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  • 5 Sterne

    29 von 38 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Elke S., 10.03.2020

    Als Buch bewertet

    Endlich wird diesen Männern eine Stimme verliehen

    Historiker Christian Hardinghaus hat mir schon mehrfach mit Sachbüchern und historischen Romanen tolle Unterhaltung und einige Nachhilfe in Bereichen, die man sonst so nicht im Geschichtsbuch findet, geboten. Deshalb war auch „Die verdammte Generation“ ein absolutes Muss für mich.

    „Nur schade, dass man sich in Deutschland nicht für meine Geschichte interessiert, das heißt für die Geschichte deutscher Soldaten überhaupt. Ich wäre gerne mal in Schulklassen gegangen. Die amerikanischen Soldaten aus dem Zweiten Weltkrieg haben das gemacht für Schüler. Vielleicht hätte es auch hier etwas gebracht. Vor dem Krieg muss man warnen, wenn man ihn kennt. Aber da hat niemand gefragt.“, sind Worte von Zeitzeuge Fritz.

    Die verdammte Generation, treffender hätte der Titel wohl das Los dieser hier versammelten Zeitzeugen gar nicht beschreiben können. „Sie gehörten der verdammten Generation an. Verdammt zum Kämpfen, verdammt zum Schweigen, später dafür verdammt, am Krieg teilgenommen zu haben.“.

    Daran, dass sie zum Kämpfen verdammt wurden, kann heute keiner mehr etwas ändern. Aber einen wertvollen Beitrag dazu, dass sie nicht länger schweigen müssen, leistet dieses Buch, in dem Christian Hardinghaus ihnen endlich eine Stimme verleiht und auch ihrer Verdammung als Kriegsteilnehmer, die getötet haben, wirkt er entgegen, indem er klar deutlich macht, was Soldat sein überhaupt bedeutet hat.

    Denn „Es kann und darf nicht sein, dass heute jeder, der sich nicht offensichtlich im Widerstand organisiert hat, in den Verdacht gerät, Täter gewesen zu sein, und dass er schuldig gesprochen wird für etwas, dass er weder zu verantworten hatte noch hätte verhindern können.“ Dass Teile der Wehrmacht an Kriegsverbrechen beteiligt waren leugnet niemand, aber gegen ein falsches Pauschalurteil alle Deutschen, alle Soldaten waren Nazis, hilft nur Wissen und dieses bekommt man hier geboten. So ist z.B. ganz klar und historisch belegt ist, „dass der einfach deutsche Soldat in der Mehrheit deswegen so erbittert gekämpft hat, weil er glaubte, - und bewusst in dem Glauben gelassen wurde -, er verteidige in der Sowjetunion seine Heimat, Angst Russen fallen zuhause bei ihren Lieben ein ,,,.“. Ebenso wenig ist der breiten Masse leider nicht bekannt, dass kein einziger Soldat genaue Anweisungen oder Informationen erhielt und dass es eine strikte Trennung zwischen NSDAP, SS, SA und Wehrmacht gab. Dabei war es Wehrmachtsangehörigen während ihrer Dienstzeit nicht umsonst verboten, Mitglied der NSDAP zu sein. „Man wollte verhindern, dass die kämpfende Truppe sich mit etwas anderem beschäftigte, als militärisch zu funktionieren und strategische Erfolge einzuheimsen.“

    Hier wird weder der Erinnerungskultur an den Holocaust versucht den Rang abzulaufen, Soldaten werden nicht in den Himmel gehoben, durch die Ergänzungen des Autors auch kein Kriegsverbrechen von deutscher Seite verschwiegen, sondern es wird ein möglichst realistisches und authentisches Bild des Kriegserlebens eines durchschnittlichen Wehrmachtssoldaten beschrieben. Ein möglichst umfassendes Bild bekommt man als Leser, da hier dreizehn Zeitzeugen versammelt sind, die diversen Waffengattungen angehörten, beim Piloten angefangen, über Funker, Luftwaffenhelfer, Kradmelder bis hin zum Flakhelfer, einfache Landser, aber auch ranghöhere Unteroffiziere. Zudem sind die Einsatzorte mehr als vielfältig. U.a. bekommt man Berichte von Estland, Afrika, der Ost- und Westfront, dem D-Day oder auch dem Kriegsende rund um den Berliner Reichstag. So bekommt man auch einen tollen Querschnitt durch den gesamten Kriegsverlauf.

    Der Autor stellt seine Zeitzeugen alle kurz in einleitenden Zeilen vor. Wie leben sie heute, woran leiden sie, wie haben sie die Zeit vor dem Krieg verbracht und empfunden. So war ich z.B. baff erstaunt, dass ein Fritz in seinem Alter fast als Technikgenie zu bezeichnen ist, habe mich darüber gefreut, dass ein Otto fest an seinen Engel glaubt und gerührt, dass er mit ihm über restliche Lebensjahre verhandelt, oder hatte auch Mitleid , wenn ich bei Karl-Friedrich lesen musste, „Ich zucke heute noch zusammen, wenn die Feuerwehr hier einmal in der Woche Probealarme laufen lässt.“

    Anschließend bekommt man Erzählungen vom persönlich erlebten Kriegsalltag, die der Autor gelungen in Hintergrundinformationen einbettet. Darunter sind viele schockierende Szenen, die mich ob des Elends sehr betroffen gemacht haben, wie kann man eine solche Hölle überleben? „Da kamen zerlumpte, schwer verwundete deutsche Soldaten auf das Rollfeld gestolpert und versuchten, die Tante Ju zu erreichen. Aber der Pilot sah zu, dass er wegkam. Der Motor heulte auf, die Maschine verschwand in der Dunkelheit, und die schreienden Verwundeten, die zum Teil versucht hatten, sich an das Flugzeug zu klammern, verschwanden ebenfalls wieder.“ (Wigand), oder „Da liegt dein Kamerad im Sand, blutüberströmt, frierend in der Wüste; Man weiß, dass er stirbt, und seine letzte Bitte, die es an dich richtet, ist, dass du seiner Mutter bitte nicht sagen sollst, wie er gestorben ist.“(Josef),. sind nur zwei Beispiel dafür. Es werden zudem Erklärungsversuche gemacht, “Erst jagen ihnen die ersten Toten Schrecken ein, kurz haben sie selbst Angst, zu sterben, beobachten Kriegsverbrechen mit Entsetzen. Doch nach wenigen Wochen, bei manchen schon nach Tagen, setzt alles Denken und Fühlen über derartige Inhumanitäten aus. Möglicherweise ist dies für den Mensch die einzige Möglichkeit, in Extremsituationen zu überleben.“ Teilweise wird hier nüchtern, abgeklärt geschildert, „Man muss versuchen in diesen Momenten einen klaren Kopf zu behalten. Wer da durchdreht, ist selbst erledigt. Es ist schwer das zu beschreiben. Im Frieden hält man solche Anblicke nicht aus. Aber der direkte Überlebenswille im Krieg schafft selbst das.“, um dann fast schon um Entschuldigung heischend hinterher zu schieben, „Es ist komisch, wenn ich heute darüber nachdenke. Ich habe damals wirklich überhaupt nichts dabei empfunden. Dafür hatte ich wohl keine Zeit. Ich musste ja eine Mannschaft kommandieren.“ (Wigand) Ab und an mischen sich auch einige schöne Berichte darunter wie „Alle haben sich gefreut und bedankt, dass wir sie vor den Russen beschützen. Das hat einen schon stolz gemacht“ so als junger Mann, als kleiner Teil von etwas, das anscheinend einigen Leuten Frieden brachte.“ (Werner)

    Am Ende eines jeden Abschnitts stellt der Autor noch einmal, meist drei, persönliche Fragen. Immer mit dabei ist die Frage nach der Kriegsgefangenschaft. Hier hat mich sicherlich das Rheinwiesenlager Sinzing, in dem Rolf ausharren musste, am allermeisten schockiert, „Dieser Hunger. Es gab nichts. Wir haben Gras, Brennnesseln und Unkraut gegessen. Überall lagen Verletzte, Amputierte, einige schrien, die meisten vegetierten nur vor sich hin. […] Ich lag nur in Schlamm und Dreck, umgeben vom Verwesungsgestank der Leichen. […] Tagsüber flogen viermotorige Maschinen über die Wiese und schossen einfach auf uns. Wer starb, der starb. Es schrie schon keiner mehr.“ Verblüfft war ich, wie relativ gut es oft Soldaten, hier z.B. Karl-Friedrich oder Josef in Lagern in den USA ging. Ebenfalls wird danach gefragt, wann sie vom Holocaust erfahren haben, was alle definitiv erst nach Kriegende haben, und auch ein Blick aufs Jetzt oder die Zukunft wird geworfen. Besonders aus der Seele gesprochen haben mir dabei folgende Aussagen von Wigand, die die aktuellen Schieflagen unserer Gesellschaft so treffend beschreiben, „Es scheint eine besondere Eigenart unseres Volkes zu sein, stets die eigene Courage zu verlieren, wegzusehen, mitzumachen, je nachdem, woher der Wind weht. So einen Geltungsdrang, wie unter den Deutschen, so eine Übervorsicht, was man wohl von ihnen denken könnte, wenn sie dies machten oder jenes.“, „Und dann geht das Suchen nach den Schuldigen ständig von vorn los, für alles. Dabei zerfleischen die Deutschen stets sich selbst, legen sich mit dem Nachbarn an, der einfach anders denkt, obwohl das in einer Demokratie, die wir ja sein wollen, sein gutes Recht ist.“

    Alle dreizehn Zeitzeugen haben bewegende Schicksale von denen sie hier erzählen. Eigentlich müsste ein jeder hier Erwähnung finden, was aber leider den Rahmen sprengen würde, deshalb stellvertretend vielleicht diese zwei. Denn den größten Respekt habe ich vor Wigand, der trotz aller Warnungen freiwillig zurück in den Kessel von Stalingrad zurückgekehrt ist, weil er seine Truppe nicht alleinlassen wollte. Und besonders nahe gegangen ist mir der Abschnitt über Werner, dem es, je älter er wird, immer weniger gut gelingt, die Erinnerungen an den Krieg zu verdrängen und den deswegen oft Schuld- und Schamgefühle plagen und der sich solche Selbstvorwürfe macht. Er erzählt sehr emotional, was ihn mit unglaublich nahe gebracht hat und ich hätte ihm bei den Schilderungen, die ihm Tränen über die Wangen laufen lassen, am liebsten tröstend in den Arm genommen.

    Christian Hardinghaus hier endlich an, was längst überfällig war, nämlich, dass auch vom Kriegsleid der deutschen Soldaten berichtet wird, diese vom Generalverdacht befreit werden, und so vielleicht auch den Deutschen von dem Schuldbewusstsein genommen wird, das sie oft so handlungsunfähig macht. Alles in allem eine absolute Pflichtlektüre und begeisterte fünf Sterne.

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  • 5 Sterne

    3 von 3 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Karl-Heinz W., 24.04.2021

    Verifizierter Kommentar
    Als Buch bewertet

    Mich interessiert seit längerem die Geschichte dieses unseligen Zeit und besonders das Leben der Menschen, die sich den Herausforderungen stellen mussten - freiwillig oder gezwungen. Mich hat das Buch gut informiert. Dass der Autor aus Osnabrück stammt und viele der Protagonisten aus dem näheren Umfeld der Region, hat mich zusätzlich in den Bann gezogen. Ich lebe dort und die Ortschaften sind mir vertraut, ebenso wie Boppard, Hameln und andere Orte, zu dem das Werk einen Bezug hat. Auch wer nicht in der Region verankert ist, wird einen nachhaltigen Eindruck gewinnen - die Geschichte unseres Landes aus einem anderen Bllickwinkel kennenlernen.

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  • 4 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Gerald J., 11.10.2020

    Verifizierter Kommentar
    Als Buch bewertet

    Durch die 13 Ausagen ehemaliger Wehrmachtssoldaten bin ich nun der Meinung, das Kriegsverbrechen durch die Wehrmacht zu einem sehr geringen Prozentsatz verübt worden sind. Ein Wehrmachtssoldat ist absolut kein Nazi!
    Sicher ist, das Verbrechen an der Menschlichkeit hat stattgefunden, durch SS Angehörige.
    Die Berichte sind gut geschrieben, ab und an glaubt man nicht was Menschen tun können. Interesse daran habe ich, da mein Opa in Russland im Dienste der Wehrmacht gefallen ist. Auch die menschliche Seite, Ängste, Gedanken, Leid werden eindrücklich dargestellt.
    Das Buch rückt die eine und andere Ansicht hoffentlich ins richtige Licht.

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  • 5 Sterne

    2 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Gertie G., 15.03.2020

    Als Buch bewertet

    Christian Hardinghaus, Historiker, Sachbuch- und Krimiautor, hat mit diesem Buch ein längst fälliges geschrieben, denn der Umgang mit den Männern, die während des Zweiten Weltkrieges in der Wehrmacht gedient haben, lässt in Deutschland und in Österreich sehr zu wünschen übrig.

    Schon im Titel lässt sich ahnen, dass es diesen Männern zu keiner Zeit ihres oft langen Lebens leicht gemacht wurde. Sie sind quasi von Beginn an mehrfach verdammt. Verdammt dazu, in eine Zeit hineingeboren zu sein, die das Schlechteste und auch das Beste aus dem Menschen hervorholt, verdammt dazu, einem verbrecherischen Regime zu dienen, das rücksichtslos Millionen von Menschen in den Tod schickt, verdammt dazu zu töten, um selbst zu überleben, verdammt dazu in Kriegsgefangenschaft zu geraten, verdammt dazu zu sein, verletzt an Körper und Seele zurückzukehren und mit niemandem über die Erlebnisse sprechen zu können, weil das Grauen der Shoa alle anderen Leiden verdeckt. Diese Generation wird von ihren Kindern verdammt, weil sie dem Regime zu wenig Widerstand geboten hätten. Mit dem Wissen von heute, den Väter ihre Taten oder Unterlassungen vorzuwerfen, ist verdammt billig.

    Christian Hardinghaus hat, stellvertretend für die abertausenden Männer, die er nicht mehr kennenlernen konnte, 13 Soldaten der Wehrmacht interviewt und ihre Geschichte aufgeschrieben. Dabei lässt er persönliche Eindrücke so stehen, wie sie ihm erzählt wurden. Behutsam setzt er die Berichte in den historischen Kontext und lässt für uns Leser die Zeit des Zweiten Weltkrieges auferstehen.

    Das sind die 13 Männer, an deren Lebensgeschichten wir teilhaben dürfen:

    Otto (1916-2017)
    Wigand (1920-2017)
    Werner (1920)
    Johannes (1921)
    Hans-Werner (1922)
    Karl-Friedrich (1923) und Josef (1923-2019)
    Fritz (1923-2019
    Jakob (1924)
    Paul (1925)
    Rolf (1927)
    Ernst (1923-2017)
    Wolfgang (1930-2016)

    Doch bevor wir uns den Einzelpersonen nähern können, müssen wir uns einigen Lügen, Mythen und Versäumnissen stellen, dieüber die Wehrmacht erzählt werden. So betrachtet Christian Hardinghaus die „Wehrmachtsausstellung“ mit gebotener Distanz. Diese Ausstellung, die zwischen 1995 und 1999 in zahlreichen deutschen und österreichischen Städten gezeigt wurde, räumt mit der „sauberen Wehrmacht“, die an keinen Kriegsverbrechen beteiligt war, auf und schwört dennoch ein falsches Bild der Soldaten herauf. Denn die meisten Soldaten wussten nicht, was in den Vernichtungslagern wie Auschwitz, Bergen-Belsen oder Mauthausen vor sich ging. Die Namen einiger Lager war zwar bekannt, doch hielt man sie für Straflager. Ein kleiner Teil der Wehrmachtsangehörigen war jedoch an Morden an der (jüdischen) Zivilbevölkerung in den besetzten Gebieten direkt oder indirekt beteiligt. Sei, dass sie selbst zum Hinrichtungspeloton gezwungen wurden oder als Logistiker Waffen, Munition oder Nahrungsmittel beschafften.

    Wir begleiten also die jungen Männer quer durch Europa, auf die diversen Kriegsschauplätze von der Normandie bis ins tiefste Russland.

    Jede Geschichte enthält biografische Daten wie Geburtsdatum, Herkunft und Elternhaus. Vor allem das Elternhaus prägt die jungen Soldaten, sei es, dass sie aus tief religiösen, christlichem oder humanistischen Elternhaus stammen oder, dass ein Vater doch bei der SS war. Anschließend lässt Christian Hardinghaus die betagten Männer erzählen. Die furchtbaren Ereignisse kommen wieder aus dem Inneren hervor und lassen den einen oder anderen in Tränen ausbrechen. Die Erzählungen werden - wie die Leser es vom Historiker Hardinghaus gewöhnt sind - in den historischen Kontext eingebettet, so dass der interessierte Leser auch von kaum bekannten Gefechten und Kriegsverbrechen (wie die „Allerseelenschlacht“ oder den „Bromberger Blutsonntag“ oder die Kriegsgefangenenlager der Alliierten wie die „Rheinwiesenlager“) erfährt.

    Anschließend stellt der Autor den ehemaligen Wehrmachtssoldaten jeweils drei Fragen. Eine davon ist jene, ob und was sie von der Shoa gewusst haben. Hier tritt Erstaunliches zu Tage: Die Wehrmacht wurde „künstlich dumm“ gehalten. Die Soldaten haben darüber offiziell nichts erfahren, denn Soldaten durften (erstaunlicherweise) nicht Mitglieder der NSDAP sein. Dass die jüdischen ehemaligen Schulkollegen und Nachbarn verschwunden sind, haben sie eher noch im früheren Zivilleben mitbekommen. Doch, und das ist das Perfide am System und der Propaganda, die hier ganze Arbeit geleistet hat, waren die jungen Männer der Meinung, dass die jüdische Bevölkerung umgesiedelt würde, um die neuen Lebensräume urbar zu machen. Und um näher nachzufragen, hatten sie keine Möglichkeit bzw. mussten sie um ihr eigenes Überleben kämpfen.

    Wir Nachgeborenen dürfen uns nicht vom Wissen von heute verleiten lassen, die Angehörigen der Wehrmacht zu verdammen. Die überwiegende Teil wollte kein Soldat sein, kämpften um das eigene Überleben und sind heute durchwegs Pazifisten.

    Wie sehr die Kriegstraumata auch den aktuellen Alltag beeinflussen, zeigt ein Detail von Rolfs Geschichte, der bei Regenwetter nie sein Haus verlässt. Er hat als junger Kriegsgefangener in einem der Rheinwiesenlager miterleben müssen, wie die völlig entkräfteten, weil von der US-Armee unversorgt gelassenen Gefangenen, in Matsch und Pfützen ertrunken sind. Obwohl Rolf Jahrzehnte lang als Psychiater auch Patienten mit Kriegstraumata behandelt hat, hat erst das Interview zu diesem Buch und die Bemerkung seiner Enkelin „Deshalb gehst du bei Regenwetter nicht aus dem Haus“ aus dem Verborgenen geholt.

    Christian Hardinghaus ist mit diesem Buch ein besonderer Blick auf die Ereignisse des Zweiten Weltkriegs gelungen. Er rückt einiges zu Recht und gibt den abertausenden Soldaten, die in die Wehrmacht gezwungen wurden, ihre Geschichte zurück. Zahlreiche, zum Teile sehr private Bilder, ergänzen die Berichte.

    Ich muss hier (wieder) den deutschen Schauspieler Michael Degen, der als jüdisches U-Boot den Krieg überlebt hat, zitieren. Er sagt „Nicht alle waren Mörder“. Aber jede Armee hat ihr Kriegsverbrechen.

    Fazit:

    Ein aufwühlendes Buch, dass einen etwas anderen Einblick in die Wehrmacht bietet als die Propagandareden von Goebbels & Co. Das Buch erhält von mir 5 Sterne und die Leser die dringende Empfehlung, es zu lesen und, wenn es noch Verwandte gibt, die diese Gräuel miterlebt haben, einfühlsam zu befragen. Einige warten darauf, sich ihre Last von der Seele reden können.

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  • 5 Sterne

    2 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    mabuerele, 13.03.2020

    Als Buch bewertet

    „...Die Identität eines Volkes wird maßgeblich durch seine historische Vergangenheit geprägt. Und die alles umspannende Pauschalisierung bzw. Popularisierung, der wir aktuell ausgesetzt werden, ist nichts als die Folge eines ausgewiesenen innerdeutschen Identitätsproblems...“

    Der Autor ist Historiker. Das vorliegende Buch ist nicht sein Erstes über den Zweiten Weltkrieg. Es setzt aber einen besonderen Schwerpunkt. Es kommen Wehrmachtssoldaten zu Wort und berichten aus ihren Erinnerungen.
    Das obige Zitat stammt aus dem einleitenden Kapitel. Dem folgt eine historische Beurteilung der Wehrmacht.
    Anschließend folgen die Berichte von 12 Zeitzeugen. Die Männer waren zum Zeitpunkt der Befragung im Durchschnitt 90 Jahre alt oder älter. Man merkt aber in jedem ihrer Sätze, wie sich manche Erlebnisse ins Gedächtnis eingebrannt haben.
    Der Aufbau der Zeitzeugenprotokolle folgt dem gleichen Schema. Am Anfang werden die wesentlichen persönlichen Daten genannt. Dann kommen die Erinnerungen der Männer. Die werden an passenden Stelle unterbrochen durch historische Fakten und Ergänzungen des Autors.
    Während die Berichte der Männer mehr oder weniger emotional geprägt sind, erfolgen die Erläuterungen im sachlichen Stil.
    Das folgende Zitat stammt aus den Erinnerungen eines Wehrmachtsangehörigen, der in Stalingrad war:

    „...Nach einer Stadt sah das alles überhaupt nicht mehr aus. […] Bomben detonierten überall um mich herum. Ich fand Unterschlupf in einem Bunker...“

    Paul kommt 1943 mit 18 Jahren zur Grundausbildung. Dort steckt er sich mit Diphterie und Scharlach an. Im Nachhinein resümiert er:

    „...Das alles war mein Glück. Alle meine Kameraden der Kompanie, mit denen ich die Grundausbildung gemacht hatte, waren längst an der Ostfront, und der Großteil war vermutlich schon gefallen. Ich hatte einen Schutzengel...“

    Der Autor hat bei einer Auswahl ganz normale Soldaten befragt. Nur zwei der Interviewten hatten einen höheren Rang. Erstaunlich fand ich, dass mehrere ihr Überleben mit ihren Glauben in Verbindung bringen. Natürlich gibt es auch Ausnahmen.
    Die Kriegserlebnisse führen mich als Leser nicht nur nach Russland. Ich erfahre von den Kämpfen in Norwegen, in dem heißen Sand der Sahara, bei der Landung der Alliierten und im Berliner Reichstag. Auch der Einsatz der Männer ist unterschiedlich. Einer war Pilot, ein anderer Funker. Ein junger Mann sollte als Flakhelfer verheizt werden. Dadurch wird die Vielschichtigkeit des Krieges nochmals lebendig.
    Auch die Herkunft ist verschieden. Manche stammten aus christlichen Elternhaus, andere hatten Eltern, die das Regime begrüßt haben.
    Doch es geht nicht nur um den Krieg. Erschütternd sind die Berichte aus den Gefangenenlagern. Was dort zum Teil geschah, würde man heute als Kriegsverbrechen bezeichnen. Damit meine ich nicht in erster Linie die russischen Lager.
    Das folgende Zitat beschreibt das Rheinwiesenlager:

    „...Dieser Regen, er brachte den Tod. Erst wurden die Kameraden, die neben mir lagen, bewusstlos, dann ertranken sie, während sie in der Erde einsickerten, dann trampelte einer drauf, und weg waren sie...“

    Erschreckend wirkt es, wenn dann die Worte folgen:

    „...Emotional mitgenommen hat mich das aber nicht mehr...“

    Am Ende stellt der Autor jeden der Männer drei Fragen. Eine davon ist, was sie über den Holocaust wussten. Hier sind die Antworten nahezu einheitlich. Davon drang an die Front nichts durch.
    Mehrmals wird darauf hingewiesen, dass die heutige junge Generation mehr über die Vergangenheit erfahren müsste.
    Das Buch bewegt und zwingt zum Nachdenken. Ich hoffe, es findet viele Leser.
    Das folgende Zitat aus dem Munde eines Zeitzeugen soll meine Rezension abschließen:

    „...Allein, dass man auf die Idee kommt, heute ein Nazi sein zu wollen, klingt für mich komplett absurd...“

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  • 5 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Martin S., 04.04.2020

    Als Buch bewertet

    Gegen das Vergessen

    Das Ende des 2. Weltkriegs jährt sich in diesem Jahr zum fünfundsiebzigsten mal. Eine lange Zeit, in der die Menschheit von solch verheerenden Kriegen verschont geblieben ist. Die Gefahr des Vergessens nimmt jedoch mit fortlaufender Dauer immer zu, so dass es aus meiner Sicht unendlich wertvoll ist, den noch wenigen Zeitzeugen dieser dunklen Stunden, Gehör zu verschaffen. Aus diesem Grunde hat sich auch der Historiker und Autor dieses Buches Christian Hardinghaus aufgemacht, um den spannenden und oft erschreckenden Geschichten zu lauschen und sie so für die Nachwelt festzuhalten.
    Insgesamt hat er Gespräche mit 13 Zeitzeugen geführt, von denen seit den Recherchen zum Buch mittlerweile schon sechs gestorben sind. Desto wertvoller erscheint mir der Inhalt von "Die verdammte Generation". In den einzelnen Kapiteln kommen sehr unterschiedliche Personen zu Wort, die während des 2. Weltkriegs in verschiedenen Regionen und Funktionen eingesetzt waren. Eines haben die Berichte aber gemeinsam, sie lassen den Leser nie kalt und führen die Schrecken der damaligen Zeit manchmal unbarmherzig vor Augen. Für mich sehr nachhaltig die Schilderung eines Angriffs der russischen Übermacht, wo sich der Soldat vorher eingegraben hat und mit viel Glück überlebt, da der ihn überrollende Panzer nicht dreht. Wie schrecklich muss der Umgang mit einer solchen Erfahrung auch für den Rest des Lebens sein. Geschildert werden so die Geschehnisse vor während und nach dem Krieg. Gerade die Tatsache, dass es sich bei den Schilderungen um persönliche Einzelschicksale handelt verleiht dem Buch eine unglaubliche Authentizität.
    Sehr geschickt verbindet Christian Hardinghaus die Aussagen dieser Zeitzeugen mit den historischen Fakten, die die Geschehnisse beschreiben. Es bleibt auf diesem Wege stets sehr lehrreich und emotional ergreifend. Eine Kombination, die für einen langen Nachhall sorgt. Sehr gut gefallen hat mir ebenfalls, dass der Autor den jeweiligen Zeitzeugen im Anschluss noch drei Fragen stellt. Eine immer wiederkehrende Frage ist dabei, wann die jeweilige Person vom Holocaust erfahren hat. Gerade um diese Frage rankt sich in der heutigen Zeit viel Unverständnis, wie die deutschen Soldaten solche Gräueltaten billigen konnten. Schaut man auf die glaubwürdigen Antworten, erfährt man von tiefer Betroffenheit und zu Kriegszeiten einheitlicher Unkenntnis. was diese menschenverachtenden Taten anbetrifft. Dies kann vielleicht auch mit dem verallgemeinerten Vorurteil aufräumen, dass es sich bei den deutschen Soldaten des 2. Weltkriegs grundsätzlich um Nazis gehandelt hat. Das Gegenteil ist der Fall, die meisten Betroffenen sind aus Irrglaube einer imaginären Gefahr von außerhalb und oft auch einer Alternativlosigkeit in den Krieg gezogen, ohne jemals das Nazi-Gedankengut gutgeheißen zu haben.
    Insgesamt ist "Die verdammte Generation" für mich ein sehr wichtiges Buch, welches uns die Schrecken eins solchen Krieges vor Augen führt. Wenn man die heutige Welt betrachtet, kommt man leider zu dem Schluss, dass einige Personen diesbezüglich deutlichen Nachholbedarf haben. Da kann das Lesen eines solchen Buches nur nützlich sein, was ich auch jeden ans Herz legen möchte. Auch wenn die Schilderungen nicht immer leicht zu ertragen sind, verfehlen sie so auch niemals ihre Wirkung. Ein tolles Buch, welches ich mit den vollen fünf von fünf Sternen bewerte.

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  • 5 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    ech, 19.03.2020

    Als Buch bewertet

    Bewegendes Buch mit Erfahrungsberichten ehemaliger Wehrmachtssoldaten, die niemanden kalt lassen und noch lange nachhallen

    Der Historiker Christian Hardinghaus greift in seinem neuestem Buch erneut ein Thema auf, das bei den sonst so üblichen Werken und Betrachtungen über den 2. Weltkrieg deutlich zu kurz kommt: Die Situation und die Erinnerungen der einfachen Soldaten der Wehrmacht.

    Bereits im Buch "Großväterland" hat er einige ihrer Erlebnisse in Form von Graphic Novels aufbereitet. Auch im Roman "Ein Held dunkler Zeit" und dem zugehörigen Sachbuch "Wofür es lohnte, das Leben zu wagen" schildert er den Krieg aus der Sicht des Truppenarztes Helmut Machemer (bzw. im Roman Wilhelm Möckel), der mit der Wehrmacht an der Front in Russland war.

    Hier nun kommen insgesamt 13 Zeitzeugen, die allesamt zwischen 1916 und 1930 geboren und in Zwischenzeit auch teilweise bereits verstorben sind, zu Wort und schildern ihre Erlebnisse an den unterschiedlichsten Kriegsstandorten. Über Jahre hinweg hat der Autor mit diesen ehemaligen Soldaten Gespräche geführt und durfte so an ihren Erinnerungen teilhaben.

    In den einzelnen Beiträgen, die aus diesen Gesprächen entstanden sind, werden die Erinnerungen der Männer nun nicht etwa ungefiltert wiedergegeben, sondern es erfolgt auch immer eine historische Einordnung, die mit entsprechenden Fakten untermauert wird. Anhänger platter Heldenverehrung werden hier also nicht auf ihre Kosten kommen, sind aber auch nicht Zielgruppe des Buches.

    Diesen Männern nicht viel früher zugehört zu haben, sondern sie pauschal als Mörder bzw. Nazis abzuqualifizieren oder andererseits als Helden zu glorifizieren, gehört sicherlich zu den größten Versäumnissen diverser Nachkriegsgenerationen. Aufgrund des hohen Alters der Beteiligten ist dieses Buch nun wohl die letzte Gelegenheit, diesen Fehler doch noch zu korrigieren.

    Mit viel Empathie und Sachverstand ist dieser Versuch hier auf ganz wunderbare Art und Weise gelungen. Herausgekommen ist dabei das schonungslose und jederzeit packende Portrait einer verdammten Generation, die wir ein zweits Mal verdammen, wenn wir ihren bewegenen Berichten nicht endlich zuhören und aus ihnen lernen.

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  • 5 Sterne

    Buecherseele79, 24.04.2020

    Als Buch bewertet

    „Aber wie können sie urteilen, wenn sie selbst nie in der Lage gewesen sind, das zu fühlen, zu entscheiden, zu erleben und zu erleiden was wir damals in unserer Situation mussten?“

    (Seite 100, Wigand)

    Alle Soldaten der Wehrmacht waren Nationalsozialisten, alle wussten vom Holocaust, von den Gräultaten der SS, den Befehlen von Hitler, es gibt keine Ausreden. Dies ist ein Bild welches sich mit der Generation von 1968 entstanden ist und festgesetzt wurde. Alle Eltern waren damals in der Nationalsozialistischen Zeit irgendwo engagiert und sie wussten von den Taten.

    Dieses Bild wurde nie hinterfragt, nie geändert, es wurden nie die Soldaten von damals gefragt, angehört, in die Öffentlichkeit gestellt. Natürlich ist es nicht zu bestreiten dass der Holocaust das Schrecklichste aller Verbrechen ist, eine Unmenschlichkeit die keine Worte findet. Aber was ist mit den Menschen die keine Wahl hatten? Und hatte man überhaupt damals eine Möglichkeit für ein „Nein“ oder nicht? Wie war es als Soldat in der Wehrmacht kämpfen zu müssen, was hat diese Männer dazu bewegt? Welches Weltbild hat sich ihnen aufgetan, wie war das Elternhaus?

    Ein Buch welches viele Fragen beantwortet, erklärt, aufklärt und vor allem auch die Menschen anhört die als 20jährige oder oft noch jünger, gerade zum Ende des Krieges, in die Wehrmacht eingezogen wurden oder sich freiwillig gemeldet hatten. Mit welchen Vorstellungen gingen die Soldaten an diese Situation heran?

    Der Autor Christian Hardinghaus hat von allen 3 Bereichen der damaligen Wehrmacht Soldaten aufgesucht und mit ihnen gesprochen – Marine, Infanterie und Luftwaffe kommen hier zu Wort. Begonnen mit ihrer Kindheit, wie sie zum Militär gefunden haben und was sie im Krieg erlebt haben. Auch werden am Ende jeder Person 3 Fragen an sie gestellt, unter anderem – was sie vom Holocaust und von den Kriegsverbrechen gewusst haben?

    Die Erzählungen sind unterschiedlich, die Werdegänge ebenso, die Berichte sind oft mit Fotos unterlegt. Und bei allen Erzählungen laufen innerlich Bilder ab, man fühlt mit diesen Männern mit und merkt dass sie jetzt, in einem hohen Alter, mit der Vergangenheit sehr schlecht umgehen können, sie wollen und müssen ihre Erlebnisse erzählen und der Autor nimmt sich hier die Zeit.

    Entstanden ist auf jeden Fall ein bedrückendes aber doch wichtiges Gesamtbild der Soldaten der Wehrmacht welches nicht weniger erschreckend und oft schockierender ist als die ganze Zeit des Dritten Reiches. Dieses Buch gibt den Männern die von vorne rein von der Gesellschaft verurteilt wurden eine Stimme, lässt ihre Geschichte nochmals lebendig werden und wirken und ist ein unheimlich wichtiges Buch.

    Wir müssen weiterhin die Themen aufarbeiten die sich mit dem Dritten Reich beschäftigen und müssen alle Geschehnisse einbeziehen, dazu gehören auch die Soldaten die damals wie heute nur eines im Sinn hatten – ihrem Land dienen, es zu schützen und die Familien und Menschen die dort leben. Und die ebenso ehrenhaften Männer waren wie viele andere Soldaten auch, man darf und kann nicht alle Menschen in einen Topf werfen!

    „Da kommen sogenannte Neonazis und beschweren sich über ihr ach so schlimmes Leben in Deutschland. Und ich frage mich, was sie wohl andauernd zu beklagen haben, wenn sie doch augenscheinlich alle genug zu essen haben und nicht mit einer Waffe in der Hand jeden Tag um ihr Leben kämpfen müssen. Allein, dass man auf die Idee kommt, heute ein Nazi sein zu wollen, klingt für mich komplett absurd.“ (151/152, Johannes)

    Ein Buch welches wichtiger nicht sein könnte und von daher eine ganz klare Leseempfehlung für alle!

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  • 5 Sterne

    Buecherseele79, 02.04.2020

    Als Buch bewertet

    „Aber wie können sie urteilen, wenn sie selbst nie in der Lage gewesen sind, das zu fühlen, zu entscheiden, zu erleben und zu erleiden was wir damals in unserer Situation mussten?“

    (Seite 100, Wigand)

    Alle Soldaten der Wehrmacht waren Nationalsozialisten, alle wussten vom Holocaust, von den Gräultaten der SS, den Befehlen von Hitler, es gibt keine Ausreden. Dies ist ein Bild welches sich mit der Generation von 1968 entstanden ist und festgesetzt wurde. Alle Eltern waren damals in der Nationalsozialistischen Zeit irgendwo engagiert und sie wussten von den Taten.

    Dieses Bild wurde nie hinterfragt, nie geändert, es wurden nie die Soldaten von damals gefragt, angehört, in die Öffentlichkeit gestellt. Natürlich ist es nicht zu bestreiten dass der Holocaust das Schrecklichste aller Verbrechen ist, eine Unmenschlichkeit die keine Worte findet. Aber was ist mit den Menschen die keine Wahl hatten? Und hatte man überhaupt damals eine Möglichkeit für ein „Nein“ oder nicht? Wie war es als Soldat in der Wehrmacht kämpfen zu müssen, was hat diese Männer dazu bewegt? Welches Weltbild hat sich ihnen aufgetan, wie war das Elternhaus?

    Ein Buch welches viele Fragen beantwortet, erklärt, aufklärt und vor allem auch die Menschen anhört die als 20jährige oder oft noch jünger, gerade zum Ende des Krieges, in die Wehrmacht eingezogen wurden oder sich freiwillig gemeldet hatten. Mit welchen Vorstellungen gingen die Soldaten an diese Situation heran?

    Der Autor Christian Hardinghaus hat von allen 3 Bereichen der damaligen Wehrmacht Soldaten aufgesucht und mit ihnen gesprochen – Marine, Infanterie und Luftwaffe kommen hier zu Wort. Begonnen mit ihrer Kindheit, wie sie zum Militär gefunden haben und was sie im Krieg erlebt haben. Auch werden am Ende jeder Person 3 Fragen an sie gestellt, unter anderem – was sie vom Holocaust und von den Kriegsverbrechen gewusst haben?

    Die Erzählungen sind unterschiedlich, die Werdegänge ebenso, die Berichte sind oft mit Fotos unterlegt. Und bei allen Erzählungen laufen innerlich Bilder ab, man fühlt mit diesen Männern mit und merkt dass sie jetzt, in einem hohen Alter, mit der Vergangenheit sehr schlecht umgehen können, sie wollen und müssen ihre Erlebnisse erzählen und der Autor nimmt sich hier die Zeit.

    Entstanden ist auf jeden Fall ein bedrückendes aber doch wichtiges Gesamtbild der Soldaten der Wehrmacht welches nicht weniger erschreckend und oft schockierender ist als die ganze Zeit des Dritten Reiches. Dieses Buch gibt den Männern die von vorne rein von der Gesellschaft verurteilt wurden eine Stimme, lässt ihre Geschichte nochmals lebendig werden und wirken und ist ein unheimlich wichtiges Buch.

    Wir müssen weiterhin die Themen aufarbeiten die sich mit dem Dritten Reich beschäftigen und müssen alle Geschehnisse einbeziehen, dazu gehören auch die Soldaten die damals wie heute nur eines im Sinn hatten – ihrem Land dienen, es zu schützen und die Familien und Menschen die dort leben. Und die ebenso ehrenhaften Männer waren wie viele andere Soldaten auch, man darf und kann nicht alle Menschen in einen Topf werfen!

    „Da kommen sogenannte Neonazis und beschweren sich über ihr ach so schlimmes Leben in Deutschland. Und ich frage mich, was sie wohl andauernd zu beklagen haben, wenn sie doch augenscheinlich alle genug zu essen haben und nicht mit einer Waffe in der Hand jeden Tag um ihr Leben kämpfen müssen. Allein, dass man auf die Idee kommt, heute ein Nazi sein zu wollen, klingt für mich komplett absurd.“ (151/152, Johannes)

    Ein Buch welches wichtiger nicht sein könnte und von daher eine ganz klare Leseempfehlung für alle!

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  • 5 Sterne

    1 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Martin S., 04.04.2020 bei bewertet

    Als Buch bewertet

    Gegen das Vergessen

    Das Ende des 2. Weltkriegs jährt sich in diesem Jahr zum fünfundsiebzigsten mal. Eine lange Zeit, in der die Menschheit von solch verheerenden Kriegen verschont geblieben ist. Die Gefahr des Vergessens nimmt jedoch mit fortlaufender Dauer immer zu, so dass es aus meiner Sicht unendlich wertvoll ist, den noch wenigen Zeitzeugen dieser dunklen Stunden, Gehör zu verschaffen. Aus diesem Grunde hat sich auch der Historiker und Autor dieses Buches Christian Hardinghaus aufgemacht, um den spannenden und oft erschreckenden Geschichten zu lauschen und sie so für die Nachwelt festzuhalten.
    Insgesamt hat er Gespräche mit 13 Zeitzeugen geführt, von denen seit den Recherchen zum Buch mittlerweile schon sechs gestorben sind. Desto wertvoller erscheint mir der Inhalt von "Die verdammte Generation". In den einzelnen Kapiteln kommen sehr unterschiedliche Personen zu Wort, die während des 2. Weltkriegs in verschiedenen Regionen und Funktionen eingesetzt waren. Eines haben die Berichte aber gemeinsam, sie lassen den Leser nie kalt und führen die Schrecken der damaligen Zeit manchmal unbarmherzig vor Augen. Für mich sehr nachhaltig die Schilderung eines Angriffs der russischen Übermacht, wo sich der Soldat vorher eingegraben hat und mit viel Glück überlebt, da der ihn überrollende Panzer nicht dreht. Wie schrecklich muss der Umgang mit einer solchen Erfahrung auch für den Rest des Lebens sein. Geschildert werden so die Geschehnisse vor während und nach dem Krieg. Gerade die Tatsache, dass es sich bei den Schilderungen um persönliche Einzelschicksale handelt verleiht dem Buch eine unglaubliche Authentizität.
    Sehr geschickt verbindet Christian Hardinghaus die Aussagen dieser Zeitzeugen mit den historischen Fakten, die die Geschehnisse beschreiben. Es bleibt auf diesem Wege stets sehr lehrreich und emotional ergreifend. Eine Kombination, die für einen langen Nachhall sorgt. Sehr gut gefallen hat mir ebenfalls, dass der Autor den jeweiligen Zeitzeugen im Anschluss noch drei Fragen stellt. Eine immer wiederkehrende Frage ist dabei, wann die jeweilige Person vom Holocaust erfahren hat. Gerade um diese Frage rankt sich in der heutigen Zeit viel Unverständnis, wie die deutschen Soldaten solche Gräueltaten billigen konnten. Schaut man auf die glaubwürdigen Antworten, erfährt man von tiefer Betroffenheit und zu Kriegszeiten einheitlicher Unkenntnis. was diese menschenverachtenden Taten anbetrifft. Dies kann vielleicht auch mit dem verallgemeinerten Vorurteil aufräumen, dass es sich bei den deutschen Soldaten des 2. Weltkriegs grundsätzlich um Nazis gehandelt hat. Das Gegenteil ist der Fall, die meisten Betroffenen sind aus Irrglaube einer imaginären Gefahr von außerhalb und oft auch einer Alternativlosigkeit in den Krieg gezogen, ohne jemals das Nazi-Gedankengut gutgeheißen zu haben.
    Insgesamt ist "Die verdammte Generation" für mich ein sehr wichtiges Buch, welches uns die Schrecken eins solchen Krieges vor Augen führt. Wenn man die heutige Welt betrachtet, kommt man leider zu dem Schluss, dass einige Personen diesbezüglich deutlichen Nachholbedarf haben. Da kann das Lesen eines solchen Buches nur nützlich sein, was ich auch jeden ans Herz legen möchte. Auch wenn die Schilderungen nicht immer leicht zu ertragen sind, verfehlen sie so auch niemals ihre Wirkung. Ein tolles Buch, welches ich mit den vollen fünf von fünf Sternen bewerte.

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  • 5 Sterne

    Johann B., 09.02.2021

    Als eBook bewertet

    Während andere Nationen ihrer Helden gedenken, hat dieses Erinnern stets einen faden Beigeschmack. Ja, es scheint teilweise so als schämten wir uns unserer Väter und Großväter. Weil sie beteiligt waren am Zweiten Weltkrieg. Weil sie ja wissen m u s s t e n, was in den Konzentrationslagern geschah. In dem Sachbuch „Die verdammte Generation“ lässt der Autor die „Verdammten“ selbst zu Wort kommen. Er interviewt 13 Männer und gibt ihnen Gelegenheit, die Zeit des Zweiten Weltkriegs aus ihrer Sicht zu schildern. Er ist keiner von den 1960ern, die pauschal alle Männer der Wehrmacht als Nazis abstempelten. Herr Hardinghaus wollte den Vorurteilen ein Ende setzen und das ist ihm gelungen.

    Christian Hardinghaus schreibt zu den Verdammten:
    - Verdammt zum Kämpfen
    - Verdammt zum Schweigen
    - Verdammt, weil sie am Krieg teilnahmen

    Es ist noch nicht lange her da hatte ich auf Facebook eine Diskussion mit einer jungen Frau. Die ließ sich nicht davon abbringen, dass ihr keiner erzählen könnte, die Deutschen hätten von den Gräueltaten an Juden, Sinti und Roma sowie Behinderten nichts gewusst. Sie war von ihrer festgefahrenen Meinung nicht abzubringen. Nun gehört sie zu einer anderen Generation als ich und hat keinen Vater, der im Krieg gedient hat. Aber bitte, ich appelliere an jeden jungen Menschen, der diese Zeilen liest, „Die verdammte Generation“ zur Hand zu nehmen. Ihr werdet viel mehr Verständnis für Eure Vorväter haben und auch die Zeichen der heutigen Zeit ganz anders wahrnehmen. Und nein, ich bekomme keine Prozente beim Verkauf des Buches und auch Herr Hardinghaus ist nicht darauf aus, dass es ein Bestseller wird. Das hat er nämlich nicht nötig.

    Einige Punkte, die ich aus dem Buch mitnehme:

    - Es muss differenziert werden, wer einfacher Landser war und zum Militärdienst gezwungen wurde und wer als Leitender der Ideologie Hitlers folgte. Das waren nämlich nur sehr wenige.

    - Lest euch einmal durch, welche Lügen bei der Wanderausstellung mit dem Namen „Reemtsma-Ausstellung“ verbreitet wurden. Sie dienten ausschließlich dazu, die Soldaten zu verunglimpfen.

    - Der Autor beleuchtet ganz klar, wie sich die Einstellung der Bevölkerung gegenüber der Wehrmacht änderte. Die Beurteilung kam häufig von Außen und auch die Furcht, als Rechter oder Nazi bezeichnet zu werden, spielt eine Rolle.

    - Und noch eins: In den nächsten Tagen jährt sich wieder die Bombardierung Dresdens. Mit welchem Recht wurde diese schöne Stadt dem Erdboden gleichgemacht? Hier gab es keine Soldaten oder Nazis. Hier suchten Flüchtlinge aus den Ostgebieten Schutz, Verwundete Heilung und Frauen und Kinder wachten über die Häuser und warteten auf ihre Väter.

    Auch der Hürtgenwald und der D-Day in der Normandie ist ein Thema. Ich schreibe jetzt nicht noch mehr, sonst kommt der Aufschrei, dass ich ja zu viel ausplaudere. Aber wie heißt es? „Wenn das Herz voll ist, dann geht der Mund über.“

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  • 5 Sterne

    de.Susi, 28.09.2021

    Als eBook bewertet

    Dieses Buch ist eine weitere Ausgabe von Christian Hardinghaus, die sich mit dem Schicksal der Menschen während und nach dem zweiten Weltkrieg befasst. Der Fokus liegt hierbei auf den Soldaten, ihr Erleben und persönliche Ansichten. Dazu hat der Autor zahlreiche Männer der Geburtsjahrgänge 1916 bis 1930 interviewt und deren Erinnerungen sehr gelungen zusammengefasst. Abgeschlossen wird das jeweils einer Person zugeordnete Kapitel mit einer kurzen Befragung zu dem persönlichen Empfinden.
    Es ist sehr mutig den Finger in die Wunde zu legen und sich damit gegen den allgemeinen Mainstream zu behaupten. Christian Hardinghaus spricht aus, was sicher viele denken, sich jedoch aus Angst vor Vorverurteilung nicht zu sagen trauen: "...Weil zuviel Politiker nicht in der Lage sind, zu differenzieren und/oder auch nicht willens, sich multiperspektivisch mit unserer Vergangenheit auseinanderzusetzen, lassen sie lieber Straßen und Plätze umbenennen. Das Gebot der Stunde heißt wieder: lieber nicht darüber reden, lieber wegsehen, lieber alle Denkmäler einreißen als ein möglicherweise Falsches stehen lassen..." Dem ist nicht wirklich viel hinzuzufügen.
    Überhaupt ist es eine wichtige Aufgabe, wie es auch oft in dem Buch als Wunsch von den Zeitzeugen anklimgt/anklang, das das Geschehene nicht in Vergessen gerät.
    Mit " Die verdammte Generation" ist Christian Hardinghaus wieder ein hervorragender und vor allem kritischer Beitrag zur Vergangenheitsbewältigung gelungen.
    Klare Leseempfehlung!!!

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  • 3 Sterne

    0 von 8 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Franz Josef Teddy L., 06.05.2020

    Als eBook bewertet

    Zum Buch selbst kann ich nicht wirklich etwas sagen, da ich es nicht kenne, nur finde ich es gut, wenn man die Generationen vor uns, vor allem die Kriegsgenerationen nicht einfach pauschal als Verbrecher, Helden oder auch Opfer abstempelt. Diese Generationen sind in der Regel nicht in demokratischen Verhältnissen aufgewachsen, die Bildungssituation, war eine andere und die Entscheidungsfreiheit wie wir sie kennen, kannten die Menschen damals auch nicht. Wenn ich mir allerdings die Generation von heute anschaue, wie manche sogar angeblich Hochgebildete Populisten, Ideologen, Verhaltungsoriginellen oder sogar offenkundigen Korruptionisten zujubeln und ihnen nachfolgen, dann wird mir schon ziemlich mulmig zumute

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  • 1 Sterne

    0 von 3 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    christian z., 05.09.2020

    Verifizierter Kommentar
    Als Buch bewertet

    Ich warte immer noch auf beide Artikel, obwohl ich die Rechnung am 23.08.erhielt. Meinetwegen können Sie die Bestellung stornieren, war als Geburtstaggeschenk gedacht. Danke

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