Survivor Dogs Band 1: Die verlassene Stadt
Ein schreckliches Beben verwandelt die Welt in Schutt und Asche. Aber in den Ruinen regt sich etwas: Lucky hat das Inferno überlebt ...
Lucky ist ein Straßenhund und Einzelgänger mit dem Instinkt zum Überleben. Doch...
Lucky ist ein Straßenhund und Einzelgänger mit dem Instinkt zum Überleben. Doch...
Leider schon ausverkauft
Buch (Gebunden)
- Lastschrift, Kreditkarte, Paypal, Rechnung
- Kostenlose Rücksendung
Produktdetails
Produktinformationen zu „Survivor Dogs Band 1: Die verlassene Stadt “
Ein schreckliches Beben verwandelt die Welt in Schutt und Asche. Aber in den Ruinen regt sich etwas: Lucky hat das Inferno überlebt ...
Lucky ist ein Straßenhund und Einzelgänger mit dem Instinkt zum Überleben. Doch jetzt ist nichts mehr, wie es war. Die Langpfoten sind verschwunden und mit ihnen Nahrung und Sicherheit. Lucky trifft auf eine Gruppe Leinenhunde, wird zum Anführer wider Willen und muss alles infrage stellen, was ihn bisher ausgemacht hat. Sind die Hunde gemeinsam stark genug, sich in der neuen Welt zu behaupten?
Lucky ist ein Straßenhund und Einzelgänger mit dem Instinkt zum Überleben. Doch jetzt ist nichts mehr, wie es war. Die Langpfoten sind verschwunden und mit ihnen Nahrung und Sicherheit. Lucky trifft auf eine Gruppe Leinenhunde, wird zum Anführer wider Willen und muss alles infrage stellen, was ihn bisher ausgemacht hat. Sind die Hunde gemeinsam stark genug, sich in der neuen Welt zu behaupten?
Klappentext zu „Survivor Dogs Band 1: Die verlassene Stadt “
Ein schreckliches Beben verwandelt die Welt in Schutt und Asche. Aber in den Ruinen regt sich etwas: Lucky hat das Inferno überlebt ...Lucky ist ein Straßenhund und Einzelgänger mit dem Instinkt zum Überleben. Doch jetzt ist nichts mehr, wie es war. Die Langpfoten sind verschwunden und mit ihnen Nahrung und Sicherheit. Lucky trifft auf eine Gruppe Leinenhunde, wird zum Anführer wider Willen und muss alles infrage stellen, was ihn bisher ausgemacht hat. Sind die Hunde gemeinsam stark genug, sich in der neuen Welt zu behaupten?
Lese-Probe zu „Survivor Dogs Band 1: Die verlassene Stadt “
Survivor Dogs - Die verlassene Stadt von Erin Hunter1. KAPITEL
Lucky schreckte hoch.
Die Angst prickelte ihm unterm Fell und in den Knochen. Knurrend sprang er auf.
Für einen Augenblick hatte er geglaubt, er wäre wieder ein Welpe und läge geborgen inmitten seiner Geschwister, aber dieser wohlige Traum war sofort verflogen. Die Luft zitterte bedrohlich. Es kribbelte auf seiner Haut. Er spürte die Gefahr. Könnte er sie nur sehen, dann würde er sich auf sie stürzen! Aber das Ungeheuer war unsichtbar, ohne Gestalt, ohne Geruch. Er winselte vor Grauen. Dies war keine Gutenachtgeschichte. Die Bedrohung war Wirklichkeit.
Der Drang loszulaufen war kaum zu ertragen. Aber er konnte nur panisch scharren, knurren und kratzen. Er konnte nirgendwo hin: Das Gitter seines Käfigs schloss ihn von allen Seiten ein. Seine Schnauze schmerzte, wenn er sie durch die Maschen steckte, und wenn er knurrend rückwärts sprang, bissen ihm die Drähte in die Flanken.
Da waren andere, ganz nah ...vertraute Körper, vertraute Gerüche. Auch sie waren an diesem entsetzlichen Ort eingesperrt, genau wie er. Lucky hob den Kopf und bellte, immer wieder, laut und verzweifelt, aber es war klar, dass kein Hund ihm helfen konnte. Seine Stimme ging im Chor des verzweifelten Geheuls unter.
Sie saßen alle in der Falle.
Nun wurde er panisch. Er scharrte mit den Klauen im steinharten Erdboden, obwohl er wusste, wie aussichtslos das war.
Er witterte die Schnellhündin im Nachbarkäfig -ein vertrauter, beruhigender Geruch, über dem jetzt eine beißende Schärfe von Gefahr und Angst lag. Jaulend drängte er sich näher an sie, spürte das Beben ihrer Muskeln, obwohl das Maschennetz sie trennte.
»Sweet? Sweet, da kommt doch irgendetwas. Etwas Schlimmes!«
... mehr
»Ja, ich spüre es auch. Was ist da los?«
Die Langpfoten -wo waren sie? Die Langpfoten hielten sie in diesem Käfighaus gefangen, aber sie hatten sich eigentlich immer um die Hunde gekümmert, ihnen Futter, Wasser und frische Streu gebracht und den Dreck fortgeschafft.
Bestimmt kamen die Langpfoten gleich.
Die anderen bellten und heulten in einem fort und Lucky stimmte in ihren Chor ein.
Langpfoten, Langpfoten, es KOMMT ...
Mit einem Mal geriet die Erde unter ihm in Bewegung, der ganze Käfig wankte. Einen kurzen Moment lang war es entsetzlich still, und Lucky kauerte sich, versteinert vor Schreck, an den Boden.
Und plötzlich war das unsichtbare Ungeheuer da ... und seine Pranken lagen genau auf dem Käfighaus.
Die Welt bebte und wankte und Lucky wurde gegen das Maschengitter geschleudert. Für einen furchtbaren Augenblick wusste er nicht, wo oben oder unten war. Das Ungeheuer stieß ihn herum unter dem ohrenbetäubenden Lärm von herabstürzendem Gestein und berstendem Geröll. Wolken von schwarzem Dreck raubten ihm die Sicht. Das schrille Jaulen der entsetzten Hunde drang ihm bis ins Mark. Ein großes Stück der Mauer krachte direkt vor Luckys Nase herunter, er konnte gerade noch einen Satz nach hinten machen. Wardas die Erdenhündin, die ihn holen wollte?
So plötzlich, wie das Ungeheuer aufgetaucht war, war es wieder verschwunden. Eine weitere Wand stürzte in einer beißenden Staubwolke zusammen. Verbogene Gitterstäbe kreischten, als ein hoher Käfig zur Seite kippte und zu Boden donnerte.
Dann war da nur noch Stille und ein feucht-metallischer Geruch.
Blut!, dachte Lucky. Tod...
Wieder rumorte in seinem Bauch die Panik. Er lag auf der Seite, über ihm der zerdrückte Gitterkäfig, und holte wild mit den kräftigen Läufen aus, um sich aufzurichten. Der Käfig knarzte und wankte, aber Lucky kam nicht hoch. Nein!, dachte er. Ich stecke fest!
»Lucky! Lucky, alles in Ordnung bei dir?«
»Sweet, wo bist du?«
Sie drückte ihm durchs verbogene Maschennetz die lange Schnauze ins Gesicht. »Meine Käfigtür -sie ist zerbrochen, als alles eingestürzt ist! Ich dachte schon, ich wäre tot. Lucky, ich bin frei -aber du ...«
»Hilf mir, Sweet!«
Das leise Winseln, das er zuvor noch gehört hatte, war verstummt. Waren die anderen Hunde etwa ...? Nein. Lucky ließ diesen Gedanken erst gar nicht zu. Er heulte, nur um die unerträgliche Stille zu vertreiben.
»Vielleicht kann ich die Maschen ein bisschen hochziehen ...«, sagte Sweet. »Die Tür ist bei dir auch lose. Wir können versuchen, sie aufzukriegen.« Sie fasste den Draht zwischen den Zähnen und zog daran.
Lucky zwang sich, ruhig zu bleiben. Am liebsten hätte er sich so lange gegen den Käfig geworfen, bis er zersprang. Er kickte wild mit den Hinterläufen, reckte dabei den Kopf seitwärts und schnappte nach dem Drahtgeflecht. Stück für Stück zog Sweet das eingedrückte Gitter nach vorn und scharrte dabei mit den Pfoten immer wieder herabgefallene Steinbrocken beiseite.
»Jetzt sitzt es lockerer. Warte, ich ...«
Aber Lucky konnte nicht mehr warten. Die Käfigtür war oben in der Ecke ausgerissen, und er wand und reckte sich, bis er sie mit Zähnen und Klauen zu fassen bekam. Er schaffte es, die Pfote in die Lücke zu bohren, und riss heftig am Gitter.
Kreischend gab es nach. Lucky spürte im Ballen einen stechenden Schmerz -aber die Tür hing nun ganz schräg.
Noch einmal zappelte er und wand sich mit aller Macht, bis er freikam und endlich wieder auf allen vieren stand.
Über seine Haut liefen Schauer, seine Muskeln bebten. Den Schwanz hielt er fest zwischen die Beine geklemmt. Fassungslos starrten die beiden Hunde auf die Verwüstung. Überall zerquetschte Käfige -und zerquetschte Hundekörper. Ganz in der Nähe lag ein kleiner Hund mit glattem Fell, leblos und mit gebrochenem Blick. Unter der zuletzt eingestürzten Mauer rührte sich kein Laut, aber zwischen den Steinen ragte eine schlaffe Pfote hervor. Schon verbreitete sich Todesgeruch über dem, was vom Käfighaus geblieben war.
Sweet winselte: »Was war das? Was ist nur geschehen? «
»Ich glaube ...«Lucky brach die Stimme und er begann von Neuem: »Das war ein Knurrer. Ich habe früher ...Meine Mutter hat mir früher Geschichten erzählt über die Erdenhündin und die Knurrer, die sie ausschickt. Ich glaube, das Ungeheuer war ein Großer Knurrer ...«
»Wir müssen weg von hier!«, wimmerte Sweet.
»Ja.« Zaudernd machte Lucky ein paar Schritte rückwärts und schüttelte den Kopf, um den Todesgeruch loszuwerden. Aber der Geruch folgte ihm, blieb an ihm kleben.
Verzweifelt blickte er sich um. Dort, wo die Wand über den anderen Hundekäfigen eingestürzt war und nun die Mauerbrocken in einem Haufen lagen, drang helles Licht durch den aufgewirbelten Ziegelstaub und Rauch.
»Da hinten, Sweet, wo die Mauer kaputt ist. Komm!«
Sweet brauchte keine weitere Aufforderung und machte einen großen Satz über den Schutthaufen. Lucky suchte sich mit seiner verwundeten Pfote behutsam einen Weg und blickte sich immer wieder nervös nach den Langpfoten um. Sie mussten doch kommen, wenn sie die Zerstörung bemerkten, oder? Und würden sie die Hunde dann nicht wieder zurück ins Käfighaus zerren?
Ihn schauderte und er lief schneller. Aber selbst als er hinter Sweet auf die Straße hinuntersprang, waren weit und breit keine Langpfoten zu sehen.
Verwirrt hielt er inne und schnupperte. Es roch so seltsam ...
»Machen wir, dass wir vom Käfighaus wegkommen«, raunte er Sweet zu. »Ich weiß nicht, was hier passiert ist, aber wir sollten weit fort sein, falls die Langpfoten zurückkommen.«
Sweet jaulte durchdringend und sagte dann mit gesenktem Kopf: »Lucky, ich glaube nicht, dass von den Langpfoten jemand übrig geblieben ist.«
Sie schlichen langsam und schweigend weiter. In Luckys Bauch wuchs das bedrohliche Gefühl. Viele Straßen und Gassen, die er kannte, waren versperrt, doch er schnüffelte sich um die eingestürzten Gebäude und das Gewirr verbogener Drahtzäune, die aus dem Boden gerissen waren. Egal, was Sweet dachte: Die Langpfoten mussten bald auftauchen. Und dann wollte er möglichst weit weg vom zerstörten Käfighaus sein.
Der Himmel wurde schon dunkel, als er endlich das Gefühl hatte, dass sie einigermaßen sicher waren und ein wenig ausruhen konnten. Sweet schien ohnehin am Ende ihrer Kräfte. Offenbar fiel Schnellhunden ein kurzer schneller Lauf sehr viel leichter als eine solche lange Wanderung. Er schaute auf den Weg zurück, den sie gekommen waren. Überall krochen Schatten über den Boden, überall lauerten bedrohliche Schlupfwinkel. Lucky schauderte -was mochten da sonst noch für Tiere draußen unterwegs sein, verängstigt und ausgehungert?
Die Flucht vor dem Großen Knurrer hatte ihnen alles abverlangt. Sweet konnte gerade noch ihren rituellen Schlafkreis drehen, bevor sie auf den Boden plumpste, den Kopf auf die Vorderpfoten legte und ihre sorgenvollen Augen schloss. Lucky drückte sich eng an ihre Flanke, so war es wärmer, sicherer. Ich bleibe noch ein bisschen wach, dachte er. Wache halten ...ja...
Er schreckte hoch, zitterte, sein Herz pochte laut.
Die Ohnesonne hatte er komplett verschlafen. Im Traum hatte er immer wieder das dumpfe Grollen des Großen Knurrers gehört. Eine schier endlose Kolonne von Langpfoten war hastig vor ihm geflohen und die Lärmkästen hatten schrill gepiept und gewinselt. Sonst war offenbar niemand mehr hier. Die Stadt war verlassen.
Sweet lag noch immer unterm Dornengestrüpp und schlief. Mit jedem Atemzug hob sich die Flanke der schlanken Hündin und senkte sich wieder. Lucky streckte sich lang, um wieder Leben in seine Glieder zu bekommen. Irgendwie beruhigte es ihn, dass sie so tief schlafen konnte, aber plötzlich brauchte er mehr als ihre wohlige Nähe. Sie musste jetzt aufwachen! Er rieb ihr mit der Schnauze sanft übers Gesicht und leckte ihre Ohren, bis sie ein behagliches Knurren von sich gab. Sie stand auf und beschnüffelte und leckte ihn ebenfalls.
»Wie geht es deiner Pfote, Lucky?«
Bei ihren Worten war der Schmerz sofort wieder da. Er schnüffelte an seiner verwundeten Pfote, dort, wo das rote Fleisch bloß lag. Der Ballen pochte. Er leckte behutsam daran. Die Wunde war nur leicht angetrocknet, und er wollte nicht, dass sie wieder zu bluten begann.
»Schon besser, glaube ich«, sagte er hoffnungsvoller, als ihm zumute war. Als sie jedoch unter dem dichten Geäst hervorkrochen, verschwand die Hoffnung sofort wieder.
Die Straße vor ihnen war in Blöcke zerrissen, die wild ineinander verkeilt waren. Aus einem langen Rohr, das aus der Erde ragte, sprühte Wasser und zeichnete einen schillernden Wasserbogen in die Luft. Aber so sah es nicht nur hier aus: Soweit Lucky die abschüssigen Straßen überblicken konnte, spiegelten sich die Strahlen des aufgehenden Sonnenhunds in verdrehtem Metall. Wo einst Gärten gewesen waren, glitzerte nun eine schmierige Wasserfläche, und die Häuser der Langpfoten, die so riesig und unverwüstlich gewirkt hatten, lagen in Trümmern, als hätte eine riesige Langpfotenfaust sie zermalmt.
»Der Große Knurrer«, murmelte Sweet ehrfürchtig und verängstigt. »Was hat er bloß angerichtet!«
Lucky schauderte. »Du hattest recht mit den Langpfoten. So viele Rudel haben hier gelebt und jetzt ist kein Einziger mehr zu sehen.« Er spitzte die Ohren und witterte mit der Zunge: nur Staub und ein modriger Gestank. Kein frischer Duft. »Nicht einmal die Lärmkästen bewegen sich.«
Lucky nickte in Richtung eines der Kästen: Er war auf die Seite gekippt und die Schnauze lag halb unter den Trümmern einer eingestürzten Mauer begraben. Die metallischen Flanken schimmerten hell, aber er gab kein Brüllen oder Grummeln von sich. Er musste tot sein.
Sweet schien überrascht. »Ich frage mich schon lange, wozu die eigentlich gut sind. Wie nennst du sie?«
Lucky sah Sweet ungläubig an. Wusste sie etwa nicht, was ein Lärmkasten war? »Lärmkästen. Du weißt doch - die Langpfoten benutzen sie zur Fortbewegung. Sie selbst können ja nicht so schnell laufen wie wir.«
Nicht zu fassen! Sogar von den einfachsten Dingen über die Langpfoten hatte sie keinen Schimmer. Wie sollte das bloß werden, mit ihr zusammen? Wer, wie sie beide, ums Überleben kämpfen musste, durfte doch nicht so ahnungslos sein!
Lucky schnupperte noch einmal. Der neue Geruch der Stadt war ihm nicht geheuer -Fäulnis und ein schwelender Hauch von Tod und Gefahr lag über allem. Riecht nicht mehr wie ein guter Ort für Hunde, dachte er.
Er trottete zu einer Stelle, wo aus einem Riss im Boden Wasser hervorspritzte. Dort hatte sich ein öliger Tümpel gesammelt, der in allen Farben schillerte. Das Wasser roch seltsam, aber Lucky war so durstig, dass er trotzdem gierig trank. Den fauligen Gestank versuchte er nicht zu beachten. An der Spiegelung im Wasser sah er, dass Sweet sich ebenfalls zum Trinken hinuntergebeugt hatte.
Sie hob als Erste die tropfende Schnauze und leckte sich die Lefzen. »Es ist furchtbar still«, murmelte sie. »Wir sollten besser fort aus der Langpfotenstadt.« Sie sträubte das Fell. »Wir sollten in die Berge. In die Wildnis. «
»Anderswo ist es auch nicht sicherer«, sagte Lucky. »Hier haben wir immerhin die Häuser der Langpfoten - vielleicht finden wir sogar etwas zu fressen. Und Verstecke gibt es jede Menge, das kannst du mir glauben ...«
»Ja, Verstecke, wo uns jederzeit auch andere Wesen auflauern können!«, entgegnete sie. »Mir ist nicht wohl dabei.«
»Was hast du schon zu befürchten?« Mit ihren langen Beinen und dem schlanken, leichten Körper war sie bestimmt ungeheuer flink. »Ich wette, dass nichts und niemand schneller laufen kann als du!«
»Aber nicht, wenn es um Ecken geht.« Sie blickte sich nervös um. »Und so eine Stadt ist voller Ecken. Ich brauche Platz zum Laufen. Nur dann bin ich wirklich schnell.«
© 2013 Beltz & Gelberg in der Verlagsgruppe Beltz, Weinheim Basel
»Ja, ich spüre es auch. Was ist da los?«
Die Langpfoten -wo waren sie? Die Langpfoten hielten sie in diesem Käfighaus gefangen, aber sie hatten sich eigentlich immer um die Hunde gekümmert, ihnen Futter, Wasser und frische Streu gebracht und den Dreck fortgeschafft.
Bestimmt kamen die Langpfoten gleich.
Die anderen bellten und heulten in einem fort und Lucky stimmte in ihren Chor ein.
Langpfoten, Langpfoten, es KOMMT ...
Mit einem Mal geriet die Erde unter ihm in Bewegung, der ganze Käfig wankte. Einen kurzen Moment lang war es entsetzlich still, und Lucky kauerte sich, versteinert vor Schreck, an den Boden.
Und plötzlich war das unsichtbare Ungeheuer da ... und seine Pranken lagen genau auf dem Käfighaus.
Die Welt bebte und wankte und Lucky wurde gegen das Maschengitter geschleudert. Für einen furchtbaren Augenblick wusste er nicht, wo oben oder unten war. Das Ungeheuer stieß ihn herum unter dem ohrenbetäubenden Lärm von herabstürzendem Gestein und berstendem Geröll. Wolken von schwarzem Dreck raubten ihm die Sicht. Das schrille Jaulen der entsetzten Hunde drang ihm bis ins Mark. Ein großes Stück der Mauer krachte direkt vor Luckys Nase herunter, er konnte gerade noch einen Satz nach hinten machen. Wardas die Erdenhündin, die ihn holen wollte?
So plötzlich, wie das Ungeheuer aufgetaucht war, war es wieder verschwunden. Eine weitere Wand stürzte in einer beißenden Staubwolke zusammen. Verbogene Gitterstäbe kreischten, als ein hoher Käfig zur Seite kippte und zu Boden donnerte.
Dann war da nur noch Stille und ein feucht-metallischer Geruch.
Blut!, dachte Lucky. Tod...
Wieder rumorte in seinem Bauch die Panik. Er lag auf der Seite, über ihm der zerdrückte Gitterkäfig, und holte wild mit den kräftigen Läufen aus, um sich aufzurichten. Der Käfig knarzte und wankte, aber Lucky kam nicht hoch. Nein!, dachte er. Ich stecke fest!
»Lucky! Lucky, alles in Ordnung bei dir?«
»Sweet, wo bist du?«
Sie drückte ihm durchs verbogene Maschennetz die lange Schnauze ins Gesicht. »Meine Käfigtür -sie ist zerbrochen, als alles eingestürzt ist! Ich dachte schon, ich wäre tot. Lucky, ich bin frei -aber du ...«
»Hilf mir, Sweet!«
Das leise Winseln, das er zuvor noch gehört hatte, war verstummt. Waren die anderen Hunde etwa ...? Nein. Lucky ließ diesen Gedanken erst gar nicht zu. Er heulte, nur um die unerträgliche Stille zu vertreiben.
»Vielleicht kann ich die Maschen ein bisschen hochziehen ...«, sagte Sweet. »Die Tür ist bei dir auch lose. Wir können versuchen, sie aufzukriegen.« Sie fasste den Draht zwischen den Zähnen und zog daran.
Lucky zwang sich, ruhig zu bleiben. Am liebsten hätte er sich so lange gegen den Käfig geworfen, bis er zersprang. Er kickte wild mit den Hinterläufen, reckte dabei den Kopf seitwärts und schnappte nach dem Drahtgeflecht. Stück für Stück zog Sweet das eingedrückte Gitter nach vorn und scharrte dabei mit den Pfoten immer wieder herabgefallene Steinbrocken beiseite.
»Jetzt sitzt es lockerer. Warte, ich ...«
Aber Lucky konnte nicht mehr warten. Die Käfigtür war oben in der Ecke ausgerissen, und er wand und reckte sich, bis er sie mit Zähnen und Klauen zu fassen bekam. Er schaffte es, die Pfote in die Lücke zu bohren, und riss heftig am Gitter.
Kreischend gab es nach. Lucky spürte im Ballen einen stechenden Schmerz -aber die Tür hing nun ganz schräg.
Noch einmal zappelte er und wand sich mit aller Macht, bis er freikam und endlich wieder auf allen vieren stand.
Über seine Haut liefen Schauer, seine Muskeln bebten. Den Schwanz hielt er fest zwischen die Beine geklemmt. Fassungslos starrten die beiden Hunde auf die Verwüstung. Überall zerquetschte Käfige -und zerquetschte Hundekörper. Ganz in der Nähe lag ein kleiner Hund mit glattem Fell, leblos und mit gebrochenem Blick. Unter der zuletzt eingestürzten Mauer rührte sich kein Laut, aber zwischen den Steinen ragte eine schlaffe Pfote hervor. Schon verbreitete sich Todesgeruch über dem, was vom Käfighaus geblieben war.
Sweet winselte: »Was war das? Was ist nur geschehen? «
»Ich glaube ...«Lucky brach die Stimme und er begann von Neuem: »Das war ein Knurrer. Ich habe früher ...Meine Mutter hat mir früher Geschichten erzählt über die Erdenhündin und die Knurrer, die sie ausschickt. Ich glaube, das Ungeheuer war ein Großer Knurrer ...«
»Wir müssen weg von hier!«, wimmerte Sweet.
»Ja.« Zaudernd machte Lucky ein paar Schritte rückwärts und schüttelte den Kopf, um den Todesgeruch loszuwerden. Aber der Geruch folgte ihm, blieb an ihm kleben.
Verzweifelt blickte er sich um. Dort, wo die Wand über den anderen Hundekäfigen eingestürzt war und nun die Mauerbrocken in einem Haufen lagen, drang helles Licht durch den aufgewirbelten Ziegelstaub und Rauch.
»Da hinten, Sweet, wo die Mauer kaputt ist. Komm!«
Sweet brauchte keine weitere Aufforderung und machte einen großen Satz über den Schutthaufen. Lucky suchte sich mit seiner verwundeten Pfote behutsam einen Weg und blickte sich immer wieder nervös nach den Langpfoten um. Sie mussten doch kommen, wenn sie die Zerstörung bemerkten, oder? Und würden sie die Hunde dann nicht wieder zurück ins Käfighaus zerren?
Ihn schauderte und er lief schneller. Aber selbst als er hinter Sweet auf die Straße hinuntersprang, waren weit und breit keine Langpfoten zu sehen.
Verwirrt hielt er inne und schnupperte. Es roch so seltsam ...
»Machen wir, dass wir vom Käfighaus wegkommen«, raunte er Sweet zu. »Ich weiß nicht, was hier passiert ist, aber wir sollten weit fort sein, falls die Langpfoten zurückkommen.«
Sweet jaulte durchdringend und sagte dann mit gesenktem Kopf: »Lucky, ich glaube nicht, dass von den Langpfoten jemand übrig geblieben ist.«
Sie schlichen langsam und schweigend weiter. In Luckys Bauch wuchs das bedrohliche Gefühl. Viele Straßen und Gassen, die er kannte, waren versperrt, doch er schnüffelte sich um die eingestürzten Gebäude und das Gewirr verbogener Drahtzäune, die aus dem Boden gerissen waren. Egal, was Sweet dachte: Die Langpfoten mussten bald auftauchen. Und dann wollte er möglichst weit weg vom zerstörten Käfighaus sein.
Der Himmel wurde schon dunkel, als er endlich das Gefühl hatte, dass sie einigermaßen sicher waren und ein wenig ausruhen konnten. Sweet schien ohnehin am Ende ihrer Kräfte. Offenbar fiel Schnellhunden ein kurzer schneller Lauf sehr viel leichter als eine solche lange Wanderung. Er schaute auf den Weg zurück, den sie gekommen waren. Überall krochen Schatten über den Boden, überall lauerten bedrohliche Schlupfwinkel. Lucky schauderte -was mochten da sonst noch für Tiere draußen unterwegs sein, verängstigt und ausgehungert?
Die Flucht vor dem Großen Knurrer hatte ihnen alles abverlangt. Sweet konnte gerade noch ihren rituellen Schlafkreis drehen, bevor sie auf den Boden plumpste, den Kopf auf die Vorderpfoten legte und ihre sorgenvollen Augen schloss. Lucky drückte sich eng an ihre Flanke, so war es wärmer, sicherer. Ich bleibe noch ein bisschen wach, dachte er. Wache halten ...ja...
Er schreckte hoch, zitterte, sein Herz pochte laut.
Die Ohnesonne hatte er komplett verschlafen. Im Traum hatte er immer wieder das dumpfe Grollen des Großen Knurrers gehört. Eine schier endlose Kolonne von Langpfoten war hastig vor ihm geflohen und die Lärmkästen hatten schrill gepiept und gewinselt. Sonst war offenbar niemand mehr hier. Die Stadt war verlassen.
Sweet lag noch immer unterm Dornengestrüpp und schlief. Mit jedem Atemzug hob sich die Flanke der schlanken Hündin und senkte sich wieder. Lucky streckte sich lang, um wieder Leben in seine Glieder zu bekommen. Irgendwie beruhigte es ihn, dass sie so tief schlafen konnte, aber plötzlich brauchte er mehr als ihre wohlige Nähe. Sie musste jetzt aufwachen! Er rieb ihr mit der Schnauze sanft übers Gesicht und leckte ihre Ohren, bis sie ein behagliches Knurren von sich gab. Sie stand auf und beschnüffelte und leckte ihn ebenfalls.
»Wie geht es deiner Pfote, Lucky?«
Bei ihren Worten war der Schmerz sofort wieder da. Er schnüffelte an seiner verwundeten Pfote, dort, wo das rote Fleisch bloß lag. Der Ballen pochte. Er leckte behutsam daran. Die Wunde war nur leicht angetrocknet, und er wollte nicht, dass sie wieder zu bluten begann.
»Schon besser, glaube ich«, sagte er hoffnungsvoller, als ihm zumute war. Als sie jedoch unter dem dichten Geäst hervorkrochen, verschwand die Hoffnung sofort wieder.
Die Straße vor ihnen war in Blöcke zerrissen, die wild ineinander verkeilt waren. Aus einem langen Rohr, das aus der Erde ragte, sprühte Wasser und zeichnete einen schillernden Wasserbogen in die Luft. Aber so sah es nicht nur hier aus: Soweit Lucky die abschüssigen Straßen überblicken konnte, spiegelten sich die Strahlen des aufgehenden Sonnenhunds in verdrehtem Metall. Wo einst Gärten gewesen waren, glitzerte nun eine schmierige Wasserfläche, und die Häuser der Langpfoten, die so riesig und unverwüstlich gewirkt hatten, lagen in Trümmern, als hätte eine riesige Langpfotenfaust sie zermalmt.
»Der Große Knurrer«, murmelte Sweet ehrfürchtig und verängstigt. »Was hat er bloß angerichtet!«
Lucky schauderte. »Du hattest recht mit den Langpfoten. So viele Rudel haben hier gelebt und jetzt ist kein Einziger mehr zu sehen.« Er spitzte die Ohren und witterte mit der Zunge: nur Staub und ein modriger Gestank. Kein frischer Duft. »Nicht einmal die Lärmkästen bewegen sich.«
Lucky nickte in Richtung eines der Kästen: Er war auf die Seite gekippt und die Schnauze lag halb unter den Trümmern einer eingestürzten Mauer begraben. Die metallischen Flanken schimmerten hell, aber er gab kein Brüllen oder Grummeln von sich. Er musste tot sein.
Sweet schien überrascht. »Ich frage mich schon lange, wozu die eigentlich gut sind. Wie nennst du sie?«
Lucky sah Sweet ungläubig an. Wusste sie etwa nicht, was ein Lärmkasten war? »Lärmkästen. Du weißt doch - die Langpfoten benutzen sie zur Fortbewegung. Sie selbst können ja nicht so schnell laufen wie wir.«
Nicht zu fassen! Sogar von den einfachsten Dingen über die Langpfoten hatte sie keinen Schimmer. Wie sollte das bloß werden, mit ihr zusammen? Wer, wie sie beide, ums Überleben kämpfen musste, durfte doch nicht so ahnungslos sein!
Lucky schnupperte noch einmal. Der neue Geruch der Stadt war ihm nicht geheuer -Fäulnis und ein schwelender Hauch von Tod und Gefahr lag über allem. Riecht nicht mehr wie ein guter Ort für Hunde, dachte er.
Er trottete zu einer Stelle, wo aus einem Riss im Boden Wasser hervorspritzte. Dort hatte sich ein öliger Tümpel gesammelt, der in allen Farben schillerte. Das Wasser roch seltsam, aber Lucky war so durstig, dass er trotzdem gierig trank. Den fauligen Gestank versuchte er nicht zu beachten. An der Spiegelung im Wasser sah er, dass Sweet sich ebenfalls zum Trinken hinuntergebeugt hatte.
Sie hob als Erste die tropfende Schnauze und leckte sich die Lefzen. »Es ist furchtbar still«, murmelte sie. »Wir sollten besser fort aus der Langpfotenstadt.« Sie sträubte das Fell. »Wir sollten in die Berge. In die Wildnis. «
»Anderswo ist es auch nicht sicherer«, sagte Lucky. »Hier haben wir immerhin die Häuser der Langpfoten - vielleicht finden wir sogar etwas zu fressen. Und Verstecke gibt es jede Menge, das kannst du mir glauben ...«
»Ja, Verstecke, wo uns jederzeit auch andere Wesen auflauern können!«, entgegnete sie. »Mir ist nicht wohl dabei.«
»Was hast du schon zu befürchten?« Mit ihren langen Beinen und dem schlanken, leichten Körper war sie bestimmt ungeheuer flink. »Ich wette, dass nichts und niemand schneller laufen kann als du!«
»Aber nicht, wenn es um Ecken geht.« Sie blickte sich nervös um. »Und so eine Stadt ist voller Ecken. Ich brauche Platz zum Laufen. Nur dann bin ich wirklich schnell.«
© 2013 Beltz & Gelberg in der Verlagsgruppe Beltz, Weinheim Basel
... weniger
Autoren-Porträt von Erin Hunter
Hinter dem Namen Erin Hunter verbirgt sich ein ganzes Team von Autorinnen. Gemeinsam konzipieren und schreiben sie die erfolgreichen Tierfantasy-Reihen WARRIOR CATS, SEEKERS, SURVIVOR DOGS und BRAVELANDS.
Bibliographische Angaben
- Autor: Erin Hunter
- Altersempfehlung: 10 - 12 Jahre
- 2014, 3. Aufl., 272 Seiten, mit Abbildungen, Maße: 14,1 x 21,2 cm, Gebunden, Deutsch
- Übersetzung: Pflüger, Friedrich
- Übersetzer: Friedrich Pflüger
- Verlag: Beltz
- ISBN-10: 3407811640
- ISBN-13: 9783407811646
- Erscheinungsdatum: 23.06.2016
Rezension zu „Survivor Dogs Band 1: Die verlassene Stadt “
»Das Buch ist spannend - und Themen wie Loyalität, Zusammenhalt und die Zerstörung der Umwelt spielen einmal mehr eine wichtige Rolle.« ORF »Das Buch schildert ein Endzeitszenario aus dem Blickwinkel der Hunde: ein faszinierendes neues Projekt.« sonntag »[...] konsequente Erzählperspektive aus Sicht der Tiere [...]« neues deutschland »Ein gelungener Auftakt dieser Jugendbuchreihe, die nicht nur Fans von Erin Hunter begeistern wird, und von Freundschaft, Vertrauen und Zusammenhalt erzählt.« leser-welt.de »Ich hatte das Gefühl, die Hunde vor mir zu sehen, so lebensnah und echt sind sie beschrieben.« blogspot.de »Das [Autorenteam Erin Hunter] bürgt für Qualität, die auch diesmal geliefert wird. Spannende Unterhaltung ab 10 Jahren.« Wiener Zeitung »Ein Lesemuss für jeden Tier-Fantasie-Fan!« Südkurier Luca (13): »[...] eine tolle Geschichte über die Gemeinschaft des Hunderudels.« Augsburger Allgemeine Zeitung »Lebensnah, dass man fasst das Bellen hört. [...] Ich hatte das Gefühl, die Hunde vor mir zu sehen, so lebensnah und echt sind sie beschrieben. Man hat das Gefühl, man würde sie direkt kläffen hören.« Vorarlberger Nachrichten »Die Geschichte ist einfach und verständlich erzählt. Ich hatte das Gefühl, die Hunde vor mir zu sehen, so lebensnah und echt sind sie beschrieben. Man hat das Gefühl, man würde sie direkt kläffen hören.« lesendes-katzenpersonal.blogspot.de »Ich vergebe 5 Sterne, weil die Geschichte spannend und cool ist. Das Buch hat keine Bilder, aber das ist egal, weil die Geschichte so ist, dass man unbedingt weiter lesen möchte.« Lennard Köhnen (10), Kinder- und Jugendredaktion Buecherkinder.de
Kommentare zu "Survivor Dogs Band 1: Die verlassene Stadt"
4 von 5 Sternen
5 Sterne 3Schreiben Sie einen Kommentar zu "Survivor Dogs Band 1: Die verlassene Stadt".
Kommentar verfassen