5€¹ Rabatt bei Bestellungen per App

 
 
Merken
Merken
 
 
lieferbar
versandkostenfrei

Bestellnummer: 147789716

Buch (Gebunden) 28.80
Dekorierter Weihnachtsbaum
In den Warenkorb
Sortiert nach: relevanteste Bewertung zuerst
Filtern nach: alle
Alle Kommentare
  • 5 Sterne

    3 von 3 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Brigitte S., 10.09.2023

    Als Buch bewertet

    Wow, was für eine Geschichte. Der Schriftsteller James Hynes entführt
    uns in ein Bordell nach Spanien im vierten Jahrhundert nach Christus.
    Auch damals gab es schon Zwangsprostitution. Die Sexarbeiterinnen
    genannt Wölfinnen sind Leibeigene des Bischofs und müssen schuften,
    damit der hohe Kirchenmann sich eine feudale Kirche leisten kann.
    Bewacht werden die Wöfinnen vom brutalen Zuhälter Audo. Unter diesen
    miesen Bedingungen wächst ein kleiner Junge auf, der keinerlei Liebe
    erfährt und der von Essensresten, die ihm die Köchin zuwirft, lebt.
    Der Junge wurde als Baby an das Bordell verkauft. Wo er herkommt, weiß
    er nicht. Sein Leben wird erst ein bisschen heller, als sich die Wölfin
    Euterpe um ihn kümmern darf. Sie erzählt ihm Geschichten und die zwei
    haben ein inniges Verhältnis zueinander. Da der Junge keinen Namen hat,
    gibt sie ihm den Kosenamen Sperling. Schon bald muss der Junge auch als
    Wölfin arbeiten und wird brutal von Audo und den Freiern vergewaltigt.
    Um ganz schlimmen Situationen zu entfliehen, stellt er sich einen Sperling
    vor und fliegt davon.
    Das Buch hat mich sehr berührt. Den Schreibstil finde ich sehr gut. Man
    kann gar nicht aufhören, zu lesen. Auch das Buchcover passt zur Geschichte.
    Absolut lesenswert!

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 5 Sterne

    3 von 4 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    dorli, 20.09.2023

    Als Buch bewertet

    In seinem Roman „Ich, Sperling“ entführt James Hynes den Leser in das 4. Jahrhundert nach Carthago Nova - eine antike Hafenstadt auf der Iberischen Halbinsel - und erzählt die Geschichte eines Sklavenjungen.

    In einem kurzen Prolog stellt sich Jakob vor. Jakob ist ein alter Mann, der seine Lebensgeschichte niederschreibt. Es sind seine Kindheitserlebnisse, um die es in diesem Roman geht. Jakob beginnt seine Erzählung mit seinen ersten zusammenhängenden Erinnerungen - er sitzt im Dämmerlicht auf dem Boden in einer Küche. Es ist drückend heiß. Eine zornige Frau entgrätet Fische.

    Einen Namen hat Jakob als Kind nicht. Man erklärt ihm, dass er ein Niemand ist. Namenlos. Elternlos. Herkunft unbekannt. Ein Ding, kein Mensch. Man ruft ihn Pusus, Maus oder auch Kleiner. Eine seiner Ziehmütter, die Prostituierte Euterpe, erzählt ihm eine Geschichte vom gelehrigen Sperling. Der Sperling wird für den Jungen nicht nur zu einem heimlichen Namensvetter, sondern auch zu einem Sinnbild für Hoffnung.

    Die täglichen Aufgaben des Jungen beschränken sich zunächst auf die Arbeit in der Küche. Später muss er auch zum Brunnen und Wasser holen, andere Botengänge erledigen, die Taverne putzen und kellnern. Und schließlich wird auch das Bordell zu seinem Arbeitsplatz.

    Es treibt einem beim Lesen die Tränen in die Augen, weil dieser wissbegierige Junge von Anfang an keine Chance hat. Obwohl er schnell lernt und sich den groben Gepflogenheiten in der Taverne anpasst, es versteht, Faustschlägen zu entgehen und Tritten auszuweichen, kann er dem Sklavendasein nicht entkommen. Er ist der Willkür und den Launen seines Umfelds schutzlos ausgeliefert. Immer wieder wird ihm klar gemacht, dass sein Leben und sein Körper nicht ihm gehören. Nur der Sperling spendet ihm in den schlimmsten Momenten Trost.

    James Hynes versteht es ganz ausgezeichnet, die Straßen der antiken Stadt mit Leben zu füllen. Er schildert die Lebensumstände der Deklassierten, die Geschäftigkeit auf dem Markt und am Hafen, die Brutalität des Alltags und die rauen Sitten in Taverne und Bordell genauso intensiv wie die kurzen Augenblicke der harmlosen Fröhlichkeit, wenn Euterpe Sperling das Lesen und Rechnen lehrt und Geschichten erzählt über das Geschehen auf der anderen Seite des Gartenzauns. Carthago Nova ist schmutzig und bunt zugleich. James Hynes nimmt beim Erzählen kein Blatt vor den Mund. Er scheut sich nicht, eine derbe, dem Milieu angepasste und mit Obszönitäten gespickte Sprache zu verwenden. Diese grobschlächtige Ausdrucksweise rundet die vielschichtige Handlung perfekt ab.

    „Ich, Sperling“ ist ein Buch, für das man sich Zeit nehmen sollte. Zum einen, um die außerordentlich gut gelungenen Beschreibungen, Schilderungen und Formulierungen ausgiebig genießen zu können, zum anderen aber auch, weil der Inhalt schwere Kost ist, die man nur häppchenweise verdauen kann.

    „Ich, Sperling“ hat mich von der ersten bis zur letzten Seite fest im Griff gehabt. Ich habe mit Sperling gelebt und gelitten, habe mit ihm gebangt und gehofft und habe Kummer und Leid genauso mit ihm geteilt, wie die kleinen Glücksmomente. Eine fesselnd erzählte, herzzerreißende Geschichte, die lange nachklingt. Ein Volltreffer!

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 4 Sterne

    2 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Langeweile, 06.11.2023

    Als Buch bewertet

    Ein alter Mann,schreibt am Ende seines Lebens, seine Geschichte auf. Er bezeichnet sich selber, als unwichtiges Nichts ,das keinerlei Wert hat.
    Er heißt nun, Jakob, hatte aber in seinem Leben viele Namen (Maus, Antinoos, Antiochos, Pusus),sind die geläufigsten.
    Im 4. Jahrhundert kam er mit einem Sklavenschiff in Cartagena / Spanien an und wurde von dem Dominus eines Bordells gekauft. Er wächst zusammen mit den Prostituierten (die man damals Wölfinnen nannte)auf.Zwei der Wölfinnen fühlen sich als seine Ziehmütter berufen ,von ihnen erhält er Zuwendung und lernt viel über die wichtigen Dinge im Leben.Er muß von frühester Kindheit an hart arbeiten und erhält dafür kaum Wertschätzung.
    Der Autor schont seine Leser/Leserinnen in keiner Weise und breitet in schonungsloser Offenheit, das Leben in der damaligen Zeit aus.Dabei ist die Ausdrucksweise sehr rüde und teilweise ordinär,nichts für zartbesaitete Leser.
    Obwohl die Geschichte weit in die Vergangenheit ging,vergaß man das beim Lesen manchmal völlig und wähnte sich in der Gegenwart.
    Die Geschichte ließ kaum etwas an menschlichen Abgründen aus und läßt mich nachdenklich zurück.

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 5 Sterne

    2 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Lesefastalles, 12.09.2023

    Als Buch bewertet

    Tolles Buch aber keine leichte Kost
    James Hynes versetzt den Leser zurück ins alte römische Reich, ins spanische Carthago Nova im 4. Jahrhundert nach Christus.
    Das Buch hat mich vom ersten Augenblick an voll gefesselt, obwohl die Handlung stark im Hintergrund steht.
    Die Geschichte von Jakob, einem alten Mann – den Namen hat er sich selbst gegeben, der seine Lebensgeschichte erzählt, zieht den Leser in den Bann. Um dem Betreiber der Taverne und des Bordells, der ihn als Sklave gekauft hat, nützlich zu sein, muss er immer mehr Arbeiten verrichten.
    Einzig bei den Huren, den sogenannten Wölfinnen, erhält er Ansprache. Der Wölfin Euterpe wächst der namenlose kleine Bursche am meisten ans Herz. Sie unterrichtet ihn und versucht, ihn so gut es in ihrer Macht steht, zu beschützen.
    Sein Leben ist hart und geprägt durch starke Arbeit, Schmutz und Gestank.
    Als eine Wölfin längere Zeit ausfällt, soll Jakob als Wölfin arbeiten, Audo, der Aufseher der Taverne übernimmt es selbst auf brutalste Weise, ihn in dieses Gewerbe einzuführen. Wenn der Schmerz zu groß ist, stellt er sich vor, als Sperling wegzufliegen und seinem Körper zu entfliehen.
    Es waren immer wieder Stellen im Buch, bei denen ich mitgezittert habe und ich vor Mitleid fast zu Tränen gerührt war.
    Dieses Buch ist keine leichte Kost, aber es entwickelt einen Sog, der einen das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen lassen will.
    Unbedingt lesen!!

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 5 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Fredhel, 18.09.2023

    Als Buch bewertet

    Historische Romane befassen sich zumeist gerne mit Geschichten aus Adelshäusern, oder mit Szenen aus dem Soldatenleben. James Hynes dagegen schickt seine Leser in die Niederungen der römischen Unterschicht. Ein sehr alter Mann, er nennt sich selbst Pusus oder Sperling, erzählt hier von seiner frühesten Jugend, die er in einem Bordell verbracht hat. Der Besitzer kaufte ihn als Säugling. Pusus wird nichts geschenkt, er muss schon als Kleinkind für seinen Unterhalt hart arbeiten. Der Bordellbesitzer ist zu ihm ebenso gnadenlos wie zu den sogenannten Wölfinnen. Als die Zeit gekommen ist, muss Pusus genau wie die Frauen seinen Körper verkaufen.
    Es ist beeindruckend, wie gut der Autor die damaligen Gegebenheiten recherchiert hat. Dieser Roman ist weit davon entfernt, das Römische Reich in seinem Glanz und seiner Schönheit zu glorifizieren. Er zeigt dem Leser vielmehr die untere, die übel riechende Seite, in der rohe Gewalt und erbarmungsloser Überlebenskampf herrscht. Und immer wieder zeigen kleine Gesten, dass es untereinander auch Solidarität und Liebe geben kann. Vielleicht liegt es auch an solchen Zeichen, dass Pusus seine Rückblende ohne Hass und Verbitterung erzählen kann.
    Die Lebensgeschichte von Sperling ist berührend, ohne sentimental zu werden. Sie wird lebendig, wenn auch schonungslos berichtet.
    Kein Buch, das man so schnell vergisst.

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 5 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    liesmal, 25.09.2023

    Als Buch bewertet

    Die Geschichte spielt im 4. Jahrhundert n. Chr. in der spanischen Stadt Cartagena, damals noch Carthago Nova. Es ist die Geschichte eines Jungen, der weder etwas über seine Herkunft weiß noch einen Namen hat.
    Der Protagonist erzählt als alter Mann aus seinem Leben, überwiegend aus seiner Kindheit. Er beginnt die Einleitung mit diesem Satz: „Ich, Jakob, Sohn von niemandem, Vater von niemandem, geliebt von niemandem, Sklave, Hure, ein Cineadus, Eunuch, Nilschlamm, Arbeiter, Aufseher, Krüppel, Schwindsüchtiger, herrenloses Gut…“
    Die Einleitung ist kurz, sie umfasst gerade mal eine Seite. Dennoch ergreift mich sofort ein beklemmendes Gefühl, das mich auch nicht verlässt am Anfang der Geschichte, in einem Bordell, wo der Junge aufwächst bei den sogenannten „Wölfinnen“. Für ihn gibt es nicht viel Schönes, aber eine der Frauen, Euterpe, kümmert sich um ihn fast wie eine Mutter. Liebevoll nennt sie ihn „Sperling“. Sie erzählt nicht nur wunderbare Geschichten, sondern unterrichtet den wissbegierigen Jungen und beantwortet seine Fragen oft bildhaft. Beispielsweise nimmt sie zur Erklärung seiner Frage, wie viele Menschen eine Million sind, eine Handvoll sandige Erde vom Boden auf.
    Der Junge hilft zuerst in der Küche, später in der Taverne, bevor er auch das obere Geschoss, den Arbeitsplatz der Prostituierten, kennen lernt.
    Es gibt Situationen, aus denen der Junge entflieht oder, vielleicht besser ausgedrückt, entfliegt. Dann wird er zum Sperling…
    Beim Lesen gehen meine Gedanken gern mal auf Reisen. Dann male ich mir den weiteren Verlauf aus. Das gelingt mir bei diesem Buch nicht. Ich folge nur gebannt dem Geschehen. Auch habe ich nicht ein einziges Mal das Gefühl: „Es wird bestimmt alles gut!“ Immer schwingt da eine ungewisse Angst mit.
    Ich habe niemals ein Buch gelesen, das so offen und eindringlich über Sexualität spricht, über Missbrauch, Gewalt, Sklaverei. Mich hat die Geschichte des Jungen zutiefst berührt und lässt mich demütig werden. Meine volle Leseempfehlung für dieses einmalige Buch!

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 5 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Mariola P., 08.09.2023

    Als Buch bewertet

    Ein altes Mann sitzt in einer Bibliothek und schreibt seine Lebensgeschichte - eine sehr harte Geschichte wo der Alltag von Schmerz und Demütigung geprägt ist, unsere Mann, der Sohn von niemanden war ein Sklave im spanischen Carthago- Nova im 4. Jahrhundert n. Chr. . Er war großgezogen in einen Bordell und die Prostituierte waren seine " Mütter "....

    Eine sehr bittere Geschichte, obwohl wir alle wissen dass damals das Leben von Sklaven nichts wert war, trotzdem hier das lesen tut weh, der Autor schreckt von nichts , er schreibt über die gewalttätige Alltag, Brutalität, Missbrauch und Ausnutzung, seine Sprache ist ( leider ) so plastisch, dass die Bilder in meinen Kopf entstehen von selber und das sind echt schreckliche Bilder wo der Mensch nichts wert ist.

    Die Personen hier sind sehr authentisch dargestellt genauso das Leben in diesen Zeiten, man merkt das hier viel Recherche dahinter steht, die Atmosphäre ist wie der Text sehr beklemmend und trüb.

    Eigentlich ich mag so harte Stoff nicht und normaleweise werde ich das Buch aufbrechen, bei diese Geschichte kann ich das nicht, sie hat eine magnetische Kraft welche hat mich bei dieser Buch wörtlich gefesselt, trotz die Grausamkeiten durch die wunderbare, emotionale und erzählerische Schreibstil das Buch kriegt von mir fünf Sterne, weil so gefühlsvolles Buch über die Deklassierten habe ich noch bis jetzt nicht gelesen. KLARE LESEEMPFEHLUNG

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 5 Sterne

    Charlie F., 06.10.2023

    Als Buch bewertet

    James Hynes ist ein absoluter Page Turner aus der Feder geflossen, der sprachlich dicht und eloquent daherkommt und zudem hervorragend recherchiert wurde. Immer wieder blitzen philosophische Ideen und Gedanken hervor, die das Geschehen bereichern und Seite um Seite vorbeifliegen lassen. Allein das Ende ist zu bemängeln, es kommt reichlich zackig und wirkt so offen, dass es nicht unwahrscheinlich wäre, wenn es demnächst eine Fortsetzung gäbe.

    Zunächst beginnt die Geschichte mit einem alten Mann in Britannien, der seine Lebensgeschichte niederschreibt. Es ist Pusus, den alle nur „Junge“ nennen, obwohl er als Kleinkind als vermeintliches Mädchen gekauft wurde. Man setzt ihn in die Küche, wo die Köchin Focaria ihr Reich hat. Zwar ist die rothaarige Frau auch eine Sklavin, aber eine wertvolle mit ein paar Sonderrechten. Sie und Euterpe lieben sich und stehlen sich von Zeit zu Zeit ein paar wertvolle Augenblicke miteinander. Dass die andere Frau den Jungen so vergöttert, nimmt Focaria ihr und vor allem ihm übel. Die Beziehung ist also von vornherein belastet, was Spannung ins Geschehen bringt.

    Es gibt fünf Wölfinnen (Urania, Clio, Thalia), die im Bordell arbeiten, wobei Melpomene erlaubt wurde, sich freizukaufen und nun auf eigene Kosten weiterzuarbeiten. Eine harte, intelligente Frau, die nur eben deswegen all die Jahre überleben konnte. Als Sklavinnen haben die Wölfinnen kein Mitspracherecht. Sie stammen aus ganz verschiedenen Orten der Welt und bringen individuelle Geschichten mit, auch wenn man ihnen nicht gestattet hat, ihre eigenen Namen zu behalten, sondern sie nach den Musen benannt hat. Ihr jeweiliger Umgang mit der Situation ist es, was das Leben dort so anschaulich und lebendig macht.

    Pusus erzählt seine Geschichte in der Ich-Form selbst. Sein Verhältnis zu Männern ist von Anfang an zwiespältig. Das, was er von ihnen zu sehen und zu hören bekommt, ist unflätige Sprache und Gewalt. Vor allem der Aufseher im Bordell, Audo, lässt gern seine Aggressionen an ihm und den Frauen aus.

    Pusus’ Welt ist zunächst auf die Küche und den kleinen Garten beschränkt. Im Älterwerden erklären ihm die Wölfinnen die Welt, die er nach und nach versucht zu begreifen. Als man ihm aufträgt, Besorgungen außerhalb seiner kleinen Welt zu machen, vergrößert sich seine Gedankenwelt. Er versucht zu begreifen, wieso er auf diese Art leben muss, während es einige wenige gibt, die scheinbar alles haben. Dem Autor gelingt es wunderbar, verschiedene Berufe, wie Bäcker oder Tuchwalker anschaulich darzustellen. Auch die Christen nehmen einen nicht unerheblichen Teil der römischen Stadt ein. Es gibt nur noch dieses eine Bordell, weil sein Besitzer mit dem Bischof verwandt ist, der wiederum die Einnahmen benötigt, um seine Bauwerke errichten lassen zu können. Melpomene wird Pusus später treffend sagen, dass sie und die Frauen all den Reichtum der Familien und der Stadt erwirtschaftet haben.

    Das Geschehen spielt sich fast ausschließlich in dem Bordell ab. Es vergehen einige Jahre, in denen scheinbar nicht viel geschieht. Das ist keine actionlastige Geschichte, die auf Feuerwerk und Explosionen setzt. Es wird das Leben in einer antiken römischen Stadt aus der Sicht eines kindlichen Sklaven gezeigt, der versucht, alles um ihn herum zu begreifen. Ein Zeigefinger erhebt sich dabei nicht.

    Schließlich scheint es unausweichlich, das Pusus ins Obergeschoss ziehen muss. Seine ohnehin schon kurze und harte Kindheit ist mit einem Schlag beendet. Hynes nimmt kein Blatt vor den Mund, verzichtet jedoch auf allzu genau beschriebene Vorgänge. Pusus klinkt sich geistig die meiste Zeit ohnehin aus, um mit allem klarzukommen. Danach geht die Handlung erst einmal etwas gemächlich weiter, bis sie sich dann förmlich zu überschlagen scheint. Ein Weglegen des Buches ist kaum noch möglich. Als das eigentliche Ende beginnt, wird schnell klar, dass die verbleibenden Seiten nicht ausreichen können, um es rund abzuschließen. Ich vermute, dass es eine Fortsetzung geben könnte, die auch dringend angeraten ist. Pusus ist noch immer ein Kind, das langsam in die Pubertät kommt. Bis zum alten Mann, der seine Geschichte aufschreibt, fehlen etliche Jahre. Es wäre schade, wenn ein so gewandter Autor wie Hynes das vor ihm liegende Potential nicht nutzen würde.

    „Ich, Sperling“ erzählt eine mitreißende Story, die ohne große Aufreger daherkommt und mit Alltäglichkeiten des Antiken Roms zu überzeugen weiß.

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 5 Sterne

    hapedah, 08.09.2023

    Als Buch bewertet

    Fesselnde historische Geschichte

    Im spätrömischen Reich wächst ein Junge in einem Bordell auf, ohne zu wissen, woher er kommt und wer seine Eltern sind. Sowohl die Köchin Focaria als auch eine der Prostituierten, eine "Wölfin", die Euterpe genannt wird, kümmern sich um den Kleinen und vermitteln ihm sehr unterschiedliche Blickwinkel auf die Welt, in der sie leben. Sobald er groß genug ist, zu arbeiten, hilft "Pusus" zunächst in der Küche, später wird er in die Taverne beordert, wo die Freier essen, trinken und schließlich ins Obergeschoss zu den Wölfinnen gehen. Bis eines Tages eine der Wölfinnen ausfällt und der Besitzer des Etablissements beschließt, Pusus an ihrer Stelle arbeiten zu lassen. Von nun an entflieht der Junge immer wieder aus seinem Körper, wie ein Sperling, um der Brutalität seines realen Daseins zu entkommen.

    "Ich, Sperling" von James Hynes ist ein fesselnder historischer Roman, der mich von der ersten Seite an komplett in seinen Bann gezogen hat. Als alter Mann blickt Sperling auf sein Leben zurück und schreibt auf, was ihm widerfahren ist, ohne etwas zu beschönigen und ohne Hoffnung, dass jemals ein Mensch seine Aufzeichnungen zu Gesicht bekommt. Dennoch spricht er seinen Leser immer wieder direkt an, was seine Schilderungen für mich besonders realistisch erscheinen ließ, die detaillierte Beschreibung seines Alltags hat mich emotional tief in die Geschichte hinein gezogen. Sowohl das Umfeld, in dem der Junge aufwächst, als auch die Figuren, die er trifft, haben sich für mich lebensecht angefühlt, die Handlung lief beinahe wie ein Film vor meinem geistigen Auge ab.

    Den Schreibstil habe ich als sehr mitreißend empfunden, ich mochte das Buch zwischendurch kaum aus der Hand legen und auch wenn ich gerade nicht gelesen habe, ist Sperling immer noch ständig in meinem Kopf herum gekreist. Die Beschreibung des Alltags aus dem Blickwinkel des Jungen zeichnet ein brutal ehrliches Bild der Gesellschaft in jener Zeit, immer wieder begegnen Sperling Zitate von Philosophen, die seine Eindrücke kritisch untermauern und mich beim Lesen zum Nachdenken angeregt haben. Das Ende lässt offen, wie Sperling nach Britannien kam, wo er als alter Mann diese Memoiren verfasst und wie sein Leben als Erwachsener weiter verlief - was mich hoffen lässt, dass der Autor eventuell über eine Fortsetzung nachdenken könnte. Mir würde es auf jeden Fall Freude machen, mehr von dieser spannenden Historiengeschichte lesen zu können. Für den Roman, der mich auf eine äußerst fesselnde Reise in die Vergangenheit geschickt hat, spreche ich eine begeisterte Leseempfehlung aus.

    Fazit: Von der ersten Seite an war ich tief in der Geschichte versunken, Sperlings Schilderungen seines harten Lebens von frühester Kindheit an war ein außergewöhnliches Lesevergnügen, das ich gern weiter empfehle.

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 5 Sterne

    Anna S., 14.09.2023

    Als Buch bewertet

    "Ich, Sperling" von James Hynes ist ein literarisches Meisterwerk, das mich tief berührt hat. Die Erzählung aus der Perspektive eines namenlosen Jungen, der als Sklave in einem Bordell aufwächst, ist von einer schonungslosen Rohheit, die unter die Haut geht. Die Worte des alten Mannes, der von seinem Leben als "Ding" spricht, das keine Namen hat, verleiht dem Buch eine besondere Tiefe und verdeutlicht die Entfremdung, die er als Kind empfunden haben muss.
    Die ehrliche und schonungslose Darstellung seines Lebens, seiner Qualen, des Missbrauchs und seiner alltäglichen Arbeit, lässt die Lesenden tief in die düstere Welt eintauchen, in der der Junge gefangen ist. Dabei verschont uns James Hynes nicht vor den harten Realitäten, sondern konfrontiert uns direkt damit.

    Der Weg des Jungen, angefangen in der Küche bis zu seiner Kammer oben bei den Wölfinnen, den Prostituierten des örtlichen Bordells, ist ein zutiefst bewegender Prozess, der die Lesenden mitnimmt auf eine Reise durch Hoffnungen, Qualen und den unermüdlichen Kampf um ein würdevolles Dasein.
    Die Beziehungen, die der Junge zu den anderen Protagonisten aufbaut, insbesondere zu seiner Ziehmutter Euterpe, sind mit so viel Feingefühl und Tiefe beschrieben, dass ich das Gefühl hatte, direkt dabei zu sein. Man spürt förmlich die Echtheit und Realität in jeder Zeile.

    Besonders beeindruckend fand ich die Art und Weise, wie der Junge in seinen emotional schwierigsten Momenten als kleiner Sperling in die Lüfte flieht, um sich von den Grausamkeiten zu distanzieren, die ihm auf dem Boden widerfahren. Diese Metapher verleiht dem Buch eine poetische Dimension und zeigt, wie wichtig es für den Jungen war, sich manchmal von der Realität zu lösen, um zu überleben.
    James Hynes' Schreibstil ist ein Genuss. Jedes Wort ist wohlüberlegt, jeder Satz trifft ins Mark. Es gibt keine überflüssigen Passagen, jede Beschreibung ist von eindringlicher Wirkung. Seine bildlichen Darstellungen erzeugen eine intensive Atmosphäre, die die Lesenden gefangen nimmt.

    "Ich, Sperling" ist ein Buch, das einen nicht loslässt. Es ist ein Werk von außergewöhnlicher Tiefe und Schönheit, das einen nachhaltigen Eindruck hinterlässt. James Hynes hat hier Großartiges geleistet, und ich bin sicher, dass dieses Buch noch lange in meinen Gedanken verweilen wird. Eine absolute Empfehlung für jeden, der sich auf eine eindringliche und tiefgründige Leseerfahrung einlassen möchte.

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 5 Sterne

    Meany, 26.09.2023

    Als Buch bewertet

    Jüngling, des Mitleids wert

    Dieser historische Roman beschreibt wahrhaft "Geschichte von unten", denn in dem großartigen Imperium Romanum der Kaiser, Senatoren und Philosophen gab es einen Bodensatz von Sklaven, deren Arbeit überhaupt erst den Lebensstil der herrschenden Schicht ermöglichte. In dieses Milieu verschlägt ein erschütterndes Schicksal den kleinen Jungen ohne Namen und Herkunft.

    In epischer Breite gibt uns Hynes zunächst Einblick in den Alltag der kleinen Stadt in der Provinz Hispania, indem er den Jungen, der sich selbst Sperling nennt, nach und nach seinen Horizont erweitern lässt. Aus der Küche eines Bordells darf er zum Brunnen gehen, der den Frauen zum Treffpunkt dient, erlebt einen Bäcker beim Betrügen und die Flucht eines Mädchens vom Sklavenmarkt im Forum: hier zeichnet sich schon deutlich der Wert dieser Menschen als Ware ab, beim Verkauf dargestellt wie Zuchtvieh und erbarmungslos verstoßen, wenn sie keinen Profit mehr versprechen oder als hübsche Frau Eifersucht bei der Domina hervorrufen. In diesen Schattenseiten des glorreichen Römischen Reichs erleichtern sich die Menschen ihr schweres Los vor allem durch Solidarität, besonders unter den Frauen und durch eine mühsam errungene innere Freiheit "der Unscheinbaren".

    Der Schauplatz Bordell impliziert schon von vornherein schwer erträgliche Szenen - die Darstellung der Vergewaltigung eines Kindes kann einen schon schwer triggern. Deshalb wäre eine entsprechende Warnung sinnvoll, denn romantisch geht es hier in der Liebe bei weitem nicht zur Sache. Ich halte dem Autor sehr zugute, dass er derartige Situationen sachlich, respektvoll und bei all den notwendigen realistischen Begriffen einigermaßen dezent beschreibt. Manch harmloser Leser, der sich von dem ästhetischen Titelbild verlocken lässt, könnte einen Schreck bekommen.

    Wie bewältigt man als unbedarftes Kind solche Grausamkeiten? Die Fähigkeit, sich imaginär in einen Vogel zu verwandeln, um das Geschehen aus großer Distanz von oben zu betrachten, ist ein psychologischer Ausweg und ein Aspekt, der auch dem Erzähler hilfreiche Möglichkeiten eröffnet, das enge Spektrum der Realität zu erweitern um bedenkenswerte Facetten im Konjunktiv.

    Man muss sich auf das Buch einlassen, mit den schwierigen Passagen zurechtkommen, dann wird einem die Lektüre einen Erkenntnisgewinn und emotionale Einfühlung bescheren.

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 5 Sterne

    liesmal, 25.09.2023

    Als Buch bewertet

    Die Geschichte spielt im 4. Jahrhundert n. Chr. in der spanischen Stadt Cartagena, damals noch Carthago Nova. Es ist die Geschichte eines Jungen, der weder etwas über seine Herkunft weiß noch einen Namen hat.
    Der Protagonist erzählt als alter Mann aus seinem Leben, überwiegend aus seiner Kindheit. Er beginnt die Einleitung mit diesem Satz: „Ich, Jakob, Sohn von niemandem, Vater von niemandem, geliebt von niemandem, Sklave, Hure, ein Cineadus, Eunuch, Nilschlamm, Arbeiter, Aufseher, Krüppel, Schwindsüchtiger, herrenloses Gut…“
    Die Einleitung ist kurz, sie umfasst gerade mal eine Seite. Dennoch ergreift mich sofort ein beklemmendes Gefühl, das mich auch nicht verlässt am Anfang der Geschichte, in einem Bordell, wo der Junge aufwächst bei den sogenannten „Wölfinnen“. Für ihn gibt es nicht viel Schönes, aber eine der Frauen, Euterpe, kümmert sich um ihn fast wie eine Mutter. Liebevoll nennt sie ihn „Sperling“. Sie erzählt nicht nur wunderbare Geschichten, sondern unterrichtet den wissbegierigen Jungen und beantwortet seine Fragen oft bildhaft. Beispielsweise nimmt sie zur Erklärung seiner Frage, wie viele Menschen eine Million sind, eine Handvoll sandige Erde vom Boden auf.
    Der Junge hilft zuerst in der Küche, später in der Taverne, bevor er auch das obere Geschoss, den Arbeitsplatz der Prostituierten, kennen lernt.
    Es gibt Situationen, aus denen der Junge entflieht oder, vielleicht besser ausgedrückt, entfliegt. Dann wird er zum Sperling…
    Beim Lesen gehen meine Gedanken gern mal auf Reisen. Dann male ich mir den weiteren Verlauf aus. Das gelingt mir bei diesem Buch nicht. Ich folge nur gebannt dem Geschehen. Auch habe ich nicht ein einziges Mal das Gefühl: „Es wird bestimmt alles gut!“ Immer schwingt da eine ungewisse Angst mit.
    Ich habe niemals ein Buch gelesen, das so offen und eindringlich über Sexualität spricht, über Missbrauch, Gewalt, Sklaverei. Mich hat die Geschichte des Jungen zutiefst berührt und lässt mich demütig werden. Meine volle Leseempfehlung für dieses einmalige Buch!

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 5 Sterne

    chuckipop, 18.09.2023

    Als Buch bewertet

    Die Lebensgeschichte eines Waisenjungen im Hurenhaus - schonungslos, hart, bewegend!

    "Ich, Sperling" von James Haynes ist als gebundene Ausgabe mit Schutzumschlag bei dtv erschienen und bietet auf 592 Seiten die bestens recherchierte und schonungslos offen erzählte Geschichte eines namenlosen Jungen im Römischen Reich.

    Der Protagonist erzählt im hohen Alter aus seinen Erinnerungen seine Lebensgeschichte, die in der Küche eines Hurenhauses als kleiner versklavter Junge beginnt. In einem Hurenhaus in Carthago Nova wächst der Junge auf und sammelt seine ersten Lebenserfahrungen zunächst in der Küche des Bordells, dann im Garten und später in der oberen Etage, wo die Huren arbeiten.
    Es ist zugleich sehr spannend und unterhaltsam, aber auch bedrückend und erschreckend mitzuerleben, wie sich nach und nach der Horizont des Jungen erweitert und was ihm alles im Laufe der Zeit widerfährt.

    James Hynes hat eine besondere Art, mit seinem schonungslos offenen und ungeschönten, oftmals brutal anmutenden Schreibstil das Leben des Jungen zu beschreiben, das hart und erbarmungslos abläuft, allerdings ebenso positiven Zusammenhalt und die Liebe seiner Ziehmütter im Repertoire hat.

    Bestens recherchiert und ausgesprochen bildhaft geschrieben ist dieser historische Roman mit dem wunderschönen, farbenfrohen Cover, so daß eine sehr authentische anmutende Atmosphäre des 4. Jahrhundert n. Chr. entsteht, die häufig unbequem und schockierend ist, mich aber so in ihren Bann gezogen hat, dass ich das Buch kaum aus der Hand legen konnte.

    Dass Pusus Sperling genannt wird und er sich selbst immer wieder damit aufmuntert, dass er zumindest in Gedanken stets davonfliegen kann, um unangenehmen und brutalen Situationen zu entfliehen, hat ihn deutlich geprägt und mich sehr beeindruckt, denn er bewahrt sich zeitlebens seine positive Grundeinstellung, der alle Härten des Lebens und alle schlechten Erfahrungen nicht wirklich etwas anhaben konnten.

    Bewegend, schonungslos und unbedingt lesenswert!

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 5 Sterne

    duenefi, 22.09.2023

    Als Buch bewertet

    Schonungslos ehrlich und brutal offen, geht an die Nieren!

    Das Cover von "Ich, Sperling" hat mich fasziniert und die Lebensgeschichte des namenlosen Waisenjungen, der im Hurenhaus von Carthago Nova als Sklave aufwächst erst recht! Dieser packende Roman von James Hynes ist bei dtv als Hardcover mit 592 Seiten erschienen.

    Der Autor erzählt absolut ungeschönt und sehr detailliert die Geschichte von Jakob, der als Ich-Erzähler fungiert und im hohen Alter über sein Leben spricht, beginnend als kleiner Junge von vier oder fünf Jahren.

    Im Kreis der Prostituierten wächst er auf in einer sehr begrenzten, von harten Regeln bestimmten Welt, lange Zeit ohne Namen. Sein Horizont erweitert sich mit der Zeit und irgendwann gehört es auch zu seinen Aufgaben, zu den Huren ins Obergeschoss zu gehen - und dort widerfährt ihm Schreckliches.
    Doch seine Ziehmutter Euterpe nennt ihn Sperling und in dessen Gestalt gelingt es dem Jungen, wenn die Realität besonders furchtbar wird, im Geiste seine Flügel zu spreizen und der Situation davonzufliegen...

    Es hat mich sehr beeindruckt, wie die erfahrene Zuneigung durch die Bewohnerinnen des Bordells und Jakobs zuversichtliches Wesen es Zeit seines Lebens geschafft haben, ihm trotz aller brutalen Erfahrungen und negativen Erlebnisse nicht die positive Lebenseinstellung zu rauben.

    Das Römische Reich im 4. Jahrhundert n.Chr. und die dargestellten Schauplätze und Lebensumstände der Menschen in der damaligen Zeit sind offensichtlich gründlich recherchiert und so detailliert und bildhaft beschrieben, dass der Autor es scheinbar mühelos geschafft hat, eine sehr authentische, oftmals beklemmende Atmosphäre zu erzeugen, die mich von Beginn an gepackt und auch emotional sehr gefesselt hat.

    Ein beeindruckender, außergewöhnlicher historischer Roman, der für mich ein echtes Highlight ist!

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 5 Sterne

    Books of Tigerlily, 01.10.2023

    Als Buch bewertet

    Ich lese sehr gerne fiktive Aufbereitungen antiker Erzählungen, sei es in Form von Retellings der Sagenwelt oder Romane mit antikem Setting, wie zuletzt etwa Die Wölfe von Pompeji. Ich, Sperling enführt den Leser ins Römische Reich, in dem das Christentum bereits auf dem Weg zur Staatsreligion war.

    James Hynes hat dabei das Setting fantastisch umgesetzt und das alte Rom in der Stadt Carthago Nova vor den Augen des Lesers wiederauferstehen lassen. Dabei begleiten wir einen namenlosen Jungen, der in einem Bordell aufwächst und nach und nach zunächst erste Erfahrungen mit seiner Umwelt macht. Wie er aus Sicht des namenlosen Sklaven das alltägliche Leben wahrnimmt, ist bereits ein großes Lesevergnügen und gipfelt in dem langsamen Erwachsenwerden und der neuen Rolle des Erzählers im Bordell. Dabei wird genau dieser Alltag der Sklaven und der Frauen am untersten Rand der Gesellschaft auf berührende Weise in all seiner Rohheit, Brutalität, aber auch all seiner Zartheit und Nähe dargestellt, etwa in den mütterlichen Szenen oder wenn sich die Frauen gegenseitig beistehen. Einige Szenen sind hier sicherlich harte Kost, in ihrer schonungslosen Echtheit dafür aber umso eindrücklicher erzählt.

    Unser Erzähler verliert dabei in all dem Leid und der Grausamkeit, der er erfahren muss, nie seine Unschuld und seine kindliche Sicht auf die Welt. Durch seine Augen zu erfahren, zu was Menschen fähig sind, hat mich sehr beeindruckt. Insbesondere, wenn der Erzähler etwa das Wort direkt an den Leser richtet, um ihm zu versichern, dass die Geschichte kein heroisches Happy End haben wird. Dennoch ist das gefundene Ende sehr passend und rundet diese Geschichte zu etwas ganz besonderem auf dem Buchmarkt ab.

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 5 Sterne

    AnnaMagareta, 09.09.2023

    Als Buch bewertet

    Ein erschütterndes Buch

    „Ich, Sperling“ ist ein historischer Roman des in Texas lebenden Autors James Hynes.

    Ein alter Mann, der sich Jakob nennt, blickt zurück auf sein Leben und schreibt in einer Bibliothek seine Erinnerungen auf.
    Er wurde im 4. Jahrhundert nach Christus geboren und ist in einem Bordell aufgewachsen. Zunächst hat er Arbeiten als Küchenjunge und Kellner verrichtet, aber dann wird er im oberen Stockwerk dem Bordell der „Wölfinnen“ eingesetzt.
    Mit der Köchin und der Prostituierten Euterpe hat er zwei Bezugspersonen, die ihm Halt geben und die Welt erklären. Von ihnen erhält er auch sein Wissen, u.A. auch das über den Sperling, mit dem er sich schnell verbunden fühlt und dessen Perspektive einnimmt.

    Der Schreibstil von James Hynes liest sich angenehm. Jakobs Gedanken sind klar und es ist leicht seinen Erzählungen zu folgen. Inhaltlich sind diese allerdings weniger leicht verdaulich. Als Waisenjunge ohne Namen ist er in einer Welt von Brutalität, Schmerz und Gewalt groß geworden. Das Leben des Jungen ist geprägt von Grausamkeiten. Ich habe beim Lesen gelitten und vor Schreck die Luft angehalten.
    Auch wenn es sich hier um einen fiktiven Roman handelt, ist zu merken, dass der Autor sehr ausgiebig recherchiert haben muss. Es gelingt ihm ausgezeichnet seine Leser um knapp 2000 Jahre zurückzuversetzen und sie in das spätrömische Reich eintauchen zu lassen.

    Der Roman steckt voller Schrecken, berichtet von Zusammenhalt und Verrat und gibt damit einen unfassbar authentischen Einblick in das Leben der Vergangenheit.
    Liebhabern historischer Romane kann ich dieses Buch nur empfehlen.

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 5 Sterne

    Xana, 06.10.2023

    Als Buch bewertet

    "Ich, Sperling" hat zwar ein paar Schwächen, ist allerdings so beeindruckend, dass ich dem Buch dennoch 5 Sterne vergebe.
    In dem Werk geht es um einen kleinen Jungen, der als Sklave in einer verruchten Taverne in Cartago Nova aufwachsen muss. Die Köchin der Taverne und eine der Wölfinnen werden zu seinen Ziehmüttern und bringen ihm viel über die damalige Welt bei. Der Junge muss als Sklave schwere Arbeit verrichten und erfährt dabei viel Leid und Missbrauch.

    Spoiler und Warnung: Schwere Szenen erwarten den Leser, wenn der Kleine selbst zu einer Wölfin wird.

    Das Buch hat keine Kapitel, sondern nur Leseabschnitte und vier große Teile. Das macht das Lesen des Buchs manchmal etwas schwieriger. Weiterhin bleibt dem Leser die meiste Zeit verborgen, wie viel Zeit während des Verlaufs vergeht. Außerdem erfährt man nur etwas über die Kindheit und das Lebensende des Protagonisten, eine große Zeitspanne dazwischen bleibt im Dunkeln, wäre aber sicher auch sehr interessant gewesen.

    "Ich, Sperling" behandelt ein ungewöhnliches und bedrückendes Thema und schafft es, die eigentlich vollkommen fremde Welt vor dem geistigen Auge des Lesers zu erschaffen. Das Buch nimmt einen mit und führt alle Grausamkeiten der damaligen Zeit vor, aber nicht ohne stets ein paar kleine Funken der Hoffnung übrig zu lassen. Insgesamt ist das Buch ein beeindruckendes Werk, das Spuren hinterlässt und im Gedächtnis bleibt.

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 4 Sterne

    LindaRabbit, 01.10.2023

    Als Buch bewertet

    Ein namenloser Mensch erzählt aus seinem Leben...


    Ein namenloses Kind, ein Junge, krabbelt durch eine Küche, in der eine ebenso namenlose, aber wütende Köchin Fische zerlegt. Sie wirft dem Kind die Fischköpfe zu. Das Kind (geraubt? verkauft!) lebt in einem Bordell. Ein brutaler Einstieg in den Roman, was soll diese Anfangsszene uns sagen? Nicht mehr als dass das Kind weit unter der Sklavin steht. Es ist ein Nichts. Der brutale Ex-Soldat Audo, Aufseher im Bordell, befiehlt der Köchin, den Jungen zu erziehen, zusammen mit einer Wölfin.

    Der Roman ‚Ich, Sperling‘ spielt in der Antike, im Vierten Jahrhundert anno domini. Im spanischen Carthago Nova. Das römische Reich ist im Zerfallen. Die Christen dominieren mittlerweile mit ihrer Religion. Die alten Sitten verfallen, doch christliche Heuchlerei nimmt ebenfalls zu.
    Der namenlose Junge wächst in dem römischen Bordell auf. In der Küche bei der Köchin, die nichts anderes als ‚Köchin‘ geheißen wird. Die gebildete Euterpes, eine der ‚Wölfinnen‘ genannten zwangsprostituierten Sklavinnen, nimmt sich mit der Köchin dem kleinen Jungen an. Beide Frauen lehren ihm die Welt… (zuerst im Bordell, dann in der Stadt…). Bereits als kleiner Junge kennt er nichts anderes als Arbeit und Schläge. Doch es kommt noch schlimmer, er muss ins Obergeschoss (dort, wo die Frauen arbeiten, und muss als Lustknabe dienen). Euterpes erklärt ihm, dass Sklaven nichts anderes als ‚Dinge‘ sind, es gibt die ‚ dominus‘ und eben die ‚Dinge / die Sklaven und Sklavinnen‘. Der Junge erhält viele Namen, Puces (was einfach nur Junge heißt), Maus, Sperling, Kleiner, Antichous, und weitere. Er selbst nennt sich irgendwann Jakob.
    Wissensbegierig und auf der Suche nach gefühlsmäßiger Annäherung an seine Wölfinnen, erlebt und erleidet er den engen Rahmen seiner Welt. Aus seiner Sicht beschrieben: Ich - der Sperling.

    Der Roman ist harter Tobak. Nichts für zarte Gemüter. Aber wann war die Menschheit schon etwas für zarte Gemüter? Der Autor beschreibt seinen Roman aus der ersten Person Singular, der erzählende Sperling. Für Geschichtsinteressierte ein packender Stoff, interessant und gut recherchiert beschrieben.
    Der Autor erklärt in seinen Anmerkungen, dass der Roman ein Fiktiver ist, er jedoch sein Wissen aus vielen wissenschaftlichen Büchern zusammengestellt hat (ein Anhang führt Bücher und Aufsätze auf). Dass diese Welt in der Antike (griechische, römische Antike) eine brutale Gesellschaft war ist belesenen Menschen bekannt – eine Sklavenhaltergesellschaft, in der wenige Herren (buchstäblich, denn auch ihre Frauen standen in der Hierarchie weit unter ihnen, danach kamen die Sklav:innen) das Sagen hatten. Auf die Vorstellungen der antiken Welt beruhen viele menschliche Errungenschaften der modernen Welt. Zum Glück demokratisiert, obwohl es weltweit immer noch Gesellschaften, Nationen, Kulturen gibt, wo der einzelne Mensch keinen Wert besitzt (Kanonenfutter, Organspender, Arbeitstier in ähnlicher Weise wie in der Antike, ohne Namen dieser boshaften Kulturen zu nennen). Es gibt auch heute noch Kulturen, wo Lesen restriktiv behandelt wird, wo das Internet eingeschränkt wird von den Herrschenden.

    Es ist ein Roman, der nachdenklich macht über diese beschriebene Zeit, über unsere Zeit, über die Kulturen, in denen unsere ‚Freiheit‘ nicht gilt. Über eine Welt, in der acht Milliarden Menschen leben, von denen der größte Teil immer noch in einem fast Zustand wie in der, in dem Roman beschriebenen, Antike lebt. Zwar nicht unbedingt Sklave genannt, aber fast genauso rechtlos. Es erinnert an ‚Spartacus‘ und die Sklavenaufstände, es erinnert an Revolutionen, wo sich Menschen gegen die Unterdrücker gestellt haben…

    Das bunte Umschlagsbild zeigt einen Vogel, ein Sperling (das Vögelchen, wie ihm von seiner geliebten Euterpes erklärt wird, das fliegen und hüpfen kann und sich daher aus der Hierarchie der Vögel etwas erheben kann). Dieses Beispiel führt den Jungen, den Mann dann durchs Leben… wird es zu schlimm fliegt er in Gedanken davon...Und doch erlebt der kleine Sperling auch schöne Momente. Das Umschlagsbild ist ein Bild aus Mosaiksteinchen zusammengesetzt, wie sie oft gefunden wurden an antiken Plätzen…

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 5 Sterne

    Hornita, 14.09.2023

    Als Buch bewertet

    Toller Ausflug in die Antike;
    Aus der Perspektive eines Sklavenjungen wird man langsam in die Welt der Antike eingeführt. Mit seinem Älterwerden und dem dadurch größer werdenden Handlungsradius und Erfahrungen lernt man nebenher auch viel über diese Zeit und die Lebensumstände der Sklaven, Freien, Handwerker, usw. Die Story ist sehr interessant, der Aufbau ist gut gemacht und auch die Erzählsprache ist einwandfrei. Es gibt einige antike Wörter, deren Bedeutung sich aus dem Zusammenhang ergibt und die die Atmosphäre der damaligen Zeit gut transportieren. Das Buch ist in vier große Abschnitte unterteilt und diese teilen sich dann nur noch durch größere Absätze. Das fand ich ganz passend, da jeder große Abschnitt einen bestimmten Lebensabschnitt abdeckt. Die Wurzellosigkeit und Einsamkeit der Einzelnen und vorübergehende Allianzen und bleibende Freundschaften werden super beschrieben. Auch die Grausamkeiten der damaligen Zeit wurden nicht ausgespart, ich fand Umfang und Beschreibung aber sehr angemessen. Wie der Rest waren auch diese Details sehr gut recherchiert. Ich würde gerne noch mehr über weitere Lebensabschnitte des Sperlings lesen.

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 5 Sterne

    Tabea P., 13.09.2023

    aktualisiert am 13.09.2023

    Als eBook bewertet

    Ich, Jakob, Sohn von Niemandem

    In der Antike: Ein Namenloser Protagonist erzählt als alter Mann von seinem Leben als Kind in einem Bordell.
    Dabei wächst er zunächst als Küchenhilfe aus, muss jedoch nach einigen Jahren zusammen mit den anderen "Wölfinnen" zusammenarbeiten.

    James Hynes ist es mit "Ich, Sperling" gelungen, ein unglaublich emotionales und spannendes Buch über das Leben eines Sklaven zu schreiben. Dabei hält er sich auch nicht vor sehr expliziten Szenen zurück.

    Die Charaktere haben alle ihre eigene, spezielle Persönlichkeit, die voll und ganz realistisch wirkt.
    Der Start der Geschichte verläuft zwar etwas langsamer, aber definitiv nicht uninteressant. Dort lernt man den Protagonisten, auch Sperling genannt, näher kennen und erfährt näheres zu seinem Leben. In der zweiten Hälfte geht es dann um seine Arbeit im Obergeschoss des Hauses, bei den Wölfinnen.
    Mit dem Verlauf der Story habe ich das Buch immer mehr verschlungen, was vor allem auf die Emotionen zurückzuführen ist, die sie bei mir ausgelöst hat.
    Das Buch kann ich jedem Empfehlen, der auch etwas graphischere Szenen verträgt.

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein