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Buch (Kartoniert) 16.50
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  • Tipp der Redaktion

    0 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Martina W., 09.02.2023 Als Buch bewertet

    Klara ist ein junges Mädchen, das bisher noch nichts von der Welt gesehen hat. Sie kennt nichts außer dem Blick aus dem Schaufenster des Ladens, in dem sie manchmal ausgestellt wird. Damit jemand sie kauft. Darüber freut sie sich. Nicht nur wegen der Abwechslung, sondern auch weil die Sonne für sie lebensspendend ist – eine Art göttliche Instanz. Irgendwann ahnt man, dass diese tiefe Religiosität möglicherweise einfach nur an ihren Sonnenkollektoren liegt – doch das durchschaut sie nicht. Für Klara ist die Sonne das, was sie leben lässt, zur Sonne spricht sie ihre Gebete. Ganz unverstellt und naiv erzählt die blitzgescheite Klara zunächst von den Ereignissen, die sie aus dem Schaufenster beobachtet. So viel Umweltverschmutzung, das hat sie schon gelernt. Und dass ihresgleichen von Jugendlichen gequält werden. Ein Obdachloser, der von der Sonne wiederbelebt wurde. Als würde uns ein Neugeborenes erzählen – und genau das ist Klara eigentlich auch. Eine funkelnagelneue auf Empathie und Zuneigung programmierte künstliche Freundin, ein menschenähnlicher Roboter, ungeheuer lernfähig und völlig ohne Arglist. Weil sie noch so neu ist zieht die kindliche Klara manchmal seltsam anmutende Schlüsse aus ihren Beobachtungen. Wie kleine Kinder das eben manchmal tun. Auch Klaras Beobachtungen stimmen nachdenklich. Was verbirgt sich wirklich dahinter? Steckt in ihren irrwitzigen Deutungen aufgrund ihrer unverstellten Wahrnehmung vielleicht mehr Wahrheit als wir zunächst vermuten?

    Wir lernen Klaras Welt durch ihre Augen kennen – und ahnen nur allmählich, was tatsächlich vor sich geht. Klara nimmt uns mit auf ihre Entdeckungsreise. Die gewinnt an Fahrt, als sie endlich von Josy ausgesucht und gekauft wird. Klara erzählt von Josy und deren Familie und ganz allmählich beginnen wir uns zu fragen: warum legt Josys Mutter eigentlich so großen Wert darauf, dass Klara Josy perfekt imitieren kann? An welcher mysteriösen Krankheit leidet Josy? Was ist mit Josys Schwester passiert? Was unterscheidet Josy von ihrem Freund so sehr, dass eine fast unüberwindliche Kluft zwischen den beiden entstanden ist? Was hat es mit dem Portrait auf sich, das von Josy extrem aufwändig angefertigt wird? Was hat Josys Mutter mit Klara und Josy vor?

    Irgendwann versteht Klara, in welch großer Gefahr Josy schwebt. Nur wir Leser:innen ahnen, warum das so ist. Klara weiß nur, dass sie Josy retten muss. Sie betet zur Sonne und riskiert ihr Leben für ihre Freundin. (Moment mal…….ihr Leben? Ein Roboter lebt doch gar nicht. Oder ist Klara vielleicht sogar die einzige „menschliche“ Gestalt in diesem Roman?) Klara glaubt zumindest, dass sie das Leben ihrer Freundin gerettet hat. Vielmehr: die Sonne hat Josy gerettet und sie, Klara, konnte die Sonne dazu bewegen. Dass es Josy gut geht, ist für Klara das wichtigste. Ihr eigenes Schicksal betrauert sie nicht.

    Wer gerne eine mitreißende Dystopie liest, ist mit „Klara und die Sonne“ bestens beraten. Wer gerne brillant geschriebene Bücher mit Tiefgang liest, ist es erst recht. Denn zwischen den Zeilen der völlig unaufgeregt erzählenden Klara tun sich wahre Abgründe philosophischer Fragestellungen auf. Ist das eine zynische Gesellschaft, die Eltern vor eine so grausame Wahl stellt? Was verstehen wir unter Denken, Bewusstsein, Gefühlen? Was bedeutet Identität in einer Zeit künstlicher Intelligenz und genmanipulierter Optimierung? Ist nur ein optimiertes menschliches Leben lebenswert? Wie können wir gesellschaftliche Unterschiede überwinden? Welchen Stellenwert hat ein respektvoller Umgang jenseits von Konventionen? Welche ethischen Ansprüche stellen wir an uns? Was ist der Mensch? Wer ist Gott und welches Bild machen wir uns davon?

    Ja, „Klara und die Sonne“ ist ein großes Buch. Ein leicht zu lesendes Schwergewicht. Ein berührendes Buch, das man nicht vergisst. Und allerbeste Unterhaltung.

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  • 5 Sterne

    7 von 9 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    https://lieslos.blog/, 18.03.2021

    Als Buch bewertet

    In „Klara und die Sonne“ widmet sich der 1954 geborene Kazuo Ishiguro einem brisanten und interessanten Thema: der künstlichen Intelligenz.

    In Ishiguros dystopischer Welt, die im ländlichen Amerika spielt, gibt es künstliche Freunde.
    „KFs“ nennt man sie.
    Letztlich sind es programmierte menschenähnliche Roboter.

    KFs sollen die Aufgaben und Funktionen echter und lebendiger Freunde nachahmen bzw. ersetzen.
    Sie sollen Kindern Gesellschaft leisten, ihnen die Zeit vertreiben und sie ins Erwachsenenleben begleiten.

    Klara ist eine solche KF.
    Sie befindet sich entweder im Hinterraum des Ladens, in dem sie verkauft wird, oder sie wird im Schaufenster ausgestellt, was ihr besonders zusagt, weil sie dort von der Sonne gewärmt wird. Hier wartet sie darauf, auserwählt zu werden.
    Von ihrer Position aus beobachtet sie das Geschehen vor dem Fenster, die Passanten, die Autos und die Obdachlosen.

    Klara wird schließlich von der 13-jährigen Josy als Begleiterin ausgewählt.
    Josy ist oft krank und viel allein. Ihre Eltern haben sich getrennt und ihre Mutter hat vor lauter Arbeiten nur wenig Zeit.
    Da kommt so eine KF, die sich eifrig um ihr Mündel kümmert, gerade recht.
    Die beiden Mädchen leben von nun mit Josys Mutter und einer Haushälterin in einem recht abgelegen Haus.

    Das Interessante ist, dass wir in diesem Roman in Klaras „Haut stecken“.
    Wir betrachten die fremdartige und kühle dystopische Welt des Romans durch ihre Augen, also durch die aufmerksamen Augen einer künstlichen Intelligenz, die sehr lernfähig ist und aufgrund ihres letztlich doch begrenzten Wissens Schlüsse zieht, die manchmal irrwitzig und wunderlich anmuten.

    Am Anfang sehen und verfolgen wir die Geschehnisse vor dem Schaufenster und nachdem Klara gekauft wurde, beobachten wir die Beziehungen von Josy z. B. zu ihrer vielbeschäftigten Mutter oder zum Nachbarjungen. Andere Interaktionen kommen nur bei aufwendig organisierten Interaktionsmeetings zustande.

    Mit der Zeit wird erkennbar, dass Arbeit die Regel, aber zwischenmenschlicher Umgang nicht selbstverständlich ist.
    Schule findet nicht mehr als Präsenzunterricht, sondern online statt und der Stellenwert der Natur ist deutlich gesunken.

    Der britische Literaturnobelpreisträger Ishiguro erzählt wie immer meisterhaft, gleichermaßen feinfühlig wie neutral-distanziert sowie völlig unaufgeregt.
    Er nimmt sich Zeit. Die Geschichte um Klara darf sich entfalten. Manchen mag das zu langweilig sein - ich finde es wunderbar!

    Er setzt sich über Klaras kindliches Denken und ihre wissbegierigen Beobachtungen mit tiefgründigen Themen und brisanten Fragen, die mit künstlicher Intelligenz und Mensch-Sein verbunden sind, auseinander.

    Letztlich geht es darum, was das Mensch-Sein ausmacht.
    Emotionen, Bewusstsein, Denken, ethisches und moralisches Handeln, Identität, Individualität - das sind Schlagwörter, mit denen sich Kazuo Ishiguro in seinem neuen Werk implizit beschäftigt.
    Implizit, d. h. zwischen den Zeilen und unaufdringlich. Man kann den Roman also als bloße Science-Fiction-Unterhaltungsliteratur genießen oder ihn auf einer tieferen Ebene als Reflexionsgrundlage sehen und Gedankenanstöße aufgreifen und weiterspinnen.

    „Klara und die Sonne“ ist ein brillanter Roman, der zum Nachdenken anregt und bestens unterhält.
    Ich habe ihn in zwei Tagen verschlungen und empfehle ihn sehr gerne weiter.

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