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  • 4 Sterne

    13 von 16 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    claudi-1963, 16.09.2019

    Als Buch bewertet

    "Der Sprung ins Glück beginnt mit dem ersten Schritt, aber wer nicht wagt, gewinnt auch nicht. Wer vorwärts kommen will, muss anfangen, auch wenn man Angst vor dem Abgrund hat." (Pinterest.de)
    Thalbach am Dienstagmorgen steht eine junge Gärtnerin auf dem Dach vor Roswithas Café. Da man annimmt, dass die Frau in den Tod springen möchte, informiert man Polizei und Feuerwehr. Doch stattdessen wirft sie vor Wut mit ihren Gartenutensilien und danach mit Dachziegeln. Schnell strömt die Presse und die ersten Schaulustigen um dieses Spektakel zu bewundern. Einen ganzen Tag und Nacht hält die Frau die Stadt in Atem, ehe sie springt. Für Finn ist es ein Schock Manu dort zu sehen, schließlich ist er seit kurzem verliebt in sie. Ebenso ihre Schwester Astrid, als sie die Nachricht erhält. Ein ganz schlechter Zeitpunkt was sich Manu da ausgesucht hat, schließlich kandidiert Astrid für das Bürgermeisteramt. Schneiderin Maren hingegen kann nicht mehr in ihre abgeriegelte Wohnung. Für Theres und Werner die einen kleinen Laden besitzen ist dieses Spektakel eine gute Einnahmequelle. Schließlich müssen die Schaulustigen mit Lebensmittel und Getränken versorgt werden. Und noch weitere Personen kreuzen den Lebensweg von Manu, bei denen danach nichts mehr so ist wie zuvor.

    Meine Meinung:
    Nicht das unscheinbare Cover mit einem Frauenbild hat mich auf dieses Buch neugierig gemacht, sondern der Klappentext, den ich interessant fand. Bisher hatte ich noch nichts von der Autorin gelesen und war von daher gespannt was mich erwartet. Der Schreibstil ist locker, flüssig, unterhaltsam und in mehrere Kapitel unterteilt. Diese wechseln zwischen den Personen so das man einen Einblick in folgende Charaktere bekommt: Gärtnerin Manu, Kurierfahrer Finn, Ladenbesitzer Theres und Werner, Schneiderin Maren, Hutmacher Egon, Polizist Felix, Schülerin Winnie, Edna eine ältere Frau, Designer Ernesto, Obdachlose Henry, Manus Schwester und Bürgermeisteranwärterin Astrid. So erfahre ich im Laufe immer mehr, welchen Bezug sie zu Manu hatten oder evtl. bekommen. Natürlich entdeckt man so die Probleme, Sorgen und Nöte dieser Personen, sei es in der Vergangenheit oder Gegenwart. Außerdem kommt es bei einigen Personen zu einem positiven Ausgang. Sei es das sie ihr Leben durch dieses Ereignis verändern, ein neues Selbstbewusstsein bekommen oder sie schlicht weg auffallen bzw. entdeckt werden. Die Autorin selbst fährt einiges an Klischees auf, die alltäglich sind oder speziell durch dieses Spektakel hervorgerufen werden. Dadurch entwickeln sich einige Personen negativ oder positiv. Der Sprung selbst wird immer mehr in den Hintergrund gestellt, den das eigentlich wichtige sind die Personen rund um die Handlung. Leider habe ich am Ende nicht ganz verstanden, was mir die Autorin mit diesem Buch bewirken wollte, da wäre sicher eine Zusammenfassung am Ende hilfreich gewesen. Ebenfalls blieben bei mir gerade in Bezug auf Manu, aber auch bei den anderen Personen viele Fragen offen. Ich hatte das Gefühl mitten aus den Gegebenheiten herausgerissen zu werden. Sätze die mir positiv Erinnerung bleiben:
    "Blühende Pflanzen soll man nicht umtopfen, da sie sonst verwelken."
    "Die eigene Geschichte liegt auf dem Dachboden, den niemand etwas angeht."
    "Die Leute sollten mehr rausgehen in die Natur, dann wären sie ausgeglichener, weil sie regelmäßig etwas erleben würden, dann müssten sie sich nicht zu solchen Mobs zusammenrotten."
    Manche Charaktere hingegen fand ich überflüssig, da sie kaum oder gar nicht zur Handlung beitrugen. Am Ende bin ich als Leser etwas enttäuscht zurückgelassen worden, was ich schade fand. Trotzdem gebe ich dem Buch für die literarisch gute Ausarbeitung 3 1/2 von 5 Sterne.

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  • 5 Sterne

    19 von 24 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    hennie, 12.09.2019

    Als Buch bewertet

    SPRÜNGE INS LEBEN
    FÜR MICH EIN LESEHIGHLIGHT 2019

    Simone Lappert, eine junge Schweizerin, schrieb mit „Der Sprung“ ihren zweiten Roman. Das Debüt gab sie 2014 mit „Wurfschatten" (Metrolit, Berlin, 2014).

    Das Geschehen spielt in einem fiktiven Städtchen namens Thalbach. Mit wunderbarer, realistischer Beobachtungsgabe schaute die Autorin mitten ins alltägliche Leben.
    Die Hauptperson ist eine eigenwillige, junge Frau durch deren Tun der Ort in Aufruhr gerät. Ihre Liebe gilt den Pflanzen. Dafür beschreitet sie auch mal ungewöhnliche, nicht ganz legale Wege. Sie ist der direkte und indirekte Auslöser für die Handlungen einer Menge Menschen. Die Lebenslinien kreuzen sich für einen Tag und eine Nacht.
    Das Besondere an diesem Roman ist für mich, dass er an einer einzigen Situation eine Kette von Ereignissen anschließen läßt, die die Schicksale von zahlreichen Personen betreffen. Die gewählte Erzählstruktur finde ich hervorragend, sie ist so außergewöhnlich wie detailreich.
    Die Abschnitte sind in drei Teile gegliedert: Der Tag davor/ Erster Tag/Zweiter Tag. Das Buch hat nur 331 Textseiten. Der Leser wird in kurzen Kapiteln mit dem Polizisten Felix, der Schneiderin Maren, dem ehemaligen Hutmacher Egon, dem jungen Fahrradkurier Finn, dem obdachlosen Henry, mit der privaten Einzelhändlerin Theres, der dicklichen Schülerin Winnie, der ketterauchenden Edna, dem italienischen Edeldesigner Ernesto und mit der hoffnungsvollen Kommunalpolitikerin Astrid bekannt gemacht. Diese zehn Menschen stehen wiederum mit anderen in Verbindung, wobei ein ganz wichtiger Mittelpunkt die warmherzige, lebenserfahrene, schlagfertige Wirtin Roswitha in ihrem Café ist. Die Autorin hat das ganz geschickt aufgebaut. Es ist alles miteinander verflochten, irgendwie sind die Personen in sichtbarer/unsichtbarer Weise gemeinschaftlich verankert. Es entstehen Verkettungen, die nicht konstruiert erscheinen, sondern ganz natürlich im Verlaufe der Handlung passieren. Ich finde es einfach nur schön, wie die einzelnen Personen miteinander in Verbindung gebracht werden. Die Charakterisierung erfolgt so differenziert, dass man die Personen gut auseinanderhalten kann. Ich bin fasziniert wie die Autorin die Fäden in der Hand behält. Die pessimistische Grundstimmung zu Anfang des Romans wandelt sich zum Ende hin und zeigt Lösungsansätze auf.
    Ich liebe solche Literatur, die aus vielen verschiedenen Perspektiven ein komplexes Ganzes zu ergeben scheint und doch vieles in der Schwebe läßt. Facettenreich werden Existenzen miteinander verwoben. Vergangenheit und Gegenwart verquicken sich.
    Das Buch endet, wie kann es auch anders sein nach der kurzen Zeit, mit vielen ungeklärten Verhältnissen der handelnden Personen. Fast alles ist offen. Das Leben geht weiter, aber wie das bleibt der Fantasie überlassen.
    Der Titel ist für mich nach der Beendigung der Lektüre doppeldeutig. „Der Sprung“ – SPRÜNGE INS LEBEN!?
    S. 331 „Nie wollte sie in den Tod springen. Immer nur ins Leben.“

    Das Cover zeigt eine Arbeit der Künstlerin Tina Berning – ein Porträt der „Störgärtnerin"?

    Fazit:
    Die Autorin erzählt Alltägliches und doch war ich recht bald gefangen in der Geschichte...
    Es ist ein sehr umfassender Roman, prall mit Schicksalen gefüllt, die auch uns umgeben und die wir oft nicht wahrnehmen. Authentisch erzählt er von negativen wie positiven Themen, von Lebensträumen, Neubeginn, Mobbing, Existenzkampf, traumatischen Erlebnissen in der Kindheit/Beruf, Obdachlosigkeit, Verlustängsten, Affären, Krankheit (Demenz), Tod u.v.m.
    Mit viel Scharfsinn, Witz und Optimismus zeigt die Autorin unsere Gegenwart, den Querschnitt der Lebenssituationen.
    Ganz klar: von mir gibt es die Höchstbewertung und die unbedingte Lese-/Kaufempfehlung!

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  • 5 Sterne

    2 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Uschi S., 13.09.2019

    Als Buch bewertet

    Auf dem Dach eines Hauses steht eine verzweifelte junge Frau und weigert sich, herunter zu kommen. Polizei und Feuerwehr stehen bereit, eine sensationslüsterne Menge verfolgt das Spektakel stundenlang, die Presse berichtet.

    Einzelne Personen aus dieser Menge stehen in einer besonderen Verbindung zu Manu, der Frau auf dem Dach. Gekonnt erzählt die Autorin deren Probleme, beschreibt ihre Lebenssituation und Umstände und gegen Ende zeichnen sich auch Lösungen ab, wobei nicht explizit ausgeführt wird, ob sie auch umgesetzt werden. Durch Manu werden aber auch längst vergessen geglaubte Kindheitsdramen wieder an die Oberfläche geholt, werden Freundschaften geschlossen und Liebesbeziehungen beendet - es passiert also recht viel in den einzelnen Kapiteln, die jeweils mit den Namen der betroffenen Personen überschrieben sind. Eine gemeinsame Anlaufstelle für alle diese Personen gibt es auch noch, das ist Roswithas Café, deren Inhaberin stets ein offenes Ohr für ihre Kunden hat.

    Ein beeindruckendes Buch, das mich sehr fasziniert hat, ich konnte es kaum weglegen. Von mir gibt es eine klare Leseempfehlung!

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  • 5 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Lea O., 13.09.2019

    Als Buch bewertet

    „Der Sprung“ von Simone Lappert hat meine Erwartungen an das Buch deutlich übertroffen. Ich hätte nicht gedacht, dass mich der Roman so fesselt. Die Ereignisse von den Menschen, die hier miteinander verknüpft werden, sind spannend und emotional erzählt, ganz eigen und hochinteressant. Das gibt auf jeden Fall 5 Sterne von mir.
    Das Buch handelt von elf Personen, von denen nach und nach berichtet wird. Eines haben sie gemeinsam: Sie stehen irgendwie in Verbindung mit dem Ereignis, das ganz Thalbach für einen Tag und eine Nacht in Atem hält. Eine junge Frau steht auf einem Dach und will nicht mehr herunterkommen.
    Die elf Charaktere sind komplett unterschiedlich: ein Polizist, ein Modeschöpfer, ein Fahrradkurier, um nur einige Beispiele zu nennen. Alle auch in unterschiedlichem Alter, in unterschiedlichen Beziehungen, in unterschiedlichen Lebenssituationen. Diese Mischung fand ich hochspannend. Jede Geschichte ist ein Unikat. Da sie nur nach und nach erzählt wird, muss man einfach weiterblättern, bis dieser Strang wieder aufgenommen wird. Durch die große Geschichte mit der Frau auf dem Dach wird alles zusammengehalten und natürlich zusätzlich noch einmal Spannung in das Buch gebracht. Springt sie, oder springt sie nicht?
    Der Schreibstil hat mir ebenfalls sehr gut gefallen. Die Geschichte wird einfach in einem guten Erzählton wiedergegeben und so fiel es mir schwer, das Buch aus der Hand zu legen.
    Einziger kleiner Kritikpunkt: Ich würde zwar keinen Charakter missen wollen, aber es wahren doch ganz schön viele, einige auch mit ähnlichen Namen. Da musste man schon zum Beginn der jeweiligen Kapitel immer kurz überlegen, wer war das jetzt noch und was war seine Vorgeschichte. Aber nach einer halben Seite hat sich das bei mir immer gelegt.
    Deswegen bleibe ich trotzdem bei der Höchstwertung, weil mich dieses Buch einfach so positiv beeindruckt hat. Sollte man auf jeden Fall lesen!

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  • 5 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Maike R., 17.09.2019

    Als Buch bewertet

    Die Kleinstadt Thalbach ist in Aufruhr. Auf dem Dach eines Wohnhauses steht eine junge Frau – mutmaßlich suizidgefährdet. Die Rettungskräfte sind überfordert, schnell bilden sich schaulustige Menschentrauben. Doch auch für elf weitere Menschen in Thalbach ändert dieser Tag, diese Frau auf dem Dach, alles.

    Erzählt werden die Ereignisse der zwei Tage deshalb auch aus elf verschiedenen Perspektiven. Die zunächst unbekannte Frau auf dem Dach kommt selber nur in Pro- und Epilog zu Wort. Simone Lappert gelingt es meisterhaft, all diesen unterschiedlichen Charakteren Leben und Persönlichkeit einzuhauchen. Da wäre Winnie, eine Teenagerin, die sich täglich Mobbing ausgesetzt sieht und an ihrer sozialen Isolation leidet, oder Egon, ein ehemaliger Hutmacher, der den Verlust seines Ladens bis heute nicht verwunden hat und als Vegetarier an seiner neuen Arbeit in der Fleischfabrik zugrunde geht. Die Frau, die aus ihrer erdrückenden Beziehung flieht; der Obdachlose, der mit seinen außergewöhnlichen Fragen zum Nachdenken anregt; der junge Mann, der nicht mehr wirklich sicher ist, was er sich vom Leben zu erwarten hat. Besonders interessant fand ich auch die Geschichte von Felix, einem der Polizisten vor Ort, der nach all der Zeit nicht mehr vor seiner eigenen Vergangenheit davon laufen kann.

    Die Sprache ist psychologisch dicht und poetisch angehaucht. Einige Sätze möchte man sich anstreichen und an möglichst viele Wände schreiben. Dabei bleibt Simone Lappert ihren Charkateren gegenüber durchgehend empathisch.

    Das ist einer dieser Romane, dessen Ausdrucksstärke begeistert, dessen Charaktere man ins Herz schließt und deren Geschichten man mit sich trägt, auch nachdem man die letzte Seite umgeschlagen hat.

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  • 5 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Laura W., 27.11.2019

    Als Buch bewertet

    Wie so oft beim Diogenes Verlag, gefällt mir das Cover überhaupt nicht, dafür ist das innere ein kleines Juwel. Nach dem Motto "dont change a book by its Cover!"

    Im Buch geht es um eine Frau, die auf dem Dach eines Hauses steht. Will sie springen? Es geht jedoch gar nicht allein und nicht im besonderen um diese Frau, sondern vielmehr um einige Menschen, deren Leben sich ändert, weil diese Frau eben auf dem Dach steht! Ein Polizist, der Freund der Frau die springen möchte, eine Ladenbesitzerin nahe des Hauses und ein Obdachloser um nur ein paar zu nennen.

    Vielleicht etwas verwirrend zu lesen aber ich sage euch, lest dieses Buch! Es ist so außergewöhnlich und war ein echtes Hightlight für mich! Das besondere sind einerseits die zufälle, welche aufgrund eines Ereignisses passieren können....wie alles zusammenhängt und wie viele Leben sich im kleinen, unbemerkt kreuzen. Die Autorin schafft es aber auch, obwohl sie im Buch über keine hauptperson schreibt, sondern über viele Randpersonen, diese so besonders zu schildern. Obwohl sie oft nur ein paar Seiten für die jeweilige Person hat, lernt man sie außergewöhnlich gut kennen, ihre kleinen alltagssorgen, ihre Wünsche und Träume. Ich habe so etwas in einem Buch selten oder sogar noch nie erlebt, mit wie wenig Worten die handelnden Personen einen erreichen können.

    Riesiges Lob an die Autorin und eine grosse Leseempfehlung an alle! Lest es, ich glaube kaum einer wird es bereuen!

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  • 5 Sterne

    3 von 5 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Hortensia13, 15.02.2020

    Als eBook bewertet

    In Thalbach beginnt der Tag wie jeder anderen. Bis jemand eine junge Frau auf dem Dach eines Mietshauses stehen sieht. Will sie sich umbringen? Einen Tag und eine Nacht beeinflusst das Ereignis die Bewohner der Stadt. Ob in Kleinigkeiten oder grossem Umschwung, die Auswikungen kommen schnell, klein und leise, aber auch gross und donnernd. Und immer steht die Frage im Raum: Wird die junge Frau springen?

    Ich finde den Erzählstil von der Autorin meisterhaft. Sie schafft es alle Protagonisten wie in einem feinem Spinnennetz miteinander zu verknüpfen. Man bekommt sofort das Gefühl alle schon zu kennen und ein Teil der Gemeinschaft zu sein. Auch wenn die Geschichte von vielen Figuren erzählt wird, macht es Spass Mäuschen in deren Leben zu spielen. Die eine oder andere Lebensgeschichte drohte zwar etwas auszuufernd bzw. drohte die Geschichte in die Länge zu ziehen, aber kurz vorher gelang es der Autorin noch die Kurve zu bekommen.

    Die Feinheiten und Verwebung der Geschichte sind super toll. Von mir gibt es deshalb 5 Sterne.

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  • 5 Sterne

    2 von 3 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Helena H., 06.09.2019

    aktualisiert am 12.05.2020

    Als Buch bewertet

    Das kleine Städtchen Thalbach bei Freiburg ist „ein Umsteigebahnhof, eine Durchgangsstation“, hier leben all die „Hängengebliebenen, Abwartenden oder Festsitzenden“. Eines schönen Sommertages passiert gerade hier jedoch etwas, dass die ganze Stadt in Aufruhr versetzt: Auf dem Dach eines Wohnhauses tobt eine junge Frau, die sich weigert herunterzukommen. Hast sie etwa vor zu springen?

    Schnell sammelt sich eine wahre Menschenmasse auf dem Platz vor dem Wohnhaus zusammen. Sie filmen mit, machen Fotos, sonnen sich, veranstalten ein Picknick. Für die meisten wird der Tag nur als derjenige im Gedächtnis bleiben, der die Alltagsroutine für einige Stunden durchbrochen hat. Nicht mehr und nicht weniger. Für einige wenige bedeutet dieser Tag jedoch Veränderung, Wandel. Und genau diese Menschen lernen wir kennen. Abwechselnd tauchen wir in die verschiedenen Perspektiven ein – in diejenige der jungen Manu auf dem Dach, bei der sich allerdings die Innensicht auf den Sprung allein reduziert. Wir lernen Felix, den jungen Polizisten kennen, der der Frau gut zuzureden versucht; dabei hat er mit eigenen Ängsten und Reminiszenzen zu kämpfen. Finn, den Fahrradkurier, der Manus Freund ist. Winnie, die gemobbte Schülerin, der der Voyeurismus der Menschen auf dem Platz zuwider ist. Astrid, Manus ältere Schwester, die doch unbedingt Bürgermeisterin werden möchte und nun von dieser Geschichte in ein schlechtes Licht gerückt wird. Edna, die die Frau auf dem Dach zuerst erblickt und die Polizei informiert. Theres, die mit ihrem Mann einen kleinen Laden führt, der kurz vor Konkurs steht, an besagtem Tag aber überrannt wird. Maren, die die Wohnung bewohnt, deren Dach Manu nun Stück für Stück abreißt. Egon, der früher Hüte hergestellt hat, aber seinen Laden schließen musste; ganz unerwartet kommt aber eine Wendung, die womöglich ein Comeback einleuchtet. Und Henry, den Obdachlosen, der den Menschen Lebensfragen verkauft. „Wenn Sie einen Tag aus Ihrem bisherigen Leben wiederholen könnten, für welchen würden Sie sich entscheiden und warum?“

    Simone Lappert ist mit einem wunderbaren Schreibstil gesegnet. Sie kann sich mühelos und fehlerfrei in jede Figur einfühlen – die Spannbreite erstreckt sich von einem pubertierenden Mädchen bis hin zu einem älteren Mann, der dem Leben nichts mehr abgewinnen kann. Genauso mühelos taucht der Leser in die einzelnen Geschichten ein und findet sich in jeder Figur ein Stück weit wieder. Man kann man sich kaum von den einzelnen Schicksalen losreißen und vieles hallt nach, auch nachdem das Buch beendet ist. Einiges bleibt offen, sodass die Geschichten individuell weitergesponnen werden können. Und auch mit einigen Fragen bleibt der Leser zurück. Wie hättest du dich in dieser Situation verhalten? Und eine Aufforderung an uns schwingt deutlich mit: Genauer hinzuschauen – in unserer eigenen Stadt, unserer eigenen Umgebung, unserem eigenen Leben.

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  • 5 Sterne

    2 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Lia48, 28.08.2019

    Als Buch bewertet

    “Manche hatten sich auf dem Platz gemütlich eingerichtet, die Liegestühle von den Balkonen heruntergetragen, Badetücher und Picknickdecken ausgebreitet. Winnie schauderte bei dem Gedanken daran, dass jemand genüsslich an einem Eis schleckte, während sie sich vom Dach stürzte. Oder es sich zumindest überlegte.“ (S.155)

    INHALT:
    Eine junge Frau steht auf dem Dach eines Wohnhauses und weigert sich herunterzukommen.
    Was hat die Frau nur zu dieser Enscheidung bewogen? Ob sie wirklich springen wird?
    Die Menge der Schaulustigen wird immer größer, sogar das Fernsehen berichtet vor Ort.
    Der Freund der jungen Frau bangt um sie, die Schwester weiß nicht was sie tun soll und die Polizei versucht sie zur Vernunft zu bringen.
    Zwei Tage lang gerät der Alltag dieser Leute, und der von sieben weiteren Menschen, ins Wanken, und das ein oder andere Schicksal nimmt seinen Lauf...

    MEINUNG:
    Bereits beim Prolog fiel mir auf, dass die Autorin immer wieder längere Schachtelsätze verwendet. Anfangs bin ich ganz kurz über diese gestolpert, doch ich habe mich schnell daran gewöhnt und dann gefiel mir der Schreibstil richtig gut! So habe ich auch viele schöne & zum Nachdenken anregende Textstellen finden können.
    Dieses Buch besticht hauptsächlich durch seine zahlreichen Perspektiven, aus denen die Situation der jungen Frau sowie die jeweiligen Lebensumstände, beschrieben werden.
    Dabei lernt der Leser im Verlauf die Sichtweisen von zehn Menschen kennen, die in recht kurzen Kapiteln geschildert werden. Da kann es schon etwas dauern, bis man in das Buch hineinfindet. Doch meiner Meinung nach lohnt es sich definitiv hier durchzuhalten! Ab dem Zeitpunkt, an dem sich manche der Perspektiven anfangen zu wiederholen (ab S.58), konnte ich mich immer mehr auf das Buch als Gesamtwerk einlassen. Zudem gefiel mir sowohl der Aufbau des Buches als auch dessen Inhalt, von Seite zu Seite immer besser. Beides wirkt sehr durchdacht, so dass die einzelnen Puzzleteile nach und nach ein komplettes Bild ergeben.
    Auch wenn ich meistens kein Liebhaber von kurzen Kapiteln bin, konnten mich manche der Perspektiven schon beim ersten kurzen Kennenlernen durchaus überzeugen. Denn die Autorin Simone Lappert zeichnet ihre Charaktere spannend, vielfältig und für den Leser interessant & mitreißend, so dass ich mit der Zeit immer mehr mit den Figuren mitfühlen konnte, bzw. gegen manche auch Antipathie entwickelte.
    Der Verlauf der Geschichte hat mir ausgesprochen gut gefallen, tolle Wendungen machen die Geschichte besonders und auch das Ende regt zu weiteren Gedankengängen an.
    Beeindruckt war ich davon, wie die Autorin die ganz unterschiedliche Reaktionen der Menschen aufgreift, als die junge Frau auf dem Dach steht und sich weigert herunterzukommen. Von manchen Reaktionen war ich regelrecht erschrocken. Doch leider kann ich mir eine solche Situation durchaus so auch in der Realität vorstellen. Hier spricht die Autorin durchaus wichtige Themen an und regt vor allem zum Nachdenken über das Verhalten & die Einstellung in unserer Gesellschaft an!

    FAZIT: Durch die zahlreichen Perspektiven habe ich etwas gebraucht um in das Buch zu finden, doch ich wurde mit einer interessanten Handlung, spannenden Charakteren, wichtigen Themen und tollen Wendungen belohnt. Deshalb eine klare Leseempfehlung von mir für dieses wunderbare Buch und 4,5/5 Sterne!

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  • 5 Sterne

    3 von 4 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Lilli33, 05.09.2019

    Als Buch bewertet

    Ein wunderbares Kleinod

    Schon mit ihrem Debütroman „Wurfschatten“ konnte mich die Schweizer Autorin Simone Lappert überzeugen. Mit „Der Sprung“ hat sie sich noch um Etliches gesteigert. Lappert erzählt mit einer unglaublichen Leichtigkeit von einem Viertel in einer Kleinstadt, wo sich die Wege der Bewohner kreuzen, manchmal nicht direkt, sondern über Eck, aber irgendwie hängt doch alles zusammen. Nach und nach wird ein Netz der Beziehungen aufgebaut. Dabei bringt die Autorin die verschiedensten Themen auf den Punkt und lässt immer wieder auch philosophische Ansätze einfließen. Mit der Zeit entsteht ein vielschichtiges Bild einer Stadtgemeinschaft, wobei aber der einzelne Mensch sichtbar bleibt. Simone Lappert besticht durch eine feinsinnige Beobachtungsgabe, anhand derer sie uns die Protagonisten nahe bringt. Die einzelnen Episoden sind fesselnd und berührend. Sie machen traurig und wütend. Manche Sätze bringen einen aber auch zum Schmunzeln.

    Aus der Perspektive von verschiedenen Personen erleben wir drei schicksalsträchtige Tage. Da wäre zum einen der Polizist Felix, der mit seiner schwangeren Freundin eigentlich glücklich sein sollte, es aber nicht kann. Oder Finn, der eigentlich eine Weltreise machen wollte, nun aber wegen Manu, in die er sich verliebt hat, zögert. In Marens Ehe steht es nicht mehr zum Besten, seit ihr Mann auf dem Gesundheitstrip ist. Auch die Geschichte des Obdachlosen Henry ist sehr berührend, ebenso wie die von Winnie, die von ihren Schulkameraden übel gemobbt wird. Diese Figuren und noch einige mehr spielen eine große Rolle in diesem tiefgründigen Roman. Sie alle werden beeinflusst von dieser Frau auf dem Dach, die in den Tod zu stürzen droht, warum auch immer.

    Am Ende wissen wir mehr, aber nicht alles. Nur eins ist sicher:
    „Nichts war wie vorher. Absolut gar nichts.“ (S. 317)

    Fazit:
    „Der Sprung“ ist eins meiner Jahres-Highlights. Mit viel Empathie und Gespür für Sprache lässt Simone Lappert die Leser*innen drei schicksalhafte Tage erleben, die so manches Leben umkrempeln.

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  • 5 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    dj79, 05.09.2019

    Als Buch bewertet

    Grandioses Leseerlebnis
    Es beginnt mit einer Frau, die sich aufgeregt auf dem Dach eines Mietshauses einer Kleinstadt bewegt, herunterschreit und mit Dingen um sich wirft. Zahlreiche Schaulustige wie auch die Presse sind in schauriger Erwartung, was sich hier noch ereignen wird. Ein Tag und eine Nacht versucht die Polizei, die Frau zur Aufgabe zu bewegen. Neben den direkt Beteiligten treten weitere Charaktere ins Geschehen ein, die mit der Dame auf dem Dach irgendwie in Verbindung stehen.

    Simone Lappert eröffnet dem Leser einen Blick mitten durch unsere Gesellschaft, präziser ausgedrückt, lässt sie uns in die Abgründe der heutigen Zeit schauen. Sie bearbeitet mit ihrem Roman Probleme, mit denen wir uns aktuell tagtäglich konfrontiert sehen. Die sehr geschickt an ihre Charaktere geknüpften Themen sind beispielsweise der soziale Abstieg durch technischen Fortschritt oder durch Schicksalsschlag, Mobbing, Untreue und dunkle Geheimnisse. Sie spielt darüber hinaus mit unserem widersinnigen Bedarf, Sensationsgelüste auszuleben. Dafür kommen zunächst die Protagonisten wie der Polizist Felix oder die meckernde Alte, Edna, recht alltäglich daher und erst im Verlauf der Geschichte wird einem klar, in welcher Lebenswirklichkeit sie sich befinden.

    Ich muss gestehen, ich liebe dieses Buch und die meisten Charaktere darin: Manu, weil sie aus der Reihe tanzt, Theres und Werner, weil sie wissen, was echte Liebe ist, Egon, weil er sich für nichts zu fein ist, Winnie, weil sie tapfer trotz aller Widrigkeiten ihre angehende Frau steht und selbstverständlich Roswitha, die für jeden ein offenes Ohr und einen gern angenommenen, guten Rat hat. Im ersten Moment erscheinen manche Herausforderungen der Charaktere extrem, sind es letztlich aber nicht wirklich. Ich kannte zu fast jeder Situation ähnlich Beispiele aus meinem eigenen Umfeld. Diese überdurchschnittlich vielfältigen Möglichkeiten zur Identifikation macht den Roman hochgradig glaubwürdig und real.

    Doch nicht nur die Protagonisten lassen mich den Roman auf meine Favoritenliste setzen, sondern auch die von Simone Lappert verwendete Sprache. Sie ist einfach genial oder himmlisch. Ich weiß gar nicht, wie ich es ausdrücken soll. Zum einen sind da „Hummeln, die ihren Winterpelz ganzjährig tragen“. Als Topping gibt es spontane Kommentare wie „Ich war dermaßen mit Überleben beschäftigt, dass Sterben nicht in Frage kam, […].“ (S. 163) Machmal erzeugt der Wortwitz ein spontanes Auflachen und manchmal lädt uns die Autorin zum Träumen ein. Dann hat ihre Sprache einen märchenhaften Touch. Dabei ist sie niemals kitschig, sondern einfach nur wunderbar.

    Mir hat „Der Sprung“ nicht nur gefallen, er war sensationell. Es ist der absolut beste Roman, den ich in 2019 gelesen habe. Daher gebe nicht nur eine Leseempfehlung ab, sondern lege euch dieses Prachtexemplar der Literatur regelrecht ans Herz.

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  • 5 Sterne

    4 von 7 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Siegfried S., 12.09.2019

    Als Buch bewertet

    Manu ist Gärtnerin aus Leidenschaft, sie ist Topfpflanzenretterin und hat mitten im Wald ein Topfpflanzenasyl angelegt. Ihr Freund Finn ist Fahrrad-Kurier und total fasziniert von ihr. Eines Tages kommt er auf seiner Tour an einem Haus vorbei, vor dem eine große Menschenmenge samt Aufgebot der Rettungskräfte zu sehen ist. Auf dem Dach steht eine bis dahin unbekannte Frau und wirft mit Werkzeug und Ziegeln um sich. Es ist Manu - doch was tut sie da? Ist sie suizidgefährdet? Will sie etwa springen?

    Als die Kettenraucherin Edna Manu auf dem Dach entdeckt und die Polizei alarmiert, tritt sie damit eine Kette an Ereignissen los. Viele Einzelschicksale werden offen gelegt, alle haben irgendwie mit Manus Dachaufenthalt zu tun. Da ist der Polizist Felix, der Manu vom Springen abhalten soll und der selbst mit einer unbewältigten Kindheitsgeschichte zu kämpfen hat. Da ist Egon, der frühere Hutmacher, der nun im Schlachthof arbeitet, obwohl er Vegetarier ist und der sein früheres Geschäft einfach nicht aus den Augen lassen kann. Da sind Theres und Werner mit ihrem Lebensmittelgeschäft, das schon lange nicht mehr gut läuft, aber an diesem Tag einen allerletzten ungeahnten Aufschwung erlebt. Und da sind noch mehr einzelne Schicksale, verbunden durch Liebe, Freundschaft, geschädigt von Einsamkeit, Trauer, Mobbing, Obdachlosigkeit, drohender Pleite und mangelnder Kreativität. Alle ihre Geschichten werden wunderbar erzählt, vieles wendet sich im Laufe der Geschichte zum Guten. Eine von den Guten ist auch die Kaffeehaus-Besitzerin Roswitha, bei der sich alle treffen und die für jeden ein offenes Ohr und einen guten Rat hat.

    Die vielen unterschiedlichen Charaktere wurden sehr beeindruckend beschrieben, ein Weg zur Lösung ihrer Probleme wurde angedeutet, dennoch blieb offen, ob sie ihn auch beschritten haben. Dies ist ein wunderbar geschriebenes Buch, das mich sehr berührt hat, ich kann es nur weiter empfehlen!

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  • 5 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Petra L., 16.09.2019

    Als Buch bewertet

    Der Sprung von Simone Lappert beginnt ganz ungewöhnlich mit dem Ende zuerst. Im ersten Kapitel erlebt man den Sprung einer Frau von einem Hausdach. Eigentlich springt sie nicht, sondern sie läuft einfach über den Rand, so als würde sie in die Luft spazieren. Und während sie fällt , gehen ihr nochmal in rasender Geschwindigkeit alle möglichen Gedanken durch den Kopf, sie erlebt den Sprung mit allen Sinnen, ganz bewusst und wir Leser mit ihr.

    Und dann fängt eigentlich erst die wahre Geschichte an. In kurzen Kapiteln kommen immer abwechselnd zehn Personen zu Wort, die in irgendeiner Form von diesem Ereignis betroffen sind. Da wäre unter anderem der Polizist Felix, der ausgerechnet an diesem Tag Dienst hat , als der Notruf einer Anwohnerin hereinkommt, die berichtet, dass eine lebensmüde Frau gerade dabei ist, sich von einem Dach zu stürzen. Oder das Ehepaar, das einen kleinen Lebensmittelladen hat, der schon lange nicht mehr gut läuft, was besonders dem Mann schwer zu schaffen macht und deren Laden nun von Massen von Schaulustigen gestürmt wird, die sich vor dem Haus mit der Lebensmüden auf dem Dach versammelt haben, um mit ihren Handys Bilder zu schießen oder Videos aufzunehmen, um sie auf irgendwelche Internetplattformen hochzuladen. Oder der Freund der Frau, der als einziger nicht daran glaubt, dass seine Freundin wirklich so verzweifelt ist, dass sie ihr Leben beenden möchte.

    Einen ganzen Tag und eine Nacht zieht es sich hin, und sogar das Fernsehen und die Presse tauchen vor dem Haus auf und berichten über die "Irre", die auf einem Dach steht, sich die Haare rauft und dabei wütend Dachziegel in die Menge wirft. Vorm Haus die Zuschauer, die das anscheinend auch noch genießen, dass ihnen so ein spannendes Schauspiel geboten wird.

    Und während nun abwechselnd diese zehn Personen, die direkt oder indirekt mit der Frau auf dem Dach zu tun haben , zu Wort kommen, man sie mit jedem Kapitel etwas näher kennenlernt, kommen auch Stück für Stück deren eigene Sorgen und Probleme, oder Lasten aus der Vergangenheit ans Tageslicht , nach und nach erfährt man nun auch, was denn die Frau überhaupt aufs Dach getrieben hat.

    Ich habe eine Weile gebraucht, bis ich richtig in die Geschichte eingetaucht bin, denn anfangs dachte ich noch, das ist einfach nur ein Buch mit lauter Kurzgeschichten und dass hier zehn Menschen einfach ihre Version zum Suizid einer Frau erzählen . Doch bereits nach den ersten paar Kapiteln war ich dann gefesselt, denn Simone Lappert erzählt so emotional und einfühlsam und in so eindringlicher und manchmal schon fast poetischer Sprache , wie sich die Lebenswege verschiedener Menschen zufällig und schicksalhaft miteinander verbinden, oder manchmal auch einfach nur kurz kreuzen. Man kann einfach nicht aufhören zu lesen, bis man erfahren hat, wie es mit jedem dieser Menschen weitergeht. Ob sich ihr Schicksal nach diesem Tag zum Guten wendet, ob sie ihr jetziges Leben nochmal überdenken, oder ob es sogar ein sehr trauriger Tag sein wird, für keinen dieser Betroffenen wird das Leben nach dem Sprung noch so sein, wie es vorher war.

    Ein wunderbares Buch, das ich auf jeden Fall weiterempfehlen würde.

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  • 5 Sterne

    1 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Martin S., 02.09.2019

    Als Buch bewertet

    Schicksalslinien

    Eines Morgens steht die junge Gärtnerin Manu am Rande eines Daches. Eine aufgeschreckte Passantin informiert unverzüglich die Polizei und Feuerwehr. Die Einsatzkräfte gehen von einem Suizid-versuch aus und treffen erste Vorbereitungen. Das ganze Geschehen weckt die Aufmerksamkeit vieler Passanten und ohne dass einige dies ahnen, verändert sich durch diese dramatische Situation auch ihr eigenes Leben.

    Der schweizerischen Autorin Simone Lappert ist mit "Der Sprung" aus meiner Sicht ein außerordentlich guter Roman gelungen, der mich schon nach einigen Seiten in den Bann gezogen hatte. Sie erzählt die Geschichte in einem nüchternen und sehr gut zu lesenden Schreibstil, der die Geschehnisse sehr authentisch wirken lässt. Ihr gelingt es hervorragend die Schicksale der Protagonisten dieses Buches berührend wiederzugeben und verbindet ihre Geschichten zu einem komplexen Gebilde. Es bleibt für den Leser lange offen, was es nun mit Manu als Schlüsselperson auf sich hat. Warum steht sie dort oben auf dem Dach? Warum kommt sie nicht runter? Gerade diese Fragen lassen die übrigen Protagonisten nicht los und angestachelt durch diese außergewöhnliche Situation setzen sie sich mit ihrem eigenen Leben auseinander. Es macht Spaß diesen Personen zu folgen und im Verlauf entwickeln sich viel spannende, traurige und schöne Geschichten, in denen der jeweilige Akteur einfach ein wenig Mut benötigte, um sein Leben eine neue Richtung zu geben. Die vielen unterschiedlichen Perspektiven, die uns die Autorin hier präsentiert, geben dem Buch eine zusätzliche Tiefe und lassen das Ganze sehr lebendig erscheinen.

    "Der Sprung" hat bei mir noch länger nachgewirkt und ich musste es erst einmal ein wenig sacken lassen. Der Roman ist für mich eines der Lesehighlights in diesem Jahr und ich kann ihn nur wärmstens weiterempfehlen. Ein tolles Buch, welches ich gerne mit den vollen fünf von fünf Sternen bewerte.

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  • 5 Sterne

    2 von 4 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Nicola E., 28.08.2019

    Als Buch bewertet

    "Nie wollte sie in den Tod springen. Immer nur ins Leben."

    Manche Bücher sind wohltuende Überraschungen und "Der Sprung" gehört unbedingt dazu. Da ich Simone Lapperts Erstling "Wurfschatten" nicht kenne (was ich nach dem Genuss von "Der Sprung" zu ändern gedenke!), wusste ich nicht, was ich von ihr zu erwarten hatte. Die Prämisse des Romans jedenfalls klang interessant, auch wenn mir die Doppeldeutigkeit des Titels erst im Verlauf des Romans bewusst wurde. Aber ich greife vor.

    "Der Sprung" beginnt mit... dem Sprung, der genau genommen kein Sprung, sondern ein Schritt über die Dachkante ist. Insofern ist von Anfang an klar, dass es im Roman nicht darum geht, OB gesprungen wird. Eher stellt sich die Frage nach dem Warum. Aber schnell wird klar, dass es letztlich auch nicht um das Warum geht - auch wenn ich mich das natürlich immer wieder gefragt habe, während ich das Buch las. Der Fokus liegt vielmehr auf den Geschichten um den Sprung herum, auf einigen Menschen, in deren Leben und Denken Simone Lappert uns einen kurzen, aber intensiven Einblick gewährt, während wir gleichzeitig dem Sprung entgegen lesen.

    Da gibt es Felix, ein junger Polizist, dessen Frau ein Kind erwartet, der aber die Schwangerschaft nicht genießen kann, weil ihn die Vergangenheit im Griff hat. Da ist Maren, die mit Hannes zusammen lebt und sich von ihm verraten fühlt, seit er dem Genuss abgesagt hat und sich exzessiv um seine Gesundheit kümmert - und sich mehr und mehr von ihr abwendet. Da ist Theres, die mit ihrem Mann Werner ein kleines Geschäft führt, einstmals erfolgreich, aber durch die Konkurrenz von Supermärkten vor der Pleite steht - was Werner so gut wie möglich verheimlicht wird. Wir lernen Winnie, ein Schulmädchen, das ständig geärgert wird, kennen, und Henry, den Obdachlosen, Egon, der einst Hüte herstellte und verkaufte und nun als Vegetarier auf dem Schlachthof arbeitet. In seiner Freizeit sitzt er in Roswithas Café und beobachtet durch einen Feldstecher das Handygeschäft, das sich in den ehemaligen Räumen seines Hutgeschäfts befindet. Wir lernen Edna kennen, die den Ball ins Rollen bringt, als sie Manu auf dem Dach entdeckt und die Polizei ruft. Und es gibt Finn, der in Manu verliebt ist, und Roswitha, deren Café von allen besucht wird. Astrid, Manus Schwester, die mitten im Wahlkampf steckt und mit ihrem Mann ein Haus auf Usedom kaufen möchte - dafür aber die finanzielle Hilfe ihrer Schwiegermutter benötigt. Alle Personen des Romans haben Brüche in ihrer Biografie, alle sind sie unglücklich - manche mehr, manche weniger.

    Es fällt mir schwer festzumachen, was mir an dem Buch besonders gut gefallen hat, denn es kommen so viele Faktoren zusammen. Zum einen die Charaktere. Sie gefallen mir - von wenigen Ausnahmen abgesehen - durchweg. Und obwohl jedem Charakter kein ganzer Roman zur Verfügung steht, sind sie alle so gut gezeichnet, dass wir am Ende das Gefühl haben, sie zu kennen.

    Ich mag es, dass Simone Lappert manchmal kurz davor steht, ins Klischee- oder Märchenhafte abzugleiten (das gilt vor allem für Egons Erzählstrang), ehe sie sich wieder besinnt. Ich mag es, dass Manus Verhalten gar nicht so eindeutig ist, wie es anfangs den Anschein hat. Ich mag es, dass die Brotkrumen gelegt werden, die Leser*innen diese durchaus übersehen können, am Ende aber alles Sinn ergibt.

    Ich mag es, dass sie es schafft, sich auf die einzelnen Personen zu konzentrieren, ohne dabei die übrigen Bewohner des fiktiven Städtchen - und damit uns, die Gesellschaft - aus den Augen zu verlieren. Die erschreckendsten Momente sind die, in denen die Bürger des Städtchens sich auf dem Marktplatz wie bei einem Happening versammeln und dem bevorstehenden Sprung hoffnungs- und erwartungsvoll entgegenfiebern.

    Ich mag im Gegensatz dazu Simone Lapperts Beobachtungsgabe und ihre Fähigkeit, ihre Beobachtungen in tolle Sätze zu packen. Ich mag ihren Schreibstil, ihre Fähigkeit zitatereife Sätze aneinanderzufügen, ohne prätentiös zu wirken.

    Vor allem aber feiere ich Simone Lappert dafür, dass sie zwar die Geschichte zu Ende erzählt hat, aber nicht jeden einzelnen Lebensweg bis zum Erbrechen erläutert. Ich mag es, dass einige Stränge, wenn auch zu Ende erzählt, dennoch offen sind. Wir wissen nicht, ob Felix mit Monique über seine Vergangenheit sprechen wird. Wir wissen nicht, ob Finn sich einen Ruck geben wird. Denn so ist das Leben: Wir wissen nicht, was noch kommen wird. Und es zeugt von Cleverness, dass Simone Lappert an genau den richtigen Stellen aufhört, weiterzuerzählen. Wir sind mitten im Leben der Personen eingestiegen, wir steigen mit in deren Leben wieder aus - aber die Geschichte selbst, die ist erzählt.

    (Und nebenbei bemerkt: Ich feiere Maren! Und Winnie!)

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  • 5 Sterne

    1 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    herrzett, 06.10.2019

    Als Buch bewertet

    Bücher sind Begegnungen. Menschen, auch. Gut, dass man andere Menschen in seinem Alltag trifft ist nun nicht wirklich überraschend und doch kann so eine Begegnung große Auswirkungen für die Zukunft haben. In dem Roman Der Sprung von Simone Lappert geht es nun um ähnliches. An einem eher verschlafenen, ganz normalen Dienstag steht eine junge Frau mit einer grünen Latzhose auf dem Dach eines mehrgeschössigen Wohnhauses. Sie geht entlang der Regenrinne, schaut hinunter, setzt sich hin und wartet. Doch auf was? Will sie dort ihr Leben beenden und traut sich nicht zu springen? Wie kam sie überhaupt da rauf? Und vor allem was mag ihr Tragisches widerfahren sein?
    Edna ist jedenfalls davon überzeugt, dass die junge Frau springen will und verständigt die Polizei, die mit einem großen Aufgebot in Erscheinung tritt und nun versucht sie zum Herunterkommen zu überreden. Doch die Frau weigert sich und mit jeder verstreichenden Minute, zieht dieses Ereignis in dieser doch sonst so ruhigen Großstadt Schaulustige an, die sich dieses Spektakel nicht entgehen lassen wollen. Aber nicht nur das, es ist auch ein Ereignis, das die Anwohner und ‘Nachbarn’ betrifft. Der kleine Laden von Theres und Werner wird überrannt. Die Terrasse von Roswithas Cafe bietet nun einen optimalen Blick und auch sonst scheint sich gerade jetzt das Leben für einige Menschen zu drehen. Doch, wird die junge Frau am Ende tatsächlich springen?


    “Der Sprung” ist eine Zusammenstellung vieler Leben. Sie alle haben ihre eigene Vergangenheit, ihre eigenen Päckchen, Sorgen und Ängste, die sie mit sich rumschleppen und gerade das macht diesen Roman für mich aus. Lappert beschreibt sehr liebevoll die Eigenarten ihrer Protagonisten und verknüpft sie gekonnt miteinander. “Der Sprung” ist dabei eher eine Art Erzählung des Alltäglichen, sofern man die Frau auf dem Dach nun nicht mit einbezieht. Und doch ist gerade sie die Figur und Attraktion, die Menschen vereint und für so etwas wie ein Wendepunkt/ der Anstoß im Leben steht.
    Der Roman wechselt dabei mit jeden Kapitel zwischen den einzelnen Protagonisten. So gibt es da Roswitha, Astrid, Theres und ihren Mann Werner, Felix, Finn, Winnie, Edna, Egon, Manu, einen Designer und weitere Randfiguren, die ihr Leben offenbaren, aber leider auch etwas verwirren. Zumindest hatte ich (als kein Freund vieler Namen) zunächst damit zu tun, den einzelnen Erzählsträngen zu folgen und gedanklich zwischen ihnen zu unterscheiden. Einzelne Figuren sind mir dabei sehr ans Herz gewachsen und wurden dann von der Geschichte, unsympathischer bzw. nicht ganz so liebenswürdiger Menschen, unterbrochen. Natürlich ist dies beabsichtigt, um alles mehr oder weniger zeitgleich erzählen zu können und doch hat es mich manchmal minimal frustriert, mich gedanklich wieder mit dem/der anderen zu beschäftigen. Insgesamt ergibt es trotzdem ein recht harmonisches Gesamtbild, bei dem kein Wort zu wenig gesagt wird, einige überraschende Wendungen auftreten und doch auch emotionale Hürden zu überwinden sind. Und so ist “Der Sprung” dann auch eine großartige Geschichte voller Menschlichkeit, Schicksalen und ‘Verarbeitungsprozessen’, die mich dann vom Gefühl her irgendwie an Bogdans Roman “Laufen”, aber auch an Leupolds “Lavinia” und Kuttners “Kurt” erinnern lässt.
    Es ist nun keine dramatische, spannende oder weltbwegende Geschichte und doch würde ich dieses Buch beinahe jedem ans Herz legen, der etwas für andere Menschen übrig hat und vielleicht auch etwas Zeit mitbringt, sich mit den einzelnen Figuren auseinanderzusetzen.

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  • 5 Sterne

    1 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Claudia S., 13.11.2019

    Als Buch bewertet

    Zwei folgenschwere Tage in Thalbach

    Manu steht auf dem Dach. Eine Anwohnerin informiert die Polizei. Feuerwehr und Rettungskräfte jeder Art rücken an, das Viertel steht Kopf, alles ist anders und eine ganze Reihe Menschen, die mehr oder weniger direkt mit Manu zu tun haben oder hatten, werden in einen Strudel gezogen, der ihr Leben verändert …

    Anfangs hatte ich ein paar kleine Probleme, mich in die Story zu finden. Die einzelnen Kapitel sind mit dem Namen derjenigen Person versehen, die darin die Hauptrolle spielt. Insgesamt werden sehr viele Namen genannt (mehr als 20 – da muss man sehr aufpassen) und man ahnt zunächst nicht, wer wie mit Manu zu tun hat und warum. Nach und nach erklären sich die Zusammenhänge. Es zeichnet sich ab, wie wir alle durch jede unserer Handlung eine Art Kettenreaktion auslösen. Mal ist sie kleiner, mal größer, aber irgendwie verbindet uns jede unserer Handlungen mit endlos vielen Personen. Aber nicht nur das – diese Personen finden auch wieder untereinander Berührungspunkte, und seien sie auch noch so klein. Es ist ein wunderbares Netz, das hier gesponnen wurde.

    Durch diesen Stil mit den Kapiteln der einzelnen Figuren sieht man Manu und ihr Handeln aus unterschiedlichen Perspektiven. Es gibt keinen allwissenden Erzähler im üblichen Sinne und das ist einzigartig zu lesen. Jede Figur hat ein eigenes, nicht wirklich leichtes Schicksal. Alle haben einen prall gefüllten Lebensrucksack, der ihnen mehr oder weniger schwer zu schaffen macht. Der eine stürzt ab, der andere steigt auf, die eine sprengt alle Ketten, die nächste verliert alles – Simone Lippert hat die ganze Bandbreite des Lebens in dieses wunderbare Büchlein gepackt, ohne lächerlich zu werden oder unlogische Wendungen einzubauen.

    Sehr oft ist das Buch melancholisch, traurig und dunkel, aber insgesamt geht es mitten ins Herz, lässt auch immer wieder lachen und am Ende erkennen, dass alle Hochs und Tiefs haben und man selbst nicht besser oder schlechter als andere dran ist. Jeder kann sich in der einen oder anderen Figur zumindest ein bisschen wiederfinden.

    Das Ende ist quasi ein explodierendes Munitionslager. Alles ist danach anders, nichts mehr, wie bisher. Viele lose Enden bleiben übrig und dennoch ist das Buch komplett und rund. Das muss man erst mal so hinbekommen! Und immer wieder gibt es Momente, die fast schon philosophisch sind. So zum Beispiel, wenn Henry Lukas fragt, was ihn tröstet und dieser dann meint, dass nichts so bleiben wird, wie es ist und dies noch ausführt. Einfach super schön und für mich auch wirklich ein tröstender Gedanke, gerade im Hinblick auf die Geschichte der beiden. Oder wie Moosbach aufzählt, was er schon so alles verschwinden hat sehen. Da fehlen mir die Worte, um zu sagen, wie wunderschön dies geschrieben ist.

    Störend empfand ich, dass viele Fragesätze ohne Fragezeichen waren und auch der Ausdruck „Anfang Jahr“ oder „Anfang Monat“ kam öfter vor – für mich klingt das nach einem Fehler. Doch diese beiden Punkte wiegen nicht sehr schwer und das Büchlein hat mich so sehr bewegt und berührt, dass ich die vollen fünf Sterne geben möchte. Es ist eines meiner Jahreshighlights, definitiv!

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  • 5 Sterne

    1 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Miss.mesmerized, 28.08.2019

    Als Buch bewertet

    Thalbach, ein beschauliches Örtchen bei Freiburg. Alles geht seinen Gang wie immer, die Obdachlosen verbringen den Tag im Park, Theres und Werner sehnen sich nach den guten Zeiten in ihrem Lädchen zurück, Roswitha bedient mehr oder weniger übellaunig die Gäste in ihrem Café, Maren überlegt wieder einmal, wie lange sie es noch in der kaputten Beziehung mit Hannes aushalten will, Winnie muss ihrer Freundin Cosima einmal mehr aus der Patsche helfen. Doch dann unterbricht ein Ereignis das übliche Treiben: auf dem Dach eines Wohnhauses steht eine junge Frau und droht herunterzuspringen. Man kennt sie, es ist Manu, die Gärtnerin, die mit ihren Guerillamethoden den Pflanzen Raum zum Leben gibt und die Stadt erblühen lässt. Der Ort hält den Atem an und zusammen mit Rettungskräften, Polizei und sensationslüsterner Presse blickt man nach oben, voller banger Erwartung dessen, was passieren wird.

    Simone Lapperts Roman ist eine Momentaufnahme mitten aus dem Leben. Sie beschränkt ihre Handlung auf einen winzigen Augenblick im Dasein ihrer Figuren, nur einen Wimpernschlag lang lässt sie uns teilhaben, aber es tritt genau jener Schmetterlingseffekt ein, der nicht vorhersehbar war und das sorgsam austarierte Gleichgewicht des Systems zum Zusammenbrechen bringt. Nur ein einziger Tag, ein singuläres Ereignis, das nicht einmal unmittelbar mit den meisten Figuren in Verbindung steht, ist jedoch so gewaltig, dass hinterher kaum mehr etwas so ist, wie zuvor.

    Vieles an der Erzählung hat mich schlichtweg begeistert. Was zunächst als lose Abfolge von Einzelgeschichten erscheint, stellt sich im Laufe der Handlung als clever durchdachtes Geflecht heraus, das alle Figuren in Verbindung zueinander setzt und so unterstreicht, dass es ein individuelles unabhängiges Leben nicht gibt. Dreht nur einer an einem Schräubchen, wirkt sich dieses auf alle zwangsläufig aus. Daneben sind alle Figuren liebevoll gezeichnet: Wir haben keine Superhelden, keine Weltverbesserer, genauso wenig die drastischen Verlierer, sondern ein Sammelsurium von durchschnittlichen Existenzen, die mehr oder minder zufrieden ihr Leben meistern. Sie haben sich mit den Gegebenheiten arrangiert und glauben nicht mehr an das ganz große Glück. Sie wirken authentisch und in ihrer Natürlichkeit liebenswert.

    Manu, die Frau auf dem Dach, die zum Sprung ansetzt, sollte eigentlich im Zentrum stehen, bildet aber viel mehr den Rahmen der Handlung und wird unbeabsichtigt zum dramatischen und entscheidenden Moment in zahlreichen Leben. Man lernt sie zu Beginn der Geschichte kennen, doch die Figur, die liebevoll mit den Pflanzen hantiert, will nicht zu der Person auf dem Dach passen. Ebenso wie der Leser kann sie ihr Freund Finn keinen Reim auf das Verhalten machen. In gewisser Weise ist sie eine tragische Heldin – mehr zu sagen würde das überraschende Ende vorwegnehmen.

    Der kleinbürgerliche Mikrokosmus wird von Lappert überzeugend eingefangen. Eine routinierte, mühelose Erzählung, die einem in die kleine Welt eintauchen und teilhaben lässt. Für mich ist es gerade das Unaufgeregte, Unspektakuläre, das hier geschildert wird und begeistert.

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  • 5 Sterne

    Bibliomarie, 29.08.2019

    Als Buch bewertet

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    Eine junge Frau steht auf einem Dach, was hat sie vor, will sie springen? Eine Passantin wird darauf aufmerksam und informiert die Polizei und die Rettungskräfte. Schnell läuft die übliche Maschinerie an. Unten vor dem Haus sammeln sich immer mehr Menschen, manche sind neugierig, andere betroffen und einige sind nur sensationslüsterne Gaffer.

    Simone Lappert beleuchtet nun das Leben einiger Menschen, die in irgendeiner Form mit Manu, der jungen Frau auf dem Dach verbunden sind. Ein Polizist, der mit ihr spricht, die Passantin, die die erste Meldung machte, der Freund von Manu, ein Ehepaar, das an diesem Tag zum ersten Mal seit Jahren wieder Umsatz in ihrem kleinen Laden machen und viele mehr. Es sind Geschichten in der Geschichte, die sich allmählich zum einem Ganzen verbinden. Nach und nach klären sich die Verbindungen.

    Es ist ein Roman, der mich von der ersten Seite an völlig in Bann gezogen hat. Alle Figuren sind echt und ihre Handlungsweisen authentisch, wie wirklich aus dem Leben erzählt. In Vielem kann man sich wiedererkennen. Dabei ist es eigentlich keine große Geschichte, es sind Augenblicke aus dem Leben, im Einzelnen eigentlich unspektakulär, aber jeder hat Auswirkungen auf alle Beteiligte. Es ist eine ganze Welt im Kleinen, die die Autorin zeigt und jeder Protagonist bringt seine eigene Facette in diesen Kosmos ein. Hoffnungslosigkeit, Optimismus, Trauer, neue Energie – es liegt alles ganz dicht beieinander.

    Manchen Figuren widmet Simone Lappert mehr Aufmerksamkeit, gönnt ihnen eine optimistische Zukunft, manche werden nur gestreift und ihr weiteres Schicksal bleibt offen.

    Ich habe diese Geschichte verschlungen, den schönen Sprachstil geradezu aufgesaugt, viele einzelne Sätze sind mir im Gedächtnis geblieben:

    „Etwas das blüht, sollte man nicht umtopfen. Die Wahrscheinlichkeit, dass es dabei eingeht, ist ziemlich groß.“ Antwort Manus auf den Vorschlag ihres Freundes, gemeinsam die Stadt zu verlassen

    "Das sind alles Leute, die in der Schule beliebt sind oder es mal waren, dachte Winnie. Leute, die nie allein sind. Oder solche, die sich durchs Zuschauen überlegen fühlen, ihre Kraft aus der Schwäche anderer heraus entwickeln, so wie Timo." Gedanken einer gemobbten Schülerin, als sie ihren Mitschüler johlend in der Zuschauermenge sieht.

    "Nie wollte sie in den Tod springen. Immer nur ins Leben." Eigentlich der wichtigste Gedanke auf dem Dach.

    Ich könnte noch vieles anführen, selten habe ich so viele Markierungen beim Lesen angebracht.

    Anfangs konnte ich mit der Portraitzeichnung des Titelbildes nicht viel anfangen. Es wirkte nichtssagend auf mich, aber je weiter ich gelesen habe, umso mehr gefiel mir Cover. Das Portrait einer jungen, nicht angepassten Frau passt ganz genau auf die tragende Figur dieses Romans.
    Meine unbedingte Leseempfehlung.

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  • 5 Sterne

    Miriam G., 30.09.2019

    Als Buch bewertet

    Eine junge Frau, offenbar selbstmordgefährdet, steht auf einem Dach und die ganze Kleinstadt gerät in Aufruhr. Wird sie springen oder nicht?
    In „Der Sprung“ steht jedoch nicht die junge Frau, die vermutlich vom Dach springen will, im Mittelpunkt, sondern elf Menschen aus deren mittel- und unmittelbarem Umfeld. Ob das ältliche Pärchen Theres und Walther, welches um die Ecke der Geschehnisse ein kleines Lebensmittelgeschäft betreiben, der Polizist, der mit aller Anstrengung versucht, die junge Frau zu überzeugen, nicht zu springen, oder der Freund der zunächst unbekannten Frau: Die Leben aller elf Personen in dem Roman sind von den Taten betroffen.
    Die kurzen Abschnitte, in denen die Geschehnisse des Tages aus der Sicht der jeweiligen Person geschildert werden, machen deutlich, wie sehr das Leben eines jeden Menschen aus unzähligen Verknüpfungen zu anderen Personen besteht. Große (oder auch kleine) Taten und tragische Ereignisse haben Auswirkungen auf unsere Umgebung – direkte und indirekte, negative und zum Teil sogar positive Effekte.
    Zu Beginn des Romans fällt es zunächst schwer, den Überblick über die einzelnen Personen zu behalten. Ich musste öfters zurückblättern, um mir wieder in Erinnerung zu rufen, in welcher Beziehung (oder auch nicht) die Person nun zu den vorherigen steht. Dadurch jedoch, dass die einzelnen Abschnitte teilweise erstaunlich stark in die Tiefe gehen und man trotz der wenigen Seiten sehr viel von den Lebensgeschichten der einzelnen Protagonisten erfährt, ist man sehr schnell in der Geschichte drin. Es ist es faszinierend und zeugt von großem literarischen Talent, dass es der Autorin gelingt, auf nur 300 Seiten die Lebensgeschichten von elf Personen zu skizzieren und miteinander zu verknüpfen: Während zu Beginn die beschriebenen Personen für sich allein stehen, entsteht im Verlauf der Geschichte ein Netz, welches die Schicksale miteinander verknüpft.
    Simone Lapperts Schreibstil ist angenehm leicht, ohne dabei in irgendeiner Art und Weise oberflächlich zu sein. Ihre Figuren sind teilweise ein bisschen verrückt, gemein, liebevoll, untreu – und damit eben sehr realistisch gestaltet. Obwohl das Springen der Frau im Prequel der eigentlichen Geschichte bereits angedeutet wird – es beschreibt den Tritt über den Abgrund und das anschließende Fallen – bleibt die Geschichte spannend. Vor allem die dem Leser lange Zeit verborgene Identität ist ein literarisch kluger Schachzug. Das Ende empfinde ich als gelungen und ebenfalls sehr realitätsnah.

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