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  • 5 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Petra L., 16.09.2019

    Der Sprung von Simone Lappert beginnt ganz ungewöhnlich mit dem Ende zuerst. Im ersten Kapitel erlebt man den Sprung einer Frau von einem Hausdach. Eigentlich springt sie nicht, sondern sie läuft einfach über den Rand, so als würde sie in die Luft spazieren. Und während sie fällt , gehen ihr nochmal in rasender Geschwindigkeit alle möglichen Gedanken durch den Kopf, sie erlebt den Sprung mit allen Sinnen, ganz bewusst und wir Leser mit ihr.

    Und dann fängt eigentlich erst die wahre Geschichte an. In kurzen Kapiteln kommen immer abwechselnd zehn Personen zu Wort, die in irgendeiner Form von diesem Ereignis betroffen sind. Da wäre unter anderem der Polizist Felix, der ausgerechnet an diesem Tag Dienst hat , als der Notruf einer Anwohnerin hereinkommt, die berichtet, dass eine lebensmüde Frau gerade dabei ist, sich von einem Dach zu stürzen. Oder das Ehepaar, das einen kleinen Lebensmittelladen hat, der schon lange nicht mehr gut läuft, was besonders dem Mann schwer zu schaffen macht und deren Laden nun von Massen von Schaulustigen gestürmt wird, die sich vor dem Haus mit der Lebensmüden auf dem Dach versammelt haben, um mit ihren Handys Bilder zu schießen oder Videos aufzunehmen, um sie auf irgendwelche Internetplattformen hochzuladen. Oder der Freund der Frau, der als einziger nicht daran glaubt, dass seine Freundin wirklich so verzweifelt ist, dass sie ihr Leben beenden möchte.

    Einen ganzen Tag und eine Nacht zieht es sich hin, und sogar das Fernsehen und die Presse tauchen vor dem Haus auf und berichten über die "Irre", die auf einem Dach steht, sich die Haare rauft und dabei wütend Dachziegel in die Menge wirft. Vorm Haus die Zuschauer, die das anscheinend auch noch genießen, dass ihnen so ein spannendes Schauspiel geboten wird.

    Und während nun abwechselnd diese zehn Personen, die direkt oder indirekt mit der Frau auf dem Dach zu tun haben , zu Wort kommen, man sie mit jedem Kapitel etwas näher kennenlernt, kommen auch Stück für Stück deren eigene Sorgen und Probleme, oder Lasten aus der Vergangenheit ans Tageslicht , nach und nach erfährt man nun auch, was denn die Frau überhaupt aufs Dach getrieben hat.

    Ich habe eine Weile gebraucht, bis ich richtig in die Geschichte eingetaucht bin, denn anfangs dachte ich noch, das ist einfach nur ein Buch mit lauter Kurzgeschichten und dass hier zehn Menschen einfach ihre Version zum Suizid einer Frau erzählen . Doch bereits nach den ersten paar Kapiteln war ich dann gefesselt, denn Simone Lappert erzählt so emotional und einfühlsam und in so eindringlicher und manchmal schon fast poetischer Sprache , wie sich die Lebenswege verschiedener Menschen zufällig und schicksalhaft miteinander verbinden, oder manchmal auch einfach nur kurz kreuzen. Man kann einfach nicht aufhören zu lesen, bis man erfahren hat, wie es mit jedem dieser Menschen weitergeht. Ob sich ihr Schicksal nach diesem Tag zum Guten wendet, ob sie ihr jetziges Leben nochmal überdenken, oder ob es sogar ein sehr trauriger Tag sein wird, für keinen dieser Betroffenen wird das Leben nach dem Sprung noch so sein, wie es vorher war.

    Ein wunderbares Buch, das ich auf jeden Fall weiterempfehlen würde.

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  • 5 Sterne

    2 von 4 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Jenny V., 11.09.2019 bei bewertet

    „Leben heißt zurückbleiben hinter den Dingen, den Erwartungen, den Menschen. Besser du fängst früh genug damit an, gut darin zu werden. Wenn du gut leben willst, musst du ein verdammt guter Verlierer sein.“


    Inhalt

    Manuela Kühne geht eines Tages aufs Dach und alle Umstehenden vermuten einen geplanten Suizidversuch. Plötzlich tauchen Einsatzwagen der Polizei auf, ein Sprungtuch wird positioniert und der Einsatzleiter versucht, die junge Frau dazu zu bewegen, auf normalen Weg das Dach zu verlassen. Aber Manuela bleibt standhaft und deckt in der Zwischenzeit die Dachziegel ab und wirft sie in unregelmäßigen Abständen auf die Gaffer vor dem Haus. Denn auf der Straße ist die Hölle los, so viele Schaulustige versammeln sich, einige motzen, andere schütteln den Kopf und der Laden an der Ecke, der eigentlich kurz vorm Bankrott steht, erblüht zu neuem Leben. Einen Tag und eine Nacht hält die junge Frau die Menschen in Atem, gibt ihnen Zeit darüber nachzudenken, warum man sich vom Dach stürzen möchte oder wieso gerade nicht. Und im gleichen Maße, wie Manuela provoziert, berührt sie die Alltäglichkeit und die eingefahrenen Wege der Nachbarschaft. Denn ein Sprung vom Dach will gut überlegt sein, vielleicht kann man auch im Leben etwas ändern, bevor es sich so dermaßen zuspitzt …


    Meinung

    Simone Lappert wählt für ihre Geschichte eine Ausnahmesituation, indem sie eine junge Frau auf das Dach eines Hauses steigen lässt, von dem sie nur durch aufgeben oder springen wieder herunterkommt. Dabei weiß man gar nicht so genau, warum sie sich das Leben nehmen möchte, oder ob es ein unglücklicher Umstand ist, der sie in diese Lage gebracht hat. Aber ihre geplante Aktion setzt diverse Denkprozesse in den Menschen ihrer Umgebung frei, die selbst ein Päckchen zu tragen haben und deren Leben längst nicht so glücklich ist, wie sie es sich eigentlich vorstellen. Nur wo ist die Grenze zwischen einer Tat, die dem Leben unwiederbringlich ein Ende setzt und der Möglichkeit, genau diesen Umstand abzuwenden?


    Das grandiose an diesem Buch ist die tiefgreifende psychologische Frage nach den Möglichkeiten der Veränderung jenseits der eingefahrenen Wege. Dabei wählt die Autorin eine ungewöhnliche Erzählperspektive, denn sie gliedert das Buch in viele kleine Kapitel, die jeweils von einem anderen Protagonisten gefüllt werden. Auf diese Art und Weise wird ein ganzes Potpourri an Geschichten offenbart, angefangen vom Leben des Bettlers auf der Straße, weiter zur langjährigen Kneipenbesitzerin, deren Lokal für alle offensteht, bis hin zum jungen Polizisten, der sich der momentanen Situation nicht gewachsen fühlt, weil sie ihn zu sehr an seine eigene traumatische Vergangenheit erinnert. All jene und noch viele Menschen mehr, machen sich plötzlich Gedanken und treffen Entscheidungen, die sie andernfalls nicht in Betracht gezogen hätten.


    Diese verbundenen Schicksale sind es, die den Großteil des Romans ausmachen, so dass Manuela auf dem Dach eher wie der Tropfen auf dem heißen Stein wirkt, nicht sie ist es, die bedauert werden muss, sondern all jene, denen es nicht gelingt aus eigener Kraft einen Richtungswechsel voranzutreiben. Ein weiteres Plus dieser kurzweiligen, doch intensiven Geschichte ist der unvergängliche Optimismus, der letztlich den ganzen Text durchdringt. In Anbetracht der dramatischen Ausgangslage empfand ich dieses Urvertrauen, die Kraft der positiven Gedanken regelrecht erquickend, denn es hätte sich auch ganz anders anfühlen können, wenn ein Mensch sich ernsthaft damit beschäftigt, einen so öffentlichen Selbstmord zu begehen.


    Fazit

    Ich vergebe begeisterte 5 Lesesterne und freue mich über ein weiteres Jahreshighlight 2019. Ein intensiver, dramatischer Roman mit einer aufrüttelnden Geschichte und einer klaren Botschaft. Dieses Buch lädt dazu ein, es auch ein zweites oder drittes Mal zu lesen und immer wieder neue Entdeckungen zu machen. Bestens geeignet für alle Leser, die Unterhaltungsliteratur mit Anspruch mögen und sich gerne in Texte hineinversetzen, die andere Schicksale kennenlernen möchten und einen differenzierten Einblick in das Leben bekommen wollen. Für diese Vielschichtigkeit und hohe Präsenz des Textes kann man nur applaudieren und die Lektüre wärmstens weiterempfehlen.

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  • 5 Sterne

    1 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Helena H., 06.09.2019 bei bewertet

    aktualisiert am 12.05.2020

    Das kleine Städtchen Thalbach bei Freiburg ist „ein Umsteigebahnhof, eine Durchgangsstation“, hier leben all die „Hängengebliebenen, Abwartenden oder Festsitzenden“. Eines schönen Sommertages passiert gerade hier jedoch etwas, dass die ganze Stadt in Aufruhr versetzt: Auf dem Dach eines Wohnhauses tobt eine junge Frau, die sich weigert herunterzukommen. Hast sie etwa vor zu springen?

    Schnell sammelt sich eine wahre Menschenmasse auf dem Platz vor dem Wohnhaus zusammen. Sie filmen mit, machen Fotos, sonnen sich, veranstalten ein Picknick. Für die meisten wird der Tag nur als derjenige im Gedächtnis bleiben, der die Alltagsroutine für einige Stunden durchbrochen hat. Nicht mehr und nicht weniger. Für einige wenige bedeutet dieser Tag jedoch Veränderung, Wandel. Und genau diese Menschen lernen wir kennen. Abwechselnd tauchen wir in die verschiedenen Perspektiven ein – in diejenige der jungen Manu auf dem Dach, bei der sich allerdings die Innensicht auf den Sprung allein reduziert. Wir lernen Felix, den jungen Polizisten kennen, der der Frau gut zuzureden versucht; dabei hat er mit eigenen Ängsten und Reminiszenzen zu kämpfen. Finn, den Fahrradkurier, der Manus Freund ist. Winnie, die gemobbte Schülerin, der der Voyeurismus der Menschen auf dem Platz zuwider ist. Astrid, Manus ältere Schwester, die doch unbedingt Bürgermeisterin werden möchte und nun von dieser Geschichte in ein schlechtes Licht gerückt wird. Edna, die die Frau auf dem Dach zuerst erblickt und die Polizei informiert. Theres, die mit ihrem Mann einen kleinen Laden führt, der kurz vor Konkurs steht, an besagtem Tag aber überrannt wird. Maren, die die Wohnung bewohnt, deren Dach Manu nun Stück für Stück abreißt. Egon, der früher Hüte hergestellt hat, aber seinen Laden schließen musste; ganz unerwartet kommt aber eine Wendung, die womöglich ein Comeback einleuchtet. Und Henry, den Obdachlosen, der den Menschen Lebensfragen verkauft. „Wenn Sie einen Tag aus Ihrem bisherigen Leben wiederholen könnten, für welchen würden Sie sich entscheiden und warum?“

    Simone Lappert ist mit einem wunderbaren Schreibstil gesegnet. Sie kann sich mühelos und fehlerfrei in jede Figur einfühlen – die Spannbreite erstreckt sich von einem pubertierenden Mädchen bis hin zu einem älteren Mann, der dem Leben nichts mehr abgewinnen kann. Genauso mühelos taucht der Leser in die einzelnen Geschichten ein und findet sich in jeder Figur ein Stück weit wieder. Man kann man sich kaum von den einzelnen Schicksalen losreißen und vieles hallt nach, auch nachdem das Buch beendet ist. Einiges bleibt offen, sodass die Geschichten individuell weitergesponnen werden können. Und auch mit einigen Fragen bleibt der Leser zurück. Wie hättest du dich in dieser Situation verhalten? Und eine Aufforderung an uns schwingt deutlich mit: Genauer hinzuschauen – in unserer eigenen Stadt, unserer eigenen Umgebung, unserem eigenen Leben.

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  • 5 Sterne

    1 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Martin S., 02.09.2019

    Schicksalslinien

    Eines Morgens steht die junge Gärtnerin Manu am Rande eines Daches. Eine aufgeschreckte Passantin informiert unverzüglich die Polizei und Feuerwehr. Die Einsatzkräfte gehen von einem Suizid-versuch aus und treffen erste Vorbereitungen. Das ganze Geschehen weckt die Aufmerksamkeit vieler Passanten und ohne dass einige dies ahnen, verändert sich durch diese dramatische Situation auch ihr eigenes Leben.

    Der schweizerischen Autorin Simone Lappert ist mit "Der Sprung" aus meiner Sicht ein außerordentlich guter Roman gelungen, der mich schon nach einigen Seiten in den Bann gezogen hatte. Sie erzählt die Geschichte in einem nüchternen und sehr gut zu lesenden Schreibstil, der die Geschehnisse sehr authentisch wirken lässt. Ihr gelingt es hervorragend die Schicksale der Protagonisten dieses Buches berührend wiederzugeben und verbindet ihre Geschichten zu einem komplexen Gebilde. Es bleibt für den Leser lange offen, was es nun mit Manu als Schlüsselperson auf sich hat. Warum steht sie dort oben auf dem Dach? Warum kommt sie nicht runter? Gerade diese Fragen lassen die übrigen Protagonisten nicht los und angestachelt durch diese außergewöhnliche Situation setzen sie sich mit ihrem eigenen Leben auseinander. Es macht Spaß diesen Personen zu folgen und im Verlauf entwickeln sich viel spannende, traurige und schöne Geschichten, in denen der jeweilige Akteur einfach ein wenig Mut benötigte, um sein Leben eine neue Richtung zu geben. Die vielen unterschiedlichen Perspektiven, die uns die Autorin hier präsentiert, geben dem Buch eine zusätzliche Tiefe und lassen das Ganze sehr lebendig erscheinen.

    "Der Sprung" hat bei mir noch länger nachgewirkt und ich musste es erst einmal ein wenig sacken lassen. Der Roman ist für mich eines der Lesehighlights in diesem Jahr und ich kann ihn nur wärmstens weiterempfehlen. Ein tolles Buch, welches ich gerne mit den vollen fünf von fünf Sternen bewerte.

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  • 5 Sterne

    2 von 4 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Nicola E., 28.08.2019

    "Nie wollte sie in den Tod springen. Immer nur ins Leben."

    Manche Bücher sind wohltuende Überraschungen und "Der Sprung" gehört unbedingt dazu. Da ich Simone Lapperts Erstling "Wurfschatten" nicht kenne (was ich nach dem Genuss von "Der Sprung" zu ändern gedenke!), wusste ich nicht, was ich von ihr zu erwarten hatte. Die Prämisse des Romans jedenfalls klang interessant, auch wenn mir die Doppeldeutigkeit des Titels erst im Verlauf des Romans bewusst wurde. Aber ich greife vor.

    "Der Sprung" beginnt mit... dem Sprung, der genau genommen kein Sprung, sondern ein Schritt über die Dachkante ist. Insofern ist von Anfang an klar, dass es im Roman nicht darum geht, OB gesprungen wird. Eher stellt sich die Frage nach dem Warum. Aber schnell wird klar, dass es letztlich auch nicht um das Warum geht - auch wenn ich mich das natürlich immer wieder gefragt habe, während ich das Buch las. Der Fokus liegt vielmehr auf den Geschichten um den Sprung herum, auf einigen Menschen, in deren Leben und Denken Simone Lappert uns einen kurzen, aber intensiven Einblick gewährt, während wir gleichzeitig dem Sprung entgegen lesen.

    Da gibt es Felix, ein junger Polizist, dessen Frau ein Kind erwartet, der aber die Schwangerschaft nicht genießen kann, weil ihn die Vergangenheit im Griff hat. Da ist Maren, die mit Hannes zusammen lebt und sich von ihm verraten fühlt, seit er dem Genuss abgesagt hat und sich exzessiv um seine Gesundheit kümmert - und sich mehr und mehr von ihr abwendet. Da ist Theres, die mit ihrem Mann Werner ein kleines Geschäft führt, einstmals erfolgreich, aber durch die Konkurrenz von Supermärkten vor der Pleite steht - was Werner so gut wie möglich verheimlicht wird. Wir lernen Winnie, ein Schulmädchen, das ständig geärgert wird, kennen, und Henry, den Obdachlosen, Egon, der einst Hüte herstellte und verkaufte und nun als Vegetarier auf dem Schlachthof arbeitet. In seiner Freizeit sitzt er in Roswithas Café und beobachtet durch einen Feldstecher das Handygeschäft, das sich in den ehemaligen Räumen seines Hutgeschäfts befindet. Wir lernen Edna kennen, die den Ball ins Rollen bringt, als sie Manu auf dem Dach entdeckt und die Polizei ruft. Und es gibt Finn, der in Manu verliebt ist, und Roswitha, deren Café von allen besucht wird. Astrid, Manus Schwester, die mitten im Wahlkampf steckt und mit ihrem Mann ein Haus auf Usedom kaufen möchte - dafür aber die finanzielle Hilfe ihrer Schwiegermutter benötigt. Alle Personen des Romans haben Brüche in ihrer Biografie, alle sind sie unglücklich - manche mehr, manche weniger.

    Es fällt mir schwer festzumachen, was mir an dem Buch besonders gut gefallen hat, denn es kommen so viele Faktoren zusammen. Zum einen die Charaktere. Sie gefallen mir - von wenigen Ausnahmen abgesehen - durchweg. Und obwohl jedem Charakter kein ganzer Roman zur Verfügung steht, sind sie alle so gut gezeichnet, dass wir am Ende das Gefühl haben, sie zu kennen.

    Ich mag es, dass Simone Lappert manchmal kurz davor steht, ins Klischee- oder Märchenhafte abzugleiten (das gilt vor allem für Egons Erzählstrang), ehe sie sich wieder besinnt. Ich mag es, dass Manus Verhalten gar nicht so eindeutig ist, wie es anfangs den Anschein hat. Ich mag es, dass die Brotkrumen gelegt werden, die Leser*innen diese durchaus übersehen können, am Ende aber alles Sinn ergibt.

    Ich mag es, dass sie es schafft, sich auf die einzelnen Personen zu konzentrieren, ohne dabei die übrigen Bewohner des fiktiven Städtchen - und damit uns, die Gesellschaft - aus den Augen zu verlieren. Die erschreckendsten Momente sind die, in denen die Bürger des Städtchens sich auf dem Marktplatz wie bei einem Happening versammeln und dem bevorstehenden Sprung hoffnungs- und erwartungsvoll entgegenfiebern.

    Ich mag im Gegensatz dazu Simone Lapperts Beobachtungsgabe und ihre Fähigkeit, ihre Beobachtungen in tolle Sätze zu packen. Ich mag ihren Schreibstil, ihre Fähigkeit zitatereife Sätze aneinanderzufügen, ohne prätentiös zu wirken.

    Vor allem aber feiere ich Simone Lappert dafür, dass sie zwar die Geschichte zu Ende erzählt hat, aber nicht jeden einzelnen Lebensweg bis zum Erbrechen erläutert. Ich mag es, dass einige Stränge, wenn auch zu Ende erzählt, dennoch offen sind. Wir wissen nicht, ob Felix mit Monique über seine Vergangenheit sprechen wird. Wir wissen nicht, ob Finn sich einen Ruck geben wird. Denn so ist das Leben: Wir wissen nicht, was noch kommen wird. Und es zeugt von Cleverness, dass Simone Lappert an genau den richtigen Stellen aufhört, weiterzuerzählen. Wir sind mitten im Leben der Personen eingestiegen, wir steigen mit in deren Leben wieder aus - aber die Geschichte selbst, die ist erzählt.

    (Und nebenbei bemerkt: Ich feiere Maren! Und Winnie!)

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  • 5 Sterne

    1 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    herrzett, 06.10.2019

    Bücher sind Begegnungen. Menschen, auch. Gut, dass man andere Menschen in seinem Alltag trifft ist nun nicht wirklich überraschend und doch kann so eine Begegnung große Auswirkungen für die Zukunft haben. In dem Roman Der Sprung von Simone Lappert geht es nun um ähnliches. An einem eher verschlafenen, ganz normalen Dienstag steht eine junge Frau mit einer grünen Latzhose auf dem Dach eines mehrgeschössigen Wohnhauses. Sie geht entlang der Regenrinne, schaut hinunter, setzt sich hin und wartet. Doch auf was? Will sie dort ihr Leben beenden und traut sich nicht zu springen? Wie kam sie überhaupt da rauf? Und vor allem was mag ihr Tragisches widerfahren sein?
    Edna ist jedenfalls davon überzeugt, dass die junge Frau springen will und verständigt die Polizei, die mit einem großen Aufgebot in Erscheinung tritt und nun versucht sie zum Herunterkommen zu überreden. Doch die Frau weigert sich und mit jeder verstreichenden Minute, zieht dieses Ereignis in dieser doch sonst so ruhigen Großstadt Schaulustige an, die sich dieses Spektakel nicht entgehen lassen wollen. Aber nicht nur das, es ist auch ein Ereignis, das die Anwohner und ‘Nachbarn’ betrifft. Der kleine Laden von Theres und Werner wird überrannt. Die Terrasse von Roswithas Cafe bietet nun einen optimalen Blick und auch sonst scheint sich gerade jetzt das Leben für einige Menschen zu drehen. Doch, wird die junge Frau am Ende tatsächlich springen?


    “Der Sprung” ist eine Zusammenstellung vieler Leben. Sie alle haben ihre eigene Vergangenheit, ihre eigenen Päckchen, Sorgen und Ängste, die sie mit sich rumschleppen und gerade das macht diesen Roman für mich aus. Lappert beschreibt sehr liebevoll die Eigenarten ihrer Protagonisten und verknüpft sie gekonnt miteinander. “Der Sprung” ist dabei eher eine Art Erzählung des Alltäglichen, sofern man die Frau auf dem Dach nun nicht mit einbezieht. Und doch ist gerade sie die Figur und Attraktion, die Menschen vereint und für so etwas wie ein Wendepunkt/ der Anstoß im Leben steht.
    Der Roman wechselt dabei mit jeden Kapitel zwischen den einzelnen Protagonisten. So gibt es da Roswitha, Astrid, Theres und ihren Mann Werner, Felix, Finn, Winnie, Edna, Egon, Manu, einen Designer und weitere Randfiguren, die ihr Leben offenbaren, aber leider auch etwas verwirren. Zumindest hatte ich (als kein Freund vieler Namen) zunächst damit zu tun, den einzelnen Erzählsträngen zu folgen und gedanklich zwischen ihnen zu unterscheiden. Einzelne Figuren sind mir dabei sehr ans Herz gewachsen und wurden dann von der Geschichte, unsympathischer bzw. nicht ganz so liebenswürdiger Menschen, unterbrochen. Natürlich ist dies beabsichtigt, um alles mehr oder weniger zeitgleich erzählen zu können und doch hat es mich manchmal minimal frustriert, mich gedanklich wieder mit dem/der anderen zu beschäftigen. Insgesamt ergibt es trotzdem ein recht harmonisches Gesamtbild, bei dem kein Wort zu wenig gesagt wird, einige überraschende Wendungen auftreten und doch auch emotionale Hürden zu überwinden sind. Und so ist “Der Sprung” dann auch eine großartige Geschichte voller Menschlichkeit, Schicksalen und ‘Verarbeitungsprozessen’, die mich dann vom Gefühl her irgendwie an Bogdans Roman “Laufen”, aber auch an Leupolds “Lavinia” und Kuttners “Kurt” erinnern lässt.
    Es ist nun keine dramatische, spannende oder weltbwegende Geschichte und doch würde ich dieses Buch beinahe jedem ans Herz legen, der etwas für andere Menschen übrig hat und vielleicht auch etwas Zeit mitbringt, sich mit den einzelnen Figuren auseinanderzusetzen.

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  • 5 Sterne

    1 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Claudia S., 13.11.2019

    Zwei folgenschwere Tage in Thalbach

    Manu steht auf dem Dach. Eine Anwohnerin informiert die Polizei. Feuerwehr und Rettungskräfte jeder Art rücken an, das Viertel steht Kopf, alles ist anders und eine ganze Reihe Menschen, die mehr oder weniger direkt mit Manu zu tun haben oder hatten, werden in einen Strudel gezogen, der ihr Leben verändert …

    Anfangs hatte ich ein paar kleine Probleme, mich in die Story zu finden. Die einzelnen Kapitel sind mit dem Namen derjenigen Person versehen, die darin die Hauptrolle spielt. Insgesamt werden sehr viele Namen genannt (mehr als 20 – da muss man sehr aufpassen) und man ahnt zunächst nicht, wer wie mit Manu zu tun hat und warum. Nach und nach erklären sich die Zusammenhänge. Es zeichnet sich ab, wie wir alle durch jede unserer Handlung eine Art Kettenreaktion auslösen. Mal ist sie kleiner, mal größer, aber irgendwie verbindet uns jede unserer Handlungen mit endlos vielen Personen. Aber nicht nur das – diese Personen finden auch wieder untereinander Berührungspunkte, und seien sie auch noch so klein. Es ist ein wunderbares Netz, das hier gesponnen wurde.

    Durch diesen Stil mit den Kapiteln der einzelnen Figuren sieht man Manu und ihr Handeln aus unterschiedlichen Perspektiven. Es gibt keinen allwissenden Erzähler im üblichen Sinne und das ist einzigartig zu lesen. Jede Figur hat ein eigenes, nicht wirklich leichtes Schicksal. Alle haben einen prall gefüllten Lebensrucksack, der ihnen mehr oder weniger schwer zu schaffen macht. Der eine stürzt ab, der andere steigt auf, die eine sprengt alle Ketten, die nächste verliert alles – Simone Lippert hat die ganze Bandbreite des Lebens in dieses wunderbare Büchlein gepackt, ohne lächerlich zu werden oder unlogische Wendungen einzubauen.

    Sehr oft ist das Buch melancholisch, traurig und dunkel, aber insgesamt geht es mitten ins Herz, lässt auch immer wieder lachen und am Ende erkennen, dass alle Hochs und Tiefs haben und man selbst nicht besser oder schlechter als andere dran ist. Jeder kann sich in der einen oder anderen Figur zumindest ein bisschen wiederfinden.

    Das Ende ist quasi ein explodierendes Munitionslager. Alles ist danach anders, nichts mehr, wie bisher. Viele lose Enden bleiben übrig und dennoch ist das Buch komplett und rund. Das muss man erst mal so hinbekommen! Und immer wieder gibt es Momente, die fast schon philosophisch sind. So zum Beispiel, wenn Henry Lukas fragt, was ihn tröstet und dieser dann meint, dass nichts so bleiben wird, wie es ist und dies noch ausführt. Einfach super schön und für mich auch wirklich ein tröstender Gedanke, gerade im Hinblick auf die Geschichte der beiden. Oder wie Moosbach aufzählt, was er schon so alles verschwinden hat sehen. Da fehlen mir die Worte, um zu sagen, wie wunderschön dies geschrieben ist.

    Störend empfand ich, dass viele Fragesätze ohne Fragezeichen waren und auch der Ausdruck „Anfang Jahr“ oder „Anfang Monat“ kam öfter vor – für mich klingt das nach einem Fehler. Doch diese beiden Punkte wiegen nicht sehr schwer und das Büchlein hat mich so sehr bewegt und berührt, dass ich die vollen fünf Sterne geben möchte. Es ist eines meiner Jahreshighlights, definitiv!

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  • 5 Sterne

    1 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Miss.mesmerized, 28.08.2019

    Thalbach, ein beschauliches Örtchen bei Freiburg. Alles geht seinen Gang wie immer, die Obdachlosen verbringen den Tag im Park, Theres und Werner sehnen sich nach den guten Zeiten in ihrem Lädchen zurück, Roswitha bedient mehr oder weniger übellaunig die Gäste in ihrem Café, Maren überlegt wieder einmal, wie lange sie es noch in der kaputten Beziehung mit Hannes aushalten will, Winnie muss ihrer Freundin Cosima einmal mehr aus der Patsche helfen. Doch dann unterbricht ein Ereignis das übliche Treiben: auf dem Dach eines Wohnhauses steht eine junge Frau und droht herunterzuspringen. Man kennt sie, es ist Manu, die Gärtnerin, die mit ihren Guerillamethoden den Pflanzen Raum zum Leben gibt und die Stadt erblühen lässt. Der Ort hält den Atem an und zusammen mit Rettungskräften, Polizei und sensationslüsterner Presse blickt man nach oben, voller banger Erwartung dessen, was passieren wird.

    Simone Lapperts Roman ist eine Momentaufnahme mitten aus dem Leben. Sie beschränkt ihre Handlung auf einen winzigen Augenblick im Dasein ihrer Figuren, nur einen Wimpernschlag lang lässt sie uns teilhaben, aber es tritt genau jener Schmetterlingseffekt ein, der nicht vorhersehbar war und das sorgsam austarierte Gleichgewicht des Systems zum Zusammenbrechen bringt. Nur ein einziger Tag, ein singuläres Ereignis, das nicht einmal unmittelbar mit den meisten Figuren in Verbindung steht, ist jedoch so gewaltig, dass hinterher kaum mehr etwas so ist, wie zuvor.

    Vieles an der Erzählung hat mich schlichtweg begeistert. Was zunächst als lose Abfolge von Einzelgeschichten erscheint, stellt sich im Laufe der Handlung als clever durchdachtes Geflecht heraus, das alle Figuren in Verbindung zueinander setzt und so unterstreicht, dass es ein individuelles unabhängiges Leben nicht gibt. Dreht nur einer an einem Schräubchen, wirkt sich dieses auf alle zwangsläufig aus. Daneben sind alle Figuren liebevoll gezeichnet: Wir haben keine Superhelden, keine Weltverbesserer, genauso wenig die drastischen Verlierer, sondern ein Sammelsurium von durchschnittlichen Existenzen, die mehr oder minder zufrieden ihr Leben meistern. Sie haben sich mit den Gegebenheiten arrangiert und glauben nicht mehr an das ganz große Glück. Sie wirken authentisch und in ihrer Natürlichkeit liebenswert.

    Manu, die Frau auf dem Dach, die zum Sprung ansetzt, sollte eigentlich im Zentrum stehen, bildet aber viel mehr den Rahmen der Handlung und wird unbeabsichtigt zum dramatischen und entscheidenden Moment in zahlreichen Leben. Man lernt sie zu Beginn der Geschichte kennen, doch die Figur, die liebevoll mit den Pflanzen hantiert, will nicht zu der Person auf dem Dach passen. Ebenso wie der Leser kann sie ihr Freund Finn keinen Reim auf das Verhalten machen. In gewisser Weise ist sie eine tragische Heldin – mehr zu sagen würde das überraschende Ende vorwegnehmen.

    Der kleinbürgerliche Mikrokosmus wird von Lappert überzeugend eingefangen. Eine routinierte, mühelose Erzählung, die einem in die kleine Welt eintauchen und teilhaben lässt. Für mich ist es gerade das Unaufgeregte, Unspektakuläre, das hier geschildert wird und begeistert.

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  • 5 Sterne

    Bibliomarie, 29.08.2019

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    Eine junge Frau steht auf einem Dach, was hat sie vor, will sie springen? Eine Passantin wird darauf aufmerksam und informiert die Polizei und die Rettungskräfte. Schnell läuft die übliche Maschinerie an. Unten vor dem Haus sammeln sich immer mehr Menschen, manche sind neugierig, andere betroffen und einige sind nur sensationslüsterne Gaffer.

    Simone Lappert beleuchtet nun das Leben einiger Menschen, die in irgendeiner Form mit Manu, der jungen Frau auf dem Dach verbunden sind. Ein Polizist, der mit ihr spricht, die Passantin, die die erste Meldung machte, der Freund von Manu, ein Ehepaar, das an diesem Tag zum ersten Mal seit Jahren wieder Umsatz in ihrem kleinen Laden machen und viele mehr. Es sind Geschichten in der Geschichte, die sich allmählich zum einem Ganzen verbinden. Nach und nach klären sich die Verbindungen.

    Es ist ein Roman, der mich von der ersten Seite an völlig in Bann gezogen hat. Alle Figuren sind echt und ihre Handlungsweisen authentisch, wie wirklich aus dem Leben erzählt. In Vielem kann man sich wiedererkennen. Dabei ist es eigentlich keine große Geschichte, es sind Augenblicke aus dem Leben, im Einzelnen eigentlich unspektakulär, aber jeder hat Auswirkungen auf alle Beteiligte. Es ist eine ganze Welt im Kleinen, die die Autorin zeigt und jeder Protagonist bringt seine eigene Facette in diesen Kosmos ein. Hoffnungslosigkeit, Optimismus, Trauer, neue Energie – es liegt alles ganz dicht beieinander.

    Manchen Figuren widmet Simone Lappert mehr Aufmerksamkeit, gönnt ihnen eine optimistische Zukunft, manche werden nur gestreift und ihr weiteres Schicksal bleibt offen.

    Ich habe diese Geschichte verschlungen, den schönen Sprachstil geradezu aufgesaugt, viele einzelne Sätze sind mir im Gedächtnis geblieben:

    „Etwas das blüht, sollte man nicht umtopfen. Die Wahrscheinlichkeit, dass es dabei eingeht, ist ziemlich groß.“ Antwort Manus auf den Vorschlag ihres Freundes, gemeinsam die Stadt zu verlassen

    "Das sind alles Leute, die in der Schule beliebt sind oder es mal waren, dachte Winnie. Leute, die nie allein sind. Oder solche, die sich durchs Zuschauen überlegen fühlen, ihre Kraft aus der Schwäche anderer heraus entwickeln, so wie Timo." Gedanken einer gemobbten Schülerin, als sie ihren Mitschüler johlend in der Zuschauermenge sieht.

    "Nie wollte sie in den Tod springen. Immer nur ins Leben." Eigentlich der wichtigste Gedanke auf dem Dach.

    Ich könnte noch vieles anführen, selten habe ich so viele Markierungen beim Lesen angebracht.

    Anfangs konnte ich mit der Portraitzeichnung des Titelbildes nicht viel anfangen. Es wirkte nichtssagend auf mich, aber je weiter ich gelesen habe, umso mehr gefiel mir Cover. Das Portrait einer jungen, nicht angepassten Frau passt ganz genau auf die tragende Figur dieses Romans.
    Meine unbedingte Leseempfehlung.

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  • 5 Sterne

    Miriam G., 30.09.2019

    Eine junge Frau, offenbar selbstmordgefährdet, steht auf einem Dach und die ganze Kleinstadt gerät in Aufruhr. Wird sie springen oder nicht?
    In „Der Sprung“ steht jedoch nicht die junge Frau, die vermutlich vom Dach springen will, im Mittelpunkt, sondern elf Menschen aus deren mittel- und unmittelbarem Umfeld. Ob das ältliche Pärchen Theres und Walther, welches um die Ecke der Geschehnisse ein kleines Lebensmittelgeschäft betreiben, der Polizist, der mit aller Anstrengung versucht, die junge Frau zu überzeugen, nicht zu springen, oder der Freund der zunächst unbekannten Frau: Die Leben aller elf Personen in dem Roman sind von den Taten betroffen.
    Die kurzen Abschnitte, in denen die Geschehnisse des Tages aus der Sicht der jeweiligen Person geschildert werden, machen deutlich, wie sehr das Leben eines jeden Menschen aus unzähligen Verknüpfungen zu anderen Personen besteht. Große (oder auch kleine) Taten und tragische Ereignisse haben Auswirkungen auf unsere Umgebung – direkte und indirekte, negative und zum Teil sogar positive Effekte.
    Zu Beginn des Romans fällt es zunächst schwer, den Überblick über die einzelnen Personen zu behalten. Ich musste öfters zurückblättern, um mir wieder in Erinnerung zu rufen, in welcher Beziehung (oder auch nicht) die Person nun zu den vorherigen steht. Dadurch jedoch, dass die einzelnen Abschnitte teilweise erstaunlich stark in die Tiefe gehen und man trotz der wenigen Seiten sehr viel von den Lebensgeschichten der einzelnen Protagonisten erfährt, ist man sehr schnell in der Geschichte drin. Es ist es faszinierend und zeugt von großem literarischen Talent, dass es der Autorin gelingt, auf nur 300 Seiten die Lebensgeschichten von elf Personen zu skizzieren und miteinander zu verknüpfen: Während zu Beginn die beschriebenen Personen für sich allein stehen, entsteht im Verlauf der Geschichte ein Netz, welches die Schicksale miteinander verknüpft.
    Simone Lapperts Schreibstil ist angenehm leicht, ohne dabei in irgendeiner Art und Weise oberflächlich zu sein. Ihre Figuren sind teilweise ein bisschen verrückt, gemein, liebevoll, untreu – und damit eben sehr realistisch gestaltet. Obwohl das Springen der Frau im Prequel der eigentlichen Geschichte bereits angedeutet wird – es beschreibt den Tritt über den Abgrund und das anschließende Fallen – bleibt die Geschichte spannend. Vor allem die dem Leser lange Zeit verborgene Identität ist ein literarisch kluger Schachzug. Das Ende empfinde ich als gelungen und ebenfalls sehr realitätsnah.

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  • 5 Sterne

    Sonja K., 20.09.2019

    Ein Tag und eine Nacht verändern die Leben von einigen Figuren in Simone Lapperts genial erzähltem Roman. Das Buch ist definitiv ein Lesehightlight für mich.

    Eine Frau, auf dem Dach eines Hauses. Ein Notruf einer vorbeigehenden Frau. Polizei, Neugierige, Anwohner. Alle, die mehr oder weniger nun mit der Frau auf dem Dach in den nächsten Stunden beschäftigt sind. Die meisten kennen sie gar nicht, aber da ist auch noch der Freund der Frau und die Schwester der Frau.
    Simone Lappert erzählt von ihnen. In das Leben von zehn Figuren können wir Leser näher eintauchen. Man glaubt es kaum, auch wenn das Buch "nur" 330 Seiten stark ist, aber trotzdem ist da soviel Leben, soviel Nähe zu den Figuren entstanden.
    "Der Sprung" erzählt von einem Zusammenspiel von Handlungen und Personen, die sich untereinander meist gar nicht kennen. Dennoch, ihr Leben verändert sich in diesen Stunden gewaltig. Nichts ist danach mehr wie vorher.

    Sehr eindrucksvoll, wie die Autorin diese Figuren miteinander verknüpft hat, wie man mit jedem fühlen kann, je mehr man nach und nach über diese erfährt. Anfags denkt man, es sind so viele Fäden, aber sie sind so genial verwoben! Manchmal z.B. erlebt man Szenen, die mit einer Figur anfingen, dann aus den Augen einer andere Figur aus einem anderen Blickwinkel erlebt werden. Kurze Berührungspunkte, die nur dem Leser bewusst werden. Manchmal weiß man als Leser mehr, manchmal wird auch der Leser überrascht.

    Der Schreibstil von Simone Lappert passt wunderbar zu diesen Geschichten, diesen Einblicken in die Seelen von so vielen Protagonisten. Neben allem erschreckenden Voyarismus, den dieses Ereignis auslöst, sind es die Protagonisten, die die Gefühle beim Lesen berühren. Abstoßende, erschreckene, bewundernswerte, mutige, feige, unverständliche und liebenswerte Taten geben sich hier die Hand. Immer wieder sind sehr tiefsinnige Gespräche über das Leben eingeflochten, die zeigen, dass es hier nicht um Oberflächlichkeiten, sondern um das Glück, die Zukunft, den Mut zu Veränderungen, um Schuld und Vergebung, das Loslassen, aber auch an den Glauben an sich selbst geht.

    Eine einzige Frau, die ungewollt einen ganzen Erdrutsch an Emotionen auslöst.
    Ein einziges Ereignis mit lawinenartigen Folgen.
    Und am Ende eine Überraschung.
    Ein ganz besonderer Roman, ein Buch, das ich nur so verschlungen habe.

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  • 5 Sterne

    Nil_liest, 07.09.2019

    Es gibt immer wieder Situationen, in denen wir Menschen begegnen und wir deren handeln und Aussprüche nicht nachvollziehen können. Aber was steht hinter diesen isoliert betrachteten Ausfällen? Es lohnt sich oft genauer hinzusehen und zuzuhören. Oft steckt etwas dahinter, dass Ausbrüche oder Abneigungen so extrem ausfallen. Sei es ein traumatisches Erlebnis, ein Umstand, eine desaströse Kindheit, eine Abneigung gegen etwas oder oder oder. Und genau das zeigt uns dieses Buch auf eine facettenreiche Art. Menschen sind geprägt durch ihre Lebenserfahrungen.
    Auch gibt es Situationen, in denen einzelne etwas tun und andere dadurch beeinflusst werden, auch wenn es indirekt ist, eine Art Schmetterlingseffekt. Auch das ist ein zentrales Element in diesem Romans.
    ‚Der Sprung‘ von der Schweizerin Simone Lappert ist ein besonderes Buch. Die Autorin hat ein feinsinniges Gespür für Sprache. Sie schmeißt bekannte sprachliche Bilder in die Luft und setzt sie nonchalant auf neuartige Weise wieder kreativ zusammen. Ein Beispiel wäre auf Seite 171 zu finden, wo es heißt: „Du kommst ganz nach deinem Vater, dem hat auch der Feinsinn fürs Brachiale gefehlt.“ Oder auch auf Seite 90 „weil Tanzen Träumen mit den Füßen war“.
    Aber kurz zum Inhalt. Zunächst einmal geht ein Spotlight an und wir bekommen ein Bild von einer Frau auf einem Hausdach zugetragen und wie sie springt. Dann werden wir 24 Stunden zurück in die Vergangenheit versetzt. In jedem Kapitel lernen wir eine neue Person kennen. Immer wieder wechselt die Perspektive. Zunächst zusammenhangslos wie einzelne Puzzlezeile, aber dann setzt sich das Bild nach und nach zusammen. Zum Schluss ist das Bild komplett und einige Dinge dann doch anders als gedacht.
    Das Figurenpersonal ist vielfältig und umfangreich. Eine Lektüre in längeren Etappen lohnt sich, sonst verliert man den Faden recht schnell. Faszinierend an dem Roman ist, dass die Personen so vielschichtig entworfen sind, dass jeder Leser eine persönlichen Fokus zu legen scheint und Sympathien und Antipathien unterschiedlich verteilt werden – wie im echten Leben.
    Fazit: Mich hat der Roman begeistert und ich habe ihn sehr gerne gelesen. Einerseits eine leichte Lektüre, andererseits immer mit doppeltem Boden und einem Aufruf Menschen zunächst urteilsfrei zu begegnen, weil jeder eine Lebensgeschichte im Gepäck hat.

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  • 5 Sterne

    dreamlady66, 19.11.2019

    (Inhalt, übernommen)
    Dienstagmorgen in einer mittelgroßen Stadt. Manu, eine junge Frau in Gärtnerkleidung, steht auf dem Dach eines Mietshauses. Sie brüllt, tobt, wirft Gegenstände hinunter, vor die Füße der zahlreichen Schaulustigen, der Presse, der Feuerwehr. Die Polizei geht von einem Suizidversuch aus.
    Einen Tag und eine Nacht lang hält die Stadt den Atem an. Für Finn, den Fahrradkurier, der sich erst vor kurzem in Manu verliebt hat, bleibt die Zeit stehen. Genau wie für ihre Schwester Astrid, die mitten im Wahlkampf steckt. Den Polizisten Felix, der Manu vom Dach holen soll. Die Schneiderin Maren, die nicht mehr in ihre Wohnung zurückkann. Für sie und sechs andere Menschen, deren Lebenslinien sich mit der von Manu kreuzen, ist danach nichts mehr wie zuvor.
    Ein lebenspraller Roman über eine eigenwillige Frau und über die Schicksale, an denen wir voreingenommen oder nichtsahnend vorübergehen. Mit Esprit, Sinnlichkeit und Humor erzählt Simone Lappert vom fragilen Gleichgewicht unserer Gegenwart.

    Zur Autorin:
    Simone Lappert, geboren 1985 in Aarau in der Schweiz, studierte am Schweizerischen Literaturinstitut in Biel. 2014 erschien ihr Debütroman ›Wurfschatten‹, der auf der Shortlist des aspekte-Preises stand. Sie wurde mit dem Wartholz-Preis als beste Newcomerin ausgezeichnet, ist Präsidentin des Internationalen Lyrikfestivals Basel und Schweizer Kuratorin für das Lyrikprojekt ›Babelsprech.International‹. Sie lebt und arbeitet in Basel und Zürich.

    Gesamteindruck/Schreibstil/Fazit:
    Die Autorin Simone Lappert hat ein interessantes Buch geschrieben und der Leser will unbedingt wissen, was es mit dem Sprung auf sich hat?

    Die Frage nach dem wieso, weshalb, warum wird uns hier näher gebracht.
    Einzelne Protagonisten treten auf und stellen sich gemeinsam mit ihr dieser Herausforderung, jeder mit einem anderen Lebensziel, spannend.
    Die diversen Sequenzen kommen authentisch herüber und die vielen Verschiedenheiten, die die Autorin dem Leser vor Augen führt, geben dem Buch eine gewisse Tiefe und lassen es lebendig erscheinen.

    Dazu ein flüssiger und wirklich gut lesbarer Schreibstil runden das Gesamtpaket.
    Ein tolles Buch mit einem interessanten Plot, der auch mich teilweise an meine Grenzen führte - überzeugt Euch gerne selbst...

    Danke an vorablesen.de für diesen Buchgewinn!

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  • 5 Sterne

    dreamlady66, 19.11.2019 bei bewertet

    (Inhalt, übernommen)
    Dienstagmorgen in einer mittelgroßen Stadt. Manu, eine junge Frau in Gärtnerkleidung, steht auf dem Dach eines Mietshauses. Sie brüllt, tobt, wirft Gegenstände hinunter, vor die Füße der zahlreichen Schaulustigen, der Presse, der Feuerwehr. Die Polizei geht von einem Suizidversuch aus.
    Einen Tag und eine Nacht lang hält die Stadt den Atem an. Für Finn, den Fahrradkurier, der sich erst vor kurzem in Manu verliebt hat, bleibt die Zeit stehen. Genau wie für ihre Schwester Astrid, die mitten im Wahlkampf steckt. Den Polizisten Felix, der Manu vom Dach holen soll. Die Schneiderin Maren, die nicht mehr in ihre Wohnung zurückkann. Für sie und sechs andere Menschen, deren Lebenslinien sich mit der von Manu kreuzen, ist danach nichts mehr wie zuvor.
    Ein lebenspraller Roman über eine eigenwillige Frau und über die Schicksale, an denen wir voreingenommen oder nichtsahnend vorübergehen. Mit Esprit, Sinnlichkeit und Humor erzählt Simone Lappert vom fragilen Gleichgewicht unserer Gegenwart.

    Zur Autorin:
    Simone Lappert, geboren 1985 in Aarau in der Schweiz, studierte am Schweizerischen Literaturinstitut in Biel. 2014 erschien ihr Debütroman ›Wurfschatten‹, der auf der Shortlist des aspekte-Preises stand. Sie wurde mit dem Wartholz-Preis als beste Newcomerin ausgezeichnet, ist Präsidentin des Internationalen Lyrikfestivals Basel und Schweizer Kuratorin für das Lyrikprojekt ›Babelsprech.International‹. Sie lebt und arbeitet in Basel und Zürich.

    Gesamteindruck/Schreibstil/Fazit:
    Die Autorin Simone Lappert hat ein interessantes Buch geschrieben und der Leser will unbedingt wissen, was es mit dem Sprung auf sich hat?

    Die Frage nach dem wieso, weshalb, warum wird uns hier näher gebracht.
    Einzelne Protagonisten treten auf und stellen sich gemeinsam mit ihr dieser Herausforderung, jeder mit einem anderen Lebensziel, spannend.
    Die diversen Sequenzen kommen authentisch herüber und die vielen Verschiedenheiten, die die Autorin dem Leser vor Augen führt, geben dem Buch eine gewisse Tiefe und lassen es lebendig erscheinen.

    Dazu ein flüssiger und wirklich gut lesbarer Schreibstil runden das Gesamtpaket.
    Ein tolles Buch mit einem interessanten Plot, der auch mich teilweise an meine Grenzen führte - überzeugt Euch gerne selbst...

    Danke an vorablesen.de für diesen Buchgewinn!

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  • 5 Sterne

    egal, 03.09.2019

    Literarisches Perlchen

    Eine Frau steht auf einem Dach und scheint springen zu wollen, doch sie tut es nicht. Stattdessen hält sie Rettungsdienste, Polizei, Einwohner und Medien auf Trab, indem sie das Dach beginnt abzudecken und dergleichen. Die Polizei versucht ihr Bestes, um die Frau vom Dach zu bekommen, aber eine Entscheidung gibt es erst am zweiten Tag… Das bleibt nicht ohne Auswirkungen auf das Umfeld der Frau, aber auch Anwohner und Polizisten bewegt das Geschehen.


    Diesem Buch kann man, oder zumindest ich, mit einer Rezension kaum gerecht werden, denn es ist so grandios konstruiert, teils mutig und beeindruckend, sodass ich einfach versuche spoilerfrei meine Eindrücke zu schildern.


    Der Geschichte lässt sich leicht folgen, obwohl extrem viele Personen mitten im Geschehen sind und auch deren Vergangenheit eine teils große Rolle spielt. Der Leser bemerkt schnell, dass man Menschen nicht in Schubladen stecken sollte, solange man sie und ihre Geschichte nicht kennt. Alle Charaktere sind mehr oder weniger lose miteinander verbunden. Einige kennen sich persönlich, andere haben nur einen Bezug zu dem Haus auf dem die Frau steht und zu springen droht. Ihre Beschreibungen sind sehr gelungen und haben jeden einzelnen authentisch und doch individuell wirken lassen, sodass man sie gut auseinanderhalten konnte. Es gibt jedoch nicht nur Menschen, die unter dem Geschehen leiden, sondern sogar solche die profitieren.
    Furchtbar, aber sehr gut geschildert finde ich die Zuschauer des Spektakels. Diese Gafferei, die sogar dazu führt, dass manche wünschten, die Frau würde springen – eigentlich unfassbar, aber man weiß ja, dass das heute durchaus realistisch ist. Es gibt aber noch viele weitere Gedankenanstöße – einfach toll geschrieben!


    Das Buch ist gespickt mit schönen Metaphern, lässt sich leicht lesen und hat einen roten Faden, an dem der Leser sehr gut entlanggeführt wird. Besonders gelungen finde ich das Ende, denn es ist etwas offen und gewöhnlich mag ich das überhaupt nicht – hier ist es aber stimmig und einfach passend.


    Dieses Buch hat mich nicht nur beim Lesen sehr gut unterhalten, sondern wirkt auch Tage später noch nach. Ein literarisches Perlchen, welches ich so schnell sicher nicht vergessen werde und das ich gerne weiterempfehle!

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  • 5 Sterne

    Alina H., 31.08.2019 bei bewertet

    "Der Sprung" von Simone Lappert besticht zunächst nicht unbedingt durch das schlichte Cover. Doch wer sich dadurch nicht beeinflussen lässt, das Buch umdreht und den Klappentext liest, der weiß, dass hier eine brillante Idee zu Papier gebracht wurde.

    Eine junge Frau steht auf einem Hausdach. Drum herum Polizisten, Feuerwehr, Anwohner und brüllende, filmende und lachende Jugendliche, die nur darauf hoffen, dass es endlich passiert. Doch die Anwohner der Straße ist dies nicht nur eine Frau, die auf einem Hausdach steht, um zu springen. Das Ereignis löst etwas aus, das auf alle Einfluss nimmt. Finn traut seinen Augen nicht, lies doch am Morgen nichts darauf schließen, dass das passieren könnte. Das Ehepaar, dessen Tante-Emma-Laden durch die Großkonzerne kurz vor dem Bankrott steht und durch den Rummel auf einmal wieder Kundschaft bekommt. Der Polizist Felix, der die junge Frau vom Dach holen soll und dabei von seiner Vergangenheit eingeholt wird... Auf einmal kreuzen sich sich die Wege von Menschen, die ohne die Frau auf dem Dach niemals zusammengekommen wären. Für alle gerät die Welt aus den Fugen und wird neu zusammengesetzt.

    Mein Fazit:

    Ich liebe dieses Buch. Es ist mein Highlight in diesem Monat und ich möchte es jedem ans Herz legen, der Interesse an guter, bewegender, Literatur hat.

    Die Lebenslinien der Charaktere sind auf eine einzigartige und manchmal versteckte Weise zusammengeführt worden, dass ich zwischendrin die einzelnen Namen noch einmal nachschlagen musste. Die Autorin hat das Buch in 3 Abschnitte unterteilt und in diesen jedem Charakter mehr oder weniger für seine Geschichte Raum gelassen. Diese Art des Erzählens wirkt zwar zunächst verwirrend, doch dadurch ist der Leser gezwungen sehr aufmerksam zu sein. Zwischendrin fühlte ich mich wie ein Detektiv. Das fand ich klasse. Das Lesen wurde dadurch interaktiv.
    Zudem erzeugt diese Art der Erzählung eine wundervolle Eigendynamik mit einer fantastischen Sogwirkung.

    Zu betonen ist ebenfalls, dass Frau Lappert alle Gefühle anspricht, obwohl sie oberflächlich in der Erzählung bleibt. Ich habe gelacht, geweint, mich erschrocken, es war alles dabei. Und ehe ich mich´s versah war das Buch mit einem Knall zu Ende und mir kullerte eine Träne über die Wange!

    WOW! Ein geniales Buch!

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  • 5 Sterne

    Hella, 31.08.2019

    "Der Sprung" von Simone Lappert besticht zunächst nicht unbedingt durch das schlichte Cover. Doch wer sich dadurch nicht beeinflussen lässt, das Buch umdreht und den Klappentext liest, der weiß, dass hier eine brillante Idee zu Papier gebracht wurde.

    Eine junge Frau steht auf einem Hausdach. Drum herum Polizisten, Feuerwehr, Anwohner und brüllende, filmende und lachende Jugendliche, die nur darauf hoffen, dass es endlich passiert. Doch die Anwohner der Straße ist dies nicht nur eine Frau, die auf einem Hausdach steht, um zu springen. Das Ereignis löst etwas aus, das auf alle Einfluss nimmt. Finn traut seinen Augen nicht, lies doch am Morgen nichts darauf schließen, dass das passieren könnte. Das Ehepaar, dessen Tante-Emma-Laden durch die Großkonzerne kurz vor dem Bankrott steht und durch den Rummel auf einmal wieder Kundschaft bekommt. Der Polizist Felix, der die junge Frau vom Dach holen soll und dabei von seiner Vergangenheit eingeholt wird... Auf einmal kreuzen sich sich die Wege von Menschen, die ohne die Frau auf dem Dach niemals zusammengekommen wären. Für alle gerät die Welt aus den Fugen und wird neu zusammengesetzt.

    Mein Fazit:

    Ich liebe dieses Buch. Es ist mein Highlight in diesem Monat und ich möchte es jedem ans Herz legen, der Interesse an guter, bewegender, Literatur hat.

    Die Lebenslinien der Charaktere sind auf eine einzigartige und manchmal versteckte Weise zusammengeführt worden, dass ich zwischendrin die einzelnen Namen noch einmal nachschlagen musste. Die Autorin hat das Buch in 3 Abschnitte unterteilt und in diesen jedem Charakter mehr oder weniger für seine Geschichte Raum gelassen. Diese Art des Erzählens wirkt zwar zunächst verwirrend, doch dadurch ist der Leser gezwungen sehr aufmerksam zu sein. Zwischendrin fühlte ich mich wie ein Detektiv. Das fand ich klasse. Das Lesen wurde dadurch interaktiv.
    Zudem erzeugt diese Art der Erzählung eine wundervolle Eigendynamik mit einer fantastischen Sogwirkung.

    Zu betonen ist ebenfalls, dass Frau Lappert alle Gefühle anspricht, obwohl sie oberflächlich in der Erzählung bleibt. Ich habe gelacht, geweint, mich erschrocken, es war alles dabei. Und ehe ich mich´s versah war das Buch mit einem Knall zu Ende und mir kullerte eine Träne über die Wange!

    WOW! Ein geniales Buch!

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  • 5 Sterne

    Martina R., 23.11.2019 bei bewertet

    Leben oder Sterben?
    In Simone Lapperts Roman “Der Sprung“ steht eine Frau namens Manu auf dem Dach eines Hauses. Was hat sie vor? Der Roman ist in drei große Kapitel unterteilt: Der Tag davor, Erster Tag und Zweiter Tag. Vor jedem Kapitel findet sich ein Abschnitt aus der Sicht der Protagonistin, die das Fallen beschreibt und was sie dabei denkt und fühlt bis zum Aufprall. Hat der Sprung in den Tod bereits stattgefunden? Eine große Zahl kürzerer Kapitel bietet den Blick einer Vielzahl von Personen auf die Ereignisse. Diese Menschen stehen Manu nahe oder kennen sie flüchtig: Maren, Felix, Finn, Theres, Egon, Winnie, Astrid usw. Sie haben alle ihre eigene Geschichte, Schwierigkeiten im Alltag, belastende Erinnerungen. Gleichzeitig erfährt der Leser auch einiges über Manu, z.B. durch ihre Schwester Astrid oder ihren Freund Finn, der allerdings nicht einmal ihren Nachnamen kennt, geschweige denn ihre Vergangenheit. Niemand liefert jedoch irgendeine Information, die einen Todeswunsch erklären könnte.
    Während Manu auf dem Dach bis zur Kante hin und herläuft, sammelt sich unten eine Menschenmenge, die vor allem eins will: das Foto des Todessprungs schießen. Die Polizei ist im Einsatz, hat eine Absperrung angebracht und nimmt von der obersten Wohnung aus Kontakt zu der Frau auf, um ihren Selbstmord zu verhindern. Man lässt niemand zu ihr, nicht einmal ihren Freund Finn. Manu verlässt das Dach nicht, sondern bekommt dort Wutanfälle und wirft immer wieder Dachziegel und Gartengeräte nach unten. Das Drama zieht sich über zwanzig Stunden hin.
    Die Autorin zeichnet das Porträt einer Kleinstadt an der Schweizer Grenze und ihrer Bewohner. Anfangs ist die Personenvielfalt etwas verwirrend, jedoch werden viele Figuren dem Leser im Laufe der Geschichte sehr vertraut. Wir erleben, wie die Extremsituation eines scheinbar bevorstehenden Selbstmords sie alle verändert. Sie setzen sich mit belastenden Erinnerungen auseinander, treffen wichtige Entscheidungen für ihr Leben oder wagen einen längst überfälligen Neuanfang. Das wird von der Autorin, die übrigens mit dem bekannten Schweizer Autor Rolf Lappert verwandt ist, spannend und auch sprachlich sehr überzeugend dargestellt. Ein beeindruckender Roman.

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  • 5 Sterne

    nicigirl85, 23.09.2019

    Titel: Was das Leben für einen jeden bereit hält...

    Dieses Buch wurde mir auf der Messe von einer Verlagsmitarbeiterin sehr ans Herz gelegt, weshalb ich sehr gespannt darauf war. Und meine Erwartungen wurden bei Weitem übertroffen.

    In der Geschichte geht es darum, dass eine junge Frau auf einem Dach steht und sich wohl das Leben nehmen will. Was ist ihr passiert, dass sie keinen Ausweg mehr sieht? Und was macht es mit ihrem Umfeld? Den Gaffern? Der Familie? Kommt hier vielleicht jede Hilfe zu spät?

    In der Geschichte begleiten wir mittels eines beobachtenden Erzählers elf Menschen, deren Leben sich durch den Sprung für immer verändern wird. Da haben wir den Polizisten, der die junge Frau vom Suizid abhalten will, ihren Freund, der nicht nachvollziehen kann wieso, die Schwester der Frau, sowie zahlreiche Schaulustige, die mehr oder weniger mit der Sache zu tun haben. Klar ist jedenfalls, dass wohl jeder Leser eine Figur finden wird, mit der er sich identifizieren kann.

    Meine Lieblingsfigur war ganz klar Winnie. Ich mochte an ihr, dass sie trotz der Hänseleien immer noch hilfsbereit ist und genau das tut, was sie zu etwas Besonderem macht: zeichen und nebenbei anderen helfen.

    Ansonsten ist es der Autorin hervorragend gelungen Verpflechtungen zwischen den einzelnen Figuren zu schaffen, die man im Leben nicht hätte erahnen können und am Ende fügt sich alles sehr schlüssig und nachvollziehbar. Mir gefiel vor allem, dass alles Geschilderte zwar teilweise erschreckend, aber eben sehr menschlich ist.

    Beim Lesen des Sprungs vergisst man alles um sich herum. Für mein Empfinden war durch den steten Figurenwechsel die Spannung besonders hoch.

    Die Auflösung zum Sprung selbst hat mich doch sehr geschockt. Nie im Leben hätte ich mit so etwas gerechnet, aber ich möchte nicht zu viel andeuten oder gar verraten. Die junge Frau kann ich daher nur voll und ganz verstehen.

    Fazit: Ich habe diesen Roman sehr gern gelesen, da er mich emotional komplett gepackt hat. Gern spreche ich eine Leseempfehlung aus. Ein Must- Read in diesem Jahr!

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  • 5 Sterne

    bernauerin, 08.09.2019 bei bewertet

    jedes kapitel dieses buches trägt den namen einer person. manche kommen häufiger, andere nicht so häufig vor, aber alle mehrmals. und allmählich stellt der leser fest, dass diese personen die eigentlichen hauptfiguren sind, die durch das mädchen auf dem dach - springt es oder nicht? - nur veranlasst sind, auf die bühne zu treten.

    diese personen zeigen uns nach und nach ihre individualität, ihre besonderheiten, manchmal auch ihre vorgeschichte, wie sie so geworden sind, wie sie nun erscheinen. bei manchen ist schnell klar, in welchem zusammenhang sie mit der "springerin" stehen, bei anderen stellt es sich erst später heraus. auch untereinander zeigen sich verbindungen, die man am anfang nicht vermuten konnte.

    obwohl also kaum eine handlung mit spannungsbogen vorhanden ist (springt sie oder nicht - das trägt nicht durch 331 seiten), ist genau dieses allmähliche auffalten der charaktere und der verbindungen das spannende an dem buch.

    worum es geht? ich würde sagen um normalität und mut. was ist in unserer gesellschaft grade noch normal, was nicht mehr? und wie viel mut braucht jemand, um aus einer angenommenen normalität auszusteigen und sich für etwas zu entscheiden, das ein gewisses wagnis birgt, aber mehr lebendigkeit verspricht?
    am ende des buchs weiß der leser bei den meisten personen nicht, wie sie sich entschieden haben. es gibt zwar hinweise, aber keine sicherheit über weitere entwicklungen. das ist es, was den nachklang des erzählten ausmacht: man begleitet die personen innerlich, man überlegt immer wieder, was sie wohl tun werden. zurück in das gewohnte verhalten? oder doch den schritt nach vorn, auf den anderen zu?

    sprachlich gefällt mir der differenzierte, jedoch nicht komplizierte stil der autorin. an vielen stellen bringt sie gedanken zu den situationen oder konflikten zu einem bemerkenswerten fazit; auch hier entsteht nachklang...

    das buch ist eine entdeckung für mich, eines der besten, die ich in letzter zeit gelesen habe!

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