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  • 5 Sterne

    18 von 22 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    begine, 17.03.2020

    Als eBook bewertet

    Das russische 20. Jahrhundert
    Der Weißrussische Schriftsteller Sasha Filipenko konnte mich mit seinem Roman „Rote Kreuze“ begeistern. In seiner Vita steht das er Fußballfan ist, so lässt er seinen Protagonisten Schiedsrichter werden.

    Es fängt mit dem Schicksal Alexander an, er wird zu einem alleinerziehenden Vater.
    Als er in seine neue Wohnung zieht, lernt er seine 90jährige Nachbarin Tatjana Alexejewna kennen, die ihm ihre Geschichte aufzwingt. Sie leidet an Demenz und malt rote Kreuze an die Türen um immer zurückzufinden.
    Alex gewöhnt sich an sie und sie erfährt er warum sie im Lager war.
    Es ist erschütternd zu erfahren, das die Familie bestraft und auseinander gerissen wird, nur weil der Mann in Kriegsgefangenschaft gerät. Obwohl mir das bekannt war, ist es zu lesen, ziemlich traurig.
    Tatjana hat ja eigentlich noch Glück, das sie für den Kommandanten die Korrespondenz machen muss. Aber sie erfährt nicht wo ihre Tochter und ihr Mann sind.

    Der Autor hat einen fesselnden Stil, der mich in seinen Bann ziehen konnte. Die eingefügten Gedichte und Lieder sind stimmig und passen gut dazu.
    Da noch mehr Bücher von ihm übersetzt werden sollen, freue ich mich auf sie.

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  • 5 Sterne

    2 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Miss.mesmerized, 26.02.2020

    Als Buch bewertet

    Alexander ist noch gar nicht in seine neue Minsker Wohnung eingezogen, als er auch schon die Bekanntschaft mit der scheinbar exzentrischen Nachbarin Tatjana Alexejewna macht, vor der ihn die Maklerin gewarnt hat. Eigentlich möchte er nicht auf einen Plausch zu ihr kommen, doch dann fesselt ihn die Lebensgeschichte der 91-Jährigen, die an Alzheimer erkrankt ist und oftmals heute schon vergessen hat, was gestern geschehen ist. An ihre Vergangenheit kann sie sich jedoch sehr gut erinnern. Den Zweiten Weltkrieg, ihre Arbeit im Außenministerium, ihren vermissten Mann Ljoscha und die Tochter Assja, die man ihr entrissen hat, als man sie wegen Volksverrat ins Lager schickte. Ein bewegtes Leben hat sie hinter sich, das exemplarisch für viele in der ehemaligen Sowjetunion steht. Mit dem Erzählen ihrer eigenen Geschichte, bewahrt sie diese nicht nur vor dem eigenen Vergessen, das der Krankheit geschuldet ist, sondern auch vor dem kollektiven Verdrängen der Straftaten, die die Kommunisten hinter dem Eisernen Vorhang über viele Jahre verübten.

    „Rote Kreuze“ ist der erste Roman des weißrussischen Autors Sasha Filipenko, der ins Deutsche übersetzt wurde. Der Journalist und Drehbuchautor sagt im Nachwort zu seinem Roman, dass für ihn ein guter Roman nicht nur eine Geschichte erzählen soll, sondern Geschichte haben muss. Die Recherche um die Gräuel des Stalin-Regimes setzt er literarisch um und schafft es, auf nicht einmal 300 Seiten ein wichtiges Kapitel der russischen Geschichte wieder ins Bewusstsein zu rufen und den Opfern mit Tatjana Alexejewna eine Stimme zu verleihen.

    Trotz ihrer Geburt in London und zahlreicher Reisen in Westeuropa, wird Tatjana Alexejewna schnell eine Anhängerin des Kommunismus als sie nach Moskau übersiedelt. Rückblickend fällt es ihr schwer nachzuvollziehen, wie sie so lange die Augen vor den untrüglichen Anzeichen des sich nähernden Krieges verschließen konnte. Sie dient ihrem Land und wird doch als Verräterin hart bestraft. Nicht die Prügel und die Entbehrungen des Straflagers sind es jedoch, die ihr zusetzen, sondern die Ungewissheit darüber, was mit ihrem Mann und ihrer Tochter geschah und vor allem das schlechte Gewissen wegen einer Kleinigkeit, einem minimalen Betrug, von dem sie hoffte, dass sie so dem Schicksal ein Schnippchen würde schlagen können. Am Ende ihres Lebens angekommen, kann sie nichts mehr beängstigen, nicht einmal mehr Gott, sollte es ihn denn geben:

    „Jetzt denkt sich Gott, dieser von mir erdachte Gott, für mich Alzheimer aus, weil er Angst hat! Er hat Angst mir in die Augen zu schauen! Er will, dass ich alles vergesse.“

    Vergessen und Erinnern sind die zentralen Themen des Romans. Nicht nur die alte Dame, sondern auch der junge Nachbar kann und will vor der Erinnerung nicht davonlaufen. Alexanders Los ist zwar gänzlich anders gelagert, aber auch er hadert mit unabwendbaren Entscheidungen einer übermenschlichen Macht, denen er jedoch alles Menschenmögliche entgegensetzt.

    Neben der historischen Relevanz des Themas begeisterte mich Filipenko mit unzähligen wundervollen, treffsicheren Formulierungen, die das Lesen zu einem Fest machen. Auch vermeintliche Nebensächlichkeiten wie die wiederholten Verbindungen von Handlung mit Musik - wie etwa Tschaikowskys 5. Symphonie, die nach Tatjana Alexejewnas Empfinden die ganze Dramatik der russischen Geschichte widerspiegelt – man mag sich die Stücke sofort anhören, um noch mehr in die Handlung einzutauchen als man das ohnehin schon tut.

    Ein Roman, bei dem einfach alles stimmt – schon jetzt eins der Highlights 2020.

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  • 4 Sterne

    2 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    büchernarr, 22.03.2020

    Als Buch bewertet

    Das Buch beginnt indem eine 91-jährige alleinstehende Dame ihrem neuen Nachbarn Alexander erzählt, dass sie unter Alzheimer leidet und Kreuze and den Haustüren malt, um sich an den Weg zu ihrer eigenen Wohnung zu erinnern. Inmitten dieser Diskussion bittet sie ihn in ihre Wohnung und erzählt ihm ihre Lebensgeschichte. Diese ist erschütternd und tragisch und obwohl Alexander anfangs nicht begeistert von dem Ganzen ist, beginnt die Geschichte doch sein Interesse zu wecken. Die erzählten Jahre befassen ein dunkles Kapitel der russischen Geschichte, das auf keinen Fall in Vergessenheit geraten sollte, und zwar die Jahre während der Stalin-Ära.
    Als ihr Vater stirbt zieht Tatjana nach Moskau, wo sie eine kleine Familie gründet. Als der Krieg ausbricht wird ihr Mann an der Front geschickt und sie beginnt für den NKID, das spätere Außenministerium, als Übersetzerin zu arbeiten. Dabei erlebt sie hautnah die Grausamkeiten des Sowjetregimes die besagten, dass ein guter Soldat nicht in Gefangenschaft geraten darf und somit keine humanitäre Unterstützung für russische Kriegesgefangene zu rechtfertigen sei. Letztere und deren Angehörige werden als Verräter behandelt und als sie auf einer Liste russiche gefangener Soldaten den Namen ihres Mannes entdeckt, fürchtet die junge Mutter um sich selbst und ihre Tochter und begibt sich auf gefährlichen Eis...
    Das Buch ist sehr deprimierend aber tiefgründig geschrieben und der Autor berichtet über ein wichtiges Thema, an das man sich erinnern muss und das von heutigen russischem Staat nicht mit dem entsprechenden Gewicht behandelt wird. Mir gefiel auch, dass das Buch sachlich die Lage erzählt ohne viele Emotionen denn das gibt dem Buch eine gewisse Ernsthaftigkeit. Gerne empfehle ich das Buch weiter.

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  • 4 Sterne

    2 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Gisela E., 24.05.2020

    Als Buch bewertet

    Berührende Geschichte

    Rote Kreuze – die malt Alexanders Nachbarin Tatjana Alexejewna an die Haustür, um sich zu merken, wo sie wohnt. Tatjana ist nämlich über neunzig und leidet an Alzheimer. Sie erzählt ihrem neuen Nachbarn ihre Lebensgeschichte, sie hatte unter vielen Repressionen zu leiden. Die beiden lernen sich schätzen in einer Welt, die beiden ein hartes Schicksal beschert hat.

    Es ist eine Geschichte von Verlusten, die jeden Menschen hart treffen im Leben. Sehr feinfühlig und in der Tradition russischer Geschichtenerzähler schildert Sasha Filipenko Tatjanas bewegtes Leben. Dabei spiegelt die Erzählung die russische Geschichte des 20. Jahrhunderts wieder, die roten Kreuze ziehen sich wie ein roter Faden durch Tatjanas Leben. Sachlich erzählt, kommt die Wucht ihrer Geschichte erst hinterher beim Leser an, weckt Betroffenheit. So schmal das Büchlein selbst ist, so wichtig ist sein Inhalt, weil er wichtige Ereignisse der russischen Geschichte für die Nachwelt festhält. Nicht ganz nachvollziehbar ist Tatjanas Demenz, dafür wirkt die alte Frau viel zu überlegt.

    Diese aufrüttelnde Geschichte hat mich tief berührt, ich vergebe 4 von 5 Sternen und empfehle das Buch unbedingt weiter.

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  • 3 Sterne

    2 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Lilli33, 14.04.2020 bei bewertet

    Als Buch bewertet

    Dieser Roman konnte mich leider nicht erreichen

    Inhalt:
    Alexander bezieht seine neue Wohnung. Da macht er die ungewollte Bekanntschaft seiner Nachbarin, der über 90-jährigen Tatjana, die ihm sogleich ein Gespräch aufdrängt. So erfährt Alexander zwischen Tür und Angel die Lebensgeschichte der alten Frau.

    Meine Meinung:
    Hauptsächlich geht es hier um die Stalin-Ära, um die „Säuberungen“, willkürliche Unterdrückung der Sowjetbürger. Eigentlich ein sehr interessantes Thema, wie ich finde. Ich hatte hohe Erwartungen an die Erzählungen der alten Tatjana. Doch leider konnte mich die Geschichte überhaupt nicht abholen. Ich schreibe dies dem nüchternen, relativ emotionslosen, mehr berichtartigen Schreibstil zu.

    Im Klappentext ist die Rede von einer unerwarteten Freundschaft und dass die beiden Protagonisten ineinander das eigene gebrochene Herz erkennen. Weder das eine noch das andere konnte ich aus der Erzählung herauslesen.

    Fazit:
    Der Roman ist sicher nicht schlecht, aber mich konnte der Autor leider nicht begeistern.

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  • 5 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    M., 21.02.2020 bei bewertet

    Als Buch bewertet

    Gegen das Vergessen und Verleugnen

    Diesen klugen, berührenden, wichtigen und gut recherchierten Roman musste ich erst mal sacken lassen, weil ich am Ende eigentlich aus den Tränen nicht mehr herauskam.
    Nie hätte ich nach solch einem witzigen, sehr lebendigen Beginn gedacht, dass er in eine der schwärzesten Abgründe der Stalinzeit führt.

    Sascha, Fußballschiedsrichter, zieht aus Russland nach Minsk. Nach dem Tod seiner Frau möchte er mit seiner kleinen Tochter einen Neuanfang wagen. Hier lernt er nun die betagte, von Demenz betroffene Nachbarin Tatiana kennen. Sie erzählt Sascha ihr ergreifendes und erschütterndes Schicksal.
    Zu Stalins Zeiten arbeitete sie als Sekretärin im Auswärtigen Amt. Als der Krieg durch Hitler begann, musste ihr Mann an die Font. Irgendwann erfährt sie, aufgrund einer Liste des Internationalen Roten Kreuzes, dass ihr Mann in Kriegsgefangenschaft gelangt ist und sie gerät in Panik. Kriegsgefangene galten nämlich, laut Stalins Anweisungen, als Deserteure. Das sind nun Staatsfeinde und hierfür sind ebenfalls die Familienmitglieder, die Frauen und Kinder verantwortlich zu machen. Das heißt konkret: Verhaftungen, Folter, Kinderheim, Gulag, Erschießungen. Tatiana fürchtet um ihren Mann, um sich und ihr Töchterchen Assja und entschließt sich, die Liste zu fälschen...

    Das Werk nahm mich absolut gefangen, ich konnte es irgendwann nicht mehr aus der Hand legen.
    Der belarussische Autor, der in Russland lebt, kann einerseits sehr witzig und lebendig schreiben, andererseits aber auch tief berühren.
    Seine Figuren sind einfühlsam gezeichnet und gehen zu Herzen. Er schreibt sehr direkt, detailliert und überzeugend über die Verhältnisse unter Stalin, für die er Originaldokumente sichtete und diese teils im Roman wiedergab. Er zeigt die Unmenschlichkeit, das Absurde von Totalitarismus und Krieg und legt den Fokus auf den Umgang mit Kriegsgefangenen, den Massensäuberungen sowie den Zuständen in den Gulags.

    Die titel gebenden roten Kreuze haben im Roman übrigens ganz viel gestaltliche Bedeutungen, man begegnet ihnen immer wieder auf verschiedenste Weise. Ebenfalls begegnet man russischen Gedichten oder Liedtexten und den einschlägigen Denkmalwitzen..:)

    Einen Kritikpunkt habe ich dennoch: bei näherer Betrachtung ist die Rahmenhandlung vielleicht etwas kitschig und klischeehaft. Insbesondere diese junge Nachbarin, die sich Sascha gleich an den Hals wirft, das gefiel mir nicht so ganz.

    Insgesamt bin ich dennoch tief beeindruckt und wurde sehr nachdenklich gestimmt. Ich freue mich zudem sehr, dass diese Dinge wieder in das öffentliche Bewusstsein geraten.Vieles wurde noch nicht verarbeitet. Oder aber im Gegenteil, der Autor zeigt auch, wie sogar heutzutage noch Stalin verehrt wird und dessen Terror, Willkür und Massenmorde verleugnet werden. (Da haben wir Deutschen ja ebenfalls unsere eigenen einschlägigen Erfahrungen.)

    Unbedingt lesen!

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  • 5 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    steffi k., 26.02.2020

    Als Buch bewertet

    Ein ungleiches Paar …
    … diese neuen Nachbarn : gegensätzlicher könnten die beiden nicht sein!
    Das Coverbild hat etwas Verlagstypisches – schön , dass der Verlag es sich zur Aufgabe gemacht hat, auch hochwertige Bücher von eher unbekannten Autoren und Autorinnen herauszugeben, zumal diese auch oft von hohem aktuellen Wert sind.
    Zur Geschichte passt das Coverbild hervorragend; zumal die roten Kreuze ganz unterschiedlich interpretiert werden können. Sie dienen einerseits zur Orientierung der Protagonistin im Alltag – denn sie leidet an Alzheimer – und andererseits weisen sie in die sowjetische Geschichte unter Stalin.
    Dem Autor ist es gelungen ein ungleiches Paar – der junge Alexander und seine alten Nachbarin Tatjana -mit gegensätzliche Charakteren auf eine spannende Reise in die Vergangenheit zu schicken.
    Der Beginn dieser ungewöhnlichen Beziehung ist etwas holprig; Alexander fühlt sich unwohl und genötigt, der alten Frau zuzuhören: " Alte Leute neigen dazu , ihr eigenes Unglück überzubewerten." denkt er zunächst. Denn auch er selbst hat gerade erst einen schweren Schicksalsschlag erlitten. Aber Tatjana weiß , dass sie ihre Lebensgeschichte aufgrund ihrer Erkrankung bald nicht mehr erzählen werden kann. Dabei steht das gesundheitsbedingte Vergessen der alten Frau metaphorisch für das Vergessen eines schrecklichen Kapitels der russischen Geschichte.
    Anfangs hört Sascha ihr nur widerwillig zu , aber schon bald versteht er, dass es wichtig ist, sich immer wieder zu erinnern und nachzudenken .
    Ich finde, dass es dem Autor gut gelungen, Distanz zu wahren bei der Schilderung der Schicksale und dennoch schonungslos und ohne Verharmlosung zu erzählen. Die Auseinandersetzung mit dem Gelesenen überlässt er uns selbst.
    "Der Staat tut alles, damit die Menschen die Grausamkeiten des Sowjetregimes vergessen ,und unsere Aufgabe ist es ,das nicht zuzulassen.“ Dieser Satz , der das Interview mit Sasha Filipenko am Ende des Buches einleitet, zeigt , dass der Autor seine gesellschaftliche Aufgabe sehr ernst nimmt.
    Rote Kreuze ist ein sehr wichtiges Buch – ein lesenswertes Buch gegen das Vergessen.

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  • 4 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Martin S., 15.03.2020 bei bewertet

    Als Buch bewertet

    Unter Nachbarn

    Tatjana Alexejewnas Lebensuhr ist mit ihren über 90 Jahren schon fast abgelaufen und zusätzlich leidet sie zunehmend an einer aufkommenden Demenz. Tatjana hat aber noch ein großes Anliegen, sie will, dass ihre Lebensgeschichte nicht in Vergessenheit gerät. So versucht sie diese ihrem deutlich jüngeren Nachbarn Alexander aufzudrängen, der aber anfangs alles andere als begeistert ist. Tatjana lässt nicht locker und so entwickelt sich die zarte Bande einer Freundschaft zwischen den beiden Nachbarn...
    Als ich die Bewertungen und Rezensionen des vorliegenden Romans "Rote Kreuze" von Sasha Filipenko las, war mir schnell klar, dass dieses Buch die Leser polarisiert. Meine Neugier war geweckt und ich bin sehr gespannt in das Buch eingestiegen. Ich war zunächst ein wenig vom nüchternen und stilistisch sehr einfach gehaltenen Schreibstil des Autors überrascht. Im Nachgang muss ich sagen, dass dies der Geschichte aber sehr gut zur Gesicht steht. Was mich an "Rote Kreuze" am meisten fasziniert hat, war, wie sich ein banaler und völlig belangloser Small Talk unter Nachbarn zu einem tragischen und berührenden Bericht über das schicksalhafte Leben eines Menschen wandeln kann. Die Vita der Haupt-protagnistin Tatjana Alexejewnas ist geprägt von erduldeten Leid und niemals endenden Entbehrlichkeiten, hervorgerufen durch die unwürdige Behandlung der sowjetischen Regierung in den Nachkriegsjahren. Die historischen Hintergründe wirken dabei sehr gut recherchiert und stellen die Grausamkeiten der damaligen Zeit schonungslos in den Fokus. Auch Alexander muss einen tragischen Schicksalsschlag in seinem Leben verkraften und so stehen die Beiden sich im Kampf gegen das Vergessen gegenseitig zur Seite.
    Der Roman "Rote Kreuze" hat mich berührt und nachdenklich zurück-gelassen. Auch wenn mir das Ende ein wenig zu schnell erzählt war konnte mich in erster Linie die Erzählkraft des Autors Sasha Filipenko überzeugen. Ich empfehle das Buch daher gerne weiter und bewerte es mit guten vier von fünf Sternen.

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  • 4 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Gabriele S., 26.02.2020

    Als Buch bewertet

    Russland zur Stalinzeit
    Tatjana ist 90 Jahre alt, alleinstehend und leidet an Alzheimer. Das erzählt die Maklerin Alexander bei Übernahme der neuen Wohnung über die direkte Nachbarin. Die Maklerin verspricht ihm noch: „Das ist doch der absolute Jackpot!“ Doch als Leserin dieses Buches zweifelte ich daran, denn Tatjana ist sehr übergriffig, malt sogar ein rotes Kreuz an seine Tür, damit sie wieder nach Hause findet.

    Gleich am ersten Tag gelingt es ihr, Alexander in ihre Wohnung zu locken und ihm Teile ihrer Lebensgeschichte zu erzählen. Er erfährt, dass sie 1941 Kriegsgefangenenlisten vom Roten Kreuz ins Russische übersetzte und abtippte. Auf einer stand auch der Name ihres Mannes. Schwierig, da Kriegsgefangene und ihre Angehörigen als Deserteure angesehen wurden ...

    Der Beginn des Buches ist sehr emotionslos geschrieben. Zumindest erreichte es mich als Leserin nicht. Erst nach und nach stellte sich Kopfschütteln und Herzklopfen ein. Verständnislos verfolgte ich die unmenschlichen Verfahrensweisen der russischen Machthaber während der Stalinzeit. Plötzlich wurde auch Tatjanas emotionslose Erzählweise klar, denn anders war es wohl kaum möglich, solche Grausamkeiten zu ertragen.

    „Im Evangelium steht das Kreuz für Leiden und Schmerz aufgrund von Ursachen, die der Mensch nicht zu bezwingen vermag.“ (Seite 244) Tatjana ist überzeugt davon, dass Gott ihr die Alzheimer Krankheit (von der man allerdings noch wenig bemerkt) geschickt hat, damit sie die durch die Ungerechtigkeiten entstanden Wut vergisst, bevor sie vor ihm steht.

    Ich finde, dass der weißrussische Autor sehr mutig ist. Darf er denn so offen über diese Zeit schreiben, die die Machthaber zu vertuschen suchen? Auch wenn ich den Einstieg in diese Geschichte als nicht besonders gelungen ansehe, haben mich die Erzählungen von Tatjana, die mit Originaldokumenten untermauert sind, sehr aufgewühlt.

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  • 4 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Marie aus E., 14.03.2020

    Als Buch bewertet

    Sasha Filipenko erzählt uns die Geschichte von Tatjana:
    Inzwischen ist sie 90 Jahre alt und sie hat Krieg und Stalin-Terror miterlebt und überlebt und will nun unbedingt ihre Lebensgeschichte erzählen. Da trifft es sich vorzüglich, dass gerade ein neuer Nachbar einzieht und ob er will oder nicht (er will nicht...), er muss sie sich anhören.

    Tatjanas Geschichte ist schrecklich - ein Mann in Kriegsgefangenschaft, von der Tochter getrennt, "Umerziehungsstraflager" und dann noch fast lebenslang Gewissensbisse. Aber auch der junge Nachbar, Alexander, hat eine Geschichte zu erzählen.

    Obwohl die Schicksale betroffen machen, sehr sogar, hat das Buch insbesondere anfangs eine eigenartige Distanz oder Emotionslosigkeit in der Erzählart. Das empfand ich die ersten Abschnitte sehr irritierend, aber rückblickend gar nicht negativ. Das Buch hätte ich sogar in den öffentlichen Verkehrsmitteln lesen können, ohne Mitfahrende wegen feuchter Augen zu irritieren.
    Mit zunehmenden Buchfortschritt wurde jedoch auch meine Verbundenheit insbesondere mit Tatjana enger und mich hat ihre Geschichte dann auch immer mehr berührt.

    Alexander blieb für mich jedoch eine eher blasse Figur, der Fokus der Geschichte liegt aber auch eindeutig auf Tatjana.
    Von der unerwarteten Freundschaft, die die beiden laut Buchbeschreibung schließen, habe ich mir allerdings mehr erwartet, einen Pakt gegen das Vergessen, ja den haben sie letztendlich aber tatsächlich geschlossen.

    Ich habe festgestellt, dass ich nicht besonders viel über den Stalin-Terror weiß und fand das Buch, das mit Originaldokumenten aufwartet, auch dahingehend sehr interessant.

    Insgesamt ein Buch, das sich zu lesen lohnt.

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  • 4 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Nele33, 16.02.2020

    Als Buch bewertet

    Rote Kreuze von Sasha Filipenko ist vom Cover ein typisches Diogenes Buch.

    Alexander zieht um, seine neue Nachbarin ist Tatjana Alexejewna, eine 91 jährige Russin die an Alzheimer erkrankt ist. Alexander ist beim ersten Zusammentreffen nicht begeistert von der mitteilungsbedürftigen Nachbarin, will er doch nur seine Ruhe für einen Neuanfang in der neuen Stadt haben.
    Sie bedrängt ihn quasi zu einem Besuch in ihre Wohnung und beginnt schonungslos ihre Lebensgeschichte zu erzählen. Hört Alexander am Anfang eher rudimentär zu, so zieht ihn ihre Geschchte sehr schnell in ihren Bann.
    Langsam nähern sich die beiden Protagonisten an und auch Sasha öffnet sich Tatjana und erzählt seine bewegende Lebensgeschichte.

    Sasha Filipenko hat mit Rote Kreuze einen gesellschaftlichen Roman mit dem Hintergrund der Sowjetunion in den letzten 100 Jahren geschrieben, der tiefe Einblicke in ein Regime gibt in dem viele grausame Taten geschehen sind, ohne dabei zu sehr ins Rührselige abzudriften. Die roten Kreuze des Titels finden sich mit unterschiedlicher Bedeutung wie ein roter Faden beständig im Buch wieder.
    Der Schreibstil des Autors ist für das berührende Thema sehr distanziert, was es mir erschwerte eine engere Bindung zu den Protagonisten aufzubauen.

    Nach der Lektüre des Buches habe ich einiges mir Unbekanntes über die Sowjetunion gelernt und zwei berührende Lebensgeschichten kennen gelernt.
    Da die nächsten Bücher schon in Planung sind, bin ich schon sehr gespannt welche Themen diese beeinhalten.

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  • 5 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    M., 21.02.2020

    Als Buch bewertet

    Gegen das Vergessen und Verleugnen

    Diesen klugen, berührenden, wichtigen und gut recherchierten Roman musste ich erst mal sacken lassen, weil ich am Ende eigentlich aus den Tränen nicht mehr herauskam.
    Nie hätte ich nach solch einem witzigen, sehr lebendigen Beginn gedacht, dass er in eine der schwärzesten Abgründe der Stalinzeit führt.

    Sascha, Fußballschiedsrichter, zieht aus Russland nach Minsk. Nach dem Tod seiner Frau möchte er mit seiner kleinen Tochter einen Neuanfang wagen. Hier lernt er nun die betagte, von Demenz betroffene Nachbarin Tatiana kennen. Sie erzählt Sascha ihr ergreifendes und erschütterndes Schicksal.
    Zu Stalins Zeiten arbeitete sie als Sekretärin im Auswärtigen Amt. Als der Krieg durch Hitler begann, musste ihr Mann an die Font. Irgendwann erfährt sie, aufgrund einer Liste des Internationalen Roten Kreuzes, dass ihr Mann in Kriegsgefangenschaft gelangt ist und sie gerät in Panik. Kriegsgefangene galten nämlich, laut Stalins Anweisungen, als Deserteure. Das sind nun Staatsfeinde und hierfür sind ebenfalls die Familienmitglieder, die Frauen und Kinder verantwortlich zu machen. Das heißt konkret: Verhaftungen, Folter, Kinderheim, Gulag, Erschießungen. Tatiana fürchtet um ihren Mann, um sich und ihr Töchterchen Assja und entschließt sich, die Liste zu fälschen...

    Das Werk nahm mich absolut gefangen, ich konnte es irgendwann nicht mehr aus der Hand legen.
    Der belarussische Autor, der in Russland lebt, kann einerseits sehr witzig und lebendig schreiben, andererseits aber auch tief berühren.
    Seine Figuren sind einfühlsam gezeichnet und gehen zu Herzen. Er schreibt sehr direkt, detailliert und überzeugend über die Verhältnisse unter Stalin, für die er Originaldokumente sichtete und diese teils im Roman wiedergab. Er zeigt die Unmenschlichkeit, das Absurde von Totalitarismus und Krieg und legt den Fokus auf den Umgang mit Kriegsgefangenen, den Massensäuberungen sowie den Zuständen in den Gulags.

    Die titel gebenden roten Kreuze haben im Roman übrigens ganz viel gestaltliche Bedeutungen, man begegnet ihnen immer wieder auf verschiedenste Weise. Ebenfalls begegnet man russischen Gedichten oder Liedtexten und den einschlägigen Denkmalwitzen..:)

    Einen Kritikpunkt habe ich dennoch: bei näherer Betrachtung ist die Rahmenhandlung vielleicht etwas kitschig und klischeehaft. Insbesondere diese junge Nachbarin, die sich Sascha gleich an den Hals wirft, das gefiel mir nicht so ganz.

    Insgesamt bin ich dennoch tief beeindruckt und wurde sehr nachdenklich gestimmt. Ich freue mich zudem sehr, dass diese Dinge wieder in das öffentliche Bewusstsein geraten.Vieles wurde noch nicht verarbeitet. Oder aber im Gegenteil, der Autor zeigt auch, wie sogar heutzutage noch Stalin verehrt wird und dessen Terror, Willkür und Massenmorde verleugnet werden. (Da haben wir Deutschen ja ebenfalls unsere eigenen einschlägigen Erfahrungen.)

    Unbedingt lesen!

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  • 4 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Margaret K., 22.02.2020

    Als Buch bewertet

    Tatjana ist 91 Jahre alt und langsam bekommt sie Alzheimer. Als sie einen neuen Nachbarn bekommt, freundet sie sich mit ihm an und erzählt ihm ihre Geschichte.

    Den Schreibstil des Buches fand ich etwas gewöhnungsbedürftig. Zwar ist er leicht zu lesen und man spürt auch die russische Kultur durch die Übersetzung, aber irgendwie kam mir alles leicht abgehackt und distanziert vor. Ich konnt dadurch dennoch mit den Personen mitfühlen und die Geschichte hat mich sehr berührt, aber die Personen an sich konnte ich nicht richtig greifen und auch nicht die Beziehung der beiden Protagonisten untereinander.
    Trotz allem ist es eine sehr heftige Geschichte, die spannend erzählt wird. Ich habe bei der Erzählung die ganze Zeit mitgefiebert und was man über das Leben in Russland im zweiten Weltkrieg erfährt, ist wirklich hart. Die Geschichte verschönt nichts und man erfährt sehr viel darüber wie die Menschen gedacht haben und heute auch denken. Dabei ist das Buch sehr kunstvoll geschrieben, das für eine gewisse Stimmung sorgt.

    Letztendlich konnte mich das Buch richtig umhauen und berühren. Der Stil hat mir persönlich zwar nicht so gut gefallen, aber die Geschichte an sich ist wirklich heftig.

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  • 3 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Readaholic, 27.02.2020

    Als Buch bewertet

    Kampf gegen das Vergessen
    Die neunzigjährige Tatjana leidet an Alzheimer und malt deshalb rote Kreuze an Wohnungstüren in ihrem Wohnhaus, um zurück zu ihrer eigenen Wohnung zu finden. Der junge Alexander, der soeben in diesem Haus eingezogen ist, entfernt ein Kreuz an seiner Wohnungstür, woraufhin ihn Tatjana auf die Bedeutung des Kreuzes für sie hinweist. Doch nicht nur das, sie drängt den jungen Mann, der offensichtlich seine Ruhe will, dazu, mit ihr in ihre Wohnung zu kommen, wo sie sofort anfängt, ihm ihre Lebensgeschichte zu erzählen.
    Die Handlung mutet ein wenig surreal an, denn es entwickelt sich kein Dialog zwischen den Personen. Alexander, der eben noch keinerlei Interesse an der alten Dame hatte, sitzt brav dabei, nippt höchstens mal an seinem Tee und hört stundenlang zu.
    Am nächsten Tag begegnen sich die beiden wieder im Treppenhaus. Dieses Mal ist es an Alexander, seine Geschichte zu erzählen, wobei nun Tatjana die stumme Zuhörerin gibt. Die Geschichten, die die beiden zu erzählen haben, sind durchaus interessant, allerdings ist die Präsentation in Form von Monologen ziemlich seltsam und unglaubwürdig. Auch dass Tatjana Alzheimer haben soll, erscheint seltsam, denn sie zitiert seitenweise Originaldokumente von vor vielen Jahrzehnten.
    In der ersten Hälfte des Buchs haben mich der nüchterne Stil des Autors und die gestellten Szenen sehr gestört, ich konnte keinerlei Empathie für die Personen empfinden. Dann hat mich das Buch aber doch noch erreicht. Der Stil des Autors ändert sich zwar nicht, aber die Szenen, in denen Tatjana von ihrer Zeit in einem Arbeitslager und den unhaltbaren Zuständen dort berichtet, gingen mir unter die Haut.
    Sasha Filipenko hat für „Rote Kreuze“ sehr viel Recherchearbeit geleistet. Originaldokumente, die in Russland nicht zugänglich waren, hat er zum Beispiel in der Schweiz aufgespürt. Das Buch enthält eine Vielzahl von Dokumenten, Schriftverkehr zwischen dem Roten Kreuz in Genf (hier wieder das Leitmotiv des Roten Kreuzes) und dem sowjetischen Außenministerium. Diese Briefe nehmen viele Seiten des Romans ein, was den Lesefluss erheblich hemmt. Meiner Meinung nach wären sie besser als Anhang beigefügt worden.
    Filipenko hat ein wichtiges und in der Sowjetunion totgeschwiegenes Thema angesprochen. Allerdings hat mir die Umsetzung seines investigativen Journalismus als Roman nicht gefallen, zu hölzern sind die Dialoge, zu wenig glaubhaft manche Situationen.
    Vielleicht ist die Geschichte als Parabel gemeint, wobei Tatjana für das „alte Russland“ steht, für die Generation, die die Stalinzeit mit all ihren Gräueln noch erlebt hat und verhindern möchte, dass diese Erinnerungen verloren gehen (weshalb Tatjana Alexander, als Vertreter des „jungen Russland“ noch ihre Geschichte erzählt, bevor es aufgrund ihrer Alzheimererkrankung nicht mehr geht.) Wofür Alexander als junger Russe allerdings steht, ist mir nicht klar. Ein Mann, der noch ein Fußballspiel zu Ende bringen will, obwohl seine Frau gerade gestorben ist?
    Das Buch vermittelt viel geschichtliches Wissen, die Umsetzung als Roman finde ich jedoch nicht gelungen.

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  • 3 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Elaine L., 16.02.2020

    Als Buch bewertet

    Wie viel kann ein Mensch ertragen?

    Weißrussland zu Beginn der 2000er Jahre. Ein junger Mann zieht in ein Wohnhaus in dem auch eine über 90 Jahre alte Frau lebt. Er - Alexander - will eigentlich mit seiner bisherigen Vergangenheit abschließen, neu anfangen und vergessen was war. Sie - Tatjana Alexejewna - leidet an Alzheimer, hat aber trotzdem das Bedürfnis anderen ihre Leidensgeschichte zu erzählen.
    So unterschiedlich beide sind und so verschiedenen ihre Wünsche und ihr Umgang mit ihrer jeweiligen Vergangenheit auch sind, so sehr steht das Heilen der Wunden der Vergangenheit im Vordergrund. In der_m jeweils anderen finden beide mit der Zeit einen Menschen, mit dem sie über die Vergangenheit sprechen können, eine_n Zuhörer_in und jemanden, die_der einfach da ist.
    Dem Autor Sasha Filipenko gelingt mit "Rote Kreuze" ein berührend erzählter Roman über die Zustände in der damaligen Sowjetunion seit 1941 und über heutige Möglichkeiten das Absterben eines menschlichen Körpers über Monate aufrecht zu erhalten. Gespickt ist das Buch auch mit historischen Dokumenten des Rote Kreuzes an die sowjetische Regierung - daher auch der Titel des Buches -, was meines Erachtens zu einer vom Autor bewusst gewollten Abrechnung mit dem Stalinismus beiträgt und das unterbewusste Gefühl entstehen lässt, dass das Deutsche Reich weniger schlimm gewesen wäre als die Sowjetunion. Klar, das Buch ist aus der Sicht Verfolgter des Stalinismus geschrieben, es lässt aber eine Tendenz erkennen, die ich für ziemlich problematisch halte, so dass ich das Buch nicht unbedingt empfehlen kann.

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  • 5 Sterne

    9 von 13 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    hapedah, 26.02.2020

    Als Buch bewertet

    Gegen das Vergessen

    Als Alexander kurz nach dem Bezug seiner neuen Wohnung in Minsk ein rotes Kreuz an der Tür findet, glaubt er an Vandalismus. Doch seine Nachbarin, die über neunzig Jahre alte Tatjana erklärt ihm, dass sie unter Alzheimer leidet und die Kreuze gemalt habe, um sich an den Weg zu ihrer eigenen Wohnung zu erinnern. Weil Tatjana den jungen Mann in ihre Wohnung bittet und ihm ein Gespräch aufdrängt, empfindet er sie zunächst als aufdringlich und lästig, dabei hat er dennoch genügend Manieren, um Tatjana trotz seiner Erschöpfung zu folgen und zuzuhören. Mit dem Beginn ihrer Lebensgeschichte gelingt es der alten Dame dann endlich, Alexanders Interesse zu wecken und so erfährt er von ihrem Leben während der Stalin-Ära. 1910 in England geboren, zieht sie bereits im Kindesalter mit dem Vater nach Russland, denn dieser glaubt, dass in seiner alten Heimat eine glorreiche Zukunft liegt. In jungen Jahren ist Tatjana noch in vielen Ländern unterwegs, doch mit dem Tod des Vaters kehrt sie nach Moskau zurück. Mit dem Beginn des zweiten Weltkrieges ändert sich ihr Leben radikal, ihr Ehemann wird an die Front einberufen und Tatjana bleibt mit der kleinen Tochter zurück.
    Da sie über gute Sprachkenntnisse verfügt, wird die junge Mutter aufgefordert, für den NKID, das spätere Außenministerium, zu arbeiten. Dabei wird sie mit der alltäglichen Grausamkeit des Krieges konfrontiert, zum Beispiel geht ein Dokument durch ihre Hände, das besagt, dass ein guter Soldat nicht in Gefangenschaft gerät, somit seien alle Kriegsgefangenen als Verräter und Deserteure zu behandeln, ebenso deren Angehörige. Unzählige Briefe und Telegramme vom internationalen roten Kreuz muss Tatjana übersetzen, keiner der Vorschläge zur humanitären Unterstützung russischer Kriegesgefangener wird jemals beantwortet. Als sie auf einer Liste der im Ausland gefangenen russichen Soldaten den name ihres Mannes entdeckt, fürchtet die junge Mutter um sich selbst und ihre Tochter, deshalb lässt sie in der Übersetzung den Namen verschwinden und schreibt dafür den eines Mithäftlings doppelt auf. Die folgenden Jahre lebt Tatjana in ständiger Angst vor einer Verhaftung, doch erst nach Ende des Krieges, im Juli 1945 wird sie abgeholt und muss von da an das Grauen des Gulags erleben....
    Mit "Rote Kreuze" hat der weissrussische Autor Sasha Filipenko einen eindringlichen Roman geschaffen, der sich mit einem düsteren Kapitel der russischen Geschichte befasst. Dabei lässt er das Grauen während der Zeit des Stalinismus auf bedrückende Weise lebendig werden, an Tatjanas Seite erlebt der Leser die finstere Vergangenheit mit. Wie Alexander wollte auch ich beim Lesen immer mehr von ihrem Leben und dem damit verknüpften geschichtlichen Hintergund erfahren, die Erzählung hatte mich schnell gepackt und bis zur letzten Seite nicht mehr los gelassen. Nachdenklich bin ich nach dem Ende der Lektüre zurück geblieben, Sasha Filipenkos Botschaft ist deutlich. In einem Interwiew auf den letzen Buchseiten sagt er: "Der Staat tut alles, damit die Menschen die Grausamkeiten des Sowjetregimes vergessen und unsere Aufgabe ist es, das nicht zuzulassen." Sein Plädoyer gegen das Vergessen untermauert er mit originalen Dokumenten, die im Archiv des Roten Kreuzes in der Schweiz lagern, denn die russischen Dokumente sind unter Verschluss, die heutige Regierung hat kein Interesse daran, sich mit der Geschichte des eigenen Landes auseinander zu setzten. Im Buch engagiert sich die hoch betagte Tatjana gegen den Bau einer Autobahn auf dem Gelände von Massengräbern der Opfer aus der stalinistischen Ära, sie und der ahnungslose Alexander, den sei mit dorthin genommen hat, werden kurz verhaftet. Damit wird der aktuelle Umgang mit den mahnenden Stätten der Vergangenheit noch einmal deutlich dargestellt. Dem beeindruckenden Roman gebe ich eine unbedingte Leseempfehlung.
    Fazit: Eindringlich vermittelt der Autor ein wichtiges Thema, an Tatjanas Seite erlebt der Leser die düstere Geschichte Russlands hautnah mit. Der fesselnde Schreibstil lässt den Leser schnell durch die 280 Seiten gleiten und lässt ihn nachdenklich zurück.

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  • 5 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Buecherseele79, 24.04.2020

    Als Buch bewertet

    Alexander ist neu eingezogen in den Wohnkomplex und sofort läuft ihm seine 90ig jährige Nachbarin Tatjana Alexejewna über den Weg…natürlich möchte sie Alexander besser kennenlernen, fängt auch gleich an ihre Lebensgeschichte zu erzählen. Während Alexander zu Beginn noch genervt ist lässt sich Tatjana von ihrer Geschichte nicht abbringen…solange der Alzheimer sie noch nicht ganz vergesslich macht…und die beiden unterschiedlichen Menschen kommen sich näher und beginnen sich zu vertrauen…
    „Ich glaube, Pascha hat seine Festnahme vorausgeahnt. Geburtsort? Genua. Alles klar. Ein rotes Kreuz, das sein Schicksal besiegelt.“(Seite 49)
    Ich mag die Covergestaltung des Diogenes Verlag einfach, sie zeigen alles und doch wenig und hier trifft es das Cover, in meinen Augen, auch direkt auf den Punkt.
    Vom Autor Sasha Filipenko ist dieses Buch das Erste welches im deutschsprachigen Raum erschienen ist, seine weiteren Werke sollen folgen und ich freue mich jetzt schon darauf. Denn der Autor bringt einem ein Russland näher dass so unterschiedlich ist wie das Volk, die Sprache, das Wetter und seine Traditionen. Der Schreibstil konnte mich sehr schnell packen, ich war neugierig auf die Geschichte von Tatjana, ich war neugierig was mit Alexander passiert ist. Der Autor nimmt den Leser mit durch die Geschichte von Russland, von damals mit der jungen Tatjana, zum Aktuellen mit Alexander.
    Der kleine aber feine Humor kommt nicht zu kurz, ich mochte die Konstellation von beiden zu Beginn, das Genervte von Alexander, die forsche aber lustige Art von Tatjana, dass sie sich nicht aus der Ruhe bringen lässt, dass sie ihre Alzheimer Erkrankung für vieles als Vorwand nimmt.
    Und doch ist das Buch keine leichte Lektüre, keine dauerhaft lustige, denn sie erzählt nun mal die Geschichte von einem Russland welches man hier und da aus den Geschichtsbüchern kennt, aus Erzählungen oder Berichten. Gerade der Teil den Tatjana von sich erzählt schmerzt, schockiert, bewundert die Frau für ihren Mut, für ihre Offenheit, für das Nicht aufgeben und weitermachen. Auch hier denke ich dass es die Stärke des russischen Volkes zeigt denn aufgeben und nicht mehr aufstehen, das passt so gar nicht zu diesen Menschen.
    Alexander selbst hat ebenso sein „Päckchen“ zu tragen, muss mit Verlusten, neuen Situationen zu Recht kommen, wie Tatjana damals, während und nach dem Krieg. Es geht um die Familie, welche Liebe und Hoffnung in dieser Institution liegt, wie man daraus Kraft und Zuversicht ziehen und zerren kann.
    Beide Protagonisten kommen zu Wort, beide berichten ihre Geschichten, ihren Schmerz, ihre Zuversicht, aber auch ihre Ängste und Sorgen. Beide stehen für ein Russland aus verschiedenen Zeiten, dass nicht überall einen neuen Weg gegangen ist. Hier und da wäre wohl eine Triggerwarnung angebracht denn das Buch behandelt auch sehr schwer annehmbare Themen, es geht ans Herz, an den Verstand und über das zu ertragende Maß hinaus.
    „Nie werde ich diese mit Kuverts vollgestopften Postkästen vergessen. An wen waren diese Briefe adressiert? Würde sie je jemand lesen?“. (Seite 45)
    Der Autor versteht wahrlich ein Russland zu präsentieren welches viele begeistern wird. Ich kann für dieses Buch nur eine Leseempfehlung aussprechen!

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  • 5 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Xirxe, 09.04.2020 bei bewertet

    Als Buch bewertet

    Der dreissigjährige Alexander ist nach einem schweren Schicksalsschlag mit seiner kleinen Tochter nach Minsk gezogen. Direkt beim Einzug lernt er seine Nachbarin kennen, die über 90jährige Tatjana, die ihm ungefragt ihre Lebensgeschichte aufdrängt. Widerwillig hört er ihr zu und ist doch völlig gefesselt von ihren dramatischen, schmerzlichen Erlebnissen, die sogar sein eigenes Leid etwas in den Hintergrund rücken lassen.
    Dass die Zeit unter Stalin für viele Menschen eine Tragödie war, ist zwar bekannt, aber mehr oder weniger verdrängt bzw. vergessen. Stattdessen wird er in Russland wieder zu einer Kultfigur - der starke Mann, der Erlöser - und die Zahl seiner AnhängerInnen wächst. Gegen dieses Vergessen schreibt Sasha Filipenko an mit seinem Buch 'Rote Kreuze'. Glaubhaft und überzeugend zeigt er am Schicksal der mittlerweile an Alzheimer erkrankten Tatjana, wie völlig Unschuldige während des II. Weltkriegs wegen Nichts in Lager und Gefängnisse geschickt oder getötet wurden.
    Die fiktive Geschichte dieser alten Dame, die vermutlich für die vieler anderer 'echter' Menschen steht, wird mit dokumentarischen Belegen wie den Briefen des Roten Kreuzes ergänzt, die versuchten, die russische Regierung zum Austausch von Kriegsgefangenen zu bewegen. Doch diese lehnte stets ab oder reagierte überhaupt nicht, denn für sie waren russische Kriegsgefangene Verräter, sonst wären sie nicht gefangen genommen worden - und was zählt schon ein Menschenleben?
    Dass der junge Alexander, das Gegenüber im Heute von Tatjana, ebenfalls ein Schicksal aufweist, das für ein ganzes Buch reichen würde, ist mir fast zuviel des Guten (oder Schlechten). Ob der Autor damit zeigen wollte, dass kein Leid das einzige ist? Oder dass es immer noch Schlimmeres gibt? Was auch immer, es wäre nicht nötig gewesen.
    Ungeachtet des traurigen Themas gibt es dank der unkonventionellen alten Dame immer wieder Stellen, die mich grinsen ließen. "Mademoiselle hat zu lange im vorsintflutlichen Russland gelebt, das als einzige Leistung für sich beanspruchen kann, die Zahl der Finger beim Bekreuzigen von zwei auf drei erhöht zu haben." Oder als Tatjana mit zehn Jahren 1920 nach Russland kommt: "Wie hätte es einem Kind im Land des zunehmenden Infantilismus auch nicht gefallen sollen?".
    Ein schnörkelloser, sehr direkter Sprachstil und eine tragische Geschichte - auch wenn es etwas zu viel Dramatik gibt, ist dieses Buch sehr zu empfehlen.

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  • 4 Sterne

    1 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Marie aus E., 14.03.2020 bei bewertet

    Als Buch bewertet

    Sasha Filipenko erzählt uns die Geschichte von Tatjana:
    Inzwischen ist sie 90 Jahre alt und sie hat Krieg und Stalin-Terror miterlebt und überlebt und will nun unbedingt ihre Lebensgeschichte erzählen. Da trifft es sich vorzüglich, dass gerade ein neuer Nachbar einzieht und ob er will oder nicht (er will nicht...), er muss sie sich anhören.

    Tatjanas Geschichte ist schrecklich - ein Mann in Kriegsgefangenschaft, von der Tochter getrennt, "Umerziehungsstraflager" und dann noch fast lebenslang Gewissensbisse. Aber auch der junge Nachbar, Alexander, hat eine Geschichte zu erzählen.

    Obwohl die Schicksale betroffen machen, sehr sogar, hat das Buch insbesondere anfangs eine eigenartige Distanz oder Emotionslosigkeit in der Erzählart. Das empfand ich die ersten Abschnitte sehr irritierend, aber rückblickend gar nicht negativ. Das Buch hätte ich sogar in den öffentlichen Verkehrsmitteln lesen können, ohne Mitfahrende wegen feuchter Augen zu irritieren.
    Mit zunehmenden Buchfortschritt wurde jedoch auch meine Verbundenheit insbesondere mit Tatjana enger und mich hat ihre Geschichte dann auch immer mehr berührt.

    Alexander blieb für mich jedoch eine eher blasse Figur, der Fokus der Geschichte liegt aber auch eindeutig auf Tatjana.
    Von der unerwarteten Freundschaft, die die beiden laut Buchbeschreibung schließen, habe ich mir allerdings mehr erwartet, einen Pakt gegen das Vergessen, ja den haben sie letztendlich aber tatsächlich geschlossen.

    Ich habe festgestellt, dass ich nicht besonders viel über den Stalin-Terror weiß und fand das Buch, das mit Originaldokumenten aufwartet, auch dahingehend sehr interessant.

    Insgesamt ein Buch, das sich zu lesen lohnt.

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  • 4 Sterne

    1 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Claudia J., 24.02.2020

    Als Buch bewertet

    Nach einem schlimmen Schicksalsschlag zieht Alexander in eine andere Stadt und bei Ein-zug in seine Wohnung trifft er schnell auf seine Nachbarin, eine alte Dame. Sie hat Alz-heimer und erzählt ihm schnell aus ihrem Leben. Erst reagiert Alexander unwillig, doch Tatjanas Geschichte erweist sich als so tragisch, dass Alexander zuhört und ihr auch seine Geschichte erzählt. Tatjana erlebt das Russland des 20. Jahrhunderts mit all seinen Schre-cken.
    Sasha Filipenko bedient sich bei Tatjanas Geschichte einer eher emotionslosen Sprache. Doch diese reicht vollkommen aus, wenn man sich Tatjanas Erlebnisse beim Lesen ver-sucht vorzustellen. Über diese Zeit während und nach dem zweiten Weltkrieg in der da-maligen Sowjetunion wird wenig geredet. Vielleicht weil es so schlimme Zeiten waren? Diese Ignoranz der Einzelnen, das Inhaftieren aus seltsamen Gründen, Trennung der Kin-der von den Eltern und Inkaufnahme von Tod. Tatjanas Geschichte ist eine Geschichte gegen das Vergessen dieser Zeit mit so viel Leid. Ich denke, auch zu dieser Zeit noch mutig vom Autor. Alexander bleibt für mich mehr am Rand, als Erzählpartner für Tatjana, die unbedingt erzählen muss bevor Alzheimer ihr die Erinnerung nimmt und sie dann in der Folge Gott nicht mit ihrem Schicksal und anderer Menschen konfrontieren kann.
    Für mich ein sehr eindringlicher Roman über das Grauen in der sog. Stalinzeit und wo sich mir die Frage stellt, wie viel Menschen ertragen, erdulden können.

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