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  • 5 Sterne

    8 von 11 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Jenny V., 09.09.2018

    „Übrigens seltsam, dieses Gefühl einer Besänftigung, wenn schließlich das hervorkommt, was man nie sehen wollte, obwohl man wusste, dass es ganz in der Nähe vergraben war, dieses Gefühl von Erleichterung, wenn sich das Schlimmste bestätigt.“


    Inhalt


    Ausgehend von der Erzählung der Lehrerin Hélène lernen wir den 12-jährigen Theo Lubin kennen, er lebt jeweils eine Woche beim Vater und die andere bei seiner Mutter. In der Schule ist er ein stiller Junge, der nur einen einzigen Freund hat und mit dem all seine Zeit verbringt. Hélène beobachtet ihre Schüler sehr genau und entdeckt an Theo Veränderungen, die niemand sonst sehen will. Der Junge scheint ein echtes Problem zu haben, und sie möchte ihm gerne helfen, doch Theo lässt sich darauf nicht ein, immer wieder beteuert er Erwachsenen gegenüber einfach nur müde zu sein und unter Schlafstörungen zu leiden. Körperliche Verletzungen kann nicht einmal die Schulschwester entdecken und der Lehrerin sind gewissermaßen die Hände gebunden. Es bleibt ihr nicht viel mehr, als den Jungen weiter zu beobachten und das Gespräch mit den Eltern zu suchen.

    Mathis, Theos Freund weiß, was ihn wirklich bedrückt, doch er möchte ihn nicht verraten, will nicht erzählen, dass Theos Vater immer mehr abrutscht und der Sohn alles vertuschen muss, damit sein imaginäres Familienmodell nicht einstürzt. Im Alkohol versucht Theo all sein Leid zu vergessen, er möchte nur einmal die Schwelle zum Koma überschreiten, abtauchen und von jeder Last befreit sein. Die einzige die den Alkoholmissbrauch der Jungen bemerkt ist die Mutter von Mathis, doch diese hadert mit dem eigenen Leben und bringt nicht die Kraft auf, auch noch den Freund des Sohnes aus dem Sumpf zu holen. Und so nimmt ein gefährliches Spiel seinen Lauf …


    Meinung


    Die preisgekrönte französische Autorin Delphine de Vigan greift in ihrem aktuellen Roman ein Tabuthema auf, ohne jedoch weiter auf das Phänomen des Alkoholmissbrauchs unter Jugendlichen einzugehen.


    Sie setzt ihr Augenmerk vielmehr auf die zwischenmenschliche Komponente, die zeigt, wie dicht und komplex das Beziehungsgeflecht diverser Personengruppen ist und wie schwierig es für den Einzelnen ist, eine falsche Entwicklung nicht nur zu erkennen, sondern vor allem aufzuhalten. Der Titel des Buches ist sehr treffend gewählt, denn Loyalitäten können zwar einerseits Flügel verleihen, weil sie Kräfte entfalten, die nur mit Treue und Hingabe erreichbar sind, doch sie können ebenso vernichtend wirken, wenn man in schwierigen Situationen derart an seine Versprechungen gebunden ist, dass es schier unmöglich wird, einen Schlussstrich zu ziehen.


    Dieser Roman hat mich irgendwie geplättet, nicht nur auf Grund der bemerkenswerten, durchaus ungewöhnlichen Thematik, die hier sehr einprägsam beschrieben wird, sondern vielmehr wegen seiner Perspektivenvielfalt und der Verflechtung einzelner Lebenswege. Manchmal sind es eher die Banalitäten, die so immense Bedrückung auslösen. Ein Trennungskind zu sein, ist keine Schande, doch zum Spielball zwischen den zerstrittenen Elternteilen zu werden eine echte Last. Noch schlimmer, wenn die Eltern nicht mehr in der Lage sind, ihr Kind als das wahrzunehmen, was es ist, wenn sie selbst in einem Sumpf aus Vorwürfen und Abgründen versinken.


    Und dann natürlich das Unvermögen, sich als Kind aus dieser Situation zu befreien, ohne andere Menschen mit hineinzuziehen, ohne jemanden zu verletzen, ohne Hilfe für sich selbst beanspruchen zu wollen. Der Leser entdeckt Theo immer wieder neu, in jedem Satz und sieht ihn doch nach und nach Verschwinden, sieht seinen persönlichen Weg des Abschiednehmens von der Normalität. Gleichzeitig wird auch die Berührungsachse mit seinen Mitmenschen sichtbar, die eben jene Entwicklung immer wieder verdrängen, ihr kaum Bedeutung beimessen und sie schönreden. Ganz nach dem Motto: „Ein Junge, der keine Probleme macht, kann auch keine haben.“ Der fatale Verlauf des Geschehens macht wiederrum deutlich, welch Trugschluss sich dahinter verbirgt.


    Auf erschreckend ehrliche Art und Weise vermag es die Autorin, den Leser in eine sehr alltägliche Situation hineinzumanövrieren, die sich fast nebenbei ergibt. Kleinere Unstimmigkeiten bringen doch keine Welt zu Fall! Nur gelingt es ihr ganz hervorragend, diese einfache Sicht auf die Dinge zu widerlegen, ihr eine Dominanz zu verleihen, die danach schreit, Gehör zu finden, ohne jemals laut zu werden. Der Roman sensibilisiert, bereitet Bauchschmerzen, lässt Mitleid wachsen und Verständnis keimen, weckt Hoffnungen und rüttelt wach. Sehr faszinierend, ausgesprochen einprägsam und vernichtend in der Gesamtaussage: „Was macht das Menschsein aus, wenn jeder nur wegschaut und die Schwachen aus dem eigenen Gedankengut verbannt, wenn Kinder keine Kraft mehr haben, wenn niemand mehr zuhört und keiner nachfragt?“


    Fazit


    Von mir gibt es eindeutig 5 begeisterte Lesesterne für diesen wachrüttelnden, sozialkritischen Roman, der Realitäten einfängt und Missstände aufdeckt. Ein nahezu perfektes Buch, bei dem jeder Satz wirkt und jede Handlung eine Lawine an Reaktionen auslöst. Die Kommunikation oder auch ihr Fehlen ist neben vielen persönlichen Verfehlungen die Spitze des Eisberges, bei dem es allerdings existentiell erscheint, ihn in all seinen Schichten abzutragen, wenn man jemals zum Kern gelangen möchte. Mein Tipp: Lest dieses Buch und geht aufmerksamer durch die Welt!

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  • 5 Sterne

    4 von 5 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Jenny V., 09.09.2018 bei bewertet

    „Übrigens seltsam, dieses Gefühl einer Besänftigung, wenn schließlich das hervorkommt, was man nie sehen wollte, obwohl man wusste, dass es ganz in der Nähe vergraben war, dieses Gefühl von Erleichterung, wenn sich das Schlimmste bestätigt.“


    Inhalt


    Ausgehend von der Erzählung der Lehrerin Hélène lernen wir den 12-jährigen Theo Lubin kennen, er lebt jeweils eine Woche beim Vater und die andere bei seiner Mutter. In der Schule ist er ein stiller Junge, der nur einen einzigen Freund hat und mit dem all seine Zeit verbringt. Hélène beobachtet ihre Schüler sehr genau und entdeckt an Theo Veränderungen, die niemand sonst sehen will. Der Junge scheint ein echtes Problem zu haben, und sie möchte ihm gerne helfen, doch Theo lässt sich darauf nicht ein, immer wieder beteuert er Erwachsenen gegenüber einfach nur müde zu sein und unter Schlafstörungen zu leiden. Körperliche Verletzungen kann nicht einmal die Schulschwester entdecken und der Lehrerin sind gewissermaßen die Hände gebunden. Es bleibt ihr nicht viel mehr, als den Jungen weiter zu beobachten und das Gespräch mit den Eltern zu suchen.

    Mathis, Theos Freund weiß, was ihn wirklich bedrückt, doch er möchte ihn nicht verraten, will nicht erzählen, dass Theos Vater immer mehr abrutscht und der Sohn alles vertuschen muss, damit sein imaginäres Familienmodell nicht einstürzt. Im Alkohol versucht Theo all sein Leid zu vergessen, er möchte nur einmal die Schwelle zum Koma überschreiten, abtauchen und von jeder Last befreit sein. Die einzige die den Alkoholmissbrauch der Jungen bemerkt ist die Mutter von Mathis, doch diese hadert mit dem eigenen Leben und bringt nicht die Kraft auf, auch noch den Freund des Sohnes aus dem Sumpf zu holen. Und so nimmt ein gefährliches Spiel seinen Lauf …


    Meinung


    Die preisgekrönte französische Autorin Delphine de Vigan greift in ihrem aktuellen Roman ein Tabuthema auf, ohne jedoch weiter auf das Phänomen des Alkoholmissbrauchs unter Jugendlichen einzugehen.


    Sie setzt ihr Augenmerk vielmehr auf die zwischenmenschliche Komponente, die zeigt, wie dicht und komplex das Beziehungsgeflecht diverser Personengruppen ist und wie schwierig es für den Einzelnen ist, eine falsche Entwicklung nicht nur zu erkennen, sondern vor allem aufzuhalten. Der Titel des Buches ist sehr treffend gewählt, denn Loyalitäten können zwar einerseits Flügel verleihen, weil sie Kräfte entfalten, die nur mit Treue und Hingabe erreichbar sind, doch sie können ebenso vernichtend wirken, wenn man in schwierigen Situationen derart an seine Versprechungen gebunden ist, dass es schier unmöglich wird, einen Schlussstrich zu ziehen.


    Dieser Roman hat mich irgendwie geplättet, nicht nur auf Grund der bemerkenswerten, durchaus ungewöhnlichen Thematik, die hier sehr einprägsam beschrieben wird, sondern vielmehr wegen seiner Perspektivenvielfalt und der Verflechtung einzelner Lebenswege. Manchmal sind es eher die Banalitäten, die so immense Bedrückung auslösen. Ein Trennungskind zu sein, ist keine Schande, doch zum Spielball zwischen den zerstrittenen Elternteilen zu werden eine echte Last. Noch schlimmer, wenn die Eltern nicht mehr in der Lage sind, ihr Kind als das wahrzunehmen, was es ist, wenn sie selbst in einem Sumpf aus Vorwürfen und Abgründen versinken.


    Und dann natürlich das Unvermögen, sich als Kind aus dieser Situation zu befreien, ohne andere Menschen mit hineinzuziehen, ohne jemanden zu verletzen, ohne Hilfe für sich selbst beanspruchen zu wollen. Der Leser entdeckt Theo immer wieder neu, in jedem Satz und sieht ihn doch nach und nach Verschwinden, sieht seinen persönlichen Weg des Abschiednehmens von der Normalität. Gleichzeitig wird auch die Berührungsachse mit seinen Mitmenschen sichtbar, die eben jene Entwicklung immer wieder verdrängen, ihr kaum Bedeutung beimessen und sie schönreden. Ganz nach dem Motto: „Ein Junge, der keine Probleme macht, kann auch keine haben.“ Der fatale Verlauf des Geschehens macht wiederrum deutlich, welch Trugschluss sich dahinter verbirgt.


    Auf erschreckend ehrliche Art und Weise vermag es die Autorin, den Leser in eine sehr alltägliche Situation hineinzumanövrieren, die sich fast nebenbei ergibt. Kleinere Unstimmigkeiten bringen doch keine Welt zu Fall! Nur gelingt es ihr ganz hervorragend, diese einfache Sicht auf die Dinge zu widerlegen, ihr eine Dominanz zu verleihen, die danach schreit, Gehör zu finden, ohne jemals laut zu werden. Der Roman sensibilisiert, bereitet Bauchschmerzen, lässt Mitleid wachsen und Verständnis keimen, weckt Hoffnungen und rüttelt wach. Sehr faszinierend, ausgesprochen einprägsam und vernichtend in der Gesamtaussage: „Was macht das Menschsein aus, wenn jeder nur wegschaut und die Schwachen aus dem eigenen Gedankengut verbannt, wenn Kinder keine Kraft mehr haben, wenn niemand mehr zuhört und keiner nachfragt?“


    Fazit


    Von mir gibt es eindeutig 5 begeisterte Lesesterne für diesen wachrüttelnden, sozialkritischen Roman, der Realitäten einfängt und Missstände aufdeckt. Ein nahezu perfektes Buch, bei dem jeder Satz wirkt und jede Handlung eine Lawine an Reaktionen auslöst. Die Kommunikation oder auch ihr Fehlen ist neben vielen persönlichen Verfehlungen die Spitze des Eisberges, bei dem es allerdings existentiell erscheint, ihn in all seinen Schichten abzutragen, wenn man jemals zum Kern gelangen möchte. Mein Tipp: Lest dieses Buch und geht aufmerksamer durch die Welt!

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  • 5 Sterne

    4 von 5 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    skiaddict7, 08.10.2018

    Ein Meisterwerk

    "Übrigens seltsam, dieses Gefühl einer Besänftigung, wenn schließlich das hervorkommt, was man nie sehen wollte, obwohl man wusste, dass es ganz in der Nähe vergraben war, dieses Gefühl Von Erleichterung, wenn sich das Schlimmste bestätigt."


    Der zwölfjährige Theo ist sehr still, scheint aber mit den Mitschülern gut auszukommen. Er ist ein guter Schüler. Sein einziger Freund ist Mathis, ein Mitschüler. Dennoch hat Helene, seine Biologielehrerin, das Gefühl, dass etwas nicht stimmt. Sie selbst kennt die Anzeichen einer Misshandlung, und versucht, Theo näher zu kommen. Aus Angst kann sich dieser jedoch nicht anvertrauen. Er kann schließlich nicht verraten, dass seine Mutter häufig traurig und allein ist, und der Vater arbeitslos und depressiv. Theo muss dafür sorgen, dass alles funktioniert. Der Alkohol ist das einzige, was diese Probleme mindert. Am liebsten würde er sich in die Bewusstlosigkeit trinken, bis er nichts mehr spürt...


    De Vigan zeichnet ein Bild von einem alltäglichen Leben. Allerlei Beziehungen, die alle nicht wie vorgesehen funktionieren, die jedoch trotzdem von Liebe gekennzeichnet sind. Sie wählt die Worte sehr gekonnt; vieles hätte ich mir gerne herausgeschrieben. Abwechselnd wird aus Sicht von Theo und Mathis erzählt, jeweils in der dritten Person; sowie aus der Sicht von Helene, der Lehrerin, und Cecile, Mathis Mutter, in der Ich-Form. Alle haben ihre eigenen Dämonen zu bekämpfen, und alle kämpfen mit der Frage, was Loyalität gegenüber den Liebsten bedeutet. Ein erschütterndes Porträt unserer Gesellschaft, das mich noch lange begleiten wird und das ich sicher noch ein zweites Mal lesen werde.

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  • 5 Sterne

    3 von 4 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Maria B., 29.08.2018

    Zu schwere Lasten für ein Kind
    Wenn die elterliche Obhut über ein Kind wechselweise ausgeübt wird, kann es nicht ausbleiben, dass dieser junge, unfertige Mensch es beiden Seiten recht machen will. Im vorliegenden Fall ist das Théo, der wochenweise abwechselnd zwischen seinen Eltern laviert und mit deren Problemen, mit Kälte und Lieblosigkeit konfrontiert wird. Um mit den Lasten auf seinen schmalen Schultern besser fertig zu werden, sucht er in hochprozentigem Alkohol Betäubung und Wärme. Ganz allein ist er dabei nicht, denn sein einziger Freund, Mathis, macht in geringerem Mass mit und besorgt sogar über seinen älteren Bruder den Schnaps. Nur eine der Lehrerinnen, in ihrer Kindheit selbst schwer misshandelt und somit ein gebranntes Kind, spürt hinter der zunehmenden Beeinträchtigung Théos im Unterricht einen ernstzunehmenden, wenn auch unbekannten Faktor, findet in der Kollegenschaft aber kein Gehör.
    Da Mathis ein treuer Freund ist, ist er Théo gegenüber unbedingt loyal. Dieser wiederum deckt die massiven Schwächen seines Vaters und verhält sich der eifersüchtigen Mutter gegenüber unauffällig. Auch die Eltern von Mathis haben einiges zu verbergen, und doch verrät keiner den andern. Beide Elternpaare bemühen sich und wollen alles richtig machen, dennoch befinden sie sich offenbar auf dem Holzweg und lassen ihre Söhne im Stich. Unter dieser Last muss Théo zwangläufig zusammenbrechen, und es kommt zum Eklat.
    Wenn es um die Verteilung der Sympathien geht, tue ich mir schwer. Mitleid verdienen fast alle Personen, denn niemand will Fehler machen und kann sie doch nicht verhindern.
    Sehr passend ist das Coverbild, dessen ineinander verwobene Streifen die loyalen Verstrickungen zwischen Théo und seiner nächsten Umgebung verdeutlichen.
    Delphine de Vigan greift in ihren Werken immer wieder heikle, aber hochaktuelle Themen auf. Ihre Sprache ist gekonnt unaufgeregt und nüchtern, vermag den Leser in seinem Innersten aber sofort zu fesseln. Indem sie die Hauptpersonen abwechselnd zu Wort kommen lässt, erhält man Einblick in mehrere Personen. Die fortschreitende Handlung nimmt immer mehr Fahrt auf, und die Spannung wird gegen Schluss fast unerträglich. Man weiss ja, dass Théo rasant ins Unglück schlittern wird.
    Ein Roman, bei dem man sich fragt, wie viele solcher Kinder es in unserer Nähe gibt. Ganz bestimmt mehr, als wir denken.

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  • 5 Sterne

    5 von 8 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Inge W., 27.10.2018

    Sucht und Sehnsucht. Loyalitäten. Das sind die unsichtbaren Verbindungen, die uns mit den anderen – den Toten wie den Lebenden – verbinden, leise gemachte Versprechungen, deren Auswirkungen wir nicht kennen, still gehaltene Treue, das sind Verträge, die wir zuallermeist mit uns selbst geschlossen haben, Befehle, die wir hingenommen, aber nie gehört haben, und in den Nischen unserer Erinnerungen nistende Schulden. Das sind die Gesetze der Kindheit, die in unseren Körpern schlummern, die Werte, in deren Namen wir uns aufrecht halten, die Fundamente, die es uns ermöglichen, Widerstand zu leisten, unlesbare Grundsätze, die an uns nagen und uns einschließen. Unsere Flügel und unsere Fesseln. Das sind die Sprungbretter, auf denen sich unsere Kräfte entfalten, und die Gruben, in denen wir unsere Träume begraben.
    Wenn Eltern mit sich selbst beschäftigt sind, können ihre Teenager- Kinder in heftige Probleme hineingeraten. Theos Eltern sind geschieden und merken beide nicht, wie sehr der Junge darunter leidet, Mutter und Vater seelisch versorgen zu müssen. Der 12-jährige beginnt heimlich Alkohol zu trinken, sein Freund Mathis beobachtet die Sucht mit großer Sorge. Théo ist ein stiller, aber guter Schüler. Dennoch glaubt seine Lehrerin Hélène besorgniserregende Veränderungen an ihm festzustellen. Doch keiner will das hören. Seine Eltern sind geschieden und mit sich selbst beschäftigt. Der Junge funktioniert und kümmert sich um die unglückliche Mutter und den vereinsamten Vater. In ihren Augen ist also so weit alles gut. Doch Théo trinkt heimlich, und nur sein Freund Mathis weiß davon. Der Alkohol wärmt und schützt ihn vor der Welt. Eines Tages wird ihn der Alkohol ganz aufsaugen, das weiß Théo. Doch wer sollte ihm helfen? Hélène, seine Lehrerin, würde es tun, doch wie soll das gehen, ohne dass er die Eltern verrät? Mathis beobachtet das alles voller Angst. Zu gerne würde er sich seiner Mutter anvertrauen, aber Théo ist sein einziger Freund. Und einen Freund verrät man nicht. Außerdem würde er damit auch seinem großen Bruder in den Rücken fallen, denn der besorgt den Alkohol für die Minderjährigen. Und er ist es auch, der das gefährliche Spiel in dem schneebedeckten Park vorschlägt, bei dem Théo bewusst den eigenen Tod in Kauf nimmt. Beim lesen bekommt man Gänsehaut, denn so nah ist man als Gesunder dieser Krankheit selten gekommen. Es gelingt Delphine de Vigan, auch Leser in ihren Bann zu ziehen, die sich vorher noch nie mit dem Thema Alkoholismus bei Kindern und Jugendlichen auseinandergesetzt haben. Gewohnt brillant erzählt die Autorin in diesem einfühlsamen Roman die Geschichte des 12-jährigen Théo und erweitert mit dem Satz „Wie konnte es nur so weit kommen", den Horizont, in diesem Fall ganz besonders. Berührend bis zur letzten Seite. Sie trifft mit diesem grossartigen Roman absolut den Zahn der Zeit. Loyalitäten ist aus meiner Sicht ein wichtiges Buch, das zum Denken und Umdenken anregt. Das bei einem solch schwierigen Thema zu schaffen, hat durchaus Respekt verdient. Am Rande der Wahrheit findet Delphine de Vigan ihre Geschichten. Realität und Fake, Autobiografie und Fiktion. Der Roman rüttelt wach und bietet einen bewegenden Ausflug in ein krankes, aber heilbares Leben. Und er gibt Kraft! Eine ganz außergewöhnliche und wertvolle Geschichte, die unter die Haut geht und nicht nur Betroffenen Mut zum Leben vermittelt. Wow. Sehr intensiv.

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  • 5 Sterne

    3 von 4 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Lilli33, 16.09.2018 bei bewertet

    Kurz, aber äußerst intensiv

    Inhalt:
    Théos Eltern sind geschieden und verfeindet. Der Zwölfjährige reibt sich zwischen den Fronten auf, sorgt mehr für die Eltern als diese für ihn. Zusammen mit seinem Freund Mathis flüchtet er sich in den Alkohol. Nur seine Lehrerin Hélène erkennt, dass mit dem Jungen etwas nicht stimmt. Doch kann sie ihm helfen?

    Meine Meinung:
    Wer meint, dass eine dramatische Geschichte einen riesigen Umfang braucht, wird von Delphine de Vigan eines Besseren belehrt. Sie verliert nicht viele Worte, doch jedes davon sitzt perfekt an der richtigen Stelle und drückt präzise aus, was passiert. So könnte man dieses Büchlein innerhalb kürzester Zeit lesen. Da es aber in der Wirkung doch sehr intensiv ist, empfehle ich, ab und an eine Pause einzulegen und die Handlung erst einmal zu verdauen.

    Die Autorin entwickelt ein komplexes Netz von Loyalitäten, in denen die Charaktere einerseits geborgen, aber vor allem auch gefangen sind. Es stellt sich den Protagonisten immer wieder die Frage, ob sie das Richtige tun. Oder ob es besser ist, aus den richtigen Gründen eventuell etwas Falsches zu tun, als einfach stillzuhalten und zuzusehen, wie ein Mensch zugrunde geht.

    Aus verschiedenen Perspektiven wird dieses Dilemma betrachtet. Hierbei spielt natürlich Théo eine große Rolle, der sowohl seine Mutter als auch seinen Vater liebt und keinen von ihnen bloßstellen will. Aber auch seine Lehrerin Hélène ist eine vielschichtige Figur, die mit ihrer eigenen Vergangenheit zu kämpfen hat und vom Kollegium wenig Unterstützung erhält. Mathis will seinen Freund nicht verraten, sorgt sich aber um ihn. Cécile, Mathis’ Mutter, schließlich kümmert sich vorrangig um sich selbst und um ihren eigenen Sohn als um dessen Freund.

    So spitzt sich die Handlung immer mehr zu. Ich habe beim Lesen fast den Atem angehalten, weil ich so in dieses Drama versunken war und dabei untätig auf dem Sofa sitzen musste, anstatt eingreifen zu können.

    Manche Leser werden den Schluss vielleicht als zu offen empfinden - für mich war er perfekt.

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  • 5 Sterne

    2 von 3 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Ann B., 10.10.2018 bei bewertet

    Der Mut zur Initiative

    In „Loyalitäten“ geht es um die zwölfjährigen Jungen Théo und Mathis, ihre Eltern und ihre Biologielehrerin Helène. Die beiden Jungs verdrücken sich regelmäßig während der Schulzeit um Alkohol zu trinken. Während das für Mathis eher etwas mit Ausprobieren und Abenteuer zu tun hat, will Théo immer mehr. Der Alkohol hat für ihn eine ganz andere Funktion: seinen Kummer zu betäuben, darüber, wie schlecht es seinem Vater geht, wie sehr sich seine Eltern hassen und wie allumfassend die Sprachlosigkeit in seiner Familie ist. Die Loyalität seinem Vater gegenüber lähmt ihn und hindert ihn daran, das Problem zur Sprache zu bringen – ähnlich wie Mathis Théo nicht verpetzen will.
    Auf der anderen Seite steht Helène, die Lehrerin, die als Kind Gewalt erlebt hat und sich geschworen hat, nicht wegzusehen. Aus Loyalität zu sich selbst, oder zu ihrem kindlichen Selbst, versucht sie immer wieder Théo die Hand zu reichen und herauszufinden, warum er so furchtbar still ist. Mathis Mutter wiederum kündigt ihrem Mann die Loyalität auf, nachdem sie eine unschöne Entdeckung über ihn macht und sie endlich lernt, zu sich selbst zu stehen.
    De Vigan erzählt diese Geschichte(n) aus verschiedenen Perspektiven. Es ist wirklich beeindruckend, mit wie wenigen Worten oder Pinselstrichen sie komplexe Charaktere in existentiellen Krisen zeichnen kann, dabei zutiefst empathisch und nie mit dem erhobenen Zeigefinger. Dadurch gelingt ihr ein außerordentlich berührendes Werk zu einer ganzen Reihe wichtiger Themen: nicht „nur“ dem der jugendlichen Alkohol- oder Drogensucht, sondern auch dem, wie viel Mut es kostet, die Initiative zu ergreifen statt seine Probleme (und die der anderen) zu ignorieren.

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  • 5 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Herbstrose, 07.09.2018 bei bewertet

    Der 13jährige Théo hat gewaltigen Stress. Seine Eltern sind geschieden, und deshalb lebt er, laut Abmachung, eine Woche beim Vater und eine Woche bei der Mutter. Diese Umstellung ist für ihn kaum zu verkraften, dazu kommen noch die Anforderungen in der Schule. Um alles einigermaßen zu bewältigen hat er zwei Freunde, Klassenkamerad Mathis - und den Alkohol. Schon seit einiger Zeit trinkt er regelmäßig und hat sich mittlerweise so daran gewöhnt, dass er ohne Hochprozentigem beinahe nicht mehr funktioniert. Er sucht darin die Wärme, die er sonst nirgends bekommt. Während beide Eltern noch ahnungslos sind und vor den Tatsachen die Augen verschließen, fällt Theos verändertes Verhalten seiner Lehrerin Hélène und auch Cécile, der Mutter seines Freundes Mathis, auf. Doch beide haben ihre eigenen Sorgen und Probleme, die zuerst bewältigt werden müssen …

    Delphine de Vigan ist eine französische Schriftstellerin. Sie wurde 1966 in Paris geboren und lebt heute noch mit ihren beiden Kindern in dieser Stadt. Seit 2001 hat sie mehrere Romane veröffentlicht, für die sie einige bedeutende französische Literaturpreise erhielt.

    Trotz der Problematik der Geschichte und der überwiegend bedrückenden Atmosphäre liest sich das Buch sehr gut. Der Autorin gebührt ein großes Lob für ihren präzisen Schreibstil, der sehr gefühlvoll, aber dennoch sachlich fundiert ist. De Vigan schreibt aus Sicht von vier beteiligten Personen. Dadurch wird das Geschehen von mehreren Seiten beleuchtet und gibt dem Leser Gelegenheit, tief in die Psyche der Beteiligten einzutauchen. Man ist hautnah dabei, möchte eingreifen, möchte helfen, wenn es denn irgendwie möglich wäre. Théos Nöte, seine Überlastung und seine Hilflosigkeit rauben einem beim Lesen den Atem und lassen uns hilflos zurück.

    Wie weit darf Loyalität gehen? Muss man jemandem gegenüber, den man gern hat, loyal sein oder wäre es nicht besser, ihn zu seinem Nutzen zu verraten? Théo würde sich gerne seiner Lehrerin anvertrauen, doch dann müsste er ja seine Eltern verraten - seine Mutter, die nach der Scheidung recht seltsam geworden ist und sein Vater, der sich seit dem Verlust seines Arbeitsplatzes vernachlässigt. Théos Freund Mathis würde auch gerne mit seiner Mutter reden – doch dann müsste er seinen Freund verraten. Lehrerin Hélène versucht verzweifelt, die anderen Lehrkräfte von ihrem Verdacht zu überzeugen – und stößt dabei auf taube Ohren. Dann trifft Théo einen verzweifelten Entschluss …

    Fazit: Ein einfühlsamer, außergewöhnlicher Roman, der im Leser noch lange nachklingen und ihn beschäftigen wird. Sehr empfehlenswert!

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  • 5 Sterne

    3 von 6 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Lia48, 26.01.2019

    INHALT:
    Lehrerin Hélène macht sich große Sorgen um einen ihrer Schützlinge. Denn der 12-jährige Théo hat sich verändert. Er ist noch stiller geworden und seine Konzentration im Unterricht lässt zu wünschen übrig. Hélène hat ein ungutes Gefühl, doch damit ist sie erst mal allein...

    Seitdem sich seine Eltern getrennt haben, wohnt Théo abwechselnd bei seiner Mutter und bei seinem Vater. Die Eltern pflegen keinen Kontakt mehr miteinander, haben ihre eigenen Sorgen und scheinen auch nicht zu bemerken, dass es ihrem Sohn nicht gut geht.
    Dieser greift immer öfter zur Flasche. “Eines Tages möchte er gern das Bewusstsein verlieren, völlig. Sich für ein paar Stunden oder für immer in das dicke Gewebe der Trunkenheit fallen, sich davon bedecken, begraben lassen, er weiß, dass so etwas vorkommt." (S.14)

    Nur Mathis weiß, dass sein bester Freund regelmäßig Alkohol konsumiert. Anfangs macht er selbst noch mit. Doch als Théo langsam aber sicher die Kontrolle zu verlieren scheint, bekommt er es allmählich mit der Angst zu tun...


    MEINUNG:
    Vom ersten Satz an war ich mal wieder geplättet von Delphine de Vigans wunderschönem Schreibstil! Sie schreibt unglaublich berührend und eindringlich und benötigt dabei nicht viele Worte, um beim Leser Emotionen hervorzurufen. Eine Kunst für sich, wie ich finde!
    Mehrere Perspektiven wechseln sich ab, so dass die Situation von verschiedenen Seiten beleuchtet wird und schließlich ein ganzes Bild ergibt. Hierbei war mir lediglich Mathis' Mutter etwas weniger greifbar, zu ihr konnte ich keine richtige Verbindung aufbauen. Bei allen anderen Figuren ist der Autorin dies jedoch mit Bravour gelungen. So habe ich vor allem mit Théo und Hélène mitgefiebert und mitgelitten.
    Der 12-Jährige hat es nicht einfach und befindet sich seit der Trennung der Eltern in einem Loyalitätskonflikt, der im Verlauf des Buches gut zur Geltung kommt. Unterschiedliche (zum Teil problembehaftete) Beziehungen von Kindern, Eltern, Schülern und Lehrern, kommen zur Sprache.
    Mit der Zeit wird einem die Bedeutung des Titels immer klarer - er passt wunderbar zum Inhalt, ebenso das Cover.
    Durch die gewählte Thematik entsteht eine eher gedrückte und teilweise auch traurige Atmosphäre. Mir persönlich tat das Lesen manchmal richtig weh. Théos Leid und Schmerz konnte ich beinahe selbst spüren, wodurch ich das Buch immer wieder zur Seite legen musste.
    Das Ende der Geschichte finde ich - ohne zu viel zu verraten - sehr passend, da es zum weiteren Nachdenken anregt und das Buch so noch eine Weile in einem nachhallt...

    FAZIT: Ein wunderschön geschriebenes und unglaublich einfühlsames Buch, das eher etwas traurig ist und zum Nachdenken anregt. Klare Leseempfehlung und 4,5/5 Sterne!

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  • 5 Sterne

    Ulrike R., 16.09.2018

    Theo ist 12 Jahre alt, er ist der Junge, der Alkohol trinkt, als ob er daran sterben möchte. Einsam ist er, aufgerieben zwischen den geschiedenen Eltern, die es nicht mehr schaffen den anderen auch nur beim Namen zu nennen. Sein einziger Freund ist sein Schulkamerad Mathis. In den Schulpausen oder auch nach der Schule trinken sie gemeinsam. Mathis will, kann mit niemanden darüber reden. Er will den Freund nicht verraten. Helene, die Klassenlehrerin erkennt, dass mit Theo etwas ganz und gar nicht stimmt, dringt aber weder zu dem Jungen noch zu dessen Mutter durch.
    Ich liebe Delphine de Vigans Bücher, auch wenn sie stets traurig und schonungslos sind. Gerade, weil sie stets traurig und schonungslos sind. Mit ganz sensiblen Antennen spürt sie der Einsamkeit, der Verletzlichkeit ihrer Figuren nach. Behutsam führt sie uns in dieses Drama einer Kindheit. Die Loyalitäten, die die Beteiligten, gleich ob Kind oder Erwachsener, miteinander verbinden, sind falsch verstandenen Befehle, die sie befolgen, ohne den Befehl jemals gehört zu haben. Die Autorin beschreibt einfühlsam desillusionierte Menschen in ihrer Ausweglosigkeit. Die Kinder, die Mütter, die Lehrerin erhalten eine Stimme, die aber keiner hört oder verstehen will.
    Es sind alltägliche Menschen, denen wir selber begegnen könnten, denen wir zuhören könnten, bei denen wir nicht wegschauen sollten.
    Delphine de Vigan berührt mit wenigen aber dafür eindeutigen und präzise platzierten Worten. Es ist hohe literarische Kunst, auf wenigen Seiten ganz viele Emotionen zu transportieren.

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  • 5 Sterne

    yellowdog, 01.09.2018 bei bewertet

    Vor dem Abgrund

    Delphine de Vigan hat schon einige beeindruckende Romane geschrieben. Zum Beispiel "Nach einer wahren Geschichte", "Tage ohne Hunger", "Das Lächeln meiner Mutter". Deswegen gehört sie für mich zu den wichtigsten Autorinnen der zeitgenössischen französischen Literatur.
    Loyalitäten reiht sich in ein. Mit wechselnden Perspeltiven, mal aus erster, mal aus dritter Person heraus erzählt, wird vom Leben an einer Schule erzählt. Im Mittelpunkt der 12jährige Theo, der dem Alkohol verfällt, da seine geschiedenen, lebensuntüchtigen Eltern ihn in eine Lebenskrise brachten.
    Helene, eine mitfühlende Lehrerin spürt, das mit Theo etwas nicht stimmt. Auch Cecile, die Mutter von Theos besten Freund Mathis ahnt etwas. Doch ein Eingreifen ist nicht einfach.

    Durch die wechselnden Perspektiven kann man die Figuren ganz gut verstehen. Am meisten verschlossen ist eigentlich Theo, aber durch die familiären Verhältnisse wird er praktisch in die defensive Rolle gedrängt, denn obwohl er versucht, seine arbeitslosen, heruntergekommen Vater zu helfen, bleibt er hilflos und die Betäubung durch Alkohol sein Ausweg. Doch es wird immer schlimmer. Die Situation spitzt sich zu und dadurch entsteht eine Spannung.

    Mich überzeugt, dass die Autorin auf Sentimentalität verzichtet, dafür auf präzises und sensibles Erzählen setzt.
    De Vigan schafft eine ausgezeichnete Romankonstruktion, die sich auf einen kleinen Rahmen beschränkt und daher funktioniert das kurze Buch sehr gut. Für mich ist das ohne Frage 5 Sterne wert!

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  • 5 Sterne

    yellowdog, 01.09.2018

    Vor dem Abgrund

    Delphine de Vigan hat schon einige beeindruckende Romane geschrieben. Zum Beispiel "Nach einer wahren Geschichte", "Tage ohne Hunger", "Das Lächeln meiner Mutter". Deswegen gehört sie für mich zu den wichtigsten Autorinnen der zeitgenössischen französischen Literatur.
    Loyalitäten reiht sich in ein. Mit wechselnden Perspeltiven, mal aus erster, mal aus dritter Person heraus erzählt, wird vom Leben an einer Schule erzählt. Im Mittelpunkt der 12jährige Theo, der dem Alkohol verfällt, da seine geschiedenen, lebensuntüchtigen Eltern ihn in eine Lebenskrise brachten.
    Helene, eine mitfühlende Lehrerin spürt, das mit Theo etwas nicht stimmt. Auch Cecile, die Mutter von Theos besten Freund Mathis ahnt etwas. Doch ein Eingreifen ist nicht einfach.

    Durch die wechselnden Perspektiven kann man die Figuren ganz gut verstehen. Am meisten verschlossen ist eigentlich Theo, aber durch die familiären Verhältnisse wird er praktisch in die defensive Rolle gedrängt, denn obwohl er versucht, seine arbeitslosen, heruntergekommen Vater zu helfen, bleibt er hilflos und die Betäubung durch Alkohol sein Ausweg. Doch es wird immer schlimmer. Die Situation spitzt sich zu und dadurch entsteht eine Spannung.

    Mich überzeugt, dass die Autorin auf Sentimentalität verzichtet, dafür auf präzises und sensibles Erzählen setzt.
    De Vigan schafft eine ausgezeichnete Romankonstruktion, die sich auf einen kleinen Rahmen beschränkt und daher funktioniert das kurze Buch sehr gut. Für mich ist das ohne Frage 5 Sterne wert!

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  • 5 Sterne

    Isaopera, 03.09.2018

    Delphine de Vigan ist für mich seit „Nach einer wahren Geschichte“ eine Lieblingsautorin. Nach und nach habe ich alle ihre Bücher angesammelt und daher stand „Loyalitäten“ schon lange auf der Wunschliste. Sehr ungewöhnlich, dieser Plot über einen 12jährigen, der seinen Kummer mit Alkohol ertränkt. Aber: andererseits eine Geschichte mitten aus dem Leben, jede einzelne der Figuren erscheint 100% authentisch und als Leser kann man sich der strudelnden Abwärtsspirale, in die Theo gerät, kaum entziehen. Das Ende ist dann eine Überraschung, ein würdiges Finale, aber auch viel Stoff zum Nachdenken.
    Für mich lebt diese Geschichte zum einen von der hohen Authentizität, zum anderen aber vor allem von Delphine de Vigans toller Sprache. Immer wieder habe ich Sätze gelesen, die ich genauso abschreiben und immer wieder lesen müsste. Gedanken der einzelnen Personen, die eigentlich eine Wahrheit über uns alle verraten. Es ist beeindruckend, wie sich die Autorin sowohl in die Psyche eines Kindes, aber auch von Erwachsenen hineinversetzen und das Thema aus allen Perspektiven beleuchten kann. Ich denke, die Bücher von Delphine de Vigan sind wie die Bücher von Jodi Picoult, aber literarischer. Beide Autorinnen schätze ich sehr und kann „Loyalitäten“ uneingeschränkt empfehlen. Der Titel ist übrigens hierbei super gewählt! Man sollte sich nicht vom (nicht sehr gut geschriebenen) Klappentext abschrecken lassen, sondern dieses Buch einfach direkt beginnen!

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  • 5 Sterne

    Isaopera, 03.09.2018 bei bewertet

    Delphine de Vigan ist für mich seit „Nach einer wahren Geschichte“ eine Lieblingsautorin. Nach und nach habe ich alle ihre Bücher angesammelt und daher stand „Loyalitäten“ schon lange auf der Wunschliste. Sehr ungewöhnlich, dieser Plot über einen 12jährigen, der seinen Kummer mit Alkohol ertränkt. Aber: andererseits eine Geschichte mitten aus dem Leben, jede einzelne der Figuren erscheint 100% authentisch und als Leser kann man sich der strudelnden Abwärtsspirale, in die Theo gerät, kaum entziehen. Das Ende ist dann eine Überraschung, ein würdiges Finale, aber auch viel Stoff zum Nachdenken.
    Für mich lebt diese Geschichte zum einen von der hohen Authentizität, zum anderen aber vor allem von Delphine de Vigans toller Sprache. Immer wieder habe ich Sätze gelesen, die ich genauso abschreiben und immer wieder lesen müsste. Gedanken der einzelnen Personen, die eigentlich eine Wahrheit über uns alle verraten. Es ist beeindruckend, wie sich die Autorin sowohl in die Psyche eines Kindes, aber auch von Erwachsenen hineinversetzen und das Thema aus allen Perspektiven beleuchten kann. Ich denke, die Bücher von Delphine de Vigan sind wie die Bücher von Jodi Picoult, aber literarischer. Beide Autorinnen schätze ich sehr und kann „Loyalitäten“ uneingeschränkt empfehlen. Der Titel ist übrigens hierbei super gewählt! Man sollte sich nicht vom (nicht sehr gut geschriebenen) Klappentext abschrecken lassen, sondern dieses Buch einfach direkt beginnen!

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  • 5 Sterne

    Simone L., 17.09.2018

    Die Autorin hat das Buch nicht nur aus der Sicht Theos geschrieben, sondern sie wechselt zwischen der Lehrerin Helene, seinem Freund Mathis und dessen Mutter Cecile. Dadurch kommt sie mit ganz wenig wörtlicher Rede aus, ohne dass es langweilig wird. In sehr kurzen Kapiteln kommen sowohl Theos Gedanken, Wünsche, Ängste und Sorgen ans Licht, aber auch von den anderen Erzählern die Sorgen und Ängste um Theo und die Lage spitzt sich immer mehr zu, bis sie in einem dramatischen Showdown endet. Das Buch war an keiner Stelle langweilig. Ich fand es zwar vom Thema sehr traurig, aber Delphine de Vigan hat hier eine hervorragende Sprache gebraucht und versteht es, den Leser zu fesseln. Dadurch, dass es immer mehr gescheiterte Ehen und Beziehungen gibt, ist das Thema des Buches aktueller denn je. An einigen Stellen musste ich innehalten und erst mal schlucken. Die Auswirkungen auf unschuldige Kinder sind enorm und viele Eltern machen sich überhaupt keine Gedanken, welche Auswirkungen ihr Verhalten auf ihre Kinder hat. Das Buch wirkt definitiv nach und regt sehr zum nachdenken an. Sehr gesellschaftskritisch wird hier anhand von Theo ein sehr schwieriges Thema angesprochen, aber durch die Leichtigkeit, die die Autorin durch ihre Schreibweise hinein brachte, ist das Buch angenehm zu lesen. Ein Highlight dieses Jahr unter den vielen Büchern, die geschrieben wurden.

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  • 5 Sterne

    Simone L., 17.09.2018 bei bewertet

    Die Autorin hat das Buch nicht nur aus der Sicht Theos geschrieben, sondern sie wechselt zwischen der Lehrerin Helene, seinem Freund Mathis und dessen Mutter Cecile. Dadurch kommt sie mit ganz wenig wörtlicher Rede aus, ohne dass es langweilig wird. In sehr kurzen Kapiteln kommen sowohl Theos Gedanken, Wünsche, Ängste und Sorgen ans Licht, aber auch von den anderen Erzählern die Sorgen und Ängste um Theo und die Lage spitzt sich immer mehr zu, bis sie in einem dramatischen Showdown endet. Das Buch war an keiner Stelle langweilig. Ich fand es zwar vom Thema sehr traurig, aber Delphine de Vigan hat hier eine hervorragende Sprache gebraucht und versteht es, den Leser zu fesseln. Dadurch, dass es immer mehr gescheiterte Ehen und Beziehungen gibt, ist das Thema des Buches aktueller denn je. An einigen Stellen musste ich innehalten und erst mal schlucken. Die Auswirkungen auf unschuldige Kinder sind enorm und viele Eltern machen sich überhaupt keine Gedanken, welche Auswirkungen ihr Verhalten auf ihre Kinder hat. Das Buch wirkt definitiv nach und regt sehr zum nachdenken an. Sehr gesellschaftskritisch wird hier anhand von Theo ein sehr schwieriges Thema angesprochen, aber durch die Leichtigkeit, die die Autorin durch ihre Schreibweise hinein brachte, ist das Buch angenehm zu lesen. Ein Highlight dieses Jahr unter den vielen Büchern, die geschrieben wurden.

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  • 5 Sterne

    liesmal, 20.11.2018

    Stumme Schreie - Théo hat in der Schule keine Schwierigkeiten. Doch mit der Trennung der Eltern beginnen seine Probleme. Wechselweise verbringt er jeweils eine Woche bei seiner unglücklichen Mutter und eine Woche bei seinem Vater, der immer mehr vereinsamt. Was soll da ein zwölfjähriger Junge ausrichten können? Nur wenn er Alkohol trinkt, fühlt er sich besser und geschützt und nur sein einziger Freund Mathis weiß, dass er trinkt, ohne die Hintergründe zu kennen.

    Gibt es denn niemanden, der ihm helfen kann? Seine Eltern sind so sehr mit ihren eigenen Problemen beschäftigt, dass sie das Leid ihres Sohnes einfach nicht erkennen. Sein Freund Mathis? Dessen Mutter ist mit der Wahl seines Freundes nicht einverstanden, dennoch steht Mathis Théo bei, so gut er kann. Seine Lehrerin Hélène hat ein feines Gespür und bemerkt, dass Théo sich verändert. Doch ihr sind die Hände gebunden – niemand will ihr Glauben schenken. Dennoch will sie nicht aufgeben.

    Loyalitäten – welch passender Name für dieses ganz besondere Werk, aufrüttelnd, erschütternd und erschreckend zugleich. Dies ist sicherlich nicht nur eine Geschichte, sondern vergleichbar auch in der Realität zu finden. Ich fühle mich machtlos.

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  • 5 Sterne

    Bianca W., 17.10.2018

    Nervenaufreibende Verwirrungen und Familiendramen
    Theo und Mathis haben ein Geheimnis. Ihre Lehrerin Madame Destree beobachtet Theo schon eine Weile. Nur sie erkennt seine schleichende Veränderung, die Zeichen seines Rückzugs. Theo ist ein Kind zwischen zwei Fronten. Er lebt wochenweise im Wechsel bei seiner Mutter und seinem Vater. Doch sein Vater kann sich schon lange nicht mehr um ihn kümmern, Theo muss die ganze Verantwortung für Haushalt und Erledigungen übernehmen. An dieser Verantwortung scheint der Junge zu zerbrechen. Ihm bleibt nur noch die Flucht in den Alkohol. Sein Freund Mathis scheint es da besser zu haben, doch auch bei seinen Eltern bahnt sich eine Katastrophe an. Die Situation spitzt sich immer weiter zu. Gelingt der Lehrerin der Durchbruch durch ein Netz aus Loyalität und Geheimnissen?

    Der Roman ist wirklich gut geschrieben, man fühlt sich sofort in die verschiedenen Personen hinein versetzt. Die imaginäre Uhr beginnt immer schneller zu ticken und man kann das Buch fast nicht aus der Hand legen. Das war zwar mein erstes Buch von Delphine de Vigan, es wird aber sicher nicht mein letztes sein! :)

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  • 5 Sterne

    Inge H., 07.09.2018 bei bewertet

    Ernst und bewegend
    Die französische Autorin Delphine de Vigan ist eine meiner Lieblingsschriftstellerin. Sie greift Probleme Jugendlicher und Kinder auf. Die Übersetzerin ihrer Romane ist Doris Heinemann.

    Ihr neuer Roman Loyalitäten beschreibt ein bedrückendes Thema. Es geht um den 12jährigen Theo, ein Scheidungskind, dessen Eltern ihn nicht unterstützen. Es ist erschütternd mit welchen Problemen der Junge konfrontiert wird.
    Die Lehrerin Helene bemerkt eine Veränderung, schafft es aber nicht bei den Kollegen Unterstützung zu bekommen, wird sogar gestoppt.
    Theos Freund Mathis macht sich um ihn Gedanken, will ihn auch nicht verraten und alles weiß auch er nicht.
    Der Roman wird aus verschiedenen Perspektiven erzählt. So bekommen wir das Dilemma direkt mit. Am liebsten würde ich eingreifen.

    Delphine de Vigan versteht es mit Sensibilität diese Geschichte an uns Leser zu leiten. Ich bin beeindruckt.
    Mit seinen 180 Seiten ist der Roman kurz, aber er hat es in sich. Ein Roman der lange im Gedächtnis bleibt.

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  • 5 Sterne

    1 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Heidi L., 17.09.2018

    Théo, ein zwölfjähriger Schüler fällt seiner Lehrerin Hélène auf. Sie meint bei ihm besorgniserregende Veränderungen wahrzunehmen. Doch keiner glaubt Ihr. Théo ist das Kind geschiedener Eltern, die mehr mit sich selber beschäftigt sind, als sich um das Wohlergehen Ihres Kindes zu kümmern. Er kümmert sich um seine unglückliche Mutter und um seinen vereinsamten Vater. Er selber findet seine Geborgenheit im Alkohol, welcher Ihn von innen wärmt und vor der Realität beschützt. Nur sein bester Freund Mathis weiß darüber Bescheid. Hilfe ist auch nicht in Sicht, da Thèo seinen Eltern nicht verraten will und Mathis nicht seinen besten Freund. Kritisch wird es, als Théo sich auf ein gefährliches Spiel einläßt, dessen Ausgang ungewiss ist.
    Eine sehr tolle Geschichte, die uns die Autorin dort erzählt. Es geht um Liebe und Loyalität. Das Thema ist sehr gut umgesetzt, obwohl ich vom Ende der Geschichte sehr überrascht war. Auf jeden Fall eine Leseempfehlung!

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