Merken
Merken
 
 
lieferbar
versandkostenfrei

Bestellnummer: 147670815

Buch (Gebunden) 26.80
Dekorierter Weihnachtsbaum
In den Warenkorb
Sortiert nach: relevanteste Bewertung zuerst
Filtern nach: alle
Alle Kommentare
  • 5 Sterne

    16 von 19 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Kristin H., 30.09.2023

    Als Buch bewertet

    Der ehemalige Kameraassistent Franz Wilzek wird aus seinem Seniorenheim abgeholt, um in einer Fernsehsendung über seine Zusammenarbeit mit dem berühmten Regisseur G. W. Pabst zu berichten, die während des NS-Regimes stattgefunden hat.

    Diese wirklich sehr gelungene Einleitung des Romans „Lichtspiel“ von Daniel Kehlmann versetzt uns anschließend per Rückblende sofort nach Hollywood, wo der Emigrant Pabst versucht, in der dortigen Filmbranche Fuß zu fassen und mit anspruchsvollen Filmen an seine bisherigen Erfolge anzuknüpfen.

    Sein sehr schlechtes Englisch macht die Verhandlungen nicht leichter. Eigene Ideen sind nicht gefragt. Wer das Geld hat, diktiert die Bedingungen. Auch wenn das Drehbuch schlecht ist.

    Ein Brief seiner Mutter ruft ihn und seine Familie zurück nach Österreich.

    Dann wird der „Rote Pabst“ zum Propagandaminister nach Berlin gerufen. Dessen Angebot: KZ oder aber jedes Budget, jeden Schauspieler, jeden Film. Man schätzt ihn und seine Arbeit sehr und weiß, was man an ihm hat. Ein Widerspruch ist sinnlos und eine Ablehnung unmöglich. Und Pabst fängt wieder an zu arbeiten.

    Daniel Kehlmann erzählt in seinem Roman fesselnd und gut recherchiert über das Grauen dieser Zeit, über die Manipulation von Menschen und ihre Entscheidungen, entweder Kompromisse machen zu können oder unterzugehen.

    Fazit: Ein starkes Stück Literatur und unbedingt lesenswert.

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 5 Sterne

    12 von 16 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    KatrinB, 11.10.2023

    Als Buch bewertet

    Daniel Kehlmann legt mit „Lichtspiel“ einen fast 500 Seiten langen Roman über Georg Wilhelm Pabst vor. Pabst gehörte zusammen mit F.W. Murnau und Fritz Lang zu den berühmtesten Regisseuren der Weimarer Republik, wir verdanken ihm Klassiker wie „Die freudlose Gasse“ mit Greta Garbo. In Amerika konnte er nicht an seine alten Erfolge anknüpfen, sein Hollywood-Film floppt. Als er aus privaten Gründen nach Österreich reist, bricht der Zweite Weltkrieg aus, Pabst fehlt es an Energie, um die mühevolle Rückkehr zu organisieren und so bleibt er. Mehr und mehr gerät er in die Fänge der Nazis und arrangiert sich mit ihnen. Entgegen seiner eigentlichen Überzeugung beginnt er, Filme zu drehen, weil er glaubt, die Situation beherrschen zu können.

    Kehlmann spricht in seinem Buch die wichtige Frage nach der Moral und dem Gewissen an. Kann man in finsteren Zeiten seine Integrität bewahren und ist es möglich, Charakter zu zeigen innerhalb eines menschenverachtenden Regimes?

    Neben diesen philosophischen Fragen bietet der Roman auch einen guten Einblick in die Filmindustrie. Ich habe mich gefreut, von Filmgrößen wie Greta Garbo und Louise Brooks, aber auch von Peter Alexander oder Heinz Rühmann zu lesen. Man merkt dem Roman an, wie intensiv der Autor recherchiert hat, man erfährt auch eine Menge Interessantes über Filmtechnik und das Handwerk des Filmemachens. Das alles macht den Roman für mich zu einem äußerst spannenden und intensiven Leseerlebnis.

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 5 Sterne

    9 von 11 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    steffi k., 11.10.2023

    Als Buch bewertet

    Tiefgründig
    Mit seinem Roman „Lichtspiel“ zeigt Daniel Kehlmann, dass er immer wieder überraschen kann. Daniel Kehlmann ist einer der wichtigsten deutschsprachigen Gegenwartsautoren, sein neuer Roman ist ein historischer und auch wieder nicht.
    Der Stoff seines jüngsten Buches dreht sich um Kunst, Macht, Schönheit, Verstrickung und Barbarei.
    Er widmet sich einem der größten deutschen des Filmgeschäfts; dem österreichischen Regisseur G. W. Pabst der von 1885 bis 1967 lebte. Nach der Machtergreifung der Nazis flieht er nach Amerika , wo er nur einer unter vielen ist; eine Situation , mit der die Berühmtheit nicht klar kommt. Deshalb kehrt er zurück nach Österreich und gerät ins Visier des Propagandaministers : schwerwiegende Verstrickungen beginnen… Der „rote“ Papst soll Propagandafilme drehen und er arrangiert sich mit den Machthabern und glaubt , dies kontrollieren zu können.
    Wie verhält man sich in solch einer Situation ? Eine interessante , hochaktuelle Frage . Und deshalb ist es eben nicht nur ein historischer Roman.
    Kehlmanns Schreibstil ist brillant ; präzise und einfühlsam. Der Leser kann tief in die Zeit und die Charaktere eintauchen , wenn er sich darauf einlässt. Kehlmann arbeitet die Zerrissenheit des Protagonisten sehr gut heraus.
    Ich kann das Buch sehr empfehlen, denn es ist bei all dem erwähnten auch noch richtig spannend!

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 5 Sterne

    7 von 9 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    yellowdog, 14.10.2023

    Als eBook bewertet

    Opulent und eindringlich

    Lichtspiel ist ein Buch über den Filmregisseur G.W.Pabst. Es ist aber nicht nur eine Biografie, sondern vielmehr über den Weg in Verstrickung und innerlicher Korruption.
    Es ist ein hochkomplexes, opulentes Werk. Daniel Kehlmann hat sich wirklich mit dem deutschen Film der dreißiger und vierziger Jahre beschäftigt und es gelingt ihm, diese Zeit zu verdeutlichen.
    Mich hat der deutsche Film auch immer sehr interessiert und kenne daher Bücher über Fritz Kortner, Heinz Rühmann, über Veit Harlan, Emil Jannungs und mit Klaus Manns Mephisto gibt es schon einen großen Roman über Verführung in dieser Zeit.
    Daniel Kehlmann fügt sich gut in diesen Reigen guter Bücher ein.
    Es gibt eine folgelogischen Aufteilung in die Abschnitte Draußen, Drinnen und Danach.

    Man spürt die Bedrängnis, in der sich G.W.Pabst nach seiner teilweise nur unfreiwilligen Rückkehr nach Österreich befindet. Dazu dient Daniel Kehlmanns Technik, aus den Gedanken der Hauptfigur zu erzählen. Teilweise wird auch aus anderen Perspektiven erzählt. Das formt ein komplettes Bild. Ich denke, dass kann nicht jeder so schreiben.
    Eindringlich werden die Szenen, in denen sich Pabst ganz im Schaffen seiner Filme verliert. Manche Passagen werden nicht so schnell vergessen sein.

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 3 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Tabea P., 26.09.2023

    aktualisiert am 30.09.2023

    Als Buch bewertet

    Licht(spiele) und Schatten(spiele)

    Der österreichische Regisseur G.W. Pabst war einer der bekanntesten Größen der Neuen Sachlichkeit während der Weimarer Republik. Angewidert vom Nationalsozialismus emigrierte er in die USA, konnte dort jedoch nicht an seine Erfolge anknüpfen und kehrte nach Österreich zurück. Drei Filme drehte er während der Zeit des Dritten Reichs, darunter 1945 den Kriminalfilm "Molander". Daniel Kehlmann erzählt in "Lichtspiele" Pabsts Geschichte.

    Wie in Kehlmanns anderen Romanen erzählt der Autor den hervorragend recherchierten und durch renommierte Historiker abgesicherten Stoff nicht einfach nach, sondern bearbeitet ihn literarisch in der Absicht, durch Erfindung von Tatsachen die Bedeutung des Geschehens schärfer zu fassen, gleichsam allegorisch hinter die Kulissen der äußeren Handlung zu blicken.

    Auch in diesem Werk sind die Figuren wieder mit viel Liebe zum Detail gezeichnet, die Vermischung von Fiktion und Fakten gelingt so virtuos, dass es nur mit hohem Aufwand an Recherche gelingt, die Trennlinien zwischen beiden zu finden, die Vergangenheit steigt lebendig auf und auch der Humor kommt nicht zu kurz. Die einzelnen, sorgfältig gesponnenen Fäden verweben sich am Ende zu einem stimmigen Gesamtbild.

    Und dennoch ist etwas anders. Im Gegensatz zu Kehlmanns bisherigem Werk kann die "überraschende Pointe" gleich zu Beginn erahnt werden. War es tatsächlich notwendig, solch eindeutige Hinweise zu geben? Aber damit nicht genug: Ist die Pointe noch dichterische Freiheit oder schon ein Affront? Hätte zumindest nicht die editorische Notiz, über die wahren Umstände sei nichts bekannt, wo doch in Wahrheit alles bekannt ist, unterbleiben sollen? Zumal diese in der Tat bewusst den Schluss nahelegt, es könnte sich vielleicht doch so ungeheuerlich zugetragen haben, wie im Roman beschrieben? Allenfalls könnte hier der Verweis auf ähnliche Fälle Entlastung schaffen, aber zu eindeutig ist die Zuordnung des Geschehens zur Hauptperson des Romans.

    Alles in allem liegt hier wohl Kehlmanns bisher kontroversester Roman vor. Ein Kapitel heißt ironischerweise "Schattenspiele". In "Lichtspiele" liegen Licht und Schatten dicht beieinander.

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 5 Sterne

    Ruth L., 12.10.2023

    Als Buch bewertet

    Im Spinnennetz
    Georg Wilhelm Pabst ist heute beinahe vergessen, dabei zählte er einst zu den Großen der Filmindustrie. Neben Lang, Murnau und Lubitsch war er einer der berühmtesten Regisseure der Weimarer Republik. Er gilt als Entdecker von Greta Garbo, die durch seinen Film „ Die freudlose Gasse“ zu Weltruhm kam.
    Nun hat Daniel Kehlmann, der schon mehrmals historische Figuren zu Protagonisten seiner Bücher gemacht hat, diesen Regisseur ins Zentrum seines neuesten Romans gestellt.
    Pabst war zum Zeitpunkt der Machtergreifung der Nationalsozialisten in Frankreich und reiste dann in die USA. Er versucht, wie viele emigrierte Künstler, hier Fuß zu fassen. Doch er scheitert. Denn er wird gezwungen, einen mittelmäßigen Film abzuliefern, der dann auch ein Misserfolg wird. Daraufhin kehrt Pabst mit Frau und Sohn nach Europa zurück, in die „ Ostmark“, wie das besetzte Österreich nun heißt, zu seiner kranken Mutter. Aber dann bricht der Krieg aus, die Grenzen sind dicht und die Familie Pabst sitzt fest.
    Nicht lange und Goebbels ruft ihn zum Gespräch. Deutschlands Filmindustrie braucht namhafte Künstler, nicht nur aus Imagegründen, sondern auch, weil durch die Emigration ein Mangel an ihnen herrscht.
    Pabst versucht sich zu entziehen; er habe nicht die Absicht, weitere Filme zu machen. Doch Goebbels kennt keinen Widerspruch. „ Falsche Antwort, falsche Antwort, falsche Antwort …“
    Dies ist eine der zentralen Szenen im Roman. Surreal und übermächtig mutet schon das übergroße Büro des Propagandaministers an. Und unverhohlen droht der mächtige Goebbels: „ Bedenken Sie, was ich Ihnen bieten kann… zum Beispiel KZ. Jederzeit. Kein Problem. Aber das meine ich ja gar nicht. Ich meine, bedenken Sie, was ich Ihnen auch bieten kann, nämlich: alles, was Sie wollen. Jedes Budget, jeden Schauspieler. Jeden Film, den Sie machen wollen, können Sie machen.“
    Und hier liegt die große Versuchung. Denn Pabst will natürlich arbeiten. Die Arbeit ist sein Leben. Doch Filme drehen kann man nicht für sich daheim, dazu benötigt man viele Ressourcen, ist angewiesen auf Geldgeber. Aber darf man deshalb einen Pakt schließen mit dem Bösen? Rechtfertigt die Kunst alles? Inwiefern macht sich Pabst schuldig? Um diese Fragen kreist der Roman.
    Pabst begründet seine Zusammenarbeit mit den Nazis. „ Denn all das geht vorbei. Aber die Kunst bleibt.“ Seine kluge Frau Trude dagegen sieht das anders, denn, selbst wenn das stimme, „ Bleibt sie nicht beschmutzt? Bleibt sie nicht blutig und verdreckt?“
    Es ist unbestritten, dass Pabst nie reine Propagandafilme gedreht hat; er war kein Nazi. Aber er hat sein Schaffen in den Dienst eines unmenschlichen und skrupellosen Regimes gestellt. Darf man das und was macht das mit einem ?
    Die andere Frage ist, ob Pabst überhaupt eine Wahl hatte.
    Diesen Zwiespalt und seine Konsequenzen aufzuzeigen, das schafft Kehlmann auf großartige Weise.
    In unzähligen Episoden und mit einer Fülle von Details lässt er die damalige Zeit aufleben. Wir treffen jede Menge historischer Figuren, Mitläufer wie Heinz Rühmann ( „ Ganz ohne Kompromisse geht es natürlich nicht“.) oder die Schauspielerin und Regisseurin Leni Riefenstahl, die ihre Arbeit ganz in den Dienst der NS- Ideologie gestellt hat. Bei Kehlmann wird sie zur bösen und völlig talentfreien Nazisse.
    Und der britische Schriftsteller P.G. Wodehouse, hier unter dem Namen Rupert Wooster, fungiert in einem Kapitel sogar als Ich-Erzähler. Ihn haben die Nazis als Gefangenen im Hotel Adlon untergebracht, mit der Auflage regierungsfreundliche Rundfunkbeiträge zu verfassen.
    Eine zentrale Rolle im Roman spielen ebenfalls Pabsts Ehefrau Trude und sein Sohn Jakob. An Beiden macht sich Pabst schuldig durch seine Rückkehr nach Nazi-Deutschland. Die Umstände führen zur Entfremdung der Eheleute und lassen Trude Zuflucht im Alkohol suchen. Und der Sohn lernt sich anzupassen, entwickelt sich zum begeisterten Hitlerjungen und Kriegsfreiwilligen.
    Es gibt jede Menge filmreifer Szenen, wie die Hollywood-Party gleich zu Beginn. Wie eine Kamera wird der Fokus auf eine Gruppe Menschen gerichtet, man belauscht deren Gespräche und dann zoomt die Kamera weiter zum Nächsten. Nicht frei von Komik sind hier Pabsts Versuche, Anschluss an Hollywoods Filmschaffende zu finden. Wie ein Fremdkörper wirkt er mit seinen österreichischen Manieren und seinem rudimentären Englisch.
    Ein weiterer komödiantischer Höhepunkt ist jene Szene, in der Trude in die Fänge eines nur aus Damen bestehenden Lesezirkels gerät. Denn in der Gruppe werden ausschließlich Werke des Nazi-Schriftstellers Alfred Karrasch gelesen und besprochen. Doch was soll sie sagen zu einem Buch , das „ so uninteressant [ ist ], dass es nicht einmal schlecht war.“
    Und ausgerechnet diese Schmonzette wird Pabst später unter dem Titel „ Der Fall Molander“ verfilmen. Wie ein Besessener arbeitet er in den letzten Kriegstagen an der Fertigstellung dieses künftigen „ Meisterwerks“. Hier lässt Kehlmann offen, ob der Regisseur, wie Leni Riefenstahl für „ Tiefland“ , Menschen aus Arbeits- und Konzentrationslager als Statisten benutzt hat.
    Die Filmrollen gehen dann in den Wirren der letzten Kriegstage unter und bleiben verschollen, so will uns Kehlmann glauben lassen. ( Tatsächlich lagern sie in einem Filmarchiv in Prag.)

    Der Roman wechselt beständig die Perspektiven. Es gibt diverse Ich- Erzähler und dazwischen auktoriale und personale Erzählpassagen. Interessant ist, dass wir keinen Einblick in die Innenwelt des Protagonisten bekommen. Pabst wird umkreist wie mit einer Kamera, die seine Handlungen und seine Mimik und Gestik vorführt, die der Leser deuten soll. Aber Pabst war anscheinend, wie Kehlmann andeutet, selbst für seine Nächsten ein Rätsel.
    „ Man konnte nicht sehr gut mit ihm sprechen. Wenn er nicht gearbeitet hat, war er nicht ganz anwesend… Es ist ja alles in seinen Filmen.“ lässt er seinen Sohn Jakob rückblickend sagen.
    Mit der Sprache geht der Autor gekonnt um. Passend zum Setting und zur jeweiligen Figur ändert sich diese. Surreale und alptraumhafte Sequenzen durchbrechen den ansonsten vorherrschenden Realismus.
    Aufgebaut ist der Roman in drei Teile: „ Draußen“, „ Drinnen“ und „ Danach“, wobei „ Drinnen“ in den Fängen der Nazi-Diktatur im Zentrum steht.
    Dazu gibt es eine Rahmenhandlung um den fiktiven Regieassistenten Franz Wilzek, der mit Pabst in Prag am Film „Molander“ gearbeitet hat. Dieser Fritz hat gleich zu Beginn des Romans einen tragikomischen Auftritt. Er, mittlerweile alt und leicht dement, wird als Gast in eine Fernsehtalkshow eingeladen und soll hier erzählen, wie die Zusammenarbeit damals mit dem großen Regisseur war. Als die Frage nach dem unauffindbar gewordenen Film kommt, bestreitet Fritz, sichtlich nervös, dass dieser je gedreht wurde. Am Ende dann erfahren wir hierzu mehr.
    Kehlmann hat eine intensive Recherche betrieben, doch er hat, wie er selbst betont, keine Biografie geschrieben, sondern einen Roman. Um das zu unterstreichen gibt es z.B. kleine Namensänderungen und es gibt zwei entscheidende Figuren, die Kehlmanns Phantasie entsprungen sind, so z. B. Franz Wilzek.
    Daniel Kehlmann ist mit „ Lichtspiel“ ein großer, ein vielschichtiger Roman gelungen über einen Künstler, der sich korrumpieren ließ. Aus dem ehemals „ roten Pabst“, der Brechts „ Dreigroschenoper“ verfilmt hat und der mit sozialkritischen Werken in die Filmgeschichte einging, wurde ein Verbündeter des Dritten Reichs. Ein Urteil maßt sich Daniel Kehlmann nicht an. Das mag der Leser fällen. Der darf sich aber auch fragen, wie er sich in einem ähnlichen Fall verhalten würde. So weist der Roman über die historische Ebene hinaus.

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 5 Sterne

    Kundin, 19.10.2023

    Als Buch bewertet

    Im falschen Film?

    „‘Wir bleiben nicht lang‘, sagt sie. ‚Keine Sorge. Wir reisen bald.‘ “

    Georg Wilhelm Pabst gehörte während der Weimarer Republik zu den Top – Regisseuren jener Zeit. Der Österreicher konnte sich neben Fritz Lang, F.W. Murnau und Ernst Lubitsch einen Namen machen. Als Vertreter der „Neuen Sachlichkeit“ arbeitete er mit (Stummfilm)Stars wie Louise Brooks, Greta Garbo oder Asta Nielsen zusammen. Erfolg hatte er jedoch auch mit dem 1931 gedrehten Tonfilm „Die Dreigroschenoper“. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten emigrierte er in die USA, anders als etwa der großartige Billy Wilder („Eins, Zwei, Drei“) konnte er jedoch nicht an seinen früheren Ruhm anknüpfen, waren es widrige Umstände oder Pabsts Unfähigkeit zur Assimilation, die dazu führten, dass er in Hollywood keinen Fuß auf den Boden bekam?

    Daniel Kehlmann geht in seinem Roman „Lichtspiel“ unter anderem der Frage nach, wie es dazu kam, dass der eigentlich ‚linke‘ Filmemacher Pabst zum Werkzeug des NS - Regimes wurde, da er nach einem Heimatbesuch in Österreich 1939 bei der „Bavaria Film“ anheuerte.

    „Lichtspiel“ ist nicht nur für Cineasten interessant. Ich war bereits während der Lektüre der Exposition „angefixt“, man begleitet als Leser zunächst den Kamerassistenten Franz Wilzek. Die Geschichte oszilliert zwischen Fakten und Fiktion, der Autor beschreibt wunderbar den ‚Nachkriegsmief‘ und die Rechtfertigungsversuche derjenigen, die Teil der nationalsozialistischen Maschinerie waren. Echte oder vorgetäuschte Gedächtnislücken der Protagonisten werden präsentiert. Ganz nebenbei wird auch die Methodik der Geschichtswissenschaft gestreift. Nach der Lektüre des Romans wird man wissen, weswegen Oral History mit Vorsicht zu genießen ist. Es geht auch um Erinnerungskultur(en) und um das kollektive Gedächtnis im deutschen Sprachraum & natürlich um die Tatsache, dass nach Ende des WKII-Dinge unter den Teppich gekehrt wurden, gar durch (mehr oder minder) kitschige Heimatfilme kaschiert wurden, da ist es nicht verwunderlich, dass bekannte Namen auftauchen. Wer kennt nicht einen Peter Alexander? Daniel Kehlmann gibt sich jedoch nicht mit monokausalen Erklärungsmustern zufrieden. Auch die Figurenzeichnung ist gelungen, sprachlich und stilistisch gibt es nichts zu Meckern. Man kann etwas Neues lernen – ich wusste zwar, dass sich zum Beispiel Leni Riefenstahl in den Dienst der Nazis stellte (ebenso wie Veit Harlan oder der Schauspieler Heinrich George, ganz zu schweigen von Kristina Söderbaum), aber mir war vor der Lektüre tatsächlich nicht klar, dass auch G.W. Pabst nicht auf Distanz zu Goebbels & Co. gegangen war, obwohl mir sein Nachkriegsfilm "Es geschah am 20. Juli" durchaus ein Begriff ist. Biographische Fiktion, historischer Roman, politische Parabel: Für „Lichtspiel“ von Daniel Kehlmann spreche ich eine uneingeschränkte Leseempfehlung aus!

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 5 Sterne

    Bücherfreundin, 16.10.2023

    Als Buch bewertet

    Fesselnder und tiefgründiger Roman
    In seinem neuen Roman widmet sich Daniel Kehlmann dem Leben des Regisseurs Georg Wilhelm Pabst, kurz G.W. Pabst genannt. Pabst gelangte in den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts zuerst mit seinen Stummfilmen, später mit Tonfilmen, zu großer Berühmtheit. Er drehte zahlreiche künstlerisch wertvolle Filme, die auch kommerziell erfolgreich waren. Als die Nationalsozialisten an die Macht kamen, weilte der "Rote Pabst" mit seiner Frau Trude und dem gemeinsamen Sohn Jakob in Frankreich und zog später nach Hollywood. Er ließ sich überreden, den Film "A Modern Hero" zu drehen, mit dem er jedoch keinen Erfolg hatte. Wenige Jahre später ging er zurück nach Frankreich und drehte dort bis 1939 mehrere Filme. Seine Pläne, zurück nach Amerika zu gehen, konnte er wegen des Beginns des Zweiten Weltkriegs nicht mehr umsetzen. Er befand sich gerade mit seiner Familie im Haus der Mutter und durfte das Deutsche Reich nicht mehr verlassen. Bald schon setzte sich der Propagandaminister mit ihm in Verbindung ... 
     
    Daniel Kehlmann lässt in seinem Roman Realität und Fiktion zu einer spannenden und berührenden Geschichte verschmelzen. Wir tauchen ein in die hochinteressante Welt des Films und begleiten den Regisseur während der dreißiger und vierziger Jahre. Dabei wählt der Autor unterschiedliche Perspektiven, so dass wir Pabst nicht nur aus seiner Sicht, sondern auch aus Sicht seiner Frau Trude, des Sohns Jakob und seines Assistenten erleben. Wir erleben, wie sich die Ehe von G.W. und Trude unter den veränderten Gegebenheiten entwickelt, und wir sehen Jakobs zunehmende Begeisterung für das totalitäre Regime. 
     
    Ich fand es sehr spannend, hinter die Kulissen der Filmindustrie zu blicken und dabei auch den Filmgrößen der damaligen Zeit zu begegnen, wie Werner Krauß, Heinz Rühmann, Hilde Krahl und Werner Hinz. Auch das Verhältnis zu Leni Riefenstahl, die den Machthabern sehr verbunden war, wird beleuchtet. 
     
    Das Buch ist in brillanter Sprache geschrieben, meisterhaft und authentisch beschreibt der Autor die interessanten Charaktere.
    Die Geschichte über G.W. Pabst vor dem Hintergrund des Nationalsozialismus ist erschütternd und fesselnd zugleich. Wir erleben seine innere Zerrissenheit, als er, das gefeierte Genie, das eigentlich nur Filme drehen möchte, nun unter Zwang für die Bavaria Film arbeiten und Propagandafilme für die Nazis drehen muss. Als Gegenleistung stellt ihm das Ministerium alle Mittel zur Verfügung, die er benötigt. 
    Genial und packend wie einen Krimi erzählt der Autor die Episode über den Film "Der Fall Molander", die am Anfang des Buches mit Franz Wilzek, Pabsts damaligem Assistenten, beginnt und im Schlusskapitel ihr Ende findet.
     
    Absolute Leseempfehlung für diesen fesselnden und tiefgründigen Roman!

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 5 Sterne

    MrsAmy, 03.10.2023

    Als Buch bewertet

    Wenn Daniel Kehlmann einen neuen Roman veröffentlicht, dann ist man nicht nur neugierig, sondern hat auch hohe Erwartungen an den wohl derzeit bedeutendsten Autor Deutschlands. „Lichtspiel“ – so der Titel des Romans, entführt den Leser in das Leben von G. W. Papst – einem Genie der deutschen Kinogeschichte. Papst war in den 20er und 30er Jahren des 20. Jahrhunderts einer der berühmtesten Regisseure und wir können nun seine Lebensgeschichte, vor allem im Brennglas der Zeit des Nationalsozialismus hautnah miterleben. Was dabei Realität und was Fiktion ist, entzieht sich der eigenen Erkenntnis, jedoch, geht es zwar einerseits um das Leben und Wirken von Papst, andererseits aber auch um die Verhandlung, wie sich Kunst und Menschen in einer Zeit verändern und behaupten, in der nichts mehr sicher ist.

    Während in Deutschland die Nationalsozialisten an die Macht kommen, gelingt es Papst mit Frau und Sohn ins ferne Hollywood zu flüchten. Doch dort ist er nicht mehr das Kinogenie, sondern ein Unbekannter, der verfilmen muss, was ihm die Geldgeber vorsetzten. Sein erster amerikanischer Kinofilm „A modern hero“ wird dann auch, wie von Papst vorausgesehen, ein totaler Reinfall. Kurzentschlossen fährt er mit seiner Familie zurück nach Frankreich, hat er doch von dort ein Angebot bekommen, endlich wieder einen Film nach seinen Vorstellungen zu machen. Doch dann erreicht ihm ein dringlicher Brief seiner Mutter, sie brauche seine Hilfe. So reist Papst nach Österreich, die nun die Ostmark ist und findet sich schon bald in den Fängen des Nationalsozialismus wieder. Der Minister will Papst unbedingt und er duldet keinen Widerspruch. Papst könne alles verfilmen, er bekäme alle Schauspieler und Geld spiele gleich gar keine Rolle. Papst denkt, er kann dem Werben widerstehen, er stehe über den Dingen, doch schon beginnt er im Sumpf zu versinken.

    „Lichtspiel“ erzählt aus verschiedenen Perspektiven von Papsts Leben und Wirken in den 1930er bis 1940er Jahren. Manchmal wird die Geschichte direkt aus der Perspektive von Papst erzählt, dann wieder aus der Sicht seiner Frau, seines Sohnes, von Menschen, die ihn nur lose kennen. Damit entsteht ein vielschichtiges Kaleidoskop, das auch die (schreckliche) Besonderheit der damaligen Zeit hautnah erlebbar macht. Es ist manchmal das subtile, manchmal das grobe, welches einen innehalten und nachdenken lässt. Der Roman lässt sich wunderbar lesen und hat mich tief in die damalige Zeit eintauchen lassen. Einmal begonnen, konnte ich das Buch nur noch schwerlich aus der Hand legen. Kurzum: ein wahres Meisterwerk, das als Nebenerscheinung Lust macht, sich mit den historischen Persönlichkeiten der Kinogeschichte als auch sich mit der Kinogeschichte selbst auseinanderzusetzen.

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 5 Sterne

    Christian B., 22.10.2023

    Als Buch bewertet

    Eine weitere gelungene Kehlmann-Zeitreise

    Die Hauptfigur des Romans "Lichtspiel" von Daniel Kehlmann ist der österreichische Regisseur G.W. Pabst, der in der Weimarer Republik einer der erfolgreichsten deutschen Regisseure war. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten ging er mit Frau und Sohn nach Frankreich und Amerika, konnte aber in Hollywood weder beruflich noch privat richtig Fuß fassen. Ob die Bitte seiner kranken Mutter oder eine geheime Absprache mit der deutsch-österreichischen Filmindustrie ihn zur Rückkehr bewog, ist nicht bekannt. An diesem Punkt nimmt sich Kehlmann nach eigener Aussage die Freiheit, sich als Romancier, der nicht wie ein Biograph der Wahrheit verpflichtet ist, den für den Verlauf der Geschichte passenden Grund auszusuchen. Die Familie kehrt also trotz Widerstands der Ehefrau Trude wegen der kranken Mutter 1939 nach Österreich zurück. Eine Ausreise ist nicht mehr möglich, da der Besuch mit dem Kriegsbeginn zusammenfällt.

    Der Geschichte ist spannend, kurzweilig, tragisch, hat aber auch viele komische Szenen, die wirklich lustig sind. Das Eingangskapitel gehört zu diesen Szenen. Es spielt in den 1980er Jahren und beschreibt, wie ein ehemaliger jetzt dementer Kameramann Papsts in eine Talkshow eingeladen wird und dort vehement die Existenz eines verschollenen Films abstreitet. Auch sonst hält sich der demente Gast nicht an Absprachen und verursacht einige Peinlichkeiten. Die Tragik für ihn selber ist, dass ausgerechnet an diesem Tag der Fernseher im Seniorenheim kaputt geht und seine Mitbewohner ihn nicht sehen.

    Der existierende oder nicht existierende Film ist immer wieder Thema und bildet auch den Schluss des Buches. Der Leser erfährt viel über die Herstellung des Produkts Film, Kameraführung, Schnitt, Marotten von damals bekannten Schauspielern, gegenseitige Animositäten. Über allem steht immer die Frage, wieweit sich Kulturschaffende in einem totalitären System anpassen und verbiegen müssen oder ob es Nischen und Möglichkeiten des Widerstandes gibt. Darüber hinaus geht es auch um die ganz private Schuld von Pabst als Vater, der seinen kleinen Sohn durch die Rückkehr zum Hitlerjungen und Soldaten macht. Amüsant ist die Szene, in der Trude sich in einem Literaturkreis von Frauen wiederfindet. Selbst hier muss man überlegen ob man diesen und jenen Autor überhaupt erwähnen darf. Zur Sicherheit lesen die Frauen immer den gleichen schlechten Schriftsteller, der ein linientreuer Nazi ist.

    Das Buch wird vielen Lesern Spaß machen, da es flüssig und unterhaltsam zu lesen ist und den dafür offenen Leser zu Denkprozessen ganz unterschiedlicher Thematik anregt.

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 5 Sterne

    Meany, 10.10.2023

    Als Buch bewertet

    Nichts ist in Ordnung. Nichts

    Mit einem inneren Monolog eines gebrechlichen, griesgrämigen alten Herrn, der sich im Laufe der Zeit als ehemaliger Regieassistent G.W. Pabsts entpuppt, steigt Daniel Kehlmann ein in die Geschichte. Ganz leicht macht es uns der Autor nicht, der Handlung zu folgen. Sein filmreifes Skript baut das Geschehen aus verschiedenen Facetten auf, die vieles, auch die vollständigen Namen der Akteure, nur andeuten. Stück für Stück kristallisieren sich die Licht- und Schattenseiten der im Berichtszeitraum noch jungen Filmindustrie in Deutschland, den USA und Frankreich heraus, wo der künstlerisch bis heute anerkannte, inzwischen aber ein bisschen in Vergessenheit geratene Regisseur seine Erfahrungen sammelte, getrieben vom Schicksal, das die Weltgeschichte vorgab, aber auch von seinem eigenen Enthusiasmus.

    Wie Künstler als Renommiergestalten verbrecherischer Regime vom Staat in die Mangel genommen wurden, hat Julian Barnes ganz großartig in seinem Werk über Schostakowitsch dargestellt - doch hier verhält es sich anders, weil hier anscheinend mehr Freiwilligkeit statt Zwang die Rolle spielt. Pabst ist getrieben durch die Umstände, aber zurück in die sicheren USA zu reisen ist keine Option, denn da konnte er sich in seiner Kreativität nicht wunschgemäß entfalten.

    Und so geht er Kompromisse ein, die bald die Grenze der Korrumpierbarkeit überschreiten. Wir begegnen Berühmtheiten wie Greta Garbo, Helmut Käutner, Veit Harlan, Leni Riefenstahl, Bernhard Minetti und anderen. Unter anderem stellt der englische Schriftsteller P.G. Wodehouse eine tragische Figur dar, den die Nazis ebenfalls vor ihren Karren spannten. Daraus entspringt ein wahres Kabinettstückchen in dem Kapitel, in dem dieser voll bitterer Ironie und wahrlich decouvierend eine Filmpremiere in Salzburg rezensiert.

    Über die Technik des Filmemachens habe ich so manches Neue erfahren durch die Anteilnahme an Pabsts Überlegungen während seines Schaffensprozesses, in dem er nichts dem Zufall überließ, sondern seinem virtuos eingesetzten Handwerkszeug.

    Pabst geht die Kunst über alles, dabei kann sich bei ihm keinerlei Empathie entwickeln, selbst in der Endzeit des Zweiten Weltkriegs nimmt das eine derartige Eigendynamik an, dass er schließlich die Absurdität auf die Spitze treibt.

    Inwieweit man alle erwähnten Fakten wirklich beweisen kann, sei dahingestellt. Es liegt hier kein Sachbuch vor, sondern meiner Meinung nach ein literarisches Meisterwerk in Form und Aussage, dessen Lektüre ich nachdrücklich empfehle.

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 5 Sterne

    lalevi, 17.10.2023

    Als Buch bewertet

    Georg Wilhelm Pabst, der G.W. Pabst genannt wird, ist ein erfolgreicher Filmemacher der Weimarer Zeit. Seinen ersten großen Erfolg feierte er mit einem Film mit der schwedisch-amerikanischen Darstellerin Greta Garbo. Ungewöhnlich und deswegen auch so spannend ist allerdings sein weiterer Werdegang. So kam er nach der Machtergreifung nach Frankreich und zu Beginn des Zweiten Weltkriegs nach Österreich, was damals dann die Ostmark war, zurück. Dass sein Können nicht vor den Nazis verborgen blieb, war eine Konsequenz daraus. Der Propagandaminister in Berlin hat großes Interesse daran, das Filmgenie für seine Zwecke nutzen zu können. So geschieht es auch, dass beide aufeinandertreffen. Schlussendlich beginnt das Reißen um den Regisseur, was mitunter mit erpresserischen Absichten geschieht. Im Raum steht grundsätzlich die Frage, wie weit man bereit ist zu gehen und ab welchem Zeitpunkt man sich mit schuldig macht.

    Ich muss zugeben, dass mir der Einstieg ins Buch auch aufgrund des außergewöhnlichen Schreibstils nicht ganz leichtfiel. Allerdings lösten sich bald die anfänglichen Startschwierigkeiten und ich konnte mich vollends auf den Roman einlassen. Lichtspiel ist ein Roman, der mit viel Lokal- und Zeitkolorit versehen ist, was ihn so besonders macht. Das schillernde Leben in Hollywood, in dem G.W. Pabst aber selbst zu dieser Zeit schon nur einer unter vielen war, bildet einen eindrücklichen Einstieg. Das Buhlen der Nazis um den Regisseur hinterlässt einen bleibenden Eindruck und die verschiedenen Perspektiven, aus denen erzählt wird, bilden eindrücklich die Gefühlslagen ab. Das Buch ist ein Roman, was auch bedeutet, dass es in vielen Teilen nicht ganz der biographischen Wirklichkeit entspricht – an den Eckdaten wird sich jedoch orientiert. Das macht das Buch zu einem lesenswerten, eindrücklichen Roman, der einem lange im Gedächtnis bleiben wird.

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 5 Sterne

    literaturfreundin, 20.12.2023

    Als Buch bewertet

    Ein großer Name und seine Geschichte.

    Dem Leser begegnet als optischer Ersteindruck ein kontrastreiches Cover in schwarz, weiß und rot. Assoziation: Lichtspielhaus, die Dunkelheit eines Kinos, schwarz-weiß Film.

    Wien nach dem Krieg: ein Mann wird vom Pflegeheim zum Funkhaus gefahren, er scheint dement zu sein. Hat vergessen, warum. Was er vor wenigen Augenblicken gehört, gesagt hat. Ist körperlich einem Auftritt kaum gewachsen.

    Es handelt sich um Franz Wilzek, einst Assistent des großen G. W. Pabst, und seinen Auftritt in der Sendung "Was gibt es Neues am Sonntag" von Heinz Conrads.

    Es ist bewundernswert, wie Daniel Kehlmann dieses Szenario entwirft, man kann sich nahezu hautnah in die Gedanken und praktischen Nöte von Wilzek hineinversetzen.

    Danach springt die Handlung in die USA der Emigranten. Nun lernen wir auch Pabst kennen. In Europa ein Gott des Films, schafft er es nicht, sich anzupassen, zu etablieren. Zu anders die Kultur, die Art der verbalen und nonverbalen Kommunikation, des Humors, der Verbindlichkeiten. Er kann nicht mehr die Filme machen, die er will und wie er sie machen will. Er ist unglücklich, fremd, fühlt sich fremd, schafft es nicht, das System für sich zu nutzen. Rückkehr nach Europa - ausgeschlossen, unvorstellbar. Ausgeschlossen, unvorstellbar - wirklich? Er kehrt zurück, glaubt neutral bleiben zu können...

    Es ist brilliant, wie Daniel Kehlmann die Figuren dieses Romans zeichnet. Lebendig, nachvollziehbar in ihren Bedürfnissen, Gedanken und Gefühlen, in ihrem Menschsein, und doch auch analytisch beobachtet.

    Großes Lesekino. Ich kann den Roman nur weiterempfehlen.

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 5 Sterne

    Ursula U., 04.11.2023

    Als Buch bewertet

    Mit sehr gut recherchierten und fundierten Kenntnissen bringt uns Daniel Kehlmann die Welt der Filmschaffenden näher. Georg Wilhelm Pabst war in der Weimarer Republik ein angesehener und erfolgreicher Filmregisseur, sein Film „die freudlose Gasse“ brachte Greta Garbo den Durchbruch. In den 30er Jahren verließen immer mehr Künstler Deutschland und Österreich. Auch Pabst ging nun nach Hollywood, doch er blieb nicht lange. Die Geldgeber hatten das Sagen, er kam mit der Sprache und Kultur nicht zurecht. Da auch seine alte und demente Mutter Hilfe benötigte kam er mit Frau und Sohn wieder zurück. Mit Kriegsausbruch gab es keine Chance mehr auf Ausreise und der deutsche Film, der durch die wenigen noch verbliebenen Filmemacher und das Ausbleiben der amerikanischen Filme am Boden lag, musste mit aller Kraft am Leben erhalten werden. So geriet auch Pabst in die Propagandamaschinerie des dritten Reiches.
    Wir erfahren viel über die Produktion eines Filmes, über Künstler und Regisseure der damaligen Zeit. Arrangiert man sich mit dem System, leistet man Widerstand oder wird man zum Täter, so wie Jakob, Pabst Sohn, der als Kind zum fanatischen Nazi wird. Oder wie Gertrude, Pabst Frau, die fast daran zugrunde geht.
    Aus verschiedenen Perspektiven wird hier ganz hervorragend, teils mit kurzen Abschweifungen, die Zeit vor, während und nach Kriegsende die Welt des Filmemachens erzählt. Das Meisterwerk, das Pabst immer anstrebte ist Daniel Kehlmann gelungen.

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 5 Sterne

    E., 07.01.2024

    Als Buch bewertet

    Das Buch erzählt die Geschichte des Regisseurs GW Pabst, der zur Zeit des Nationalsozialismus versucht, in Deutschland Filme zu drehen. Obwohl er zunächst vor den Nazis in die USA flieht, kehrt er noch während Hitler an der Macht ist nach Deutschland zurück, um seine Mutter zu pflegen. Die Nazis werden auf ihn aufmerksam, und so gerät er in die Mühlen der Propaganda und dreht schließlich Filme für Göbbels.
    Das Buch ist aus verschiedenen Perspektiven geschrieben. Mir hat sehr gut gefallen, wie zwiespältig die Figur des Pabst beschrieben ist, der alles andere als ein überzeugter Nazi zu sein scheint, aber sich im Sinne seiner Berufung und der Möglichkeit der Umsetzung seiner Ideen vor den Karren spannen lässt. Eine beeindruckende Beschreibung einer Figur, die stellvertretend steht für alle „Mitläufer“ im Dritten Reich.
    Außerdem fand ich spannend, wie das Filmemachen überhaupt möglich war in Zeiten des Krieges. Man taucht ein in eine ganz neue Thematik inmitten der vielen „Naziromane“. Auch andere reale Personen tauchen auf, wie Leni Riefenstahl und Joseph Goebbels, was ich interessant fand.
    Insgesamt total lesenswert, auch wegen der kurzweiligen Kapitel und der hin und wieder aufkeimenden Komik.

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 5 Sterne

    Paul S., 01.11.2023

    Als Buch bewertet

    Großes Kino

    Einen Roman auf Grund historischer Ereignisse zu schreiben, ist nicht so einfach. Es kommt darauf an, nicht zu sehr von den geschichtlichen Ereignissen abzuweichen aber soviel dazu zu geben, dass ein authentischer Roman aus einem Guss entsteht. Das ist Daniel Kehlmann hier vorzüglich gelungen. Er hat das Leben von Georg Wilhelm Pabst sehr genau recherchiert. Die Figuren sind sehr gut getroffen.

    Es geht um Pabst, um den Roten Pabst, den bekannten Regisseur Pabst, der zunächst erfolgreiche Stummfilme drehte und dann ab 1930 zum Tonfilm wechselte. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten ging er nach Hollywood, hatte aber dort wenig Erfolg. Aus privaten Gründen kommt er wieder nach Österreich, wird durch den "Anschluss" Österreichs überrascht und kann das Land nicht wieder verlassen. Das Propagandaministerium in Berlin zwingt ihn weitere Filme zu drehen.

    Kehlmanns Roman lässt einen nicht los. Man taucht in die damalige Zeit ein. Man fühlt sich von der Situation mehr berührt, als wenn man etwas darüber in Geschichtsbüchern liest. Eine klare Leseempfehlung.

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 5 Sterne

    v_im_wunderland, 01.12.2023

    Als Buch bewertet

    ein tolles Buch

    ch lese sehr gerne den Autor Daniel Kehlmann und habe mir deshalb dieses neu erschienene Buch von dem Autor gekauft und gelesen. Ich bin wieder einmal gefesselt worden von der spannenden Geschichte um einen Regisseur, der sozusagen mit der dunklen und schlimmsten Seite der Macht kooperiert und selbst Erfolge feiert. Ob er da so unschuldig hineingeraten ist wie es scheint, wird wohl nie so ganz herauskommen, aber diese Lücke des Wissens auch Teil der Spannung des Buches. Ich finde besonders gut, dass es aus verschiedenen Perspektiven und Figuren erzählt wird und so mit verschiedenen Lebenssituationen in der NS Zeit auseinandersetzt. Die Sprache des Buches hat mir wie bei allen anderen Büchern des Autors ebenfalls sehr gut gefallen und ich wollte dieses Buch einfach schnellstmöglich lesen die gesamte Geschichte aufnehmen. Ein super Buch.

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 5 Sterne

    inya, 17.10.2023

    Als Buch bewertet

    Erstklassik

    Ich bin ein großer Daniel Kehlmann Fan, ich habe schon viele Bücher von ihm gelesen und hatte deshalb sehr hohe Ansprüche und Erwartungen an das Buch und ich kann mit Begeisterung sagen, dass sie alle erfüllt wurden!! Es handelt von einem Regisseur der große Erfolge zu Stummfilmzeiten in Deutschland hatte und Greta Garbo entdeckt hat. Dieser flieht dann bei der Machtergreifung der Nazis nach Amerika mit seiner Familie und kann dort aber nicht an seine Erfolge anschließen. Durch verschiedene Umstände kommt er dann nach Deutschland und strandet dann dort durch den Kriegsausbruch. Diese Situation bringt ihn in eine komplett andere Lage und es wird so richtig spannend. Eine tolle und spannende Geschichte über die Filmszene in Zeiten des Krieges und wieder über eine reale Persönlichkeit. Ich kann dieses Buch allen Literaturfans empfehlen!!!!

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 4 Sterne

    chuckipop, 25.10.2023

    Als Buch bewertet

    Faszinierender Einblick in die Welt des Lichtspiels während der Nazizeit!

    "Lichtspiel" von Daniel Kehlmann ist als gebundenes Buch mit 480 Seiten bei Rowohlt erschienen.
    Das Cover ist klar umrissen und schlicht, dabei beeindruckend ausdrucksstark.

    In seinem aktuellen Werk entführt der Bestsellerautor seine Leserschaft in das Dritte Reich und lässt sie am Leben und Wirken des bekannten österreichischen Filregisseurs G.W. (Georg Wilhelm) Pabst teilhaben.
    Es geht um Politik und Kunst, Beeinflussung und Standhaftigkeit, Wahrheiten und Emotionen.
    Eine bewegende Zeit, eine beeindruckende Persönlichkeit und eine gekonnte Verknüpfung von wahren Begebenheiten und Fiktion.
    Auf der anderen Seite war Kehlmanns Schreibstil hier ungewohnt einfach und direkt, was mich leider nicht so ganz überzeugen konnte - das gewisse Etwas, das Tüpfelchen auf dem i fehlte mir hier.

    Nichtsdestotrotz ein hochinteressanter Einblick hinter die Kulissen des Films in einer spannenden und bewegenden Zeit, der bestens unterhält, nachdenklich macht und erstaunlich viele auf die Gegenwart übertragbare Wahrheiten enthält...!.

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 4 Sterne

    gagamaus, 01.10.2023

    Als Buch bewertet

    Lange her, dass ich etwas von Kehlmann gelesen habe. Mein Lieblingsbuch von ihm ist natürlich immer noch "Die Vermessung der Welt". Ich war sehr gespannt auf "Lichtspiel" vor allem, da ich in der Filmbranche arbeite und alte Filme liebe.

    Was Kehlmann gut kann ist die Verknüpfung zwischen Fakten und Fiktion. Das ist fließend und glaubhaft. Man fühlt sich im Hollywood der alten Zeit. Man spürt den eisigen Hauch des erstarkenden Nationalsozialismus. Viele Anekdoten, bekannte Namen, offene und versteckte Hinweise auf die reale Geschichte erfreuen das Leserherz.

    Etwas sperrig fand ich diesmal die Dialoge und auch die Darsteller. So richtig nahe kame sie mir nicht. Auch wenn sie viel über ihre Probleme, über ihre Wünsche und Sehnsüchte geredet haben.

    Ich fand das Buch interessant, gestehe aber, dass es nicht an mein Lieblingsbuch von Kehlmann heranreichen konnte. 3,5 Sterne aufgerundet.

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein