Sieben Stunden im April
Meine Geschichten vom Überleben. Mit einem Vorwort zur Taschenbuchausgabe
Ihre Geschichte ging durch alle Medien. Die Gefängnispsychologin Susanne Preusker wird an ihrem Arbeitsplatz, dem Hochsicherheitsgefängnis in Straubing, von einem inhaftierten Sexualstraftäter sieben Stunden lang eingesperrt, mehrfach...
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Produktdetails
Produktinformationen zu „Sieben Stunden im April “
Ihre Geschichte ging durch alle Medien. Die Gefängnispsychologin Susanne Preusker wird an ihrem Arbeitsplatz, dem Hochsicherheitsgefängnis in Straubing, von einem inhaftierten Sexualstraftäter sieben Stunden lang eingesperrt, mehrfach vergewaltigt und mit dem Tode bedroht. Ungeschminkt und mit erzählerischer Präzision schildert Susanne Preusker das Unvorstellbare, die Todesangst, aber auch, wie sie es geschafft hat, nach dem Martyrium weiterzuleben.
Klappentext zu „Sieben Stunden im April “
Ihre Geschichte ging durch alle Medien. Die Gefängnispsychologin Susanne Preusker wird an ihrem Arbeitsplatz, dem Hochsicherheitsgefängnis in Straubing, von einem inhaftierten Sexualstraftäter sieben Stunden lang eingesperrt, mehrfach vergewaltigt und mit dem Tode bedroht. Ungeschminkt und mit erzählerischer Präzision schildert Susanne Preusker das Unvorstellbare, die Todesangst, aber auch, wie sie es geschafft hat, nach dem Martyrium weiterzuleben.
Lese-Probe zu „Sieben Stunden im April “
Sieben Stunden im April von Susanne PreuskerVor eineinhalb Jahren ist mein Buch Sieben Stunden im April erschienen und auch heute noch wäre es mir lieber, ich hätte es nie schreiben müssen. Das Buch hat mir einen gewissen Grad an Bekanntheit eingebracht. und ja - ich hätte es vorgezogen, mit einem sensationellen Roman oder einem bahnbrechenden Fachbuch bekannt zu werden. Oder gar nicht.
Ob ich es je bereut hätte, meine Geschichten vom Überleben zu Papier und dann an die Öffentlichkeit gebracht zu haben, bin ich zwischenzeitlich häufig gefragt worden. Ob es nicht quälend gewesen sei, infolge der Diskussion um die Sieben Stunden im April meine Geschichte wieder und wieder zu erzählen. Ob es nicht hilfreicher gewesen wäre, das Thema ruhen zu lassen. Zu vergessen, was passiert sei. Ob es nicht geschmerzt hätte, die eigene Privatsphäre aufzugeben. Aus vielerlei Gründen kann ich diese Fragen verneinen.
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Zunächst: Für mich gibt es den Luxus des Vergessens nicht. So oder so nicht. Auch wenn der April 2009 mittlerweile längere Zeit zurückliegt, sind diese sieben Stunden immer da. Sie begleiten mich, auch wenn ich sie nicht ständig spüre. Sie sind da, wenn ich plötzlich meine, mich in abgeschlossenen räumen zu befinden. Sie sind da, wenn ich durch Tunnel fahre. Sie sind da, wenn ich bestimmte Geräusche höre, Filmszenen sehe, Gerüche wahrnehme. Sie sind da, wenn mir in der Einkaufszone ein bestimmter Typ Mann begegnet. Sie machen mir keine große Angst mehr, diese Erinnerungen an die sieben Stunden, aber sie lassen mich auch nicht los. Sie sind bei mir und Teil von mir und haben es sich in dem Rucksack, den ich durch mein Leben trage, ziemlich gemütlich gemacht. und zwar ohne danach zu fragen, ob mir das gefällt. Daher gibt es kein Vergessen. Vielleicht gäbe es ein Verdrängen, aber diese Lösung habe ich nie in Betracht gezogen. Wenn es denn eine Lösung ist. und eigentlich wüsste ich auch gar nicht, wie ich das anstellen sollte, dieses Verdrängen. Wie geht das?
Ansonsten darf ich meinen Mann zitieren, den Sie auf den nächsten Seiten ja noch näher kennenlernen werden. Von ihm stammt die launige Bemerkung: Vielleicht kann man ein Trauma auch dadurch bearbeiten, dass man so oft darüber redet, bis man es selber nicht mehr hören kann. Gar nicht mal so dumm, dieser Gedanke.
Ich zumindest habe durch die Veröffentlichung meiner Geschichte eine heilsame Distanz gewonnen, wobei ich jedoch nicht den Eindruck erwecken möchte, damit eine allgemeingültige Strategie propagieren zu wollen. Wahrscheinlich gibt es so viele Bewältigungsstrategien für Gewalterfahrungen, wie es auch Betroffene gibt. Was es sicher nicht gibt, sind Patentrezepte. Wenn ich aber eine Botschaft habe, die mir am Herzen liegt, dann ist es folgende: In dem Maße, in dem es mir gelungen ist, meine Scham abzulegen, bin ich genesen. Scham muss man sich leisten können. Ich konnte es nicht. natürlich war der Preis, intime Einblicke gewähren zu müssen, hoch. Aber der Preis, den ich für ein verschämtes abducken ins Private entrichtet hätte, wäre längerfristig ungleich höher ausgefallen. Mein Stolz, meine Würde, meine Stärke, meine Autonomie, meine Selbstsicherheit - das wären die Münzen gewesen, mit denen ich gezahlt hätte. und eine letzte Bemerkung dazu: Spätestens in dem Moment, als ich unter den Augen der Öffentlichkeit, vertreten durch zahlreiche Medienvertreter, im Krankenwagen aus der Justizvollzugsanstalt gefahren wurde, war meine Privatsphäre nicht mehr privat. Gewollt habe ich das nie.
Nach meiner Entscheidung, offensiv mit dem, was geschehen ist, umzugehen, zu agieren, statt zu reagieren, war das Interesse der Medien an mir und meiner Geschichte groß. natürlich war es das - Verbrechen verkauft sich eben. Wem sollte man das vorwerfen. und ich bin froh, heute sagen zu können, dass mir bislang niemand aus der Medienwelt begegnet ist, der sich grenzverletzend oder in irgendeiner anderen Art meiner Familie oder mir gegenüber ungebührlich verhalten hätte. Mag sein, dass es solche Typen gibt - getroffen habe ich sie bisher nicht, was auch daran liegen mag, dass ich in der Wahl meiner Gesprächspartner eine gewisse Sorgfalt und Vorsicht habe walten lassen.
Wie sieht mein Leben heute aus?
Ich stehe morgens auf, koche, wische das Bad, treffe mich mit Freunden, kaufe ein, tausche die Schuhe um, die doch nicht passen, vergesse Zahnarzttermine, lache, streite, telefoniere, bin wütend, manchmal auch traurig, erkläre meinem Mann, wie die neue Beule ins Auto gekommen ist, gieße Blumen, gucke fern, höre Musik, dusche, hole die Post, bespaße den Hund, blättere die Zeitung durch, mache die Wäsche, bügele wenig begeistert, besorge Geburtstagsgeschenke, fahre ans Meer, sammele Kastanien, schreibe Bücher und mache auch ansonsten noch dies und das. Mit anderen Worten: Ich führe ein relativ normales Leben, manchmal langweilig, manchmal aufregend, aber immer relativ normal. Zumindest habe ich deutlich mehr gute als schlechte Tage. und spätestens, nachdem Sie das Buch gelesen haben, werden Sie wissen, dass das auch schon mal ganz anders war.
Heute, im Winter 2012, halte ich mich für einen recht zufriedenen Menschen. Und für einen Menschen, der ganz, ganz viel Glück gehabt hat.
Ihre Geschichte ging durch alle Medien. Die Gefängnispsychologin Susanne Preusker wird an ihrem Arbeitsplatz, dem Hochsicherheitsgefängnis in Straubing, von einem inhaftierten Sexualstraftäter sieben Stunden lang eingesperrt, mehrfach vergewaltigt und mit dem Tode bedroht. Ungeschminkt und mit erzählerischer Präzision schildert Susanne Preusker das Unvorstellbare, die Todesangst, aber auch, wie sie es geschafft hat, nach dem Martyrium weiterzuleben.
© 2011 der Originalausgabe by Patmos Verlag der Schwabenverlag AG
Zunächst: Für mich gibt es den Luxus des Vergessens nicht. So oder so nicht. Auch wenn der April 2009 mittlerweile längere Zeit zurückliegt, sind diese sieben Stunden immer da. Sie begleiten mich, auch wenn ich sie nicht ständig spüre. Sie sind da, wenn ich plötzlich meine, mich in abgeschlossenen räumen zu befinden. Sie sind da, wenn ich durch Tunnel fahre. Sie sind da, wenn ich bestimmte Geräusche höre, Filmszenen sehe, Gerüche wahrnehme. Sie sind da, wenn mir in der Einkaufszone ein bestimmter Typ Mann begegnet. Sie machen mir keine große Angst mehr, diese Erinnerungen an die sieben Stunden, aber sie lassen mich auch nicht los. Sie sind bei mir und Teil von mir und haben es sich in dem Rucksack, den ich durch mein Leben trage, ziemlich gemütlich gemacht. und zwar ohne danach zu fragen, ob mir das gefällt. Daher gibt es kein Vergessen. Vielleicht gäbe es ein Verdrängen, aber diese Lösung habe ich nie in Betracht gezogen. Wenn es denn eine Lösung ist. und eigentlich wüsste ich auch gar nicht, wie ich das anstellen sollte, dieses Verdrängen. Wie geht das?
Ansonsten darf ich meinen Mann zitieren, den Sie auf den nächsten Seiten ja noch näher kennenlernen werden. Von ihm stammt die launige Bemerkung: Vielleicht kann man ein Trauma auch dadurch bearbeiten, dass man so oft darüber redet, bis man es selber nicht mehr hören kann. Gar nicht mal so dumm, dieser Gedanke.
Ich zumindest habe durch die Veröffentlichung meiner Geschichte eine heilsame Distanz gewonnen, wobei ich jedoch nicht den Eindruck erwecken möchte, damit eine allgemeingültige Strategie propagieren zu wollen. Wahrscheinlich gibt es so viele Bewältigungsstrategien für Gewalterfahrungen, wie es auch Betroffene gibt. Was es sicher nicht gibt, sind Patentrezepte. Wenn ich aber eine Botschaft habe, die mir am Herzen liegt, dann ist es folgende: In dem Maße, in dem es mir gelungen ist, meine Scham abzulegen, bin ich genesen. Scham muss man sich leisten können. Ich konnte es nicht. natürlich war der Preis, intime Einblicke gewähren zu müssen, hoch. Aber der Preis, den ich für ein verschämtes abducken ins Private entrichtet hätte, wäre längerfristig ungleich höher ausgefallen. Mein Stolz, meine Würde, meine Stärke, meine Autonomie, meine Selbstsicherheit - das wären die Münzen gewesen, mit denen ich gezahlt hätte. und eine letzte Bemerkung dazu: Spätestens in dem Moment, als ich unter den Augen der Öffentlichkeit, vertreten durch zahlreiche Medienvertreter, im Krankenwagen aus der Justizvollzugsanstalt gefahren wurde, war meine Privatsphäre nicht mehr privat. Gewollt habe ich das nie.
Nach meiner Entscheidung, offensiv mit dem, was geschehen ist, umzugehen, zu agieren, statt zu reagieren, war das Interesse der Medien an mir und meiner Geschichte groß. natürlich war es das - Verbrechen verkauft sich eben. Wem sollte man das vorwerfen. und ich bin froh, heute sagen zu können, dass mir bislang niemand aus der Medienwelt begegnet ist, der sich grenzverletzend oder in irgendeiner anderen Art meiner Familie oder mir gegenüber ungebührlich verhalten hätte. Mag sein, dass es solche Typen gibt - getroffen habe ich sie bisher nicht, was auch daran liegen mag, dass ich in der Wahl meiner Gesprächspartner eine gewisse Sorgfalt und Vorsicht habe walten lassen.
Wie sieht mein Leben heute aus?
Ich stehe morgens auf, koche, wische das Bad, treffe mich mit Freunden, kaufe ein, tausche die Schuhe um, die doch nicht passen, vergesse Zahnarzttermine, lache, streite, telefoniere, bin wütend, manchmal auch traurig, erkläre meinem Mann, wie die neue Beule ins Auto gekommen ist, gieße Blumen, gucke fern, höre Musik, dusche, hole die Post, bespaße den Hund, blättere die Zeitung durch, mache die Wäsche, bügele wenig begeistert, besorge Geburtstagsgeschenke, fahre ans Meer, sammele Kastanien, schreibe Bücher und mache auch ansonsten noch dies und das. Mit anderen Worten: Ich führe ein relativ normales Leben, manchmal langweilig, manchmal aufregend, aber immer relativ normal. Zumindest habe ich deutlich mehr gute als schlechte Tage. und spätestens, nachdem Sie das Buch gelesen haben, werden Sie wissen, dass das auch schon mal ganz anders war.
Heute, im Winter 2012, halte ich mich für einen recht zufriedenen Menschen. Und für einen Menschen, der ganz, ganz viel Glück gehabt hat.
Ihre Geschichte ging durch alle Medien. Die Gefängnispsychologin Susanne Preusker wird an ihrem Arbeitsplatz, dem Hochsicherheitsgefängnis in Straubing, von einem inhaftierten Sexualstraftäter sieben Stunden lang eingesperrt, mehrfach vergewaltigt und mit dem Tode bedroht. Ungeschminkt und mit erzählerischer Präzision schildert Susanne Preusker das Unvorstellbare, die Todesangst, aber auch, wie sie es geschafft hat, nach dem Martyrium weiterzuleben.
© 2011 der Originalausgabe by Patmos Verlag der Schwabenverlag AG
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Autoren-Porträt von Susanne Preusker
Susanne Preusker war Diplom-Psychologin und Psychotherapeutin. Bis 2009 war sie Leiterin einer sozialtherapeutischen Abteilung für Sexualstraftäter in einem Hochsicherheitsgefängnis und arbeitete insbesondere mit Gewalttätern. Sie lebte in Straubing und Magdeburg, wo sie 2018 starb.
Bibliographische Angaben
- Autor: Susanne Preusker
- 2013, 187 Seiten, Maße: 12,5 x 18,7 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Verlag: Goldmann
- ISBN-10: 344215748X
- ISBN-13: 9783442157488
- Erscheinungsdatum: 15.03.2013
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