Über Thora Birch

Sie sollte ein Junge werden und ihre Eltern hatten sich bereits auf den Namen Thor geeinigt. Doch als sie nach der Geburt von einem Mädchen angelacht wurden, wandelten sie den Namen des altgermanischen Blitz- und Donnergottes in eine Göttin um. So wurde aus Thor Thora. Die Legende ihrer Namensgebung verbreitet Thora Birch|gerne. Das ist schon fast das einzige, was Birch von ihrem Privatleben in der Öffentlichkeit preisgibt.

Seit Jahren ist die heute 19jährige ein geschulter Profi und versteht es hervorragend, ausschließlich ihren Beruf in den Mittelpunkt zu stellen. Den nötigen Rückhalt findet sie zu jeder Zeit in ihrer Familie. Ihr Vater managt sie und ihr kleiner Bruder ist einer ihrer besten Kritiker.

Den Startschuss zum Glück verdankt Thora Birch allerdings einem Freund ihrer Eltern. Dieser schickte Fotos von ihr an verschiedene Agenturen. Mit 4 ½ Jahren erschien Thora daraufhin in Werbefilmen, mit sechs sah man sie in der TV-Show "Day By Day". "Das war der Zeitpunkt, an dem ich mich in die Schauspielerei verliebte." Mit neun Jahren agierte sie bereits in ihrem ersten großen Film "" an der Seite von und . Anschließend durfte Thora Tochter in gleich zwei Kinohits mimen: in "" und das "".

Zu ihrem Leidwesen, wird Thora Birch häufig mit der nur zwei Jahre älteren verglichen. Nicht unbegründet: Birch und Ricci heben sich von der Masse der Jungstars ab. Beide besitzen ein bemerkenswertes Talent, beide lassen sich nicht auf die Schiene des gertenschlanken, blonden Püppchens schieben, und beide mimen wortkarge Mädchen, sind widerspenstig und kratzbürstig. Die ehemaligen Kinderstars kennen sich aus "", ein Drama, das sie 1996 gemeinsam mit und drehten.

Es war Birchs erste richtige Rolle im Teenageralter. Im darauffolgenden Jahr sah man sie als Jessie Barnes in dem Abenteuerfilm "": Jessie, ein mutiges Mädchen, begibt sich mit ihrem Bruder, gespielt von , in die unberührte Wildnis Alaskas, um dort den verunglückten Vater zu finden. Birchs Leistung ist ebenso faszinierend, wie die traumhaften Landschaftsaufnahmen. Die Handlung dagegen beruht nur auf Klischees.

Mit 14 folgte ein ungewollter Einschnitt in ihre Laufbahn. "Es gab keine Arbeit für jemanden in diesem Alter", klagt Thora. "Ich hatte Angst, ob ich wieder zurückfinden kann. Es gibt immer einen bestimmten Punkt, an dem man sich fragt: Was ist, wenn es nicht funktioniert?" Es funktionierte! Mit 17 konnte sie bereits eine eindrucksvolle Filmkarriere vorweisen: neben acht Kinofilmen agierte sie in über 40 Werbeclips, hatte Gastrollen in den TV-Serien "Amen", "Doogie Howser", "M.D." und regelmäßige Auftritte in "Parenthood" (mit ) "The Outer Limits" und "Touched by an Angel".

Thoras Eltern achteten stets darauf, dass ihre Tochter in einem normalen sozialen Umfeld aufwächst und nicht den Boden unter den Füßen verliert. Heute trauert Thora nicht, wie andere frühreife Talente, ihrer verlorenen Kindheit hinterher: "Während ich arbeitete, ging ich weiterhin zur Schule, wie jeder andere auch, und ich tat all diese normalen Dinge. In gewisser Weise fühlte ich mich, als ob ich das Beste beider Welten hatte."

Die gebürtige Kalifornierin liebt es, zu lernen. Sie war eine gute Schülerin und wurde trotz längerer Abwesenheiten nie zur Außenseiterin. Ihr schauspielerisches Können bewies Birch erneut 1999 als aufsässige Tochter Jane ihren Filmeltern und in der oscargekrönten Gesellschaftssatire "". Ihre Leistung wurde international anerkannt und mit dem Sceen Actors Guild Award und einer BAFTA-Nominierung belohnt.

Jane hat wenig Mitgefühl für ihre Eltern: Die Mutter ist zu dominant, außerdem spießig und putzbesessen, ihr unterdrückter Vater geht ihr auf die Nerven. Sein plötzliches Interessen an ihrer Freundin Angela () lässt sie kalt. Sie verdrückt sich immer häufiger und trifft sich mit dem skurrilen Nachbarsjungen Ricky (), der seine Umwelt per Videokamera wahrnimmt. Nicht nur im Film könnte sich Thora Birch in so eine merkwürdige, aber interessante Gestalt wie Ricky verlieben, gesteht sie. Neben Kevin Spaceys Filmpräsens war sie vor allem von beeindruckt: "Hätte ich nicht gewusst, dass er zum ersten Mal Regie führt, hätte ich gedacht, dass er es schon seit Jahren macht."

Als depressive Jane fühlte sich Thora Birch nicht wohl. Dennoch war es schwer für sie, diesen Charakter wieder los zu werden, so sehr hat sie sich im Laufe der Zeit hineingesteigert. Um aus diesem Gefühlstief herauszufinden, gab es nur eine Lösung: Sie musste eine optimistische Person mimen. schickte ihr das Drehbuch zu "". Obwohl Thora das gleichnamige Computerspiel nicht kannte, begeisterte sie das Fantasy-Projekt.

In Solomons Regiedebüt kann man sie als freundliche Kaiserin Savina neben erleben. Sicherlich hat Thora Birch mit "Dungeons & Dragons" nicht den gewünschten Erfolg erzielt, dennoch konnte sie genügend Abstand zu "American Beauty" gewinnen.

Dass sie sich von einer Rolle noch Monate nach Drehschluss nicht lösen kann, erlebte Thora Birch auch bei "". Faszinierend und aufregend schildert sie ihre Arbeit an dem britischen Thriller, indem sich vier Schüler einer englischen Privatschule in einem Bunker einsperren lassen, um drei Tage lang eine Party zu feiern. Nur Liz, Thora Birch, verlässt das gruftähnliche Loch lebend. Eine Psychologin versucht, aus ihr die vergangenen Geschehnisse herauszukitzeln. Doch die mosaikartigen Bruchstücke ihrer Erinnerung liefern der Psychologin eine grausame, aber völlig absurde Wahrheit.

Den vielschichtigen Charakter der Liz empfand Thora als Herausforderung. Außerdem reizte sie Übersee. Es war nicht das erste Mal, dass sie in England drehen durfte. Bereits mit neun kam sie nach London, um in "" mitzuwirken. Seitdem liebte sie diese Stadt und besuchte in den Arbeitspausen alle erdenklichen Sehenswürdigkeiten.

Eine weitere Hauptrolle übernahm die 19jährige in der von mitproduzierten Komödie "". Eine schräge Verfilmung des Underground-Comics von Daniel Clowes. übernahm die Regie und schrieb gemeinsam mit Clowes das Drehbuch. Thora Birch und spielen zwei Freundinnen, die nach ihrem High-School-Abschluss in eine ungewisse Zukunft starten. Die eine möchte durch das Land reisen, um einen Studienplatz zu finden, die andere fürchtet, ihre Freundin zu verlieren. Als sie sich in ein und den selben Jungen verlieben, zerbricht ihre langjährige Freundschaft.

Zwischen den Film-Freundinnen entstand eine echte Freundschaft, erzählt Clowes. Die Stimmung am Set war insgesamt recht gut. "Thora Birch war wie geschaffen für diese Rolle. Sie ist eine sehr gut ausgebildete Schauspielerin - klug, furchtlos und voller Intuition", äußert sich Zwigoff zu seiner Darstellerin. "Sie hat auch sofort, ohne dass ich sie darauf hinweisen musste, diese Revoluzzer- und Underground-Marotten der Figur herausgearbeitet. Scarlett Johansson dagegen spielt cool, reserviert und leicht schräg."

Das Mädchen aus der "Quaker Oats"-Werbung ist mit ihren Filmrollen erwachsen geworden. Im letzten Jahr hat Thora Birch die Highschool erfolgreich abgeschlossen. Sie lebt in einer Kleinstadt bei L.A., nicht weit entfernt von der Farm ihrer Eltern. Diese lassen ihr den nötigen Freiraum, behalten sie aber weiterhin im Auge. Thora findet das vollkommen in Ordnung. Ihr großer Traum ist es einmal Shakespeare zu spielen. Vielleicht knüpft sich ja an ihre Filmkarriere bald ein Theatererfolg?