Unter dem Weltenbaum - Der Sternenhüter
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Der Sternenhüter von Sara Douglass
LESEPROBE
VERGESSENE SCHWÜRE
Axis starrte ins Feuer,um beim Prasseln der Scheite und der sanften Melodie des Sternentanzes zuentspannen. Die Müdigkeit von der letzten Nacht, als er mit einer Patrouillezurückgekehrt war, steckte ihm immer noch in den Knochen. Angetrieben von einemSkräbold waren immer neue Scharen von Geisterwesen durch die Wildhundebenegeschwärmt, um die Stärke der Rebellenarmee festzustellen. Die Verbände derSkrälinge waren nicht groß, sie kämpften dafür aber um so härter underbitterter. Seine Patrouille hatte einige Verluste hinnehmen müssen. Baldbliebe ihm nichts anderes mehr übrig, als mit einer starken Abteilung in dieEbene vorzudringen...
Verdammt! Er wollte dochnicht mehr, als mit seiner Armee nach Süden zu marschieren... mitten ins Herzdes Königreiches hinein, um Bornhelds anmaßender Herrschaft über Achar ein Endezu bereiten.
»König!« schnaubte derKrieger und trank Wein aus seinem Kelch. »Ich kann mir nicht vorstellen, daßmein Bruder einen brauchbaren König abgibt.«
Rivkah sah von ihrenNäharbeiten auf. Der eine Sohn saß auf dem Thron, der andere wollte unbedingtdorthin. Sie schüttelte sich und fröstelte in der kalten Luft. Trotz des warmenWassers des Lebenssees machte sich mittlerweile auch in Sigholt der Winterbemerkbar. Vor allem nach Sonnenuntergang wurde es empfindlich kühl. AxisMutter ließ ihre Blicke kurz zu den anderen hinüberwandern, die vor dem Kaminin der Großen Burghalle saßen. Bei früheren Gelegenheiten hatten die meistensich nur ungern hier versammelt. Aber jetzt, da Axis, der Sternenmann, wiederzurück war, erschien es ihnen recht, sich abends vor dem Feuer einzufinden.
Axis hatte während dervergangenen fünf Wochen ununterbrochen gearbeitet. Sigholt hatte sich in dieserZeit von einem Rebellenlager mit unterschiedlichen Gruppen in den Grundstockeines künftigen Königtums verwandelt. Im Herzen dieses neuen Reiches stand erselbst, und über ihm wehte das Banner mit der blutroten Sonne. Rivkah wünschte,diese geradezu magische Zeit würde niemals enden. Achariten und Ikarierarbeiteten zum erstenmal seit tausend Jahren zusammen, und gemeinsam wirktensie für den Sternenmann.
Ihr Blick wanderte überdie Gruppe. Morgenstern und Sternenströmer hatten sich entschuldigt, weil siealte Freunde in der Luftarmada besuchen wollten. Ogden und Veremund beugtensich über ein Buch, das sie in der Küche unter einem Mehlfaß gefunden hatten.Neben ihnen schnarchte der alte Reinald leise vor sich hin. Er saß kerzengeradeauf seinem Stuhl und war dennoch eingeschlafen. Und was immer Aufregendes diebeiden Mönche in ihrem Buch entdeckt hatten, den alten Koch hatte es in tiefenSchlummer entführt. Vermutlich hatte Reinald das Buch so langweilig gefunden,daß er es als Stütze unter das wacklige Faß geschoben hatte. Jack ließ sichnirgends blicken. Wahrscheinlich befand er sich wieder auf einsamerWanderschaft durch die Gänge der Festung. Der Ärmste suchte immer noch nachZecherach, hoffte weiterhin, irgendwo einen Hauch ihres Dufts zu erhaschen oderden Nachhall ihrer Schritte zu hören.
Rivkahs Blick wurdesanfter, als sie Aschure entdeckte, die zu Füßen ihres Sohnes saß. IhreSchwangerschaft konnte sie kaum noch verbergen, aber das hielt sie nicht davonab, weiterhin zu reiten und mit den Bogenschützen zu üben. Allerdings hatte sieBelaguez seinem Herrn zurückgeben müssen und war jetzt auf ein sanfteres Pferdumgestiegen. Heute verbrachte sie ihre Mußestunden damit, den Wolfen und seinePfeile zu reinigen. Neben ihr befanden sich ein Lappen und eine SchüsselWasser. Immer wieder strich der Krieger ihr übers Haar. Vermutlich sorgte ersich, weil sie sich nicht schonte, aber er ließ es sich nicht anmerken. Daseinzige Zugeständnis, das er ihr hatte abringen können, bestand darin, daß sieseit einigen Wochen nicht mehr mit den Patrouillen ausritt. Er hatteunerbittlich darauf bestanden und ihr erklärt, er wolle nicht, daß sieunterwegs unter irgendeinem Busch ihren Sohn zur Welt brachte. Aschure warbeleidigt gewesen, und die beiden hatten sich gestritten, aber Axis hatte nichtnachgegeben.
Fünf der Alaunt hattensich rings um ihre Herrin ausgestreckt und nahmen die Wärme des Feuers in sichauf. Die Hunde folgten Aschure wie Schatten. Ständig hielten sich ein paar ausdem Rudel in ihrer Nähe auf, und selbst die anderen waren nie fern. Als diejunge Frau noch auf Patrouille geritten war, hatten alle fünfzehn Alaunt siebegleitet. Ihr war das recht gewesen, denn die Hunde töteten genauso leise undwirksam wie ihre Pfeile. Rivkah schüttelte den Kopf. Aschure schien wirklicheinen Hang zum Kämpfen eigen, weswegen die Awaren sie nicht bei sich hattenaufnehmen wollen; aber jetzt hatte sie im Einsatz für Axis damit wohl ihreBestimmung gefunden.
Auf der anderen Seite lagBelial halb in einem Sessel. Er tat so, als würde er vor sich hin dösen, aberaus den Augenwinkeln betrachtete er unablässig Axis und Aschure. Rivkah waraufgefallen, daß Axis häufiger die Schultern hängen ließ, seit die Schützin inseine Gemächer gezogen war. Überhaupt verbreitete er eine Aura tieferTraurigkeit um sich, die er selbst in fröhlicheren Momenten kaum abzulegenvermochte.
Rivkah hörte über sichdas Rascheln von Gefieder. Axis Schneeadler hatte sich auf einem derQuerbalken der Halle niedergelassen, wo er die Nacht zu verbringen pflegte.Tagsüber flog er hoch über den Urqharthügeln, fing Mäuse und Kaninchen oder warfür den Krieger in irgendwelchen besonderen Aufträgen unterwegs. Axis weigertesich beharrlich, irgendeine Frage zu dem Vogel zu beantworten. Aber seine Mutterhatte ihn bei mehreren Gelegenheiten dabei beobachtet, wie er leise undfreundlich mit dem Adler sprach, wenn dieser auf seinem Arm saß. Zwischen denbeiden schien eine besondere Beziehung zu bestehen, die Rivkah aber nichtergründen konnte.
Unweit von ihr hatte einMann Platz genommen, dessen Blicken sie schon den ganzen Abend ausgewichen war.Magariz. Aber jetzt sprach Rivkah ihn doch an, hob den Blick jedoch nicht vonihrem Stickrahmen.
»Fürst?«
»Prinzessin? Was kann ichfür Euch tun?«
»Edler Magariz, als ichhier eintraf, verspracht Ihr, mir von meinem ältesten Sohn Bornheld zuerzählen. Würdet Ihr dieses Versprechen nun einlösen?«
Axis wandte den Blick vonseiner Liebsten ab und starrte Magariz mit kalten Augen an. Aschure legte ihrenBogen hin, und auch Belial betrachtete nun nicht mehr die beiden, sondern denFürsten. Sogar Ogden und Veremund beendeten ihre Debatte.
Magariz schaute denKrieger unsicher an, aber der winkte nur ab: »Um meinetwillen braucht Ihr EureZunge nicht im Zaum zu halten.«
»Prinzessin«, seufzte derFürst. Wie und wo sollte er denn beginnen?
»Nachdem ich einige Zeitbei der Palastwache gedient hatte, schickte Priam mich in die DiensteBornhelds. Er war gerade Herzog von Ichtar geworden. Vor zehn Jahren übertruger mir das Kommando über die Feste Gorken. Ein abgeschiedener Ort mit wenigFreude...«
»Was, Ihr habt in derPalastwache gedient?« entfuhr es dem Krieger.
Der Fürst lachte. »Inmeinen beiden letzten Jahren in Karlon war ich sogar ihr Hauptmann. Warum wolltIhr das wissen? Kennt Ihr mich vielleicht noch aus jener Zeit?«
Axis konnte gerade nocheinen überraschten Fluch unterdrücken. Magariz hatte also in der Palastwachegedient, als er selbst als Knabe im Turm des Seneschalls aufgewachsen war. WarJayme im Palast beschäftigt, nahm er den Jungen gelegentlich mit, und er durftedann dort im hinteren Teil der Anlage spielen. Der Fürst und er mußten sichdabei mehrfach begegnet sein. Wahrscheinlich hatten sie sogar miteinandergesprochen. Ein furchtbarer Verdacht stieg in ihm auf: Sollte Magariz am EndeWolfstern sein? Der Verräter in seiner nächsten Umgebung? Der Sternenmann nahmeinen hastigen Schluck. Die Vorstellung beunruhigte ihn beinahe ebenso sehr wieMorgensterns Verdacht, Aschure sei in Wahrheit der Zauberer.
Der Fürst aber lächelte,als er Axis weit aufgerissene Augen sah. Er konnte ja nicht wissen, welcheGedanken dem Krieger gerade durch den Kopf gingen. »Ja, Ihr wart ein rechterWildfang, mein Freund, und habt ständig Streiche ausgeheckt. Einmal habe ichEuch im Stall dabei erwischt, wie Ihr gerade versuchtet, allen Pferden dort miteiner langen Schnur die Beine zusammenzubinden.«
Der Krieger zwang sich zueinem Grinsen. Als Kommandant von Gorken hatte er natürlich freien Zugang zumnördlichen Ödland gehabt. Zur Schneewüste und damit zu Gorgrael... Nein, nein,nein, er mußte sofort damit aufhören, in jedem Freund einen Verdächtigen zusehen. Bei allen in seiner Umgebung nach Spuren von Verrat zu suchen.
Magariz, der noch immernichts von Axis innerem Aufruhr ahnte, legte Rivkah kurz eine Hand auf denArm. »Verzeiht bitte, Ihr wolltet ja eigentlich etwas über Euren Erstgeborenenerfahren. Nun, Bornheld ist ein eher düsterer Mensch. Obwohl er oft hart wirkt,versucht er doch immer, gerecht zu handeln. Der neue König übt großeSelbstdisziplin, bemeistert sein Leben und weiß sehr wohl zwischen Gut und Bösezu unterscheiden. Als ich noch mit ihm zu tun hatte, versuchte er stets, dasRichtige zu tun. Und damit meine ich nicht meistens, sondern buchstäblich immer.Man kann ihm eine verengte Sichtweise auf gewisse Dinge nachsagen, aber so ister nun einmal erzogen worden. Bornheld kann nicht lieben, doch das liegt sicherdaran, daß er niemals selbst Liebe erfahren hat.«
Rivkah legte sehrnachdenklich ihre Näharbeiten zur Seite.
»Er ist furchtbareifersüchtig auf Axis«, fuhr Magariz fort, »und das trübt seine Urteilskraft.Aber auch dafür gibt es Gründe. Prinzessin, er glaubt, Ihr hättet Axis Vatergeliebt, nicht aber den seinen, und ihn, Bornheld, im Stich gelassen, um mitEurem Geliebten zusammenzusein.« Rivkah wollte aufbegehren, aber Magariz wolltejetzt alles zur Sprache bringen und ließ sie deshalb nicht zu Wort kommen: »AlsIhr dann, nach offizieller Lesart, bei der Geburt des Kindes Eures Buhlengestorben seid, fühlte er sich endgültig und unwiderruflich von Euchverlassen.«
Rivkah konnte ihrenTränen keinen Einhalt mehr gebieten und schluchzte auf, als sie verzweifelt inihr Nähzeug griff und sich an einer Nadel stach. Doch schon beherrschte sienicht mehr der Kummer, sondern vielmehr die Frage, von wem der Fürst da redete- nur von Bornheld oder auch von sich selbst.
»Euer Sohn neidet Axisauch dessen Charme. Denn davon besitzt er wenig und den wird er auch nieerwerben. Oh ja, Bornheld ist sich immer schon des Umstands schmerzlich bewußtgewesen, daß es ihm an jeglichem Charisma gebricht... Deshalb vermutet er auch,daß Axis der bessere Feldherr von ihnen beiden sei. Dabei glaubt Bornheld doch,daß Feldzüge das einzige seien, worauf er sich versteht. In Gorken mußte derdamalige Herzog miterleben, wie sein Stiefbruder täglich mehr die Herzen derSoldaten gewann - das hat ihn natürlich tief getroffen. Sehr tief sogar, wieIhr Euch vorstellen könnt. Und heute wird Bornheld von Eifersucht geradezuzerfressen, weil sein ungeliebter Halbbruder auch noch der Sternenmann ist, derHeld, der laut Prophezeiung Achar erretten wird.«
Magariz bemerkte jetzt,welche Bestürzung er mit seinen Worten auslöste, und fragte sich, ob es klugsei, mit seiner Schilderung fortzufahren. »Und dann beschäftigt ihn natürlichauch noch das Rätsel Faraday«, sagte er langsam. Der Krieger und Aschureverhielten sich ganz ruhig, um kein Wort zu verpassen. »Ich weiß nicht, ob ihmbereits bewußt geworden ist, daß die junge Edle, seine Gemahlin, in WahrheitAxis liebt. Wenn ja, dann dürften Bornhelds Eifersucht und Zorn kein Maß mehrkennen...« Der Fürst leerte seinen Pokal und wünschte, er hätte geschwiegen.
»Hat der neue Königirgendeine Schwäche?« fragte Belial. »Ich meine eine, die wir für uns nutzenkönnten? Was fällt Euch dazu ein, Magariz?«
»Abgesehen von seinemGroll auf Axis? Nun, ich würde sagen, sein größter Fehler besteht darin, zusehr in eingefahrenen Bahnen zu denken und sich von einmal eingeschlagenenWegen nicht mehr abbringen zu lassen. Er ist so, wie er ist, und kann sich undseine Art nicht ändern. Die Unaussprechlichen werden für ihn immer Feindebleiben. Bornheld kann in ihnen einfach keine möglichen Verbündeten sehen. ImGrunde ist er ein bedauernswerter Mensch, denn die Welt verändert sich rings
um ihn herum, und daskann er nicht verstehen oder nachvollziehen.«
»Bornheld bedauernswert?«grollte der Krieger. »Ein unverstandener Mann? Erzählt das einmal Freierfall,dem Bornhelds Schwert von hinten das Herz durchbohrte. Ihr selbst wart Zeugedieses Mordes, und nach Euren eigenen Worten hat Euch diese feige Tat endgültigdazu bewogen, Euch auf meine Seite zu stellen. Der neue König hat sein Lebenverwirkt. Versucht jetzt nicht, ihn in den Farben eines Märtyrers zu malen,dessen Welt vom Untergang bedroht ist!«
»Genug!« schrie Rivkahund erhob sich ruckartig. Stoff und Stickrahmen fielen von ihrem Schoß undlandeten auf dem
Boden. »Jetzt reicht es!Ach, hätte ich doch nie nach meinem Erstgeborenen gefragt!«
Sie drehte sich auf demAbsatz um und lief zur Tür. Axis und Aschure wollten ihr folgen, doch der Fürsthielt sie mit einer Handbewegung zurück. »Das ist allein meine Schuld«,erklärte er und hinkte der Prinzessin hinterher.
Kurz vor der Tür konnteMagariz sie abfangen und hielt sie an den Händen fest. »Rivkah, es tut mir sehrleid. Ich habe wohl nicht sehr sorgfältig auf die Wahl meiner Worte geachtet.Wenn der Eindruck entstand, ich würde voreilig urteilen, dann bitte ichdeswegen um Verzeihung. Aber die vergangenen Jahre waren...«
»Ich war eine soschlechte Mutter und bin eine so treulose Frau«, flüsterte sie, als hätte sieihn gar nicht gehört. »Ihr hattet recht, mir vorzuwerfen, ich hätte andere imStich gelassen. Ich habe es mir selbst zuzuschreiben, wenn ich dessenbeschuldigt werde.«
»Rivkah!«
»Searlas habe ich niegeliebt, aber das wißt Ihr sicher.«
»Ja, das ist mir schonlange bekannt.«
»Und ich wollte ihn auchnie heiraten.«
»Ja, auch das weiß ich,aber ...«
»Deswegen war ich ihmauch nicht wirklich untreu, als Sternenströmer auf dem Turm landete, nichtwahr, Magariz?«
Er schwieg und senkte denBlick.
»Nur Euch war ich untreu,Fürst. Ihr habt nie wieder geheiratet, aber ich habe Euch zweimal betrogen. Daserste Mal mit Searlas und das zweite Mal mit Sternenströmer. Die beiden Söhneund die Tochter, die ich geboren habe, hätten eigentlich Eure Kinder seinsollen.«
»Rivkah, Ihr wißt, daßich nie von Euch erwartet habe, daß Ihr unser beider Eheversprechen haltet.Nicht nach dem, was geschehen ist.«
Sie blinzelte, um dieTränen aus den Augen zu zwingen. Jetzt war es zu spät, um die Fehler zu weinen,die sie vor dreißig Jahren begangen hatte.
»Ich frage mich, was dieMenschen wohl sagen würden, wenn sie wüßten, daß Ihr mein wahrer Gemahl seid.Nicht Searlas, nicht Sternenströmer, sondern Ihr.« Damit war es gesagt.
Zum ersten Mal seitvielen, vielen Jahren ließ Magariz seine Gedanken zu der Nacht vor so langerZeit in Karlon zurückwandern. Rivkah war damals eine ungestüme Fünfzehnjährigeund er ein ähnlich unbesonnener Jüngling von siebzehn. Das Mädchen kam in seinGemach gestürmt und war außer sich vor Wut. Ihr Vater, König Karel, hatte siegerade Searlas, dem Herzog von Ichtar versprochen. Rivkah wollte das Vorhabender beiden Männer durchkreuzen und flüsterte Magariz ihren Plan ins Ohr.Daraufhin flohen sie durch schlecht beleuchtete Gänge und unbewachte Türen ineine kleine Kapelle in einem der weniger vornehmen Stadtviertel. Ein alterMönch, der nicht viel fragte, nahm das Gold, das Rivkah ihm in die Handdrückte, und traute die beiden auf der Stelle...
Der Fürst erinnerte sichauch noch an das, was danach geschah. Er hatte seine Braut in sein schmucklosesZimmer im unteren Teil des Palasts geführt, wo sie dann beide, schüchtern undverlegen, ihre Unschuld verloren hatten.
Aber am nächsten Tagmachte Karel seine Drohung wahr und schickte seine Tochter nach Norden, damitsie dort den Herzog heiraten sollte. Was hätte der Jüngling schon tun können?Wenn er auf seine Rechte gepocht hätte, wäre die heimliche Trauung ansTageslicht gekommen und das Leben der beiden womöglich verwirkt gewesen. Undwürde er schweigen, würde er Rivkah damit für immer verlieren. Und da er nochso jung war, blieb ihm nichts anderes übrig, als um seine verlorene Liebe zutrauern. Zwei Jahre später, als Rivkah vermeintlich bei der Geburt ihreszweiten Sohnes im Kindbett starb, zog Magariz sich in seine Kammer zurück undweinte. Er schwor sich, daß er seine einzige Liebesnacht mit Rivkah bis zuseinem Lebensende hochhalten wolle. Als ihr unehelicher Sohn an den Hof kam undunter der Obhut von Jayme aufwuchs, nahm Magariz jede Gelegenheit wahr, mit demKleinen zu spielen. Lange Zeit fragte er sich, ob Bornheld sein Sohn seinkönnte. Aber Rivkahs Erstgeborener sah Searlas bald wie aus dem Gesichtgeschnitten aus. Später dann war er in seinem Innersten dankbar dafür, nichtauch noch mit Bornheld eine weitere Schuld auf sein Gewissen geladen zu haben.
Rivkah löste jetzt ihreHände aus den seinen und zerriß damit den Strom seiner Erinnerungen. »Wirkönnen die Vergangenheit nicht zurückholen, Fürst, und wir sollten uns nichtden Kopf darüber zerbrechen, was hätte sein können. Auch vermögen wir heutenicht einfach so weiterzumachen, als würde unsere Ehe immer noch bestehen -falls wir das überhaupt wünschen sollten. Also lassen wir die Vergangenheit,denn es gibt ja immer noch eine Zukunft.« Sie lächelte. »Seit Aschure nun beiAxis nächtigt, liege ich nachts kalt und allein im Bett. Bislang hat es niemandin dieser übervölkerten Burg gewagt, meine Nachtruhe zu stören. Meine Kammerbefindet sich in einem Seitentrakt, mein lieber Fürst, und solltet Ihr Eucheines Nachts einmal verirren, werdet Ihr meine Tür gewiß nicht verschlossenfinden.«
Damit verließ sie denRaum.
© Piper Verlag
Übersetzung: Marcel Bieger
- Autor: Sara Douglass
- 2009, 4. Aufl., 496 Seiten, Maße: 12,1 x 19,1 cm, Kartoniert (TB), Deutsch
- Aus d. austral. Engl. v. Marcel Bieger
- Übersetzer: Marcel Bieger
- Verlag: Piper
- ISBN-10: 349226526X
- ISBN-13: 9783492265263
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