Versuchung / Unter dem Vampirmond Bd.1
Als die 17-jährige Alice Bonham den faszinierenden Jack trifft, steht ihre Welt Kopf. Jack ist aufregend anders: Er liebt rosa Chuck Taylors, fährt ein schnelles Auto und ist nicht vor Sonnenuntergang ansprechbar.
Bald verbringt Alice jeden...
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Produktinformationen zu „Versuchung / Unter dem Vampirmond Bd.1 “
Als die 17-jährige Alice Bonham den faszinierenden Jack trifft, steht ihre Welt Kopf. Jack ist aufregend anders: Er liebt rosa Chuck Taylors, fährt ein schnelles Auto und ist nicht vor Sonnenuntergang ansprechbar.
Bald verbringt Alice jeden Abend mit Jack. Dann lernt sie seinen umwerfenden Bruder Peter kennen: Ein Blick genügt und Alices Knie werden weich. Doch Peter sprüht vor Hass. Alice verliebt sich rettungslos in beide Brüder, die so unterschiedlich wie Tag und Nacht sind.
Doch das ist nicht ihr größtes Problem - denn Jack und Peter sind Vampire.
Klappentext zu „Versuchung / Unter dem Vampirmond Bd.1 “
Als die 17-jährige Alice Bonham den faszinierenden Jack trifft, steht ihre Welt Kopf. Jack ist aufregend anders: Er liebt rosa Chuck Taylors, fährt ein schnelles Auto und ist nicht vor Sonnenuntergang ansprechbar. Bald verbringt Alice jeden Abend mit Jack. Dann lernt sie seinen umwerfenden Bruder Peter kennen: Ein Blick genügt und Alices Knie werden weich. Doch Peter sprüht vor Hass. Alice verliebt sich rettungslos in beide Brüder, die so unterschiedlich wie Tag und Nacht sind. Doch das ist nicht ihr größtes Problem - denn Jack und Peter sind Vampire ...
Als die 17-jährige Alice Bonham den faszinierenden Jack trifft, steht ihre Welt Kopf. Jack ist aufregend anders: Er liebt rosa Chuck Taylors, fährt ein schnelles Auto und ist nicht vor Sonnenuntergang ansprechbar. Bald verbringt Alice jeden Abend mit Jack. Dann lernt sie seinen umwerfenden Bruder Peter kennen: Ein Blick genügt und Alices Knie werden weich. Doch Peter sprüht vor Hass. Alice verliebt sich rettungslos in beide Brüder, die so unterschiedlich wie Tag und Nacht sind. Doch das ist nicht ihr größtes Problem - denn Jack und Peter sind Vampire .
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Unter dem Vampirmond - Versuchung von Amanda HockingKapitel 1
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Jane hatte Gänsehaut an den Armen und stampfte wütend
mit dem Fuß auf - bestimmt wegen der Kälte. Sie würde aber natürlich behaupten, sie mache damit nur ihrem maßlosen Ärger Luft, und weiterhin die Theorie vertreten, dass das Kettenrauchen sie warm hielt.
»Das kotzt echt an«, motzte sie, schnippte ihre Zigarettenkippe auf den feuchten Gehsteig und trat sie mit ihren hochhackigen Stiefeln aus.
»Vielleicht sollten wir es für heute einfach aufgeben«, schlug ich vor.
Unsere gefälschten Ausweise waren lange nicht so überzeugend, wie Janes Kontakt versprochen hatte, sodass wir bereits vor der dritten Disko Schlange standen. Und sicher würden uns die Türsteher auch hier abweisen - wenn wir es überhaupt bis zur Tür schafften.
Ich hatte an diesem Abend Jane für mein Outfit sorgen lassen. Mit dem Ergebnis, dass nichts wirklich passte und alles viel zu freizügig war für eine Nacht in Minnesota. Dicke Nebelschwaden hingen über uns, doch Jane weigerte sich zu zittern und tat so, als kümmere sie die Kälte nicht im Geringsten. Sie hatte vor, sich zu betrinken und sich dann von irgendeinem Typen abschleppen zu lassen, und es schien unmöglich, sie von ihrem Plan abzubringen.
»Nein! « Jane schüttelte den Kopf. »Hier kommen wir rein. Das spüre ich.«
»Es ist schon nach Mitternacht, Jane.« Die Stöckelschuhe, die sie mir geliehen hatte, waren die reinste Folter für meine Füße, weshalb ich von einem Bein aufs andere trat, um die Schmerzen erträglicher zu machen.
»Ich möchte aber abtanzen und Spaß haben!«, jammerte sie und sah dabei viel jünger aus als siebzehn, was unsere Chancen, reingelassen zu werden, nicht gerade erhöhte. »Komm schon, Alice! Wozu sind wir denn jung?«
»Hoffentlich nicht dazu«, murmelte ich. Ich konnte mir Besseres vorstellen, als stundenlang vor Diskos Schlange zu stehen, um am Ende doch nirgends reinzukommen. »Wir können es ja nächstes Wochenende wieder probieren. Versprochen. Und bis dahin haben wir vielleicht auch bessere Ausweise.«
»Nicht mal was zu trinken hab ich«, schmollte sie. Doch ich merkte, dass sie allmählich klein beigab.
»Wir treiben bestimmt irgendwo was auf«, sagte ich.
Jane blieb nie auf dem Trockenen sitzen. Sie hatte ein besonderes Talent, an Alkohol zu kommen, denn wo Jane war, ließ die Party nicht lange auf sich warten.
»Gut.« Widerwillig trat sie aus der Warteschlange, und wir machten uns auf in Richtung zu Hause, weg von der grellen Neonbeleuchtung der Diskotheken, dem Zigarettenqualm und den beschwipsten Nachtschwärmern in Partylaune. »Aber du schuldest mir was.«
»Warum schulde ich dir was?«, fragte ich.
»Weil wir wegen dir so früh gehen.«
Wir waren erst ein paar Schritte gelaufen, als ich es in den geborgten Schuhen nicht mehr aushielt. Ich blieb stehen und zog sie aus. Lieber lief ich barfuß auf dem dreckigen Asphalt, als mir noch mehr Blasen zu holen. Wahrscheinlich würde ich Kaugummi in eine offene Wunde bekommen und davon Typhus oder Tollwut kriegen, doch selbst das schien noch das kleinere Übel zu sein.
Unser Heimweg führte uns weg von den Lokalen in eine ziemlich verlassene Gegend. Mitten in der Nacht durch Downtown Minneapolis zu spazieren, war nicht gerade das Sicherste, was zwei junge Mädchen tun konnten.
»Wir sollten uns ein Taxi nehmen«, schlug ich vor.
Doch Jane schüttelte den Kopf. Wir hatten nicht viel Geld, und je länger wir zu Fuß gingen, desto weniger würde uns das Taxi kosten. Ich wohnte beim Loring Park. Das war zwar nicht sehr weit entfernt, aber auch nicht nah genug, um die ganze Strecke zu Fuß zu gehen.
Ein grün-weißes Taxi fuhr an uns vorbei, und ich schaute ihm sehnsüchtig hinterher.
»Wir brauchen sowieso Bewegung«, sagte Jane, die meinen Blick bemerkt hatte.
Ich fragte mich, warum ich mich immer wieder auf ihre dummen Abenteuer einließ, die für sie jedes Mal viel spaßiger waren als für mich. Die weniger sexy Begleitung zu sein, war keine besonders glamouröse Rolle.
»Mir tun aber die Füße weh«, erwiderte ich.
»Wer schön sein will, muss ...«
»... leiden, ja, ja. Hab verstanden«, unterbrach ich sie mürrisch.
Jane zündete sich eine neue Zigarette an, und wir gingen schweigend weiter. Ich wusste, sie war sauer wegen des vermasselten Abends und plante insgeheim schon das nächste Abenteuer, in das sie mich hineinziehen konnte. Doch diesmal würde ich nicht darauf hereinfallen.
Der Verkehrslärm der Hennepin Avenue war mittlerweile so weit entfernt, dass ich die Schritte hinter uns hören konnte. Jane schien nichts bemerkt zu haben, doch ich war mir sicher, dass uns jemand folgte.
Dann wurden die Schritte plötzlich lauter und schneller und mischten sich mit stoßartigem Atmen und gedämpften Männerstimmen.
Jane schaute mich an, und ihr panischer Blick verriet mir, dass sie dasselbe gehört hatte. Sie war die Mutigere von uns und schaute sich um.
Als ich sie fragen wollte, was sie sah, rannte sie schon los. Das war Antwort genug. Ich versuchte, sie einzuholen, doch sie war schneller als ich und der Abstand zwischen uns blieb.
Am Ende der Straße war ein Parkhaus. Jane rannte hinein, und ich rannte hinterher. Es gab sicher Plätze, wo entschieden mehr Leute zu finden waren, doch Jane entschied sich blindlings für die schwach beleuchtete Tiefgarage. Ich wagte zum ersten Mal einen Blick nach hinten und sah die dunklen Silhouetten vier breitschultriger Männer. Sie pfiffen und johlten, als sie sahen, dass ich mich zu ihnen umdrehte.
Als ich wieder nach vorne sah, war Jane verschwunden. Mein Fluchtreflex versagte völlig, als ich nun plötzlich allein war, und ich erstarrte.
»Hier drüben! «, zischte Jane, doch das Echo in der Garage war so verwirrend, dass ich nicht sagen konnte, woher ihre Stimme kam. Also blieb ich wie angewurzelt stehen und hoffte, mein Tod würde schnell und schmerzlos sein. Über mir flackerte ein gelbes Licht.
»Hey, Süße«, schnurrte einer der Männer mit einer Stimme, die alles andere als freundlich klang.
Ich drehte mich zu ihnen um. Nachdem ich stehen geblieben war, hatten sie es auch nicht mehr so eilig und schlenderten nun lässig auf mich zu.
»Rennst du immer vor ein bisschen Spaß davon?«, fragte ein anderer. Aus irgendeinem Grund fanden seine Kumpel diese Bemerkung zum Brüllen komisch, und ihr Gelächter hallte durch die Garage.
Wie zur Salzsäule erstarrt, stand ich da, die bloßen Füße in einer Pfütze aus kaltem Wasser und Motorenöl. Mein Mund öffnete sich, um etwas zu sagen, vielleicht sogar, um zu schreien, doch es kam kein Ton heraus. Und dann gab das Licht über mir vollends seinen Geist auf.
Obwohl es ohnehin schon dunkel war, schloss ich die Augen. Ich wollte nichts von dem sehen, was sie mit mir tun würden. Sie rissen perverse Witze und lachten darüber, und ich war mir sicher, ich würde sterben. Irgendwo hinter mir hörte ich das Quietschen von Autoreifen, doch ich kniff meine Augen nur noch fester zusammen.
Kapitel 2
»Hey! Was macht ihr da?«, rief eine Stimme neben mir. Ich merkte sofort, dass sie nicht zu den Männern gehörte, die mich umzingelten, und öffnete die Augen.
»Wonach sieht es denn aus?«, knurrte ein tätowierter Riese, wich aber gleichzeitig einen Schritt zurück. Das Auto war auf den Parkplatz rechts neben mir gefahren und hatte seine hellen Scheinwerfer auf mich gerichtet.
»Ich denke, ihr macht jetzt besser einen Abgang«, sagte die Stimme.
Ich schielte zu dem Sprecher hinüber, doch der stand im Schatten der Scheinwerfer, sodass ich gegen das Licht nur sein pinkfarbenes T-Shirt erkennen konnte.
Als er auf sie zuging, wichen die Männer weiter zurück. Doch sie waren nicht schnell genug, denn plötzlich schoss das pinkfarbene T-Shirt so rasch auf sie zu, dass ich meinen Augen kaum traute. Es bewegte sich schneller, als es menschenmöglich schien und fegte die aufschreienden Männer in hohem Bogen aus der Garage hinaus.
Ich blinzelte ungläubig - ich war allein.
Das heißt, nicht ganz allein. Das Licht über mir flackerte wieder auf, und mein mysteriöser Retter stand neben mir. Auf seinem T-Shirt stand in Brusthöhe mit großen schwarzen Buchstaben »Wahre Männer tragen Pink«. Er sah älter aus als ich, etwa Anfang zwanzig, und war weder außergewöhnlich gut gebaut noch besonders groß. Tatsächlich war seine Statur eher drahtig als muskulös, und ich fragte mich, was meine Angreifer an ihm so erschreckt haben konnte. Er hatte ein freundliches, offenes Gesicht und ein unbefangenes Lächeln, auf das ich nicht anders als mit einem Lächeln antworten konnte, obwohl ich noch vor wenigen Augenblicken den Tod vor Augen gehabt hatte.
»Alles okay?«, fragte er und musterte mich.
»Ja«, sagte ich mit einer Stimme, die ich kaum wiedererkannte. »Du hast mir das Leben gerettet.«
»Du solltest hier nicht alleine herumlaufen«, antwortete er, ohne auf seine Heldentat einzugehen.
»Meine Freundin Jane ist hier irgendwo«, erinnerte ich mich und schaute mich nach ihr um. Ein Teil von mir war böse auf sie, weil sie nichts unternommen hatte, um mir zu helfen. Doch andererseits hätte ich mich an ihrer Stelle wahrscheinlich genauso verhalten und ich konnte von ihr schließlich nicht mehr verlangen als von mir selbst.
»Zwei Mädchen?«, fragte er mit hochgezogener Augenbraue.
»Ich glaube, Jane hat Pfefferspray dabei«, war meine lahme Antwort.
»Wo ist denn diese angebliche Freundin?« Er schaute sich auf dem Parkplatz um und zeigte dann auf einen Lieferwagen am anderen Ende der Tiefgarage. »Ich glaube, da drüben ist sie.«
»Wo?« Ich spähte in die Richtung, in die er zeigte, konnte aber nichts erkennen.
»Dort drüben«, wiederholte er und ging zu dem schwarzen Jetta, mit dem er gekommen war. »Komm, steig ein! Wir laden auch deine Freundin ein, und dann fahr ich euch nach Hause. «
Ohne zu zögern, ging ich zur Beifahrertür des Autos. Er hatte etwas an sich, das mein Vertrauen weckte.
Seine Stereoanlage spielte einen Song von Weezer, und im blauen Lichtschein der Armaturentafel betrachtete ich ihn zum ersten Mal genauer. Er hatte eine makellose Haut, doch sein Haar war völlig verwuschelt. Als er losfuhr, wandte ich den Blick von ihm ab, um nach Jane Ausschau zu halten. Sie kauerte hinter dem weißen Lieferwagen, und ich fragte mich, ob sie sich wohl die Mühe gemacht hatte, die Polizei oder sonst wen anzurufen. Er hielt neben ihr an und ließ das Fenster herunter.
»Jane?«, sagte er, und sie sah ihn an.
Nach allem, was passiert war, hatte ich erwartet, sie würde sich fürchten und vielleicht sogar wegrennen. Stattdessen schenkte sie ihm einen seltsam bewundernden Blick.
»Hi«, sagte sie, eindeutig bemüht um ihre übliche Flirtstimme, die ihr allerdings nicht ganz gelingen wollte.
»Er fährt uns nach Hause, Jane«, sagte ich, als sie ihn weiter anstarrte, ohne sich vom Fleck zu rühren. »Steig ein.«
»Okay.« Sie lächelte ihn an, öffnete die hintere Wagentür und stieg ein.
Ich wandte mich zu ihr um. »Alles in Ordnung mit dir?« »Alles prächtig«, sagte Jane, ohne den Blick von ihm abzuwenden. »Wer ist denn dein Freund hier?«
»Ich weiß nicht«, antwortete ich und schaute ihn fragend an. »Ich bin Jack«, sagte er. »Du bist Jane.« Dann schaute er mich an. »Und du bist ...?«
»Alice. «
»Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber ich könnte jetzt einen Kaffee vertragen«, sagte Jack und brauste los, ohne auf eine Antwort zu warten. Er hatte es auch nicht wirklich als Frage gemeint, vielleicht weil er annahm, dass wir ohnehin nicht widersprochen hätten.
»Cooles Auto«, sagte Jane, die zu ihrer unerträglich süßen Flirtstimme zurückgefunden hatte. Jack antwortete nicht, und eine unangenehme Stille machte sich breit.
»Ist das Weezer?«, fragte ich, um das Schweigen zu beenden. »Ja«, antwortete Jack nickend.
»Ich mag Pork and Beans.« Kaum hatte ich den Song erwähnt, klickte Jack schon weiter und ließ ihn spielen.
»Ich habe sie gesehen, als sie mit Motion City Soundtrack auf Tour waren«, sagte er.
»Echt?« Ich ignorierte den genervten Blick, den Jane mir zuwarf. »Ich bin ein großer Fan von denen. Wie sind sie denn live?«
»Ziemlich gut«, antwortete Jack schulterzuckend und bog scharf in die Parkbucht eines 24-Stunden-Diner ein.
Als wir aus dem Auto stiegen, hüpfte Jane zu Jack hinüber und hakte sich bei ihm ein. Er schien davon zwar nicht begeistert zu sein, wehrte sich aber nicht dagegen. Im hellen Licht der Straßenlaternen schaute ich ihn mir genauer an. Zu dem pinkfarbenen T-Shirt trug er Dickies-Shorts, Skatersocken und hellblaue Chucks und ähnelte damit eher gefärbter Zuckerwatte als einem potenziellen Objekt der Begierde für Jane.
»Oh, Mist!«, sagte ich und schaute auf meine dreckigen, nackten Füße.
Sie waren geschwollen und voller Blasen und Motoröl, und ich konnte mir beim besten Willen nicht vorstellen, sie wieder in Janes Schuhe zu zwängen.
»Was ist?«, fragte Jack und folgte meinem Blick. »Ach, geh einfach ohne Schuhe. «
»Ich kann doch nicht barfuß da reingehen.« Ich wusste auch keine andere Lösung, aber ich konnte ohne Schuhe kein Restaurant betreten.
»Du kannst ja solange im Auto warten«, schlug Jane mit einem selbstgefälligen Grinsen vor und lehnte sich enger an Jack. Doch der machte sich von ihr los und trat einen Schritt zur Seite. Sie schaute zwar etwas pikiert, aber ich wusste, so leicht würde sie sich nicht geschlagen geben.
»Nein, das geht schon«, beharrte Jack. »Wenn sie Schwierigkeiten machen, kümmere ich mich drum.«
»Wie meinst du das?«, fragte ich, doch er hatte mich bereits überzeugt. Schließlich hatte ich gesehen, wie er eine Bande übler Typen verjagt hatte. Die Nachtschicht in Denny's Diner dürfte da wirklich kein Problem sein.
Jack hatte recht, niemand merkte, dass ich keine Schuhe anhatte. Tatsächlich wurden Jane und ich überhaupt nicht beachtet. Die Bedienung war ausschließlich auf Jack fixiert.
Er nahm zuerst Platz, und Jane quetschte sich neben ihn, sodass er bis dicht ans Fenster weiterrückte. Ich setzte mich den beiden gegenüber, und Jack legte seinen Arm auf den Tisch und lehnte sich zu mir herüber.
»Was darf ich bringen?«, fragte die Bedienung.
»Nur Kaffee«, antwortete Jack. »Oder wollt ihr etwas anderes?«
»Kaffee ist okay«, sagte ich. Ich hatte ein bisschen Hunger, doch ich wollte nicht als Einzige etwas essen.
»Hast du denn keinen Hunger?«, fragte Jane, während sie mit den Fingern über seinen Arm strich. Jack entzog sich ihrer Berührung.
»Nein«, seufzte er und fügte murmelnd hinzu: »Schön wär's. «
»Wie bitte?«, fragte die Bedienung und beugte sich zu ihm herunter.
»Nichts«, sagte Jack lächelnd. »Nur Kaffee, bitte.«
Als die Kellnerin weiter an unserem Tisch stehen blieb, sagte ich: »Das ist alles, danke.« Und sie ging und kümmerte sich um unsere Bestellung.
»Nochmals danke, dass du uns gerettet hast.« Jane presste sich an Jack. »Wenn ich irgendetwas für dich tun kann, lass es mich wissen.« Hier ging definitiv etwas Seltsames vor sich, doch ich kam nicht drauf, was es war.
Ich konnte nichts übermäßig Attraktives an Jack finden. Zwar war seine Haut so braun wie nach einem Strandurlaub, was für Minnesota im März ziemlich ungewöhnlich war. Und seine Augen waren von einem faszinierenden Graublau, hatten aber eher etwas Kindliches an sich, überhaupt wirkte er sehr jung.
»Bist du berühmt oder so?«, platzte es aus mir heraus. Jane schaute verlegen genug für uns beide, also ersparte ich es mir, rot zu werden.
»Wie meinst du das?«, fragte er überrascht.
»Alle gaffen uns an - oder besser gesagt dich« , sagte ich. Ohne zu kontrollieren, ob ich recht hatte, zuckte Jack mit den Schultern und schaute auf den Tisch.
»Ich bin nicht berühmt«, sagte Jack. Es schien, als wolle er noch etwas hinzufügen, doch da kam die Kellnerin mit drei Tassen und einer Kanne Kaffee an den Tisch.
»Kann ich sonst noch etwas bringen?«, fragte die Kellnerin.
»Danke, das ist alles«, sagte Jane bissig und legte ihre Hand besitzergreifend auf Jacks Oberschenkel, bis die Kellnerin gegangen war.
»Komm schon. Was ist es?« Weil ich nun leiser sprach, lehnte ich mich, auf die Unterarme gestützt, zu ihm rüber. »Ich habe keine Erklärung dafür.« Jack nahm die Kanne und
füllte erst seine und meine Tasse und schenkte dann Jane ein. »Nimmst du Milch oder Zucker?«
»Beides. «
Natürlich hätte ich das auch selbst tun können, aber ich vermutete, er wollte mich bedienen, um besser überspielen zu können, dass er meiner Frage auswich. Er kippte einen Schuss Milch und zwei Päckchen Zucker in meinen Kaffee und tat auch Milch in seinen. Dann lehnte er sich zurück.
»Ich nehme auch Milch und Zucker«, sagte Jane, und Jack schob die Milch und die Schale mit den Zuckerpäckchen zu ihr rüber.
»Dann bist du also nicht berühmt?« Ohne eine direkte Antwort auf meine Frage wollte ich mich nicht zufrieden geben.
»Ich schwör es dir, ich bin nicht berühmt«, sagte Jack lächelnd. Das musste man ihm lassen: Er hatte das bezauberndste Lächeln aller Zeiten.
»Du kommst mir aber bekannt vor«, sagte ich.
»Ach ja, richtig!«, sagte Jack und schaute mich ebenso grübelnd an wie ich ihn.
»Kenne ich dich also von irgendwoher?« Noch während ich das sagte, wusste ich schon, dass ich auch damit falsch lag. Ich hätte schwören können, dass ich ihn noch nie zuvor gesehen hatte. Und trotzdem war er mir irgendwie vertraut.
»Das ist unmöglich«, sagte er kopfschüttelnd.
»Warum ist das unmöglich?«, fragte ich. »Bist du denn erst hergezogen?«
»Das ist kompliziert.« Er griff nach seinem Kaffee und einen Moment schien es, als wolle er trinken, aber dann ließ er die Tasse doch stehen.
Jane hatte sich mittlerweile damit abgefunden, ihren Kaffee zu schlürfen und uns zuzuhören. Als sie ihre Tasse leer getrunken hatte, schenkte sie sich nach.
»Warum ist es denn kompliziert?«
»Es ist einfach so.« Wieder warf mir Jack ein bezauberndes Lächeln zu.
Irgendwie schaffte er es, einerseits sehr jung zu wirken, als sei er erst um die fünfzehn, und gleichzeitig älter auszusehen als ich. Ein Eindruck, der vor allem von seinen Augen auszugehen schien.
»Wie alt bist du?«, fragte ich rundheraus.
Jack überraschte mich mit einem Lachen, das noch überwältigender war als sein Lächeln. Er hatte das großartigste Lachen, das man sich vorstellen konnte. Es klang so klar und perfekt.
»Wie alt bist du?«, konterte er und grinste mich an.
»Ich habe zuerst gefragt.« Ich verschränkte trotzig die Arme
und lehnte mich zurück, was ihn erneut zum Lachen brachte. »Na und?«, fragte Jack. »Du hast schließlich schon mehr
Fragen gestellt.«
»Ich bin siebzehn«, sagte ich mit einem nachgiebigen Seufzen.
»Vierundzwanzig«, sagte Jack und lächelte gequält.
»Kommst du dir denn nicht komisch dabei vor, mit zwei siebzehnjährigen Mädchen herumzuhängen?«, fragte ich.
Obwohl mir einerseits nicht einleuchtete, warum sich ein Vierundzwanzigjähriger mit zwei dahergelaufenen siebzehnjährigen Mädchen abgeben sollte, empfand ich es andererseits als das Natürlichste der Welt, hier mit ihm am Tisch zu sitzen.
»Ich bin reif für mein Alter«, warf Jane ein.
»Wenn ich mich recht erinnere, hättet ihr euch umbringen lassen, wenn ich nicht gekommen wäre.«
Er stützte die Arme auf den Tisch und lehnte sich zu mir herüber. »Was hattet ihr überhaupt vor?«
»Wir waren auf Diskotour, aber meine Füße taten mir so weh, dass ich nur noch nach Hause wollte«, sagte ich. Er sah mich einen Moment mit ernster Miene an, was nicht zu ihm passte. Dann schüttelte er den Kopf und füllte mir Kaffee nach.
»In welche Disko wolltet ihr?«, fragte Jack, während er Milch und Zucker in meinen Kaffee rührte. Seine eigene Tasse hatte er noch nicht angerührt, doch ich sagte nichts.
»Ich weiß nicht«, antwortete ich schulterzuckend. Ich hatte mich einfach von Jane ins Schlepptau nehmen lassen in der Hoffnung, es am Ende der Nacht heil nach Hause zu schaffen. »Was hast du denn in der Innenstadt gemacht? Warst du auch auf Tour?«
»Eher nicht«, sagte Jack. »Ich wollte ... mir etwas zu essen besorgen. «
»Um Mitternacht?« Ich zog die Augenbrauen hoch.
»Ich bin ein ziemlicher Nachtmensch.« Er warf einen Blick auf die Wanduhr des Restaurants und hatte es plötzlich eilig: »Es ist spät. Ich fahre euch jetzt besser nach Hause.«
»Ich bin hellwach«, zwitscherte Jane. Ich konnte das von mir leider nicht behaupten.
Trotz Kaffee und dem Adrenalinstoß von vorher war ich todmüde. Ich hätte gerne noch mehr Zeit mit Jack verbracht, doch mir tat inzwischen alles weh, vor allem meine Füße und Beine.
»Ich bin total erledigt«, sagte ich und gähnte laut zum Beweis.
Jack bezahlte die Rechnung, obwohl auch ich einen lahmen Versuch gestartet hatte. Es waren nur ein paar Dollar, und ich war viel zu müde, um lange zu protestieren.
...
Übersetzung: Ines Klöhn
© 2011 für die deutschsprachige Ausgabe
cbt Verlag in der Verlagsgruppe Random House GmbH, München.
Jane hatte Gänsehaut an den Armen und stampfte wütend
mit dem Fuß auf - bestimmt wegen der Kälte. Sie würde aber natürlich behaupten, sie mache damit nur ihrem maßlosen Ärger Luft, und weiterhin die Theorie vertreten, dass das Kettenrauchen sie warm hielt.
»Das kotzt echt an«, motzte sie, schnippte ihre Zigarettenkippe auf den feuchten Gehsteig und trat sie mit ihren hochhackigen Stiefeln aus.
»Vielleicht sollten wir es für heute einfach aufgeben«, schlug ich vor.
Unsere gefälschten Ausweise waren lange nicht so überzeugend, wie Janes Kontakt versprochen hatte, sodass wir bereits vor der dritten Disko Schlange standen. Und sicher würden uns die Türsteher auch hier abweisen - wenn wir es überhaupt bis zur Tür schafften.
Ich hatte an diesem Abend Jane für mein Outfit sorgen lassen. Mit dem Ergebnis, dass nichts wirklich passte und alles viel zu freizügig war für eine Nacht in Minnesota. Dicke Nebelschwaden hingen über uns, doch Jane weigerte sich zu zittern und tat so, als kümmere sie die Kälte nicht im Geringsten. Sie hatte vor, sich zu betrinken und sich dann von irgendeinem Typen abschleppen zu lassen, und es schien unmöglich, sie von ihrem Plan abzubringen.
»Nein! « Jane schüttelte den Kopf. »Hier kommen wir rein. Das spüre ich.«
»Es ist schon nach Mitternacht, Jane.« Die Stöckelschuhe, die sie mir geliehen hatte, waren die reinste Folter für meine Füße, weshalb ich von einem Bein aufs andere trat, um die Schmerzen erträglicher zu machen.
»Ich möchte aber abtanzen und Spaß haben!«, jammerte sie und sah dabei viel jünger aus als siebzehn, was unsere Chancen, reingelassen zu werden, nicht gerade erhöhte. »Komm schon, Alice! Wozu sind wir denn jung?«
»Hoffentlich nicht dazu«, murmelte ich. Ich konnte mir Besseres vorstellen, als stundenlang vor Diskos Schlange zu stehen, um am Ende doch nirgends reinzukommen. »Wir können es ja nächstes Wochenende wieder probieren. Versprochen. Und bis dahin haben wir vielleicht auch bessere Ausweise.«
»Nicht mal was zu trinken hab ich«, schmollte sie. Doch ich merkte, dass sie allmählich klein beigab.
»Wir treiben bestimmt irgendwo was auf«, sagte ich.
Jane blieb nie auf dem Trockenen sitzen. Sie hatte ein besonderes Talent, an Alkohol zu kommen, denn wo Jane war, ließ die Party nicht lange auf sich warten.
»Gut.« Widerwillig trat sie aus der Warteschlange, und wir machten uns auf in Richtung zu Hause, weg von der grellen Neonbeleuchtung der Diskotheken, dem Zigarettenqualm und den beschwipsten Nachtschwärmern in Partylaune. »Aber du schuldest mir was.«
»Warum schulde ich dir was?«, fragte ich.
»Weil wir wegen dir so früh gehen.«
Wir waren erst ein paar Schritte gelaufen, als ich es in den geborgten Schuhen nicht mehr aushielt. Ich blieb stehen und zog sie aus. Lieber lief ich barfuß auf dem dreckigen Asphalt, als mir noch mehr Blasen zu holen. Wahrscheinlich würde ich Kaugummi in eine offene Wunde bekommen und davon Typhus oder Tollwut kriegen, doch selbst das schien noch das kleinere Übel zu sein.
Unser Heimweg führte uns weg von den Lokalen in eine ziemlich verlassene Gegend. Mitten in der Nacht durch Downtown Minneapolis zu spazieren, war nicht gerade das Sicherste, was zwei junge Mädchen tun konnten.
»Wir sollten uns ein Taxi nehmen«, schlug ich vor.
Doch Jane schüttelte den Kopf. Wir hatten nicht viel Geld, und je länger wir zu Fuß gingen, desto weniger würde uns das Taxi kosten. Ich wohnte beim Loring Park. Das war zwar nicht sehr weit entfernt, aber auch nicht nah genug, um die ganze Strecke zu Fuß zu gehen.
Ein grün-weißes Taxi fuhr an uns vorbei, und ich schaute ihm sehnsüchtig hinterher.
»Wir brauchen sowieso Bewegung«, sagte Jane, die meinen Blick bemerkt hatte.
Ich fragte mich, warum ich mich immer wieder auf ihre dummen Abenteuer einließ, die für sie jedes Mal viel spaßiger waren als für mich. Die weniger sexy Begleitung zu sein, war keine besonders glamouröse Rolle.
»Mir tun aber die Füße weh«, erwiderte ich.
»Wer schön sein will, muss ...«
»... leiden, ja, ja. Hab verstanden«, unterbrach ich sie mürrisch.
Jane zündete sich eine neue Zigarette an, und wir gingen schweigend weiter. Ich wusste, sie war sauer wegen des vermasselten Abends und plante insgeheim schon das nächste Abenteuer, in das sie mich hineinziehen konnte. Doch diesmal würde ich nicht darauf hereinfallen.
Der Verkehrslärm der Hennepin Avenue war mittlerweile so weit entfernt, dass ich die Schritte hinter uns hören konnte. Jane schien nichts bemerkt zu haben, doch ich war mir sicher, dass uns jemand folgte.
Dann wurden die Schritte plötzlich lauter und schneller und mischten sich mit stoßartigem Atmen und gedämpften Männerstimmen.
Jane schaute mich an, und ihr panischer Blick verriet mir, dass sie dasselbe gehört hatte. Sie war die Mutigere von uns und schaute sich um.
Als ich sie fragen wollte, was sie sah, rannte sie schon los. Das war Antwort genug. Ich versuchte, sie einzuholen, doch sie war schneller als ich und der Abstand zwischen uns blieb.
Am Ende der Straße war ein Parkhaus. Jane rannte hinein, und ich rannte hinterher. Es gab sicher Plätze, wo entschieden mehr Leute zu finden waren, doch Jane entschied sich blindlings für die schwach beleuchtete Tiefgarage. Ich wagte zum ersten Mal einen Blick nach hinten und sah die dunklen Silhouetten vier breitschultriger Männer. Sie pfiffen und johlten, als sie sahen, dass ich mich zu ihnen umdrehte.
Als ich wieder nach vorne sah, war Jane verschwunden. Mein Fluchtreflex versagte völlig, als ich nun plötzlich allein war, und ich erstarrte.
»Hier drüben! «, zischte Jane, doch das Echo in der Garage war so verwirrend, dass ich nicht sagen konnte, woher ihre Stimme kam. Also blieb ich wie angewurzelt stehen und hoffte, mein Tod würde schnell und schmerzlos sein. Über mir flackerte ein gelbes Licht.
»Hey, Süße«, schnurrte einer der Männer mit einer Stimme, die alles andere als freundlich klang.
Ich drehte mich zu ihnen um. Nachdem ich stehen geblieben war, hatten sie es auch nicht mehr so eilig und schlenderten nun lässig auf mich zu.
»Rennst du immer vor ein bisschen Spaß davon?«, fragte ein anderer. Aus irgendeinem Grund fanden seine Kumpel diese Bemerkung zum Brüllen komisch, und ihr Gelächter hallte durch die Garage.
Wie zur Salzsäule erstarrt, stand ich da, die bloßen Füße in einer Pfütze aus kaltem Wasser und Motorenöl. Mein Mund öffnete sich, um etwas zu sagen, vielleicht sogar, um zu schreien, doch es kam kein Ton heraus. Und dann gab das Licht über mir vollends seinen Geist auf.
Obwohl es ohnehin schon dunkel war, schloss ich die Augen. Ich wollte nichts von dem sehen, was sie mit mir tun würden. Sie rissen perverse Witze und lachten darüber, und ich war mir sicher, ich würde sterben. Irgendwo hinter mir hörte ich das Quietschen von Autoreifen, doch ich kniff meine Augen nur noch fester zusammen.
Kapitel 2
»Hey! Was macht ihr da?«, rief eine Stimme neben mir. Ich merkte sofort, dass sie nicht zu den Männern gehörte, die mich umzingelten, und öffnete die Augen.
»Wonach sieht es denn aus?«, knurrte ein tätowierter Riese, wich aber gleichzeitig einen Schritt zurück. Das Auto war auf den Parkplatz rechts neben mir gefahren und hatte seine hellen Scheinwerfer auf mich gerichtet.
»Ich denke, ihr macht jetzt besser einen Abgang«, sagte die Stimme.
Ich schielte zu dem Sprecher hinüber, doch der stand im Schatten der Scheinwerfer, sodass ich gegen das Licht nur sein pinkfarbenes T-Shirt erkennen konnte.
Als er auf sie zuging, wichen die Männer weiter zurück. Doch sie waren nicht schnell genug, denn plötzlich schoss das pinkfarbene T-Shirt so rasch auf sie zu, dass ich meinen Augen kaum traute. Es bewegte sich schneller, als es menschenmöglich schien und fegte die aufschreienden Männer in hohem Bogen aus der Garage hinaus.
Ich blinzelte ungläubig - ich war allein.
Das heißt, nicht ganz allein. Das Licht über mir flackerte wieder auf, und mein mysteriöser Retter stand neben mir. Auf seinem T-Shirt stand in Brusthöhe mit großen schwarzen Buchstaben »Wahre Männer tragen Pink«. Er sah älter aus als ich, etwa Anfang zwanzig, und war weder außergewöhnlich gut gebaut noch besonders groß. Tatsächlich war seine Statur eher drahtig als muskulös, und ich fragte mich, was meine Angreifer an ihm so erschreckt haben konnte. Er hatte ein freundliches, offenes Gesicht und ein unbefangenes Lächeln, auf das ich nicht anders als mit einem Lächeln antworten konnte, obwohl ich noch vor wenigen Augenblicken den Tod vor Augen gehabt hatte.
»Alles okay?«, fragte er und musterte mich.
»Ja«, sagte ich mit einer Stimme, die ich kaum wiedererkannte. »Du hast mir das Leben gerettet.«
»Du solltest hier nicht alleine herumlaufen«, antwortete er, ohne auf seine Heldentat einzugehen.
»Meine Freundin Jane ist hier irgendwo«, erinnerte ich mich und schaute mich nach ihr um. Ein Teil von mir war böse auf sie, weil sie nichts unternommen hatte, um mir zu helfen. Doch andererseits hätte ich mich an ihrer Stelle wahrscheinlich genauso verhalten und ich konnte von ihr schließlich nicht mehr verlangen als von mir selbst.
»Zwei Mädchen?«, fragte er mit hochgezogener Augenbraue.
»Ich glaube, Jane hat Pfefferspray dabei«, war meine lahme Antwort.
»Wo ist denn diese angebliche Freundin?« Er schaute sich auf dem Parkplatz um und zeigte dann auf einen Lieferwagen am anderen Ende der Tiefgarage. »Ich glaube, da drüben ist sie.«
»Wo?« Ich spähte in die Richtung, in die er zeigte, konnte aber nichts erkennen.
»Dort drüben«, wiederholte er und ging zu dem schwarzen Jetta, mit dem er gekommen war. »Komm, steig ein! Wir laden auch deine Freundin ein, und dann fahr ich euch nach Hause. «
Ohne zu zögern, ging ich zur Beifahrertür des Autos. Er hatte etwas an sich, das mein Vertrauen weckte.
Seine Stereoanlage spielte einen Song von Weezer, und im blauen Lichtschein der Armaturentafel betrachtete ich ihn zum ersten Mal genauer. Er hatte eine makellose Haut, doch sein Haar war völlig verwuschelt. Als er losfuhr, wandte ich den Blick von ihm ab, um nach Jane Ausschau zu halten. Sie kauerte hinter dem weißen Lieferwagen, und ich fragte mich, ob sie sich wohl die Mühe gemacht hatte, die Polizei oder sonst wen anzurufen. Er hielt neben ihr an und ließ das Fenster herunter.
»Jane?«, sagte er, und sie sah ihn an.
Nach allem, was passiert war, hatte ich erwartet, sie würde sich fürchten und vielleicht sogar wegrennen. Stattdessen schenkte sie ihm einen seltsam bewundernden Blick.
»Hi«, sagte sie, eindeutig bemüht um ihre übliche Flirtstimme, die ihr allerdings nicht ganz gelingen wollte.
»Er fährt uns nach Hause, Jane«, sagte ich, als sie ihn weiter anstarrte, ohne sich vom Fleck zu rühren. »Steig ein.«
»Okay.« Sie lächelte ihn an, öffnete die hintere Wagentür und stieg ein.
Ich wandte mich zu ihr um. »Alles in Ordnung mit dir?« »Alles prächtig«, sagte Jane, ohne den Blick von ihm abzuwenden. »Wer ist denn dein Freund hier?«
»Ich weiß nicht«, antwortete ich und schaute ihn fragend an. »Ich bin Jack«, sagte er. »Du bist Jane.« Dann schaute er mich an. »Und du bist ...?«
»Alice. «
»Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber ich könnte jetzt einen Kaffee vertragen«, sagte Jack und brauste los, ohne auf eine Antwort zu warten. Er hatte es auch nicht wirklich als Frage gemeint, vielleicht weil er annahm, dass wir ohnehin nicht widersprochen hätten.
»Cooles Auto«, sagte Jane, die zu ihrer unerträglich süßen Flirtstimme zurückgefunden hatte. Jack antwortete nicht, und eine unangenehme Stille machte sich breit.
»Ist das Weezer?«, fragte ich, um das Schweigen zu beenden. »Ja«, antwortete Jack nickend.
»Ich mag Pork and Beans.« Kaum hatte ich den Song erwähnt, klickte Jack schon weiter und ließ ihn spielen.
»Ich habe sie gesehen, als sie mit Motion City Soundtrack auf Tour waren«, sagte er.
»Echt?« Ich ignorierte den genervten Blick, den Jane mir zuwarf. »Ich bin ein großer Fan von denen. Wie sind sie denn live?«
»Ziemlich gut«, antwortete Jack schulterzuckend und bog scharf in die Parkbucht eines 24-Stunden-Diner ein.
Als wir aus dem Auto stiegen, hüpfte Jane zu Jack hinüber und hakte sich bei ihm ein. Er schien davon zwar nicht begeistert zu sein, wehrte sich aber nicht dagegen. Im hellen Licht der Straßenlaternen schaute ich ihn mir genauer an. Zu dem pinkfarbenen T-Shirt trug er Dickies-Shorts, Skatersocken und hellblaue Chucks und ähnelte damit eher gefärbter Zuckerwatte als einem potenziellen Objekt der Begierde für Jane.
»Oh, Mist!«, sagte ich und schaute auf meine dreckigen, nackten Füße.
Sie waren geschwollen und voller Blasen und Motoröl, und ich konnte mir beim besten Willen nicht vorstellen, sie wieder in Janes Schuhe zu zwängen.
»Was ist?«, fragte Jack und folgte meinem Blick. »Ach, geh einfach ohne Schuhe. «
»Ich kann doch nicht barfuß da reingehen.« Ich wusste auch keine andere Lösung, aber ich konnte ohne Schuhe kein Restaurant betreten.
»Du kannst ja solange im Auto warten«, schlug Jane mit einem selbstgefälligen Grinsen vor und lehnte sich enger an Jack. Doch der machte sich von ihr los und trat einen Schritt zur Seite. Sie schaute zwar etwas pikiert, aber ich wusste, so leicht würde sie sich nicht geschlagen geben.
»Nein, das geht schon«, beharrte Jack. »Wenn sie Schwierigkeiten machen, kümmere ich mich drum.«
»Wie meinst du das?«, fragte ich, doch er hatte mich bereits überzeugt. Schließlich hatte ich gesehen, wie er eine Bande übler Typen verjagt hatte. Die Nachtschicht in Denny's Diner dürfte da wirklich kein Problem sein.
Jack hatte recht, niemand merkte, dass ich keine Schuhe anhatte. Tatsächlich wurden Jane und ich überhaupt nicht beachtet. Die Bedienung war ausschließlich auf Jack fixiert.
Er nahm zuerst Platz, und Jane quetschte sich neben ihn, sodass er bis dicht ans Fenster weiterrückte. Ich setzte mich den beiden gegenüber, und Jack legte seinen Arm auf den Tisch und lehnte sich zu mir herüber.
»Was darf ich bringen?«, fragte die Bedienung.
»Nur Kaffee«, antwortete Jack. »Oder wollt ihr etwas anderes?«
»Kaffee ist okay«, sagte ich. Ich hatte ein bisschen Hunger, doch ich wollte nicht als Einzige etwas essen.
»Hast du denn keinen Hunger?«, fragte Jane, während sie mit den Fingern über seinen Arm strich. Jack entzog sich ihrer Berührung.
»Nein«, seufzte er und fügte murmelnd hinzu: »Schön wär's. «
»Wie bitte?«, fragte die Bedienung und beugte sich zu ihm herunter.
»Nichts«, sagte Jack lächelnd. »Nur Kaffee, bitte.«
Als die Kellnerin weiter an unserem Tisch stehen blieb, sagte ich: »Das ist alles, danke.« Und sie ging und kümmerte sich um unsere Bestellung.
»Nochmals danke, dass du uns gerettet hast.« Jane presste sich an Jack. »Wenn ich irgendetwas für dich tun kann, lass es mich wissen.« Hier ging definitiv etwas Seltsames vor sich, doch ich kam nicht drauf, was es war.
Ich konnte nichts übermäßig Attraktives an Jack finden. Zwar war seine Haut so braun wie nach einem Strandurlaub, was für Minnesota im März ziemlich ungewöhnlich war. Und seine Augen waren von einem faszinierenden Graublau, hatten aber eher etwas Kindliches an sich, überhaupt wirkte er sehr jung.
»Bist du berühmt oder so?«, platzte es aus mir heraus. Jane schaute verlegen genug für uns beide, also ersparte ich es mir, rot zu werden.
»Wie meinst du das?«, fragte er überrascht.
»Alle gaffen uns an - oder besser gesagt dich« , sagte ich. Ohne zu kontrollieren, ob ich recht hatte, zuckte Jack mit den Schultern und schaute auf den Tisch.
»Ich bin nicht berühmt«, sagte Jack. Es schien, als wolle er noch etwas hinzufügen, doch da kam die Kellnerin mit drei Tassen und einer Kanne Kaffee an den Tisch.
»Kann ich sonst noch etwas bringen?«, fragte die Kellnerin.
»Danke, das ist alles«, sagte Jane bissig und legte ihre Hand besitzergreifend auf Jacks Oberschenkel, bis die Kellnerin gegangen war.
»Komm schon. Was ist es?« Weil ich nun leiser sprach, lehnte ich mich, auf die Unterarme gestützt, zu ihm rüber. »Ich habe keine Erklärung dafür.« Jack nahm die Kanne und
füllte erst seine und meine Tasse und schenkte dann Jane ein. »Nimmst du Milch oder Zucker?«
»Beides. «
Natürlich hätte ich das auch selbst tun können, aber ich vermutete, er wollte mich bedienen, um besser überspielen zu können, dass er meiner Frage auswich. Er kippte einen Schuss Milch und zwei Päckchen Zucker in meinen Kaffee und tat auch Milch in seinen. Dann lehnte er sich zurück.
»Ich nehme auch Milch und Zucker«, sagte Jane, und Jack schob die Milch und die Schale mit den Zuckerpäckchen zu ihr rüber.
»Dann bist du also nicht berühmt?« Ohne eine direkte Antwort auf meine Frage wollte ich mich nicht zufrieden geben.
»Ich schwör es dir, ich bin nicht berühmt«, sagte Jack lächelnd. Das musste man ihm lassen: Er hatte das bezauberndste Lächeln aller Zeiten.
»Du kommst mir aber bekannt vor«, sagte ich.
»Ach ja, richtig!«, sagte Jack und schaute mich ebenso grübelnd an wie ich ihn.
»Kenne ich dich also von irgendwoher?« Noch während ich das sagte, wusste ich schon, dass ich auch damit falsch lag. Ich hätte schwören können, dass ich ihn noch nie zuvor gesehen hatte. Und trotzdem war er mir irgendwie vertraut.
»Das ist unmöglich«, sagte er kopfschüttelnd.
»Warum ist das unmöglich?«, fragte ich. »Bist du denn erst hergezogen?«
»Das ist kompliziert.« Er griff nach seinem Kaffee und einen Moment schien es, als wolle er trinken, aber dann ließ er die Tasse doch stehen.
Jane hatte sich mittlerweile damit abgefunden, ihren Kaffee zu schlürfen und uns zuzuhören. Als sie ihre Tasse leer getrunken hatte, schenkte sie sich nach.
»Warum ist es denn kompliziert?«
»Es ist einfach so.« Wieder warf mir Jack ein bezauberndes Lächeln zu.
Irgendwie schaffte er es, einerseits sehr jung zu wirken, als sei er erst um die fünfzehn, und gleichzeitig älter auszusehen als ich. Ein Eindruck, der vor allem von seinen Augen auszugehen schien.
»Wie alt bist du?«, fragte ich rundheraus.
Jack überraschte mich mit einem Lachen, das noch überwältigender war als sein Lächeln. Er hatte das großartigste Lachen, das man sich vorstellen konnte. Es klang so klar und perfekt.
»Wie alt bist du?«, konterte er und grinste mich an.
»Ich habe zuerst gefragt.« Ich verschränkte trotzig die Arme
und lehnte mich zurück, was ihn erneut zum Lachen brachte. »Na und?«, fragte Jack. »Du hast schließlich schon mehr
Fragen gestellt.«
»Ich bin siebzehn«, sagte ich mit einem nachgiebigen Seufzen.
»Vierundzwanzig«, sagte Jack und lächelte gequält.
»Kommst du dir denn nicht komisch dabei vor, mit zwei siebzehnjährigen Mädchen herumzuhängen?«, fragte ich.
Obwohl mir einerseits nicht einleuchtete, warum sich ein Vierundzwanzigjähriger mit zwei dahergelaufenen siebzehnjährigen Mädchen abgeben sollte, empfand ich es andererseits als das Natürlichste der Welt, hier mit ihm am Tisch zu sitzen.
»Ich bin reif für mein Alter«, warf Jane ein.
»Wenn ich mich recht erinnere, hättet ihr euch umbringen lassen, wenn ich nicht gekommen wäre.«
Er stützte die Arme auf den Tisch und lehnte sich zu mir herüber. »Was hattet ihr überhaupt vor?«
»Wir waren auf Diskotour, aber meine Füße taten mir so weh, dass ich nur noch nach Hause wollte«, sagte ich. Er sah mich einen Moment mit ernster Miene an, was nicht zu ihm passte. Dann schüttelte er den Kopf und füllte mir Kaffee nach.
»In welche Disko wolltet ihr?«, fragte Jack, während er Milch und Zucker in meinen Kaffee rührte. Seine eigene Tasse hatte er noch nicht angerührt, doch ich sagte nichts.
»Ich weiß nicht«, antwortete ich schulterzuckend. Ich hatte mich einfach von Jane ins Schlepptau nehmen lassen in der Hoffnung, es am Ende der Nacht heil nach Hause zu schaffen. »Was hast du denn in der Innenstadt gemacht? Warst du auch auf Tour?«
»Eher nicht«, sagte Jack. »Ich wollte ... mir etwas zu essen besorgen. «
»Um Mitternacht?« Ich zog die Augenbrauen hoch.
»Ich bin ein ziemlicher Nachtmensch.« Er warf einen Blick auf die Wanduhr des Restaurants und hatte es plötzlich eilig: »Es ist spät. Ich fahre euch jetzt besser nach Hause.«
»Ich bin hellwach«, zwitscherte Jane. Ich konnte das von mir leider nicht behaupten.
Trotz Kaffee und dem Adrenalinstoß von vorher war ich todmüde. Ich hätte gerne noch mehr Zeit mit Jack verbracht, doch mir tat inzwischen alles weh, vor allem meine Füße und Beine.
»Ich bin total erledigt«, sagte ich und gähnte laut zum Beweis.
Jack bezahlte die Rechnung, obwohl auch ich einen lahmen Versuch gestartet hatte. Es waren nur ein paar Dollar, und ich war viel zu müde, um lange zu protestieren.
...
Übersetzung: Ines Klöhn
© 2011 für die deutschsprachige Ausgabe
cbt Verlag in der Verlagsgruppe Random House GmbH, München.
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Autoren-Porträt von Amanda Hocking
Amanda Hocking, geb. 1984, lebt in Austin, Minnesota. Sie wurde im Zeitraum von Dezember 2010 bis März 2011 mit neun als E-Books selbst verlegten Büchern überraschend zur Auflagen- und Dollar-Millionärin. Inzwischen verhandelt die ehemalige Altenhelferin über Filmrechte für eine ihrer Trilogien. Amanda Hocking zählt derzeit zu den erfolgreichsten selbst verlegten SchriftstellerInnen der Welt.
Bibliographische Angaben
- Autor: Amanda Hocking
- Altersempfehlung: 13 - 16 Jahre
- 2011, 317 Seiten, Maße: 13,5 x 21,5 cm, Kartoniert (TB), Deutsch
- Übersetzung: Klöhn, Ines
- Übersetzer: Ines Klöhn
- Verlag: cbt
- ISBN-10: 3570161358
- ISBN-13: 9783570161357
Rezension zu „Versuchung / Unter dem Vampirmond Bd.1 “
"Die Geschichte von Amanda Hocking (...) hat viel vom amerikanischen Traum." Spiegel Online, 3. März 2011
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