Und dennoch ist es Liebe
Roman. Deutsche Erstausgabe
Als Page den Medizinstudenten Nicholas kennenlernt, ist es die ganz große Liebe. Die junge Frau fühlt sich endlich angenommen und die Beziehung zu Nicholas gibt Page die nötige Geborgenheit. Ihre Mutter hatte sie im Alter von fünf...
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Produktinformationen zu „Und dennoch ist es Liebe “
Als Page den Medizinstudenten Nicholas kennenlernt, ist es die ganz große Liebe. Die junge Frau fühlt sich endlich angenommen und die Beziehung zu Nicholas gibt Page die nötige Geborgenheit. Ihre Mutter hatte sie im Alter von fünf Jahren verlassen, was eine tiefe Verletzung hinterließ. Die Geburt ihres Sohnes weckt in Page jedoch die alten Ängste: Kann sie überhaupt eine gute Mutter sein? Sie fühlt sich gezwungen, ihre eigenen Wünsche komplett zurückzustellen. Emotional und physisch völlig erschöpft und unfähig, sich ihrem Mann mitzuteilen, verlässt sie schließlich ihn und das Baby, um nach ihrer Mutter zu suchen, in der Hoffnung, bei ihr die Antworten auf ihr Leben zu finden -
Klappentext zu „Und dennoch ist es Liebe “
Als Page den Medizinstudenten Nicholas kennenlernt, ist es die ganz große Liebe. Die junge Frau fühlt sich endlich angenommen und die Beziehung zu Nicholas gibt Page die nötige Geborgenheit. Ihre Mutter hatte sie im Alter von fünf Jahren verlassen, was eine tiefe Verletzung hinterließ. Die Geburt ihres Sohnes weckt in Page jedoch die alten Ängste: Kann sie überhaupt eine gute Mutter sein? Sie fühlt sich gezwungen, ihre eigenen Wünsche komplett zurückzustellen. Emotional und
physisch völlig erschöpft und unfähig, sich ihrem Mann mitzuteilen, verlässt sie schließlich ihn und das Baby, um nach ihrer Mutter zu suchen, in der Hoffnung, bei ihr die Antworten auf ihr Leben zu finden -
Lese-Probe zu „Und dennoch ist es Liebe “
Und Dennoch Ist Es Liebe von Jodi PicoultAus dem amerikanischen Englisch von Rainer Schumacher
Prolog
Paige
Nicholas will mich nicht in mein Haus lassen, aber ich kann meine Familie aus der Ferne beobachten, da ich im Garten campiere. So weiß ich ganz genau, wann Nicholas Max ins Kinderzimmer bringt, um ihm die Windel zu wechseln. Das Licht geht an - es kommt von einer kleinen Dinosaurierlampe, deren Schirm mit Dinosaurierknochen bedruckt ist -, und ich sehe die Silhouette der Hände meines Mannes, wie sie die Pampers ausziehen.
Als ich vor drei Monaten wegging, hätte ich noch an den Fingern einer Hand abzählen können, wie oft Nicholas die Windeln gewechselt hatte. Aber was hatte ich auch erwartet? Jetzt blieb ihm keine Wahl mehr, und Nicholas war schon immer ein Meister der Notfallbewältigung gewesen.
Max plappert vor sich hin. Es sind sinnlose Silben, die sich aneinanderreihen wie Perlen an einer Kette. Neugierig stehe ich auf und klettere an den niedrigen Ästen der Eiche hinauf, die dem Haus am nächsten steht. Mit ein klein wenig Mühe kann ich mich so weit hinaufziehen, dass mein Kinn auf einer Höhe mit dem Kinderzimmerfenster ist. Ich halte mich schon solange im Dunkeln auf, dass ich blinzeln muss, als das gelbe Licht des Raumes über mich hinwegfließt.
Nicholas zieht gerade den Reißverschluss von Max' Schlafsack zu. Als er sich herunterbeugt, greift Max nach Nicholas' Krawatte und steckt sie sich in den Mund. Als er sie ihm wieder abnimmt, sieht er mich am Fenster. Er nimmt das Baby und dreht Max' Gesicht absichtlich von mir weg. Dann geht er zum Fenster, dem einzigen, das nahe genug ist, um hineinzusehen, und starrt mich an. Nicholas lächelt nicht und sagt kein Wort. Schließlich zieht er die Vorhänge zu, sodass ich nur noch die Umrisse der Ballons, der Ponys und der Tuba spielenden Elefanten sehen kann - all die lächelnden
... mehr
Bilder, die ich gemalt und zu denen ich gebetet habe, als ich schwanger war, in der Hoffnung, die Märchen würden mir die Angst nehmen und meinem Sohn eine glückliche Kindheit garantieren.
In dieser Nacht, in der der Mond so weiß und schwer ist, dass ich nicht schlafen kann, ohne Angst zu haben, zerquetscht zu werden, erinnere ich mich an den Traum, der mich zu meiner vermissten Mutter geführt hat. Natürlich weiß ich jetzt, dass es kein Traum war, sondern die Wahrheit. Es war eine Erinnerung, die zurückkam, kurz nachdem Max geboren wurde - in der ersten Nacht nach der Entbindung und dann in der Woche, als wir ihn nach Hause gebracht haben -, manchmal mehrmals in der Nacht. Häufig habe ich mir diese Erinnerung auch dann wieder vor Augen geführt, wenn Max aufwachte und gefüttert oder gewickelt werden wollte. Und es ist mir unangenehm, zugeben zu müssen, dass ich die Verbindung viele Wochen lang nicht erkannt habe.
In der Küche meiner Mutter waren Wasserflecken an der Decke, sie waren blass und rosa, und ihre Form erinnerte an Pferde. Da, sagte meine Mutter immer und deutete nach oben, während ich auf ihrem Schoß saß, kannst du die Nüstern sehen? Den geflochtenen Schweif? Jeden Tag beschäftigten wir uns mit unseren Pferden. Vor dem Frühstück saß
ich auf der Arbeitsplatte, während meine Mutter die Spülmaschine ausräumte, dann stellte ich mir vor, dass das Geräusch von Porzellan auf Porzellan magische Hufschläge wären. Nach dem Abendessen, wenn wir im Dunkeln saßen und dem Rumpeln der Wäsche in der Waschmaschine oder im Trockner lauschten, küsste meine Mutter mich auf den Kopf und flüsterte mir die Namen der Orte zu, an die uns die Pferde bringen würden: Telluride, Scarborough, Jasper. Mein Vater, der Erfinder war und sich mit Programmierarbeiten etwas dazuverdiente, kam immer spät nach Hause und fand uns dann schlafend vor, einfach so, in der Küche meiner Mutter. Ich habe ihn immer wieder gebeten, auch nach oben zu schauen, doch er konnte die Pferde nicht sehen.
Als ich das meiner Mutter erzählte, sagte sie, dann müssten wir ihm eben helfen. Eines Tages hob sie mich auf die Schultern, während sie auf einem kleinen Hocker balancierte. Sie gab mir einen schwarzen Textmarker, der stark nach Alkohol roch, und sagte, ich solle damit die Umrisse von dem zeichnen, was ich sehe. Dann malte ich die Pferde mit der farbigen Kreide aus meinem Wal-Mart-Set aus - eins braun mit weißem Stirnfleck, einen erdbeerfarbenen Rotschimmel und zwei leuchtend orange gefleckte Appaloosas. Meine Mutter fügte die muskulösen Vorderbeine hinzu und die wehenden Mähnen. Dann zog sie den Tisch mit dem Hackbrett in die Mitte der Küche und stellte mich darauf. Draußen summte der Sommer, so wie er es in Chicago immer tut. Meine Mutter und ich lagen Schulter an Schulter nebeneinander und starrten zu den drei Hengsten hinauf, die über die Decke galoppierten. »Oh, Paige«, seufzte meine Mutter friedlich, »schau dir doch nur einmal an, was wir vollbracht haben.«
Mit fünf Jahren wusste ich noch nicht, was ›vollbringen‹ bedeutet, und ich verstand auch nicht, warum mein Vater so wütend war und warum meine Mutter ihn ausgelacht hat. Ich wusste nur, dass ich in den Nächten, nachdem meine Mutter uns verlassen hatte, rücklings auf dem Küchentisch gelegen und versucht habe, ihre Schulter an meiner zu fühlen. Ich habe versucht, das Auf und Ab ihrer Stimme zu hören, und nach drei Monaten hat mein Vater Tünche gekauft, um damit die Decke zu streichen und Zoll für Zoll die Rassehengste auszulöschen, bis es so war, als seien die Pferde nie dagewesen und auch meine Mutter nicht.
Um 02.30 Uhr geht das Licht im Schlafzimmer an, und ich betrachte es als einen Hoffnungsschimmer, doch das Licht wird genauso schnell wieder ausgeschaltet. Max ist ruhig, er wacht nicht mehr drei-bis viermal in der Nacht auf. Ich krieche aus dem Schlafsack, öffne den Kofferraum meines Wagens und krame zwischen Starthilfekabeln und leeren Coladosen herum, bis ich meinen Zeichenblock und die Conté-Stifte finde.
Ich musste sie mir neu kaufen. Ich könnte Ihnen noch nicht einmal ansatzweise sagen, wo ich die alten Stifte vergraben habe, nachdem mir klar geworden war, dass ich nicht auf die Kunsthochschule gehen und mich gleichzeitig um Max kümmern konnte. Aber nachdem ich weggelaufen war, habe ich wieder zu zeichnen begonnen. Zuerst habe ich dummes Zeug gezeichnet: das Einwickelpapier der Hamburger beim Mittagessen, ein Stoppschild, Pennymünzen. Dann habe ich mich an Menschen versucht, auch wenn ich da ein wenig eingerostet war: die Kassiererin im Minimart und zwei spielende Kinder. Ich habe Bilder der irischen Götter und Helden gezeichnet, deren Geschichten ich mein Leben lang gehört habe. Und Schritt für Schritt kehrte das Zweite Gesicht, das ich immer in meinen Fingern hatte, wieder zurück.
Ich bin nie einfach nur eine Künstlerin gewesen. Solange ich denken kann, habe ich den Dingen auf dem Papier Sinn eingehaucht. Ich mag es, die Lücken zu füllen und dunklen Flecken Farbe zu verleihen. Ich zeichne Bilder, die so nah an die Ränder des Papiers heranragen, dass sie Gefahr laufen herunterzufallen. Und manchmal werden Dinge in meinen Zeichnungen enthüllt, die ich selbst nicht begreife. Gelegentlich beende ich ein Porträt und sehe plötzlich etwas in einer Nackenkuhle oder in einer dunklen Stelle hinter dem Ohr, das ich gar nicht habe zeichnen wollen. Wenn ich das fertige Werk sehe, bin ich immer wieder überrascht. Ich habe schon Dinge gezeichnet, die ich nicht wissen konnte, Geheimnisse, die mir nicht verraten worden sind, und Liebesbeziehungen, die nicht sein sollten. Wenn die Menschen meine Bilder sehen, sind sie fasziniert. Sie fragen mich, ob ich weiß, was all diese Dinge bedeuten, doch das weiß ich nie. Ich kann das Bild zeichnen, doch die Menschen müssen sich ihren Dämonen selber stellen.
Ich weiß nicht, warum ich diese Gabe habe. Sie zeigt sich auch nicht in jedem Bild, das ich zeichne. Das erste Mal geschah es, als ich im siebten Schuljahr war und im Kunstunterricht eine simple Skyline von Chicago zeichnen sollte. Aber ich habe die blassen Wolken mit Visionen von tiefen, leeren Hallen und klaffenden Türen gefüllt. Und in der Ecke befanden sich fast unsichtbar eine Burg, ein Turm und eine Frau im Fenster, die die Hände aufs Herz presste. Zutiefst verstört riefen die Nonnen meinen Vater an, und als der die Zeichnung sah, wurde er kreidebleich. »Ich wusste ja gar nicht«, sagte er, »dass du dich so gut an deine Mutter erinnerst. «
Als ich nach Hause zurückkehrte und Nicholas mich nicht mehr hineinlassen wollte, habe ich das Naheliegende getan: Ich habe mich mit Bildern von meinem Mann und meinem Sohn umgeben. Ich habe Nicholas' Gesichtsausdruck gezeichnet, als er die Tür geöffnet und mich gesehen hat, und ich habe Max gezeichnet, wie er auf Nicholas' Armen gesessen hat. Dann habe ich beide Bilder ans Armaturenbrett in meinem Wagen geklebt. Sie sind technisch nicht gut, aber es ist mir gelungen, die Gefühle einzufangen.
Heute, während ich darauf wartete, dass Nicholas aus dem Krankenhaus wieder nach Hause kommt, habe ich aus dem Gedächtnis gezeichnet. Ich habe Bild auf Bild angefertigt und beide Seiten des Papiers bemalt. Jetzt habe ich mehr als sechzig Bilder von Nicholas und Max.
Ich arbeite gerade an einer Zeichnung, die ich früher am Abend begonnen habe, und ich bin so sehr darin vertieft, dass ich nicht einmal bemerke, wie Nicholas auf die Veranda tritt. Das sanfte weiße Licht umgibt ihn wie einen Heiligenschein. »Paige?«, ruft er. »Paige?«
Ich gehe zur Veranda, an eine Stelle, wo er mich sehen kann. »Oh«, sagt Nicholas und reibt sich die Schläfen. »Ich wollte nur nachsehen, ob du noch immer hier bist.«
»Ja, ich bin noch immer hier«, erwidere ich, »und ich werde auch nirgendwo anders hingehen.«
Nicholas verschränkt die Arme vor der Brust. »Nun«, sagt er, »dafür ist es wohl ein wenig spät.« Kurz glaube ich, er würde sofort wieder ins Haus gehen, doch stattdessen zieht er den Bademantel enger um die Schultern und setzt sich auf die Verandatreppe. »Was machst du da?«, fragt er und deutet auf meinen Zeichenblock.
»Ich habe gerade an dir gearbeitet. Und an Max«, antworte ich und zeige ihm eine der Zeichnungen, die ich früher am Tag gemacht habe.
»Das ist gut«, sagt er. »Du warst schon immer gut darin. «
Ich kann mich nicht daran erinnern, wann Nicholas mich zuletzt für etwas gelobt hat. Kurz schaut er mich an, und fast wäre seine Schutzmauer in sich zusammengefallen. Seine Augen sind müde und blass. Sie sind vom gleichen Blau wie meine.
In dieser einen Sekunde, während ich Nicholas anschaue, sehe ich wieder den jungen Arzt, der einst davon geträumt hat, zur Spitze zu gehören, und der sich in meinen Armen geheilt hat, immer wenn einer seiner Patienten gestorben war. Und ich sehe in seinen Augen das Spiegelbild eines Mädchens, das früher einmal an Romantik geglaubt hat. »Ich würde ihn gerne mal in den Arm nehmen«, flüstere ich, und bei diesen Worten huscht ein Schatten über Nicholas' Gesicht.
»Du hattest deine Chance«, sagt er, steht auf und geht wieder ins Haus.
Im Mondschein arbeite ich weiter an meiner Zeichnung. Die ganze Zeit über frage ich mich, ob Nicholas auch schlecht schlafen kann, und ich stelle mir vor, wie gereizt er morgen sein wird, wenn er nicht hundert Prozent fit ist. Vielleicht wird das Bild ja so, wie es wird, weil ich mich nicht voll darauf konzentriere. Wie auch immer, jedenfalls ist alles falsch. Ich habe ein Bild von Max gezeichnet - die winzigen Fäuste, das zerzauste, samtige Haar -, doch irgendwie passt nichts zusammen. Es dauert ein paar Minuten, bis ich erkenne, woran das liegt. Ich habe Max nicht mit Nicholas, sondern mit mir gezeichnet. Er sitzt auf meinem Arm und greift nach meinem Haar. Für einen Außenstehenden ist das Bild vollkommen normal, doch verborgen in Max' ausgestreckter Hand liegt ein feingewebter Blätterkranz. Und ins Zentrum dieses Kranzes habe ich das Bild meiner weglaufenden Mutter gemalt, die vorwurfsvoll das Kind in den Armen hält, das ich nie gehabt habe.
Teil I
Empfängnis
1985-1993
Kapitel 1
Paige
Ich habe das Mercy gefunden, als ich am wenigsten damit gerechnet habe. Das Mercy war ein kleiner Schnellimbiss in einer schäbigen Nebenstraße in Cambridge, und die Kundschaft bestand vorwiegend aus Studenten und Professoren, die sich unters gemeine Volk mischen wollten. Ich war damals Ende zwanzig. In der Nacht zuvor war mir klar geworden, dass niemand, der noch bei Verstand war, mich ohne Referenzen als Kindermädchen einstellen würde, und dass mich ein Lächeln und mein mageres Portfolio nicht an die Kunsthochschule bringen würden. Also habe ich um 05.30 Uhr meine Schultern gestrafft, bin ins Mercy gegangen und habe zu einem Gott gebetet, an dem ich mein Leben lang gezweifelt habe, dass dies wirklich der Ort meiner Erlösung sein würde.
Der Imbiss war irreführend klein, und es roch nach Thunfisch und Putzmitteln. Ich ging an den Tresen und tat so, als würde ich mir die Speisekarte ansehen. Ein großer, farbiger Mann kam aus der Küche. »Wir haben noch nicht geöffnet«, sagte er, drehte sich dann um und ging wieder hinein.
Ich schaute nicht von der Speisekarte auf. Es gab Cheeseburger, Muschelpastetchen und griechische Vorspeisen. »Wenn Sie noch nicht geöffnet haben«, sagte ich, »warum ist die Tür dann nicht abgeschlossen?«
Es dauerte einen Moment, bis der Mann mir darauf antwortete, er kam aus der Küche und legte je einen fleischigen Arm rechts und links neben mich auf den Tresen. »Solltest du dich um diese Zeit nicht für die Schule vorbereiten?«, fragte er.
»Ich bin achtzehn.« Ich hob das Kinn auf die Art, wie ich sie in alten Schwarzweißfilmen bei Katherine Hepburn gesehen hatte. »Ich habe mich gefragt, ob Sie vielleicht eine Stelle zu besetzen hätten.«
»Eine Stelle«, wiederholte der Mann, als hätte er das Wort noch nie gehört. »Eine Stelle.« Er kniff die Augen zusammen, und mir fiel zum ersten Mal die Narbe auf, die ihm gewunden und gezackt wie Stacheldraht über das ganze Gesicht bis in den Nacken reichte. »Du meinst, du willst einen Job.«
»Nun . . . ja«, bestätigte ich und sah dem Mann sofort an, dass er keine Kellnerin brauchte, vor allem keine unerfahrene. Wahrscheinlich benötigte er im Moment wohl noch nicht einmal eine Spülhilfe.
Der Mann schüttelte den Kopf. »Dafür ist es definitiv noch zu früh.« Er drehte sich um, schaute mich an und sah, das weiß ich sicher, wie dürr und heruntergekommen ich war. »Wir machen um 06.30 Uhr auf«, sagte er.
Also hätte ich den Laden auch wieder verlassen können. Ich hätte einfach in die kühle U-Bahn-Station gehen können, in der ich die letzten Nächte geschlafen und den sanften Geigen der Straßenmusiker und den verrückten Schreien der Obdachlosen gelauscht hatte. Doch stattdessen nahm ich das mit Fettflecken übersäte Blatt Papier, auf dem die Sonderangebote des gestrigen Tages standen, aus der Speisekarte. Die Rückseite war leer. Ich holte einen schwarzen Stift aus meinem Rucksack und machte das Einzige, von dem ich selbstbewusst sagen konnte, dass ich es gut beherrschte: Ich zeichnete den Mann, der mich gerade abgewiesen hatte. Ich zeichnete ihn anhand dessen, was ich durch die Durchreiche zur Küche von ihm erkennen konnte. Ich sah, wie sein Bizeps sich wölbte und wieder streckte, als er große Mayonnaise-Krüge und Mehlsäcke vom Regal wuchtete, und ich zeichnete die Bewegung, die Eile, und als ich mich dann an sein Gesicht machte, zeichnete ich es entsprechend rasch.
Dann hielt ich das Bild von mir weg, um es zu betrachten. Auf die breite Stirn des Mannes hatte ich die Umrisse einer starken, alten Frau gezeichnet, mit Schultern, die unter der Last der vielen Arbeit und der Selbstverleugnung herunterhingen. Sie hatte Haut von der Farbe schwarzen Kaffees, und auf ihrem Rücken waren die Erinnerungen an Peitschenhiebe zu sehen, die mit der gewundenen Narbe des Mannes verschmolzen. Ich kannte diese Frau nicht, und ich verstand nicht, wie sie auf das Papier gekommen war. Es war nicht meine beste Zeichnung - das wusste ich -, aber es war etwas, das man zurücklassen konnte. Ich legte das Papier auf den Tresen, ging vor die Tür und wartete.
Schon bevor ich die Macht erhielt, die Geheimnisse der Menschen zu Papier zu bringen, habe ich daran geglaubt, gut zeichnen zu können. Ich habe es genauso gewusst, wie andere Kinder wussten, dass sie aus Stofffetzen und Glitter die schönsten Buchhüllen machen konnten. Ich habe immer schon gekritzelt. Mein Vater hat mir einmal erzählt, dass ich als Kleinkind mal ein Stück rote Kreide genommen und eine durchgehende Linie um das ganze Haus herum gezeichnet habe, immer in meiner Augenhöhe und über Türen und Fensterhinweg. Er sagte, ich hätte das einfach nur so, ausreiner Freude getan.
Als ich fünf Jahre alt war, habe ich einen dieser Wettbewerbe in der Fernsehzeitung entdeckt, bei dem man eine Cartoonschildkröte zeichnen und das Bild einschicken muss, und dann bekommt man ein Stipendium für die Kunsthoch schule. Ich habe nur ein wenig herumgekritzelt, doch meine Mutter hat mein Bild gesehen und gesagt, es sei nie zu früh, für eine ordentliche College-Ausbildung zu sorgen. Sie war es dann auch, die das Bild eingeschickt hat. Als der Brief kam, in dem man mir zu meinem Talent gratulierte und mir einen Platz an der National Art School in Vicksburg anbot, hat meine Mutter mich hochgehoben und zu mir gesagt, das sei unser Glückstag. Sie sagte, ich hätte mein Talent geerbt - ganz offensichtlich -, und mit großem Tamtam zeigte sie meinem Dad den Brief beim Abendessen. Mein Vater hat sanft gelächelt und gesagt, so einen Brief würden sie jedem schicken, von dem sie glaubten, er würde Geld für irgendeine betrügerische Schule ausgeben. Meine Mutter stand daraufhin auf und schloss sich im Badezimmer ein. Trotzdem klebte sie den Brief an den Kühlschrank, direkt neben ein Fingerbild und eine Nudelcollage von mir. Am Tag ihres Verschwindens war auch der Brief verschwunden, und ich habe mich immer gefragt, ob sie ihn mitgenommen hat, weil sie gewusst hat, dass sie mich selbst nicht hat mitnehmen können.
In letzter Zeit habe ich viel an meine Mutter gedacht, weit mehr als in den letzten Jahren - zum einen wegen dem, was ich getan hatte, bevor ich von zu Hause weggegangen war, und zum anderen weil ich überhaupt weggegangen war. Ich fragte mich, was wohl mein Vater dachte. Ich fragte mich, ob der Gott, an den er so sehr glaubte, ihm wohl erklären konnte, warum die Frauen in seinem Leben ihn immer verließen.
Als der farbige Mann um zehn nach sechs schließlich in der Tür erschien - er füllte sie wirklich vollständig aus -, da wusste ich bereits, wie es ausgehen würde. Mit offenem Mund und besorgt starrte er mich an. In der einen Hand hielt er mein Porträt, und die andere streckte er aus, um mir vom Bürgersteig aufzuhelfen, auf den ich mich gesetzt hatte. »In zwanzig Minuten kommen die ersten Gäste zum Frühstück«, sagte er zu mir. »Aber erwarte dir nicht zu viel.«
Lionel - so hieß der Mann - führte mich in die Küche und bot mir einen Stapel Toast an, während er mir die Spülmaschine vorstellte, den Grill und seinen Bruder Leroy, den Chefkoch. Er fragte mich nicht, woher ich kam, und er diskutierte auch nicht über den Lohn, ganz so, als hätten wir das bereits abgemacht. Dann erzählte er mir plötzlich und einfach so, dass ›Mercy‹ der Name seiner Urgroßmutter sei, die vor dem Bürgerkrieg in Georgia als Sklavin gerackert hatte. Und sie war die Frau, die ich ihm auf die Stirn gezeichnet hatte. »Du musst Gedanken lesen können«, sagte er, »denn normalerweise erzähle ich niemandem von ihr.« Er sagte, die meisten dieser Harvardtypen glaubten, der Name ›Mercy‹ habe einen philosophischen Hintergrund, aber wie auch immer . . . In jedem Fall zog sie das immer wieder her. Dann ging er weg, und ich dachte darüber nach, warum so viele Weiße ihre Töchter mit Namen wie Hope, Faith oder Patience bedachten - Namen, denen sie nie würden gerecht werden können -, während schwarze Mütter ihre Babys Mercy, Deliverance und Salvation nannten - nach Bürden, die sie immer würden tragen müssen.
Als Lionel wieder zurückkam, gab er mir eine saubere und gebügelte pinkfarbene Uniform. Dann warf er einen prüfenden Blick auf mein Navy-Sweatshirt, meine Kniestrümpfe und meinen alten Faltenrock. »Ich werde mich nicht mit dir darüber streiten, ob du nun achtzehn bist oder nicht«, sagte er, »aber du siehst verdammt noch mal wie ein Schulmädchen aus.« Er drehte sich um, während ich mich hinter dem stählernen Kühlschrank umzog, und zeigte mir dann, wie die Registrierkasse funktionierte und ich üben sollte, Teller auf den Armen zu balancieren. »Ich weiß wirklich nicht, warum ich das tue«, murmelte er vor sich hin, als mein erster Gast hereinkam.
Wenn ich jetzt so daran zurückdenke, wird mir klar, dass niemand anders als Nicholas mein erster Gast hatte sein können. So funktioniert das Schicksal nun einmal. Wie auch immer . . . In jedem Fall war er an jenem Morgen die erste Person, die in den Imbiss kam. Er kam sogar noch vor den beiden festangestellten Kellnerinnen. Er zwängte sich in die Nische - so groß war er -, die von der Tür am weitesten entfernt war, und schlug sein Exemplar des Globe auf. Das machte ein nettes Geräusch wie Blätterrascheln, und die Zeitung roch nach frischer Tinte. Er sprach kein Wort mit mir, nicht, als ich ihm den kostenlosen Kaffee servierte, und auch nicht, als ich ein wenig davon auf die Zeitung verschüttete. Nur einmal sagte er etwas zu mir, als ich seine Bestellung aufnehmen wollte: »Lionel weiß Bescheid.« Dabei schaute er mich nicht an. Wenn er noch mehr Kaffee haben wollte, dann hob er einfach seine Tasse, bis ich kam, um sie zu füllen. Und er drehte sich auch nicht zur Tür um, als die Türklingel die Ankunft von Marvela und Doris, den beiden anderen Kellnerinnen, verkündete oder als während seines Aufenthalts sieben weitere Leute zum Frühstück kamen.
Als er fertig war, legte er Messer und Gabel ordentlich auf den Tellerrand, wie jemand mit Manieren. Anschließend faltete er seine Zeitung und ließ sie in der Nische zurück, damit andere sie noch lesen konnten. Und in diesem Augenblick schaute er mich zum ersten Mal an. Nicholas hatte die hellsten blauen Augen, die ich je gesehen hatte, und vielleicht lag es ja nur an ihrem starken Kontrast zu den dunklen Haaren, aber ich hatte das Gefühl, als könne ich durch ihn hindurch den Himmel sehen. »Also wirklich, Lionel«, sagte er, »es gibt da ein Gesetz, das besagt, dass du Kinder erst einstellen darfst, wenn sie nicht mehr in die Windeln machen.« Und er lächelte mich an zum Zeichen, dass ich das nicht persönlich nehmen dürfe. Dann ging er.
Wahrscheinlich war es Anstrengung, die mich meine erste halbe Stunde als Kellnerin gekostet hatte, oder es lag am Schlafmangel, ich denke, einen wirklichen Grund gab es eigentlich nicht, aber ich spürte, wie mir die Tränen in den Augen brannten, und da ich fest entschlossen war, nicht vor Doris und Marvela zu weinen, ging ich zu Nicholas' Tisch, um abzuräumen. Er hatte zehn Cent Trinkgeld zurückgelassen. Zehn lausige Cent. Das war nicht gerade ein vielversprechender Anfang. Ich ließ mich auf die Bank fallen und rieb mir die Schläfen. Ich würde nicht anfangen zu weinen, sagte ich mir immer und immer wieder. Und dann hob ich den Blick und sah, dass Lionel meine Zeichnung über die Kasse gehängt hatte. Ich stand auf, was mich all meine Kraft kostete, und steckte mein Trinkgeld in die Tasche. Dabei hörte ich im Geiste meinen Vater in seinem irischen Akzent sagen: Das Leben steckt voller Überraschungen.
Eine Woche nach dem schlimmsten Tag in meinem Leben habe ich mein Zuhause verlassen. Wahrscheinlich habe ich schon die ganze Zeit über gewusst, dass ich gehen würde, ich habe nur das Ende des Schuljahres abgewartet. Ich weiß nicht, warum mich das überhaupt interessiert hat, ich kam ohnehin nicht sonderlich gut in der Schule zurecht. Die letzten drei Monate war ich zu krank, um mich zu konzentrieren, und schließlich wirkten sich meine Fehlzeiten auf die Noten aus. Vermutlich wollte ich einfach wissen, ob ich den Abschluss schaffen konnte, wenn ich wollte, und ich habe ihn geschafft, auch wenn ich zweimal ein D bekommen habe, eines in Physik und eines in Religion. Ich stand mit dem Rest meiner Klasse in der Pope Pius Highschool auf, als Vater Draher uns dazu aufforderte, legte meine Quaste von links nach rechts, küsste Schwester Mary Margareta und Schwester Althea und sagte ihnen, ja, ich plane, auf die Kunsthochschule zu gehen.
Die Chancen dafür standen auch gar nicht so schlecht, denn ich war bereits an der Rhode Island School of Design angenommen worden - allerdings aufgrund von Noten aus der Zeit, bevor mein Leben auseinandergebrochen war. Ich war sicher, dass mein Vater bereits einen Teil der Studiengebühren für das erste Semester bezahlt hatte. Und selbst als ich ihm den Brief schrieb, in dem ich ihm mitteilte, dass ich fortgegangen war, fragte ich mich noch, ob er das Geld wohl wieder zurückbekommen würde.
Mein Vater ist Erfinder. Im Laufe der Jahre hat er viele Dinge erfunden, doch zu seinem Unglück kam er damit zumeist einen Schritt zu spät. Zum Beispiel als er eine Krawattenklammer mit ausziehbarer Plastikfolie erfand, mit der man den edlen Stoff bei Geschäftsessen schützen konnte. Er nannte das Ding ›Tidy Tie‹, und er war sicher, damit den Grundstein zu seinem Erfolg legen zu können. Doch dann erfuhr er, dass irgendjemand schon ein ähnliches Patent angemeldet hatte. Genauso erging es ihm mit dem dampfresistenten Badezimmerspiegel, dem schwimmenden Schlüsselbund und dem Schnuller, den man aufschrauben konnte, um flüssige Medizin einzufüllen. Wenn ich an meinen Vater denke, dann denke ich an Alice und das Weiße Kaninchen und daran, immer einen Schritt zu spät zu kommen. Mein Vater ist in Irland geboren, und er hat den größten Teil seines Lebens versucht, gegen die Vorurteile anzukämpfen, die mit dieser Herkunft verbunden sind. Er schämte sich nicht, Ire zu sein - genau genommen war es sogar das Ruhmreichste in seinem Leben -; er schämte sich nur, ein irischer Einwanderer zu sein. Mit achtzehn Jahren zog er von Bridgeport, dem Iren-Viertel Chicagos, in ein Viertel an der Taylor Street, wo vorwiegend Italiener lebten. Er hat nie getrunken, und eine Zeit lang hat er erfolglos versucht, sich den Akzent des Mittleren Westens anzueignen. Die Religion aber war seiner Meinung nach nichts, was man sich aussuchen konnte. Er glaubte mit dem Eifer eines Fernsehpredigers, als wäre Spiritualität etwas, das durch die Adern fließt und nicht der Kontrolle durch den Verstand unterliegt. Ich habe mich häufig gefragt, ob er wohl Priester geworden wäre, wenn er meine Mutter nicht kennengelernt hätte.
Mein Vater hat immer geglaubt, Amerika sei nur ein Zwischenstopp auf seinem Weg zurück nach Irland, aber er hat uns nie gesagt, wie lange er bleiben wollte. Er war gerade erst fünf Jahre alt, als seine Eltern ihn nach Chicago brachten, und obwohl er in dieser Stadt aufgewachsen ist, hat er stets an das offene Land von Donegal gedacht. Ich habe mich immer gefragt, wie viel davon Erinnerung und wie viel Fantasie gewesen ist. Aber dann stellte sich diese Frage plötzlich nicht mehr, wenn mein Vater mir seine Geschichten erzählte. Im dem Jahr, in dem meine Mutter uns verließ, brachte er mir anhand von Kinderbüchern zur irischen Mythologie das Lesen bei. Während andere Kinder sich mit Ernie und Bert beschäftigten, lernte ich alles über Cuchulainn, den berühmten, irischen Helden, und seine Abenteuer. Ich las vom heiligen Patrick, der die Insel von den Schlangen befreite; von Donn, dem Gott der Toten, der die Seelen
in die Unterwelt geleitete, und vom Basilisken, vor dessen schalem, tödlichen Atem ich mich des Nachts unter der Decke versteckte.
Die Lieblingsgeschichte meines Vaters war die von Oisin, dem Sohn von Finn Mac Cool. Oisin war ein legendärer Krieger und Dichter, der sich in Niamh verliebte, eine Tochter des Meeresgottes. Sie lebten jahrelang glücklich auf einem Juwel von Meeresinsel, doch Oisin musste ständig an seine Heimat denken. Irland, pflegte mein Vater zu sagen, hat man im Blut. Als Oisin seiner Frau sagte, er wolle wieder zurückkehren, da lieh sie ihm ein magisches Pferd und warnte ihn, nicht abzusteigen, denn inzwischen seien dreihundert Jahre vergangen. Doch Oisin fiel vom Pferd und verwandelte sich in einen sehr, sehr alten Mann. Trotzdem war der heilige Patrick da, um ihn willkommen zu heißen, wie - so sagte mein Vater - er dereinst auch uns willkommen heißen wird.
Nachdem meine Mutter uns verlassen hatte, versuchte mein Vater, mich so gut wie möglich zu erziehen. Also schickte er mich in eine Konfessionsschule, wo ich jeden Sonntag beichten musste und wo ein Bild von Christus am Kreuz wie ein Talisman über meinem Bett hing. Mein Vater sah die Widersprüche im Katholizismus nicht. Vater Draher lehrte uns, unsere Nächsten zu lieben, doch den Juden sollten wir nicht vertrauen. Schwester Evangeline predigte uns von unreinen Gedanken, dabei wussten wir alle, dass sie fünfzehn Jahre lang die Geliebte eines verheirateten Mannes gewesen war, bevor sie ins Kloster eingetreten war. Und natürlich gab es die Beichte und die Absolution, was nichts anderes bedeutete, als dass man mit allem durchkommen konnte, solange man anschließend nur ein paar Ave-Maria und Vaterunser sprach. All das habe auch ich eine ganze Zeit lang geglaubt, bis ich erkennen musste, dass die Seele Narben davontragen kann, die nichts und niemand auszulöschen vermag.
Mein Lieblingsort in ganz Chicago war die Werkstatt meines Vaters. Dort war es staubig, und es roch nach Holzspänen und Klebstoff, und es gab dort Schätze, alte Kaffeemühlen, verrostete Scharniere und purpurfarbene Hula-Hoop-Reifen. An den Abenden und an verregneten Samstagen verschwand Daddy im Keller und arbeitete, bis es dunkel war. Manchmal kam ich mir dann wie das andere Elternteil vor, wenn ich ihn nach oben zerren und ihn ermahnen musste, auch mal etwas zu essen. Manchmal arbeitete er auch an seinen Erfindungen, während ich auf dem alten grünen Sofa saß und meine Hausaufgaben machte.
In seiner Werkstatt verwandelte sich mein Vater in einen anderen Menschen. Er bewegte sich mit der Eleganz einer Katze, und er zauberte Bauteile, Räder und Zahnkränze aus der Luft wie ein Magier, um Dinge wie aus dem Nichts zu erschaffen. Wenn er von meiner Mutter sprach - was nur selten der Fall war -, dann nur in der Werkstatt. Manchmal erwischte ich ihn dabei, wie er zum nächstgelegenen Fenster hinaufstarrte, einem kleinen geborstenen Rechteck. Milchiges Licht fiel dann auf ihn, und er sah um Jahrzehnte älter aus, als er tatsächlich war. Und ich musste mich selber daran hindern, die Jahre zu zählen und zu überlegen, wie viel Zeit tatsächlich vergangen war.
Es war nicht so, dass mein Vater je zu mir gesagt hätte: Ich weiß, was du getan hast. Er hat einfach aufgehört, mit mir zu sprechen. Und da habe ich gewusst, dass er wollte, dass ich so schnell wie möglich aufs College ging. Ich dachte an ein Mädchen aus meiner Klasse, das zum Thema Sex einmal bemerkte: Hat man es erst einmal getan, dann kann jeder es sehen. Galt für Abtreibungen das Gleiche? Konnte mein Vater mir das am Gesicht ansehen?
Ich wartete eine Woche, nachdem es passiert war, und hoffte, dass es während der Abschlussfeier zu irgendeiner Art von Verständigung kommen würde. Mein Vater hat während der Feier regelrecht gelitten und niemals ›Herzlichen Glückwunsch‹ gesagt. Er bewegte sich an diesem Tag durch die Schatten in unserem Haus, als fühle er sich unwohl in seiner eigenen Haut. Um 23.00 Uhr schauten wir uns die Spätnachrichten an. Die wichtigste Nachricht des Tages handelte von einer Frau, die ihr drei Monate altes Kind mit einer Dose Fisch erschlagen hatte. Die Frau war in eine psychiatrische Klinik eingewiesen worden, und ihr Mann sagte den Reportern, dass er es hätte kommen sehen müssen.
Als die Nachrichten vorbei waren, ging mein Vater zu seinem alten Kirschholzschreibtisch und holte eine blaue Samtschachtel aus der obersten Schublade. Ich lächelte. »Ich dachte, du hättest es vergessen«, sagte ich.
Er schüttelte den Kopf und schaute schweigend zu, wie ich mit den Fingern über den weichen Deckel strich und auf Perlen oder Smaragde hoffte. Im Inneren lag ein Rosenkranz mit wunderbaren Perlen aus feinstem Holz. »Ich dachte, den könntest du vielleicht gebrauchen«, sagte Daddy leise.
Als ich in jener Nacht meine Sachen packte, sagte ich mir selbst, ich würde das nur tun, weil ich ihn liebe, ich wollte nicht, dass er die Last meiner Sünden für den Rest seines Lebens tragen musste. Ich packte nur praktische Kleidung ein, und ich zog meine Schuluniform an, weil ich glaubte, das würde mir helfen, mich unter die Leute zu mischen. Technisch gesehen lief ich nicht weg. Ich war achtzehn und somit volljährig. Ich konnte kommen und gehen, wann ich wollte.
© 2013 by Bastei Lübbe GmbH & Co. KG, Köln
In dieser Nacht, in der der Mond so weiß und schwer ist, dass ich nicht schlafen kann, ohne Angst zu haben, zerquetscht zu werden, erinnere ich mich an den Traum, der mich zu meiner vermissten Mutter geführt hat. Natürlich weiß ich jetzt, dass es kein Traum war, sondern die Wahrheit. Es war eine Erinnerung, die zurückkam, kurz nachdem Max geboren wurde - in der ersten Nacht nach der Entbindung und dann in der Woche, als wir ihn nach Hause gebracht haben -, manchmal mehrmals in der Nacht. Häufig habe ich mir diese Erinnerung auch dann wieder vor Augen geführt, wenn Max aufwachte und gefüttert oder gewickelt werden wollte. Und es ist mir unangenehm, zugeben zu müssen, dass ich die Verbindung viele Wochen lang nicht erkannt habe.
In der Küche meiner Mutter waren Wasserflecken an der Decke, sie waren blass und rosa, und ihre Form erinnerte an Pferde. Da, sagte meine Mutter immer und deutete nach oben, während ich auf ihrem Schoß saß, kannst du die Nüstern sehen? Den geflochtenen Schweif? Jeden Tag beschäftigten wir uns mit unseren Pferden. Vor dem Frühstück saß
ich auf der Arbeitsplatte, während meine Mutter die Spülmaschine ausräumte, dann stellte ich mir vor, dass das Geräusch von Porzellan auf Porzellan magische Hufschläge wären. Nach dem Abendessen, wenn wir im Dunkeln saßen und dem Rumpeln der Wäsche in der Waschmaschine oder im Trockner lauschten, küsste meine Mutter mich auf den Kopf und flüsterte mir die Namen der Orte zu, an die uns die Pferde bringen würden: Telluride, Scarborough, Jasper. Mein Vater, der Erfinder war und sich mit Programmierarbeiten etwas dazuverdiente, kam immer spät nach Hause und fand uns dann schlafend vor, einfach so, in der Küche meiner Mutter. Ich habe ihn immer wieder gebeten, auch nach oben zu schauen, doch er konnte die Pferde nicht sehen.
Als ich das meiner Mutter erzählte, sagte sie, dann müssten wir ihm eben helfen. Eines Tages hob sie mich auf die Schultern, während sie auf einem kleinen Hocker balancierte. Sie gab mir einen schwarzen Textmarker, der stark nach Alkohol roch, und sagte, ich solle damit die Umrisse von dem zeichnen, was ich sehe. Dann malte ich die Pferde mit der farbigen Kreide aus meinem Wal-Mart-Set aus - eins braun mit weißem Stirnfleck, einen erdbeerfarbenen Rotschimmel und zwei leuchtend orange gefleckte Appaloosas. Meine Mutter fügte die muskulösen Vorderbeine hinzu und die wehenden Mähnen. Dann zog sie den Tisch mit dem Hackbrett in die Mitte der Küche und stellte mich darauf. Draußen summte der Sommer, so wie er es in Chicago immer tut. Meine Mutter und ich lagen Schulter an Schulter nebeneinander und starrten zu den drei Hengsten hinauf, die über die Decke galoppierten. »Oh, Paige«, seufzte meine Mutter friedlich, »schau dir doch nur einmal an, was wir vollbracht haben.«
Mit fünf Jahren wusste ich noch nicht, was ›vollbringen‹ bedeutet, und ich verstand auch nicht, warum mein Vater so wütend war und warum meine Mutter ihn ausgelacht hat. Ich wusste nur, dass ich in den Nächten, nachdem meine Mutter uns verlassen hatte, rücklings auf dem Küchentisch gelegen und versucht habe, ihre Schulter an meiner zu fühlen. Ich habe versucht, das Auf und Ab ihrer Stimme zu hören, und nach drei Monaten hat mein Vater Tünche gekauft, um damit die Decke zu streichen und Zoll für Zoll die Rassehengste auszulöschen, bis es so war, als seien die Pferde nie dagewesen und auch meine Mutter nicht.
Um 02.30 Uhr geht das Licht im Schlafzimmer an, und ich betrachte es als einen Hoffnungsschimmer, doch das Licht wird genauso schnell wieder ausgeschaltet. Max ist ruhig, er wacht nicht mehr drei-bis viermal in der Nacht auf. Ich krieche aus dem Schlafsack, öffne den Kofferraum meines Wagens und krame zwischen Starthilfekabeln und leeren Coladosen herum, bis ich meinen Zeichenblock und die Conté-Stifte finde.
Ich musste sie mir neu kaufen. Ich könnte Ihnen noch nicht einmal ansatzweise sagen, wo ich die alten Stifte vergraben habe, nachdem mir klar geworden war, dass ich nicht auf die Kunsthochschule gehen und mich gleichzeitig um Max kümmern konnte. Aber nachdem ich weggelaufen war, habe ich wieder zu zeichnen begonnen. Zuerst habe ich dummes Zeug gezeichnet: das Einwickelpapier der Hamburger beim Mittagessen, ein Stoppschild, Pennymünzen. Dann habe ich mich an Menschen versucht, auch wenn ich da ein wenig eingerostet war: die Kassiererin im Minimart und zwei spielende Kinder. Ich habe Bilder der irischen Götter und Helden gezeichnet, deren Geschichten ich mein Leben lang gehört habe. Und Schritt für Schritt kehrte das Zweite Gesicht, das ich immer in meinen Fingern hatte, wieder zurück.
Ich bin nie einfach nur eine Künstlerin gewesen. Solange ich denken kann, habe ich den Dingen auf dem Papier Sinn eingehaucht. Ich mag es, die Lücken zu füllen und dunklen Flecken Farbe zu verleihen. Ich zeichne Bilder, die so nah an die Ränder des Papiers heranragen, dass sie Gefahr laufen herunterzufallen. Und manchmal werden Dinge in meinen Zeichnungen enthüllt, die ich selbst nicht begreife. Gelegentlich beende ich ein Porträt und sehe plötzlich etwas in einer Nackenkuhle oder in einer dunklen Stelle hinter dem Ohr, das ich gar nicht habe zeichnen wollen. Wenn ich das fertige Werk sehe, bin ich immer wieder überrascht. Ich habe schon Dinge gezeichnet, die ich nicht wissen konnte, Geheimnisse, die mir nicht verraten worden sind, und Liebesbeziehungen, die nicht sein sollten. Wenn die Menschen meine Bilder sehen, sind sie fasziniert. Sie fragen mich, ob ich weiß, was all diese Dinge bedeuten, doch das weiß ich nie. Ich kann das Bild zeichnen, doch die Menschen müssen sich ihren Dämonen selber stellen.
Ich weiß nicht, warum ich diese Gabe habe. Sie zeigt sich auch nicht in jedem Bild, das ich zeichne. Das erste Mal geschah es, als ich im siebten Schuljahr war und im Kunstunterricht eine simple Skyline von Chicago zeichnen sollte. Aber ich habe die blassen Wolken mit Visionen von tiefen, leeren Hallen und klaffenden Türen gefüllt. Und in der Ecke befanden sich fast unsichtbar eine Burg, ein Turm und eine Frau im Fenster, die die Hände aufs Herz presste. Zutiefst verstört riefen die Nonnen meinen Vater an, und als der die Zeichnung sah, wurde er kreidebleich. »Ich wusste ja gar nicht«, sagte er, »dass du dich so gut an deine Mutter erinnerst. «
Als ich nach Hause zurückkehrte und Nicholas mich nicht mehr hineinlassen wollte, habe ich das Naheliegende getan: Ich habe mich mit Bildern von meinem Mann und meinem Sohn umgeben. Ich habe Nicholas' Gesichtsausdruck gezeichnet, als er die Tür geöffnet und mich gesehen hat, und ich habe Max gezeichnet, wie er auf Nicholas' Armen gesessen hat. Dann habe ich beide Bilder ans Armaturenbrett in meinem Wagen geklebt. Sie sind technisch nicht gut, aber es ist mir gelungen, die Gefühle einzufangen.
Heute, während ich darauf wartete, dass Nicholas aus dem Krankenhaus wieder nach Hause kommt, habe ich aus dem Gedächtnis gezeichnet. Ich habe Bild auf Bild angefertigt und beide Seiten des Papiers bemalt. Jetzt habe ich mehr als sechzig Bilder von Nicholas und Max.
Ich arbeite gerade an einer Zeichnung, die ich früher am Abend begonnen habe, und ich bin so sehr darin vertieft, dass ich nicht einmal bemerke, wie Nicholas auf die Veranda tritt. Das sanfte weiße Licht umgibt ihn wie einen Heiligenschein. »Paige?«, ruft er. »Paige?«
Ich gehe zur Veranda, an eine Stelle, wo er mich sehen kann. »Oh«, sagt Nicholas und reibt sich die Schläfen. »Ich wollte nur nachsehen, ob du noch immer hier bist.«
»Ja, ich bin noch immer hier«, erwidere ich, »und ich werde auch nirgendwo anders hingehen.«
Nicholas verschränkt die Arme vor der Brust. »Nun«, sagt er, »dafür ist es wohl ein wenig spät.« Kurz glaube ich, er würde sofort wieder ins Haus gehen, doch stattdessen zieht er den Bademantel enger um die Schultern und setzt sich auf die Verandatreppe. »Was machst du da?«, fragt er und deutet auf meinen Zeichenblock.
»Ich habe gerade an dir gearbeitet. Und an Max«, antworte ich und zeige ihm eine der Zeichnungen, die ich früher am Tag gemacht habe.
»Das ist gut«, sagt er. »Du warst schon immer gut darin. «
Ich kann mich nicht daran erinnern, wann Nicholas mich zuletzt für etwas gelobt hat. Kurz schaut er mich an, und fast wäre seine Schutzmauer in sich zusammengefallen. Seine Augen sind müde und blass. Sie sind vom gleichen Blau wie meine.
In dieser einen Sekunde, während ich Nicholas anschaue, sehe ich wieder den jungen Arzt, der einst davon geträumt hat, zur Spitze zu gehören, und der sich in meinen Armen geheilt hat, immer wenn einer seiner Patienten gestorben war. Und ich sehe in seinen Augen das Spiegelbild eines Mädchens, das früher einmal an Romantik geglaubt hat. »Ich würde ihn gerne mal in den Arm nehmen«, flüstere ich, und bei diesen Worten huscht ein Schatten über Nicholas' Gesicht.
»Du hattest deine Chance«, sagt er, steht auf und geht wieder ins Haus.
Im Mondschein arbeite ich weiter an meiner Zeichnung. Die ganze Zeit über frage ich mich, ob Nicholas auch schlecht schlafen kann, und ich stelle mir vor, wie gereizt er morgen sein wird, wenn er nicht hundert Prozent fit ist. Vielleicht wird das Bild ja so, wie es wird, weil ich mich nicht voll darauf konzentriere. Wie auch immer, jedenfalls ist alles falsch. Ich habe ein Bild von Max gezeichnet - die winzigen Fäuste, das zerzauste, samtige Haar -, doch irgendwie passt nichts zusammen. Es dauert ein paar Minuten, bis ich erkenne, woran das liegt. Ich habe Max nicht mit Nicholas, sondern mit mir gezeichnet. Er sitzt auf meinem Arm und greift nach meinem Haar. Für einen Außenstehenden ist das Bild vollkommen normal, doch verborgen in Max' ausgestreckter Hand liegt ein feingewebter Blätterkranz. Und ins Zentrum dieses Kranzes habe ich das Bild meiner weglaufenden Mutter gemalt, die vorwurfsvoll das Kind in den Armen hält, das ich nie gehabt habe.
Teil I
Empfängnis
1985-1993
Kapitel 1
Paige
Ich habe das Mercy gefunden, als ich am wenigsten damit gerechnet habe. Das Mercy war ein kleiner Schnellimbiss in einer schäbigen Nebenstraße in Cambridge, und die Kundschaft bestand vorwiegend aus Studenten und Professoren, die sich unters gemeine Volk mischen wollten. Ich war damals Ende zwanzig. In der Nacht zuvor war mir klar geworden, dass niemand, der noch bei Verstand war, mich ohne Referenzen als Kindermädchen einstellen würde, und dass mich ein Lächeln und mein mageres Portfolio nicht an die Kunsthochschule bringen würden. Also habe ich um 05.30 Uhr meine Schultern gestrafft, bin ins Mercy gegangen und habe zu einem Gott gebetet, an dem ich mein Leben lang gezweifelt habe, dass dies wirklich der Ort meiner Erlösung sein würde.
Der Imbiss war irreführend klein, und es roch nach Thunfisch und Putzmitteln. Ich ging an den Tresen und tat so, als würde ich mir die Speisekarte ansehen. Ein großer, farbiger Mann kam aus der Küche. »Wir haben noch nicht geöffnet«, sagte er, drehte sich dann um und ging wieder hinein.
Ich schaute nicht von der Speisekarte auf. Es gab Cheeseburger, Muschelpastetchen und griechische Vorspeisen. »Wenn Sie noch nicht geöffnet haben«, sagte ich, »warum ist die Tür dann nicht abgeschlossen?«
Es dauerte einen Moment, bis der Mann mir darauf antwortete, er kam aus der Küche und legte je einen fleischigen Arm rechts und links neben mich auf den Tresen. »Solltest du dich um diese Zeit nicht für die Schule vorbereiten?«, fragte er.
»Ich bin achtzehn.« Ich hob das Kinn auf die Art, wie ich sie in alten Schwarzweißfilmen bei Katherine Hepburn gesehen hatte. »Ich habe mich gefragt, ob Sie vielleicht eine Stelle zu besetzen hätten.«
»Eine Stelle«, wiederholte der Mann, als hätte er das Wort noch nie gehört. »Eine Stelle.« Er kniff die Augen zusammen, und mir fiel zum ersten Mal die Narbe auf, die ihm gewunden und gezackt wie Stacheldraht über das ganze Gesicht bis in den Nacken reichte. »Du meinst, du willst einen Job.«
»Nun . . . ja«, bestätigte ich und sah dem Mann sofort an, dass er keine Kellnerin brauchte, vor allem keine unerfahrene. Wahrscheinlich benötigte er im Moment wohl noch nicht einmal eine Spülhilfe.
Der Mann schüttelte den Kopf. »Dafür ist es definitiv noch zu früh.« Er drehte sich um, schaute mich an und sah, das weiß ich sicher, wie dürr und heruntergekommen ich war. »Wir machen um 06.30 Uhr auf«, sagte er.
Also hätte ich den Laden auch wieder verlassen können. Ich hätte einfach in die kühle U-Bahn-Station gehen können, in der ich die letzten Nächte geschlafen und den sanften Geigen der Straßenmusiker und den verrückten Schreien der Obdachlosen gelauscht hatte. Doch stattdessen nahm ich das mit Fettflecken übersäte Blatt Papier, auf dem die Sonderangebote des gestrigen Tages standen, aus der Speisekarte. Die Rückseite war leer. Ich holte einen schwarzen Stift aus meinem Rucksack und machte das Einzige, von dem ich selbstbewusst sagen konnte, dass ich es gut beherrschte: Ich zeichnete den Mann, der mich gerade abgewiesen hatte. Ich zeichnete ihn anhand dessen, was ich durch die Durchreiche zur Küche von ihm erkennen konnte. Ich sah, wie sein Bizeps sich wölbte und wieder streckte, als er große Mayonnaise-Krüge und Mehlsäcke vom Regal wuchtete, und ich zeichnete die Bewegung, die Eile, und als ich mich dann an sein Gesicht machte, zeichnete ich es entsprechend rasch.
Dann hielt ich das Bild von mir weg, um es zu betrachten. Auf die breite Stirn des Mannes hatte ich die Umrisse einer starken, alten Frau gezeichnet, mit Schultern, die unter der Last der vielen Arbeit und der Selbstverleugnung herunterhingen. Sie hatte Haut von der Farbe schwarzen Kaffees, und auf ihrem Rücken waren die Erinnerungen an Peitschenhiebe zu sehen, die mit der gewundenen Narbe des Mannes verschmolzen. Ich kannte diese Frau nicht, und ich verstand nicht, wie sie auf das Papier gekommen war. Es war nicht meine beste Zeichnung - das wusste ich -, aber es war etwas, das man zurücklassen konnte. Ich legte das Papier auf den Tresen, ging vor die Tür und wartete.
Schon bevor ich die Macht erhielt, die Geheimnisse der Menschen zu Papier zu bringen, habe ich daran geglaubt, gut zeichnen zu können. Ich habe es genauso gewusst, wie andere Kinder wussten, dass sie aus Stofffetzen und Glitter die schönsten Buchhüllen machen konnten. Ich habe immer schon gekritzelt. Mein Vater hat mir einmal erzählt, dass ich als Kleinkind mal ein Stück rote Kreide genommen und eine durchgehende Linie um das ganze Haus herum gezeichnet habe, immer in meiner Augenhöhe und über Türen und Fensterhinweg. Er sagte, ich hätte das einfach nur so, ausreiner Freude getan.
Als ich fünf Jahre alt war, habe ich einen dieser Wettbewerbe in der Fernsehzeitung entdeckt, bei dem man eine Cartoonschildkröte zeichnen und das Bild einschicken muss, und dann bekommt man ein Stipendium für die Kunsthoch schule. Ich habe nur ein wenig herumgekritzelt, doch meine Mutter hat mein Bild gesehen und gesagt, es sei nie zu früh, für eine ordentliche College-Ausbildung zu sorgen. Sie war es dann auch, die das Bild eingeschickt hat. Als der Brief kam, in dem man mir zu meinem Talent gratulierte und mir einen Platz an der National Art School in Vicksburg anbot, hat meine Mutter mich hochgehoben und zu mir gesagt, das sei unser Glückstag. Sie sagte, ich hätte mein Talent geerbt - ganz offensichtlich -, und mit großem Tamtam zeigte sie meinem Dad den Brief beim Abendessen. Mein Vater hat sanft gelächelt und gesagt, so einen Brief würden sie jedem schicken, von dem sie glaubten, er würde Geld für irgendeine betrügerische Schule ausgeben. Meine Mutter stand daraufhin auf und schloss sich im Badezimmer ein. Trotzdem klebte sie den Brief an den Kühlschrank, direkt neben ein Fingerbild und eine Nudelcollage von mir. Am Tag ihres Verschwindens war auch der Brief verschwunden, und ich habe mich immer gefragt, ob sie ihn mitgenommen hat, weil sie gewusst hat, dass sie mich selbst nicht hat mitnehmen können.
In letzter Zeit habe ich viel an meine Mutter gedacht, weit mehr als in den letzten Jahren - zum einen wegen dem, was ich getan hatte, bevor ich von zu Hause weggegangen war, und zum anderen weil ich überhaupt weggegangen war. Ich fragte mich, was wohl mein Vater dachte. Ich fragte mich, ob der Gott, an den er so sehr glaubte, ihm wohl erklären konnte, warum die Frauen in seinem Leben ihn immer verließen.
Als der farbige Mann um zehn nach sechs schließlich in der Tür erschien - er füllte sie wirklich vollständig aus -, da wusste ich bereits, wie es ausgehen würde. Mit offenem Mund und besorgt starrte er mich an. In der einen Hand hielt er mein Porträt, und die andere streckte er aus, um mir vom Bürgersteig aufzuhelfen, auf den ich mich gesetzt hatte. »In zwanzig Minuten kommen die ersten Gäste zum Frühstück«, sagte er zu mir. »Aber erwarte dir nicht zu viel.«
Lionel - so hieß der Mann - führte mich in die Küche und bot mir einen Stapel Toast an, während er mir die Spülmaschine vorstellte, den Grill und seinen Bruder Leroy, den Chefkoch. Er fragte mich nicht, woher ich kam, und er diskutierte auch nicht über den Lohn, ganz so, als hätten wir das bereits abgemacht. Dann erzählte er mir plötzlich und einfach so, dass ›Mercy‹ der Name seiner Urgroßmutter sei, die vor dem Bürgerkrieg in Georgia als Sklavin gerackert hatte. Und sie war die Frau, die ich ihm auf die Stirn gezeichnet hatte. »Du musst Gedanken lesen können«, sagte er, »denn normalerweise erzähle ich niemandem von ihr.« Er sagte, die meisten dieser Harvardtypen glaubten, der Name ›Mercy‹ habe einen philosophischen Hintergrund, aber wie auch immer . . . In jedem Fall zog sie das immer wieder her. Dann ging er weg, und ich dachte darüber nach, warum so viele Weiße ihre Töchter mit Namen wie Hope, Faith oder Patience bedachten - Namen, denen sie nie würden gerecht werden können -, während schwarze Mütter ihre Babys Mercy, Deliverance und Salvation nannten - nach Bürden, die sie immer würden tragen müssen.
Als Lionel wieder zurückkam, gab er mir eine saubere und gebügelte pinkfarbene Uniform. Dann warf er einen prüfenden Blick auf mein Navy-Sweatshirt, meine Kniestrümpfe und meinen alten Faltenrock. »Ich werde mich nicht mit dir darüber streiten, ob du nun achtzehn bist oder nicht«, sagte er, »aber du siehst verdammt noch mal wie ein Schulmädchen aus.« Er drehte sich um, während ich mich hinter dem stählernen Kühlschrank umzog, und zeigte mir dann, wie die Registrierkasse funktionierte und ich üben sollte, Teller auf den Armen zu balancieren. »Ich weiß wirklich nicht, warum ich das tue«, murmelte er vor sich hin, als mein erster Gast hereinkam.
Wenn ich jetzt so daran zurückdenke, wird mir klar, dass niemand anders als Nicholas mein erster Gast hatte sein können. So funktioniert das Schicksal nun einmal. Wie auch immer . . . In jedem Fall war er an jenem Morgen die erste Person, die in den Imbiss kam. Er kam sogar noch vor den beiden festangestellten Kellnerinnen. Er zwängte sich in die Nische - so groß war er -, die von der Tür am weitesten entfernt war, und schlug sein Exemplar des Globe auf. Das machte ein nettes Geräusch wie Blätterrascheln, und die Zeitung roch nach frischer Tinte. Er sprach kein Wort mit mir, nicht, als ich ihm den kostenlosen Kaffee servierte, und auch nicht, als ich ein wenig davon auf die Zeitung verschüttete. Nur einmal sagte er etwas zu mir, als ich seine Bestellung aufnehmen wollte: »Lionel weiß Bescheid.« Dabei schaute er mich nicht an. Wenn er noch mehr Kaffee haben wollte, dann hob er einfach seine Tasse, bis ich kam, um sie zu füllen. Und er drehte sich auch nicht zur Tür um, als die Türklingel die Ankunft von Marvela und Doris, den beiden anderen Kellnerinnen, verkündete oder als während seines Aufenthalts sieben weitere Leute zum Frühstück kamen.
Als er fertig war, legte er Messer und Gabel ordentlich auf den Tellerrand, wie jemand mit Manieren. Anschließend faltete er seine Zeitung und ließ sie in der Nische zurück, damit andere sie noch lesen konnten. Und in diesem Augenblick schaute er mich zum ersten Mal an. Nicholas hatte die hellsten blauen Augen, die ich je gesehen hatte, und vielleicht lag es ja nur an ihrem starken Kontrast zu den dunklen Haaren, aber ich hatte das Gefühl, als könne ich durch ihn hindurch den Himmel sehen. »Also wirklich, Lionel«, sagte er, »es gibt da ein Gesetz, das besagt, dass du Kinder erst einstellen darfst, wenn sie nicht mehr in die Windeln machen.« Und er lächelte mich an zum Zeichen, dass ich das nicht persönlich nehmen dürfe. Dann ging er.
Wahrscheinlich war es Anstrengung, die mich meine erste halbe Stunde als Kellnerin gekostet hatte, oder es lag am Schlafmangel, ich denke, einen wirklichen Grund gab es eigentlich nicht, aber ich spürte, wie mir die Tränen in den Augen brannten, und da ich fest entschlossen war, nicht vor Doris und Marvela zu weinen, ging ich zu Nicholas' Tisch, um abzuräumen. Er hatte zehn Cent Trinkgeld zurückgelassen. Zehn lausige Cent. Das war nicht gerade ein vielversprechender Anfang. Ich ließ mich auf die Bank fallen und rieb mir die Schläfen. Ich würde nicht anfangen zu weinen, sagte ich mir immer und immer wieder. Und dann hob ich den Blick und sah, dass Lionel meine Zeichnung über die Kasse gehängt hatte. Ich stand auf, was mich all meine Kraft kostete, und steckte mein Trinkgeld in die Tasche. Dabei hörte ich im Geiste meinen Vater in seinem irischen Akzent sagen: Das Leben steckt voller Überraschungen.
Eine Woche nach dem schlimmsten Tag in meinem Leben habe ich mein Zuhause verlassen. Wahrscheinlich habe ich schon die ganze Zeit über gewusst, dass ich gehen würde, ich habe nur das Ende des Schuljahres abgewartet. Ich weiß nicht, warum mich das überhaupt interessiert hat, ich kam ohnehin nicht sonderlich gut in der Schule zurecht. Die letzten drei Monate war ich zu krank, um mich zu konzentrieren, und schließlich wirkten sich meine Fehlzeiten auf die Noten aus. Vermutlich wollte ich einfach wissen, ob ich den Abschluss schaffen konnte, wenn ich wollte, und ich habe ihn geschafft, auch wenn ich zweimal ein D bekommen habe, eines in Physik und eines in Religion. Ich stand mit dem Rest meiner Klasse in der Pope Pius Highschool auf, als Vater Draher uns dazu aufforderte, legte meine Quaste von links nach rechts, küsste Schwester Mary Margareta und Schwester Althea und sagte ihnen, ja, ich plane, auf die Kunsthochschule zu gehen.
Die Chancen dafür standen auch gar nicht so schlecht, denn ich war bereits an der Rhode Island School of Design angenommen worden - allerdings aufgrund von Noten aus der Zeit, bevor mein Leben auseinandergebrochen war. Ich war sicher, dass mein Vater bereits einen Teil der Studiengebühren für das erste Semester bezahlt hatte. Und selbst als ich ihm den Brief schrieb, in dem ich ihm mitteilte, dass ich fortgegangen war, fragte ich mich noch, ob er das Geld wohl wieder zurückbekommen würde.
Mein Vater ist Erfinder. Im Laufe der Jahre hat er viele Dinge erfunden, doch zu seinem Unglück kam er damit zumeist einen Schritt zu spät. Zum Beispiel als er eine Krawattenklammer mit ausziehbarer Plastikfolie erfand, mit der man den edlen Stoff bei Geschäftsessen schützen konnte. Er nannte das Ding ›Tidy Tie‹, und er war sicher, damit den Grundstein zu seinem Erfolg legen zu können. Doch dann erfuhr er, dass irgendjemand schon ein ähnliches Patent angemeldet hatte. Genauso erging es ihm mit dem dampfresistenten Badezimmerspiegel, dem schwimmenden Schlüsselbund und dem Schnuller, den man aufschrauben konnte, um flüssige Medizin einzufüllen. Wenn ich an meinen Vater denke, dann denke ich an Alice und das Weiße Kaninchen und daran, immer einen Schritt zu spät zu kommen. Mein Vater ist in Irland geboren, und er hat den größten Teil seines Lebens versucht, gegen die Vorurteile anzukämpfen, die mit dieser Herkunft verbunden sind. Er schämte sich nicht, Ire zu sein - genau genommen war es sogar das Ruhmreichste in seinem Leben -; er schämte sich nur, ein irischer Einwanderer zu sein. Mit achtzehn Jahren zog er von Bridgeport, dem Iren-Viertel Chicagos, in ein Viertel an der Taylor Street, wo vorwiegend Italiener lebten. Er hat nie getrunken, und eine Zeit lang hat er erfolglos versucht, sich den Akzent des Mittleren Westens anzueignen. Die Religion aber war seiner Meinung nach nichts, was man sich aussuchen konnte. Er glaubte mit dem Eifer eines Fernsehpredigers, als wäre Spiritualität etwas, das durch die Adern fließt und nicht der Kontrolle durch den Verstand unterliegt. Ich habe mich häufig gefragt, ob er wohl Priester geworden wäre, wenn er meine Mutter nicht kennengelernt hätte.
Mein Vater hat immer geglaubt, Amerika sei nur ein Zwischenstopp auf seinem Weg zurück nach Irland, aber er hat uns nie gesagt, wie lange er bleiben wollte. Er war gerade erst fünf Jahre alt, als seine Eltern ihn nach Chicago brachten, und obwohl er in dieser Stadt aufgewachsen ist, hat er stets an das offene Land von Donegal gedacht. Ich habe mich immer gefragt, wie viel davon Erinnerung und wie viel Fantasie gewesen ist. Aber dann stellte sich diese Frage plötzlich nicht mehr, wenn mein Vater mir seine Geschichten erzählte. Im dem Jahr, in dem meine Mutter uns verließ, brachte er mir anhand von Kinderbüchern zur irischen Mythologie das Lesen bei. Während andere Kinder sich mit Ernie und Bert beschäftigten, lernte ich alles über Cuchulainn, den berühmten, irischen Helden, und seine Abenteuer. Ich las vom heiligen Patrick, der die Insel von den Schlangen befreite; von Donn, dem Gott der Toten, der die Seelen
in die Unterwelt geleitete, und vom Basilisken, vor dessen schalem, tödlichen Atem ich mich des Nachts unter der Decke versteckte.
Die Lieblingsgeschichte meines Vaters war die von Oisin, dem Sohn von Finn Mac Cool. Oisin war ein legendärer Krieger und Dichter, der sich in Niamh verliebte, eine Tochter des Meeresgottes. Sie lebten jahrelang glücklich auf einem Juwel von Meeresinsel, doch Oisin musste ständig an seine Heimat denken. Irland, pflegte mein Vater zu sagen, hat man im Blut. Als Oisin seiner Frau sagte, er wolle wieder zurückkehren, da lieh sie ihm ein magisches Pferd und warnte ihn, nicht abzusteigen, denn inzwischen seien dreihundert Jahre vergangen. Doch Oisin fiel vom Pferd und verwandelte sich in einen sehr, sehr alten Mann. Trotzdem war der heilige Patrick da, um ihn willkommen zu heißen, wie - so sagte mein Vater - er dereinst auch uns willkommen heißen wird.
Nachdem meine Mutter uns verlassen hatte, versuchte mein Vater, mich so gut wie möglich zu erziehen. Also schickte er mich in eine Konfessionsschule, wo ich jeden Sonntag beichten musste und wo ein Bild von Christus am Kreuz wie ein Talisman über meinem Bett hing. Mein Vater sah die Widersprüche im Katholizismus nicht. Vater Draher lehrte uns, unsere Nächsten zu lieben, doch den Juden sollten wir nicht vertrauen. Schwester Evangeline predigte uns von unreinen Gedanken, dabei wussten wir alle, dass sie fünfzehn Jahre lang die Geliebte eines verheirateten Mannes gewesen war, bevor sie ins Kloster eingetreten war. Und natürlich gab es die Beichte und die Absolution, was nichts anderes bedeutete, als dass man mit allem durchkommen konnte, solange man anschließend nur ein paar Ave-Maria und Vaterunser sprach. All das habe auch ich eine ganze Zeit lang geglaubt, bis ich erkennen musste, dass die Seele Narben davontragen kann, die nichts und niemand auszulöschen vermag.
Mein Lieblingsort in ganz Chicago war die Werkstatt meines Vaters. Dort war es staubig, und es roch nach Holzspänen und Klebstoff, und es gab dort Schätze, alte Kaffeemühlen, verrostete Scharniere und purpurfarbene Hula-Hoop-Reifen. An den Abenden und an verregneten Samstagen verschwand Daddy im Keller und arbeitete, bis es dunkel war. Manchmal kam ich mir dann wie das andere Elternteil vor, wenn ich ihn nach oben zerren und ihn ermahnen musste, auch mal etwas zu essen. Manchmal arbeitete er auch an seinen Erfindungen, während ich auf dem alten grünen Sofa saß und meine Hausaufgaben machte.
In seiner Werkstatt verwandelte sich mein Vater in einen anderen Menschen. Er bewegte sich mit der Eleganz einer Katze, und er zauberte Bauteile, Räder und Zahnkränze aus der Luft wie ein Magier, um Dinge wie aus dem Nichts zu erschaffen. Wenn er von meiner Mutter sprach - was nur selten der Fall war -, dann nur in der Werkstatt. Manchmal erwischte ich ihn dabei, wie er zum nächstgelegenen Fenster hinaufstarrte, einem kleinen geborstenen Rechteck. Milchiges Licht fiel dann auf ihn, und er sah um Jahrzehnte älter aus, als er tatsächlich war. Und ich musste mich selber daran hindern, die Jahre zu zählen und zu überlegen, wie viel Zeit tatsächlich vergangen war.
Es war nicht so, dass mein Vater je zu mir gesagt hätte: Ich weiß, was du getan hast. Er hat einfach aufgehört, mit mir zu sprechen. Und da habe ich gewusst, dass er wollte, dass ich so schnell wie möglich aufs College ging. Ich dachte an ein Mädchen aus meiner Klasse, das zum Thema Sex einmal bemerkte: Hat man es erst einmal getan, dann kann jeder es sehen. Galt für Abtreibungen das Gleiche? Konnte mein Vater mir das am Gesicht ansehen?
Ich wartete eine Woche, nachdem es passiert war, und hoffte, dass es während der Abschlussfeier zu irgendeiner Art von Verständigung kommen würde. Mein Vater hat während der Feier regelrecht gelitten und niemals ›Herzlichen Glückwunsch‹ gesagt. Er bewegte sich an diesem Tag durch die Schatten in unserem Haus, als fühle er sich unwohl in seiner eigenen Haut. Um 23.00 Uhr schauten wir uns die Spätnachrichten an. Die wichtigste Nachricht des Tages handelte von einer Frau, die ihr drei Monate altes Kind mit einer Dose Fisch erschlagen hatte. Die Frau war in eine psychiatrische Klinik eingewiesen worden, und ihr Mann sagte den Reportern, dass er es hätte kommen sehen müssen.
Als die Nachrichten vorbei waren, ging mein Vater zu seinem alten Kirschholzschreibtisch und holte eine blaue Samtschachtel aus der obersten Schublade. Ich lächelte. »Ich dachte, du hättest es vergessen«, sagte ich.
Er schüttelte den Kopf und schaute schweigend zu, wie ich mit den Fingern über den weichen Deckel strich und auf Perlen oder Smaragde hoffte. Im Inneren lag ein Rosenkranz mit wunderbaren Perlen aus feinstem Holz. »Ich dachte, den könntest du vielleicht gebrauchen«, sagte Daddy leise.
Als ich in jener Nacht meine Sachen packte, sagte ich mir selbst, ich würde das nur tun, weil ich ihn liebe, ich wollte nicht, dass er die Last meiner Sünden für den Rest seines Lebens tragen musste. Ich packte nur praktische Kleidung ein, und ich zog meine Schuluniform an, weil ich glaubte, das würde mir helfen, mich unter die Leute zu mischen. Technisch gesehen lief ich nicht weg. Ich war achtzehn und somit volljährig. Ich konnte kommen und gehen, wann ich wollte.
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Autoren-Porträt von Jodi Picoult
Jodi Picoult, geb. 1967 auf Long Island, lebt nach ihrem Studium in Princeton und Harvard zusammen mit ihrem Mann und drei Kindern in Hanover, New Hampshire. 1992 veröffentlichte sie ihren ersten Roman. 2003 wurde sie für ihre Werke mit dem National England Book Award ausgezeichnet. Sie gehört zu den erfolgreichsten amerikanischen Erzählerinnen weltweit ihr Roman 'Beim Leben meiner Schwester' wurde in Hollywood verfilmt.
Bibliographische Angaben
- Autor: Jodi Picoult
- 2013, 3. Aufl., 621 Seiten, Maße: 12,5 x 18,6 cm, Kartoniert (TB), Deutsch
- Übersetzung: Schumacher, Rainer
- Übersetzer: Rainer Schumacher
- Verlag: Bastei Lübbe
- ISBN-10: 3404164202
- ISBN-13: 9783404164202
- Erscheinungsdatum: 11.01.2013
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