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  • 5 Sterne

    Helena H., 13.10.2023

    Als Buch bewertet

    „Bitte lass mich deine Augen sehen! Deine großen dunklen Augen! Sie sind kalt, ja, das weiß ich! Aber lass sie mich anschauen, lass mich tief in sie hineinsehen und sehen, ob es in der tiefsten Tiefe einen Gedanken für mich gibt, einen kleinen guten Gedanken über mich!“

    Johanna, eine angesehene Künstlerin, die auf die sechzig zugeht, hat vor über dreißig Jahren ihr Elternhaus und ihren Ehemann verlassen und dabei ein ‚sicheres Leben‘ für Freiheit und einen anderen Mann aufgegeben. Nach dem Tod dieses Mannes kehrt Johanna in ihre Heimatstadt zurück – etwas drängt sie unaufhörlich, sich mit ihrer Vergangenheit auseinanderzusetzen. Ihr Vater, vor dem sie immer Angst hatte, ist vor einigen Jahren gestorben, und zu der jüngeren Schwester hat Johanna nie ein enges Verhältnis gehabt. Was Johanna interessiert, ja geradezu schmerzhaft bedrängt, ist der Gedanke an ihre Mutter. Was für ein Mensch war und ist sie? Wie war ihre Kindheit, Jugend und Elternzeit? Wie hat sie ihre Ehe empfunden? Wie war ihr Verhältnis zu Johanna und sind ihre Erinnerungen mit denen von ihrer Tochter kompatibel? Hat sie Johanna geliebt und wie war es für sie, als ihre Erstgeborene das Zuhause für immer verlassen hat? Möchte sie aus freien Stücken keinen Kontakt mehr zu Johanna haben oder ist es nur der Wille ihrer jüngeren Tochter? Diese und viele weitere Fragen beschäftigen die Ich-Erzählerin. Dass es keinen Austausch auf einer Ebene mit ihrer Mutter geben kann, erkennt Johanna, als es zu einer heftigen Konfrontation zwischen Mutter und Tochter kommt. Da sich die Mutter nie den Wahrheiten in ihrem Leben gestellt hat, kann Johanna ihre ehemalige Heimat und auch ihre unaufgearbeitete Vergangenheit schließlich für immer hinter sich lassen.

    Es ist ein einzigartiges Erlebnis, in die Gedankenwelt der Ich-Erzählerin einzutauchen. Vigdis Hjorth verfügt über eine wunderschöne, subtile, leichtfüßige Sprache, die gleichzeitig eine Direktheit, Intensivität und Gewalt ausübt, dass der Leserin buchstäblich der Atem wegbleibt. Man fühlt sich wie von einer Schlingpflanze umwoben, die zunächst zart und schmeichelnd die Seele berührt, dann aber immer fester zuschnürt. Ich ziehe meinen Hut vor dieser schriftstellerischen Meisterleistung, die einer Mutter-Tochter-Beziehung so tief auf den Grund gehen und dabei auch die Leserin dauerhaft in ihrem Denken prägen kann.

    „Die Mutter ist ein Spiegel, in dem die Tochter sich selbst in der Zukunft sieht, und die Tochter ist ein Spiegel, in dem die Mutter ihr verlorenes Ich sieht, vielleicht will Mutter mich nicht sehen, um nicht zu erfahren, was sie verloren hat? Vielleicht muss ein Kind gegen die Eltern aufbegehren, um seinen eigenen Willen zu entdecken und seinen eigenen Weg zu finden, und wenn die Eltern das ertragen und damit umgehen können, können alle Beteiligten danach eine gleichwertige Beziehung entwickeln, weil sich in der Hitze des Gefechts alle nackt und verletzlich gezeigt haben und weil alle versucht haben, komplizierte und ambivalente Gefühle in Worte zu fassen, etwas, das Mutter und ich nie getan haben. Das ist es, was geschehen muss, damit der Teufelskreis aus Schmerzen gebrochen werden kann.“

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  • 5 Sterne

    Bücherfreundin, 12.09.2023

    Als Buch bewertet

    Beeindruckender und intensiver Roman, der unter die Haut geht
    Der S. Fischer Verlag hat "Die Wahrheiten meiner Mutter", den neuen Roman der norwegischen Autorin Vigdis Hjorth, veröffentlicht, der in Norwegen bereits 2020 unter dem Titel "Er mor død (Ist Mutter tot)" erschienen ist. Das Buch stand auf der Longlist für den diesjährigen International Booker Prize.

    Im Mittelpunkt der Geschichte steht die 60-jährige Ich-Erzählerin Johanna. 30 Jahre ist es her, dass die Jurastudentin, die mit einem jungen Anwalt frisch verheiratet war, einen Abendkurs in Aquarellmalerei besuchte. Sie verliebte sich in den amerikanischen Kursleiter Mark und brannte mit ihm nach Utah durch. Später kam Sohn John auf die Welt, und Johanna arbeitete erfolgreich als Malerin. Nach dem Tod ihres Mannes ist Johanna nun wieder in der Heimat, da dort eine Retrospektive ihrer Werke geplant ist. Sie bezieht eine Wohnung am Fjord, die nur 4 1/2 km von der Wohnung ihrer Mutter entfernt liegt. Später mietet sie sich zusätzlich eine kleine Blockhütte im Wald, in der Hoffnung, dort gut arbeiten zu können.

    Ihren plötzlichen Weggang haben die Eltern trotz erklärender Briefe von Johanna nie verstanden, ihre Berufung als Malerin nie akzeptiert. Sie finden ihre Bilder "Kind und Mutter 1 und 2" empörend und reagieren gekränkt. Als der Vater einen Schlaganfall erleidet, reist Johanna nicht in die Heimat, sie kommt auch nicht zur Beerdigung. Ihre Mutter und ihre jüngere Schwester Ruth sind so verletzt, dass sie den Kontakt zu Johanna abbrechen.

    Seit Johanna zurück ist, versucht sie, ihre mittlerweile 85-jährige Mutter in ihrer Wohnung anzurufen. Sie erreicht sie nicht, versucht es immer wieder. Warum geht die Mutter nicht ans Telefon? Hat Ruth ihre Nummer gesperrt? Johanna fragt per Email bei der Schwester nach und erhält keine Antwort. Auch auf ihre Briefe an die Mutter erfolgt keine Reaktion. Sie wünscht sich verzweifelt, mit der Mutter in Kontakt zu treten, um über die Vergangenheit zu sprechen, und sie beginnt, sich den Alltag der Mutter, wie er sein könnte, vorzustellen. Ihr Wunsch, sie zu sehen, ist so groß, dass sie sie heimlich beobachtet und ihr auf ihren Wegen folgt.

    Das Buch über den krampfhaften und verzweifelten Versuch der Wiederannäherung einer Tochter an ihre Mutter hat mich gleichermaßen gefesselt und erschüttert. Ich konnte nicht verstehen, dass eine Mutter ihre Tochter nicht sehen will, dass sie sich nicht für Johanna, deren Sohn und den Enkel interessiert. Johanna lässt nicht nur ihre Kindheit Revue passieren und sucht nach den Gründen, weshalb ihre Mutter zu der geworden ist, die sie nun ist, sie hinterfragt auch ihre eigene Vergangenheit und ihre Entscheidungen. Die Autorin schreibt in wunderbarer und intelligenter Sprache, die Kapitel sind kurz, bisweilen umfassen sie nur einen oder zwei Sätze. Die Charaktere sind authentisch und bildhaft gezeichnet. Vigdis Hjorth ermöglicht es dem Leser, intensiv in Johannas Gefühls- und Gedankenwelt einzutauchen und dabei ihren Schmerz zu erleben. 

    Mir hat der intensive und berührende Roman, der mich noch lange beschäftigen wird, sehr gut gefallen - absolute Leseempfehlung!

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  • 5 Sterne

    cybergirl, 01.11.2023

    Als Buch bewertet

    Eine Geschichte die mich sprachlos gemacht hat

    Klappentext:
    Johanna ist keine gute Tochter. Um sich zu retten, hat sie die Familie verlassen. Jetzt, dreißig Jahre später, ist sie wieder zu Hause. Sie sucht Nähe, sie will den Kontakt zur Mutter erzwingen, doch die verweigert sich kühl jeder Annäherung. Heimgesucht von den Erinnerungen an die Kindheit zieht Johanna sich in eine einsame Hütte am Fjord zurück, wo es an ihr ist, die Verhältnisse zu ordnen und sich aus den familiären Zwängen zu befreien.

    „Die Wahrheiten meiner Mutter“ von Vigdis Hjorth ist eine schmerzhafte Erzählung über die Beziehung zwischen Mutter und Tochter.

    Johanna hat schon lange keinen Kontakt zu ihrer Mutter. Vor vielen Jahren hat sie ihren erst kürzlich geheirateten Mann für eine andere Liebe verlassen und somit die Familie ins schlechte Licht gerückt. Bis heute hat ihre Mutter ihr das nicht verziehen. Als sie nach dem Tod ihres Vater nicht zur Beerdigung kam hat die Mutter einen Schlussstrich unter die Beziehung gemacht.
    Jetzt ist auch Johannas Mann gestorben und sie kehrt in ihre Heimat Norwegen zurück.
    Johanna möchte sich mit ihrer Mutter aussprechen, dass Vergangene aufarbeiten, doch die Mutter geht weder ans Telefon noch beantwortet sie die Mails von Johanna. Auch die Schwester, die sich um die Mutter kümmert ignoriert alle Kontaktversuche.
    Johanna zieht sich in eine einsame Hütte im Fjord zurück um ihre Gedanken über die Vergangenheit zu ordnen.

    Vigdis Hjorth arbeitet in ihrem Roman die Vergangenheit ihrer Protagonisten auf.
    Sie erzählt die Geschichte aus der Sicht von Johanna, also aus der Ich-Perspektive.
    Heute ist Johanna eine bekannte Malerin und will in Norwegen eine Ausstellung ihrer Gemälde machen. Jetzt erinnert sie sich an ihre Anfänge als Kind. Ihr Vater hat sie nie ernst genommen und auch die Mutter hat ihre Malkünste verspottet.
    Mit der bürgerlichen Rolle die sie einnehmen sollte konnte Johanna sich nicht abfinden.
    Während sie sich mit ihrer Kindheit und Jugend auseinandersetzt und die Beziehung zu ihren Eltern hinterfragt, macht sie sich auch Gedanken über das Leben ihrer Mutter. War ihre Mutter in ihrer Rolle glücklich?

    Vigdis Hjorth erzählt die Geschichte schonungslos ehrlich, ja fast schmerzhaft.
    Es geht um Familienstrukturen und um Verletzungen die man sich gegenseitig zugefügt hat. Um seelischen Schmerz der sehr tief sitzt.
    Aber die Autorin nimmt für keine Seite Stellung ein, verurteilt sie niemand, weder die Tochter noch die Eltern. Das Bild müssen sich die Leser*innen selber machen.
    Der Schreibstil der Autorin ist flüssig und gut verständlich. Die Sprache ist gewaltig, manchmal fast poetisch.

    „Die Wahrheiten meiner Mutter“ ist ein schmerzhaft ehrlicher Roman den ich gerne gelesen habe.

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  • 5 Sterne

    N.N., 08.10.2023

    Als Buch bewertet

    Unter die Haut gehend
    Wie der Titel "Die Wahrheiten meiner Mutter" suggeriert, geht es in diesem Roman um die Verbindung zwischen Tochter und Mutter. Zunächst wird die Zerrissenheit von Johanna, der Hauptfigurbeschrieben, die nach fast 30 Jahren ohne Kontakt mit ihrer Mutter, mit dem Wählen ihrer Telefonnummer einen Prozess in Gang setzt.
    Der innere Prozess von Johanna wird detailreich dargestellt. Hierzu schreibt die Autorin die Gedanken von Johanna in einem an ein Tagebuch angelehnten Stil nieder. Dieses Stilmittel ermöglichte es mich in die Situation von Johanna hineinversetzen zu können. Eine über 50 jährige Tochter, die über Mutterverlust nachdenkt und selbst mit Vielen noch nicht in sich im Reinen ist. Sie ist ausgewandert und eine berühmte Künstlerin geworden. 30 Jahre ist sie ihren vermeintlich eigenen Weg gegangen. Beruflichbedingt ist sie in ihren Heimatort zurückgekehrt, was eine Aussprache mit der Familie ermöglichen könnte. Die letzten Jahre gab es zwischen ihr und ihrer jüngeren Schwester ebenfalls keinen Kontakt. Der Vater ist zwischenzeitlich verstorben. Wieso hat sie sich all die Jahre selbst nicht bei ihrer Familie gemeldet? Wie geht sie mit den Erinnerungen um, die nun präsent werden? Wer konnte und kann sich wie entwickeln? Die Wahrnehmung, Bewertungen von Johanna, ihre Aktionen und Tagträume über ihre Mutter und Schwester sind der überwiegende Inhalt des Buches. Ihr immer intensiver werdendes Bedürfnis klären und sich erklären wollen und erinnernte Fragmente zu einem für sich stimmiges Bild zusammen setzen zu wollen, waren für mich streckenweise anstregend und irritierend. Es war für mich dennoch jederzeit interessant die Entwicklung, die sich die Autorin für ihre Hauptfigur erdacht hat, zu lesen. Die im Roman aufgezeigte Auseinandersetzung mit innerfamiliären Geheimnissen, Überspielen und Interpretationen, könnten an jedem Ort stattfinden, das macht diesen - toll geschriebenen - dramatischen Roman universell.
    Als Ort der Handlung wählte die Autorin Vigdis Hjoth ihr Heimatland Norwegen. Aus meiner Sicht spiegelt sich dies im Cover wieder. Die Beschreibung der Landschaft gefällt mir gut und gab einen Ruhepol zur intensiv beschriebenen Seelenqual. Vigdis Hjoth ist eine talentierte Autorin und dies unkonventionelle und mutige Buch der Empfehlung wert.

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  • 5 Sterne

    1 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Frau M. aus M., 12.09.2023

    Als Buch bewertet

    Eine eigensinnige Tochter
    "Die Wahrheiten meiner Mutter" erzählt eine sehr spannende Geschichte. Eine Tochter hat vor 30 Jahren alles hinter sich lassen müssen, um weit weg von ihrer norwegischen Heimat in den USA ein selbstbestimmtes unangepasstes Leben zu leben. Klar, dass Ehemann, Eltern und Schwester nicht fassen konnten, was passiert ist. Sie waren zunächst empört, ließen aber die Tür noch eine Weile einen Spalt breit offfen, damit die Tochter reuevoll zurückkehren könnte. Als sich jedoch zeigt, dass sie glücklich und auch als Malerin beruflich erfolgreich lebt, wird sie von der Familie ausgeschlossen. Aus der Sicht der Tochter, die jetzt nahe der 60 ist, wird erzählt, wie hoch der Preis der Freiheit für die abtrünnige Tochter ist. Zurück in ihrer Heimatstadt versucht sie vergeblich, Kontakt zu Mutter und Schwester zu bekommen. Sie muss allein fertig werden mit der Riesenwunde, die der Verlust der Familie auch in ihr Herz gerissen hat. Mutig, kompromisslos, ehrlich und sehr gründlich setzt sie sich mit allen denkbaren Fragen, Erinnerungen und Themen auseinander, die eine Geschichte ergeben, mit der die Tochter abschließend leben kann. Der große Abstand zu den Ereignissen und ihre umfangreiche Lebenserfahrung machen das möglich. Es kommt sicher häufiger vor, dass jemand in eine Familie geboren wird, deren Muster für sie bzw. ihn nicht lebbar sind. Dies ist eine Geschichte von einer, die sich nicht beirren lässt. Ich finde das Buch großartig.

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  • 4 Sterne

    Ruth L., 22.09.2023

    Als Buch bewertet

    Intensiver und z.T. schmerzhafter Roman

    Vigdis Hjorth zählt zu den wichtigsten Autorinnen der norwegischen Gegenwartsliteratur. Dieser schon 2020 , im Original unter dem Titel „ Er mor dod“ - „ Ist Mutter tot“, erschienene Roman war nominiert für den International Booker Prize“.
    Die Ich- Erzählerin Johanna kehrt als erfolgreiche Malerin nach dreißig Jahren in ihre Heimat Norwegen zurück, um eine Ausstellung ihrer Werke mitzugestalten. Ihr amerikanischer Ehemann, für den sie damals ihren Mann und ihre Familie verlassen hat, ist gestorben. Der erwachsene Sohn ist selbst schon Vater und lebt in Dänemark.
    Für ihre Eltern war ihre Flucht damals ein Schock und als Johanna nicht einmal zur Beerdigung ihres Vaters nach Hause kam, hat die Familie endgültig mit ihr gebrochen.
    Nun versucht sie Kontakt zu ihrer Mutter aufzunehmen. Sie wünscht sich eine Aussprache und vielleicht sogar eine Aussöhnung. Doch die Mutter geht nicht ans Telefon, reagiert auch nicht auf ihre Mail- Anfragen. Auch ihre jüngere Schwester, die sich ständig um die betagte Mutter kümmert, will nichts von ihr wissen.
    Johanna zieht sich in die Einsamkeit einer Hütte am Fjord zurück, um Klarheit zu finden.
    Ihre Gedanken führen sie in die Vergangenheit . Schon vor ihrem Weggang war das Verhältnis getrübt. Johanna fühlte sich unverstanden, nicht angenommen. Der Vater hatte für die ersten künstlerischen Versuche seiner Tochter nur Spott übrig und die Mutter, die zuvor noch stolz war auf die Bilder, schließt sich der Meinung des Vaters an. Das für sie vorgesehene bürgerliche Leben als Juristin und Ehefrau war nicht das, was sich Johanna vorgestellt hat. Johanna musste gehen, um ihren eigenen Weg zu finden. Doch das hat ihre Familie nicht verstanden. Die beiden von Johanna geschaffenen Gemälde über eine Mutter mit Kind empfanden sie als persönlichen Angriff, als Beleidigung, nicht als künstlerische Auseinandersetzung mit dem Thema Mutterschaft.
    Neben den Erinnerungen kreisen Johannas Gedanken um ihre Mutter. Wie war sie damals, war sie glücklich? Und was ist sie heute für eine Frau? Da sie so lange keinen Kontakt zu ihr hatte, ist sie „ zu einem fremden Land geworden“. Sie muss sie neu für sich erfinden. „ Mutter, ich erdichte dich mit Wörtern, um ein Bild von dir zu haben.“
    Johannas Wunsch einer Begegnung mit der Mutter wird immer obsessiver. Sie wartet stundenlang im Auto vor deren Wohnung, geht ihr hinterher, schreckt aber vor einem persönlichen Kontakt zurück. Sie erfindet sich den Alltag der Mutter, imaginiert ein Wiedersehen mit ihr.
    Das ist zum Teil beklemmend zu lesen, manches ermüdend, weil sich die Gedanken und Handlungen, die wir detailliert miterleben, im Kreis drehen. Allerdings ist genau dieses gleichzeitig sehr glaubhaft und psychologisch stimmig.
    Der Roman ist voll mit grundsätzlichen Überlegungen zu Mutterschaft und familiären Beziehungen. „ Wenn man wüsste, wenn man in jungen Jahren verstünde, wie entscheidend die Kindheit ist, würde man niemals wagen, selbst Kinder zu bekommen.“ heißt es im Text.
    Auch Bezüge zur Literatur ( Ibsen ) und zur Bibel ( Heimkehr des verlorenen Sohnes ) lassen sich finden. Und Fragen nach dem Recht des Künstlers auf seine freie Gestaltung, ohne Rücksicht auf familiäre Bindungen, werden angesprochen. Diese Reflexionen geben dem Roman zusätzliche Tiefe.
    Die Sprache ist klar und präzise, poetisch wird der Text, wenn die Autorin die Natur rund um Johannas Rückzugsort beschreibt. Hier finden sich Bilder, die Johannas Seelenleben spiegeln.
    „ Die Wahrheiten meiner Mutter“ ist ein intensiver und z.T. schmerzhafter Roman über eine komplizierte Mutter- Tochter- Beziehung, über Familienstrukturen und seelische Verletzungen. Keine angenehme Lektüre, aber eine gewinnbringende.

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  • 5 Sterne

    Katharina D., 07.09.2023

    Als Buch bewertet

    "Mutter - der Stein im Schuh"
    Weil sie nicht daran teilhaben durfte, erschafft sich die Protagonistin das Leben ihrer Mutter im Geiste. Man hat sie aus der Familie ausgeschlossen, aber sie versteht nicht warum.
    Diese Frage muss sie ergründen. Verzweifeltes Bemühen um Erklärung, das ihre Gedanken beherrscht und ihr den Schlaf raubt.
    In ihrem Buch hat die Autorin alle Fragen, die es geben kann in einem zerrütteten Verhältnis zwischen Mutter und Tochter gestellt und beantwortet. Alle Aspekte aus allen Richtungen betrachtet, alle Möglichkeiten erwogen und gewogen, alles schon im Voraus gedacht, bedacht und gefühlt, alle Schmerzen durchlitten und ertragen.
    In ihrem eigenen Leben musste sie Vater und Mutter vergessen, wenn sie glücklich sein wollte.
    Sie ist nicht den Weg der Mutter gegangen, sie wollte nur das leben, was in ihr war. Ist es möglich, dass sich eine Mutter so radikal und herzlos von ihrem Kind trennen kann?
    Sie muss die Antwort finden, um weiterleben zu können.

    Ein Buch, dass manche bis in ihre Grundfesten erschüttern könnte.
    Ein Buch, dass einen so schnell nicht mehr loslässt.

    Die Umschlaggestaltung von Leif Nyland imaginiert perfekt die Stimmung Norwegens und die Stimmung des Buches.

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  • 5 Sterne

    Nina S., 23.11.2023

    Als Buch bewertet

    Tiefgehend und ungewöhnlich

    Johanna ist in ihren 60ern und zieht nach vielen Jahrzehnten zurück in ihr Heimatland Norwegen. In die Stadt, in der ihre Mutter lebt. Nur etwa 4 Kilometer entfernt von ihrer Wohnung. Zu ihrer Mutter hat sie seit Jahren keinen Kontakt mehr. Auf ihre Anrufe und ihre Briefe wird nicht reagiert. Schuld sind ein alter Streit und viele Missverständnisse.

    Johanna durchlebt in "Die Wahrheiten meiner Mutter" die wichtigsten Momente ihrer Kindheit, sucht Erklärungen für das Verhalten ihrer Mutter, sucht nach Versöhnung und nach Verständnis. Der Schreibstil der Autorin ist dabei ungewöhnlich, aber tiefgreifend. Die Sätze sind lang, die Abschnitte meist kurz und es gibt keine wörtliche Rede mit Satzzeichen. Doch gerade dieser Schreibstil passt sehr gut zu dem inneren Monolog der Protagonistin. Mit vielen Gedanken und Erfahrungen, die Johanna antreiben, kann sich die Leserin oder der Leser identifizieren. Die beschriebene Familiendynamik bestürzt aber fasziniert gleichermaßen. Ein packendes Meisterwerk, fantastisch geschrieben.

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  • 5 Sterne

    Quincyliest, 26.10.2023

    Als Buch bewertet

    Vigdis Hjorth ist eine der bekanntesten norwegischen Gegenwartsautorinnen. In ihrem neuen Roman erzählt sie die bewegende Geschichte über ein schwieriges bzw. zerrüttetes Mutter - Tocher - Verhältnis.
    Die Künstlerin Johanna kehrt nach Jahrzehnten im Ausland in ihr Heimatland Norwegen zurück. Der Vater ist bereits verstorben. Johanna sucht intensiv den Kontakt zu ihrer Mutter, mit der sie sich aussprechen und vielleicht auch aussöhnen möchte. Doch ist die Mutter auch dazu bereit? Die gegenseitig zugefügten Verletzungen sitzen sehr tief. Schuldfragen stellen sich. Die Mutter signalisiert kein Interesse an einem Treffen, doch Johanna gibt nicht auf, ihr Leben ist beherrscht von dem Wunsch, mit der Mutter sprechen zu können.
    Das Ende der Geschichte soll hier nicht vorweggenommen werden, es ist auf jeden Fall anders als ich erwartet hatte.
    Mich konnte der Roman von Anfang bis Ende fesseln. Die Charaktere wurden realistisch gezeichnet. V. Hjorth hat einen berührenden und intensiven Roman geschrieben, den ich gern weiterempfehle.

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  • 5 Sterne

    brauneye29, 16.10.2023

    Als eBook bewertet

    Zum Inhalt:
    Johanna hat früh die Familie verlassen, doch jetzt, dreißig Jahre später will Johanna den Kontakt zur Mutter wieder aufbauen. Sie will den Kontakt erzwingen, schreibt immer wieder, erhält aber keine Antwort. Die Mutter blockt jeglichen Kontakt ab. Doch die Erinnerungen der Kindheit suchen sie immer öfter heim und Johanna zieht sich in eine einsame Hütte zurück um sich aus den familiären Zwängen zu befreien.
    Meine Meinung:
    Das war ein unglaublich intensives Buch. die Tochter, die verzweifelt versucht, die Vergangenheit zu verarbeiten, mit der Mutter wieder in Kontakt zu kommen und einer Mutter, die all die Versuche des Kontakts abblockt. Die vielen Erinnerungen, die Johanna hat, seien es gute oder auch schlechte erleben wir quasi wie ein stiller Zuhörer mit. Auch wenn diese nicht gekennzeichnet waren, wusste man immer genau, ob es sich um eine Erinnerung handelte oder um aktuelles Geschehen. Das Buch war intensiv und trotzdem sehr kurzweilig zu lesen.
    Fazit:
    Sehr intensiv

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  • 4 Sterne

    Sarah H., 27.09.2023

    Als Buch bewertet

    „𝘔𝘶𝘵𝘵𝘦𝘳, 𝘪𝘤𝘩 𝘦𝘳𝘥𝘪𝘤𝘩𝘵𝘦 𝘥𝘪𝘤𝘩 𝘮𝘪𝘵 𝘞𝘰̈𝘳𝘵𝘦𝘳𝘯, 𝘶𝘮 𝘦𝘪𝘯 𝘉𝘪𝘭𝘥 𝘷𝘰𝘯 𝘥𝘪𝘳 𝘻𝘶 𝘩𝘢𝘣𝘦𝘯.“ (𝘚. 99)

    Johanna verlässt Hals über Kopf ihren Mann und ihr Leben in Norwegen, um mit ihrer großen Liebe nach Amerika zu gehen. Damit stößt sie ihre Familie vor den Kopf und hat nur noch sporadisch Kontakt.
    Sie heiratet, bekommt einen Sohn, ist Könstlerin und stellt ihre Werke (Mutter und Kind 1 und 2) auch in ihrer Heimatstadt aus. Die Mutter fühlt sich davon überaus angegriffen und als kurz darauf der Vater stirbt, bricht der Kontakt vollends ab.
    Nach 30 Jahren, der Sohn längst erwachsen, ihr eigner Mann gerade verstorben, kehrt Johanna nach Norwegen, in die Stadt ihrer Kindheit, zurück und will sich mit der verbliebenen Familie bestehend aus Mutter und Schwester aussöhnen, welche jedoch jeglichen Kontakt verweigern.
    -
    Wie gelingt Annäherung, wenn eine der Personen dies nicht will?
    Man könnte fast meinen, dass es unmöglich ist und doch gelingt Vigdis Hjorth genau das.
    Über die eigenen Gedanken und Erinnerungen nähert sich Johanna ihrer Mutter an, kommt ihr wahrscheinlich näher, als jemals zuvor. Sie nimmt die Vergangenheit auseinander, versucht Rückschlüsse zu ziehen und Fragen zu beantworten. Vieles ist ein Rätselraten, ein Vermuten, ein Schweben zwischen unendlichen Möglichkeiten. Um ihrer Mutter näher zu kommen, stellt Johanna auch sich selbst immer wieder in Frage, durchlebt verschiedenste Gefühle, von Wut, über Verzweiflung, bis hin zu Erleichterung. Sie taucht tief in ihre Kindheit ein, lässt uns daran teilhaben, wie verkorkst es damals schon war und schließt auch irgendwie damit ab, als sie erkennt, dass nicht sie das Problem ist oder war.
    Ich fand es unglaublich hart zu lesen, wie Johanna immer wieder versucht den Kontakt zur Mutter aufzunehmen und diese sie immer wieder ignoriert. Ich konnte es nicht verstehen, wie die Mutter so derart verbohrt sein kann, immerhin ist es ihre Tochter… ich kann es bis jetzt nicht und doch zeigt es sehr schön, dass wir andere Menschen nicht ändern können, sondern nur uns selbst oder unsere Einstellung zu ihnen.
    Ich hätte mir sehr einen anderen Ausgang der Geschichte gewünscht, aber es passt sehr gut ins Bild und ist auf eine Weise auch irgendwie schön.
    Das Buch zu lesen, ist ein bisschen wie denken. Das Geschriebene ist manchmal wirr, ab und zu überschlägt es sich, es wird hin und her gesprungen, viele Emotionen spielen rein. Es fühlt sich an, wie direkt im Kopf der Erzählperson zu verweilen, was mir sehr gut gefallen hat.
    Ein thematisch dichter Roman über eine schwierige Mutter-Tochter-„Beziehung“, der von Verlust, Enttäuschung, Ablehnung, Verletzung und Abnabelung erzählt und der Protagonsitin erlaubt ihre Kindheit aufzuarbeiten, auf eine Weise, wie ich es noch nicht gelesen habe.
    Auf jeden Fall gibts eine Leseempfehlung von mir.

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  • 5 Sterne

    begine, 27.09.2023

    Als Buch bewertet

    Drastische Beziehung

    Die norwegische Schriftstellerin Vigdis Hjorth besticht mit ihrem Roman „Die Wahrheiten meiner Mutter“.
    Dieser Roman hat einen eigenartigen Stil.
    Johanna hatte dreißig Jahre keinen Kontakt mit der Mutter und der Schwester, die wollten von ihr nichts wissen. Johanna ist Künstlerin und ihre Werke werden in ihrer Heimatstadt ausgestellt.
    Schon als Mädchen hat sie gerne gezeichnet und ihre Mutter fragte sie, warum müssen deine Bilder immer schlimm aussehen, male doch schöne Bilder.
    Als sie jetzt in der Stadt ist ruft sie ihre Mutter an, aber die drückt sie weg.
    Gut erst dachte ich, wenn sich meine Tochter so lange nicht gemeldet hat, wäre ich auch nicht so schnell bereit.
    Aber dann bekommen wir von ihren Gedanken in die Vergangenheit mit, was vorgefallen ist.

    Es ist ein erschütternder Bericht über die Beziehung zwischen Mutter und Tochter.

    Der Roman lässt sich gut lesen.

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  • 5 Sterne

    begine, 27.09.2023

    Als Buch bewertet

    Drastische Beziehung

    Die norwegische Schriftstellerin Vigdis Hjorth besticht mit ihrem Roman „Die Wahrheiten meiner Mutter“.
    Dieser Roman hat einen eigenartigen Stil.
    Johanna hatte dreißig Jahre keinen Kontakt mit der Mutter und der Schwester, die wollten von ihr nichts wissen. Johanna ist Künstlerin und ihre Werke werden in ihrer Heimatstadt ausgestellt.
    Schon als Mädchen hat sie gerne gezeichnet und ihre Mutter fragte sie, warum müssen deine Bilder immer schlimm aussehen, male doch schöne Bilder.
    Als sie jetzt in der Stadt ist ruft sie ihre Mutter an, aber die drückt sie weg.
    Gut erst dachte ich, wenn sich meine Tochter so lange nicht gemeldet hat, wäre ich auch nicht so schnell bereit.
    Aber dann bekommen wir von ihren Gedanken in die Vergangenheit mit, was vorgefallen ist.

    Es ist ein erschütternder Bericht über die Beziehung zwischen Mutter und Tochter.

    Der Roman lässt sich gut lesen.

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  • 4 Sterne

    Elke O., 05.10.2023

    Als eBook bewertet

    Sehnsucht nach Familie
    Johanna hat sich vor 30 Jahren von ihrer Familie abgewendet. Sie ist aus ihrer Ehe und damit aus den Familienbanden ausgebrochen, um endlich das Leben zu führen, das sie sich wünscht, und nicht mehr nach den Idealvorstellungen anderer zu leben. Sie geht mit ihrem neuen Partner nach Utah und verwirklicht ihren Traum, als Künstlerin zu arbeiten. Der Kontakt zu ihrer Familie in Norwegen ist nur noch in Fetzen vorhanden.
    Anlässlich einer Ausstellung ihrer Kunstwerke in ihrem Heimatland beschließt sie, wieder dorthin zu ziehen, denn ihr Lebenspartner ist verstorben und ihr Sohn hält sich mittlerweile in Europa auf.
    Aber da ist noch etwas anderes, das sie antreibt, ihrer Heimat wieder nahe zu kommen. Da ist eine gewisse Sehnsucht, sich mit ihrer Mutter auszusöhnen, sich ihr zumindest wieder anzunähern. Johannas Gedanken kreisen unentwegt um diese Frau, die sie geboren hat, zu der sie aber nie das erwünschte enge Verhältnis hatte.
    Durch zahlreiche Rückblicke erfahren wir immer mehr über Johannas Kindheit und warum das Verhältnis zur Mutter so schwierig war. Ihre Kindheit wurde bestimmt durch Heimlichkeiten und Ängste, da ihr Vater sehr streng und überkorrekt war und ihre Mutter sich ihm unterordnete. Sogar Johannas Ex-Mann wurde von ihrem Vater dazu gebracht, seine Frau und ihre beruflichen Bestrebungen zu belächeln....wie befremdlich und wie demütigend! Und keiner hat zu ihr gestanden.
    Und nun ist da dieser Wunsch Johannas, ihrer Mutter wieder mehr Raum in ihrem Leben zu geben. Ihre Vorgehensweisen, um dieses Ziel zu erreichen, sind teilweise sehr befremdlich....
    Was macht das Buch mit dem Leser? Mich hat es zum Nachdenken über mein eigenes Mutter-Tochter-Verhältnis angeregt, sowohl zu meiner eigenen Mutter, als auch mein Verhältnis als Mutter zu meiner Tochter. Ich habe immer wieder versucht, Parallelen zu entdecken oder über fehlende Parallelen zu grübeln. Da meine Mutter schon vor Jahren verstorben ist, hat mich das Buch bisweilen auch emotional runtergezogen.
    Der Schreibstil gibt Johannes Gefühle präzise wieder, man fühlt sich emotional mit ihr verbunden, sowohl in positiver wie in negativer Weise. Da ist Mitgefühl mit ihren Enttäuschungen, aber auch Unverständnis für ihre Methoden der Annäherung. Teilweise fand ich die beschriebenen Gedankengänge redundant, was zu einer gewissen Langatmigkeit einiger Kapitel führte.
    Alles in allem ein Buch, das sich nicht als Urlaubslektüre eignet, sondern mit dem man sich innerlich stark auseinandersetzt.

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  • 4 Sterne

    coffee2go, 25.11.2023

    Als Buch bewertet

    aus der Perspektive der Tochter

    Der Roman analysiert die Mutter-Tochter-Beziehung von Johanna und ihrer Mutter aus Sicht von Johanna. Die Atmosphäre ist vergiftet, traurig, düster und lässt nicht viel Hoffnung auf ein positives Ende. Spannend finde ich, dass viele Situationen aus der Kindheit erzählt werden, in denen auch noch weitere Personen eine Rolle spielen, wie Johannas Vater oder ihre Schwester Ruth. Johanna hat seit über 30 Jahren keinen Kontakt mehr zu ihrer Mutter und auch nicht zu ihrer Schwester, der Vater ist inzwischen verstorben. Für Johanna ist der Zeitpunkt gekommen, die Geschehnisse und Zerwürfnisse von damals wieder aufzurollen und zu analysieren und aus ihrer heutigen Perspektive zu betrachten und neu zu bewerten. Interessant finde ich, dass Tage aus Johannas Kindheit und das Leben ihrer Mutter mit ihrem heutigen Wissensstand und ihrer Erfahrung teilweise komplett anders wahrgenommen werden. Schade finde ich, dass die Erzählung nur aus Johannas Perspektive erzählt wird und die anderen beteiligten Personen nicht ihre Sichtweise darlegen können. Eine erneute Annäherung ist nicht erwünscht und trotzdem wünscht sich Johanna einen Abschluss, sodass sie ihre eigenen Rituale dafür findet. Den Titel finde ich etwas problematisch, denn als außenstehende Person kann Johanna nicht „die Wahrheiten ihrer Mutter“ beschreiben, sondern bestenfalls ihre eigenen Wahrheiten. Auch wenn „Wahrheiten“ im Titel impliziert, dass es mehr als eine Wahrheit gibt.

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  • 4 Sterne

    sabsi s., 08.09.2023

    Als Buch bewertet

    Sprachlosigkeit
    Johanna ist ihren eigenen Weg gegangen. Sie hat nicht Jura studiert, ist nicht mit dem Anwalt verheiratet geblieben und hat ihr Leben mit der Familie verbracht. Sie ist aufgebrochen, hat ihre Leidenschaft gelebt und eine eigene Familie auf einem anderen Kontinent gegründet.
    Nun verschlägt sie das Schicksal in die Stadt, wo ihre Herkunftsfamilie wohnt.
    Sie möchte ihre Mutter treffen und sich erklären, aber jeder Kontakt wird unterbunden.

    Wir folgen in den teilweise sehr kurzen Kapiteln den Gedanken und Erinnerungen von Johanna. Sie ist besessen von dem Wunsch, ein Gespräch mit ihrer Mutter zu führen. Die Leser:in wünscht sich immer mehr, dass es doch stattfinden möge, damit sie auch die andere Seite mal hört.

    Hier wird eine sprach- und lieblose Mutter-Tochter-Beziehung beschrieben. Die Mutter hält grundsätzlich zum strengen Vater, zeigt Verständnis und Bewunderung für die Tochter nur in der Zweisamkeit. Die Tochter wünscht sich eine immer liebevolle Mutter, die sie aber über die ganze Kindheit nicht bekommt.
    Das ein oder andere ist von Wiedererkennungswert….

    Das Cover des Buches hat mich gar nicht angesprochen.
    Ansonsten habe ich es an zwei Tagen verschlungen und kann es jedem empfehlen, der in die Gedankenwelt einer unglücklichen Tochter eintauchen möchte.

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  • 4 Sterne

    Karen S., 02.10.2023

    Als Buch bewertet

    Johanna hat seit Jahren keinen Kontakt zu ihrer Mutter und Schwester. Vor vielen Jahren ist sie nach Amerika ausgewandert - eine Entscheidung, die ihre Familie nicht verstehen konnte. Und nach einigen Jahren ist der Kontakt komplett abgebrochen, nachdem Johanna nicht zur Beerdigung ihres Vater erscheint.
    Johanne möchte dies nun jedoch ändern, allerdings werden ihre Kontaktversuche abgewehrt.

    Der ganze Roman wird aus Sicht von Johanna erzählt und in weiten Teilen, handelt es sich um Gedankengänge und Fantasievorstellungen. Da sie ja keinen Kontakt mit Mutter und Schwester hat, stellt sie sich vor, was diese wohl denken und tun. Dies finde ich stellenweise sehr langatmig.

    Andererseits finde ich auch, dass es ein eindrückliches Bild davon zeichnet, wie wir uns die Realität oftmals selber zusammenreimen.
    Diese Mutter-Tochter Beziehung ist kompliziert und um eine Versöhnung zu erreichen, bedarf es beider Seiten. Dabei wirft der Roman auch die Frage auf, wie (und vielleicht sogar ob) man seinen Frieden finden kann, wenn die andere Seite Kommunikation verweigert.

    Auch wenn im Außen eher wenig passiert, ist es ein interessanter Roman über ein Thema, zu dem sicher viele LeserInnen einen persönlich Zugang haben.

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  • 4 Sterne

    Gerhard S., 11.10.2023

    Als Buch bewertet

    Die Norwegische Autorin Vigdis Hjorth hat in ihrem neuen Roman „ Die Wahrheiten meiner Mutter „ ein ausgezeichnetes Werk
    über die zerrüttete Beziehung einer Tochter zu ihrer Mutter und ihrer Familie verfasst.
    Ihre Protagonistin Johanna heiratet jung und verlässt die Familie für einen Kunstlehrer , weil sie erkennt,
    dass sie den von ihrer Familie für sie erwünschten Lebensweg ( Familie, Kinder) nicht gehen möchte.
    Johanna lebt ihr eigenes Leben und wird eine bekannte Künstlerin.
    Der Kontakt zu ihren Eltern und ihrer Schwester verläuft nur noch sporadisch, wird aber von ihrer Mutter und ihrer Schwester beendet,
    als Johanna nicht zur Beerdigung ihres Vaters erscheint.
    Als auch Johannas Man verstirbt, entschließt sie sich nach Norwegen zurückzukehren und den Kontakt zu ihrer Mutter wieder aufleben zu lassen.
    Im Laufe der Zeit und auch aufgrund ihrer Lebenserfahrung lernt sie langsam manche Beweggründe und damaligen Handlungen ihrer Mutter zu verstehen.
    Dieser Roman über die Beziehung von Mutter ist sehr intensiv geschrieben
    und die Tochter- Mutter Beziehung sehr gut wiedergegeben.

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  • 3 Sterne

    R.S., 08.10.2023

    Als Buch bewertet

    Schwierig Mutter-Tochter-Beziehung, schwieriges Buch

    Die 60-jährige Johanna kehrt nach dreißig Jahren nach Norwegen zurück, wo sie als Malerin inzwischen so erfolgreich ist, dass ihr in ihrem Heimatland eine Retrospektive gewidmet wird. In jungen Jahren entfloh sie einem Leben, das bereits von ihren Eltern, insbesondere ihrem Vater, vorgezeichnet war, um mit ihrem Kunstlehrer Mark, mit dem sie ihren Sohn John bekam, nach Utah zu ziehen. Das Verhältnis zu ihren Eltern und ihrer Schwester, das nicht gerade idyllisch ist, kühlt sich nach ihrem ersten Werken ab, da sie der Meinung sind, dass es die Familie verunglimpft. Ganz bricht es schließlich dann zusammen, als sie zur Beerdigung ihres Vaters nicht nach Hause zurückkehrt.
    Zurück in Norwegen versucht sie, ihre Mutter anzurufen, aber sie reagiert nicht auf ihre Anrufe. Also macht sie sich auf die Suche nach ihrem Wohnort, spioniert sie aus, verfolgt sie, um ihre neuen Gewohnheiten zu ergründen. Nach und nach tauchen Erinnerungen an ihre Kindheit auf, vor allem im Zusammenhang mit ihrer Mutter, die sich als scheinbar sorglose Frau dem Familienleben verschrieben hat, aber in Wirklichkeit unglücklich ist. Das Bedürfnis nach einer klärenden Konfrontation zwischen Johanna und ihrer Mutter wird immer dringender, aber die alte Frau will nichts mehr mit ihrer Tochter zu tun haben.

    Obwohl mir bestimmte Elemente des Romans sowie das Gesamtkonzept gefielen, fiel der Roman insgesamt ein wenig flach aus, besonders das Ende konnte mich nicht überzeugen.
    Anfangs passiert zunächst nicht viel und der Beginn der Erzählung lässt, für mich an Tempo missen, nach und nach nimmt die Handlung dann aber an Fahrt auf.
    Johanna, die Ich-Erzählerin, ist als Erzählerin unzuverlässig, was jedoch den Reiz der Geschichte ausmacht. Etwa die Hälfte der Handlung besteht darin, dass die Ich-Erzählerin Hypothesen über ihre entfremdete Beziehung zu ihrer Mutter und ihrer Schwester heraufbeschwört. Die Protagonistin ist einerseits blind gegenüber sich selbst, andererseits intelligent, einfühlsam, aber insgesamt unsympathisch und etwas nervig. Genau diese ambivalenten Gefühle gegenüber Johanna hielten mein Interesse an der Geschichte wach. Johanna ist regelrecht besessen in Bezug auf ihre entfremdete Mutter, was auf eine beklemmende und bedrückende Art und Weise erzählt wird. Kurze Kapitel und Naturschilderungen, die den Gedanken- und Erinnerungsstrom der Erzählerin über ihre Mutter gelegentlich unterbrechen, tragen zu diesem klaustrophobischen Gefühl bei.

    Bis kurz vor Ende des Romanes, war die Entwicklung des Handlungsverlaufs noch vielversprechend, doch dann kam das antiklimatische Ende. Der Roman zeigt bis dahin auf, dass die Beziehungen zwischen Eltern und Kindern viel komplexer sind, als es den Anschein hat, und dann löst sich das Ende eines Jahrzehnte alten Konfliktes in einem einzigen Ereignis auf. Der lang ersehnte Höhepunkt verpufft regelrecht und beantwortet keine Frage so richtig, was einen unbefriedigt zurücklässt.

    Alles in allem ist "Die Wahrheit meiner Mutter" sprachlich und stilistisch ein gut erzählter Roman über eine schwierige Beziehung zwischen Tochter und Mutter, tempomäßig und inhaltlich kann er aber nicht komplett überzeugen, vor allem das Ende ist enttäuschend.

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  • 4 Sterne

    Suzann K., 27.12.2023

    Als Buch bewertet

    Keine einfache Beziehung
    "Die Wahrheiten meiner Mutter" von Vigdis Hjorth ist ein Buch, dass ich nicht so schnell vergessen werde. Gerade diese Mutter-Tochter-Beziehung als Thema geht unter die Haut und regt zum nachdenken an.
    Die Geschichte wird aus der Sicht der Tochter, Johann, erzählt. Es arbeitet viele Geschehnisse und Konflikte auf, spricht sie an, zerrt sie ans Licht. Mit einer Schonungslosigkeit und Ehrlichkeit, die teils schockiert und unter die Haut geht.
    In der Erzählung wird nicht gewertet und geurteilt, das übernimmt hier der Leser selbst.
    Es tut weh zu lesen, wie sich Menschen in Familien, Menschen, die sich lieben und nahestehen, so gegenseitig verletzen können.
    Der Schreibstil ist einmalig, nicht immer leicht lesbar, an manchen Sätzen hatte ich lange zu verdauen, aber das passt hier alles sehr gut zu dem, was gesagt werden soll und wird. Mir hat es viel zum Nachdenken geboten.

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