Steirernacht
Sandra Mohrs sechster Fall. Kriminalroman
Claudia Rossbacher mordet in ihrem 6. Fall wieder munter im grünen Herz Österreichs - dieses Mal trifft es die schöne Oststeiermark!
Mitten in der Nacht werden die LKA-Ermittler Sandra Mohr und ihr Kollege Sascha Bergmann...
Mitten in der Nacht werden die LKA-Ermittler Sandra Mohr und ihr Kollege Sascha Bergmann...
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Produktdetails
Produktinformationen zu „Steirernacht “
Claudia Rossbacher mordet in ihrem 6. Fall wieder munter im grünen Herz Österreichs - dieses Mal trifft es die schöne Oststeiermark!
Mitten in der Nacht werden die LKA-Ermittler Sandra Mohr und ihr Kollege Sascha Bergmann ins oststeirische Pöllau gerufen. Dort wurde ein Ehepaar und dessen elfjähriger Sohn in ihrem eigenen Haus erschossen aufgefunden. Was zunächst wie ein erweiterter Suizid scheint, entpuppt sich doch schon recht bald als mysteriöser Mordfall, in dem nur die hinterbliebene 13-jährige Tochter der Familie zur einzigen Tatzeugin wird. Aber was so einfach klingt, stellt sich als deutlich komplizierter als erwartet heraus. Und auch in Sandra Mohr's Privatleben kriselt es gewaltig...
Österreichs beliebteste, heimische Krimi-Autorin Claudia Rossbacher hat mit „Steirernacht" wieder einen spannenden, steirischen Lokalkrimi vorgelegt und bringt mit der schon sehnsüchtig erwarteten Fortsetzung ihrer Steirer-Reihe die Augen ihrer zahlreichen Fans zum Leuchten. Für die begeisterten Leser der vorherigen Bücher ein absolutes Muss und auch für alle anderen Krimi-Freunde schwer empfehlenswert.
„Steirernacht" gleich jetzt bequem hier online bestellen und schon in Kürze in der Oststeiermark auf Mörderjagd gehen!
Mitten in der Nacht werden die LKA-Ermittler Sandra Mohr und ihr Kollege Sascha Bergmann ins oststeirische Pöllau gerufen. Dort wurde ein Ehepaar und dessen elfjähriger Sohn in ihrem eigenen Haus erschossen aufgefunden. Was zunächst wie ein erweiterter Suizid scheint, entpuppt sich doch schon recht bald als mysteriöser Mordfall, in dem nur die hinterbliebene 13-jährige Tochter der Familie zur einzigen Tatzeugin wird. Aber was so einfach klingt, stellt sich als deutlich komplizierter als erwartet heraus. Und auch in Sandra Mohr's Privatleben kriselt es gewaltig...
Österreichs beliebteste, heimische Krimi-Autorin Claudia Rossbacher hat mit „Steirernacht" wieder einen spannenden, steirischen Lokalkrimi vorgelegt und bringt mit der schon sehnsüchtig erwarteten Fortsetzung ihrer Steirer-Reihe die Augen ihrer zahlreichen Fans zum Leuchten. Für die begeisterten Leser der vorherigen Bücher ein absolutes Muss und auch für alle anderen Krimi-Freunde schwer empfehlenswert.
„Steirernacht" gleich jetzt bequem hier online bestellen und schon in Kürze in der Oststeiermark auf Mörderjagd gehen!
Klappentext zu „Steirernacht “
Mitten in der Nacht werden die LKA-Ermittler Sandra Mohr und Sascha Bergmann ins oststeirische Pöllau gerufen. Ein Ehepaar und dessen elfjähriger Sohn wurden in ihrem Haus erschossen aufgefunden. Was zunächst nach erweitertem Suizid aussieht, entpuppt sich schon bald als rätselhafter Mordfall, in dem die einzige hinterbliebene 13-jährige Tochter zur wichtigen Tatzeugin wird. Aber ganz so einfach ist es dann doch nicht, den Täter zu fassen. Auch ihr Privatleben droht Sandra Mohr an ihre Grenzen zu bringen ...
Klappenbroschur
Lese-Probe zu „Steirernacht “
Claudia Rossbacher - SteirernachtPROLOG
Die Stille der Nacht
zerfetzt.
Der erste Schuss
ein Treffer.
Der zweite,
dritte,
vierte Schuss
du bist tot.
Der fünfte Schuss
mitten ins Herz.
Die Stille der Nacht
ewig.
K A P I T E L 1
Samstag, 12. April
1 .
»Das ist jetzt aber nicht wahr ...« Abteilungsinspektorin
Sandra Mohr bremste den schwarzen Audi A6 ab, während
sie ihr nächtliches Déjà-vu kommentierte. Ihr Blick
folgte der halb gerauchten Zigarette, die in hohem Bogen
über die Motorhaube ihres zivilen Dienstwagens auf die
Fahrbahn flog.
Wann zum Teufel hatte der Chefinspektor wieder mit dem
Rauchen angefangen? Und vor allen Dingen, warum? Nachdem
er fast zwei Jahre lang abstinent gewesen war. Oder
hatte er ihr bloß etwas vorgemacht? Zuzutrauen war es ihm.
Sascha Bergmann stürzte den restlichen Inhalt seines
Kaffeebechers hinunter und stieg in den Wagen. Das
leere Einweggebinde steckte er in die Getränkehalterung.
Höchstwahrscheinlich würde sein Müll wieder solange dort
bleiben, bis Sandra ihn aufforderte, diesen endlich zu entsorgen.
Oder aber, wenn für den nächsten Becher einfach
kein Platz mehr war.
Bergmann fuhr sich durch die Haare, die vom Wind
zerzaust waren. Wenig überraschend, sahen sie danach
auch nicht ordentlicher aus. »Na? Bist du so müde, wie du
ausschaust? Oder geht's eh?«, fragte er putzmunter und
schnallte sich an.
Sandra legte den Retourgang ein, um in der kurzen Sackgasse
zurückzusetzen. Sie biss sich auf die Unterlippe, während
sie sich umwandte. Wenngleich ihr die Tatsache, dass
Bergmann eine seiner widerlichsten Angewohnheiten wieder
aufgenommen hatte, gehörig gegen den Strich ging,
wollte sie ihm das nicht gleich in aller Herrgottsfrüh vorwerfen.
Vorerst begnügte sie sich also mit einem
... mehr
genervten
Seufzen und blickte wieder nach vorn aufs Armaturenbrett.
Halb drei Uhr morgens war definitiv zu früh für eine Auseinandersetzung.
Genau genommen war es um diese Uhrzeit
für alles viel zu früh. Oder auch zu spät. Je nachdem,
wie man es betrachtete.
Sandra gähnte, ohne sich die Hand vor den Mund zu halten.
»Tschuldigung«, murmelte sie, obwohl Bergmann ihre
Unhöflichkeit ohnehin nicht wahrgenommen hatte. Oder
ihn diese schlichtweg nicht störte.
Den Blick auf die Straße gerichtet, legte sie wieder den
Vorwärtsgang ein. Wie oft sie Bergmann wohl schon vor
seinem Wohnhaus in der Sterngasse abgeholt hatte, ging es
ihr durch den Kopf. Seine Wohnung hatte sie bisher noch
nie betreten. Genauso wenig wie er ihre, die unweit des
Lendplatzes lag. Dabei wohnten sie zu Fuß gerade einmal
eine Viertelstunde voneinander entfernt.
Fast vier Jahre war es nun her, dass der Chefinspektor
von Wien nach Graz versetzt worden war - ausgerechnet
ihr vor die Nase. Inzwischen hatte sie sich fast an ihn
gewöhnt. Aber eben nur fast. Über seine Witze konnte sie
noch immer nicht lachen. Höchstens in seltenen Ausnahmefällen.
Dafür waren sie beruflich ein erfolgreiches Team,
was für Sandra ohnehin mehr zählte.
»Vielleicht solltest du morgens doch auf Kaffee umsteigen
«, schlug Bergmann ihr vor. Er schob sich ein Pfefferminzzuckerl
in den Mund und hielt ihr die Packung hin.
Beides lehnte Sandra mit einem Kopfschütteln ab. »Von
wegen morgens ... Es ist mitten in der Nacht«, beschwerte
sie sich. »Woher nimmst du um diese Uhrzeit überhaupt
einen Coffee-to-go?« Und diese bewundernswerte Energie,
fügte sie gedanklich hinzu. So viel Koffein konnte sie gar
nicht in sich hineinschütten, als dass sie nach kaum mehr
als einer Stunde Schlaf so fit gewesen wäre wie er. Ob Bergmann
mit seinen gerade mal 40 Jahren bereits an seniler Bettflucht
litt? Sandra grinste in sich hinein. »Etwa aus dieser
Spelunke ums Eck?«, fragte sie ihn. Soweit sie wusste, war
das heruntergekommene Café das einzige Lokal in unmittelbarer
Nähe, das um diese Uhrzeit offen hatte. Außer
den Wettcafés, einschlägigen Nachtklubs und Striptease-
Bars in diesem Viertel, in denen überwiegend alles andere
als Kaffee konsumiert wurde. Ganz egal, zu welcher Tagesoder
Nachtzeit.
Bergmann verneinte, indem er dreimal mit der Zunge
schnalzte. »Du glaubst doch nicht ernsthaft, dass ich mich
freiwillig in einer solchen Rumsn herumtreibe.«
Niemand, den Sandra kannte, konnte dermaßen dreckig
grinsen wie der Chefinspektor. »Oh ja. Dem Gestank nach
zu urteilen, schon«, bezog sie sich auf den Zigarettengeruch,
der an ihm haftete. Und auch sonst war Bergmann
kein Kind von Traurigkeit. Zumindest vermittelte er immer
wieder diesen Eindruck.
Er schnüffelte am Ärmel seiner Jacke und deutete mit
einer Geste an, dass er nichts wahrnahm, was ihn störte.
Ansonsten ging er nicht weiter auf ihren Kommentar ein.
»Solche Pappbecher mit Plastikdeckeln kann man kau12
fen«, erklärte er stattdessen. »Praktisch, nicht wahr? Den
Rest erledigt die Kaffeemaschine. What else?«, spielte er
auf das Kapselsystem an, für das George Clooney warb.
Noch einmal fuhr er sich mit den Fingern durch die strubbligen
Haare und sah sie von der Seite an.
Als würde sein Augenaufschlag auch nur im Entferntesten
an jenen des Hollywoodstars heranreichen, dachte
Sandra und gähnte noch einmal, diesmal hinter vorgehaltener
Hand. »Praktisch vielleicht, aber nicht gerade umweltfreundlich.
Weder die Kapseln noch die Plastikdeckel auf
diesen Einwegbechern. Genauso gut könntest du dir einen
Espressokocher zulegen und einen Thermobecher verwenden
«, sagte sie.
»Wenn du mir beides hinterher abwäschst ...«
»Sicher nicht.«
»Sag mal, was ist eigentlich los?« Bergmanns Blick klebte
noch immer auf ihr.
»Wieso? Was soll los sein?«
»Na, wohin fahren wir? Und weshalb?«, kam er auf den
Grund ihres nächtlichen Einsatzes zu sprechen.
»Ach so ...« Sandra hielt den Wagen an der roten Ampel
an. »Pöllau bei Hartberg. Sieht nach einer Familientragödie
aus. Drei Tote: Vater, Mutter, Sohn. Alle erschossen.« Eine
ganze Familie - einfach so ausgelöscht, fügte sie gedanklich
hinzu.
»Wie alt war der Sohn denn?«
»Gerade mal elf Jahre alt.«
»Scheiße ...« Bergmann blickte aus dem Seitenfenster.
Die nicht mehr ganz junge Frau in Leoparden-Leggings,
überkniehohen Plateaustiefeln und Kunstpelzjacke, die an
der Hausmauer lehnte, warf sich in Pose. Sie öffnete die
Jacke, um ihr üppiges Dekolleté samt Speckrollen um die
Leibesmitte zu präsentieren, und leckte sich lasziv über die
knallrot geschminkten Lippen. Der Chefinspektor schien
keinerlei Notiz von ihr zu nehmen. Auch nicht, als sie ihre
Jacke wieder zuzog und ihm den Stinkefinger zeigte.
Sandra richtete ihren Blick wieder auf die Straße. »Du
sagst es«, stimmte sie seinem Fäkalausdruck zu. »Für die
Pöllauer Kollegen sieht alles nach erweitertem Suizid
aus. Offenkundig hatte der Mann gravierende finanzielle
Schwierigkeiten.«
Bergmann nickte nachdenklich. »Wieder einer, der sein
Leben nicht mehr gepackt, durchgedreht und seine Familie
in den Tod mitgenommen hat«, zog er seine Schlüsse.
»Leider nichts Neues ...«
»Dass ein solcher Fall nicht neu ist, spielt in unserem
aber leider überhaupt keine Rolle«, sagte Sandra forscher
als beabsichtigt. Sie stieg aufs Gaspedal, als die Ampel auf
Grün sprang.
Bergmann nahm ihren Kommentar schweigend hin.
Wenngleich die Suizidraten in der Steiermark seit 1970
deutlich gesunken waren, häuften sich jene Fälle, in denen
Menschen ihre nächsten Angehörigen töteten und sich
anschließend selbst umbrachten. Oftmals waren es auch
ältere Ehepaare oder Lebensgefährten, die aus Angst vor
Krankheit und Pflegebedürftigkeit freiwillig gemeinsam
aus dem Leben schieden. Oder weil sie nicht alleine, ohne
den langjährigen Partner, der unheilbar erkrankt war, weiterleben
wollten.
»Ist Jutta schon unterwegs?«, erkundigte sich Bergmann
nach der Gerichtsmedizinerin.
Sandra nickte. »Frau Doktor Kehrer müsste vor uns
am Einsatzort eintreffen. Siebenbrunner und seine Leute
sowieso«, fuhr sie fort. Der Gedanke an den missmutigen
Leiter der Tatortgruppe entlockte ihr ein weiteres Seufzen.
Im Vergleich zu Manfred Siebenbrunner war Sascha Bergmann
ein nahezu liebenswerter Zeitgenosse.
In Nächten wie dieser hasste Sandra ihren Job bei der
Mordgruppe des Landeskriminalamtes Steiermark. Erst
recht, wenn wie im aktuellen Fall ein Kind zu den Opfern
zählte.
2 .
Sandra jagte den Audi über die Landstraße, die die Marktgemeinde
Pöllau mit dem kleineren Marienwallfahrtsort Pöllauberg
verband. Stellenweise befürchtete sie, dass die heftigen
Windböen ihren Dienstwagen jeden Moment von der
Fahrbahn wehen könnten. Immer wieder musste sie abgebrochenen
Ästen ausweichen. Einer fiel herab, just, als sie
am Baum vorbeifuhren, und verfehlte sie nur knapp. Trotz
aller Widrigkeiten lenkte sie das Auto weiterhin unbeschadet
durch die Nacht. Hunderttausende gefahrene Kilometer
und zahlreiche Fahrsicherheitstrainings hatten für entsprechende
Routine gesorgt, selbst bei extremen Wetter- und
Straßenbedingungen. Eine Routine, die ihr Partner leider
vermissen ließ. Bergmann fuhr höchst ungern, daher nur
äußerst selten und umso miserabler Auto.
Die Bauernhöfe und Einfamilienhäuser, die sie passierten,
lagen im Dunkel der Nacht, ebenso die Äcker, Wiesen und
Wälder ringsherum. Ab und zu lugte der fast volle Mond
hinter bedrohlich aussehenden Wolkenformationen hervor,
die der Sturm mit beachtlicher Geschwindigkeit vor sich
hertrieb. In solchen Momenten war die malerische Hügellandschaft
wenigstens schemenhaft sichtbar.
Die einzige stetige Lichtquelle, außer dem Display des
Navigationsgerätes und den Scheinwerfern ihres Dienstwagens,
war die beleuchtete Wallfahrtskirche Maria Pöllauberg,
die vom Samstagsberg über den Naturpark Pöllauer
Tal wachte. Doch auch das hochgotische Gotteshaus
war nicht allzu lange zu sehen. Schon war es wieder hinter
den bewaldeten Hügelkuppen aus ihrem Blickfeld verschwunden.
»Dort drüben«, kommentierte Bergmann die kleine, hell
erleuchtete Siedlung, die unvermittelt nach einer Baumgruppe
zu ihrer Linken auftauchte.
Ein Blick auf das stummgeschaltete Navi bestätigte Sandra,
dass sie an der nahen Wegkreuzung in der Zeil nach
links in die Sackgasse abbiegen musste, um ihr Ziel in
500 Metern zu erreichen. Solange die nervtötende Computerstimme
fast alles falsch betonte, war sie zum Schweigen
verdammt. Außer in jenen seltenen Ausnahmefällen,
in denen es um Leben und Tod ging, wenn Sandra die
Gegend zudem völlig fremd war. Im oststeirischen Pöllauer
Tal kannte sie sich jedoch ganz gut aus, wie in den meisten
Regionen der Steiermark. Auch der Zeitfaktor spielte
in diesem Fall keine überlebenswichtige Rolle. Die Opfer
waren leider nicht mehr zu retten.
Den Wagen stellte Sandra zwischen zwei schräg geparkten
Funkstreifen direkt vor dem Wirtshaus ab. Drinnen
brannte Licht. Der Tatort selbst lag an die 150 Meter weiter
oben im Bauernhaus, das mit Polizeiabsperrbändern gesichert
und mit Scheinwerfern beleuchtet war. Am Fahrbahn16
rand der Zufahrtsstraße, die zum Tatort hinaufführte, reihte
sich ein Einsatzfahrzeug an das andere. Ganz oben, wenige
Meter vor dem Haus, parkten die Kastenwägen der Tatortgruppe.
Während sich Sandra und Bergmann die Schutzanzüge
überzogen, kam ein uniformierter Polizist auf sie zu.
»Ihr seid's bestimmt die Ermittler vom LKA?«, sprach
sie der untersetzte Mann an, der Sandras 1,70 Meter höchstens
um ein, zwei Zentimeter überragte.
Sandra strich sich eine Haarsträhne hinters Ohr, die ihr
eine Windböe eben aus dem Pferdeschwanz gerissen hatte,
nannte ihre Namen und Dienstränge.
Bergmann zog den Reißverschluss seines Einweg-Overalls
geräuschvoll zu.
Der Kollege aus der Polizeiinspektion Pöllau stellte sich
ihnen als Kontrollinspektor Gottfried Schnuderl vor.
»Ich nehme an, ihr habt die Opfer gekannt?«, erkundigte
sich Sandra und setzte sich als Erste in Bewegung.
Schnuderl nickte. »Sicher. Hier kennt a jeder an jeden. Bei
den Toten handelt sich's um die Familie Faschingbauer ...
den Walter und die Gudrun, seine Frau ...« Schnuderl
stockte, sichtlich betroffen.
»Und um den Sohn der beiden«, vergewisserte sich Sandra.
Schnuderl schluckte. »Ja, den Severin hat's a daklescht«,
bestätigte er.
»Erweiterter Suizid?«, hakte Sandra nach.
Schnuderl zuckte mit den Schultern. »Schaut ganz danach
aus. Obwohl ich mir beim besten Willen nicht erklären
kann, wie der Walter ein solches Massaker hat anrichten
können«, meinte er.
»War Herr Faschingbauer nicht hochverschuldet?«
»Ja eh. Aber das war nicht seine Schuld.«
»Wieso nicht?«
Schnuderl blieb stehen und wandte sich nach links.
Sandras Blick folgte seinem ausgestreckten Arm. Die ersten
Meter des Feldweges, der keine drei Schritte neben ihnen
abzweigte, lagen im Lichtkegel der Polizei-Scheinwerfer.
»Dort hinten sind die Ferienhäuser, die die Faschingbauers
an Gäste vermieten. Oder besser, gern vermietet hätten
«, erklärte Schnuderl.
Sandra kniff die Augen zusammen. Die besagten
Gebäude jenseits des Scheinwerferlichts ließen sich noch
nicht einmal erahnen. »Waren diese Ferienhäuser der
Grund für die Schulden?«, fragte sie nach.
»Ich sag einmal so: Der Hof war schon belastet, wie
ihn der Walter von seinem Vater übernommen hat«,
erzählte der Polizist, während sie ihren Weg zum Wohnhaus
auf der Anhöhe fortsetzten. »Er hat dann eine Weile
so weiterg'wurscht'lt, bis die Grazer Tant von der Gudrun
g'storben is und ihr einen ordentlichen Batz'n Geld
vererbt hat. Auf das hinauf hat er dann den Landwirtschaftsbetrieb
aufgeben, das Wohnhaus renoviert und den
alten Troadkasten und die zwei Huam zu Ferienhäusern
umbaut. Alles vom Feinsten und entsprechend kostspielig.
Dafür hat die Erbschaft garantiert ned g'langt. Wenns
mich fragt's, hat die Gudrun den Walter da voll einig'ritten.
Die Häusermieten ham's dann auch noch viel zu hoch
für die Gegend ang'setzt. Von dem her ist das Geschäft
leider ned so auf'gangen, wie sie sich das vorg'stellt ham.
Wegen dem hätt der Walter dem Severin aber trotzdem
kein Haar gekrümmt. Hab i wenigstens immer glaubt. Der
Bua war doch sein Ein und Alles.« Noch einmal hob sich
der Adamsapfel des Landpolizisten, um sich im nächsten
Augenblick wieder zu senken.
»Und seine Frau?«, fragte Sandra. »Könnte sie die Tat
begangen haben?«
Wieder zuckte Schnuderl ratlos mit den Schultern. »I bin
schon zu lang in unserm Verein dabei, als dass i für irgendjemand
die Hand ins Feuer legen tät.«
Das hatte eben aber noch ganz anders geklungen, als
Schnuderl den angeblich unschuldig verschuldeten Mann
verteidigt hatte, stellte Sandra fest. Objektiv betrachtet und
ohne die genauen Hintergründe zu kennen, konnte Walter
Faschingbauer genauso wenig oder so viel für seine Misere
wie jeder andere Unternehmer, der sich verkalkuliert hatte
und in eine finanzielle Krise geschlittert war. Auch wenn
ihn angeblich seine Frau in die Bredouille gebracht hatte.
Wenige Meter vor dem schmucken Bauernhaus flatterten
die rot-weißen Absperrbänder mit dem Polizeischriftzug
geräuschvoll im Wind. Dass die Renovierung
des alten Gebäudes einiges an Geld verschlungen haben
musste, hätte Sandra auch dann vermutet, wenn Schnuderl
es zuvor nicht erwähnt hätte. Das traditionelle Bauernhaus,
das laut Inschrift über dem Eingang im Jahre 1818 erbaut
worden war, hätte jederzeit Platz in einem dieser Hochglanzmagazine
gefunden, in denen die schönsten Seiten des
Landlebens inszeniert wurden.
Sandra tat es Bergmann gleich und bückte sich, um vor
dem Betreten des Tatorts die Einweg-Überzieher über ihre
Schuhe zu stülpen. »Wer hat die Leichen eigentlich gefunden?
«, fragte sie, nachdem sie sich wieder aufgerichtet hatte.
Noch einmal strich sie die lose Haarsträhne hinters Ohr,
die der Wind neuerlich erfasst hatte.
»Die Johanna, das arme Dirndl ...«
»Johanna?«
»Die Tochter vom Walter und der Gudrun.«
»Die beiden hatten noch ein zweites Kind?«, fragte Sandra
erstaunt. Hatte sie diese Tatsache etwa überhört, nachdem
Lubenskys Anruf sie aus dem Tiefschlaf gerissen hatte?
© Gmeiner
Seufzen und blickte wieder nach vorn aufs Armaturenbrett.
Halb drei Uhr morgens war definitiv zu früh für eine Auseinandersetzung.
Genau genommen war es um diese Uhrzeit
für alles viel zu früh. Oder auch zu spät. Je nachdem,
wie man es betrachtete.
Sandra gähnte, ohne sich die Hand vor den Mund zu halten.
»Tschuldigung«, murmelte sie, obwohl Bergmann ihre
Unhöflichkeit ohnehin nicht wahrgenommen hatte. Oder
ihn diese schlichtweg nicht störte.
Den Blick auf die Straße gerichtet, legte sie wieder den
Vorwärtsgang ein. Wie oft sie Bergmann wohl schon vor
seinem Wohnhaus in der Sterngasse abgeholt hatte, ging es
ihr durch den Kopf. Seine Wohnung hatte sie bisher noch
nie betreten. Genauso wenig wie er ihre, die unweit des
Lendplatzes lag. Dabei wohnten sie zu Fuß gerade einmal
eine Viertelstunde voneinander entfernt.
Fast vier Jahre war es nun her, dass der Chefinspektor
von Wien nach Graz versetzt worden war - ausgerechnet
ihr vor die Nase. Inzwischen hatte sie sich fast an ihn
gewöhnt. Aber eben nur fast. Über seine Witze konnte sie
noch immer nicht lachen. Höchstens in seltenen Ausnahmefällen.
Dafür waren sie beruflich ein erfolgreiches Team,
was für Sandra ohnehin mehr zählte.
»Vielleicht solltest du morgens doch auf Kaffee umsteigen
«, schlug Bergmann ihr vor. Er schob sich ein Pfefferminzzuckerl
in den Mund und hielt ihr die Packung hin.
Beides lehnte Sandra mit einem Kopfschütteln ab. »Von
wegen morgens ... Es ist mitten in der Nacht«, beschwerte
sie sich. »Woher nimmst du um diese Uhrzeit überhaupt
einen Coffee-to-go?« Und diese bewundernswerte Energie,
fügte sie gedanklich hinzu. So viel Koffein konnte sie gar
nicht in sich hineinschütten, als dass sie nach kaum mehr
als einer Stunde Schlaf so fit gewesen wäre wie er. Ob Bergmann
mit seinen gerade mal 40 Jahren bereits an seniler Bettflucht
litt? Sandra grinste in sich hinein. »Etwa aus dieser
Spelunke ums Eck?«, fragte sie ihn. Soweit sie wusste, war
das heruntergekommene Café das einzige Lokal in unmittelbarer
Nähe, das um diese Uhrzeit offen hatte. Außer
den Wettcafés, einschlägigen Nachtklubs und Striptease-
Bars in diesem Viertel, in denen überwiegend alles andere
als Kaffee konsumiert wurde. Ganz egal, zu welcher Tagesoder
Nachtzeit.
Bergmann verneinte, indem er dreimal mit der Zunge
schnalzte. »Du glaubst doch nicht ernsthaft, dass ich mich
freiwillig in einer solchen Rumsn herumtreibe.«
Niemand, den Sandra kannte, konnte dermaßen dreckig
grinsen wie der Chefinspektor. »Oh ja. Dem Gestank nach
zu urteilen, schon«, bezog sie sich auf den Zigarettengeruch,
der an ihm haftete. Und auch sonst war Bergmann
kein Kind von Traurigkeit. Zumindest vermittelte er immer
wieder diesen Eindruck.
Er schnüffelte am Ärmel seiner Jacke und deutete mit
einer Geste an, dass er nichts wahrnahm, was ihn störte.
Ansonsten ging er nicht weiter auf ihren Kommentar ein.
»Solche Pappbecher mit Plastikdeckeln kann man kau12
fen«, erklärte er stattdessen. »Praktisch, nicht wahr? Den
Rest erledigt die Kaffeemaschine. What else?«, spielte er
auf das Kapselsystem an, für das George Clooney warb.
Noch einmal fuhr er sich mit den Fingern durch die strubbligen
Haare und sah sie von der Seite an.
Als würde sein Augenaufschlag auch nur im Entferntesten
an jenen des Hollywoodstars heranreichen, dachte
Sandra und gähnte noch einmal, diesmal hinter vorgehaltener
Hand. »Praktisch vielleicht, aber nicht gerade umweltfreundlich.
Weder die Kapseln noch die Plastikdeckel auf
diesen Einwegbechern. Genauso gut könntest du dir einen
Espressokocher zulegen und einen Thermobecher verwenden
«, sagte sie.
»Wenn du mir beides hinterher abwäschst ...«
»Sicher nicht.«
»Sag mal, was ist eigentlich los?« Bergmanns Blick klebte
noch immer auf ihr.
»Wieso? Was soll los sein?«
»Na, wohin fahren wir? Und weshalb?«, kam er auf den
Grund ihres nächtlichen Einsatzes zu sprechen.
»Ach so ...« Sandra hielt den Wagen an der roten Ampel
an. »Pöllau bei Hartberg. Sieht nach einer Familientragödie
aus. Drei Tote: Vater, Mutter, Sohn. Alle erschossen.« Eine
ganze Familie - einfach so ausgelöscht, fügte sie gedanklich
hinzu.
»Wie alt war der Sohn denn?«
»Gerade mal elf Jahre alt.«
»Scheiße ...« Bergmann blickte aus dem Seitenfenster.
Die nicht mehr ganz junge Frau in Leoparden-Leggings,
überkniehohen Plateaustiefeln und Kunstpelzjacke, die an
der Hausmauer lehnte, warf sich in Pose. Sie öffnete die
Jacke, um ihr üppiges Dekolleté samt Speckrollen um die
Leibesmitte zu präsentieren, und leckte sich lasziv über die
knallrot geschminkten Lippen. Der Chefinspektor schien
keinerlei Notiz von ihr zu nehmen. Auch nicht, als sie ihre
Jacke wieder zuzog und ihm den Stinkefinger zeigte.
Sandra richtete ihren Blick wieder auf die Straße. »Du
sagst es«, stimmte sie seinem Fäkalausdruck zu. »Für die
Pöllauer Kollegen sieht alles nach erweitertem Suizid
aus. Offenkundig hatte der Mann gravierende finanzielle
Schwierigkeiten.«
Bergmann nickte nachdenklich. »Wieder einer, der sein
Leben nicht mehr gepackt, durchgedreht und seine Familie
in den Tod mitgenommen hat«, zog er seine Schlüsse.
»Leider nichts Neues ...«
»Dass ein solcher Fall nicht neu ist, spielt in unserem
aber leider überhaupt keine Rolle«, sagte Sandra forscher
als beabsichtigt. Sie stieg aufs Gaspedal, als die Ampel auf
Grün sprang.
Bergmann nahm ihren Kommentar schweigend hin.
Wenngleich die Suizidraten in der Steiermark seit 1970
deutlich gesunken waren, häuften sich jene Fälle, in denen
Menschen ihre nächsten Angehörigen töteten und sich
anschließend selbst umbrachten. Oftmals waren es auch
ältere Ehepaare oder Lebensgefährten, die aus Angst vor
Krankheit und Pflegebedürftigkeit freiwillig gemeinsam
aus dem Leben schieden. Oder weil sie nicht alleine, ohne
den langjährigen Partner, der unheilbar erkrankt war, weiterleben
wollten.
»Ist Jutta schon unterwegs?«, erkundigte sich Bergmann
nach der Gerichtsmedizinerin.
Sandra nickte. »Frau Doktor Kehrer müsste vor uns
am Einsatzort eintreffen. Siebenbrunner und seine Leute
sowieso«, fuhr sie fort. Der Gedanke an den missmutigen
Leiter der Tatortgruppe entlockte ihr ein weiteres Seufzen.
Im Vergleich zu Manfred Siebenbrunner war Sascha Bergmann
ein nahezu liebenswerter Zeitgenosse.
In Nächten wie dieser hasste Sandra ihren Job bei der
Mordgruppe des Landeskriminalamtes Steiermark. Erst
recht, wenn wie im aktuellen Fall ein Kind zu den Opfern
zählte.
2 .
Sandra jagte den Audi über die Landstraße, die die Marktgemeinde
Pöllau mit dem kleineren Marienwallfahrtsort Pöllauberg
verband. Stellenweise befürchtete sie, dass die heftigen
Windböen ihren Dienstwagen jeden Moment von der
Fahrbahn wehen könnten. Immer wieder musste sie abgebrochenen
Ästen ausweichen. Einer fiel herab, just, als sie
am Baum vorbeifuhren, und verfehlte sie nur knapp. Trotz
aller Widrigkeiten lenkte sie das Auto weiterhin unbeschadet
durch die Nacht. Hunderttausende gefahrene Kilometer
und zahlreiche Fahrsicherheitstrainings hatten für entsprechende
Routine gesorgt, selbst bei extremen Wetter- und
Straßenbedingungen. Eine Routine, die ihr Partner leider
vermissen ließ. Bergmann fuhr höchst ungern, daher nur
äußerst selten und umso miserabler Auto.
Die Bauernhöfe und Einfamilienhäuser, die sie passierten,
lagen im Dunkel der Nacht, ebenso die Äcker, Wiesen und
Wälder ringsherum. Ab und zu lugte der fast volle Mond
hinter bedrohlich aussehenden Wolkenformationen hervor,
die der Sturm mit beachtlicher Geschwindigkeit vor sich
hertrieb. In solchen Momenten war die malerische Hügellandschaft
wenigstens schemenhaft sichtbar.
Die einzige stetige Lichtquelle, außer dem Display des
Navigationsgerätes und den Scheinwerfern ihres Dienstwagens,
war die beleuchtete Wallfahrtskirche Maria Pöllauberg,
die vom Samstagsberg über den Naturpark Pöllauer
Tal wachte. Doch auch das hochgotische Gotteshaus
war nicht allzu lange zu sehen. Schon war es wieder hinter
den bewaldeten Hügelkuppen aus ihrem Blickfeld verschwunden.
»Dort drüben«, kommentierte Bergmann die kleine, hell
erleuchtete Siedlung, die unvermittelt nach einer Baumgruppe
zu ihrer Linken auftauchte.
Ein Blick auf das stummgeschaltete Navi bestätigte Sandra,
dass sie an der nahen Wegkreuzung in der Zeil nach
links in die Sackgasse abbiegen musste, um ihr Ziel in
500 Metern zu erreichen. Solange die nervtötende Computerstimme
fast alles falsch betonte, war sie zum Schweigen
verdammt. Außer in jenen seltenen Ausnahmefällen,
in denen es um Leben und Tod ging, wenn Sandra die
Gegend zudem völlig fremd war. Im oststeirischen Pöllauer
Tal kannte sie sich jedoch ganz gut aus, wie in den meisten
Regionen der Steiermark. Auch der Zeitfaktor spielte
in diesem Fall keine überlebenswichtige Rolle. Die Opfer
waren leider nicht mehr zu retten.
Den Wagen stellte Sandra zwischen zwei schräg geparkten
Funkstreifen direkt vor dem Wirtshaus ab. Drinnen
brannte Licht. Der Tatort selbst lag an die 150 Meter weiter
oben im Bauernhaus, das mit Polizeiabsperrbändern gesichert
und mit Scheinwerfern beleuchtet war. Am Fahrbahn16
rand der Zufahrtsstraße, die zum Tatort hinaufführte, reihte
sich ein Einsatzfahrzeug an das andere. Ganz oben, wenige
Meter vor dem Haus, parkten die Kastenwägen der Tatortgruppe.
Während sich Sandra und Bergmann die Schutzanzüge
überzogen, kam ein uniformierter Polizist auf sie zu.
»Ihr seid's bestimmt die Ermittler vom LKA?«, sprach
sie der untersetzte Mann an, der Sandras 1,70 Meter höchstens
um ein, zwei Zentimeter überragte.
Sandra strich sich eine Haarsträhne hinters Ohr, die ihr
eine Windböe eben aus dem Pferdeschwanz gerissen hatte,
nannte ihre Namen und Dienstränge.
Bergmann zog den Reißverschluss seines Einweg-Overalls
geräuschvoll zu.
Der Kollege aus der Polizeiinspektion Pöllau stellte sich
ihnen als Kontrollinspektor Gottfried Schnuderl vor.
»Ich nehme an, ihr habt die Opfer gekannt?«, erkundigte
sich Sandra und setzte sich als Erste in Bewegung.
Schnuderl nickte. »Sicher. Hier kennt a jeder an jeden. Bei
den Toten handelt sich's um die Familie Faschingbauer ...
den Walter und die Gudrun, seine Frau ...« Schnuderl
stockte, sichtlich betroffen.
»Und um den Sohn der beiden«, vergewisserte sich Sandra.
Schnuderl schluckte. »Ja, den Severin hat's a daklescht«,
bestätigte er.
»Erweiterter Suizid?«, hakte Sandra nach.
Schnuderl zuckte mit den Schultern. »Schaut ganz danach
aus. Obwohl ich mir beim besten Willen nicht erklären
kann, wie der Walter ein solches Massaker hat anrichten
können«, meinte er.
»War Herr Faschingbauer nicht hochverschuldet?«
»Ja eh. Aber das war nicht seine Schuld.«
»Wieso nicht?«
Schnuderl blieb stehen und wandte sich nach links.
Sandras Blick folgte seinem ausgestreckten Arm. Die ersten
Meter des Feldweges, der keine drei Schritte neben ihnen
abzweigte, lagen im Lichtkegel der Polizei-Scheinwerfer.
»Dort hinten sind die Ferienhäuser, die die Faschingbauers
an Gäste vermieten. Oder besser, gern vermietet hätten
«, erklärte Schnuderl.
Sandra kniff die Augen zusammen. Die besagten
Gebäude jenseits des Scheinwerferlichts ließen sich noch
nicht einmal erahnen. »Waren diese Ferienhäuser der
Grund für die Schulden?«, fragte sie nach.
»Ich sag einmal so: Der Hof war schon belastet, wie
ihn der Walter von seinem Vater übernommen hat«,
erzählte der Polizist, während sie ihren Weg zum Wohnhaus
auf der Anhöhe fortsetzten. »Er hat dann eine Weile
so weiterg'wurscht'lt, bis die Grazer Tant von der Gudrun
g'storben is und ihr einen ordentlichen Batz'n Geld
vererbt hat. Auf das hinauf hat er dann den Landwirtschaftsbetrieb
aufgeben, das Wohnhaus renoviert und den
alten Troadkasten und die zwei Huam zu Ferienhäusern
umbaut. Alles vom Feinsten und entsprechend kostspielig.
Dafür hat die Erbschaft garantiert ned g'langt. Wenns
mich fragt's, hat die Gudrun den Walter da voll einig'ritten.
Die Häusermieten ham's dann auch noch viel zu hoch
für die Gegend ang'setzt. Von dem her ist das Geschäft
leider ned so auf'gangen, wie sie sich das vorg'stellt ham.
Wegen dem hätt der Walter dem Severin aber trotzdem
kein Haar gekrümmt. Hab i wenigstens immer glaubt. Der
Bua war doch sein Ein und Alles.« Noch einmal hob sich
der Adamsapfel des Landpolizisten, um sich im nächsten
Augenblick wieder zu senken.
»Und seine Frau?«, fragte Sandra. »Könnte sie die Tat
begangen haben?«
Wieder zuckte Schnuderl ratlos mit den Schultern. »I bin
schon zu lang in unserm Verein dabei, als dass i für irgendjemand
die Hand ins Feuer legen tät.«
Das hatte eben aber noch ganz anders geklungen, als
Schnuderl den angeblich unschuldig verschuldeten Mann
verteidigt hatte, stellte Sandra fest. Objektiv betrachtet und
ohne die genauen Hintergründe zu kennen, konnte Walter
Faschingbauer genauso wenig oder so viel für seine Misere
wie jeder andere Unternehmer, der sich verkalkuliert hatte
und in eine finanzielle Krise geschlittert war. Auch wenn
ihn angeblich seine Frau in die Bredouille gebracht hatte.
Wenige Meter vor dem schmucken Bauernhaus flatterten
die rot-weißen Absperrbänder mit dem Polizeischriftzug
geräuschvoll im Wind. Dass die Renovierung
des alten Gebäudes einiges an Geld verschlungen haben
musste, hätte Sandra auch dann vermutet, wenn Schnuderl
es zuvor nicht erwähnt hätte. Das traditionelle Bauernhaus,
das laut Inschrift über dem Eingang im Jahre 1818 erbaut
worden war, hätte jederzeit Platz in einem dieser Hochglanzmagazine
gefunden, in denen die schönsten Seiten des
Landlebens inszeniert wurden.
Sandra tat es Bergmann gleich und bückte sich, um vor
dem Betreten des Tatorts die Einweg-Überzieher über ihre
Schuhe zu stülpen. »Wer hat die Leichen eigentlich gefunden?
«, fragte sie, nachdem sie sich wieder aufgerichtet hatte.
Noch einmal strich sie die lose Haarsträhne hinters Ohr,
die der Wind neuerlich erfasst hatte.
»Die Johanna, das arme Dirndl ...«
»Johanna?«
»Die Tochter vom Walter und der Gudrun.«
»Die beiden hatten noch ein zweites Kind?«, fragte Sandra
erstaunt. Hatte sie diese Tatsache etwa überhört, nachdem
Lubenskys Anruf sie aus dem Tiefschlaf gerissen hatte?
© Gmeiner
... weniger
Autoren-Porträt von Claudia Rossbacher
Claudia Rossbacher, geboren in Wien, zog es nach ihrem Tourismusmanagementstudium in die Modemetropolen der Welt, wo sie als Model im Scheinwerferlicht stand. Danach war sie Texterin, später Kreativdirektorin in internationalen Werbeagenturen. Seit 2006 arbeitet sie als freie Schriftstellerin in Wien und in der Steiermark und schreibt vorwiegend Kriminalromane und Kurzkrimis. Ihre Steirerkrimis mit den LKA-Ermittlern Sandra Mohr und Sascha Bergmann waren allesamt Bestseller in Österreich. »Steirerblut« und »Steirerkind« wurden unter der Regie von Wolfgang Murnberger für ARD und ORF verfilmt, »Steirerkreuz« - ausgezeichnet als österreichischer »Buchliebling 2014« - soll demnächst folgen. www.claudia-rossbacher.com
Autoren-Interview mit Claudia Rossbacher
1. Ihr aktueller Krimi „Steirernacht" spielt im oststeirischen Pöllau. Wie genau sind Sie auf Pöllau gekommen?Die Recherchen für mein bislang einziges leichenfreies literarisches Werk „Griaß eich in der Steiermark" haben mich vor einigen Jahren unter anderem auch ins idyllische Pöllauer Tal geführt. Mit meinem Krimi „Steirerkind" wurde ich später zu einer Lesung ins Schloss Pöllau eingeladen, mit „Steirerkreuz" dann auch nach Pöllauberg. Beides sind inspirierende Orte, an denen ich eine besondere Energie wahrgenommen und mich auf Anhieb wohlgefühlt habe - wie übrigens an allen Schauplätzen, die ich für meine Steirerkrimis wähle. Schließlich muss ich in der Folge zumindest gedanklich einige Monate dort verbringen, bis der Roman fertiggeschrieben ist, und wenigstens noch ein weiteres Mal tatsächlich hinfahren, um letzte offene Fragen vor Ort zu klären. Danach suche ich mir die nächste reizvolle Region für eine Leiche und einen Kriminalfall aus. Die werden mir in der Steiermark bestimmt nicht ausgehen.
2. Wird Sandra Mohr auch irgendwann mal außerhalb der Steiermark ermitteln? Wenn ja, wo könnten Sie sich das vorstellen?
Sag niemals nie, aber ich halte das für unwahrscheinlich. Sandra Mohr gehört nun mal zum Stammpersonal des LKA Steiermark, Abteilung Leib und Leben, und ist somit für Mordermittlungen in ihrem Bundesland zuständig. Sie steht bei den LeserInnen - genau wie ihre Schöpferin - für „Steirerkrimis". Mittlerweile sind diese schon zum eigenen Subgenre unter den österreichischen Regionalkrimis geworden, nicht zuletzt durch die Titel meiner Krimiserie von „Steirerblut" bis „Steirernacht". Die chronologische Reihenfolge der Bände entspricht übrigens der alphabetischen, damit ich selbst nicht durcheinanderkomme. Das möchte
... mehr
ich auch so fortsetzen, bis die Serie irgendwann einmal mit „Steirerz..." endet. Aber bis dahin gibt es ja noch ein paar Buchstaben. Sollte ich eines Tages etwas Neues beginnen, würde ich vermutlich den Schauplatz und das Genre wechseln und wieder Thriller schreiben, wie in meinen Anfängen, keine Polizeikrimis, daher auch keine Ermittlerin Sandra Mohr. Höchstens vielleicht als Opfer ...
3. Welcher Ihrer bisherigen Steirer-Krimis ist Ihr persönlicher Favorit und warum?
Ich mag „Steirerkreuz" am liebsten. Die Perspektive des blinden Mädchens macht dieses Buch für mich besonders spannend, weil man ganz unmittelbar mit der Figur, die in Gefahr gerät, mitfiebert - ein klassisches Thriller-Element in diesem vierten Band. Vielleicht wurde er ja auch deswegen von den österreichischen LeserInnen zum beliebtesten Krimi des Jahres, zum „Buchliebling 2014" gewählt.
4. Sie haben bereits zahlreiche Preise als Autorin gewonnen. Gibt es noch Ambitionen für die Zukunft? Irgendetwas, das Sie gerne noch schaffen oder erreichen möchten?
Bei allem Erfolg stehe ich mit jedem Roman vor einer neuen Herausforderung, die mich immer wieder alles hinterfragen und oftmals zweifeln lässt. Egal, wie viele Bücher ich schon veröffentlicht habe, wie oft mein Name in den Bestsellerlisten ganz oben gestanden ist, Krimis zu schreiben wird nicht einfacher, und es gibt niemals eine Garantie dafür, dass auch das nächste Werk von Erfolg gekrönt sein wird. Das Niveau auch über die nächsten Jahre zu halten, um möglichst viele LeserInnen gut zu unterhalten und weiterhin von meiner Arbeit als Schriftstellerin leben zu können, ist mein ambitioniertes Ziel, für das ich mich täglich, auch abseits des Schreibtisches, einsetze. Was darüber hinaus künftig noch hinzukommt, weitere Verfilmungen, Übersetzungen, Lizenzauflagen, das Goldene Ehrenkreuz des Landes Steiermark oder andere Auszeichnungen, nehme ich gerne dankbar an.
3. Welcher Ihrer bisherigen Steirer-Krimis ist Ihr persönlicher Favorit und warum?
Ich mag „Steirerkreuz" am liebsten. Die Perspektive des blinden Mädchens macht dieses Buch für mich besonders spannend, weil man ganz unmittelbar mit der Figur, die in Gefahr gerät, mitfiebert - ein klassisches Thriller-Element in diesem vierten Band. Vielleicht wurde er ja auch deswegen von den österreichischen LeserInnen zum beliebtesten Krimi des Jahres, zum „Buchliebling 2014" gewählt.
4. Sie haben bereits zahlreiche Preise als Autorin gewonnen. Gibt es noch Ambitionen für die Zukunft? Irgendetwas, das Sie gerne noch schaffen oder erreichen möchten?
Bei allem Erfolg stehe ich mit jedem Roman vor einer neuen Herausforderung, die mich immer wieder alles hinterfragen und oftmals zweifeln lässt. Egal, wie viele Bücher ich schon veröffentlicht habe, wie oft mein Name in den Bestsellerlisten ganz oben gestanden ist, Krimis zu schreiben wird nicht einfacher, und es gibt niemals eine Garantie dafür, dass auch das nächste Werk von Erfolg gekrönt sein wird. Das Niveau auch über die nächsten Jahre zu halten, um möglichst viele LeserInnen gut zu unterhalten und weiterhin von meiner Arbeit als Schriftstellerin leben zu können, ist mein ambitioniertes Ziel, für das ich mich täglich, auch abseits des Schreibtisches, einsetze. Was darüber hinaus künftig noch hinzukommt, weitere Verfilmungen, Übersetzungen, Lizenzauflagen, das Goldene Ehrenkreuz des Landes Steiermark oder andere Auszeichnungen, nehme ich gerne dankbar an.
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Bibliographische Angaben
- Autor: Claudia Rossbacher
- 2017, 10. Aufl., 277 Seiten, Maße: 12 x 20 cm, Kartoniert (TB), Deutsch
- Verlag: Gmeiner-Verlag
- ISBN-10: 3839219264
- ISBN-13: 9783839219263
- Erscheinungsdatum: 03.06.2016
Kommentare zu "Steirernacht"
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