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  • 5 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Cosmea, 03.09.2022

    Als Buch bewertet

    Vom Privileg, ein Leben ohne Privilegien kennengelernt zu haben
    “Anleitung ein anderer zu werden“, der neue Roman von Edouard Louis, ist wie seine vier Vorgänger autobiografisch. Wie schon in “Das Ende von Eddy“ erzählt er von seiner von extremer Armut geprägten Kindheit in einem kleinen Dort in der Picardie. Weil er anders ist als andere, wird er schon als kleiner Junge als Schwuchtel und schwule Sau beschimpft und immer wieder körperlich angegriffen. Er hat von Anfang an nur einen Wunsch, diesem Milieu zu entkommen und Rache für diese schreckliche Kindheit zu nehmen. Eine erste Chance auf Veränderung bietet sich ihm, als er das Gymnasium in Amiens besuchen darf. Er findet in Elena eine enge Freundin, die ihm durch ihr weltoffenes, gastfreundliches Elternhaus eine andere Welt erschließt. Nach dem Abitur helfen ihm andere gebildete, gutsituierte Freunde, sich auf die Prüfung für die Ecole Normale Supérieure vorzubereiten, denn Eddie, der sich inzwischen Edouard nennt, hat begriffen, dass Bildung Macht ist und dass man den sozialen Aufstieg nicht wirklich ohne den Besuch einer Eliteschule schafft. In diesen Jahren bis Mitte 20 lebt er wie ein Getriebener, besessen vom Wunsch nach Veränderung, immer wieder bemüht, sich an ein neues Umfeld anzupassen und zieht weiter, wenn es nicht funktioniert. Er versucht, alle Leben zu leben, obwohl dieser Versuch durch seine Herkunft eigentlich zum Scheitern verurteilt ist. Keiner aus seinem Dorf hat diesen Neuanfang bisher geschafft, nicht einmal die jungen Männer, die Kellner oder Koch werden wollten.
    In Louis Buch steckt mehr als sein persönliches Schicksal. Es enthält auch eine gute Portion Sozialkritik, zeigt es doch, dass die gut situierte Hälfte der französischen Gesellschaft gar nicht weiß, wie erbärmlich die andere Hälfte zum Teil lebt. Das zeigt sich schon in der Schule, wenn Eddy das Kantinenessen für sich abbestellen muss, weil kein Geld da ist und ihm gesagt wird, seine Eltern sollten sich doch mal ein bisschen bemühen. Noch krasser ist die Szene in der Zahnarztpraxis in Paris, wo er vier Jahre lange seine kaputten, schiefen Zähne reparieren lässt, weil es mit einem solchen Gebiss niemand nach oben schafft. Die entsetzte Zahnärztin behauptet, jeder in Frankreich könne sich einen Zahnarztbesuch leisten. Schließlich gebe es die Krankenversicherung, die den größten Teil der Kosten abdeckt. Dass Menschen wie in seinem armen Dorf in der Provinz nicht einmal jeden Tag etwas zu essen haben, weiß auch sie nicht.
    Mir hat das Buch gut gefallen, obwohl mir vieles bereits aus “Das Ende von Eddy“ und “Im Herzen der Gewalt“ bekannt war und wir ja auch wissen, wie die Geschichte ausgeht: Edouard Louis, 30, hat es geschafft und ist einer der führenden Autoren der französischen Gegenwartsliteratur.

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  • 5 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    lectrice, 11.09.2022

    Als Buch bewertet

    Bereits "Das Ende von Eddy" von Edouard Louis hatte mir sehr gefallen und somit war ich gespannt auf das neue Buch dieses - ja, so nenne ich ihn - Ausnahmeschriftstellers. Das Cover finde ich sehr geschickt gemacht und nach der Lektüre halte ich es für sehr passend gewählt.
    Aufgeteilt in vier Teile erhalten wir Einblick in die Romanbiographie dieses jungen Mannes, der aus einem nordfranzösischen Dorf stammt und dieser Enge und Armut durch Fleiß und Anstrengung zu entfliehen versucht, der über sich selbst hinaus wächst. Dafür muss er jedoch die Entfremdung von seinem Elternhaus in Kauf nehmen.
    Der virtuose Umgang mit der Sprache ist unglaublich und macht dieses Buch zu einem kleinen Juwel. Ein Schriftsteller, der so akribisch an seinem Text feilt und diesen zu einem Kunstwerk gestaltet - davor habe ich große Hochachtung, denn mir ist bewusst, dass ich sehr gerne lese, aber keinerlei Talent im Verfassen von Texten besitze.

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  • 5 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Karen S., 28.09.2022

    Als Buch bewertet

    Eine Autobiographie, die schonungslos und direkt ist. Ehrlich gesagt kannte ich den Autor bisher nicht und hatte mir unter dem Klappentext etwas anderes vorgestellt. Die Autobiografie ist brutal ehrlich. Hier wird nichts beschönigt. Edouard erzählt davon, wie er die Klasse, in die er hinein geboren wird, überwindet. Dies ist jedoch harte Arbeit - emotional als auch mental. Dabei zeigt er beeindruckend auf, wie sehr auch in der westlichen Welt noch immer ein Klassensystem vorherrscht - von dem wir gerade in Deutschland wenig sprechen. Wieviel wird vorgegeben, durch die Familie in die wir zufällig geboren werden. Und wie oft sind wir uns unserer Priviligien gar nicht bewusst.
    Eine Geschichte auch vom Ausreißen, auf dem Weg sein und doch nirgends und nie anzukommen.
    Das Buch hat mich sehr berührt und ich kann es nur empfehlen!

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  • 4 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    R.S., 14.11.2022

    Als Buch bewertet

    Schonungslose Identitätssuche

    In dem ausdrucksstarken autobiografischen Roman "Anleitung ein anderer zu werden" von Edouard Louis beschreibt Louis, wie er sein Leben und sich selbst verändert hat. Er geht hierbei einen äußerst schmerzhaften Weg zwischen Selbstverleugnung und Selbsterfindung, sein Weg ist übersät mit Menschen, die er zurückgelassen hat, und er empfindet eine Menge Bedauern, dennoch tut es ihm nicht leid, denn er ist jetzt sein eigener Mann.

    Wie auch schon in seinen vorherigen autobiografischen Romanen erzählt Louis von seiner Kindheit in prekären Verhältnissen, die von Gewalt und Armut überschattet war sowie von Rassismus und Homophobie geprägt war. Er spricht über seine Eltern, seinem gefühlskalten Vater, dem Entdecken seiner Homosexualität und seiner Flucht aus der nordfranzösischen Provinz.

    Im Gegensatz zu seinen anderen Romanen liegt der Schwerpunkt aber mehr auf seiner radikalen Selbstverwirklichung, Louis spricht über seine Gedanken und Bemühungen zu fliehen, die von seinem Wunsch nach Rache angetrieben werden. Louis wollte, dass die Menschen, die ihn wegen seiner Homosexualität schikanierten und diskriminierten Scham empfinden, und er gibt auch zu, dass das Abstreifen seiner alten Identität als Intellektueller in Paris, die ihn von seiner eigenen Familie wegführte, ihm das Gefühl gab, Macht über das Erbe zu haben, für das er sich selbst schämte.

    Aber der Roman ist auch eine Danksagung und eine Entschuldigung an die Menschen in Louis Leben, die von seinem Wunsch nach Veränderung betroffen waren. Der erste Teil ist an Elena gerichtet, einer Freundin, die er während seines Studiums in Amiens kennengelernt hat und deren Familie von Akademikern zu Vorbildern für Louis werden. Der zweite Teil richtet sich an Didier Eribon, der auch zu seinem Vorbild und Freund wird und der dritte wieder an Elena. Außerdem gibt es auch Passagen, in denen er sich direkt an seinen Vater wendet, und einige, in denen er mit seinem eigenen Spiegelbild spricht. Trotz seines sozialen Aufstiegs ist er innerlich zerrissen, hat nicht das Gefühl angekommen zu sein und er kann seine Herkunft und seine Unsicherheit nicht überwinden.

    "Anleitung ein anderer zu werden" ist ein starkes Buch über Identitätssuche, indem Louis schonungslos offen und ehrlich ist und das aufgrund seines Inhalts und des direkten und präzisen Schreibstils von Louis noch lange nachhallt.

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  • 4 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    inya, 30.08.2022

    Als Buch bewertet

    ein Leben mit vielen Hürden

    Der Autor hat mit diesem autobiographischen Buch sehr viel Mut bewiesen. Denn es schildert und zeigt sogar an Hand von Fotos sehr intime Details seines Lebens und vor allem seiner Kindheit. Diese Kindheit hat der Autor in Armut verbracht und in seinem jungen Leben geht es vor allem darum, dieser Armut aus seiner Kindheit und auch der Umgebung, in der er aufgewachsen ist, zu entfliehen. Er schafft dies auch durch ein Studium in Paris. Dort lernt er auch endlich die ersehnten Freunde kennen, die er sich gewünscht hat. Doch muss er auch hier ein Versteckspiel betreiben, da er seine Herkunft und seine Armut natürlich nicht so preisgeben kann. Dieses Buch ist schonungslos und behandelt ein hartes Thema. Trotzdem kann man es sehr flüssig lesen, da es sehr gut geschrieben ist und auch spannend für den Leser gehalten ist. Eine interessante Geschichte.

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  • 5 Sterne

    6 von 12 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Frederike Z., 20.10.2022

    Als Buch bewertet

    Immer wieder gibt es diese Bücher, die einem den Atem nehmen; die sich gleichermaßen wie eine wärmende Decke um einen legen und einem Tränen in die Augen treiben. Bücher, die einen nicht mehr loslassen, etwas bewegen, Gedanken weit über das Ende der Zeile hinaus provozieren.

    Schon immer strebte er danach, ein Anderer zu werden, seiner Herkunft, die sich in Gestik, in Stimme und Haltung in ihm manifestiert hatte, zu entfliehen. Seinem Vater. Der Armut, der Scham. Er wollte Édouard werden, in Paris studieren und leben, aufsteigen. Frei sein, sich frei machen, ein gutes Leben führen. Doch diese Veränderung hat einen Preis. In "Anleitung ein anderer zu werden" (aus dem Französischen von Sonja Finck) beschreibt Édouard Louis reflektiert, ehrlich und ungemein vulnerabel, wie die letzten Jahre seit der Veröffentlichung seines Debütromans "En finir avec Eddy Bellegueule" und der damit verbundenen Bekanntheit, aber auch welche Personen ihn verändert haben. Aus einer gereiften, erfahreneren Perspektive blickt er zurück auf die Beziehung zu seinem Vater und Szenen seiner Kindheit, die er in seinen drei vorherigen Romanen bereits umriss, und erzeugt so ein Gefühl der Nähe, des „Eingeweihtseins“. Doch nun, Jahre später, ist im vieles klarer, so auch die Rolle seiner einstmals besten Freundin Elena, die ihm ein Vorbild war, seine Metamorphose begünstigte und unterstützte.

    Gleichermaßen sehnsuchtsvoll, schambehaftend und ablehnend versucht er in einer fiktiven Ansprache an seinen Vater Distanz- und Fixpunkte zu definieren, um den Erfolg seines Bemühens, seine Herkunft abzulegen, zu objektivieren. Es sind Dinge, die er sich nie traute, ihm zu sagen, aus Angst, sie könnten ihn verletzen; „ich will nur, dass du es weißt, mehr nicht“ (S. 28); Dinge, die er sich im Schreiben immer wieder vergegenwärtigt, um sie zu verarbeiten und mit Abstand betrachten zu können: den Umgang mit Sexualität und Rassismus, seine soziale Klasse und seine Erziehung.

    Erst durch seine Freundschaft zu Elena, einem wohlhabenden Mädchen am Gymnasium, das ihn zu sich nach Hause einlud, erkannte er: Was für ihn normal ist, was im suggeriert worden war, normal zu sein – Rauchen in der Wohnung, Essverhalten, von Geschwistern trübes Badewasser –, ist es in anderen gesellschaftlichen Schichten nicht. Er verbringt immer mehr Zeit im Kreise ihrer Familie, schaut sich ab, wie er zu lachen, sprechen, zu essen, wie er sich zu betragen hat. Wie er ein besserer Mensch werden kann. Er färbte seine Haare, begann, andere Kleidung zu tragen; Jahre später unterzog er sich mit der finanziellen Unterstützung seiner Geliebten einer Haartransplantation und umfassender Kieferchirurgie. Bis er endlich Édouard wurde.

    In gewisser Weise sollten seine Begegnung mit Didier Eribon und dessen Autobiographie „Retour à Reims“ einen Punkt in seinem Leben markieren, an dem ihm bewusst wurde, was er wirklich will, wohin er will, dass er der sein kann, der er immer sein wollte. Er suchte seine Nähe, sehnte sich danach, von ihm zu lernen, wie er zu sein, talentiert und wohlhabend, und fand schließlich einen Freund in ihm, der ihn leitete, prägte und bei seinem Aufstieg weiterhalf. So hangelte er sich schließlich von einer Bekanntschaft zur nächsten, flog hoch und stürzte tief – und wie er dies so offen darlegt, sich seinem Scheitern und dessen Gründen komplett bewusst ist, das hat mein Herz wirklich berührt. Immer wieder springt er in diesen schwierigen Erinnerungen von der Vergangenheit in die Gegenwart, um eine „Pause zu machen“, schließlich ist es auch für ihn emotional belastend, all das aufzuarbeiten. Und immer wieder: Perspektivwechsel, kurze, schneidende Einwürfe, in denen er sich selbst anspricht, vor einem Spiegel stehend anklagt, um dann, um sich wiederum zu distanzieren, von sich selbst in der dritten Person redet, sich objektiviert. Der Raum zwischen den Zeilen voller Schmerz.

    Könnte ich jemals solch drastische Maßnahmen ergreifen, um eine andere zu werden, meine Art zu sprechen, zu schreiben verändern, um mich meiner Herkunft zu entsagen? Ich glaube nicht, es würde sich komisch anfühlen, wie ein Schauspiel hinter geschlossenem Vorhang, das Skript noch in der Hand. Édouard jedoch, er spricht frei aus seinem Herzen, spricht mit all dem Willen und Mut, den es braucht, die Fesseln abzustreifen, mit all der Demut und dem Schmerz, den er erfuhr, und letztlich auch voller Respekt vor all den Menschen, die ihn zu dem machten, der er heute ist. Auch vor seinen Eltern, denn sie werden immer ein Teil von ihm bleiben, auch wenn in seinem Pass ein anderer als sein Geburtsname steht. Und wegen all dieser Aspekte, dieser tiefen Menschlichkeit, Offenheit, seine Geschichte in dieser Art mit uns zu teilen, bleibt sie für immer in meinen Gedanken. Magnifique, monsieur Louis!

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  • 5 Sterne

    Miss.mesmerized, 06.09.2022

    Als Buch bewertet

    Mit seinem Roman „Das Ende von Eddy“ ist Édouard Louis 2014 schlagartig zum Star geworden. Der autobiografische Roman, der von seiner ärmlichen und von Gewalt geprägten Kindheit auf einem Dorf in der französischen Picardie erzählt, wurde mit Begeisterung aufgenommen. Es folgten „Im Herzen der Gewalt“, „Wer hat meinen Vater umgebracht“ und „Die Freiheit einer Frau“, die alle Themen seines Lebens aufgriffen – Gewalterfahrung, die schwierige Beziehung zu seinem Vater, das trostlose Leben seiner Mutter. Nun widmet er sich seiner Transformation, dem schwierigen Wegs aus dem unteren Arbeitermilieu über das Bürgertum bis hin zu den Reichen und Adligen, die die anerkanntesten Universitäten des Landes besuchen. Es ist sein Leben, aber nicht nur eines, denn er hat auf dem Weg zum berühmten Schriftsteller zahlreiche Leben gelebt – und das mit nicht einmal 30 Jahren.

    Es ist die Geschichte eines Kindes, das anders ist als die anderen, das früh Ausgrenzung und Diffamierung erlebt und nicht die Erwartungen der Familie, des Umfelds erfüllen kann. Er zieht sich zurück, versteckt sich in den Pausen in der Bibliothek, wo er auf den ersten Menschen trifft, der ihm eine Tür öffnet: die Tür zum Gymnasium. Als er Hallencourt hinter sich lässt und nach Amiens zieht, beginnt seine Verwandlung. Seine Freundin Elena zeigt ihm, dass es auch andere Leben gibt als jenes, das er kennt. Er macht Bekanntschaft mit Kunst und Literatur, saugt das bürgerliche Leben auf und ist wie betrunken davon. Zugleich entfernt er sich zunehmend von seiner Herkunft. Als er bei einer Lesung des Philosophen und Soziologen Didier Eribon hört, der einen ganz ähnlichen Weg hinter sich hat, erkennt er, dass er gerade Mal eine einzige Etappe gemeistert hat. Es gibt noch viel mehr, jenseits von Amiens und er entwickelt ein neues Ziel: es kann nicht weniger als die berühmte École normale supérieure für ihn sein, auch wenn alles dagegen spricht, dass er dort aufgenommen wird.

    Louis schildert die Geschichte eines Aufstiegs, des Weges von der ärmlichsten Klasse, wo das Essen knapp ist und Fernsehen und Alkohol dominieren, hin zum intellektuellen Olymp Frankreichs. Der junge Eddy merkt bald, dass es nicht alleine die formale Bildung, der Schulabschluss des Abiturs ist, der den Unterschied macht. Mit seiner Herkunft geht auch ein Habitus einher, den er nicht so leicht ablegen kann. Die Sprache verrät ihn, er muss lernen sich richtig zu kleiden, das Besteck anders zu halten – und immer wieder gibt es Grenzen. Jede Stufe höher, jede neue Klasse endet letztlich in der Erkenntnis, dass es noch eine andere darüber gibt.

    Die Demütigungen, die er als Kind erlebt hat, die Scham ob seiner bescheidenen Herkunft, aber auch die Wut auf die Eltern, die ihm nicht das gegeben haben, was andere ihren Kindern mitgeben – all das treibt ihn an und immer weiter. Zugleich kann er das Gefühl nicht ablegen ein Eindringling zu sein, nie wirklich dazuzugehören. Am Ende ist nichts mehr von dem kleinen Eddy übrig, als er plötzlich doch wieder alles infrage stellt.

    Das Thema des sozialen Aufstiegs ist seit einigen Jahren in autofiktionalen Romanen in Frankreich wie auch in Deutschland populär. Christian Baron schildert seinen Weg in „Ein Mann seiner Klasse“, Deniz Ohde in „Streulicht“ die komplexe Beziehung zum Vater, nachdem sie sich als Kind entfernt hat. Jenseits der Grenze setzen sich beispielsweise der bereits erwähnte Eribon in „Retour à Reims“ oder Annie Ernaux etwa in „La Honte“ mit der Frage von Herkunft, Identität und den sozialen Klassen auseinander. Sie alle zeigen, dass Bildung allein nicht ausreicht, wie sehr die Herkunft prägt und dass nur ein Bruch mit dieser zu dem tatsächlichen Aufstieg führen kann – ein Preis, der hoch ist. Mit einigen Jahren Abstand erkennt das auch Édouard Louis, weshalb seine Bücher nicht nur seine Therapie sind, sondern auch eine Gesellschaftskritik, die nachdenklich stimmt und für Deutschland genauso wahr ist, wie für Frankreich.

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  • 5 Sterne

    skandinavischbook, 03.09.2022

    Als Buch bewertet

    Inhalt:
    Dieses Buch ist die Geschichte des Jungen Eddie und zugleich die Geschichte des Autors selbst. Dieser wächst als Kind in Armut in einem Dorf in Nordfrankreich auf. Sein Leben ist nicht nur von Hunger und der Einfachheit des Dorflebens geprägt, sondern auch von der Suche nach sich selbst und der Angst vor der eigenen Sexualität. Denn während Eddie noch ein Kind ist, kreuzt immer wieder eine Bezeichnung, welche ihm als Beleidigungen gegenübertritt, sein junges Leben, schwul...
    Während er versucht Freundschaften zu knüpfen, kreuzen unterschiedlichste Frauenfiguren sein Leben. Eine Bekanntschaft soll ihm den Weg zu Kultur und Bildung ebnen. Während dieser Zugang gelingt, ändert dieser seine Kleidung, revolutioniert seine Art zu Reden und zu Denken und aus Eddie wird Édouard.
    Während ihm Bildung neue Chance ermöglicht, wird die Kluft zwischen seiner Familie immer tiefer. Denn Bildung und Kultur bedeuten nicht nur Freiheit, sondern auch die Last geliebtes oder gehasstes mit anderen Augen sehen zu müssen....

    Meine Meinung:
    Der französische Schriftsteller Édouard Louis ist in meinen Augen einer der geistreichsten und großartigsten Schriftsteller unserer Zeit und es gibt kaum einen Autoren, den ich für seine Art zu schreiben so sehr bewundere wie ihn!

    Wie Louis es versteht über sein eigenes Leben, mit einer solchen Kraft und schonungslosen Ehrlichkeit zu philosophieren und dabei eine Sprache zu finden, die so empathisch und voller Schönheit ist, ist ein Geschenk, welches nur wenigen Autoren zutage ist. Denn dieser nimmt kein Blatt vor den Mund, macht sich vor dem Leser komplett nackt, ungeschönt und doch in seiner Fragilität, voller Kraft, die niemals trivial wirkt, sondern ein erhebliche Relevanz beinhaltet.

    Er beschreibt Veränderungen im Menschen, die Diskrepanz ein anderer zu werden und dabei das Alte zu verlieren, das Streben nach Bildung und Anerkennung und der Fremdheit, er beschreibt die Dinge, die man fühlt, die man sich denkt und die man auszusprechen, entweder nicht mutig und verwegen genug, oder diese zu denken nicht einmal im Stande gewesen war.

    Ein Autor der eine solche makellose und so einfach wirkende Sprachgewalt besitzt, die niemals schwer wirkt, sondern stets aus tiefstem Herzen geschrieben und dabei die Klarheit nie verliert. Ein Buch mit großen Emotionen, welches mich bewegt hat, mich nachdenken und dann bewundernd zurückließ.

    Mein Fazit:
    Die Magie, die die Werke von Édouard Louis besitzen, kann man eigentlich nicht beschreiben, sondern man sollte sie selbst lesen. Denn in meinen Augen sind diese ein Glücksfall, moderne Klassiker, die eine Bereicherung darstellen, für jeden der gute und kluge Literatur zu schätzen weiß.

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  • 5 Sterne

    Maria B., 06.09.2022

    Als Buch bewertet

    Durch die Nacht zum Licht
    Ein dreißigjähriger Mann blickt auf seine Anfänge in einem nordfranzösischen Dorf und sein bisheriges Leben zurück. Mit dem Stigma der Armut versehen (aber arm waren andere Dorfbewohner auch), weit schwerwiegender jedoch mit dem der Homosexualität durchlebte er eine äußerst schwierige Kindheit.
    Daraus will er sich befreien, und es gelingt dem Jugendlichen, sich Stufe für Stufe emporzuarbeiten. In den ersten Jahren fördern ihm Helena und ihre Familie in Amiens und statten ihn mit dem wichtigsten Knowhow aus. Doch auch sie muss er hinter sich lassen, wenn er in Paris den Aufstieg schaffen will.
    Per aspera ad astra, von der Widerwärtigkeit zu den Sternen, so zeichnet Edouard Louis seinen Weg. Es ist eine gewaltige Leistung, immer wieder Bestnoten zu erreichen, sich zu Eliteschulen vorzukämpfen, sich mehr als seine Mitbewerber der Zulassungen würdig zu erweisen.
    Er setzt sich in entbehrungsreichen Jahren mit eisernem Willen durch, doch wird ihm sein Elternhaus immer fremder. Seine Eltern können bald nicht mehr mit ihm Schritt halten und fühlen sich von ihm verachtet. Er meidet sie, auch wenn er sie liebt. Selbst dieser Konflikt macht ihm schwer zu schaffen. Veränderung bedeutet auch viel Verlust.
    In einer gepflegten Sprache, temporeich, farbig, lebendig schildert Edouard Louis seine schmerzhafte Metamorphose. Wenn das Leben Veränderung bedeutet, dann ist das seine ein Paradebeispiel. Selbst aus seinem Geburtsnamen Eddy Bellegeule (schöne Fresse) schält sich der junge Mann heraus.
    Einige Punkte kommen mir unwahrscheinlich vor, etwa dass bereits die Mitschüler des Erstklässlers sein Schwulsein erkannt oder dass Helenas Eltern es geduldet haben sollen, wenn die beiden Teenager im selben Bett schliefen. Doch es ist ein Roman, also muss nicht alles mit der Wirklichkeit übereinstimmen.
    Mir gefällt, wie das Werk durchstrukturiert ist. Es beginnt gleich schon mit zwei Prologen und ist in vier Teile portioniert, die zugleich die vier wichtigsten Abschnitte in Edouards Leben darstellen. Zahlreiche Fotos ergänzen den Text.
    „Anleitung ein anderer zu werden“ ist ein Buch, das jungen und sicher auch älteren Menschen Mut macht, ihren eigenen Weg zu finden und ihn unbeirrt zu gehen.

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  • 5 Sterne

    Leseratte54, 26.09.2022

    Als Buch bewertet

    Selbstverwirklichung fordert Opfer!

    Am 6. September 2022 erschien im Aufbau Verlag der Roman Anleitung ein anderer zu werden von Edouard Louis. Das Cover des 272 seitigen Romans zeigt einen Mann mit vollem, akurat geschnitten Hinterschopf und feiner Kleidung.

    Edourd wächst in einem Dorf auf in dem weder die Literatur noch das feine gesellschaftliche Leben Frankreichs eine Rolle spielt. Seine Kindheit ist geprägt von Einfachheit, Spott und Angst, denn schon in frühster Kindheit merkt er, dass er anders ist. Sein Anderssein in Form der Homosexualität bemerken auch die anderen und gerade die machen Edouard das Leben schwer. Erst als er auf die weiterführend Schule kommt und Elena kennenlernt merkt er, dass er mit ihrer Hilfe den vermeintlichen gesellschaftlichen Einstieg findet. Seine Rastlosigkeit steht ihm allerdings im Weg und so lernt er im weiteren Verlauf immer wieder Menschen kennen, die seine Vorbilder werden. Diese Vorbilder tragen dazu bei, dass Edouard keine Beständigkeit in seinem Leben erfährt und die gesellschaftliche Treppe bis nach ganz oben besteigen möchte.

    Mir hat der Roman sehr gefallen. Besonders gut fand ich die kurzen Überschriften, die einen kleinen Hinweis auf den Ort oder die Situation oder das Geschehen gaben. Die einzelnen Kapitel sind relativ kurz gehalten und sind literarisch anspruchsvoll geschrieben. Jeder einzelne Satz enthält so viel mehr als nur ein paar Wörter. Die seichte Erzählung steckt voller Tiefe und Emotionen. Der Autor hat mit sehr viel Feingefühl sehr bildlich darstellen können, wie das Leben bzw. der Werdegang des Edouard gelaufen ist.

    Gerne bewerte ich den Roman mit 5 von 5 Sternen.

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  • 5 Sterne

    begine, 06.09.2022

    Als eBook bewertet

    Ein Weg zu sich selbst

    Der französische Schriftsteller Edouard Louis beschreibt in seinem Roman, Anleitung ein anderer zu werden“,wie er den Sprung aus dem Dorf geschafft hat.

    Er macht seinem Vater Vorwürfe, weil sie so arm waren und in einem Dorf wohnten. Er wurde nicht gefordert zu lesen oder sich weiter zu bilden.
    Schon als kleiner Junge wurde er als Schwuli beschimpft.

    Er kam aufs Gymnasium und wohnte bei einer Freundin in der Stadt. Aber für seine Veranlagung war es noch nicht das Richtige. Bis er nach Paris kam.

    Teilweise fand ich seine Erinnerungen an seine Kindheit zu überzogen.
    Dann das sein Vater 1967 auf einem schmutzigen Sofa zur Welt kam, kommt mir nicht so glaubhaft vor.

    Edouard verstand es gut sich an Personen zu halten, z. B. seine Freundin. Das er schon früh bei der Familie einzog und die Mutter der Freundin über seine Mutter herzieht, fand ich eigenartig.

    Der Schreibstil ist aber klasse. Das er mir zu viel jammerte, ist da wohl mein Problem. Ich mache aus allem das Beste und kann das nicht so verstehen.

    Trotzdem ist das ein guter Roman, den ich gerne weiter empfehle.

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  • 5 Sterne

    1 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    yellowdog, 06.09.2022

    Als Buch bewertet

    Entwicklungsroman der etwas anderen Art

    Edouard Louis schreibt immer autofiktional. Sein Leben ist sein Thema.
    Eddy will ein anderer werden, um dem bisherigen Leben zu entkommen.

    Es ist die Flucht vor der Armut und der Scham, die ihn in seiner Kindheit und Jugend in einem nordfranzösischen Dorf prägten.

    Ein paar Jahre lebte er mir Elena zusammen, die ihn mit Büchern, anspruchsvollen Filmen und Kultur vertraut macht. Gegenüber Elena öffnet und outet er sich schließlich sogar.

    Eddy nennt sich jetzt Edouard. Schließlich geht er nach Paris, doch Geld hat er nicht. Deshalb prostituiert er sich sogar.

    Durch das Lesen und Schreiben findet er zu sich, das treibt ihn an und das gibt ihm Hoffnung auf ein besseres, abgesichertes Leben.

    Edouard Louis schreibt ehrlich, schmerzhaft ehrlich. Das gibt dem Buch etwas gnadenloses. Die Härte macht die Radikalität des Buches aus.

    Am Ende aber stehen die Abschnitte von Edouard Louis über seine Bücher. Das gibt der Anleitung dann doch noch etwas versöhnliches.

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  • 5 Sterne

    Lesemaus 34, 08.09.2022

    Als Buch bewertet

    Meinung:
    Für mich ist dieses Buch wahrscheinlich das stärkste und beeindruckendste, welches ich in diesem Jahr lesen durfte und es hat mich dazu gebracht, dass ich alle Bücher des Autors lesen möchte.

    Dieser erzählt in "Anleitung ein anderer zu werden" von seinem Leben in Armut, konfrontiert mit anfänglichem Mobbing, der Gewissheit der eigenen Homosexualität und dem Streben nach Bildung und dem Wunsch nach Anerkennung, aber auch die daraus resultierende Abspaltung von der eigenen Heimat und den eigenen Wurzeln.
    Nicht nur die unheimliche Sprachgewalt des Autors, die stets sehr gewählt und sanft wirkte, aber nie konstruiert, sondern wie ein natürlicher Fluss sind mehr als herausragend und zu tiefst beeindruckend, aber auch seine intellektuelle, sehr differenzierte und schonungslose Sicht auf das Milieu und seine eigene Person, sind oft emotional nicht leicht zu verarbeiten und geben einem noch lange Stoff, um darüber nachzudenken.

    Ein sehr geistreiches, literarisch famoses Buch, welches ich jedem ans Herz legen kann!

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  • 5 Sterne

    Xana, 06.11.2022

    Als Buch bewertet

    Anleitung ein anderer zu werden beschreibt die frühe Geschichte eines jungen Mannes und seiner Verwandlung von einem armen Kind zu einem erfolgreichen Schriftsteller.
    Eddy ist ein homosexueller Junge aus einem nordfranzösischen Dorf, aus einer Familie mit zu wenig Geld. So wie er ist, wird er im Dorf nicht akzeptiert, und er merkt bereits früh, dass er sich ändern muss, um sein zu können. Dafür tut er sehr viel und nicht immer ist das, was er tut, moralisch einwandfrei.
    Der Schriftsteller beschreibt in einem sehr angenehmen und fließenden Stil seine Kindheit und Jugend, seine Verwandlung und seine vielen Zweifel. Er schafft es, sehr eindrucksvoll seine innere Welt zu zeigen und beschreibt sehr deutlich Missstände unserer modernen Klassengesellschaft. Gnadenlos wird aufgezeigt, welche Dinge schief laufen und wie das Leben in Armut in Realität aussehen kann.
    Das Buch ist ein sehr lesenswertes und eindrucksvolles Werk mit einem besonderen Hauptcharakter.

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  • 5 Sterne

    Anja K., 17.09.2022

    Als Buch bewertet

    ein buch das mich gefesselt hat. sehr interessant und bewegend wird hier das leben dieses mannes beschrieben. durch die autobiographische komponente dieses romanes ist einerseits das wissen um das tatsächlich passierte, andererseits das gut geschriebene und zu lesende kombiniert. äusserst beeindruckend ist alles geschildert. die gedanken und gefühle, die handlungen, das leben an sich. viele jahre werden aufgezeigt mit all ihren höhen und tiefen. wie er sich aus dem alten löst um neu zu werden, ein besseres leben zu finden. wie er alles mögliche ausprobiert um seines zu finden, um sich zu finden. er will das schlechte loswerden und zum guten kommen und wie es ihm auf diesem weg geht, ist eindrucksvoll beschrieben. man erkennt gut die unterscheide zwischen arm und reich und was das mit einem machen kann. regt auf jeden fall zum nachdenken an und ist absolut lesenswert.

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  • 5 Sterne

    Aleyna S., 04.10.2022

    Als Buch bewertet

    Meinung: Ehrlich gesagt wusste ich Anfangs nicht, dass es sich bei diesem Buch um eine Biografie handelt und bin jetzt einfach nur sprachlos. Ich musste die Geschichte von Edpuard Louis erst mal sacken lassen.

    In diesem Buch geht es um die Geschichte von Edouard Louis. Er berichtet über sein Leben, über seine Erfahrungen.. Er berichtet darüber, wie er sich ständig immer wieder verbessern wollte, mehr erreichen wollte und im Grunde auch, sich beweisen wollte..

    Der Schreibstil ist unfassbar. Die Geschichte ist total emotional, mitreißend und manchmal sogar auch bedrückend. Man hat von Anfang an mitgefühlt und hat gehofft, dass er ganz bald zu sich selbst findet, das er da ankommt, wo er sich selbst sieht und das er glücklich wird..

    Fazit: Ich kann es Euch nur weiterempfehlen. Seine Geschichte sollte gehört und gelesen werden.

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  • 4 Sterne

    Isabell R., 09.09.2022

    Als Buch bewertet

    Ein sehr selbstreflektiertes und starkes autofiktionales Werk, das sich von seinen vorherigen abhebt

    »Sie waren in einer anderen Welt als unserer aufgewachsen, und durch sie entdeckte ich nicht so sehr meine Klassenzugehörigkeit, denn die war mir im Prinzip immer bewusst gewesen, sondern, was meine Klassenzugehörigkeit konkret bedeutete.« (S.38)

    In seinem neusten Buch »Anleitung ein anderer zu werden« schreibt der 1992 geborene Autor Èdouard Louis über seine persönliche und gesellschaftliche Veränderung von Eddy Bellegueule zu Èdouard. Der in extremer Armut aufgewachsene Autor verspürt nicht zuletzt aufgrund der erlebten Klassenunterschiede und Diskrimminierungserfahrungen ein intensives Verlangen, ein anderer werden zu müssen. Mit dem Wechsel aus das Gymnasium in Amiens beginnt die Transformation getrieben vom Veränderungswillen und Selbst(-er-)findungsprozess: Freundschaften und Bekanntschaften prägen diesen Prozess und verschiedene Freund:innen dienen ihm solange als Vorbild und Ziel seines Strebens bis sie vom nächst höheren abgelöst werden.

    »Alle Leben zu leben, war meine Rache für die Tatsache, dass man mir bei der Geburt einen bestimmten Platz zugewiesen hatte.« (S.208)

    Der Autor schreibt Passagen fiktiv an seinen Vater, führt Spiegelselbstgespräche und imaginäre Aussprachen mit zwei seiner zerbrochenen Freundschaft (Elena & Didier). Er geht dabei selbstkritisch und schonungslos mit sich selbst, seinen Gedanken, Streben und Verhalten ins Gericht. Die Passagen lesen sich dabei teilweise wie eine Danksagung, teilweise wie eine Entschuldigung an diese Personen, die er auf seiner persönlichen Transformation zurückgelassen hat.

    Nach »Das Ende von Eddy« (2014), »Im Herzen der Gewalt«(2016), »Wer hat meinen Vater umgebracht«(2018) und »Die Freiheit einer Frau« (2021) ist »Anleitung ein anderer zu werden« (2022) das fünfte Buch des jungen französischen Autors, in dem er autofiktional über seine Herkunft, seine Familie, sein Leben und seine Entfremdung schreibt. In diesem Werk schreibt er darüber jedoch als Flucht und Abwendung von seiner Familie und Herkunft - angetrieben von Rache- und Schamgefühlen über seine Herkunft und erlebten Diskrimminierungserfahrungen aufgrund seiner Homosexualität.

    Ein emotionales, sehr selbstreflektiertes und starkes Buch des Autors, das beeindruckend zeigt, wie viel persönliche Transformation kosten kann.

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  • 4 Sterne

    forti, 21.03.2023

    Als Buch bewertet

    Nach "Abschied von Eddy" blieb bei mir die Frage, wie Édouard Louis den Ausbruch aus den dort beschriebenen hoffnungslosen Verhältnissen eigentlich genau geschafft hat. Diese Frage wird nun in "Anleitung ein anderer zu werden" beantwortet. Zeitlich schließt es an "Eddy" an und beschreibt, durch welche Begegnungen und Zufälle er, nachdem er als Teenager das Dorf und seine Familie verlässt, seinen Weg bishin in teils absurd elitäre Verhältnisse gefunden hat. Damit hat das Buch eine andere Stimmung als "Eddy". Gegenüber seinen Eltern schlägt er versöhnlichere, verständnisvollere Töne an, das Dorf kommt nur am Rande vor – nicht mehr als Mittelpunkt des Lebens, sondern als Gegenpol zum neuen bzw. zukünftigen Leben, als Anreiz, aufzusteigen und dort nie wieder leben zu müssen. Insgesamt ist "Anleitung ein anderer zu werden" weniger düster als der Vorgänger, die Aussicht auf eine positive Zukunft ist immer spürbar. Aber auch ein rastloses Streben nach weiterem sozialen Aufstieg und materieller Sicherheit ist immer da – so zieht es ihn dann, nachdem er auf dem Gymnasium und an der Uni in Amiens schon mehr erreicht hat, als die meisten erwartet hätten, nach Paris auf eine Elite-Universität. Nur so scheint es ihm sicher, das Dorf endgültig hinter sich lassen zu können. Der Weg, den Édouard Louis durchläuft, ist eindrucksvoll, auch wenn ich mich bei allem Respekt vor so viel Mut, Kraft und Ehrgeiz manchmal frage, ob er sich dabei nicht etwas zu sehr von anderen beeinflussen lässt – ein Dilemma, das ihm aber auch selbst bewusst zu sein scheint. Bleibt zu hoffen, dass er irgendwann ankommt.

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  • 4 Sterne

    Leser100, 15.09.2022

    Als Buch bewertet

    In seinem Buch "Anleitung ein anderer zu werden" beschreibt der Autor Eduouard Louis sein eigenes Leben. Beginnend in seiner Kindheit in einer sozial äußerst prekären Situation bis hin in sein frühes Erwachsenenalter erfahren wir seinen Aufstieg von der Unterschicht bis in die gehobenen Kreise der französischen Gesellschaft. Sowohl innere als äußere Widerstände muss er dabei überwinden. Eine schier unglaubliche Wandlung vollzieht sich. Eine moderne soziale und psychische Odyssee eines Jugendlichen.
    Der Roman hat einen guten eindringlichen Schreibstil. Die Kapitel sind alle recht kurz und schnell zu lesen.
    Was mich etwas irritiert hat ist die Offenheit mit der der Autor seinen eigenen Werdegang und seine nicht sehr rühmliche Herkunft samt der weiteren Personen, die dabei vorkommen, beschreibt. Äußerst private Details samt privaten Fotos seines ehemaligen Wohnhauses und Bilder seiner Kindheit und Jugend werden gezeigt. Ich finde die Fotos etwas deplatziert und hätte sie daher weggelassen.
    Das Cover gefällt mir überhaupt nicht, es wirkt auf mich mit dem Blick auf einen Hinterkopf abweisend.
    Insgesamt ein gut geschriebener autobiografische Roman mit bedrückende Stimmung.

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  • 4 Sterne

    lustaufbuch, 21.09.2022

    Als Buch bewertet

    Ein neues Leben beginnen
    Der mittlerweile sehr bekannte sowie erfolgreiche Autor Édouard Louis schreibt in seinem neuesten Roman "Anleitung ein anderer zu werden" darüber, was es kostet das eigene Leben selber in die Hand zu nehmen und zugleich ein neues Leben zu beginnen.
    Das Cover dieses Buches ist etwas verschwommen gestaltet, doch zeigt dieses eine Fotografie oder einen fotografisch gemalten Hinterkopf eines jungen Mannes, über welchem in fast neongrünen Schriftzügen der Name des Autors steht und im Gegensatz dazu relativ klein der Titel des Buches.
    In diesem Roman erzählt Louis die Geschichte eines jungen Mannes, welcher in seinem Leben schon extrem viel erlebt hat, zumeist negative Ereignisse wie eine Kindheit in Armut. Doch es ist nie zu spät sein Leben zu ändern, selber in die Hand zu nehmen und ein besseres daraus zu machen und genau dieser Weg von unten nach oben, mit Hürden und Freuden, wird in diesem Buch beschrieben.

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