Stolz und Leidenschaft / Highlander Tor MacLeod Bd.4
Roman. Deutsche Erstausgabe
Ein leidenschaftlicher Highlands-Roman.
"Tiefe Gefühle und wahre Liebe."
Romantic Times
"Tiefe Gefühle und wahre Liebe."
Romantic Times
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Produktinformationen zu „Stolz und Leidenschaft / Highlander Tor MacLeod Bd.4 “
Ein leidenschaftlicher Highlands-Roman.
"Tiefe Gefühle und wahre Liebe."
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"Tiefe Gefühle und wahre Liebe."
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Klappentext zu „Stolz und Leidenschaft / Highlander Tor MacLeod Bd.4 “
Die Highlands - ungezähmt und voller Leidenschaft!Jamie Campbell will den Clan der Lamonts auskundschaften und wirbt zum Schein um Caitrina, die Tochter des Clan-Chiefs. Doch als er der hitzköpfigen Schönheit begegnet, wandelt sich der Vorwand in brennendes Verlangen. Doch können die verzehrenden Flammen der Leidenschaft die alte Fehde vergessen machen?
Lese-Probe zu „Stolz und Leidenschaft / Highlander Tor MacLeod Bd.4 “
Stolz und Leidenschaft von Monica McCarty1
»Ein Gesetz ist keine Gerechtigkeit.«
Schottisches Sprichwort
Ascog Castle, Isle of Bute, Schottland, Juni 1608
Caitrina Lamont beobachtete im Spiegel, wie ihr die junge Dienerin das letzte Stück der Spitzenhalskrause im Nacken feststeckte. Die zarte, mit winzigen Juwelen bestickte Spitze umrahmte ihr Gesicht wie ein funkelnder Heiligenschein. Sie verkniff sich ein schelmisches Lächeln, denn diesbezüglich gab sie sich keinen Illusionen hin. Wie ihre Brüder so oft und gern behaupteten, war sie viel zu kühn und eigensinnig, um jemals für einen Engel gehalten zu werden.
»Ein Mann wünscht sich ein fügsames und sittsames Mädchen als Ehefrau«, neckten sie Caitrina für gewöhnlich, wohl wissend, dass sie sie dadurch nur zum Gegenteil ermutigten. Als sie schließlich fertig war, trat sie ein paar Schritte zurück, um ihr neues Gewand in dem kleinen Spiegel besser betrachten zu können. Ihre Augen funkelten vor Aufregung. Das Kleid war wirklich prachtvoll. Begeistert suchte sie im Spiegel den Blick ihrer geliebten Amme.
»Oh Mor, ist das nicht das herrlichste Kleid, das du je gesehen hast?« Mor hatte die ganze Prozedur mit der stummen Bestürzung einer Mutter beobachtet, deren Sohn zum ersten Mal in die Schlacht zieht, und dieser Vergleich war nicht zu weit hergeholt. An diesem Abend gab es ein großes Festmahl, um die Eröffnung der Highlandspiele zu feiern, die in diesem Jahr auf Ascog abgehalten wurden.
Und Caitrina war sich sehr wohl bewusst, dass ihr Vater die Hoffnung hegte, ihre Verlobung mit einem der vielen Highlander zu arrangieren, die zuhauf in der Burg einfallen würden, um ihre Kraft und Geschicklichkeit zu messen. Doch schnell verdrängte sie diesen unangenehmen Gedanken wieder, bevor er ihr die Freude über das Geschenk trüben
... mehr
konnte.
»Herrlich?« Die ältere Frau schnaubte missbilligend und warf einen bedeutsamen Blick auf den tiefen Ausschnitt des Mieders, wo Caitrinas Brüste beinahe das enge Gefängnis aus Stäben und Satin sprengten. Energisch schob Mor die junge Dienerin aus dem Zimmer und fuhr dann mit ihrer Tirade fort.
»Schamlos trifft es eher. Und ich weiß wirklich nicht, was mit den zwanzig anderen >herrlichen< Kleidern nicht stimmt, die du im Wandschrank hängen hast.« Caitrina rümpfte die Nase.
»Oh Mor, du weißt doch, ich habe keines wie das hier.« Sie warf einen Blick auf die üppigen Hügel, die sich hoch über den Rand des Kleides wölbten. Der Ausschnitt war wirklich ziemlich tief. Beinahe konnte sie den rosigen Rand ihrer ...
Schnell kämpfte sie ein Erröten nieder, denn das hätte Mor nur noch mehr Grund gegeben, mit ihr zu streiten.
»Dieses Kleid ist völlig schicklich«, sagte sie stattdessen bestimmt.
»All die modischen Damen bei Hofe in Whitehall tragen Kleider genau wie dieses.« Mor murmelte etwas, das sich verdächtig nach >verdammte englische Narren< anhörte, was Caitrina geflissentlich überhörte. Jahrhundertelange Feindschaft ließ sich nicht einfach vergessen, nur weil Schottlands König auch König von England geworden war.
Sie hob die blassgoldene Seide an, die das vom Fenster hereinfallende Licht in irisierenden Wellen einfing, und seufzte verträumt.
»In diesem Kleid fühle ich mich wie eine Prinzessin.« Die alte Frau schnaubte verächtlich. »Nun, es hat ja auch ein königliches Vermögen gekostet, so ein Gewand den ganzen Weg von London bis auf die Isle of Bute kommen zu lassen.«
Verständnislos schüttelte Mor den Kopf. »Völlig unsinnig, wo es doch auch in Edinburgh hervorragende Schneider gibt.«
»Aber sie sind beklagenswert altmodisch, was die neuesten Schnitte betrifft«, protestierte Caitrina. Dennoch machte ihr etwas, das Mor gesagt hatte, zu schaffen, und sie biss sich auf die Unterlippe, denn sie hatte nicht bedacht, was die Großzügigkeit ihres Vaters gekostet hatte. »Denkst du wirklich, es war zu kostspielig?«
Nicht in der Lage, ihre Belustigung zu verbergen, zog Mor süffisant eine Augenbraue hoch. »Erpressung ist nun mal nicht gerade billig.« Um Caitrinas Mundwinkel zuckte es, als sie sich erneut ein Lächeln verkniff.
»Es war keine Erpressung. Das Kleid war schließlich Vaters Idee. Zweifellos fühlte er sich schuldig, weil er mich dazu zwingt, die Aufmerksamkeiten der eitlen Pfaue zu ertragen, die er in endloser Reihe in unserem Saal aufmarschieren lässt. Ich glaube, er hat nur deshalb eingewilligt, die Spiele auf Ascog stattfinden zu lassen, weil er hofft, dass ich unter der Auswahl von so vielen >schmucken Burschen< einen finde, der mir zusagt gerade so, als würde ich mir einen Bullen auf dem Markt auswählen.« Tatsächlich beunruhigte das Drängen ihres Vaters, Caitrina solle sich einen Ehemann suchen, sie mehr, als sie zugeben wollte. Es sah ihm gar nicht ähnlich, so stur zu sein. Das war Mors Spezialgebiet. Die jedoch mied wohlweislich das Thema Heirat und widmete sich wieder dem Kleid. »Der Mann hätte dir den Mond vom Himmel geholt, nur um deine Tränen zu trocknen. Da ist ein einzelnes Kleid vermutlich nicht das schlimmste Geschenk.«
Ermahnend drohte sie ihr mit dem Zeigefinger. »Aber eines Tages wird jemand daherkommen, den du nicht so einfach um deinen hübschen kleinen Finger wickeln kannst.«
Caitrina lächelte verschmitzt. »Aber da gibt es doch schon jemanden.« Sie beugte sich vor und drückte der Amme einen Kuss auf die runzlige Wange.
»Dich.«
»Ha«, gluckste Mor. »Du unverbesserlicher Frechdachs.« Caitrina schlang die Arme um die alte Frau, schmiegte die Wange an die kratzige Wolle ihres arisaidh und genoss den warmen, vertrauten Duft nach Torf und Heidekraut nach Heim und Herd.
»Gefällt dir das Kleid denn wirklich nicht, Mor? Ich werde es nicht tragen, wenn es dir nicht gefällt.« Mor legte ihr die Hände auf die Schultern, schob sie ein wenig von sich und sah ihr in die Augen.
»Hör nicht auf mich, Mädchen. Ich bin nur eine dumme alte Frau, die sich Sorgen macht, was die Wölfe meinem kleinen Lämmchen antun könnten.«
Ihr Blick wurde weich. »Du bist so behütet aufgewachsen und hast keine Vorstellung von der Schlechtigkeit der Menschen.« Sanft strich sie Caitrina über die Wange.
»Das Kleid erinnert mich einfach nur daran, dass du eine erwachsene Frau bist.«
Überrascht bemerkte Caitrina, dass Tränen Mors besorgte Augen trübten.
»Du siehst deiner Mutter so ähnlich. Sie war das schönste Mädchen in den Highlands, als sie mit deinem Vater durchbrannte.« Caitrinas Brust zog sich schmerzlich zusammen. Obwohl ihre Mutter nun bereits über zehn Jahre tot war, empfand sie den Verlust immer noch stark.
Sie war elf gewesen, als ihre Mutter an einer verzehrenden Krankheit gestorben war, und die Erinnerung an die lachende, schöne Frau, die sie in den Armen gehalten hatte, wurde von Jahr zu Jahr verschwommener. Aber eine Leere in ihrem Herzen und das Bewusstsein, dass ein wichtiger Teil von ihr fehlte, würden für immer bleiben.
»Erzähl es mir noch einmal, Mor.«
Sie wurde es niemals müde, die Geschichte zu hören, wie ihr Vater nur einen Blick auf die Tochter seines Feindes geworfen und sich auf der Stelle in sie verliebt hatte. Davon, wie ihre Eltern sich monatelang heimlich getroffen hatten, bis ihr Vater ihre Mutter schließlich überreden konnte, mit ihm fortzulaufen.
Doch bevor Mor antworten konnte, platzte Caitrinas jüngerer Bruder aufgeregt ins Zimmer.
»Caiti! Caiti Rose, komm schnell!« Ihr Herz sank wie ein Stein, als sie sofort das Schlimmste vermutete. Wer war verletzt, und wie schlimm? Sie packte Brian an den Schultern und mit einer Ruhe, die sie nicht empfand aber bei drei Brüdern, um die sie sich kümmern musste, war sie unglücklicherweise daran gewöhnt , fragte sie: »Was ist passiert?«
Mit argwöhnischer Vorsicht musterte er sie. »Versprichst du mir, dass du nicht wütend sein wirst?« »Wie kann ich das versprechen, wenn ich nicht weiß, was los ist?«
Mit seinen zwölf Jahren musste Brian erst noch lernen, wie man geschickt verhandelte, deshalb versuchte er es nun damit, sich herauszureden.
»Es war nicht meine Schuld«, meinte er ausweichend. »Ich habe Una gesagt ...« Als er den Namen des kleinen Mädchens erwähnte, konnte Caitrina sich schon denken, was geschehen war.
»Oh, Brian! Wie oft habe ich dir schon gesagt, du sollst diese schrecklichen Hunde von den Kätzchen fernhalten.« Beschämt starrte er auf seine Zehenspitzen hinunter.
»Ich habe Una ja gesagt, dass ich die Jungs rauslasse, aber sie hat vergessen, die Tür zu den Ställen zu schließen, und dann, nun ja, es ging alles so schnell. Boru wollte nur spielen, aber die dumme Katze ist auf den Baum geklettert.« Caitrina stöhnte. »Auf welchen Baum?«
Brian verzog das Gesicht. »Die alte Eiche. Caiti, bitte, du musst mir helfen, das Kätzchen wieder herunterzuholen, bevor Una es herausfindet. Sie heult sonst wieder.« Verlegen scharrte er mit den Füßen auf dem Holzfußboden. »Und ich hasse es, wenn sie heult.« Caitrina fing Mors Blick auf. Una war ihre Enkelin, und Mor hatte eine Schwäche für das kleine Mädchen. »Ich sehe zu, ob ich sie solange beschäftigen kann«, meinte Mor und bohrte Brian den Finger in die schmale Brust, »während du dieses Kätzchen aus dem Baum holst.« »Komm, Caiti, beeil dich«, rief er, packte sie an der Hand und zog sie aus dem Zimmer. Erst als sie aus der Burg traten und über den barmkin auf das Tor zuliefen, erinnerten die neugierigen Blicke ihrer Clansleute sie daran, dass sie immer noch das neue Kleid trug und keine Schuhe. Trotz des strahlend blauen Himmels war die Erde noch feucht vom morgendlichen Regen, und Schlamm schmatzte zwischen ihren Zehen. Da sie nichts anderes tun konnte, hob sie eben so gut es ging die Röcke, um den Saum nicht zu beschmutzen.
»Du hättest mir ruhig einen Augenblick Zeit geben können, um mich umzuziehen«, murrte sie. Brian warf ihr einen flüchtigen Blick zu.
»Wieso? Du siehst doch gut aus.« Resignierend verdrehte sie die Augen. Brüder. Sie könnte einen Leinensack tragen, und sie würden es nicht einmal bemerken. Nachdem sie das Tor passiert hatten, eilten sie den Pfad entlang und nahmen die rechte Abzweigung, die zu den Wäldern führte die linke führte zum Loch Ascog. Am Vorabend der Spiele wimmelte es bei den Außengebäuden an den Ufern des Loch vor Geschäftigkeit, doch als sie und Brian auf die Bäume zuliefen, war es überraschend ruhig, abgesehen von Borus aufgeregtem Bellen, das immer lauter wurde, je näher sie der großen, alten Eiche kamen.
Die Lamonts stammten von den großen Königen Irlands ab, und Brian hatte den Hund nach seinem Namensvetter benannt Brian Boru, dem berühmten Hochkönig vor vielen Jahrhunderten.
»Du hast den Hund hier gelassen?« Ihr Bruder wurde rot.
»Ich habe ihm gesagt, er soll nach Hause gehen, aber er wollte nicht hören. Und da die Katze ja schon auf dem Baum festsaß, dachte ich mir, dass es keinen Unterschied macht.«
»Er hat dem armen Ding vermutlich eine Todesangst eingejagt.« Sie drehte sich zu dem Hund um und sagte scharf: »Boru!«
Er hörte auf zu bellen und sah sie mit fragend schief geneigtem Kopf an. Sie zeigte in Richtung der Burg, die durch die Bäume nicht mehr zu sehen war.
»Nach Hause.« Mit einem leisen Winseln rieb Boru den Kopf an ihren Röcken und schenkte ihr einen entschuldigenden Blick aus seelenvollen braunen Augen. Streng schüttelte sie den Kopf, fest entschlossen, sich nicht erweichen zu lassen. Der Hund hatte zweifellos ein Talent für dramatische Gesten.
»Nach Hause, Boru!« Der große Deerhound winselte erneut, diesmal sogar noch bemitleidenswerter, dann ließ er den Kopf hängen und trottete zurück in Richtung Burg.
»Ich habe keine Ahnung, wie du das machst«, staunte Brian.
»Du bist die Einzige, auf die er hört.« Mit geschürzten Lippen verkniff Caitrina sich die schnelle Erwiderung, die ihr auf der Zunge lag: Weil sie die Einzige war, die ihm Befehle gab. Ohne sie wären die Hunde so wild wie Wölfe. Allerdings vermutete sie, dass man in etwa dasselbe auch von ihren Brüdern behaupten konnte. Als sie durch das Gewirr aus Ästen nach oben blickte, keuchte sie erschrocken auf, denn das winzige Bündel aus orange-weißem Fell war nur mit Mühe zu erkennen. »Wie ist er denn nur so weit nach oben gekommen?«
»Als ich versuchte, ihm nachzuklettern, ist er einfach immer weiter hinauf, deshalb bin ich losgelaufen, um dich zu holen. Vor mir hat er Angst.«
Erschrocken drehte sie sich zu ihrem Bruder um.
»Du kannst doch nicht etwa erwarten, dass ich da hinaufklettere?«
»Warum, glaubst du, habe ich dich denn sonst hierhergebracht?« Er wirkte ehrlich verwirrt. »Zu mir kommt der Kater nicht. Aber dich mag er, und du bist schon hundertmal auf diesen Baum geklettert.« »Das ist Jahre her«, meinte sie ärgerlich. »Falls du es noch nicht bemerkt hast, aus dem Alter, in dem man auf Bäume klettert, bin ich schon längst raus.« »Warum? Soo alt bist du nun auch wieder nicht.« An seiner Fertigkeit, Komplimente zu machen, würde Caitrina wohl noch mit ihm arbeiten müssen, wenn er jemals einem Mädchen den Hof machen wollte.
Obwohl das bei seinem Gesicht vermutlich keinen Unterschied machen würde. Was ihren Brüdern an Galanterie und Manieren fehlte, machten sie mit ihrem Aussehen wieder wett. Schlingel waren sie allesamt, die ganze Bande, aber Caitrina liebte sie unermesslich. Wie konnte ihr Vater nur glauben, sie könne sie jemals verlassen wollen? Ihre Brüder brauchten sie ... und sie brauchte sie ebenso. Koste es, was es wolle, sie beabsichtigte hierzubleiben. Mit Brian vernünftig zu reden würde zu nichts führen.
»Ich klettere da nicht hinauf. Entweder du lässt dir von mir hinaufhelfen oder du musst dir jemand anderen suchen.« Sein niedergeschlagener Gesichtsausdruck machte dem von Boru zuvor alle Ehre. »Aber warum?«
»Wegen diesem Kleid, zum Beispiel.«
»Bitte, Caiti, da ist doch sonst niemand, der mir helfen könnte. Vater, Malcolm und Niall sind mit den Männern zum Jagen, und die anderen sind mit den Vorbereitungen für das Fest beschäftigt.«
Das ist merkwürdig. »Ich dachte, sie wären mit dem Jagen schon fertig.« Brian runzelte die Stirn. »Das dachte ich auch, aber heute Morgen sind sie alle ganz eilig aufgebrochen. Vater sah besorgt aus, und als ich ihn fragte, wohin sie gehen, sagte er, zum Jagen. Du siehst also, da ist sonst niemand. Bitte, Caiti ...«
Wie aufs Stichwort fing das Kätzchen an, kläglich zu miauen, und das verängstigte Flehen ging ihr zu Herzen. Gott behüte sie vor Mensch und Tier! Wütend wandte sie sich wieder zu ihrem Bruder um. »Oh, also gut! Aber du musst mir aus diesem Ding heraushelfen.« Auch wenn sich das Schicksal anscheinend gegen sie verschworen hatte, hatte sie keinesfalls die Absicht, ihr neues Kleid zu ruinieren. Freudig schlang er die langen, schlaksigen Arme um sie.
»Du bist die beste Schwester auf der ganzen Welt! Ich wusste, dass ich mich auf dich verlassen kann!« Sie seufzte. Es war einfach unmöglich, lange wütend auf ihn zu sein. Brian war kein kleiner Junge mehr, aber auch noch kein Mann, sondern in dem komischen Alter dazwischen. Er war bereits größer als sie, und in ein paar Jahren würde er sich die Muskeln und kräftige Statur eines Kriegers aneignen, so wie Malcolm und Niall, ihre zwei älteren Brüder.
Brian war noch ein Baby gewesen, als ihre Mutter starb, und Caitrina hatte sich immer um ihn gekümmert. Obwohl man ihn nicht wie die meisten Jungen zu Verwandten geschickt hatte, damit sie ihn aufzogen, würde er bald Knappe eines benachbarten Chiefs werden. Der Gedanke versetzte ihr einen Stich, und sie wünschte sich, sie könnte die Zeit anhalten.
Nachdem Caitrina ihn kurz an sich gedrückt hatte, drängte sie ihn, ihr aus dem Kleid zu helfen was kein einfaches Unterfangen war. Schicht um Schicht wurde sie aus Überkleid, Vorderteil, Unterkleid, Reifrock und Ärmeln geschält, bis sie nur noch Hemd und Schnürleibchen trug.
Da sie die Arme hoch über den Kopf würde heben müssen, war es nötig, dass sie das Korsett ebenfalls auszog, doch Brian hatte große Mühe damit, die Schnürung zu lösen. Sie hörte ihn ärgerlich
vor sich hin murmeln, bis er schließlich aufgab und anfing, zu zerren und zu ziehen.
»Autsch!«, rief sie aus. »Sei vorsichtig!«
»Ich versuch's ja, aber das ist nicht einfach. Warum trägst du all das Zeug überhaupt?« Gute Frage. Eine, die eine ausweichende Antwort verdiente.
»Weil Ladys das nun einmal tragen.« Nachdem er sie schließlich aus dem Leinen und Fischbein befreit hatte, landete das Korsett neben dem Kleid auf einem umgestürzten Baumstamm. Obwohl das Leinenhemd, das sie trug, sie ausreichend bedeckte, wollte sie das hier so schnell wie möglich hinter sich bringen, bevor sie noch zufällig jemand entdeckte.
Das war zwar unwahrscheinlich, da dieser Teil des Waldes ein gutes Stück von der Straße entfernt lag, dennoch wäre es beschämend, in ihrer Unterwäsche gesehen zu werden. Abschätzend betrachtete sie den Baum und plante ihren Aufstieg. Es war wirklich schon einige Jahre her. Das hier war der höchste Baum in der Gegend, und das Kätzchen hatte es geschafft, beinahe bis zum Wipfel hochzuklettern.
»Du musst mir hinaufhelfen.« Brian ließ sich auf ein Knie nieder, und sie benutzte sein Bein als Stufe, um den untersten Ast zu erreichen. Die Rinde zerkratzte ihr die Fußsohlen, während sie von Ast zu Ast kletterte und sich langsam wie auf einer Leiter mit ungleichen Sprossen nach oben arbeitete. »Autsch!«, rief sie aus, als ihr Fuß an einem scharfen Stück Rinde hängenblieb. Wenn sie fertig war, würde sie sich die Haut an Händen und Füßen in Fetzen gerissen haben. Das Kätzchen beobachtete sie aus großen, ängstlichen Augen und miaute kläglich.
Als Caitrina sich seinem gefährlichen Sitzplatz näherte, konnte sie sehen, wie es zitterte, deshalb gab sie leise, besänftigende Laute von sich, um es zu beruhigen. Die Äste wurden zunehmend dünner, je höher sie stieg, und sie musste innehalten und jeden einzelnen prüfen, bevor sie sich weiterwagte. Endlich erreichte sie das Kätzchen, das ungefähr fünf Fuß weit auf einen dünnen Ast hinausgeklettert war, der Caitrinas Gewicht nicht tragen würde. Stattdessen hielt sie sich daran fest, um das Gleichgewicht nicht zu verlieren, und bewegte sich langsam seitlich auf dem tiefer liegenden Ast entlang, wobei sie sich mit den Zehen in die Rinde krallte.
»Sei vorsichtig!«, warnte Brian. Sie widerstand dem Drang, ihm einen wütenden Blick zuzuwerfen, da sie nicht nach unten sehen wollte. Als ob sie dafür eine Erinnerung bräuchte. Bei jedem Schritt pochte ihr das Herz bis zum Hals. Es ging nur quälend langsam voran. Sie musste immer wieder innehalten und ihr Gleichgewicht wiederfinden, denn der untere Ast schwankte stark unter ihrem Gewicht. Noch einen Schritt ... Ihre Finger krallten sich in weiches Fell.
»Du hast ihn!«, hörte sie Brian von unten schreien. Eine Welle der Erleichterung durchströmte sie, und als sie das kleine Bündel an die Brust drückte, konnte sie den rasenden Herzschlag spüren, der dem ihren in nichts nachstand. Seine kleinen Krallen piksten sie durch den dünnen Stoff ihres Hemdes, als er sich um des nackten Überlebens willen an ihr festklammerte. Und nun zum schwierigen Teil. Diesmal hatte sie nur eine Hand frei, um das Gleichgewicht zu behalten, während sie sich an dem Ast entlang langsam wieder zurückarbeitete. Als sie den Stamm erreicht hatte, stieß sie einen Seufzer der Erleichterung aus. Sie warf einen Blick nach unten und sah, dass Brian bis auf ein paar Äste unter ihr hochgeklettert war.
»Hier, ich nehme ihn dir ab«, bot er an. Da sie wusste, dass sie mit nur einer freien Hand nicht hinunterklettern konnte, reichte sie das Kätzchen vorsichtig in die ausgestreckten Hände ihres Bruders hinunter. Er steckte das kleine Fellknäuel in sein ledernes Wams, hangelte sich ein paar Äste hinunter und ließ sich dann mühelos zu Boden fallen.
Sie nahm sich einen Augenblick Zeit, um wieder zu Atem zu kommen und ihren Herzschlag zu beruhigen, dann machte sie sich ebenfalls an den Abstieg.
»Danke, Caiti!«, rief er. »Du bist die Beste!«
Beim schwindenden Klang seiner Stimme drehte sie sich um, doch es war bereits zu spät.
»Warte, Brian, ich brauche deine ...« Ihre Stimme brach ab. Hilfe. Sie konnte gerade noch sehen, wie er um die Ecke und außer Hörweite verschwand und zur Burg zurücklief.
»Brüder«, murmelte sie. »Schöner Dank! Wenn ich den erwische ...«
Sie sah nach unten und erkannte, dass sie immer noch zu weit vom Boden entfernt war. Nur noch ein paar Äste und sie würde sich genauso wie Brian fallen lassen können. Vorsichtig umklammerte sie den Ast mit beiden Händen und stieg erst mit einem Fuß tiefer, dann mit dem anderen ...
Ein lautes Knacken verkündete Unheil. Einen Augenblick lang hob sich ihr der Magen, als ihr Körper unvermittelt nach unten sackte. Gerade noch bekam sie den Ast über ihrem Kopf zu fassen, als der Ast unter ihren Füßen am Stamm brach und sich in einem gefährlichen Winkel nach unten neigte.
Das Gewicht ihres Bruders musste ihn geschwächt haben. Wenn sie jetzt losließ, dann würde der Ast wahrscheinlich vollständig nachgeben und sie würde zur Erde stürzen. Sie hing zwar nicht gerade nur noch an den Fingerspitzen, aber beinahe. Außerdem saß sie fest.
Abschätzend sah sie an ihren Zehenspitzen vorbei nach unten. Sie befand sich immer noch mindestens fünfzehn Fuß über dem Boden immer noch zu hoch, um sich fallen zu lassen.
Übersetzung: Anita Nirschl
Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2010 by Verlagsgruppe Random House GmbH
»Herrlich?« Die ältere Frau schnaubte missbilligend und warf einen bedeutsamen Blick auf den tiefen Ausschnitt des Mieders, wo Caitrinas Brüste beinahe das enge Gefängnis aus Stäben und Satin sprengten. Energisch schob Mor die junge Dienerin aus dem Zimmer und fuhr dann mit ihrer Tirade fort.
»Schamlos trifft es eher. Und ich weiß wirklich nicht, was mit den zwanzig anderen >herrlichen< Kleidern nicht stimmt, die du im Wandschrank hängen hast.« Caitrina rümpfte die Nase.
»Oh Mor, du weißt doch, ich habe keines wie das hier.« Sie warf einen Blick auf die üppigen Hügel, die sich hoch über den Rand des Kleides wölbten. Der Ausschnitt war wirklich ziemlich tief. Beinahe konnte sie den rosigen Rand ihrer ...
Schnell kämpfte sie ein Erröten nieder, denn das hätte Mor nur noch mehr Grund gegeben, mit ihr zu streiten.
»Dieses Kleid ist völlig schicklich«, sagte sie stattdessen bestimmt.
»All die modischen Damen bei Hofe in Whitehall tragen Kleider genau wie dieses.« Mor murmelte etwas, das sich verdächtig nach >verdammte englische Narren< anhörte, was Caitrina geflissentlich überhörte. Jahrhundertelange Feindschaft ließ sich nicht einfach vergessen, nur weil Schottlands König auch König von England geworden war.
Sie hob die blassgoldene Seide an, die das vom Fenster hereinfallende Licht in irisierenden Wellen einfing, und seufzte verträumt.
»In diesem Kleid fühle ich mich wie eine Prinzessin.« Die alte Frau schnaubte verächtlich. »Nun, es hat ja auch ein königliches Vermögen gekostet, so ein Gewand den ganzen Weg von London bis auf die Isle of Bute kommen zu lassen.«
Verständnislos schüttelte Mor den Kopf. »Völlig unsinnig, wo es doch auch in Edinburgh hervorragende Schneider gibt.«
»Aber sie sind beklagenswert altmodisch, was die neuesten Schnitte betrifft«, protestierte Caitrina. Dennoch machte ihr etwas, das Mor gesagt hatte, zu schaffen, und sie biss sich auf die Unterlippe, denn sie hatte nicht bedacht, was die Großzügigkeit ihres Vaters gekostet hatte. »Denkst du wirklich, es war zu kostspielig?«
Nicht in der Lage, ihre Belustigung zu verbergen, zog Mor süffisant eine Augenbraue hoch. »Erpressung ist nun mal nicht gerade billig.« Um Caitrinas Mundwinkel zuckte es, als sie sich erneut ein Lächeln verkniff.
»Es war keine Erpressung. Das Kleid war schließlich Vaters Idee. Zweifellos fühlte er sich schuldig, weil er mich dazu zwingt, die Aufmerksamkeiten der eitlen Pfaue zu ertragen, die er in endloser Reihe in unserem Saal aufmarschieren lässt. Ich glaube, er hat nur deshalb eingewilligt, die Spiele auf Ascog stattfinden zu lassen, weil er hofft, dass ich unter der Auswahl von so vielen >schmucken Burschen< einen finde, der mir zusagt gerade so, als würde ich mir einen Bullen auf dem Markt auswählen.« Tatsächlich beunruhigte das Drängen ihres Vaters, Caitrina solle sich einen Ehemann suchen, sie mehr, als sie zugeben wollte. Es sah ihm gar nicht ähnlich, so stur zu sein. Das war Mors Spezialgebiet. Die jedoch mied wohlweislich das Thema Heirat und widmete sich wieder dem Kleid. »Der Mann hätte dir den Mond vom Himmel geholt, nur um deine Tränen zu trocknen. Da ist ein einzelnes Kleid vermutlich nicht das schlimmste Geschenk.«
Ermahnend drohte sie ihr mit dem Zeigefinger. »Aber eines Tages wird jemand daherkommen, den du nicht so einfach um deinen hübschen kleinen Finger wickeln kannst.«
Caitrina lächelte verschmitzt. »Aber da gibt es doch schon jemanden.« Sie beugte sich vor und drückte der Amme einen Kuss auf die runzlige Wange.
»Dich.«
»Ha«, gluckste Mor. »Du unverbesserlicher Frechdachs.« Caitrina schlang die Arme um die alte Frau, schmiegte die Wange an die kratzige Wolle ihres arisaidh und genoss den warmen, vertrauten Duft nach Torf und Heidekraut nach Heim und Herd.
»Gefällt dir das Kleid denn wirklich nicht, Mor? Ich werde es nicht tragen, wenn es dir nicht gefällt.« Mor legte ihr die Hände auf die Schultern, schob sie ein wenig von sich und sah ihr in die Augen.
»Hör nicht auf mich, Mädchen. Ich bin nur eine dumme alte Frau, die sich Sorgen macht, was die Wölfe meinem kleinen Lämmchen antun könnten.«
Ihr Blick wurde weich. »Du bist so behütet aufgewachsen und hast keine Vorstellung von der Schlechtigkeit der Menschen.« Sanft strich sie Caitrina über die Wange.
»Das Kleid erinnert mich einfach nur daran, dass du eine erwachsene Frau bist.«
Überrascht bemerkte Caitrina, dass Tränen Mors besorgte Augen trübten.
»Du siehst deiner Mutter so ähnlich. Sie war das schönste Mädchen in den Highlands, als sie mit deinem Vater durchbrannte.« Caitrinas Brust zog sich schmerzlich zusammen. Obwohl ihre Mutter nun bereits über zehn Jahre tot war, empfand sie den Verlust immer noch stark.
Sie war elf gewesen, als ihre Mutter an einer verzehrenden Krankheit gestorben war, und die Erinnerung an die lachende, schöne Frau, die sie in den Armen gehalten hatte, wurde von Jahr zu Jahr verschwommener. Aber eine Leere in ihrem Herzen und das Bewusstsein, dass ein wichtiger Teil von ihr fehlte, würden für immer bleiben.
»Erzähl es mir noch einmal, Mor.«
Sie wurde es niemals müde, die Geschichte zu hören, wie ihr Vater nur einen Blick auf die Tochter seines Feindes geworfen und sich auf der Stelle in sie verliebt hatte. Davon, wie ihre Eltern sich monatelang heimlich getroffen hatten, bis ihr Vater ihre Mutter schließlich überreden konnte, mit ihm fortzulaufen.
Doch bevor Mor antworten konnte, platzte Caitrinas jüngerer Bruder aufgeregt ins Zimmer.
»Caiti! Caiti Rose, komm schnell!« Ihr Herz sank wie ein Stein, als sie sofort das Schlimmste vermutete. Wer war verletzt, und wie schlimm? Sie packte Brian an den Schultern und mit einer Ruhe, die sie nicht empfand aber bei drei Brüdern, um die sie sich kümmern musste, war sie unglücklicherweise daran gewöhnt , fragte sie: »Was ist passiert?«
Mit argwöhnischer Vorsicht musterte er sie. »Versprichst du mir, dass du nicht wütend sein wirst?« »Wie kann ich das versprechen, wenn ich nicht weiß, was los ist?«
Mit seinen zwölf Jahren musste Brian erst noch lernen, wie man geschickt verhandelte, deshalb versuchte er es nun damit, sich herauszureden.
»Es war nicht meine Schuld«, meinte er ausweichend. »Ich habe Una gesagt ...« Als er den Namen des kleinen Mädchens erwähnte, konnte Caitrina sich schon denken, was geschehen war.
»Oh, Brian! Wie oft habe ich dir schon gesagt, du sollst diese schrecklichen Hunde von den Kätzchen fernhalten.« Beschämt starrte er auf seine Zehenspitzen hinunter.
»Ich habe Una ja gesagt, dass ich die Jungs rauslasse, aber sie hat vergessen, die Tür zu den Ställen zu schließen, und dann, nun ja, es ging alles so schnell. Boru wollte nur spielen, aber die dumme Katze ist auf den Baum geklettert.« Caitrina stöhnte. »Auf welchen Baum?«
Brian verzog das Gesicht. »Die alte Eiche. Caiti, bitte, du musst mir helfen, das Kätzchen wieder herunterzuholen, bevor Una es herausfindet. Sie heult sonst wieder.« Verlegen scharrte er mit den Füßen auf dem Holzfußboden. »Und ich hasse es, wenn sie heult.« Caitrina fing Mors Blick auf. Una war ihre Enkelin, und Mor hatte eine Schwäche für das kleine Mädchen. »Ich sehe zu, ob ich sie solange beschäftigen kann«, meinte Mor und bohrte Brian den Finger in die schmale Brust, »während du dieses Kätzchen aus dem Baum holst.« »Komm, Caiti, beeil dich«, rief er, packte sie an der Hand und zog sie aus dem Zimmer. Erst als sie aus der Burg traten und über den barmkin auf das Tor zuliefen, erinnerten die neugierigen Blicke ihrer Clansleute sie daran, dass sie immer noch das neue Kleid trug und keine Schuhe. Trotz des strahlend blauen Himmels war die Erde noch feucht vom morgendlichen Regen, und Schlamm schmatzte zwischen ihren Zehen. Da sie nichts anderes tun konnte, hob sie eben so gut es ging die Röcke, um den Saum nicht zu beschmutzen.
»Du hättest mir ruhig einen Augenblick Zeit geben können, um mich umzuziehen«, murrte sie. Brian warf ihr einen flüchtigen Blick zu.
»Wieso? Du siehst doch gut aus.« Resignierend verdrehte sie die Augen. Brüder. Sie könnte einen Leinensack tragen, und sie würden es nicht einmal bemerken. Nachdem sie das Tor passiert hatten, eilten sie den Pfad entlang und nahmen die rechte Abzweigung, die zu den Wäldern führte die linke führte zum Loch Ascog. Am Vorabend der Spiele wimmelte es bei den Außengebäuden an den Ufern des Loch vor Geschäftigkeit, doch als sie und Brian auf die Bäume zuliefen, war es überraschend ruhig, abgesehen von Borus aufgeregtem Bellen, das immer lauter wurde, je näher sie der großen, alten Eiche kamen.
Die Lamonts stammten von den großen Königen Irlands ab, und Brian hatte den Hund nach seinem Namensvetter benannt Brian Boru, dem berühmten Hochkönig vor vielen Jahrhunderten.
»Du hast den Hund hier gelassen?« Ihr Bruder wurde rot.
»Ich habe ihm gesagt, er soll nach Hause gehen, aber er wollte nicht hören. Und da die Katze ja schon auf dem Baum festsaß, dachte ich mir, dass es keinen Unterschied macht.«
»Er hat dem armen Ding vermutlich eine Todesangst eingejagt.« Sie drehte sich zu dem Hund um und sagte scharf: »Boru!«
Er hörte auf zu bellen und sah sie mit fragend schief geneigtem Kopf an. Sie zeigte in Richtung der Burg, die durch die Bäume nicht mehr zu sehen war.
»Nach Hause.« Mit einem leisen Winseln rieb Boru den Kopf an ihren Röcken und schenkte ihr einen entschuldigenden Blick aus seelenvollen braunen Augen. Streng schüttelte sie den Kopf, fest entschlossen, sich nicht erweichen zu lassen. Der Hund hatte zweifellos ein Talent für dramatische Gesten.
»Nach Hause, Boru!« Der große Deerhound winselte erneut, diesmal sogar noch bemitleidenswerter, dann ließ er den Kopf hängen und trottete zurück in Richtung Burg.
»Ich habe keine Ahnung, wie du das machst«, staunte Brian.
»Du bist die Einzige, auf die er hört.« Mit geschürzten Lippen verkniff Caitrina sich die schnelle Erwiderung, die ihr auf der Zunge lag: Weil sie die Einzige war, die ihm Befehle gab. Ohne sie wären die Hunde so wild wie Wölfe. Allerdings vermutete sie, dass man in etwa dasselbe auch von ihren Brüdern behaupten konnte. Als sie durch das Gewirr aus Ästen nach oben blickte, keuchte sie erschrocken auf, denn das winzige Bündel aus orange-weißem Fell war nur mit Mühe zu erkennen. »Wie ist er denn nur so weit nach oben gekommen?«
»Als ich versuchte, ihm nachzuklettern, ist er einfach immer weiter hinauf, deshalb bin ich losgelaufen, um dich zu holen. Vor mir hat er Angst.«
Erschrocken drehte sie sich zu ihrem Bruder um.
»Du kannst doch nicht etwa erwarten, dass ich da hinaufklettere?«
»Warum, glaubst du, habe ich dich denn sonst hierhergebracht?« Er wirkte ehrlich verwirrt. »Zu mir kommt der Kater nicht. Aber dich mag er, und du bist schon hundertmal auf diesen Baum geklettert.« »Das ist Jahre her«, meinte sie ärgerlich. »Falls du es noch nicht bemerkt hast, aus dem Alter, in dem man auf Bäume klettert, bin ich schon längst raus.« »Warum? Soo alt bist du nun auch wieder nicht.« An seiner Fertigkeit, Komplimente zu machen, würde Caitrina wohl noch mit ihm arbeiten müssen, wenn er jemals einem Mädchen den Hof machen wollte.
Obwohl das bei seinem Gesicht vermutlich keinen Unterschied machen würde. Was ihren Brüdern an Galanterie und Manieren fehlte, machten sie mit ihrem Aussehen wieder wett. Schlingel waren sie allesamt, die ganze Bande, aber Caitrina liebte sie unermesslich. Wie konnte ihr Vater nur glauben, sie könne sie jemals verlassen wollen? Ihre Brüder brauchten sie ... und sie brauchte sie ebenso. Koste es, was es wolle, sie beabsichtigte hierzubleiben. Mit Brian vernünftig zu reden würde zu nichts führen.
»Ich klettere da nicht hinauf. Entweder du lässt dir von mir hinaufhelfen oder du musst dir jemand anderen suchen.« Sein niedergeschlagener Gesichtsausdruck machte dem von Boru zuvor alle Ehre. »Aber warum?«
»Wegen diesem Kleid, zum Beispiel.«
»Bitte, Caiti, da ist doch sonst niemand, der mir helfen könnte. Vater, Malcolm und Niall sind mit den Männern zum Jagen, und die anderen sind mit den Vorbereitungen für das Fest beschäftigt.«
Das ist merkwürdig. »Ich dachte, sie wären mit dem Jagen schon fertig.« Brian runzelte die Stirn. »Das dachte ich auch, aber heute Morgen sind sie alle ganz eilig aufgebrochen. Vater sah besorgt aus, und als ich ihn fragte, wohin sie gehen, sagte er, zum Jagen. Du siehst also, da ist sonst niemand. Bitte, Caiti ...«
Wie aufs Stichwort fing das Kätzchen an, kläglich zu miauen, und das verängstigte Flehen ging ihr zu Herzen. Gott behüte sie vor Mensch und Tier! Wütend wandte sie sich wieder zu ihrem Bruder um. »Oh, also gut! Aber du musst mir aus diesem Ding heraushelfen.« Auch wenn sich das Schicksal anscheinend gegen sie verschworen hatte, hatte sie keinesfalls die Absicht, ihr neues Kleid zu ruinieren. Freudig schlang er die langen, schlaksigen Arme um sie.
»Du bist die beste Schwester auf der ganzen Welt! Ich wusste, dass ich mich auf dich verlassen kann!« Sie seufzte. Es war einfach unmöglich, lange wütend auf ihn zu sein. Brian war kein kleiner Junge mehr, aber auch noch kein Mann, sondern in dem komischen Alter dazwischen. Er war bereits größer als sie, und in ein paar Jahren würde er sich die Muskeln und kräftige Statur eines Kriegers aneignen, so wie Malcolm und Niall, ihre zwei älteren Brüder.
Brian war noch ein Baby gewesen, als ihre Mutter starb, und Caitrina hatte sich immer um ihn gekümmert. Obwohl man ihn nicht wie die meisten Jungen zu Verwandten geschickt hatte, damit sie ihn aufzogen, würde er bald Knappe eines benachbarten Chiefs werden. Der Gedanke versetzte ihr einen Stich, und sie wünschte sich, sie könnte die Zeit anhalten.
Nachdem Caitrina ihn kurz an sich gedrückt hatte, drängte sie ihn, ihr aus dem Kleid zu helfen was kein einfaches Unterfangen war. Schicht um Schicht wurde sie aus Überkleid, Vorderteil, Unterkleid, Reifrock und Ärmeln geschält, bis sie nur noch Hemd und Schnürleibchen trug.
Da sie die Arme hoch über den Kopf würde heben müssen, war es nötig, dass sie das Korsett ebenfalls auszog, doch Brian hatte große Mühe damit, die Schnürung zu lösen. Sie hörte ihn ärgerlich
vor sich hin murmeln, bis er schließlich aufgab und anfing, zu zerren und zu ziehen.
»Autsch!«, rief sie aus. »Sei vorsichtig!«
»Ich versuch's ja, aber das ist nicht einfach. Warum trägst du all das Zeug überhaupt?« Gute Frage. Eine, die eine ausweichende Antwort verdiente.
»Weil Ladys das nun einmal tragen.« Nachdem er sie schließlich aus dem Leinen und Fischbein befreit hatte, landete das Korsett neben dem Kleid auf einem umgestürzten Baumstamm. Obwohl das Leinenhemd, das sie trug, sie ausreichend bedeckte, wollte sie das hier so schnell wie möglich hinter sich bringen, bevor sie noch zufällig jemand entdeckte.
Das war zwar unwahrscheinlich, da dieser Teil des Waldes ein gutes Stück von der Straße entfernt lag, dennoch wäre es beschämend, in ihrer Unterwäsche gesehen zu werden. Abschätzend betrachtete sie den Baum und plante ihren Aufstieg. Es war wirklich schon einige Jahre her. Das hier war der höchste Baum in der Gegend, und das Kätzchen hatte es geschafft, beinahe bis zum Wipfel hochzuklettern.
»Du musst mir hinaufhelfen.« Brian ließ sich auf ein Knie nieder, und sie benutzte sein Bein als Stufe, um den untersten Ast zu erreichen. Die Rinde zerkratzte ihr die Fußsohlen, während sie von Ast zu Ast kletterte und sich langsam wie auf einer Leiter mit ungleichen Sprossen nach oben arbeitete. »Autsch!«, rief sie aus, als ihr Fuß an einem scharfen Stück Rinde hängenblieb. Wenn sie fertig war, würde sie sich die Haut an Händen und Füßen in Fetzen gerissen haben. Das Kätzchen beobachtete sie aus großen, ängstlichen Augen und miaute kläglich.
Als Caitrina sich seinem gefährlichen Sitzplatz näherte, konnte sie sehen, wie es zitterte, deshalb gab sie leise, besänftigende Laute von sich, um es zu beruhigen. Die Äste wurden zunehmend dünner, je höher sie stieg, und sie musste innehalten und jeden einzelnen prüfen, bevor sie sich weiterwagte. Endlich erreichte sie das Kätzchen, das ungefähr fünf Fuß weit auf einen dünnen Ast hinausgeklettert war, der Caitrinas Gewicht nicht tragen würde. Stattdessen hielt sie sich daran fest, um das Gleichgewicht nicht zu verlieren, und bewegte sich langsam seitlich auf dem tiefer liegenden Ast entlang, wobei sie sich mit den Zehen in die Rinde krallte.
»Sei vorsichtig!«, warnte Brian. Sie widerstand dem Drang, ihm einen wütenden Blick zuzuwerfen, da sie nicht nach unten sehen wollte. Als ob sie dafür eine Erinnerung bräuchte. Bei jedem Schritt pochte ihr das Herz bis zum Hals. Es ging nur quälend langsam voran. Sie musste immer wieder innehalten und ihr Gleichgewicht wiederfinden, denn der untere Ast schwankte stark unter ihrem Gewicht. Noch einen Schritt ... Ihre Finger krallten sich in weiches Fell.
»Du hast ihn!«, hörte sie Brian von unten schreien. Eine Welle der Erleichterung durchströmte sie, und als sie das kleine Bündel an die Brust drückte, konnte sie den rasenden Herzschlag spüren, der dem ihren in nichts nachstand. Seine kleinen Krallen piksten sie durch den dünnen Stoff ihres Hemdes, als er sich um des nackten Überlebens willen an ihr festklammerte. Und nun zum schwierigen Teil. Diesmal hatte sie nur eine Hand frei, um das Gleichgewicht zu behalten, während sie sich an dem Ast entlang langsam wieder zurückarbeitete. Als sie den Stamm erreicht hatte, stieß sie einen Seufzer der Erleichterung aus. Sie warf einen Blick nach unten und sah, dass Brian bis auf ein paar Äste unter ihr hochgeklettert war.
»Hier, ich nehme ihn dir ab«, bot er an. Da sie wusste, dass sie mit nur einer freien Hand nicht hinunterklettern konnte, reichte sie das Kätzchen vorsichtig in die ausgestreckten Hände ihres Bruders hinunter. Er steckte das kleine Fellknäuel in sein ledernes Wams, hangelte sich ein paar Äste hinunter und ließ sich dann mühelos zu Boden fallen.
Sie nahm sich einen Augenblick Zeit, um wieder zu Atem zu kommen und ihren Herzschlag zu beruhigen, dann machte sie sich ebenfalls an den Abstieg.
»Danke, Caiti!«, rief er. »Du bist die Beste!«
Beim schwindenden Klang seiner Stimme drehte sie sich um, doch es war bereits zu spät.
»Warte, Brian, ich brauche deine ...« Ihre Stimme brach ab. Hilfe. Sie konnte gerade noch sehen, wie er um die Ecke und außer Hörweite verschwand und zur Burg zurücklief.
»Brüder«, murmelte sie. »Schöner Dank! Wenn ich den erwische ...«
Sie sah nach unten und erkannte, dass sie immer noch zu weit vom Boden entfernt war. Nur noch ein paar Äste und sie würde sich genauso wie Brian fallen lassen können. Vorsichtig umklammerte sie den Ast mit beiden Händen und stieg erst mit einem Fuß tiefer, dann mit dem anderen ...
Ein lautes Knacken verkündete Unheil. Einen Augenblick lang hob sich ihr der Magen, als ihr Körper unvermittelt nach unten sackte. Gerade noch bekam sie den Ast über ihrem Kopf zu fassen, als der Ast unter ihren Füßen am Stamm brach und sich in einem gefährlichen Winkel nach unten neigte.
Das Gewicht ihres Bruders musste ihn geschwächt haben. Wenn sie jetzt losließ, dann würde der Ast wahrscheinlich vollständig nachgeben und sie würde zur Erde stürzen. Sie hing zwar nicht gerade nur noch an den Fingerspitzen, aber beinahe. Außerdem saß sie fest.
Abschätzend sah sie an ihren Zehenspitzen vorbei nach unten. Sie befand sich immer noch mindestens fünfzehn Fuß über dem Boden immer noch zu hoch, um sich fallen zu lassen.
Übersetzung: Anita Nirschl
Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2010 by Verlagsgruppe Random House GmbH
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Autoren-Porträt von Monica Mccarty
Monica McCarty studierte Jura an der Stanford Law School. Während dieser Zeit entstand ihre Leidenschaft für die Highlands und deren Clans. Sie arbeitete dennoch mehrere Jahre als Anwältin, bevor sie dieser Leidenschaft nachgab und zu schreiben anfing. Heute lebt sie mit ihrem Mann und ihren Kindern in Minnesota
Bibliographische Angaben
- Autor: Monica Mccarty
- 2010, 443 Seiten, Maße: 12,5 x 18,3 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzung: Nirschl, Anita
- Übersetzer: Anita Nirschl
- Verlag: Blanvalet
- ISBN-10: 3442374030
- ISBN-13: 9783442374038
Rezension zu „Stolz und Leidenschaft / Highlander Tor MacLeod Bd.4 “
"Tiefe Gefühle und wahre Liebe!"
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