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  • 5 Sterne

    3 von 3 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Diamondgirl, 15.02.2017 bei bewertet

    Der Debüt-Roman Betrunkene Bäume von Ada Dorian ist m. E. nicht so einfach zu rezensieren, ohne zu viel vom Inhalt zu verraten. Das Buch ist in verschiedenen Erzählsträngen unterwegs.
    Es beginnt ca. 1960 in einer kleinen sibirischen Stadt. Wolodja lebt dort als Obdachloser. Auf der Suche nach einem Job wird er an einen Deutschen vermittelt, der ihn als eine Art Scout für die sibirischen Wälder anstellt.
    Der nächste Teil handelt zeitnah: Erich ist bereits jenseits der 80 und muss seinem fortgeschrittenen Alter immer mehr Tribut zollen. Er sieht nur noch sehr schlecht und seine Knochen machen auch nicht mehr richtig mit. Zudem wohnt er auf der 5. Etage (ohne Aufzug) und das alleine. Sehr zum Missfallen seiner Tochter Irina, die sich immer mehr Sorgen um ihren Vater macht. Vor allem, weil er starrköpfig jegliche Hilfe ablehnt. Was niemand ahnt: In seinem Schlafzimmer hat er einen einen eigenen kleinen Wald angelegt, von dem niemand erfahren darf, weil dies sicher dazu führen würde, dass er die Wohnung räumen müsste. Daher schließt er sein Schlafzimmer sorgfältig ab, wenn er es verlässt. Erich braucht und liebt die Bäume. Nur unter seinen Bäumen kann er ruhig schlafen.
    Der dritte Erzählstrang handelt von Katharina, die kurz vor der Volljährigkeit zuhause ausreißt, weil ihr Vater die Familie verlassen hat, um in Sibieren zu arbeiten. Katharina kommt mit dieser Situation nicht zurecht, obwohl sie weiß, dass die Familie schon länger keine echte mehr ist. Die Eltern arbeiten zu unterschiedlichen Tageszeiten und gemeinsame Stunden finden kaum noch statt. Um nicht in Obdachlosigkeit zu enden zieht sie in eine verfallene Wohnung eines Bekannten, als direkte Nachbarin von Erich.
    Die Gemeinsamkeit bildet eindeutig Sibirien, die unermessliche Weite des Landes mit seinen kaum durchdringlichen, dichten Wäldern. Katharina, die wissen will, wo sich ihr Vater dort genau aufhält und Erich, der Jahrzehnte zuvor monatelang mit einem Einheimischen diese endlosen Wälder durchstreifte und dort seine Frau Dascha kennen lernte, die er so unendlich vermisst. Damals lud er Schuld auf sich, die er sich selbst nicht verzeihen kann.
    Mehr möchte ich ungern vom Inhalt verraten, denn vieles erschließt sich ja erst im Laufe der Lektüre. Nur noch so weit, dass Katharina und Erich sich anfreunden, wenngleich es eher fast eine Art Zweckgemeinschaft ist.

    Dieses Buch ist in einer wundervollen Sprache verfasst. Wie von einem ruhig fließenden Strom wird man einfach mitgenommen, vorbei an ganz wunderbaren Bildern der Landschaft Sibiriens und seiner Bäume, mancher poetischen Beschreibung und immer ausgesprochen einfühlsam, geradezu vorsichtig in den Schilderungen. Dabei ist die Handlung selbst total unaufgeregt und fließt einfach vor sich hin, wobei sich das Wesen und die Geschichte Erichs immer mehr entschlüsselt.
    Dabei wechseln die jeweiligen Erzählstränge regelmäßig, was jedoch keine großen Schwierigkeiten bereitet. Man erahnt sehr bald, wo man sich gerade befindet. Hervorragend waren die Passagen von 1960. Obwohl die Landschaft mehr als unwirtlich war ist doch alles mit so viel Liebe zum Detail und Fabulierkunst geschrieben, dass man sich tatsächlich wünschte, dabei zu sein.
    Das Ende des Buches war mir persönlich etwas zu abrupt - hier hätte ich der Geschichte gute 30-40 Seiten mehr gewünscht, um es ruhiger und in sich stimmiger ausklingen zu lassen. Doch dieses Manko reicht nicht, um diesem beeindruckenden Buch einen Stern abzuziehen. Ich hoffe, Ada Dorian wird auch in Zukunft so wunderbare Bücher schreiben!
    Fazit: Wer es ruhig mag ist hier bestens versorgt! Ein rundum empfehlenswertes Buch und ein sehr eindrucksvolles Debüt!

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  • 5 Sterne

    11 von 20 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Silvia K., 21.02.2017

    Auch für mich "Ein wunderschöner, ein perfekter Text"

    Der Roman "Betrunkene Bäume" von Ada Dorian hat mich sofort in seinen Bann gezogen. Der Hardcovereinband mit Schutzumschlag und das Lesebändchen sind sehr hochwertig. Das Cover ist interessant gestaltet, vielleicht gerade wegen der "schrägen" Art nimmt man es in die Hand. Auch der Titel wirkt seltsam, dabei gibt es "betrunkene Bäume" tatsächlich, wie der Leser auf S. 139 erfährt. Es geht dabei um den Klimawandel, speziell um den Permafrostboden in Sibirien, durch dessen Schmelze Stämme an Halt verlieren und kippen, weil die Wurzeln den gewohnten Halt nicht mehr finden.

    Die Geschichte beginnt mit drei Handlungssträngen, die nach und nach ineinander laufen. Dabei spielen drei Personen eine Hauptrolle:
    - Wolodja, ein Obdachloser in Sibirien, von dem man lange nicht viel erfährt. Er hat Erich vor vielen Jahren durch die Taiga geführt. Diese lernte er wie seine Westentasche kennen, als er Waldarbeiter war und schließlich aus der Gefangenschaft floh. Seitdem besteht sein Leben nur aus Flucht.
    - Erich, der als junger Wissenschaftler eine Expedition durch die Taiga unternahm. Nach der Rückkehr unterstützt er die Forschungsarbeit bis heute von Deutschland aus. Man liest Erinnerungen an frühere Zeiten von ihm und lernt den inzwischen über achtzig jährigen und gebrochenen Mann kennen, der zunehmend seine Unabhängigkeit verliert, sich fremdbestimmt und einsam fühlt. Seine Familie ist vor einigen Jahren zerbrochen, nur seine Tochter schaut ab und zu kurz nach ihm. Er ist mehr oder weniger gefangen in seiner Wohnung, die er eigenständig kaum noch verlassen kann. Seine einzige Freude ist die nach wie vor bestehende telefonische Verbindung nach Sibirien und sein Wald, den er im Schlafzimmer gepflanzt hat.
    - Katharina, ein Teenager, deren Familie ebenfalls zerbrochen ist. Ihre Eltern leben schon lange aneinander vorbei, schließlich beschließt ihr Vater, nach Sibirien zu gehen um dort beim Bau einer Pipeline zu helfen. Katharina hängt sehr an ihm und reißt von zu Hause aus, geht nicht mehr zur Schule, bekommt über einen Bekannten eine schäbige Wohnung gegenüber der von Erich, und so beginnt eine ungewöhnliche Freundschaft zwischen den beiden. Beide ziehen ihre Lehren daraus, aber leider nur für einen der Beiden enden sie glücklich...

    Mir hat der Roman außerordentlich gut gefallen. Der Schreibstil der Autorin war sehr angenehm zu lesen, die Geschichte ließ mich gar nicht mehr los, so dass ich sie an nur einem Tag verschlungen habe. Die früheren Erlebnisse in der Taiga sind sehr interessant und spannend dargestellt, zumal es sich auch um einen Ort handelt, von dem man sonst nicht ließt. Die Szenen dort waren für mich sehr bildlich beschrieben, die ganze Geschichte ist sehr stimmig. Die Personen sind gut ausgearbeitet, allen voran Erich, mit dem ich sehr mitfühlen konnte. Die Themen Familie, Heimat, Entwurzelung und Schuld sind im Roman wichtige Bausteine, deren Umsetzung mir sehr gut gefallen hat. Für mich hätte die Autorin den Roman sogar noch mehr ausschmücken können und gerade was die Schuld, die Erich auf sich geladen hat, und warum er nicht nach Sibirien zurück kehren wollte, betrifft, wären noch ein paar Informationen mehr hilfreich gewesen. Trotzdem bin ich begeistert und kann mich der Meinung aus der Jury des Bachmann-Preises nur anschließen: "Ein wunderschöner, ein perfekter Text".

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  • 4 Sterne

    2 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Leseratte, 08.04.2017 bei bewertet

    Unter dem Titel konnte ich mir anfangs nichts vorstellen und er machte mich gleichzeitig neugierig auf das Buch.
    Die Gestaltung des Buches gefällt mir sehr gut. Es handelt sich um ein Hardcoverbuch mit Schutzumschlag, welcher sehr gut zum Titel des Buches passt. Das Format des Buches ist handlich und es besitzt ein praktisches Lesebändchen.
    Erzählt wird die Geschichte von Erich, Katharina und Wolodja. Bäume spielen in ihrem Leben eine besondere Rolle. Jeder von ihnen hat mit Problemen zu kämpfen. Erich kämpft mit den Beschwerden des Alterns und manchmal mit seiner Tochter , die ihn unbedingt in einem Altersheim unterbringen will. Katharina ist von zu Hause abgehauen, weil sie ihren Vater so sehr vermisst und mit der Mutter nicht so gut klar kommt. Und Wolodja muss um sein Überleben kämpfen. Als Katharina in die Nachbarwohnung von Erich einzieht, entwickelt sich daraus eine ganz besondere Beziehung.
    Ada Dorian hat einen ganz bezaubernden Schreibstil. Einfühlsam beschreibt sie die verschiedenen Charaktere. Erich und Katharina waren mir sehr sympathisch. Durch Rückblicke erhält man einen Eindruck über das vorherige Leben von den Charakteren. Kurze , unverschachtelte Sätze bereiten mir Freude beim Lesen. Man ist sofort mitten in der Geschichte drin und man möchte gar nicht mehr mit dem Leasen aufhören. Schade, dass das Buch so dünn ist.

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  • 3 Sterne

    3 von 4 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    XYZ, 25.02.2017

    Tolle Idee für ein Buch aber nur mittelmäßige Umsetzung, man hätte mehr daraus machen können.
    Mir hat etwas die Spannung gefehlt, und man hätte viel mehr Emotionen und Hintergründe in die Geschichte packen sollen, damit diese für mich interessant zu lesen wäre. Ich brauche immer einen gewissen Unterhaltungsgrad in Büchern - zu trockene Geschichten sind nichts für mich. Dennoch glaube ich, dass dieses Buch den Geschmack von anderen Lesern sehr wohl treffen kann.

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  • 5 Sterne

    30 von 50 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Philo, 24.02.2017

    Der Titel hat mich neugierig gemacht. Was sind betrunkene Bäume? Ich wollte eine Aufklärung und habe sie bekommen. Dieses Phänomen gibt es nur in Sibirien. Die Auflösung hierzu gibt es im Buch. Der junge Wissenschaftler Erich will dieses Phänomen ergründen. Mit einem Forschungsauftrag reist er nach Sibirien, um die Bodenbeschaffenheit zu untersuchen. Da er weder die russische Sprache spricht noch sich in Sibirien auskennt, heuert er den aus einem sibirischen Gefangenenlager geflohenen Häftling Wolodja an. Gemeinsam durchkämmen sie die unendlichen Wälder Sibiriens bis sie sich eines Tages verlaufen haben und deshalb für lange Zeit aneinander gebunden sind..

    Die Geschichte springt in der Zeit hin und her. Wir erleben Erich in Sibirien und im Heute zurück in der Heimat. Erich ist jetzt alt und seine körperlichen und geistigen Kräfte lassen nach. Er will das nicht wahrhaben, aber seine Tochter Irina sorgt sich um ihn und möchte ihm eine Pflegerin vermitteln oder einen Heimplatz für ihn suchen. Erich lehnt alles ab. Da lernt er die junge Katharina kennen, die in der Wohnung gegenüber lebt. Sie schließen einen Deal. Er braucht Hilfe, und sie benötigt Geld. Katharina ist von zu Hause ausgerissen, weil ihr Vater die Familie verlassen hat, um in Sibirien zu arbeiten. Sibirien ist das Bindeglied zwischen Erich und Katharina. Sie möche ihren Vater finden, aber Erich kann dorthin nicht zurückkehren, weil er dort, wie er glaubt, eine schwere Schuld auf sich geladen hat.

    In einer wunderbaren Sprache erzählt die Autorin die Geschichte ihrer Protagonisten. Beide haben den Boden unter den Füßen verloren, aber indem sie sich begegnen, können sie sich gegenseitig stützen. Für Katharina sind die Erzählungen Erichs über Sibirien ein Band, das sie beide verbindet und das Bindeglied zu ihrem Vater, von dem sie hofft, daß er wieder zur Familie zurückkehrt. Ein gelungener Debutroman, für den ich gerne eine Leseempfehlung ausspreche.

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  • 4 Sterne

    3 von 5 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Beate S., 04.03.2017

    aktualisiert am 04.03.2017

    Verwurzelung und Schieflage

    "Betrunkene Bäume" ist der Titel des unaufgeregten Debütromans Ada Dorian, der 2016 für den Ingeborg Bachmann Preis nominiert war.
    Betrunkene Bäume stehen in der sibirischen Taiga im Permafrostboden, sie entwurzeln und schwanken, wenn der Boden zu stark auftaut. Die Folge ist, dass sie durch schiefes Verwachsen das Ungleichgewicht auszugleichen suchen und in weitere Schieflagen geraten.

    Wie die Bäume geraten auch die beiden Protagonisten des Romanes, der über 80 Jahre alte Erich und die jugendliche 17-jährige Katharina, in Schieflage.
    Erich, der alte Professor eines Ost-Berliner Instituts, lebt alleine in seiner Wohnung, kämpft gegen das Altern an und versucht, trotz zunehmender körperlicher Schwäche und Eingeschränktheit seine Selbstbestimmung gegenüber der Tochter Irina zu bewahren. Er lehnt jegliche Unterstützung ab, außer die von Katharina, einer jungen Ausreißerin, die in der leergeräumten Wohnung gegenüber einen notdürftigen Unterschlupf gefunden hat. Katharina war gestrauchelt, als ihr Vater die Familie verließ, um in Sibirien zu arbeiten, und die Mutter konnte sie nicht halten. Erich hat früher für sein Institut auch in Sibirien geforscht, er hat die unermesslichen und wundervollen Baumlandschaften der Taiga im Herzen mit nach Hause gebracht, sie sind seither sein Lebensinhalt geblieben.
    Nach den ersten flüchtigen Begegnungen der beiden verwurzeln Erich und Katharina tief miteinander, ohne zwangsläufig danach gesucht zu haben. Erich muss sich mit Vergänglichkeiten und den oftmals herben Problemen des Alterns herumschlagen, Katharina ist wie ein junges Bäumchen im Wind gebeutelt und sucht für sich, richtige Entscheidungen zu treffen. Unbewusst helfen und stützen sie einander, Katharina wird angeleitet und wächst, Erich öffnet sich der jungen Frau und vertraut ihr seine Geheimnisse an.

    Die Autorin erzählt die Geschichte mäandernd, wechseln zwischen verschiedenen Zeitebenen und Orten. Allmählich erst bekommt man Einblick in Erichs früheres Leben und seine für ihn so eindrucksvolle Reise nach Sibirien, wo er mehr als ein halbes Jahr in den Wäldern verbrachte. Dort war er glücklich, er liebt die Bäume und spricht mit ihnen. Das verband ihn mit Wolodja, seinem damaligen wortkargem Scout und späterem Freund. Dort lernte er seine Geliebte und spätere Ehefrau Dascha kennen, die ihm nach Deutschland folgte.
    Der heutige Erich wirkt einsam, traurig und verlassen, geplagt von Alltagsproblemen und der übereifrigen und dennoch kühlen Fürsorge seiner Tochter, die ihn am liebsten ins Heim stecken würde - hier wird für meinen Geschmack stellenweise ein wenig zu dick aufgetragen, Klischee blitzt aus manchen Passagen hervor.
    Katharina fühlt sich von allen verlassen, vom Vater, der weit weg ist, von der Mutter, die seit Jahren einen ihr entgegengesetzten Tagesrhythmus hat und sämtlichen Mut und Stärke eingebüßt hat, und von ihrem Freund Felix, dem Streber, der im Gegensatz zu ihr aus gutbürgerlichen Verhältnissen stammt und sich von ihr abwendet. Das Straßenkind, dass durch die Hilfe und das Interesse für einen einsamen alten Mann sich selbst helfen kann und auf den Weg zurück findet. Für Katharina - ein bisschen zu blauäugig für das, was sie hinter sich hat, musste ebenfalls in meinen Augen ein bisschen zu viel Schablonenhaftes herhalten.

    Ich war dem Buch in der ersten Hälfte seltsam fern. Vielleicht lag es daran, dass der alte Erich und seine Probleme sehr viel Raum bekamen, mich hätte mehr interessiert, was aus seinem etwas planlosem Aufbruch in die Taiga geworden war. Vielleicht lag es aber auch an der bereits erwähnten Abdruckartigen Wiedergabe der Wirklichkeit. Ich war beim Lesen weder Erich noch Katharina wirklich nahe, wohingegen ich die Nebenfigur Wolodja als eindrucksvoll und greifbar dargestellt fand. Im zweiten Teil, wenn etwas mehr zu Erichs Erlebnissen in der Taiga erzählt wird und das Bild klarer wird, hat mir das Buch besser gefallen. Davon hätte ich mir mehr gewünscht.

    Trotz der angebrachten Kritik handelt es sich um einen sehr lesenswerten Roman, der sprachlich dicht und klar formuliert einen ungewöhnliche und stellenweise auch berührende Geschichte von Heimat, Entwurzelung, Freundschaft und Schuld zu erzählen hat. 3,5 Sterne vergebe ich dafür.

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  • 4 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Jenny V., 02.05.2017 bei bewertet

    „Es gibt Straßen in großen Städten, die sehen in hundert Jahren noch aus wie heute, weil sie bereits vor hundert Jahren so ausgesehen haben, dachte er. Und es gibt Straßen, die ihr Gesicht permanent verändern. Seine Straße gehörte zu der letzteren.“

    Inhalt

    Der in die Jahre gekommene Wissenschaftler Erich Warendorf, bemüht sich, seinen Lebensabend in der Abgeschiedenheit seiner Wohnung zu verbringen und arbeitet nach wie vor für ein Projekt in den unwirtlichen Regionen der Taiga, einer Landschaft, die ihn bereits in jungen Jahren ungemein gefesselt hat. Dort fand er nicht nur seine große Liebe, sondern auch einen echten Freund, der ihn durch die Wälder führte und ihn die wunderbare Natur, die Unabhängigkeit jahrhundertealter Bäume zeigte. Erich verlor im Lauf seines Lebens Frau und Freund und kämpft nun einen ungerechten Kampf gegen das Alter und seine Tochter, die ihn in ein Pflegeheim geben möchte. Nur die junge Nachbarin Katharina, ist die einzige, die er in sein Schlafzimmer lässt, in dem sich ein ganzer Wald befindet, die einzige, die ihn nicht bevormundet und mit der er sich seinen letzten Wunsch erfüllen möchte: Zurück nach Sibirien, dorthin, wo sein Herz immer noch weilt und die Menschen, die er liebt.

    Meinung

    In ihrem Debütroman schafft die junge deutsche Autorin Ada Dorian einen liebevollen Mikrokosmos, der intensiv und mit wunderschöner Sprache einen Lebensausschnitt zweier Menschenleben zeigt, denen ihre Einsamkeit und Sehnsucht nach der Ferne gleichermaßen vertraut ist, obwohl sie mehrere Generationen trennen. Besonders schön empfand ich die Interaktion der Protagonisten miteinander, ihr Einfühlungsvermögen und den damit verbundenen Tiefgang der Gefühle. Ein junges Mädchen, auf der Suche nach ihrem Vater und ein alter Mann auf der letzten Reise, die ihn zu den Wurzeln seiner Vergangenheit zurückführen wird.

    Die Geschichte findet auf mehreren Ebenen statt, die den Leser sowohl die Ereignisse der jüngsten Entwicklung zeigen, als auch die Ursachen, die weit zurückliegen in einer Zeit, in der Erich noch ein junger Mann war und sein Leben einen Verlauf nahm, dem er nun noch einmal folgen möchte. Beide Erzählstränge harmonieren miteinander, so dass der Leser dem Geschehen leicht folgen kann und sich die wenigen Protagonisten zu einem runden Leseerlebnis zusammenfinden.

    Im Zentrum dieser teilweise philosophischen Erzählung stehen sehr menschliche Verhaltensweisen, die sich damit auseinandersetzen, wie schwer es ist einen Neuanfang zu wagen, wie bedrückend die persönlichen Versäumnisse im Alter werden können und wie plötzlich und unerwartet sich diverse Fügungen des Schicksals einstellen können. Dennoch setzt die Autorin den Fokus auf ein selbstbestimmtes Entscheiden, auf eine willentliche Möglichkeit, das Beste aus dem Leben herauszuholen, auch wenn das im schlimmsten Fall bedeutet, Dinge im Nachhinein anders zu gestalten, sich selbst zu einer Rückkehr zu animieren.

    Fazit

    Ich vergebe 4,5 Lesesterne für einen stillen, doch ergreifenden Roman, der wichtige Inhalte vermittelt, über die es sich nachzudenken lohnt. Eine Geschichte über Menschen, die erkannt haben, dass sie nur dann perfekt funktionieren, wenn sie ein Gegenüber haben, einen anderen, dem sie vertrauen können und ein Lebensziel, welches sich nicht vorrangig auf die Selbstverwirklichung stützt, sondern auf die Liebe, die Aufrichtigkeit und die Integrität, zu der Menschen fähig sein können, wenn sie nur wollen. Ein tolles Leseerlebnis, dass mich weitgehend fesseln konnte, auch wenn ich mit dem etwas abrupten und vorhersehbarem Ende nicht ganz einverstanden war – gerne hätten es noch ein paar Seiten mehr sein dürfen.

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  • 4 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Xirxe, 26.02.2017 bei bewertet

    Der über 80jährige Erich ist verlassen von Frau und Kindern und lebt nur noch für 'seine' Bäume, die er als Wissenschaftler sein Leben lang untersuchte. Katharina, die gerade einmal 17 Jahre alt ist, fühlt sich verlassen von Vater und Mutter und ist nun Erichs Nachbarin. Sie lernen sich kennen und ganz langsam entsteht eine Vertrautheit zwischen den beiden so unterschiedlichen Menschen, von denen jeder die Hilfe des Anderen braucht. Sie sind sich ähnlicher als sie denken, denn beide wollen sie unabhängig sein, was sowohl Katharina wie auch Erich nicht möglich ist - wenn auch bei jedem auf andere Weise.
    Es ist kein großer Roman, den man hier auf etwas mehr als 260 Seiten liest. Erich versucht jeden Tag auf's Neue selbständig zu bleiben. Und Katharina bemüht sich, am Leben zu bleiben. Durch mehrere Erzählstränge lernt man die beiden Hauptfiguren genauer kennen, wobei aufgrund des höheren Alters meist die Vergangenheit von Erich dominiert. Was dieses Buch zu etwas Besonderem macht, ist die wunderbare Sprache der Autorin, in der ich mich sofort wohl fühlte. Es ist schwer zu beschreiben, denn weder findet man hier extrem bildhafte Darstellungen noch eine übermäßig poetische Wortwahl. Der Text ist schlicht mitfühlend und passt einfach perfekt zu den Figuren und den Geschehnissen, die er schildert. Man liest und liest und möchte nichts als weiterlesen, auch wenn man Katharina manchmal wegen ihrer Blauäugigkeit schütteln möchte oder Erich wegen seiner Sturköpfigkeit. Doch man lebt und fühlt mit ihnen und so ist es fast schon ein Gefühl der Trauer, wenn man die Beiden verlassen muss.
    Und warum trotzdem nicht die volle Punktzahl? Weil manche der Beziehungen nicht wirklich überzeugend wirkten. Wolodja soll Erichs bester Freund gewesen sein? Und von ihm hat er am meisten gelernt? Obwohl sie praktisch nicht miteinander geredet haben? Seine geliebte Frau Dascha lässt er einfach ziehen? Obwohl er Sibirien auch so liebt? Noch einige solcher Sachverhalte sind mir aufgefallen, die ich mir nicht erklären kann, was meine Freude am Text damit etwas minderte. Dennoch, ein schönes Buch! Und ich bin gespannt, was die Autorin als Nächstes schreibt.
    Übrigens, die 'Betrunkenen Bäume' gibt es tatsächlich, wenn auch nicht in Sibirien. Zumindest habe ich darüber nichts gefunden, doch einen Wald mit solchen Bäumen gibt es am Kurischen Haff. Auch wenn der Grund dafür offenbar ein anderer ist als im Buch.

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  • 4 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Mariola P., 13.02.2017 bei bewertet

    Erich ist über achtzig und langsam verliert er Kontrolle über sein Leben , seine Tochter Irina will ihn im Altesheim anmelden, aber er weigert sich, er muss sich um seine Bäume kümmern welche heimlich in seinem Schlafzimmer wachsen. Katharina eine 17- jährige Mädchen aus den Haus ausgerissen zieht in eine leere Wohnung neben Erich, der alte Mann macht ihr ein Angebot - sie soll sich um seine Wohnung kümmern, für ihn einkaufen und er zahlt ihr monatliche Lohn , langsam aber deutlich zwischen den beiden aus eine Zweckgemeinschaft wird ein Freundschaft ...


    Die Geschichte spielt auf zwei Zeitebenem - jetzt und in der Vergangenheit, wo Erich hat mit Wolodja durch die sibirischen Wälder gewandert , dort er hat die Liebe zu den Pflanzen, besonders zu den Bäumen und später zu Daria entwickelt . Die Gegenwart erzählt über der Alltag von einem alten Mensch und von einer Mädchen voller Sehnsucht nach ihren Vater und voller Hass auf ihre Mutter, die zwei Welten alt und jung prallen auf sich und bleiben fest verbunden durch die Sibirien.


    Die Personen sind sehr authentisch dargestellt , mit vielen Kanten und Schwächen, alt und jung " kämpft" um das Leben anders und  probiert auf eigene Art mit das Leben zu recht kommen . Erich hat das Leben schon hinter sich, Katharina steht am Anfang  - zwei Personen in unterschiedlichen Lebensphasen aber gleich einsam und verloren.


    Der Schreibstil ist angenehm zu lesen, sehr ruhig, melancholisch, poetisch, das Buch strahlt angenehme warme Töne welche überdecken hier manchmal zu langsame Tempo. Ada Dorian schreibt berührend. ehrlich und schonungslos über mit die Alter verbundenen Einschränkungen, die große Einsamkeit,  Verlust, Verlorenheit, Freundschaft und Liebe.

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  • 4 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    solveig, 23.02.2017 bei bewertet

    Symbolreich

    Die Rahmengeschichte ist einfach: der über 80jährige Rentner Erich wehrt sich gegen den Plan seiner Tochter Irina, ihn in einem Altersheim unterzubringen. Da er zunehmend Mühe hat, seinen Alltag selbst zu regeln, kommt ihm die Idee, sich von seiner neuen Wohnungsnachbarin Katharina helfen zu lassen. Und hier treffen nun zwei parallele Geschichten aufeinander, zwei völlig unterschiedlichen Menschen, denen nur ihre zunehmende Isolation gemeinsam ist und der Wunsch, einem geliebten Menschen nach Sibirien zu folgen. Integriert und verwoben mit dem Rahmen sind Erichs Erinnerungen und Träume, die weit in seine Vergangenheit zurück führen und den Leser spüren lassen, dass Ada Dorian selbst osteuropäische Wurzeln hat.
    In ihrem ansprechenden Stil und präziser Sprache erzählt die junge Autorin, wie Erich und Katharina versuchen, ihr Leben zu meistern. Sehr bildhaft schildert sie den Alltag des Rentners, der seinen Lebensinhalt, die Forschung, nicht völlig aufgeben und sich zurückziehen will, und seine Begegnung mit der 17jährigen Katharina, die im Begriff ist, aus Trotz und Kummer über den Weggang ihres Vaters und seine Arbeit im fernen Sibirien ihr altes, geregeltes Leben hinter sich zu lassen. Sie scheint wie einer der „betrunkenen Bäume“zu sein, von denen Erich ihr aus seiner Forschung berichtet: ein Baum, dessen Wurzeln den sicheren Halt im (Permafrost-)Boden verliert, dadurch seine Wuchsrichtung ändert und in Schieflage gerät. Doch ist der Titel, den Ada Dorian ihrem Debütroman gegeben hat, auch auf andere Charaktere ihres Buches anwendbar; denn Erich hat ein Geheimnis…

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  • 4 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    CanYouSeeMe, 11.03.2017 bei bewertet

    ‚Betrunkene Bäume‘ ist der erste Roman der Autorin Ada Dorian. Der Schreibstil war für mich sehr angenehm zu lesen, die verwendete Sprache war stimmig und passte zum Setting der Geschichte und hatte eine gewisse Tiefe in sich. Erzählt wurde die Handlung aus unterschiedlichen Perspektiven: aus Erichs, aus Katharinas und einige Male aus der Perspektive von Wolodja. Durch diesen Perspektivwechsel konnte man sich als Leser sowohl in Erich, als auch in Katharina hineinversetzen und sich in ihre Lage hineinversetzen. Man hat auch etwas mehr über den schweigsamen Wolodja erfahren, jedoch nicht so viel, dass ich mir ein detailliertes Bild von ihm machen konnte. Von den beiden Protagonisten Erich und Katharina konnte ich mir hingegen ein gutes und solides Bild machen.
    Die Handlung an sich hat mir gut gefallen. Die zentralen Themen, die immer wieder thematisiert werden sind Freundschaft, Heimat und Entwurzelung aber auch Schuld. Die Beziehungsgestaltung zwischen Erich und Katharina wurde sehr feinfühlig beschrieben, generell sind die Beschreibungen oftmals eher zart und nachdrücklich zugleich.
    Zum Ende des Buches sind bei mir noch relativ viele Fragen unbeantwortet geblieben, die durch das relativ offene Ende nicht mehr aufgegriffen wurden. Das ist schade, ich hätte mir gewünscht, dass die losen Enden noch aufgegriffen werden würden.
    Insgesamt hat mich ‚Betrunkene Bäume‘ gut unterhalten können und mir eine angenehme Lesezeit verschaffen können. Vollends überzeugen konnte mich das Buch jedoch nicht.

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  • 4 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Simone L., 23.02.2017 bei bewertet

    Ada Dorian erzählt die Geschichte vom über achtzigjährigen Erich, der so langsam nicht mehr alleine in seiner Wohnung zurecht kommt. Er ist einsam und trauert um die Liebe seines Lebens, die er als junger Forscher bei einer Expedition in Sibirien kennengelernt hatte. Doch damals lud er eine Schuld auf sich, die ihn bis heute daran hindert zurück in die Taiga zu gehen. Dann lernt er seine neue Nachbarin Katharina kennen. Sie ist von zuhause abgehauen, weil ihre Eltern sich getrennt haben und ihr Vater nun in Sibirien Pipelines baut. Durch diese Gemeinsamkeit finden die beiden zueinander und Katharina wird für Erich eine große Stütze. Beide fühlen sich entwurzelt, was den Bogen zum Titel des Buches schlägt.

    Zunächst fand ich die Geschichte von Erich nicht sonderlich interessant oder spannend. Er ist halt ein alter einsamer Mann. Doch dadurch, dass dann Katharina ins Spiel kam und er sich ihr öffnete, bekam man nach und nach einen Einblick in sein früheres Leben. Leider war da schon ein großer Teil des Buches gelesen. Erst im letzten Drittel des Buches hat mich das Buch begeistert, denn dann wurden die ganzen Hintergründe in Erichs Leben und seiner Familie erklärt. Die Autorin versteht es sehr gut, mit ihren sanften und poetischen Worten dem Leser eine wunderbare Lebensgeschichte näher zu bringen. Die Erklärung des Buchtitels und generell das Thema Bäume zieht sich wie ein roter Faden durch das Buch. Ich bin froh, dass ich das Buch zu Ende gelesen habe und empfehle das Buch gerne weiter.

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  • 5 Sterne

    13 von 20 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    hennie, 01.03.2017

    EIN GLEICHNIS ZWISCHEN BÄUMEN UND MENSCHEN
    Im Wechsel zwischen Gegenwart und Vergangenheit erzählt Ada Dorian in einfachen, schönen Worten die Lebensgeschichte von Erich Warendorf. Er, der als junger Mann im fernen Sibirien in Einsamkeit mit dem jungen einheimischen Wolodja unterwegs war, hatte nur zwei große Lieben in seinem 80jährigen Leben, die Bäume und seine Frau Dascha.

    Erich lebt immer häufiger in seinen Gedanken, in seinen Träumen in der Vergangenheit. Das Alter macht ihm zu schaffen, aber die Pflanzen interessieren ihn immer noch. Die Bäume sind seine Obsession. Der alte Mann hat einen skurillen, absonderlichen, unglaublichen Spleen, seinen Wald im Schlafzimmer! Hier fühlt er sich wohl und geborgen, einfach befreit von der Last des Alters. Doch Erich muss einsehen, dass er wegen seiner Gebrechen der Wissenschaft keinen großen Nutzen mehr bringen kann. Er fühlt sich wie ein „altes Messgerät“, das gegen ein modernes ausgetauscht werden muss.
    In der 17jährigen, eigenwilligen, sich unverstanden und verlassen fühlenden Katharina, die von zu Hause abgehauen ist und die Schule schwänzt, findet er so etwas wie eine Verbündete. Erich lügt und laviert, um seine Selbständigkeit zu behalten, auch um der Bevormundung durch seine Tochter Irina und der Pflegerin zu entgehen. Er will nicht ins Heim. Als alles auffliegt, will er zu seiner geliebten Dascha nach Sibirien. Katharina soll mitkommen, da der Vater dort an einer Pipeline arbeitet.

    „Betrunkene Bäume“, es war dieser Titel, der mich auf das Buch aufmerksam gemacht hat. Die Geschichte besitzt eine besondere philosophische Tiefe. Die betrunkenen Bäume spielen im Roman eher eine untergeordnete Rolle, aber die Metapher bleibt bei mir im Kopf hängen. Sowohl Erich als auch Katharina sind haltlos, haben ihre Wurzeln verloren. Sie versuchen sich gegenseitig zu stützen. Erichs Erkenntnisse über sein eigenes Leben kommen viel zu spät.
    „Im Kopf ist endlich mal Ordnung.“ (S.235)
    Der Schluss des Buches kommt überraschend, ist traurig, aber läßt auch hoffen...

    Ada Dorian ist ein sehr menschliches, wertvolles, absolut lesenswertes Buch gelungen. Es erzählt von der Einsamkeit im Alter, von Isolation trotz sozialen Kontakten, von verpaßten Gelegenheiten, von dem Verlust der Selbstkontrolle, von mangelnder Kommunikation, von fehlendem Vertrauen,...
    Die Geschichte läßt viel Raum für eigene Gedanken, Vergleiche. Erstaunlich, wie die Autorin die Befindlichkeiten des alten Mannes auf den Punkt bringt. Ihr sind natürliche, lebensechte Charaktere gelungen. Ohne Pathos! Nüchtern! Geradlinig!
    Die Autorin hat ein großes, angenehmes Erzähltalent mit präziser Wortwahl. Ich möchte mehr von ihr lesen. Möglicherweise in einer Fortsetzung mit Katharina, Wolodja und Dascha? Und den „Betrunkenen Bäumen“?
    Ich vergebe meine uneingeschränkte Leseempfehlung und fünf Sterne!

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  • 5 Sterne

    19 von 30 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Silke S., 26.02.2017

    Dieses Buch hat mich absolut positiv überrascht. Nachdem Cover und Titel mich nicht so sehr angesprochen haben, hat die Autorin mich noch absolut überzeugt.

    Der 80-jährige Erich lebt alleine und liebt seine Bäume. Sein Alltag fällt ihm zunehmend schwer und er leidet unter der Bevormundung seiner Tochter. Er ist sehr einsam und vermisst die Liebe seines Lebens. Seine Träume führen ihn immer wieder in die Vergangenheit, in die weiten Wälder Sibiriens.
    Katharina, von zu Hause ausgerissen, wird seine neue Nachbarin. Ihr Vater hat die Familie verlassen, um in Sibirien zu arbeiten. Durch das gemeinsame Interesse der beiden an Sibirien entwickelt sich eine ungewöhnliche Freundschaft, die beiden hilft, ihrer Einsamkeit etwas zu entkommen.

    Ein wundervoller Schreibstil. Schon im ersten Kapitel konnte ich mir alles sofort bildlich vorstellen und es hat mich sehr neugierig gemacht. Wie passt dieses Kapitel in den Rest der Geschichte? Dieses Rätsel löst sich erst so nach und nach, das erhält die Spannung. Erich ist eine sehr sympathische Figur, man leidet richtig mit ihm, kann seine Einsamkeit und Schwierigkeiten mit dem Alter gut nachvollziehen. Dazu ist sein Einfallsreichtum, wie er sein Geheimnis im Schlafzimmer schützt, sehr amüsant. Auch die zweite Hauptfigur Katharina gefällt mir gut, eine starke Persönlichkeit. Die Entwicklung der Freundschaft zwischen den beiden ist sehr berührend. Die Kapitel wechseln zwischen Gegenwart und Vergangenheit, ich mochte besonders die Erzählungen über die Erlebnisse in den weiten Wäldern in Sibirien. Die Beziehung zwischen Erich und Wolodja ist auch sehr interessant. Sie verstehen sich "ohne Worte" über eine lange Zeit, bis ihre Wege sich trennen und Erich eine große Schuld auf sich läd. Das Ende des Buches ist nicht überraschend, aber gut gelungen und sehr gefühlvoll.
    Ein wundervolles Buch, das gerne viel länger hätte sein können!!! Ich kann es nur empfehlen.

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  • 4 Sterne

    19 von 28 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Isaopera, 12.03.2017

    "Betrunkene Bäume" sind ein Phänomen des Klimawandels und kommen beispielsweise in Sibirien vor, wo der Wissenschaftler Erich eine Zeit seines Lebens verbracht hat, die er nie vergessen wird.
    Die Zeit dort war für ihn bereichernd, aber er hat auch eine Schuld auf sich geladen, die ihn bis ins hohe Alter verfolgt.
    Ada Dorian nimmt uns mit auf eine Reise ins kalte Sibirien und obwohl wir natürlich als Leser dieses recht kurzen Buches nur einen kleinen Ausschnitt kennenlernen dürfen, eröffnet sich eine ganz andere Welt. Eine Welt, in der Menschen stark abhängig von der Natur sind, andererseits aber auch in völligem Einklang mit ihr Leben können. Das ist bewundernswert.
    Gleichzeitig lernen wir in Deutschland Katharina kennen, die eine Flucht aus ihrem Leben wagt, denn auch sie hat das Gefühl, jemanden an Sibirien verloren zu haben. Hierbei gerät sie in schlechte Gesellschaft, zum Glück aber auch in die von Erich.

    Die Geschichte wird in einer sehr schönen Sprache erzählt, die mich wirklich mitgenommen hat und ich konnte das Buch nur schwerlich aus der Hand legen. Es liest sich sehr gut in einem Weg und ist dabei nicht nur interessant, sondern auch ein bisschen lehrreich.
    Für mich als Fan längerer Geschichten hätten es am Ende locker 100 Seiten mehr sein können - mehr Infos über die Figuren und noch ein Stück mehr von der Geschichte. Andererseits ist es auch eine Stärke der Erzählung, dass sie genau an dieser Stelle abbricht.
    Von mir gibt es wohlverdiente 4 Sterne! Diese Debüt-Autorin werde ich sehr gerne im Auge behalten.

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  • 3 Sterne

    6 von 9 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    LM, 09.02.2017

    Im Roman "Betrunkene Bäume" geht es primär um den über 80-jährigen Erich, der in früheren Jahren Wissenschaftler gewesen war und mit Leib und Seele die Wälder und Bäume Sibiriens erforscht hatte. Nun aber, dem Alter geschuldet, fällt ihm die Bewältigung seines Alltags immer schwerer, er kann diese zunehmende Unselbstständigkeit und Bevormundung seiner Tochter Irina kaum ertragen. Halt geben ihm vor allem die Bäume, aber auch die Erinnerungen an sein früheres Leben mit seiner Frau, die er schrecklich vermisst.
    Die zweite Hauptfigur ist die nicht ganz volljährige Katharina. Ihr Vater hatte sich entschlossen, eine Arbeitsstelle in Russland anzunehmen und die Familie zu verlassen. Katharina gibt ihrer Mutter die Schuld daran und haut nach einem Streit von zu Hause ab. Sie haust seitdem in einer heruntergekommenen Wohnung, während sie weder Geld für Essen hat, noch Wasser zum Duschen.
    Zufällig wohnen beide nebeneinander stellen schon kurz nach ihrem ersten Zusammentreffen fest, dass sie etwas verbindet: Sibirien.

    Das Buch erzählt eine berührende Geschichte über zwei Figuren, die unterschiedlicher nicht sein könnten und sich dennoch gegenseitig dabei helfen, ihre Probleme zu bewältigen. Besonders Erich ist dabei sehr authentisch beschrieben. Er hat so viele innere Konflikte, mit denen er täglich konfrontiert ist und die Art und Weise, wie er damit umzugehen versucht, ist für den Leser sehr nachvollziehbar und berührend.
    Katharina als weitere Hauptfigur kann mit dieser Tiefe jedoch nicht mithalten. Irgendwie erfährt der Leser zu wenig von ihr - außer dass sie kein so intaktes Elternhaus hat, wie es ihr zu wünschen wäre. Einige Entscheidungen, die sie ihm Laufe des Buches trifft, sind zweifelhaft, trotz des jungen Alters.

    Die Autorin nutzt eine ganz wundervolle Sprache, um die Geschichte zu erzählen. Sie beschreibt Einzelheiten und schmückt diese aus, sodass der Leser sich sofort in der Geschichte wieder findet. Stellenweise sind diese Ausschmückungen jedoch zu langatmig, in einigen Situationen passen sie meiner Meinung nach einfach nicht so gut, was den Lesefluss stört.
    Die Erzählperspektive wechselt in jedem Kapitel, aber auch die Zeit, in der die Geschichte spielt. Dies lockert das Ganze zwar auf, aber mich hat dabei gestört, dass man teilweise erst nach 1-2 Seiten erfahren hat, um wen es denn jetzt geht, da vorher nur "er" oder "sie" genannt wurde. Eindeutig war es nicht immer.

    Innerhalb des ganzen Buches entstehen immer wieder Fragen. Nicht nur durch die Erzählweise, auch inhaltlich gibt es einige Schwachstellen. Wie schon beschrieben, ist mir die Figur der Katharina zu wenig ausgearbeitet, aber auch viele Nebencharaktere werden nicht ausreichend eingeführt.
    Manchmal hat man das Gefühl, dass Inhalte fehlen, weil zu viele Lücken in der Geschichte auftauchen. So ist beispielsweise die Schuld, die Erich mit sich trägt, nicht nachvollziehbar beschrieben, die tiefe "Freundschaft", die er aus seiner Sicht zerstört hat, erschließt sich mir nicht. Die Erzählungen aus der Vergangenheit mit diesem "Freund" gehen nur so weit, dass sie gemeinsam monatelang durch die Wälder Sibiriens gewandert sind, ohne auch nur ein Wort miteinander zu sprechen.
    Nach und nach setzt sich zwar alles zusammen, aber einen richtigen Abschluss gibt es für mich nicht, das Ende kommt auch irgendwie viel zu schnell.

    Insgesamt ist es dennoch ein Buch, das mich aufgrund der Erzählweise, der ausgewählten Worte und vor allem der Hauptfigur Erich berührt hat. Der Titel wirkt erstmal sehr ausgefallen, jedoch wird im Verlauf aufgeklärt, was es mit den "betrunkenen Bäumen" auf sich hat. Die Geschichte hat sehr viel Potential, das meiner Meinung nach leider nicht ganz ausgeschöpft wurde. Sie hätte ruhig 100 Seiten länger sein können, um die vielen Lücken zu schließen.

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  • 5 Sterne

    13 von 24 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Hagazussa, 08.03.2017

    Der Titel klingt sehr witzig. Obwohl der Inhalt nicht witzig zu nennen ist und, wie der geneigte Leser im Buch erfährt, betrunkene Bäume ein Begriff der Wissenschaft ist. Das schlichte Cover fängt, gerade ob seiner Einfachheit, den Blick ein. Besonders mag ich es, wenn die Buchstaben des Covers erhaben sind. Das sind wahre Handschmeichler. Das Papier ist hochwertig und die Schrift gut lesbar. Zum Inhalt: Am Anfang hatte ich zwar etwas Mühe, in die Geschichte „hineinzukommen“ Aber spätestens als ich Katharina kennenlernte, war ich gefesselt. Und Erichs Geschichte geht unter die Haut. Ohne zu spoilern, kann ich sagen: Es geht um Jugend und Alter, Recht und Unrecht, Liebe und Freundschaft sowie Verrat. Eine Geschichte des Alltags, welche sich direkt in der Nachbarschaft zugetragen haben könnte und doch besonders.

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  • 5 Sterne

    10 von 17 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Sabrina R., 23.02.2017

    Zu einem richtigen Pageturner hat sich 'betrunkene Bäume' von Ada Dorian für mich herausgestellt. Die Seiten flogen nur so dahin, ich konnte das Buch kaum weglegen. Gar nicht, weil es so spannend ist, das ist es nämlich eigentlich nicht. Dafür ist es einfach wundervoll geschrieben. Ada Dorian hat mal wieder einen Beweis dafür geschaffen, wie schön die deutsche Sprache sein kann. Ein sehr tiefgründiges und bewegendes, teilweise schon philosophisches Buch.

    Eine Geschichte, wie sie wohl häufiger vorkommt, als man es sich wünscht. Es geht um verpasste Gelegenheiten, Enttäuschungen, das nicht verstehen und nicht akzeptieren anderer Leben, das nicht kommunizieren - in der Vergangenheit und im Jetzt - und um die Frage, ob in Zukunft alles besser wird. Eine Geschichte auf sehr hohem zwischenmenschlichem Niveau, die nicht in eine Richtung weisen soll, aber schon aufzeigt, wie es laufen kann und sich trotzdem unvorhergesehene Wendungen ergeben können.

    Die Protagonisten wachsen einem sofort ans Herz und auch wenn sie erst spät zu der Geschichte stoßen, kann man sich sofort in sie hineinversetzen. Es gibt immer nachvollziehbare Gründe für das Handeln der Personen. Wirklich eine schöne Geschichte aus dem Leben und man weiß nie, ob sie sich nicht vielleicht genau so zugetragen hat.

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  • 5 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    claudi-1963, 14.03.2017 bei bewertet

    Betrunkene Bäume bezeichnet man Bäume die unter ähnlichen Bedingungen im Permafrostboden in Schieflage geraten. Sie verlieren ihren Halt und kippen in den tauenden Matsch. Der Baum versucht dies auszugleichen und der Stamm schlängelt sich deshalb wie eine Pflanze.
    Erich ein über 80-Jähriger verliert mehr und mehr sein Gedächtnis und seine Sehkraft. Früher war er als junger Forscher in Russland tätig und noch immer verfolgt ihn die Vergangenheit in seinen Träumen. Seine größte Liebe gehört seiner Frau Dascha und den Bäumen, leidenschaftlich zieht er kleine Setzlinge groß. Erich hütet ein großes Geheimnis das nicht einmal seine Tochter weiß, den niemand soll ihm seinen Wald nehmen. Da lernt er Katharina kennen, sie ist von zu Hause abgehauen, weil ihr Vater die Familie verlassen hat, um nach Sibirien zu gehen. Katharina gibt ihrer Mutter die Schuld, deshalb hat sie diese verlassen und auch zur Schule geht sie nicht mehr. Erich bittet Katharina ihm ein wenig im Haushalt zu helfen, dabei erfährt sie immer mehr aus Erichs Leben und seinem Geheimnis.

    Meine Meinung:
    Ein wunderschönes Buch über Freundschaft zwischen den Generationen, Heimat, über Verlust und die Liebe zur Natur. Ada Dorian hat dies in ihrem Debütroman wunderschön beschrieben, es soll gleichzeitig dazu anregen sich mehr Gedanken zu machen über unsere Welt, die Natur und das älter werden. Der Schreibstil ist flüssig, informativ, teils auch traurig und spiegelt unseren heutigen Zeitgeist. Ich konnte mir nach der Beschreibung im Buch, diese betrunkenen Bäume bildlich vorstellen. Auch in die beiden Hauptpersonen mit ihren Zweifeln und Ängsten konnte ich mich sehr gut hinein versetzen. Braucht die Welt so ein Buch, definitiv ja den es spiegelt in Erich unsere ältere und in Katharina teils unsere jüngere Generation wider. Ich hätte niemals hinter diesem Cover ein solches philosophisch, weises und liebevolles Buch vermutet. Schön fand ich auch den Satz des Mannes im Altenheim: "Für die meisten ist das eine Ort, an den man zum Sterben geht, nicht einer, an dem man noch ein paar schöne Jahre hat." Von mir 5 von 5 Sterne für dieses gelungene Werk, ich kann es nur weiterempfehlen.

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  • 5 Sterne

    7 von 11 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Bücherfreund, 24.05.2017

    Erich ist jemand, der die Bäume liebt. So sehr, dass er mit seinen 80 Jahren immer noch nicht aufhören kann mit seinen Forschungsarbeiten. Als junger Mann war er in Sibirien unterwegs, um die Bäume zu erforschen, dem Phänomen der betrunkenen Bäume auf der Spur. Damals hat er etwas getan, wofür er sich immer noch schuldig fühlt und was ihn daran hindert, dorthin zurück zu gehen, noch nicht mal seiner Frau zuliebe, die schon vor Jahren zurück in ihre russische Heimat gezogen ist.
    Mittlerweile lebt er fast vereinsamt in seiner heruntergekommenen Wohnung und muss lernen zu akzeptieren, dass er durch sein Alter nicht mehr so unabhängig ist, wie er gerne sein möchte. Erst durch Katharina, einem Mädchen, das von zuhause ausgerissen ist und in die leerstehende Wohnung ihm gegenüber zieht, gelingt es ihm, sich zu öffnen und wieder jemanden in sein Leben zu lassen.

    Mir hat das Buch sehr gut gefallen. Es ist eine warmherzige Geschichte, die so schön beschrieben wird, dass man die Wärme, die zwischen den auf den ersten Blick so kühlen Charakteren wächst, spüren kann. Mir hat es sehr gefallen, dass die Geschichte nicht chronologisch erzählt wird, sondern dass es zwei Erzählstränge gibt, die Gegenwart und die Vergangenheit, die sich miteinander abwechseln. So erfährt man nach und nach mehr über die Charaktere und deren Vergangenheit, wodurch man ihr Verhalten in der Gegenwart allmählich immer besser verstehen kann.

    Die Charaktere sind wirklich einzigartig. Besonders Erich ist ein sehr interessanter Charakter, den man wahrscheinlich bis zum Schluss nicht ganz ergründen kann. Er liebt die Natur so sehr, dass er in seinem Schlafzimmer unter echten Bäumen schläft. So jemand bleibt einem einfach im Gedächtnis. Ich bin froh darüber, dass ich ihn ein kleines Stückchen auf seinem Weg begleiten durfte.

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