Überirdische Rätsel
Entdeckungsreisen zu wundersamen Orten
Rätselhafte Phänomene, wundersame Begebenheiten und erstaunliche Entdeckungen werden von alters her mit sakralen Stätten und mystischen Kraftorten verbunden. Alle Kulturen der Welt kennen solche geheimnisvollen Orte. Reinhard Habeck besuchte legendäre...
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Produktinformationen zu „Überirdische Rätsel “
Klappentext zu „Überirdische Rätsel “
Rätselhafte Phänomene, wundersame Begebenheiten und erstaunliche Entdeckungen werden von alters her mit sakralen Stätten und mystischen Kraftorten verbunden. Alle Kulturen der Welt kennen solche geheimnisvollen Orte. Reinhard Habeck besuchte legendäre Pilgerstätten sowie verborgene Schauplätze des Überirdischen und ist ihren fantastischen Überlieferungen gefolgt:Was blieb von der Stätte des Uranfangs, wo der Sonnengott Re erstmals erschienen sein soll? Wie wurde die Kaaba in Mekka zum bedeutendsten Heiligtum der islamischen Welt? Sind Marienerscheinungen Hirngespinste oder Projektionen aus höheren Dimensionen? Existiert bei Neapel tatsächlich ein Eingang in ein unterirdisches "Höllenreich"? Wieso werden "schwarze Madonnen" verehrt? Welche Kräfte lösen spontane Heilungen an Pilgerorten aus?Der Autor führt zu Wunderorten in aller Welt und geht alten Überlieferungen sowie neuzeitlichen Rätseln auf den Grund. Spannende Einblicke, wertvolle Sachinformationen und eine bunte Vielfalt an überraschenden Entdeckungen sind garantiert.Aus dem Inhalt-Kuriose Kirchenkunst-Die Steine der Heiligen-Die geheime Unterwelt von Klosterneuburg-Österreichische Marienerscheinungsstätten-Morbide Reliquien und nicht verweste Leichname
Lese-Probe zu „Überirdische Rätsel “
Reinhard Habeck - Überirdische RätselGöttersteine und ihre Mythen
Bereits in grauer Vorzeit war die Verehrung rätselhafter Steine von der Aurades Göttlichen und Überirdischen umgeben. Manchem uralten Wunderstein
wird eine außerirdische Herkunft zugeschrieben. Die Mythen vieler
Völker erzählen von „fliegenden Steinen", die einst vom Himmel zur Erde
fielen oder von engelhaften Wesen hierhergebracht wurden. Die fremden
Relikte sind an heiligen Plätzen in Tempeln verehrt worden oder galten als
„beseelte Wohnstätte" eines bestimmten Gottes. Es heißt, Orakelpriester
der Antike konnten die in diesen „Göttersteinen" innewohnende Magie
aktivieren, um mit überirdischen Ratgebern in Kontakt zu treten. Der
Omphalos-Stein im Apollon-Heiligtum in Delphi, der altägyptische Urobelisk
Benben in Heliopolis, der Chaabu-Stein der Nabatäer im jordanischen
Petra, der schwarze Götterstein des antiken Sonnengottes Elagabal
aus der syrischen Stadt Emesa (heute Homs) oder der Lingam-Stein des
Hindugottes Shiva sind bekannte Beispiele dafür.
Die biblische Himmelsleiter
... mehr
Obwohl sich das Alte Testament gegen Steinkulte wendet, findet sich ebenso
in der Bibel die uralte Vorstellung vom Stein als „Gottes Haus". Im 1. Buch
Mose (Gen 28, 11-22) wird eine Begebenheit geschildert, die sich nördlich
von Jerusalem im 18. Jahrhundert v. Chr. zugetragen haben soll.
Demnach schlief Patriarch Jakob (der Enkel des legendären Abraham, den
Judentum, Christentum und Islam als Stammvater ansehen) auf einem
Stein ein. In der Nacht erfasste ihn die Vision einer Himmelsleiter, auf der
„Engel Gottes auf- und niederstiegen." Nichts mehr als ein Traumgespinst,
würden Psychologen heute versichern. Aber woher will man das felsenfest
wissen? Jedenfalls wachte Jakob am nächsten Morgen erschrocken, aber mit
einer neuen Erkenntnis auf: „Ja, das ist der Wohnsitz Gottes und die Pforte
des Himmels!" Der Traum muss für ihn sehr real gewirkt haben. Wie sonst
wäre es zu erklären, dass Jakob vor lauter Ehrfurcht den Stein, der ihm als
„Kopfpolster" diente, mit Öl salbte? Jakobs Gelübde lautete: „... Dann soll
der Stein, den ich als Steinmal aufgestellt habe, ein Gotteshaus werden."
Den Erscheinungsort, der früher Lus hieß, nannte er Bet-El. Es ist der
hebräische Begriff für „Gotteshaus" und ebenso für Steine, die mit dem
Göttlichen in Verbindung stehen oder selbst als „nicht irdisch" verehrt
wurden.
Die „Skystones" aus Sierra Leone
Der Glaube, dass Steine den heiligen Platz einer himmlischen Erscheinung
markieren und als Mittlerfunktion zwischen Menschen und einer höheren
Gottheit dienen, beschränkt sich nicht auf das Altertum. Eine Mythologie
über „Menschen in Stein" und „Himmelssteine" wird bei den westafrikanischen
Volksgruppen der Mende, Kono und Kissis in Sierra Leone noch heute „lebendig" gehalten. Bizarr aussehende Steinskulpturen, Nomoli genannt, kamen überraschend bei Feldarbeiten
und bei Grabungen nach Diamanten zum Vorschein. Die merkwürdigste Figur
wurde in einer Tiefe von 50 Metern entdeckt und enthielt in ihrem Inneren
eine Metallkugel, die nur wenige Zentimeter misst. Alter und Herkunft der
zehn bis 40 Zentimeter großen Figuren sind nicht geklärt. Die Einheimischen,
vorwiegend muslimische Sunniten, behaupten, dass die Skulpturen „himmlische
Wesen" verkörpern, die vor Urzeiten in göttliche Ungnade fielen. Allah
hätte die frevelhaften Engel erzürnt in Steine verwandelt und zur Erde verbannt.
Der Mythos berichtet weiter, dass der „Himmel", den diese Wesen
bewohnten, ebenfalls zu Stein erstarrte und in Form von Trümmern auf die
Erde fiel. Selbst die Sterne, die sich in diesem „Himmel" befanden, sollen im
göttlichen Zorn zerstört worden sein.
Mit der Überlieferung werden blaue Gesteinsbrocken verknüpft, sogenannte
„Skystones". Die Steine wurden besonders zahlreich im Umfeld
der Hauptstadt Freetown gefunden. Proben davon sind an Instituten und
Universitäten in Genf, Rom und Wien mittels Röntgenstrahlung analysiert
worden. Das Ergebnis überrascht: Die Steine sind keine natürlichen, sondern
künstlich geschaffene Produkte (siehe Farbteil Seite 69 oben).
Mineralogen nehmen an, dass gebrannter Kalk mit blauer, organischer Farbe
eingefärbt und mit Wasser vermischt wurde. Wie aber kommen große
Mengen dieses blauen Materials ins tiefe Erdreich? Der Verdacht der Experten:
Die Steine könnten durch eine industrielle Fehlproduktion entstanden
sein. Kalkgruben wurden vielleicht absichtlich oder durch einen
Erdrutsch zugeschüttet. Dort blieben die Steine dann jahrzehntelang verborgen,
ehe sie bei Grabungen wiederentdeckt wurden und mit der alten
Legende verschmolzen.
So lautet kurz gefasst die These. Was die Wissenschaftler allerdings nicht
erklären können: Wieso enthalten die Fundstücke Iridium? Das chemische
Element kommt nur in sehr geringer Konzentration auf der Erde vor. Erhöhte
Mengen finden sich hingegen in Sedimentschichten, die mit einem
Meteoriteneinschlag im Zusammenhang stehen. Vergleichsfunde zu den
„Himmelssteinen" sind nirgendwo bekannt. Niemand kann sagen, wer diese
Kunstprodukte wann und wo geschaffen hat.
PFORTE INS
HöLLENREICH
Pompejis Ruinen, Solfataras Schwefelwelt und
die Blutwunder des heiligen januarius
„Und wie wir eben Menschen sind,
wir schlafen sämtlich auf Vulkanen."
Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832)
Urbilder der Hölle
Gibt es die Hölle wirklich? Existiert eine Stätte der Verdammnis, wo teuflische
Dämonen ihr Unwesen treiben? Ein satanischer Vergeltungsort für arme
Sünder, irgendwo im Jenseits oder in einem tiefen Abgrund der Erde?
Schon im altägyptischen Jenseitsglauben heißt es, dass „Feuerströme" und
feuerspeiende Kreaturen das Weiterleben nach dem Tode bedrohen. Ähnliches
erfahren wir aus den heiligen Büchern altindischer Sanskrittexte.
Demzufolge sollen geächtete Seelen in einem finsteren Verlies den Höllenqualen
wehrlos ausgesetzt sein. Die vorchristlichen Germanen kannten
ebenfalls ein schauriges Höllenbild. Die nordische Mythologie erzählt von
der Todesgöttin Hel, die in einem unterirdischen Aufenthaltsort über ihr
Reich herrscht. Auch das Wort „Hölle" lässt sich von der germanischen
Sprachwurzel hel (verbergen) ableiten.
Ebenso wissen alle großen Weltreligionen - Buddhismus, Judentum und
Islam - von einem Ort der Verdammnis. Laut dem Koran (Sure 11,108)
kommen die Ungläubigen ins Höllenfeuer von Dschahannam und bleiben
darin, solange Himmel und Erde bestehen.
Nicht viel anders im Christentum: In der Hölle herrschen „Heulen und
Zähneknirschen", mahnt das Neue Testament (Matthäus 13,42).
Nach katholischer Doktrin ist es die unwiderrufliche „Endstation", ewige
Strafe und Sühne, in welcher der Mensch nach Tod und Gottesgericht das
Heil nicht erlangt hat. Glaubt man dem Klerus, sind arme Seelen im Fegefeuer
etwas besser dran. Gemeint ist eine Art Zwischenreich, ein Ort der
demütigen Reinigung, in dem von satanischen Geistern gepeinigte Sünder
ihre Verfehlungen und Gottesferne bereuen können. Nach einer auferlegten
Bußzeit werden die Geläuterten dank himmlischer Gnade doch noch
ins Paradies aufgenommen. Diese Vorstellung gehörte ursprünglich nicht
zur christlichen Glaubenslehre.
In der Bibel wird das Fegefeuer mit keinem Wort erwähnt. Der Begriff kam
über die Gnosis des antiken Persien und den Hellenismus in die christliche
Theologie. Erst Papst Gregor I. (um 540-604) führte im 6. Jahrhundert
die Lehre vom Fegefeuer im Christentum ein. Religionswissenschaftler erklären,
dass der Gedanke an ein Flammenmeer als Ort der Strafe von der
Hoffnung herrührt, dass es einen Ausgleich für die guten und bösen Taten
jenseits des Lebens gebe. Was uns wirklich nach dem Ableben erwartet,
weiß niemand. Und doch sind weltweit viele glaubwürdige und überprüfte
Fälle der Nahtodforschung belegt, in denen Komapatienten nach einem
klinischen Tod ins Diesseits zurückkehrten. Die Erfahrungsberichte gleichen
einander: Menschen erzählen von anderen Bewusstseinszuständen
und davon, dass sie in einem Lichtschacht oder Tunnel in höhere Sphären
aufgestiegen wären. Der Gedanke an ein Fortleben in einer neuen Form ist
zumindest tröstlich. Kann es für Übeltäter auch ein Platz im Schlund der
Verdammnis sein?
Vernunftmenschen halten diese volkstümliche Vorstellung für Aberglauben.
Wenn alles aber nur Humbug ist, weshalb gibt es dann in vielen Kulturen
und Religionen das Bekenntnis zum Höllenreich? Woher kam der
weltumspannende Geistesfunke?
Dante und die Phlegräischen felder
UNTERIRDISCHES FEUERREICH
Viele Historiker behaupten, dass es einen realen Auslöser für die kulturübergreifenden
Höllenvisionen gibt. Sie verweisen dabei auf überlieferte
Beobachtungen vulkanischer Phänomene und heißer Schwefelquellen, die
von frühen Völkern zu Pforten in die höllische Unterwelt erklärt worden
sind.
Indizien dafür gibt es jede Menge. Ein Beispiel führt auf die Kanareninsel
Teneriffa, wo nach altem Volksglauben im Inselvulkan Pico del Teide der Teufel hausen soll. Vulkanische Tipps liefert ebenso die griechische Mythologie,
wo es heißt, dass die tiefste unterirdische Strafregion Tartaros
von einer dreifachen Mauer mit Feuerstrom umschlossen sei, die „glühende
Steine" und „siedenden Schlamm" mit sich führe. Auch der christliche
Kirchenvater Tertullian (um 150-220 n. Chr.) nimmt darauf Bezug. Er erklärte
Vulkane als Beweis für eine „Feuerhölle", die verborgen im Erdinneren
brutzeln soll.
Zwischen dem 13. und 18. Jahrhundert hatten die Ängste um Höllenqualen
und Flammentod Hochsaison. Inquisition und Hexenprozesse haben
uns diese grausamen Feuermale in Dokumenten hinterlassen. In dieser
finsteren Epoche entstanden die einprägsamsten Kunstwerke über Hölle
und Teufel. Dazu kamen die fantastischen Erzähler mit „realistischen"
Schilderungen des Grauens. Als gewaltigstes Beispiel gilt die „Göttliche
Komödie" des italienischen Weltliteraten Dante Alighieri (1265-1321). In
seinem Hauptwerk wimmelt es von Versen mit kryptischer Symbolik und
philosophischer Vieldeutigkeit. Vom italienischen Genius ließ sich auch
der amerikanische Autor Dan Brown inspirieren, als er 2013 die Lunte zu
seinem umstrittenen Bestseller „Inferno" zündete. Ein Begriff, der auf das
lateinische infernus zurückgeht, das sich wiederum von inferus, „unterirdisch",
ableitet (siehe Farbteil Seite 145 links unten).
NEAPELS IDYLLISCHE HÖLLE
In Dantes Werk wird der Ort für den Eingang zur Hölle punktgenau beim
Namen genannt: die Region um die Metropole Neapel im süditalienischen
Kampanien. Nicht ohne Grund, denn tief unter der traumhaften Landschaft
brodelt es hier seit Jahrmillionen. Nur wenige Kilometer östlich der Stadt
erhebt sich der immer noch aktive Vesuv (siehe Farbteil Seite 145 oben). Der
wegen seiner wiederkehrenden Eruptionen gefürchtete, 1.281 Meter hohe
„Höllenberg" ist nicht der einzige Gefahrenherd am Golf von Neapel. Das
heiße Pflaster erstreckt sich ebenso entlang der Mittelmeerküste westlich
der Metropole. Man kennt es unter der Bezeichnung „Phlegräische Felder"
(Campi flegrei). Rund 50 Eruptionszentren sind auf einer 150 Quadratkilometer
großen Fläche rund um die Hafenstadt Pozzuoli lokalisiert worden.
Innerhalb dieser feurigen Zone bilden sich seit Urzeiten stets neue
Krater mit kochendem Schlamm, Schwefelkristallen und Mineralquellen.
Besonders dramatisch geschah dies 1538, als infolge einer Erdbebenserie
der 133 Meter hohe Monte Nuovo plötzlich aus dem Boden wuchs.
Die alten Griechen und Römer waren davon überzeugt, dass die Phlegräischen
Felder mit der Unterwelt verbunden seien. Die siedende Umgebung
war der Überlieferung nach auch der mythologische Aufenthaltsort des
römischen Feuergottes Vulcanus. Gegenwärtig quellen und blubbern in
dieser Gegend statt Lavafontänen „nur" stinkende Schwefelgase aus dem
Erdinneren empor.
GEHEIMNISVOLLES GEWÄSSER
Innerhalb der Gefahrenzone, nördlich der Ortschaft Baia, liegt der kleine
kreisrunde Kratersee Lago d'Averno. Antike Gelehrte wollen hier den Eingang
zur Unterwelt des Gottes Hades ermittelt haben. Bei Homer heißt es,
der griechische Held Odysseus habe von dieser Stelle aus das Reich der Toten
betreten, um den blinden Propheten Teiresias zu befragen. Und der römische
Dichter Vergil notierte vor rund 2000 Jahren in seinem Epos „Aeneis", dass
über dem Gewässer „Vögel tot vom Himmel fallen". Ein Hinweis auf giftige
Dämpfe, die noch vor wenigen Hundert Jahren aus dem Kraterschlund entwichen.
Der See hat bis heute nichts von seiner teuflischen Magie eingebüßt.
Er war zuletzt im Privatbesitz einer „ehrenwerten Gesellschaft", die in den
Familienclan der Camorra eingebunden war. Im Kampf gegen die Mafia beschlagnahmte
die italienische Polizei die „Pforte zur Hölle". Seit 2010 gehört
der „Sündenpfuhl" wieder zum Gemeingut der Republik Italien.
Dem Philosophen Dante muss die vulkanische Bedeutung des trichterförmigen
Averno-Sees und der phlegräischen Landschaft ebenso bewusst
gewesen sein, beschreibt er doch einen „Höllentrichter", der über neun
konzentrische Kreise und steile Sündenstufen bis ins Innere der Erde führen
soll. Was die Sache noch interessanter macht: Am mythenumwobenen
Gewässer existiert in nordwestlicher Richtung ein kilometerlanger künstlicher
Tunnel aus dem 4. Jahrhundert v. Chr. Er wird Grotta di Cocceio genannt
und war bis 1940 benutzbar, bevor er im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde.
Seither blieb der Eingang für die Öffentlichkeit versperrt. Der unterirdische
Stollen führt zur antiken Orakelstätte Cumae mit den ältesten Siedlungs-
resten der Griechen auf italienischem Festland. Was zwischen Gräbern
und Tempelruinen hervorsticht, ist ein weiterer Gang: fast 132 Meter lang,
2,40 Meter breit und trapezförmig in den Tuffstein gehauen. Hier soll die
berühmte Priesterin Sibylle im 6. Jahrhundert v. Chr. ihre Weissagungen
in Rätselform verkündet haben. Über diese Orakelsprüche hätte man gerne
mehr erfahren. Sie waren in neun Sibyllinischen Büchern enthalten, die
83 v. Chr. im Kapitolinischen Jupitertempel in Rom verbrannten.
© Pichler Regionalia
Obwohl sich das Alte Testament gegen Steinkulte wendet, findet sich ebenso
in der Bibel die uralte Vorstellung vom Stein als „Gottes Haus". Im 1. Buch
Mose (Gen 28, 11-22) wird eine Begebenheit geschildert, die sich nördlich
von Jerusalem im 18. Jahrhundert v. Chr. zugetragen haben soll.
Demnach schlief Patriarch Jakob (der Enkel des legendären Abraham, den
Judentum, Christentum und Islam als Stammvater ansehen) auf einem
Stein ein. In der Nacht erfasste ihn die Vision einer Himmelsleiter, auf der
„Engel Gottes auf- und niederstiegen." Nichts mehr als ein Traumgespinst,
würden Psychologen heute versichern. Aber woher will man das felsenfest
wissen? Jedenfalls wachte Jakob am nächsten Morgen erschrocken, aber mit
einer neuen Erkenntnis auf: „Ja, das ist der Wohnsitz Gottes und die Pforte
des Himmels!" Der Traum muss für ihn sehr real gewirkt haben. Wie sonst
wäre es zu erklären, dass Jakob vor lauter Ehrfurcht den Stein, der ihm als
„Kopfpolster" diente, mit Öl salbte? Jakobs Gelübde lautete: „... Dann soll
der Stein, den ich als Steinmal aufgestellt habe, ein Gotteshaus werden."
Den Erscheinungsort, der früher Lus hieß, nannte er Bet-El. Es ist der
hebräische Begriff für „Gotteshaus" und ebenso für Steine, die mit dem
Göttlichen in Verbindung stehen oder selbst als „nicht irdisch" verehrt
wurden.
Die „Skystones" aus Sierra Leone
Der Glaube, dass Steine den heiligen Platz einer himmlischen Erscheinung
markieren und als Mittlerfunktion zwischen Menschen und einer höheren
Gottheit dienen, beschränkt sich nicht auf das Altertum. Eine Mythologie
über „Menschen in Stein" und „Himmelssteine" wird bei den westafrikanischen
Volksgruppen der Mende, Kono und Kissis in Sierra Leone noch heute „lebendig" gehalten. Bizarr aussehende Steinskulpturen, Nomoli genannt, kamen überraschend bei Feldarbeiten
und bei Grabungen nach Diamanten zum Vorschein. Die merkwürdigste Figur
wurde in einer Tiefe von 50 Metern entdeckt und enthielt in ihrem Inneren
eine Metallkugel, die nur wenige Zentimeter misst. Alter und Herkunft der
zehn bis 40 Zentimeter großen Figuren sind nicht geklärt. Die Einheimischen,
vorwiegend muslimische Sunniten, behaupten, dass die Skulpturen „himmlische
Wesen" verkörpern, die vor Urzeiten in göttliche Ungnade fielen. Allah
hätte die frevelhaften Engel erzürnt in Steine verwandelt und zur Erde verbannt.
Der Mythos berichtet weiter, dass der „Himmel", den diese Wesen
bewohnten, ebenfalls zu Stein erstarrte und in Form von Trümmern auf die
Erde fiel. Selbst die Sterne, die sich in diesem „Himmel" befanden, sollen im
göttlichen Zorn zerstört worden sein.
Mit der Überlieferung werden blaue Gesteinsbrocken verknüpft, sogenannte
„Skystones". Die Steine wurden besonders zahlreich im Umfeld
der Hauptstadt Freetown gefunden. Proben davon sind an Instituten und
Universitäten in Genf, Rom und Wien mittels Röntgenstrahlung analysiert
worden. Das Ergebnis überrascht: Die Steine sind keine natürlichen, sondern
künstlich geschaffene Produkte (siehe Farbteil Seite 69 oben).
Mineralogen nehmen an, dass gebrannter Kalk mit blauer, organischer Farbe
eingefärbt und mit Wasser vermischt wurde. Wie aber kommen große
Mengen dieses blauen Materials ins tiefe Erdreich? Der Verdacht der Experten:
Die Steine könnten durch eine industrielle Fehlproduktion entstanden
sein. Kalkgruben wurden vielleicht absichtlich oder durch einen
Erdrutsch zugeschüttet. Dort blieben die Steine dann jahrzehntelang verborgen,
ehe sie bei Grabungen wiederentdeckt wurden und mit der alten
Legende verschmolzen.
So lautet kurz gefasst die These. Was die Wissenschaftler allerdings nicht
erklären können: Wieso enthalten die Fundstücke Iridium? Das chemische
Element kommt nur in sehr geringer Konzentration auf der Erde vor. Erhöhte
Mengen finden sich hingegen in Sedimentschichten, die mit einem
Meteoriteneinschlag im Zusammenhang stehen. Vergleichsfunde zu den
„Himmelssteinen" sind nirgendwo bekannt. Niemand kann sagen, wer diese
Kunstprodukte wann und wo geschaffen hat.
PFORTE INS
HöLLENREICH
Pompejis Ruinen, Solfataras Schwefelwelt und
die Blutwunder des heiligen januarius
„Und wie wir eben Menschen sind,
wir schlafen sämtlich auf Vulkanen."
Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832)
Urbilder der Hölle
Gibt es die Hölle wirklich? Existiert eine Stätte der Verdammnis, wo teuflische
Dämonen ihr Unwesen treiben? Ein satanischer Vergeltungsort für arme
Sünder, irgendwo im Jenseits oder in einem tiefen Abgrund der Erde?
Schon im altägyptischen Jenseitsglauben heißt es, dass „Feuerströme" und
feuerspeiende Kreaturen das Weiterleben nach dem Tode bedrohen. Ähnliches
erfahren wir aus den heiligen Büchern altindischer Sanskrittexte.
Demzufolge sollen geächtete Seelen in einem finsteren Verlies den Höllenqualen
wehrlos ausgesetzt sein. Die vorchristlichen Germanen kannten
ebenfalls ein schauriges Höllenbild. Die nordische Mythologie erzählt von
der Todesgöttin Hel, die in einem unterirdischen Aufenthaltsort über ihr
Reich herrscht. Auch das Wort „Hölle" lässt sich von der germanischen
Sprachwurzel hel (verbergen) ableiten.
Ebenso wissen alle großen Weltreligionen - Buddhismus, Judentum und
Islam - von einem Ort der Verdammnis. Laut dem Koran (Sure 11,108)
kommen die Ungläubigen ins Höllenfeuer von Dschahannam und bleiben
darin, solange Himmel und Erde bestehen.
Nicht viel anders im Christentum: In der Hölle herrschen „Heulen und
Zähneknirschen", mahnt das Neue Testament (Matthäus 13,42).
Nach katholischer Doktrin ist es die unwiderrufliche „Endstation", ewige
Strafe und Sühne, in welcher der Mensch nach Tod und Gottesgericht das
Heil nicht erlangt hat. Glaubt man dem Klerus, sind arme Seelen im Fegefeuer
etwas besser dran. Gemeint ist eine Art Zwischenreich, ein Ort der
demütigen Reinigung, in dem von satanischen Geistern gepeinigte Sünder
ihre Verfehlungen und Gottesferne bereuen können. Nach einer auferlegten
Bußzeit werden die Geläuterten dank himmlischer Gnade doch noch
ins Paradies aufgenommen. Diese Vorstellung gehörte ursprünglich nicht
zur christlichen Glaubenslehre.
In der Bibel wird das Fegefeuer mit keinem Wort erwähnt. Der Begriff kam
über die Gnosis des antiken Persien und den Hellenismus in die christliche
Theologie. Erst Papst Gregor I. (um 540-604) führte im 6. Jahrhundert
die Lehre vom Fegefeuer im Christentum ein. Religionswissenschaftler erklären,
dass der Gedanke an ein Flammenmeer als Ort der Strafe von der
Hoffnung herrührt, dass es einen Ausgleich für die guten und bösen Taten
jenseits des Lebens gebe. Was uns wirklich nach dem Ableben erwartet,
weiß niemand. Und doch sind weltweit viele glaubwürdige und überprüfte
Fälle der Nahtodforschung belegt, in denen Komapatienten nach einem
klinischen Tod ins Diesseits zurückkehrten. Die Erfahrungsberichte gleichen
einander: Menschen erzählen von anderen Bewusstseinszuständen
und davon, dass sie in einem Lichtschacht oder Tunnel in höhere Sphären
aufgestiegen wären. Der Gedanke an ein Fortleben in einer neuen Form ist
zumindest tröstlich. Kann es für Übeltäter auch ein Platz im Schlund der
Verdammnis sein?
Vernunftmenschen halten diese volkstümliche Vorstellung für Aberglauben.
Wenn alles aber nur Humbug ist, weshalb gibt es dann in vielen Kulturen
und Religionen das Bekenntnis zum Höllenreich? Woher kam der
weltumspannende Geistesfunke?
Dante und die Phlegräischen felder
UNTERIRDISCHES FEUERREICH
Viele Historiker behaupten, dass es einen realen Auslöser für die kulturübergreifenden
Höllenvisionen gibt. Sie verweisen dabei auf überlieferte
Beobachtungen vulkanischer Phänomene und heißer Schwefelquellen, die
von frühen Völkern zu Pforten in die höllische Unterwelt erklärt worden
sind.
Indizien dafür gibt es jede Menge. Ein Beispiel führt auf die Kanareninsel
Teneriffa, wo nach altem Volksglauben im Inselvulkan Pico del Teide der Teufel hausen soll. Vulkanische Tipps liefert ebenso die griechische Mythologie,
wo es heißt, dass die tiefste unterirdische Strafregion Tartaros
von einer dreifachen Mauer mit Feuerstrom umschlossen sei, die „glühende
Steine" und „siedenden Schlamm" mit sich führe. Auch der christliche
Kirchenvater Tertullian (um 150-220 n. Chr.) nimmt darauf Bezug. Er erklärte
Vulkane als Beweis für eine „Feuerhölle", die verborgen im Erdinneren
brutzeln soll.
Zwischen dem 13. und 18. Jahrhundert hatten die Ängste um Höllenqualen
und Flammentod Hochsaison. Inquisition und Hexenprozesse haben
uns diese grausamen Feuermale in Dokumenten hinterlassen. In dieser
finsteren Epoche entstanden die einprägsamsten Kunstwerke über Hölle
und Teufel. Dazu kamen die fantastischen Erzähler mit „realistischen"
Schilderungen des Grauens. Als gewaltigstes Beispiel gilt die „Göttliche
Komödie" des italienischen Weltliteraten Dante Alighieri (1265-1321). In
seinem Hauptwerk wimmelt es von Versen mit kryptischer Symbolik und
philosophischer Vieldeutigkeit. Vom italienischen Genius ließ sich auch
der amerikanische Autor Dan Brown inspirieren, als er 2013 die Lunte zu
seinem umstrittenen Bestseller „Inferno" zündete. Ein Begriff, der auf das
lateinische infernus zurückgeht, das sich wiederum von inferus, „unterirdisch",
ableitet (siehe Farbteil Seite 145 links unten).
NEAPELS IDYLLISCHE HÖLLE
In Dantes Werk wird der Ort für den Eingang zur Hölle punktgenau beim
Namen genannt: die Region um die Metropole Neapel im süditalienischen
Kampanien. Nicht ohne Grund, denn tief unter der traumhaften Landschaft
brodelt es hier seit Jahrmillionen. Nur wenige Kilometer östlich der Stadt
erhebt sich der immer noch aktive Vesuv (siehe Farbteil Seite 145 oben). Der
wegen seiner wiederkehrenden Eruptionen gefürchtete, 1.281 Meter hohe
„Höllenberg" ist nicht der einzige Gefahrenherd am Golf von Neapel. Das
heiße Pflaster erstreckt sich ebenso entlang der Mittelmeerküste westlich
der Metropole. Man kennt es unter der Bezeichnung „Phlegräische Felder"
(Campi flegrei). Rund 50 Eruptionszentren sind auf einer 150 Quadratkilometer
großen Fläche rund um die Hafenstadt Pozzuoli lokalisiert worden.
Innerhalb dieser feurigen Zone bilden sich seit Urzeiten stets neue
Krater mit kochendem Schlamm, Schwefelkristallen und Mineralquellen.
Besonders dramatisch geschah dies 1538, als infolge einer Erdbebenserie
der 133 Meter hohe Monte Nuovo plötzlich aus dem Boden wuchs.
Die alten Griechen und Römer waren davon überzeugt, dass die Phlegräischen
Felder mit der Unterwelt verbunden seien. Die siedende Umgebung
war der Überlieferung nach auch der mythologische Aufenthaltsort des
römischen Feuergottes Vulcanus. Gegenwärtig quellen und blubbern in
dieser Gegend statt Lavafontänen „nur" stinkende Schwefelgase aus dem
Erdinneren empor.
GEHEIMNISVOLLES GEWÄSSER
Innerhalb der Gefahrenzone, nördlich der Ortschaft Baia, liegt der kleine
kreisrunde Kratersee Lago d'Averno. Antike Gelehrte wollen hier den Eingang
zur Unterwelt des Gottes Hades ermittelt haben. Bei Homer heißt es,
der griechische Held Odysseus habe von dieser Stelle aus das Reich der Toten
betreten, um den blinden Propheten Teiresias zu befragen. Und der römische
Dichter Vergil notierte vor rund 2000 Jahren in seinem Epos „Aeneis", dass
über dem Gewässer „Vögel tot vom Himmel fallen". Ein Hinweis auf giftige
Dämpfe, die noch vor wenigen Hundert Jahren aus dem Kraterschlund entwichen.
Der See hat bis heute nichts von seiner teuflischen Magie eingebüßt.
Er war zuletzt im Privatbesitz einer „ehrenwerten Gesellschaft", die in den
Familienclan der Camorra eingebunden war. Im Kampf gegen die Mafia beschlagnahmte
die italienische Polizei die „Pforte zur Hölle". Seit 2010 gehört
der „Sündenpfuhl" wieder zum Gemeingut der Republik Italien.
Dem Philosophen Dante muss die vulkanische Bedeutung des trichterförmigen
Averno-Sees und der phlegräischen Landschaft ebenso bewusst
gewesen sein, beschreibt er doch einen „Höllentrichter", der über neun
konzentrische Kreise und steile Sündenstufen bis ins Innere der Erde führen
soll. Was die Sache noch interessanter macht: Am mythenumwobenen
Gewässer existiert in nordwestlicher Richtung ein kilometerlanger künstlicher
Tunnel aus dem 4. Jahrhundert v. Chr. Er wird Grotta di Cocceio genannt
und war bis 1940 benutzbar, bevor er im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde.
Seither blieb der Eingang für die Öffentlichkeit versperrt. Der unterirdische
Stollen führt zur antiken Orakelstätte Cumae mit den ältesten Siedlungs-
resten der Griechen auf italienischem Festland. Was zwischen Gräbern
und Tempelruinen hervorsticht, ist ein weiterer Gang: fast 132 Meter lang,
2,40 Meter breit und trapezförmig in den Tuffstein gehauen. Hier soll die
berühmte Priesterin Sibylle im 6. Jahrhundert v. Chr. ihre Weissagungen
in Rätselform verkündet haben. Über diese Orakelsprüche hätte man gerne
mehr erfahren. Sie waren in neun Sibyllinischen Büchern enthalten, die
83 v. Chr. im Kapitolinischen Jupitertempel in Rom verbrannten.
© Pichler Regionalia
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Autoren-Porträt von Reinhard Habeck
REINHARD HABECK, geb. 1962 in Wien, gab 1987 seinen Beruf als Landvermesser auf und arbeitet seither als freier Schriftsteller, Cartoonist und Buchillustrator für internationale Zeitungen, Verlage und Agenturen. Als Autor widmet sich Habeck den Grenzgebieten des Wissens sowie ungeklärten Entdeckungen der Menschheitsgeschichte. Bisher sind 23 Sachbücher erschienen. Zuletzt bei Styria/Pichler: "Steinzeit-Astronauten" (2014); "Ungelöste Rätsel" (2015).
Bibliographische Angaben
- Autor: Reinhard Habeck
- 2017, 2. Aufl., 208 Seiten, Maße: 17,2 x 24,6 cm, Gebunden, Deutsch
- Verlag: Pichler Verlag, Wien
- ISBN-10: 3854317409
- ISBN-13: 9783854317401
- Erscheinungsdatum: 09.11.2016
Kommentar zu "Überirdische Rätsel"
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