intelligent. Er sucht die Wahrheit um jeden Preis ...
Lübeck, 1390: In der Hauptstadt der Hanse wird die Leiche eines offensichtlich weit gereisten Fremden aus der Trave gezogen. Unversehens findet sich der bärbeißige Patrizier Rungholt - ein Mann mit unablässigem Zahnschmerz und Hang zum Hamburger Bier - in einer finsteren Ränke wieder. Denn sein Kaufmannslehrling wird beschuldigt, den Fremden erschlagen zu haben. Rungholt bleiben nur wenige Tage, um die Unschuld seines Lehrlings zu beweisen und die Ehre seines Hauses wieder herzustellen. Dickköpfig und gegen alle Widerstände des Hohen Rats und der Kirche, verfolgt Rungholt seine Spuren und verliert über der Suche nach der Wahrheit beinahe alles: Seine Ehre, sein Leben - und seine geliebte Tochter Mirke ...Rungholt ist ein Mann, den man nicht vergisst: aufbrausend, stur, hoch intelligent. Er sucht die Wahrheit um jeden Preis ...
RungholtsEhre von Derek Meister
LESEPROBE
Der Schmerzverebbte. Er hörte nicht abrupt auf, er verging nur langsam. Sickernd. Wie dasWasser bei Ebbe kaum sichtbar weicht, so zog sich kaum merklich RungholtsSchmerz zurück. Sammelt sich der Schmerz wie das Wasser? Verschwindet dasgrässliche Wasser mit den Gezeiten oder gibt es dort draußen im Meer einen Bergaus Wasser? Und sammelt sich der Schmerz ebenso, wenn er verebbt? Bildet ereinen See aus Schmerz, in dem sich aller Schmerz vereint, um bei der nächsten Sturmflutnur machtvoller zurückzukehren? Rungholt versuchte, die Gedanken an den Schmerzabzuschütteln. Es gelang nicht. »Rungholt?« Jemand rief nach ihm, doch Rungholtdrehte sich nicht um. Verkniffen starrte er auf die Beplankung der Möwe.Zwanghaft konzentrierte er sich auf die mit Hanf und Moos kalfaterten Plankender Kogge. Alles im Bemühen, sich nicht mehr auf den Schmerz zu konzentrieren,der in seinem Kiefer pochte. Er verfolgte das sanfte Auf und Ab des Schiffes, konzentriertesich auf die sich überlappenden Bretter, zählte, verglich und folgte sinnlosden Maserungen und Klinkernähten. Denke an etwas anderes, ermahnte er sich.Irgendetwas. Er presste die Augenlider zusammen, holte Luft. Ein Stoßgebet. Fürihn als ungeduldigen Menschen ließ das Schlagen in seinem Backenzahn viel zulangsam nach, nahm der Alltag um ihn herum viel zu schleppend wieder Gestaltan. Irgendwo hinter ihm kläfften Wulfframs Hunde. Der Böttcher hatte vier Bullenbeißerund musste die Viecher immer mit hinunter zum Hafen nehmen, wo sie dannangesichts des geschäftigen Treibens ihr Theater vollführten. Rungholt konntedas abgehackte Bellen der Hunde nicht ertragen. Doch jetzt war er froh, eswieder wahrzunehmen. Langsam kehrten auch die anderen Geräusche zurück, die Farbenund das Leben ringsum. Rungholt hörte einen Trupp Arbeiter, die sangen. DasGetrappel der Pferde auf den Holzbohlen. Das Rollen von Fässern über Planken.Und von irgendwo, leiser und entfernt, das Hammerschlagen und Sägen der Zimmerleute.Ihr Krach wurde von der Werft die Trave hinauf geworfen und hallte von denBacksteinhäusern wider. Der Funkenregen in Rungholts Schädel verblasste mitjedem Herzschlag. Das Klopfen und Zerren, das sich den Kiefer hinab bis in denHals fortsetzte - auch dieses verebbte. Endlich ließ sein Schmerz nach. »Rungholt?Ist dir schlecht? Wieder das Wasser, hm? Rungholt? « Marek Bølge, der Kapitänder Möwe hatte seine drei Belader stehen gelassen und war besorgt an denKai getreten. Er sah Rungholts fässerne Statur von der Seite an und kratzte sichseine zerschundenen Oberarme. Sie waren von den Tauen und von Schlägereienvernarbt. Als Rungholt stumm abwinkte, fuhr Marek fort. »Wir haben jetztfünfzehn Fässer. Was ist mit denen hinter dem Kran? Soll ich die Männeranweisen, sie zu laden? Hm? Im Frachtraum ist noch Platz.« Rungholt antwortetnicht. »Dein Drittel ist erst halb voll Rungholt?« Rungholt nickte stumm, ermerkte, dass er immer noch auf die Kogge starrte und tat einen Schritt vom Kaizurück. Er hätte an diesem diesigen Morgen nicht selbst in den Hafen kommen unddie Beladung seiner Kogge überwachen sollen, schoss es ihm durch den Kopf. Eigentlichvertraute er Marek. Schon seit ein paar Jahren machte er Geschäfte mit demjungen Mann aus dem Skåneland. Marek Bølge kam aus Bornholm. Und damit war erDäne. Deswegen verschwieg Marek auch lieber seine Herkunft in den Wirtshäusern.Hier in Lübeck wollte niemand mit den verhassten Dänen etwas zu tun haben.Rungholt jedoch mochte den fröhlichen, jüngeren Mann, der selbst nur ein paarBrocken Dänisch sprach und seine Insel schon seit seiner Kindheit nicht besuchthatte. Darin waren sie sich gleich: Sie beide hatten den Ort ihrer Kindheitseit Jahrzehnten nicht gesehen. Marek, weil er nicht wollte; Rungholt, weil ernicht konnte. Rungholt hatte sich nie über seinen Kapitän beklagen müssen. Auchwenn Marek mit seinen buschigen Augenbrauen, seiner wettergegerbten Haut, denkräftigen Armen und seinen Narben äußerst verschlagen wirkte, so war er einanständiger Kerl. Und er verstand es, jeden noch so winzig kleinen Winkel imFrachtraum der Kogge stets zu Rungholts Zufriedenheit auszunutzen. Marek warder ordentlichste Mensch, den Rungholt je kennen gelernt hatte. Ich hätte beimeinem Weib bleiben sollen, überlegte er. Alles ist besser, als an diesemfrühen Morgen am Hafen zu warten. Ich hätte mit Alheyd die Vorbereitungen zuMirkes Toslach durchsprechen, vielleicht die Wirtschaftsbücher durchgehen unddas Wintergeschäft mit Novgorod kalkulieren sollen. Warum bin ich nur immer soargwöhnisch? Ich stehe Marek nur im Wege, dachte Rungholt. Er lädt ohne michdas Salz und den Wein viel schneller. Nur der Herrgott und ich wissen, dass esder Argwohn ist, der mich so früh ans Wasser getrieben hat. Was ich nichtselbst sehe, macht mich misstrauisch. Die Ungewissheit lässt mich umherlaufen,wie einen kopflosen Vitalienbruder. Nur dass diese Piraten das Wasser lieben,während es mir Angst einflößt. Der Gedanke ließ ihn unbewusst zwischen Koggeund Kai hinab sehen, im selben Moment hasste er sich für den Blick aufsschaurige Wasser: Es lag trügerisch da, beinahe schwarz vom Kai aus. Einkalter, dunkler Strom, der alles mit sich hinaus ins Nichts zog. Rungholtwandte sich ab. Der Anblick von Wasser machte ihn frösteln. Angst kroch ihmdann seinen Rücken hinauf, und packte seinen Hals. Es war schon genug, dasssein Misstrauen ihn mit seinem eitrigen Backenzahn bestrafte. Verflixte Sache. »DieFässer, Rungholt«, wiederholte Marek geduldig. Rungholt mahlte probehalber mitdem Kiefer, bevor er schluckend antwortet. »Ladet sie alle. Auch die vonhinten. Die Russen sind ganz versessen auf das Lüneburger Salz. Sie wollen diesenWinter den Schonen und ihren Heringen ein Schnippchen schlagen.« Ein BündelFässer wurde hoch zur Kogge gehievt, bestimmt zwei Lasten. Eine ganze TonneSalz, die über das breite Deck des Einmasters schwang. An der Reling nahmen dieBelader das Netz mit den Fässern entgegen. Sie brüllten sich Kommandos zu undschafften es, die Fässer sanft unter Deck zu wuchten. Ein Drittel des Schiffswar für Rungholt bestimmt, den restlichen Laderaum teilten sich drei weitereHändler und Kapitän Marek. Es hatte sich als nützlich erwiesen, so gut wiealles in Fässern zu transportieren. Selbst Bücher wurden in die Tonnen gepackt,die sie vor dem Wasser einigermaßen schützten. Rungholts Salzladung war fürNovgorod bestimmt. Zwar unterhielt er auch mit Brügge Geschäfte und schickte abund an eine Kogge ins Kontor in den Norden nach Bergen, doch mit dem Geschäftgen Osten war er groß geworden. Und so waren Novgorod, Riga und Danzig seineHaupthandelsrouten. »Du solltest zum Bader gehen mit dem Zahn, sag ich dir«, meinteMarek. Rungholt wurde aus seinen Gedanken gerissen. »Jetzt fang du mir auchnoch damit an, Marek! Ist es nicht genug, dass meine Weiber zu Haus sich übermich das Maul zerreißen? Die reden auch schon ständig auf mich ein.« Rungholt befühltevorsichtig mit der Zunge den eitrigen Zahn. Ein Stück war wohl abgebrochen, undder Stumpf drohte, in seine Zunge zu schneiden. Doch das Schlimmste war derEiter und die Schwellung des entzündeten Zahnfleischs. Kaum mit der Zunge anden Zahn gestoßen, durchzuckte ein neuerlicher Schmerz seinen Schädel. SeinKörper verkrampfte sich. Ein weiteres Stoßgebet an die Heilige Medard! Rungholtfluchte. Er hielt sich die Wange und wandte sich seinem Kapitän zu. Marek sahRungholt mitleidig an: »Das ist ja nicht mit anzusehen. Hol dir einen Medicusins Haus. Das Geld wäre gut angelegt. « »Einen Arzt?« Rungholt spie das Wortförmlich aus. »Willst du mich umbringen?« »Des Öfteren! Schon. Ja.« Rungholtüberhörte den Kommentar geflissentlich. »Ha! Diese Pfuscher haben doch nur ihrSalär im Sinn. Gut angelegt? «, knurrte er. »Das wird schon werden. Der fälltraus.« Marek musste lachen. »Seit wann bist du Optimist, hm?« Feixend wandte ersich wieder dem Netz mit den Fässern zu, griff mit einem Haken hinein undbugsierte es zu den Beladern der Kogge. Auch Rungholt musste grinsen, soweit esder Zahn zuließ. Doch er wusste, dass seine Weigerung ernst gemeint war. Erhatte schlicht Angst vor einem Arzt, einem Medicus - diesen Kurpfuschern. Erhatte genug Geld, um sich einen guten Leibarzt zu leisten, doch der Glaube,dass es der Arzt selbst war, der den Tod erst mitbrachte, ließ ihn um diese Zunfteinen weiten Bogen schlagen. Zufrieden, dass jedenfalls die Beladungvoranschritt, wandte sich Rungholt von der Kogge ab. Er sah am sperrigenSchwungrad vorbei, in dem sich zwei Arbeiter abmühten und den Kran bewegten.Schweißüberströmt stemmten sie sich gegen die Rundung des Laufrades, wurdenTeil der schweren Holzkonstruktion und trieben so den klobigen Ausleger erneutvom Pier zur Möwe hinüber. Er sog die kühle, morgendliche Septemberluftein. Nebel lag über der Trave, doch der Himmel war nahezu wolkenlos. Rungholtließ seinen Blick über die Häuser gleiten, deren Giebel hinter der Stadtmauerhervorlugten. Ein Farbenspiel aus Rot und Gelb zeichnete sich vor dem frühenHimmel ab. Das kräftige Dunkelrot der Giebelhäuser an der Obertrave, das insGelb changierende Schimmern der geschlämmten Ziegel und das schwarze Glitzernder lasierten Schmucksteine, die die Häuser zierten. Beinahe weiß ist das Blaudes Himmels, dachte Rungholt, und genoss den Blick auf seine Stadt. Lübeck. DieStadt der sieben Türme. Was war schon ein Brügge, was war ein Hamburg oder einKöln? - Lübeck. Sie war das Tor zur Welt. Als sein Blick die beiden Türme vonSt. Marien streifte, die zwischen den gezackten Giebeln der Kaufmannshäuser genHimmel strebten, frohlockte sein Herz. Über fünfundsechzig Klafter,hundertfünfundzwanzig Meter, ragten die Türme grazil zu Gott empor. Mit ihnenhatte sich der Rat, hatten sich die Kaufleute Lübecks ein Denkmal gesetzt. Fastein Jahrhundert hatten die reichsten Lübecker Geld für den Bau gesammelt. DieAufgabe war von Patrizier zu Patrizier weitergereicht worden. Rungholt konntesich noch erinnern, wie sein alter Herr von den politischen Querelen gesprochenhatte, die beim Bau ausgebrochen waren. In der Wärme der Dornse hatte Nyeburhäufig Schwänke über die Streitereien der mächtigen Ratsherren zum Bestengegeben. Die kleine Schreibstube in Nyeburs Diele war dann voll von dem gutenRauch des Quendelkrauts und dem Duft feiner Gewürze gewesen, und Nyebur hatteerzählt und erzählt. Rungholt, kaum vierzehn Jahre alt, hatte sich die Pfeifeschmecken lassen und jedes Wort in sich aufgesogen. (...)
© Blanvalet Verlag
- Autor: Derek Meister
- 2006, 543 Seiten, Maße: 13,5 x 20,6 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Verlag: Blanvalet
- ISBN-10: 3442363101
- ISBN-13: 9783442363100
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