Wandelgermanen
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Der unglaubliche Roman einer unglaublichen Landpartie. Zum Brüllen komisch, zum Erschauern wahr.
Der unglaubliche Roman einer unglaublichen Landpartie. Zum Br llen komisch, zum Erschauern wahr.
"Es war nur eine Frage der Zeit, bis jemand erkannte, dass in den unergr ndlichen Tiefen der deutschen Seele eine unverhoffte Komik schlummert. Uschmann hat sie wachgek sst." - Eric T. Hansen
"Tot sein hat einen Nachteil: Man verpasst das neue Uschmann-Buch." - Michel Birb k
Wandelgermanen von Oliver Uschmann
LESEPROBE
Am spätenNachmittag erreichen wir Schrozberg, die nächstgelegene Stadt,Verwaltungszentrum unseres Dorfes, Zivilisation mit Straßennamen. Wir werdenlangsamer, als wir in den kleinen Ort einfahren, aber es wirkt, als stünden wirauf der Stelle und würden auf einem Rollband langsam an den Einwohnern vorbeigetragen. Mütter heben ihre Köpfe wie Wasservögel,ein Mann kommt aus einem Getränkemarkt und sieht
zu uns herüber.Ich werfe einen Blick in den Rückspiegel und sehe Hartmut an seinem Lenkrad,konzentriert, als dürfe man jetzt keine Fehler machen und unter den Augen derBevölkerung vom Rollband abrutschen. Ein alter Mann auf einer Holzbank hebt denKopf, doch seine Augen bleiben auf der Stelle wie ein Kugellager. Am Bahnhof,einem brüchigen alten Gebäude mit neuem Fortsatz aus Holz, streckt sich auf deranderen Seite der Gleise ein grauer Turm in den Himmel. Eine riesige Wand mitverblasster Schrift, eine schmutzige Fabrik, die aussieht, als hätte manamerikanischen Industriefotografen die Ästhetik weggenommen. Ich kenneamerikanische Industriefotografen ja erst, seit Caterina mich für Kunstbegeistert. Mit ihr hinter einem großen Folianten über Industriefotografie zu verschwinden,während die Decke leise raschelt und ihr die kleine rote Locke in die Stirn fällt,ist erotischer als alles, was meine damaligen Kollegen vom Band jemals mitihren »Schnecken « auf dem Parkplatz der Disco angestellt haben. Martin würdedas nie verstehen. Sosehr ich ihn mag, aber das würde er nie verstehen. DerTurm in Schrozberg ist ein aschfahler Wächter über zwei Gleise, der Bahnsteigdazwischen nur ein brüchiger, dünner Faden Beton. Caterinas Blick bleibt darankleben, doch schon zwei Kurven später ist die Stadt bereits zu Ende. VonSchrozberg nach Großbärenweiler sind es 7,5 Kilometer, und mit jedem Meter seheich, wie Hartmut im Rückspiegel wieder aufblüht. Yannick steht auf CaterinasSchoß und sieht gespannt aus dem Fenster, all die neuen Eindrücke setzen sich inseinen Ohren in Bewegung um. Irmtraut hat das linkeVorderbein aus dem Panzer geschoben. Alles andere ist noch drin.
Sie tipptmit den Krallen wie ein Wartender bei der Postbank. Die Nachmittagssonne lässtFelder, Weiden und Waldränder aus ihrem Inneren heraus kräftig leuchten; linksund rechts der Straße ist nichts als Natur. Wir haben in den letzten Wochen oftauf die Karte und die wenigen Bilder im Netz geschaut und uns vorgestellt, wieunser Leben in dieser fernen Region sein würde. Kein Tamtam wie in der Stadt, wosich jeder wichtig nimmt: Hier wären wir bloß noch kleine Punkte auf demKalenderbild eines Landschaftsmalers. Und jetzt, wo wir die letzten Meter zuunserem Dorf zurücklegen, sind wir nicht enttäuscht. Wir sind im Kalenderblatt.Der Duft frischen Heus weht durch die Lüftung, der graue Betonriese am Bahnhofist vergessen.
Da ichunser neues Haus mangels Straßennamen ohnehin nicht auf Anhieb finde, biege ichan der einzigen Kreuzung des Ortes ab und stoppe den großen Transporter aufeinem kleinen Platz zwischen der Rückseite eines großen Hauses, den Wirtschaftsgebäudeneines Bauernhofes und einem krumm stehenden Fachwerkhaus, dessen Garten völligverwildert ist. Wir öffnen die Türen, hören das beruhigende Knirschen unsererSchuhe auf Kies, strecken uns und knutschen erst mal, bis Hartmut und Susanneden zweiten Bus hinter unserem parken, aussteigen und ihre Finger zu Yannickhineinstrecken, der im Cockpit unseres Transporters im Körbchen sitzt undmaunzt.
»Geschafft!«, sage ich, wie Männer das nach einer langen Fahrt sagen,und die Frauen stemmen die Hände in die Flanken und atmen tief Landluft ein. ( )
© ScherzVerlag
- Autor: Oliver Uschmann
- 2007, 380 Seiten, Maße: 21,5 cm, Kartoniert (TB), Deutsch
- Verlag: FISCHER Scherz
- ISBN-10: 3502110514
- ISBN-13: 9783502110514
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