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Alle Kommentare
  • 1 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    meg, 18.02.2020 bei bewertet

    Als Buch bewertet

    Hat mich nicht beeindruckt
    Mir hat der "Milchmann" nicht gefallen, die Erwartungen durch Waschzettel und Leseprobe nach einem lesenswerten, interessanten Roman haben sich leider nicht erfüllt. Die Geschichte an sich ist meiner Meinung nach gar nicht richtig in Schwung gekommen, es wurde so viel "herumgeschwafelt", daß ich gar keine Lust hatte weiter zu lesen. Zudem fand ich es sehr die Geschichte störend, daß die Protagonistin und auch alle anderen Personen in der Geschichte keine Namen haben sonder mit Schwester 1, Schwager 3 oder ähnlichem bezeichnet wurden. So waar eine Identifizierung mit Personen der Geschichte nicht möglich. Außerdem habe ich die Kapitel als viel zu lang empfunden und irgendwie "ohne Punkt und Komma". Der Geschichte fehlen meiner Meinung nach die Höhen und Tiefen in der Handlung. Ganz klar, kein Buch für mich.

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  • 2 Sterne

    3 von 4 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    brauneye29, 24.02.2020

    Als Buch bewertet

    Zum Inhalt:
    Als junge Frau will man vieles, aber meistens nicht dass ein alter Mann Interesse für einen zeigt, auch wenn er mächtig ist. Als genau das aber passiert, versucht sie trotzdem alle darüber im Unklaren zu lassen, was wirklich dahinter steckt. Sie versucht ihren Weg zu gehen auch wenn die Gesellschaft, in der sie sich bewegt, Gerüchte erfindet und mögliche Fehltritt fatale Folgen haben könnten.
    Meine Meinung:
    So manche Bücher, die hoch gelobt werden, polarisieren. Dieses Buch ist so ein Buch. Wenn ich so manche Rezension lese, die total euphorisch daher kommt, bin ich eher auf der Seite, mich zu fragen, was die Leute in diesem Buch sehen. Mir sagt das Buch nichts, der Schreibstil ist irgendwie schwurbelig und liest sich auch nicht sonderlich gut. Die Geschichte ist für mich völlig uninteressant und nach meiner Meinung völlig überbewertet. Ich musste mich fast zusammen reißen, dass Buch überhaupt zu Ende zu lesen. bein, mein Buch ist das wahrlich nicht.
    Fazit:
    Nicht mein Buch

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  • 4 Sterne

    5 von 9 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    begine, 22.02.2020

    Als eBook bewertet

    Ungewöhnlicher Roman
    Die irländische Autorin Anna Burns schreibt mit „Milchmann“ einen ungewöhnlichen Roman. 2018 bekam sie für diesen Roman den Booker Prize.

    Dieses Buch ist ein einziges Vielleicht.
    Die Handlung findet während des Nordirlandkonflikts in den 70er und 80er Jahre statt. Es ist ein Roman ohne Namen und wird von einem Mädchen erzählt. Da gibt es den Milchmann. Den Chefkoch, vielleicht Freund , Tablettenmädchen, erste, zweite und dritte Schwester. Milchmann scheint ein gefährlicher Man zu sein.
    Die Protagonistin fantasiert vor sich her. Zwar zeigt sie uns auch die Turbulenzen der Zeit, aber so anonym ist es für mich etwas schwierig zu lesen. Ich konnte mich langsam in den Roman einlesen und war dann doch noch einigermaßen zufrieden.
    Über dieses Buch sollte sich jeder seine eigenen Gedanken machen.

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  • 5 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Rinoa, 08.03.2020 bei bewertet

    Als Buch bewertet

    Dieses Buch ist anders: Es fordert einen, packt einen (manchmal auch da, wo es wehtut), es regt zum Nachdenken an, aber es ist auch, trotz des nicht einfachen Themas, unterhaltsam, skurril und gespickt mit feinem Humor.

    Am Ungewöhnlichsten war für mich, dass es keine Namen gibt. Andererseits birgt das auch keine Gefahr, die handelnden Personen zu verwechseln, sie sind klar nach Verwandtschaftsgrad oder auch Eigenschaften benannt, bleiben dadurch aber auch irgendwie gesichtslos und bedienen gewisse Stereotypen.
    Mir hat das beim Lesen allerdings keine Schwierigkeiten bereitet, im Gegenteil: Ich fand es äußerst passend zur ganzen Geschichte und dem Schreibstil der Autorin.

    Wobei wir schon beim nächsten Punkt wären. „Milchmann“ ist nicht einfach zu lesen, die Sätze und also Gedanken der Ich-Erzählerin sind lang, verschachtelt, manchmal verworren, stecken voller Wiederholungen, wirken teilweise distanziert und haben mich (trotzdem oder gerade deshalb) in einen regelrechten Strudel gezogen. Und es ist einfach großartig geschrieben.
    Atemlos bin ich den Geschehnissen und manchmal auch Nicht-Geschehnissen gefolgt, unfähig einfach aufzuhören, erst am Ende eines jeden langen Kapitels konnte ich kurz verschnaufen. Doch nur, um dann gleich wieder weiterlesen zu wollen, ja fast zu müssen.

    Ich war auch sehr gespannt, wie – wenn überhaupt – die Autorin die Geschichte auflösen wird; eine wirkliche Überraschung habe ich allerdings nicht erwartet, dafür waren zu viele (wichtige) Dinge bereits vorweggenommen worden.
    Trotzdem hatte ich mir doch ein bisschen mehr erwartet oder besser gesagt, etwas anderes; so ganz stimmig war es für mich nicht.

    Aber das ist eher Jammern auf hohem Niveau, denn ich kann vollkommen verstehen, dass Anna Burns für „Milchmann“ den Man Booker Prize erhalten hat. Auch wenn das Buch sicher polarisiert, mir hat es wirklich sehr gut gefallen.
    Ich kann nur jedem empfehlen, sich auf die Lektüre einzulassen, auch wenn der Beginn möglicherweise etwas zäh erscheint. Am Ende wird man mit großartiger Literatur belohnt.

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  • 4 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    bookloving, 11.05.2020 bei bewertet

    Als Buch bewertet

    *Intensiver, aufrüttelnder aber sehr anstrengend zu lesender Roman*
    Der Roman » Milchmann « aus der Feder der nordirischen Autorin Anna Burns wurde bereits 2018 mit dem Man Booker Prize - dem bedeutendsten britischen Literaturpreis - ausgezeichnet und ist nun auch auf Deutsch erschienen.
    Es ist ein faszinierender, aufwühlender und äußerst eindringlich geschriebener Roman mit sehr bissigem Humor, der eine sehr ernste und erstaunlich aktuelle Thematik behandelt, macht er doch deutlich wie nachhaltig der Alltag durch einen Bürgerkrieg beeinträchtigt werden kann und welche Auswirkungen die permanente Gewalt auf die Zivilgesellschaft hat.
    Obwohl die Autorin bewusst den Handlungsort, die Schauplätze und sogar das Zeitkolorit weitgehend unkenntlich gemacht hat und beispielsweise mit „jenseits der See“ oder „jenseits der Grenze“ umschrieben hat, fällt einem die Verortung der Handlung nicht schwer. Ihre Geschichte ist während des Nordirland-Konflikts in den 1970ger Jahren in einem katholischen Viertel in Belfast angesiedelt – einem Bürgerkrieg, in dem Autobomben, Erschießungskommandos und Tote den Alltag beherrschten.
    Bereits der verstörende Beginn des Romans mit dem ersten Satz „Der Tag, an dem Irgendwer McIrgendwas eine Waffe auf die Brust setzte, mich ein Flittchen nannte und drohte, mich zu erschießen, war auch der Tag, an dem der Milchmann starb." konfrontiert uns mit einer schockierenden Welt voller Gewalt und Brutalität.
    Die 18-jährige namenlose Ich-Erzählerin schildert rückblickend über eine Verkettung von ungeheuerlichen Ereignissen, die man zunächst gar nicht richtig einzuordnen vermag. Unbeabsichtigt hat die junge Erzählerin die Aufmerksamkeit eines über 40-jährigen Manns, der ein hochrangiger und hochgeschätzter Untergrundkämpfer ist und von allen „Milchmann“ genannt wird, auf sich gezogen. Obwohl sie ihm keine Beachtung schenkt, lauert er ihr beim Joggen regelmäßig auf und stalkt sie hartnäckig. Schon bald gehen Gerüchte im Viertel um und ihr wird eine Affäre ihm unterstellt.
    Aus Sicht der Erzählerin erfahren wir hautnah wie sehr die permanente Angst vor Begegnungen mit Milchmann und die kursierenden Gerüchte ihr nicht nur psychisch sondern zunehmend auch physisch zusetzen.
    Die Autorin bedient sich einer besonderen, Mitte des 18. Jahrhunderts eingeführten, nicht-linearen Erzähltechnik, bei welcher der Erzählschwerpunkt weniger auf der eigentlichen Handlung liegt, sondern eher assoziative und sehr ausschweifende Betrachtungen an Erzähltes anknüpfen. Obwohl es anfangs äußerst schwierig ist, sich in den ungewöhnlichen und sehr anstrengenden Schreibstil der Autorin mit viel schwarzem Humor hineinzufinden, dauert es nicht lange, bis man dem sehr authentisch wirkenden, inneren Monolog und endlos mäandrierenden Gedankenfluss der Ich-Erzählerin gebannt folgt. Die sehr vielschichtig angelegte Protagonistin wird als eine eigenwillige, kritisch eingestellte und sehr clevere junge Frau geschildert, die am liebsten den Kopf in alte Schmöker aus dem 18. Jahrhundert steckt und im Gehen liest, um bloß nicht aufzufallen. Von allen Seiten wird sie mit verschiedensten Erwartungen konfrontiert und unter Druck gesetzt, so dass sie weit davon entfernt ist, ein selbstbestimmtes Leben führen zu können.
    Sehr unmittelbar nehmen wir Anteil an der intensiven Innenansicht der Hauptfigur, ihren sehr abschweifenden Gedanken und ambivalenten Einstellung zu ihrem Alltag und dem Leben in ihrem Bezirk, das geprägt ist von Tratsch, Misstrauen, Verleumdungen, Bespitzelungen und permanenter Angst. Alles unterliegt den strengen, oft widersinnigen Regeln der Gemeinschaft, denen man sich unterzuordnen hat. Gekonnt beschwört die Autorin einen unglaublich komplexen, höchst beklemmenden und kafkaesk anmutenden Mikrokosmos herauf, der sich während der langandauernden Konflikte herausgebildet und immer absurdere Züge angenommen hat. Sie schildert anhand einer Vielzahl von Beispielen eine Gesellschaft mit komplexen Loyalitätsregeln, die totalitäre Züge trägt, und ein Urmisstrauen gegen die Staatsgewalt und ihre Einrichtungen besitzt und verdeutlicht, was alles unter dem schädlichen Klima von Unterdrückung durch das Patriachat und der Kirche schiefläuft.
    Faszinierend ist es mitzuerleben, wie die Protagonistin, die eigentlich unauffällig sein und sich aus den politischen Konflikten heraushalten möchte, mit ihrer schrägen, desinteressierten und distanzierten Art diesen seltsamen Mikrokosmos stört und zunehmend in den Augen der anderen suspekt erscheint. So verselbständigen sich allmählich die Gerüchte um sie immer mehr und eine Kaskade von fatalen Verwicklungen nimmt unaufhaltsam seinen Lauf. Doch in all dem Irrsinn und der Gewalt gibt es auch Hoffnungsträger wie die Themenfrauen und den Echten Milchmann.
    Trotz aller Surrealität erzählt Anna Burns aber auch eine sehr beklemmende, authentische Geschichte über gesellschaftliche Entwicklungen, die auch auf andere Regime oder Bürgerkriegsgebiete übertragbar ist und sogar als Mahnung vor aktuellen Entwicklungen gedeutet werden kann.
    FAZIT
    Ein unglaublich intensiver, aufrüttelnder Roman über das Leben im Nordirland der 1970er-Jahre, der einen noch länger beschäftigt! Eine sehr anstrengende, herausfordernde aber lesenswerte Lektüre!

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  • 5 Sterne

    2 von 4 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    dj79, 17.03.2020 bei bewertet

    Als Buch bewertet

    Zeitenwende
    Die Fragestellung, „Wo ist da der Sinn? Was hat das für einen Zweck?“, taucht nicht nur im Roman mehrfach auf, sie begleitet den kopfschüttelnden Leser über weite Strecken, weil man einfach nicht glauben mag, dass es je eine dermaßen krude Gesellschaft gegeben hat. Wir blicken auf die Geschehnisse mit unseren heutigen Erfahrungswerten, können es nur schwerlich glauben. Die Geschichte um den „Milchmann“ ist eingebettet in den Nordirland-Konflikt der Siebziger Jahre.

    Um nicht zu spoilern, hebe ich nachfolgend die Besonderheiten des Romans, die mich am meisten begeistert haben, hervor, ohne dabei auf die Handlung an sich einzugehen. Einen gelungenen Überblick dazu liefert bereits der Klappentext.

    Ganz ungewöhnlich ist die Namenlosigkeit des Romans. Kaum eine Figur wird beim Namen genannt. Die Unterscheidung der Charaktere gelingt Anna Burns über den Beziehungsstatus, den diese zur Protagonistin bzw. zur Gesellschaft haben. Was mir anfänglich den Kopf zermartert hatte, kam mir nach der Gewöhnungsphase sogar entgegen. Für mich war es erstaunlich, wie gut ich mir die Figuren vorstellen und auseinander halten konnte. Mir kam es vor, als ließen sich durch die Namenlosigkeit viel besser Eigenschaften an die Charaktere anheften.

    Über weite Passagen hatte ich das Gefühl, ich würde eine Dystopie lesen, obwohl der Roman einen Ausschnitt der Siebziger Jahre im Nordirland-Konflikt abbildet. Möglicherweise haben mich die überspitzten Ausführungen der Autorin und die Penetranz an Aufzählungen und Wiederholungen in diesen Irrgarten getrieben. Bemerkenswert dabei war allerdings, dass mir genau das Dystopische, dieses theoretisch Mögliche, aber praktisch heutzutage in Mitteleuropa nicht Vorstellbare maximal gut gefallen hat. Es lässt nämlich die Geschichte um den Milchmann übertragbar erscheinen, portierbar in das Hier und Jetzt oder in die nahe Zukunft.

    Besonders beeindruckt war ich letztlich von der Gedankenwelt der Protagonistin, die im Roman als Ich-Erzählerin ausgeprägt ist. Durch die Erzählperspektive wurde ich ganz nah an die Hauptfigur herangeführt, so dass ich bereit war, in ihren Gedankenkarussellen mitzufahren. Ihre Überforderung durch die Ereignisse, ihre Enttäuschung gegenüber der Gesellschaft, ihre Angst und ihr drohender Komplettabsturz sind allgegenwärtig und hautnah spürbar. Die rasenden Gedanken kommen so realistisch rüber, dass ich beim Lesen in die Rolle der Erzählerin geschlüpft bin und mich gefühlsmäßig in ihrer Situation wiederfand. Ich war aufgeregt, wütend, zum Teil klopfte mir das Herz bis zum Hals.

    Insgesamt ist „Milchmann“ ein fordernder, weil so ungewöhnlicher Roman. Man muss sich drauf einlassen. Belohnt wird der Leser mit einer Spannung, die sich bis zum Wendepunkt in der Geschichte unermesslich steigert. Der Roman ist alles andere, aber kein Mainstream. Ich fand ihn hervorragend.

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  • 5 Sterne

    1 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Johann B., 15.02.2020

    Als Buch bewertet

    Milchmann ist das Werk der irischen Autorin Anna Burns. Sie schreibt über die Zeit der großen Konflikte in ihrer Heimat, wo Mord und Totschlag an der Tagesordnung lagen. Die Rede ist oft von „Wir“ und „die da drüben“, wobei „drüben“ nur die andere Straßenseite war. „Unsere“ Religion und „deren“ Religion bietet ebenfalls immer wieder Stoff zu tödlichen Auseinandersetzungen.

    In dem Buch Milchmann beschreibt die Ich-Erzählerin ihr Leben in Irland. Sie berichtet von sexueller Nötigung durch ihren Schwager und der Gerüchteküche ihrer Nachbarschaft. In ihren Augen war es eine „Chefgerüchteküche“, die nicht nur ihr das Leben schwer machten. Die Menschen sind verstört, weil sie, geprägt von dauerhafter Gewalt und sozialen Konflikten, ihr Leben in Belfast fristen. Die Autorin verarbeitet hier eigene Traumen und Erlebnisse und das macht das Buch zu etwas Besonderem. Sie weiß, wovon sie schreibt. Nichts ist übertrieben und, obwohl zuweilen lustig, so blieb mir als Leser das Lachen im Halse stecken.

    Die Hauptperson des Buches ist 18 Jahre alt und leidet unter den Familienverhältnissen. Der Vater ist depressiv und muss immer wieder zur langwierigen Behandlung in eine psychiatrische Klinik. Wie es damals wohl noch extremer war als heute, wo wurde die Erkrankung gegenüber der Nachbarschaft geleugnet. Die Mutter verstand nicht, was den Vater belastete. „Man sah doch nichts.“ Die junge Frau ist ebenfalls Opfer von Verleumdung und übler Nachrede. Keiner der Denunzianten hinterfragt den Wahrheitsgehalt der Gerüchte, dabei hätte sie deren Hilfe so sehr gebraucht.

    Nein, es ist kein Buch, welches ich einfach mal so locker weg lesen konnte. Es gibt ungewöhnlich lange und verschachtelte Sätze sowie viele neue Wortschöpfungen. Oder haben Sie schon mal etwas von „Vielleicht-Freund“, „Zehnminutengegend“ oder „Bruder zwei“ gehört oder gelesen? Und gerade deshalb packte mich die Freude an außergewöhnlicher Literatur und ich ließ mich auf das besondere Buch ein. Es lohnte sich und ich lernte die Situation der Iren aus einer anderen Perspektive kennen. Nämlich der einer jungen Frau. Erschrecken war für mich, dass der Konflikt noch immer schwelt und der Roman in einer Zeit spielt, die noch gar nicht so lange zurück liegt. Wer sich auf ungewöhnliche Sprache einlässt, wird bei der Lektüre von Milchmann nicht enttäuscht.

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  • 4 Sterne

    2 von 4 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    M., 08.03.2020 bei bewertet

    Als Buch bewertet

    Anspruchsvoller, themenreicher und sehr sprachmächtiger Roman

    Nordirland, Belfast, 1979 - einerseits – andererseits sicher auch eine Parabel für sämtliche Gesellschaften, insbesondere bürgerkriegsbetroffene, aber auch Gesellschaften mit patriarchalischen, religiösen oder totalitären Strukturen.

    Die eigenwillige und kluge Icherzählerin beschreibt, wie sie Stalkingopfer und infolge Opfer von Gerüchten und letztlich Opfer der Verhältnisse wird. Der Milchmann spürt ihr nach, obwohl verheiratet, möchte er sie zur Geliebten. Er ist ein hohes Tier unter den politischen Rebellen, den „Verweigerern“. Ihr wird schnell ein Verhältnis angedichtet. Weder ihr Vielleicht- Freund glaubt ihr, noch ihre Mutter. Viele Freunde hat sie nicht. Und eigentlich möchte sie sich nicht mit der grausigen Realität auseinandersetzen, stattdessen versinkt sie lieber in der Literatur des 19. Jhdts. Dennoch läuft sie durchaus mit wachen Augen durch die Gegend, erkennt vieles, nur was sie selbst betrifft, nimmt sie nicht wahr bzw. verdrängt sie.

    Ihre Lebensrealität ist allgemein sehr bedrohlich, was sehr eindrücklich geschildert wird. Sie lebt in einer „permanent alarmbereiten Gesellschaft“ mit Überwachung, hoher Gewaltbereitschaft und der ständigen Gefahr von (sexuellen) Übergriffen, Bomben und Busentführungen. Die Menschen sind daher paranoid, niemand sagt, was er wirklich denkt, niemand zeigt sich, wie er wirklich ist. Es besteht eine riesige Fassade, es heiratet sogar niemand den, den er wirklich liebt, weil es zu allem noch einengende Religionsvorschriften, starre Traditionen und Konventionen gibt. Die Menschen leben somit oft eine Doppelmoral, es wird wichtig, was die anderen über einen denken und Gerüchte erhalten eine große Macht.

    Es ist eine patriarchalische Gesellschaft in der diese junge Frau Opfer männlicher Gewalt wird. Dieser Prozess wird sehr gut und sehr berührend beschrieben. Die Ich Erzählerin zieht sich immer mehr in sich zurück, bis sie letztendlich kapituliert, was wirklich schmerzhaft anzusehen ist. Es fehlten ihr auch stets die richtigen Worte, um sich verständlich zu machen. Auch das ist immer wieder Thema des Romans - das Unaussprechliche. Immer wieder wird sichtbar gemacht, wie wichtig das Aussprechen, das Erfassen und damit einhergehende Verdinglichung der Wirklichkeit ist, um Selbstwirksamkeit und innere Ruhe, trotz relativer Machtlosigkeit, zu erlangen.

    Die Autorin lässt nah an den Gedanken der Ich-Erzählerin teilhaben. Diese schildert Wahrnehmungen, Empfindungen, reflektiert diese, setzt sie in Zusammenhänge und hinterfragt sie immer wieder. Sie verfügt über keine Sicherheiten, kein Vertrauen, daher ist sie stets voller Zweifel, was sich streckenweise recht anstrengend liest. Eine für mich besonders einprägsame Szene spielt während eines Französischkurses, in dem es, kurz gesagt, darum geht, dass die Wirklichkeit nicht Schwarz-Weiß zu sehen ist, sondern in den mannigfaltigsten Farben erscheint. Das fand ich literarisch so phantastisch gemacht, dass ich das bestimmt nie vergessen werde.

    Die Autorin ist ungemein sprachmächtig und zeigt eine große Lust am Formulieren und Wortschöpfungen. Der Schreibstil hat mir gut gefallen! Die Lektüre ist anspruchsvoll, ich benötigte volle Konzentration, fand aber auch viele interessante Gedanken und Beschreibungen. So inspirierte der Roman mich einerseits und brachte mich zum Nachdenken. Anderseits berührte er mich aber auch sehr, erweckte Mitgefühl, bedrückte und ließ mich traurig werden. Gleichzeitig amüsierte ich mich jedoch auch über diesen hintergründigen, etwas schwarzen und trockenen Humor.
    Etwas genervt war ich aufgrund einer Redundanz, man hätte großzügiger kürzen können, zudem auch die letzten 50 Seiten für mich eher unnötig waren.

    Der Roman ist sehr komplex. Politische, feministische, psychologische und soziologische Themen, aber auch Fragen über Wahrnehmung, Sprache und Erkenntnis werden hier dargestellt.
    Mir gefiel dieser etwas eigenwillige Roman sehr gut, er klingt immer noch nach und wird mich auch weiterhin beschäftigen.

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  • 4 Sterne

    1 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Stephanie P., 22.04.2020

    Als Buch bewertet

    Die Hauptprotagonistin ist eine junge Frau, welche hohen gesellschaftlichen Erwartungen ausgesetzt ist. Als sie ungewollt die Aufmerksamkeit eines deutlich älteren Mannes auf sich zieht, erweckt sie auch das Interesse ihrer Mitbürger, was sie auf jeden Fall verhindern wollte.

    Anna Burns Roman verbindet eine starke junge Hauptprotagonistin mit historischen Hintergründen und Gesellschaftskritik. Der Schreibstil ist sehr ungewöhnlich und ich hatte über weite Strecken Schwierigkeiten mit Anna Burns Art zu schreiben zu Recht zu kommen, obwohl mich die inneren Kämpfe der namenslosen Hauptprotagonistin sehr fasziniert haben. Ich empfand den Schreibstil als anstrengend aber dennoch berührend und aufrüttelnd. Dieser Roman ist äußerst intelligent verfasst und behandelt dabei viele aktuelle Themen, welche oftmals gesellschaftskritisch verpackt sind.

    Die einzelnen Protagonisten, allen voran die Hauptprotagonistin, sind äußerst facettenreich und vielschichtig, wodurch sie unglaublich authentisch wirken. Vor allem die Gedankenwelt und Emotionen der Hauptprotagonistin werden unglaublich authentisch transportiert, wodurch einen die Handlung sowohl fesselt und aufwühlt als auch berührt und zum Nachdenken anregt. Mich konnte die Hauptprotagonistin restlos überzeugen. Es handelt sich um eine kritische, kluge und vor allem mutige junge Frau, welche durch zahlreiche Außenerwartungen nicht in der Lage ist ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Der innere Monolog zeigt den gesellschaftlichen Druck und den Wunsch diesem nicht nachzugeben sehr deutlich und in seiner gesamten Ambivalenz auf.

    FAZIT:
    „Milchmann“ ist ein äußerst anstrengender Roman, der eine gewisse Zeit braucht, bis man ihn gelesen hat. Da er allerdings sehr emotional und aufrüttelnd ist sowie zum Nachdenken anregt, lohnt es sich dennoch das Buch zu lesen. Daher vergebe ich 4 Sterne!

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  • 2 Sterne

    3 von 6 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    nellsche, 10.03.2020

    Als Buch bewertet

    "War so gar nicht meins"

    Eine junge Frau, die in einer kleinen Stadt lebt, zieht ungewollt die Aufmerksamkeit eines mächtigen älteren Mannes auf sich. Der Milchmann. Obwohl sie versucht, alle in ihrem Umfeld im Unklaren über diesen Mann zu lassen, brodelt bald die Gerüchteküche. Dadurch wird sie interessant, etwas, was sie vermeiden wollte, weil es gefährlich ist. 

    Auf dieses Buch war ich sehr gespannt. Mich hat bereits das Cover angesprochen. Und die Beschreibung klang recht mysteriös, ich konnte mir nicht vorstellen, welche Geschichte mich letztlich erwartet. Das machte mich sehr neugierig. 
    Der Einstieg in das Buch ist mir leider sehr schwer gefallen. Ich fand den Schreibstil sehr anstrengend, so dass es mir nicht leicht fiel, dabei zu bleiben. Ich war nicht in der Lage, richtig in die Geschichte reinzukommen und zu folgen. 
    Zu den Personen habe ich keinen richtigen Zugang bekommen. Das lag sicher daran, dass keiner von ihnen einen Namen hat, auch nicht die Hauptprotagonistin. Sowas macht mich teilweise kirre, weil ich darauf lauere, wie denn der Name ist bzw. mich frage, ob ich den Namen überlesen habe. Durch die Beschreibung der Personen konnte ich sie zwar gut zuordnen, aber sie blieben dennoch ziemlich fremd. 
    Die Handlung des Romans konnte mich leider auch nicht richtig packen. Es gab sehr viele Längen, Ausschweifungen und Wiederholungen, die mich irgendwann ziemlich nervten. Ich war etliche Male geneigt, das Buch wegzulegen, habe aber trotzdem durchgehalten. 
    Die Grundstimmung, die durchgängig vermittelt wurde, war dagegen sehr gut gelungen. Das Gefühl der Bedrohung und der Gefahr wirkte greifbar und real. Insofern konnte ich die Ängste der Protagonistin gut nachvollziehen. 

    Der Roman war leider nicht meins. Ich hatte keine Freude beim Lesen und war nicht gefesselt. Insofern kann ich leider nur 2 von 5 Sternen vergeben.

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  • 2 Sterne

    1 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    makkipakki, 19.04.2020

    Als Buch bewertet

    Die Ich-Erzählerin ist achtzehn Jahre alt und wird begehrt. Zu ihrem Leidwesen jedoch nicht von einem gleichaltrigen Jungen Mann, sondern einem doppelt so alten. Und schon beginnt ein Roman über die Rolle von Mann und Frau in Nordirland des letzten Jahrhunderts.

    Das Cover ist schlicht, zeigt nur den Titel, keine klar zu erkennenden Figuren. Die Farbgestaltung ist aber recht ansprechend und in gewissem Maße ein Eyecatcher. Das keine wirklich identifizierbaren Figuren auf dem Cover sind, ist definitiv Vorbote für die Handlung.
    Die Handlung ist irgendwie ein einziger Monolog und plätschert so vor sich hin. Klar gibt es den einen oder anderen Spannungsmoment. Allerdings doch recht wenige und dann irgendwie auch nicht so wie erhofft. Während der Klappentext noch ganz Verheißungsvoll klang, ist das Buch irgendwie langweilig.
    Die Personen haben keine Namen, das belastet mich als Leser sehr, den Cousin 2 und 3 kann ich so noch schlechter unterscheiden. Wahnsinnig, was so ein Name ausmacht, aber dadurch, dass sie in diesem Buch gänzlich fehlen und jeder nur nach seiner Job oder anderen Merkmalen benannt wird, verlieren die Charaktere für mich an Tiefe. Einzig die Erzählerin lernen wir, zu, gut kennen.
    Sprachlich mag dieses Buch eine Innovation sein. Mich reizte es dann doch nicht so. Der monologartige Erzählstil, das verschmelzen von Vergangenheit und Gegenwart, alles das ließ mich irritiert als Leser zurück.

    Ich habe gekämpft mit diesem Buch, wirklich bis zum Schluss. Umsonst hat es sicher keine Preise bekommen, aber mich sprechen nicht unbedingt Bücher an, die ein Kunstwerk sind, sondern einfach Unterhaltungsliteratur. Und bei diesem Buch habe ich das Gefühl, dass ich eine bestimmte Ebene nicht verstanden habe.

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  • 1 Sterne

    1 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Jenny V., 24.03.2020 bei bewertet

    Als Buch bewertet

    „In einem Bezirk, der von Verdächtigungen, Mutmaßungen und Vagheit lebte, wo alles spiegelverkehrt war, war es außerdem unmöglich, eine Geschichte zu erzählen und einfach den Mund zu halten, nichts konnte hier gesagt oder nicht gesagt werden, das nicht hinterher als einzig wahre Wahrheit verbreitet wurde.“

    Inhalt

    In dieser Geschichte, wo Menschen ohne Namen bleiben und stattdessen in Kategorien eingeordnet werden, erzählt uns die 18-jährige Protagonistin, genannt Mittelschwester, von ihrem fremdbestimmten Leben zwischen den fragwürdigen gesellschaftlichen Normen ihrer Zeit und den fragilen Beziehungen zu ihren Mitmenschen. Von klein auf hat sie gelernt, möglichst unsichtbar zu bleiben, um keinerlei Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Je weniger sie wahrgenommen wird, desto einfacher ist es, in der Menge unterzutauchen und wenn schon nicht selbstbestimmt, dann wenigstens in Frieden zu leben. Ihre Strategie als eine von zahlreichen Geschwistern ist bisher aufgegangen, doch nun tritt plötzlich ein Fremder in ihr Leben und sie wird bezichtigt, mit diesem doppelt so alten Mann, der außerdem verheiratet ist, eine Affäre begonnen zu haben. Besagter „Milchmann“ steht im Zentrum der Öffentlichkeit, hat zahlreiche Bewunderer und ebenso viele Gegner, so dass es unmöglich erscheint, unbemerkt aus seinem Umfeld zu verschwinden. Sein „Stalking“ zermürbt Mittelschwester nachhaltig und bald muss sie sich der Macht der Gerüchteküche beugen, indem sie entgegen ihres Plans doch in sein Auto steigt …

    Meinung

    Bereits im Vorfeld der Lektüre habe ich diverse Leserstimmen zu diesem Roman wahrgenommen, die alle eine Gemeinsamkeit hatten: entweder man war begeistert oder das genaue Gegenteil – folglich wurde mein Interesse für dieses Buch geweckt und ich wollte mir ein eigenes Bild davon machen.

    Die aus Belfast stammende Autorin Anna Burns thematisiert in diesem Roman den Nordirland-Konflikt aus der Innenperspektive, denn die Protagonistin schildert detailliert und in Endlosschleife ihre Gedanken und Gefühle im Rahmen ihrer Gesellschaftszugehörigkeit verbunden mit der eigenen Hilflosigkeit, dem System zu entkommen. Im ersten Drittel des Buches überwiegt noch der politische Hintergrund, während später die Haupthandlung um den „Milchmann“ in den Fokus rückt.

    Literarisch betrachtet ist der Text anspruchsvoll und extravagant, begonnen bei fehlenden Strukturen, andauernden Nebensatzgeflechten, markanten Gedankensprüngen und zähen Handlungsschritten. Ich fühlte mich beim Lesen immer wie im Hamsterrad – man hat das Gefühl ständig zu laufen und kam doch keinen Schritt vorwärts. Weder konzentriertes, diszipliniertes Lesen noch pausieren oder querlesen konnten diesen Eindruck mildern – immer wieder kommt man vom Hundertsten ins Tausende und niemals auf den Punkt.

    Dabei hat mich die einseitige Erzählperspektive nachhaltig gestört, denn wenn es einen zweiten oder dritten Part gegeben hätte, wäre das Szenario weniger frustrierend und etwas allgemeingültiger vermittelt wurden. So erlebt man alles hautnah, doch kann es trotzdem nicht ausreichend nachvollziehen. Ein weiterer Kritikpunkt sind die vielen manchmal irrwitzigen Ereignisse, die voller Inbrunst Dinge schildern, deren Abwesenheit mir nicht mal aufgefallen wäre – wie intelligent „Kleine Schwestern“ sind, wie Auto vernarrt „Vielleicht-Freund“ ist oder wie verbissen und nervig „Irgendwer McIrgendwas“ auf Dauer ist.

    Fazit

    Das es ein polarisierender Text sein würde, habe ich erwartet, für mich war es eine Qual, positiv betrachtet eine Leseerfahrung, die mir leider als Zeitverschwendung in Erinnerung bleiben wird. Nur meine Teilnahme an der Leserunde hat dafür gesorgt, das ich nicht abgebrochen habe, zumal mir gerade die Statements begeisterter Leser oftmals ganz plausibel erschienen, so dass dadurch mehr Empathie entstand, als es der Text allein auszudrücken vermag.

    Damit vergebe ich den symbolischen Lesestern, der einen extravaganten, literarisch ausgezeichneten Text (Man Booker Price 2018) zu einem leider unbefriedigenden Leseerlebnis werden lässt. Denn am Ende bin ich mir sicher, die Botschaft des Buches nicht verstanden zu haben, obwohl Ansätze greifbar waren.

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  • 1 Sterne

    1 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    lesebiene, 11.02.2020 bei bewertet

    Als Buch bewertet

    Meine Meinung:
    Ich bin immer auf der Suche nach großen literarischen Neuentdeckungen des Jahres, die mich begeistern können. Die Stimmen zu dem Debütroman "Milchmann" waren dabei beinahe überwältigen positiv und machten mich absolut neugierig auf diese heiß ersehnten Roman.

    Und keinesfalls dieses Buch ist eigensinnig, höchst speziell und mein Flop des Jahres. Denn mit dem so speziellen Schreibstil, der sehr ruhig und manchmal sehr verschachtelten Sätze konnten mich nicht in den Bann ziehen.
    Hinzu kam, dass ich keinen Zugang zur Geschichte und ihren Charakteren finden konnte, wodurch ich die Handlung belanglos verfolgt und ich schließlich das Buch zur Seite legen musste.

    Mein Fazit:
    Leider kein Buch für mich, dennoch ein sicherlich spezielles und reizvolles, geradezu neugierig machendes Werk.

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    ja nein
  • 5 Sterne

    1 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Danny R., 10.03.2020

    Als Buch bewertet

    Die Protagonistin, eine junge Frau lebt in einem Arbeiterviertel in Nordirland . Das Leben Mitte der 70er Jahre während der „Troubles“ ist alles andere als einfach, es ist besser wenn man nicht auffällt. Doch plötzlich interessiert sich ein älterer, verheirateter Mann „Milchmann“ für sie. Er fängst an sie zu stalken, nimmt Kontakt zu ihr auf und stellt Besitzansprüche. Im Umfeld der jungen Frau bleibt dies nicht unentdeckt und es entstehen schnell Gerüchte. Ihr Leben wird zusehends komplizierter da sie für andere interessant ist und unter Beobachtung steht. Selbst in ihrer Familie trifft sie auf Misstrauen und so langsam verliert sie sich selbst.


    Der Sprachstil des Roman ist außergewöhnlich, bildlich, manchmal humorvoll aber auch schon mal beängstigend. Das Buch ist gut lesbar aber inhaltlich kein Leichtgewicht. Das Thema „Troubles“ wird von der Autorin in einer ungewöhnlichen Art dargestellt. Teilweise sind die Beschreibungen schon fast komisch, aber die Angst und die Gewalt sind trotzdem immer spürbar. Überall herrscht Misstrauen und das Sozialleben wird von den Nachbarn kontrolliert, Familien werden zerrüttet.

    Eine Besonderheit in dieser Geschichte ist, dass die Figuren namenlos sind. Die 18 jährige Protagonistin heißt die „Mittelschwester“ die einen „Vielleicht Freund“ hat. Die Bezeichnungen der Figuren haben einen Bezug zur Ich-Erzählerin oder wurden von den Dorfbewohnern so benannt wie zum Beispiel Schwester Eins, Schwager Drei, Jüngere Schwestern, Atomjunge oder Tabletten Mädchen. Diese Namenlosigkeit macht sie aber nicht wirklich anonym da die Charaktere sehr gut gezeichnet sind. Es ist nicht wichtig wie die Personen heißen, es ist wichtig wer sie sind und was sie für die anderen darstellen.

    Mittelschwester ist eine Frau mit eigenem Kopf und liest gerne Romane aus dem 19. Jahrhundert im Gehen. Selbst diese harmlose Verrücktheit stößt auf Unverständnis und macht sie in den Augen ihrer aufmerksamen Umwelt verdächtig. Sie wird als Unaufmerksam und somit als ignorant abgestempelt. Als ihr dann noch eine Affäre mit dem 41 jährigen Milchmann angehängt wird, wird ihr Leben wirklich kompliziert, denn Milchmann ist ein Held der Widerstands.

    Mir hat dieses außergewöhnliche Buch sehr gut gefallen. Der Autorin ist es sehr gut gelungen, die Atmosphäre des Alltagslebens während der „Troubles“ darzustellen. Der ungewöhnliche Schreibstil hat dieses Buch zu einem besonderen Leseereignis gemacht.

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  • 4 Sterne

    1 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    hapedah, 24.02.2020 bei bewertet

    Als Buch bewertet

    Verschachtelte Erzählweise

    Die junge Frau, aus deren Sicht die Geschichte erzählt wird, lebt ihr Leben in geregelten Bahnen, sie hat ihre Arbeit, ihren Vielleicht-Freund und am Wichtigsten für sie: ihre Bücher. Oft läuft sie durch die Straßen und liest dabei, immer ein Buch aus dem neunzehnten Jahrhundert, denn das zwanzigste Jahrhundert gefällt ihr nicht. Bis eines Tages dieser ältere Mann, den alle unter dem Namen Milchmann kennen, neben ihr ist und beiläufig davon spricht, wie gefährlich es doch sei, in diesen unruhigen Zeiten lesend umher zu laufen. Er bietet ihr an, in seinem Auto mit zu fahren, doch die junge Frau ist sich der Gefahr bewusst, die hinter diesem Angebot steht und lehnt höflich ab. Als der Milchmann wieder auftaucht, ist die junge Frau gerade beim Joggen im Park und da er nicht unhöflich zu ihr spricht und sie auch nicht berührt, sieht sie keinen Grund, sich belästigt zu fühlen - obwohl ihr der Mann und sein plötzliches Auftauchen Angst machen, zumal er eben so plötzlich wieder verschwindet. Um keine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, spricht sie mit niemandem darüber, aber die Nachbarn, allen voran der Mann ihrer ältesten Schwester, fangen dennoch an über die junge Frau und ihre angebliche Affäre mit dem verheirateten Milchmann zu reden. Er ist ein Staatsverweigerer, einer der Anführer der Bewegung und hat große Macht. So zieht er seine Kreise um die Protagonistin immer enger, doch die Bedrohung ist so subtil, dass die unbedarfte junge Frau immer noch nicht weiß, ob es Sinn macht, jemandem davon zu erzählen - doch das Gerede ist ihr voraus geeilt und als sie sich eines Tages ihrer Mutter anvertraut, glaubt diese ihr nicht, so dass sich die namenlose Protagonistin immer weiter in sich selbst zurück zieht....

    "Milchmann" von Anna Burns handelt in der Zeit des Nordirlandkonflikts, was aus dem Text nicht wirklich zu erkennen ist. Die Zeit der Handlung kann der Leser nur durch Hinweise auf Filme und Musik erahnen, die die Männer in der Gegend ablehnen. Beiläufig, weil es für die Protagonistin zum Alltag gehört, werden Autobomben und entführte Linienbusse erwähnt, Staatsverweigerer und Staatsbefürworter, die richtige und die falsche Religion, was ohne die Informationen, die ich aus Pressetexten entnehmen konnte, schwierig zum Einstieg in das Buch gewesen wäre. Ein kurzes Vorwort um den geschichtlichen Hintergund der Handlung wäre da hilfreich gewesen. Auch die Erzählweise ist ungewöhnlich, so wird keine der Figuren mit Namen benannt, sie sind älteste Schwester, Schwager drei, Vielleicht-Freund, Nachbar und so weiter. Mit erschreckender Beiläufigkeit berichtet die Hauptfigur von den vielen Menschenleben, die der Konflikt bereits gefordert hat, es gehört zum Alltag, dass dieser Bruder und jener Nachbar getötet wurde, kaum eine Familie im Bezirk hat noch keinen Verlust zu beklagen. Diese alltäglichen Begebenheiten während des Nordirlandkonfliktes sind es, die aus der Sicht der Protagonistin so nebenher erzählt werden, und dabei so weit entfernt von unserer heutigen Realität scheinen, dass sie auf mich beim Lesen schockierend wirkten und ein Bild jener Zeit vor meinem geistigen Auge zeichneten.

    Die Schreibweise habe ich in der ersten Hälfte des Buches als sehr verschachtelt empfunden, die Protagonistin kommt in ihren Gedanken von einer Szene in die nächste, weil sie sich vom Milchmann bedrängt fühlt, geht sie in Begleitung ihres Schwagers laufen, dabei denkt sie an eine Episode mit ihrem Vielleicht-Freund zurück bie dem einige Nachbarn zu Besuch sind, aus diesen Gedanken kommt sie zum Chefkoch, dem Freund ihres Vielleicht-Freundes und von den Gedanken geht sie noch weiter zurück, erst zum Stand ihrer Beziehung, dann zum Grund, warum ihr Vielleicht-Freund alleine in seinem Haus wohnt. Beim Lesen musste ich mir in Erinnerung rufen, dass sie immer noch mit ihrem Schwager durch den Park joggt und alles andere in ihren Gedanken statt findet. Doch plötzlich ist der Lauf vorbei und eine in der Gedankenspirale geplante Verabredung mit ihrem Vielleicht-Freund findet statt, die sie dann ebenfalls gedanklich zerpflückt. Erst viel später im Buch ist mir bewusst geworden, dass der Schreibstil die verworrenen Gedankengänge der Hauptfigur wiederspiegelt. Als sie später einige unangenehme Wahrheiten erkennt und sich nicht mehr vor der Realität flüchtet, wird auch die Geschichte klarer und geradliniger erzählt.

    In der ersten Buchhälfte war ich erstaunt, was über diese Geschichte, die mit dem britischen Man Booker Prize ausgezeichnet worden ist, in den Pressestimmen geäußert wurde, am Ende muss ich zugeben, dass alles, was ich darüber gelesen habe, zutrifft. "Milchmann" ist keine leichte Lektüre, die verschachtelten Beschreibungen fordern Konzentration und ziehen manche Stellen auch ein wenig in die Länge. Doch immer wieder gab es Szenen, in denen still und doch sarkastisch die Misstände jener Zeit aufgezeigt werden, zum Beispiel als die Protagonistin von den Themenfrauen berichtet, die ersten Frauenrechtlerinnen, die sich in ihrem Bezirk versammeln. Nach der allgemeinen Meinung wäre es ja noch in Ordnung gewesen, wenn diese Themenfrauen die Unterdrückung ihrer Geschlechtsgenossinnen anhand historischer Beispiele angeklagt hätten, aber nein, sie forderten aktuelle Veränderungen, zum Beispiel, dass die Männer ihre Frauen nicht mehr schlagen dürften - was allgemein als völlig absurd angesehen wurde. Mit jugendlicher Naivität schließt sich die Hauptfigur den gängigen Meinungen der breiten Masse an, erst viel später wird ihr - und damit auch dem Leser - bewusst, wie sehr sie den Kopf in den Sand gesteckt hat. Eine Freundin weist sie schließlich darauf hin, dass sie bereits vor dem Auftauchen des Milchmanns regelmäßig kontrolliert und fotografiert worden ist (was sie zuvor auf seine plötzliche Aufmerksamkeit geschoben hatte), dass sie bereits damals von der Gemeinschaft als Übergeschnappte abgestempelt worden war, auch weil sie die Realität mit Hilfe ihrer Bücher ausgeblendet hatte.

    Fazit: Anna Burns schildert die Ereignisse um die namenlose junge Frau in einzigartigem Schreibstil, der nicht immer leicht zu lesen ist. Mit alltäglichen, beiläufig berichteten Begebenheiten wird die Grausamkeit des Nordirlandkonfliktes aufgezeigt, auch die Geschichte der Protagonistin und die zunächst subtile Bedrohung, die vom Milchmann ausgeht, wird mit der jugendlichen Naivität der jungen Frau erzählt und wirkt dabei doch sehr eindringlich auf den Leser.

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  • 5 Sterne

    1 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Rinoa, 08.03.2020

    Als Buch bewertet

    Dieses Buch ist anders: Es fordert einen, packt einen (manchmal auch da, wo es wehtut), es regt zum Nachdenken an, aber es ist auch, trotz des nicht einfachen Themas, unterhaltsam, skurril und gespickt mit feinem Humor.

    Am Ungewöhnlichsten war für mich, dass es keine Namen gibt. Andererseits birgt das auch keine Gefahr, die handelnden Personen zu verwechseln, sie sind klar nach Verwandtschaftsgrad oder auch Eigenschaften benannt, bleiben dadurch aber auch irgendwie gesichtslos und bedienen gewisse Stereotypen.
    Mir hat das beim Lesen allerdings keine Schwierigkeiten bereitet, im Gegenteil: Ich fand es äußerst passend zur ganzen Geschichte und dem Schreibstil der Autorin.

    Wobei wir schon beim nächsten Punkt wären. „Milchmann“ ist nicht einfach zu lesen, die Sätze und also Gedanken der Ich-Erzählerin sind lang, verschachtelt, manchmal verworren, stecken voller Wiederholungen, wirken teilweise distanziert und haben mich (trotzdem oder gerade deshalb) in einen regelrechten Strudel gezogen. Und es ist einfach großartig geschrieben.
    Atemlos bin ich den Geschehnissen und manchmal auch Nicht-Geschehnissen gefolgt, unfähig einfach aufzuhören, erst am Ende eines jeden langen Kapitels konnte ich kurz verschnaufen. Doch nur, um dann gleich wieder weiterlesen zu wollen, ja fast zu müssen.

    Ich war auch sehr gespannt, wie – wenn überhaupt – die Autorin die Geschichte auflösen wird; eine wirkliche Überraschung habe ich allerdings nicht erwartet, dafür waren zu viele (wichtige) Dinge bereits vorweggenommen worden.
    Trotzdem hatte ich mir doch ein bisschen mehr erwartet oder besser gesagt, etwas anderes; so ganz stimmig war es für mich nicht.

    Aber das ist eher Jammern auf hohem Niveau, denn ich kann vollkommen verstehen, dass Anna Burns für „Milchmann“ den Man Booker Prize erhalten hat. Auch wenn das Buch sicher polarisiert, mir hat es wirklich sehr gut gefallen.
    Ich kann nur jedem empfehlen, sich auf die Lektüre einzulassen, auch wenn der Beginn möglicherweise etwas zäh erscheint. Am Ende wird man mit großartiger Literatur belohnt.

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  • 4 Sterne

    1 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    bookloving, 16.05.2020

    Als Buch bewertet

    *Intensiver, aufrüttelnder aber sehr anstrengend zu lesender Roman*
    Der Roman » Milchmann « aus der Feder der nordirischen Autorin Anna Burns wurde bereits 2018 mit dem Man Booker Prize - dem bedeutendsten britischen Literaturpreis - ausgezeichnet und ist nun auch auf Deutsch erschienen.
    Es ist ein faszinierender, aufwühlender und äußerst eindringlich geschriebener Roman mit sehr bissigem Humor, der eine sehr ernste und erstaunlich aktuelle Thematik behandelt, macht er doch deutlich wie nachhaltig der Alltag durch einen Bürgerkrieg beeinträchtigt werden kann und welche Auswirkungen die permanente Gewalt auf die Zivilgesellschaft hat.
    Obwohl die Autorin bewusst den Handlungsort, die Schauplätze und sogar das Zeitkolorit weitgehend unkenntlich gemacht hat und beispielsweise mit „jenseits der See“ oder „jenseits der Grenze“ umschrieben hat, fällt einem die Verortung der Handlung nicht schwer. Ihre Geschichte ist während des Nordirland-Konflikts in den 1970ger Jahren in einem katholischen Viertel in Belfast angesiedelt – einem Bürgerkrieg, in dem Autobomben, Erschießungskommandos und Tote den Alltag beherrschten.
    Bereits der verstörende Beginn des Romans mit dem ersten Satz „Der Tag, an dem Irgendwer McIrgendwas eine Waffe auf die Brust setzte, mich ein Flittchen nannte und drohte, mich zu erschießen, war auch der Tag, an dem der Milchmann starb." konfrontiert uns mit einer schockierenden Welt voller Gewalt und Brutalität.
    Die 18-jährige namenlose Ich-Erzählerin schildert rückblickend über eine Verkettung von ungeheuerlichen Ereignissen, die man zunächst gar nicht richtig einzuordnen vermag. Unbeabsichtigt hat die junge Erzählerin die Aufmerksamkeit eines über 40-jährigen Manns, der ein hochrangiger und hochgeschätzter Untergrundkämpfer ist und von allen „Milchmann“ genannt wird, auf sich gezogen. Obwohl sie ihm keine Beachtung schenkt, lauert er ihr beim Joggen regelmäßig auf und stalkt sie hartnäckig. Schon bald gehen Gerüchte im Viertel um und ihr wird eine Affäre ihm unterstellt.
    Aus Sicht der Erzählerin erfahren wir hautnah wie sehr die permanente Angst vor Begegnungen mit Milchmann und die kursierenden Gerüchte ihr nicht nur psychisch sondern zunehmend auch physisch zusetzen.
    Die Autorin bedient sich einer besonderen, Mitte des 18. Jahrhunderts eingeführten, nicht-linearen Erzähltechnik, bei welcher der Erzählschwerpunkt weniger auf der eigentlichen Handlung liegt, sondern eher assoziative und sehr ausschweifende Betrachtungen an Erzähltes anknüpfen. Obwohl es anfangs äußerst schwierig ist, sich in den ungewöhnlichen und sehr anstrengenden Schreibstil der Autorin mit viel schwarzem Humor hineinzufinden, dauert es nicht lange, bis man dem sehr authentisch wirkenden, inneren Monolog und endlos mäandrierenden Gedankenfluss der Ich-Erzählerin gebannt folgt. Die sehr vielschichtig angelegte Protagonistin wird als eine eigenwillige, kritisch eingestellte und sehr clevere junge Frau geschildert, die am liebsten den Kopf in alte Schmöker aus dem 18. Jahrhundert steckt und im Gehen liest, um bloß nicht aufzufallen. Von allen Seiten wird sie mit verschiedensten Erwartungen konfrontiert und unter Druck gesetzt, so dass sie weit davon entfernt ist, ein selbstbestimmtes Leben führen zu können.
    Sehr unmittelbar nehmen wir Anteil an der intensiven Innenansicht der Hauptfigur, ihren sehr abschweifenden Gedanken und ambivalenten Einstellung zu ihrem Alltag und dem Leben in ihrem Bezirk, das geprägt ist von Tratsch, Misstrauen, Verleumdungen, Bespitzelungen und permanenter Angst. Alles unterliegt den strengen, oft widersinnigen Regeln der Gemeinschaft, denen man sich unterzuordnen hat. Gekonnt beschwört die Autorin einen unglaublich komplexen, höchst beklemmenden und kafkaesk anmutenden Mikrokosmos herauf, der sich während der langandauernden Konflikte herausgebildet und immer absurdere Züge angenommen hat. Sie schildert anhand einer Vielzahl von Beispielen eine Gesellschaft mit komplexen Loyalitätsregeln, die totalitäre Züge trägt, und ein Urmisstrauen gegen die Staatsgewalt und ihre Einrichtungen besitzt und verdeutlicht, was alles unter dem schädlichen Klima von Unterdrückung durch das Patriachat und der Kirche schiefläuft.
    Faszinierend ist es mitzuerleben, wie die Protagonistin, die eigentlich unauffällig sein und sich aus den politischen Konflikten heraushalten möchte, mit ihrer schrägen, desinteressierten und distanzierten Art diesen seltsamen Mikrokosmos stört und zunehmend in den Augen der anderen suspekt erscheint. So verselbständigen sich allmählich die Gerüchte um sie immer mehr und eine Kaskade von fatalen Verwicklungen nimmt unaufhaltsam seinen Lauf. Doch in all dem Irrsinn und der Gewalt gibt es auch Hoffnungsträger wie die Themenfrauen und den Echten Milchmann.
    Trotz aller Surrealität erzählt Anna Burns aber auch eine sehr beklemmende, authentische Geschichte über gesellschaftliche Entwicklungen, die auch auf andere Regime oder Bürgerkriegsgebiete übertragbar ist und sogar als Mahnung vor aktuellen Entwicklungen gedeutet werden kann.
    FAZIT
    Ein unglaublich intensiver, aufrüttelnder Roman über das Leben im Nordirland der 1970er-Jahre, der einen noch länger beschäftigt! Eine sehr anstrengende, herausfordernde aber lesenswerte Lektüre!

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  • 5 Sterne

    Karla, 03.03.2020 bei bewertet

    Als Buch bewertet

    Ein irritierendes Buch. Es fällt so aus dem Rahmen. Es gibt keine Namen, keine Hinweise wo dieser Roman spielt und in welcher Zeit. Und doch drängt sich der Nordirland Konflikt auf.

    Was für eine schreckliche Zeit. Die Einwohner müssen sich entscheiden auf welcher Seite sie stehen, bzw. die Religion gibt es vor. Jede Abweichung von der Normalität wird beobachtet und kommentiert. Es könnte auch der Tod für denjenigen bedeuten.

    Hier gehen wir ein Stück des Weges mit der mittleren Tochter. Sie zieht die Aufmerksamkeit des Milchmannes auf sich. Wodurch genau, wird nicht erklärt.

    Die junge Frau sträubt sich, sie weiß genau was hier passiert und fühlt sich von allen verlassen und unverstanden. Der Milchmann agiert geduldig und manipulativ.

    Ein Roman auf den man sich einlassen muss. Er ist nicht einfach zu lesen. Es werden so viele verstörende Themen angesprochen. Die Preise hat er zu Recht erhalten.

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  • 4 Sterne

    Michaela E., 14.03.2020

    Als Buch bewertet

    Ein namenloses Mädchen erzählt und von ihrem Leben in der namenlosen Stadt. Von der Trennung durch die Hauptstraße und den Menschen von der anderen Seite der Straße, der anderen Seite der See. Schnell wird klar, dass es sich um Nordirland handelt. Die Stadt ist wahrscheinlich Belfast, wo die Trennung zwischen Katholiken und Protestanten immer noch recht scharf gezogen wird. Und wir befinden uns in den späten Siebzigerjahren, wo der Konflikt voll in Gange ist, wo Bombenanschläge zur Tagesordnung gehören.

    In dieser Zeit läuft das namenlose Mädchen lesend durch die Straßen, bis sie von einem älteren Staatsverweigerer angesprochen wird. Er hat gefallen an ihr gefunden und das lässt die Gerüchteküche hochkochen. Gelegentlich kommt es zu Begegnungen auf der Straße und scheinbar passiert hier auch nicht viel, doch die Autorin hat ein gutes Gespür dafür, zwischen den Zeilen die Bedrohung, die von diesem Mann ausgeht, aufleben zu lassen. Fast fürchte ich mich beim Lesen ebenfalls vor diesem Mann.

    Generell lebt dieser Roman nicht unbedingt von der Handlung. Es ist eher die Art, wie Anna Burns ein Gefühl für die Gesellschaft in dieser Stadt vermittelt. Sie beschwört durch die Gedanken und Erinnerungen des Mädchens ein differenziertes Bild der sozialen Strukturen in dieser zerrissenen Stadt herauf und lässt uns tief in dieses Gefüge eintauchen.

    Sie benennt die Dinge nicht beim Namen, sie kreist um die Kernthemen, schweift ab, um später wieder darauf zurückzukommen und mit jeder Wiederholung gibt sie dem Geschriebenen etwas mehr Gewicht. Sie arbeitet häufig mit Synonymen, Methapern, Alternativen, sinnverwandten und bedeutungsähnlichen Wiederholungen und setzt dadurch Betonungen. Anna Burns spielt mit der Sprache.

    Anfangs hat mir das ausgesprochen gut gefallen, auch wenn ihre Schachtelsätze manchmal sehr schwer zu lesen sind. Dieses Buch verlangt Konzentration und hat sie auch verdient. Es ist ein ungewöhnliches Leseerlebnis und wenn man das Buch nach 450 Seiten zuschlägt, kann es sein, dass man sich körperlich erschöpft fühlt.

    Und hier liegt auch meine Kritik. Der ungewöhnliche Stil, das ständige kreisen um die Kernthemen ist anfangs aufregend, wird aber mit der Zeit etwas anstrengend. Immer wieder habe ich mich dabei ertappt, dass ich mir gewünscht hätte, dass auch die Handlung voranschreitet. Ich denke, etwas gestrafft würde dieses Buch nicht so polarisieren.

    Dennoch bin ich froh, dass ich „Milchmann“ gelesen habe und ich weiß, das Buch wird mir noch sehr lange im Gedächtnis bleiben. Die Autorin hat mich mitten in diese patriarchale Gesellschaft entführt und Angst und Schrecken erleben lassen. Das hallt noch lange nach.

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  • 5 Sterne

    Silvia L., 02.05.2020

    Als Buch bewertet

    Das Cover vermittelt für mich einen harmonischen, fast schon romantischen Eindruck, aber der Inhalt macht da ganz und gar nicht mit! Hier findet man einen gesellschaftskritischen Roman vor!
    Unsere Protagonistin befindet sich in Belfast, im Nordirlandkonflikt, der Siebziger-Jahre. Diese Zeit ist für mich kaum greifbar, da ich selbst erst zwanzig bin! Trotzdem interessiere ich mich für vergangene Jahrzehnte und habe das Buch deshalb auch gern gelesen.
    Außerdem verfolgt die Autorin ein ungewöhnliches Konzept. Die Figuren bleiben eher anonym, also erhalten keinen Namen. Das hat mich wirklich fasziniert! Das Buch war wirklich außerordentlich gut und spannend! Ich habe es sehr gern gelesen und kann es jedem empfehlen, der gern etwas lesen möchte, was nicht zur "gebräuchlichen Unterhaltungsliteratur" gehört!

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