GRATIS¹ Geschenk für Sie!

 
 
Merken
Merken
 
 
lieferbar
versandkostenfrei

Bestellnummer: 130324171

Buch (Gebunden) 20.60
Dekorierter Weihnachtsbaum
In den Warenkorb
Sortiert nach: relevanteste Bewertung zuerst
Filtern nach: alle
Alle Kommentare
  • 5 Sterne

    5 von 5 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Ruth L., 25.03.2020 bei bewertet

    Dankbar für diesen Roman
    Die französische Autorin Delphine de Vigan hat auch in Deutschland viele treue Leser. Ich kenne einige Bücher von ihr und sie hat mich mit jedem aufs Neue begeistern können. Nach „ Loyalitäten“ ( ihrem letzten Roman) geht es hier um „Dankbarkeiten“, auf vielfältige Weise.
    Der Roman ist ein Kammerspiel mit drei Personen.
    Die dreißigjährige Marie wohnt mit Michka im selben Haus. Michka, eine kinderlose Frau, kümmerte sich um die kleine Marie, damals, als deren Vater verschwunden und die Mutter in Depressionen versunken war. Nun ist Michka alt und braucht selbst Hilfe, denn nach und nach entfallen ihr die Wörter. Ausgerechnet ihr, die ihr Leben lang mit Sprache gearbeitet hat. Sie war früher Korrektorin in einem großen Verlag. Aphasie nennt sich das Krankheitsbild.
    Der Umzug ins Seniorenheim steht an. Die alte Dame muss ihre Selbständigkeit aufgeben, ihre vertraute Umgebung verlassen. Das neue Umfeld ist schwierig für sie. Immer wieder wird Michka von Ängsten und Alpträumen heimgesucht.
    Zum Glück besucht Marie sie regelmäßig. Außerdem kümmert sich Jerome um sie. Er ist Logopäde und kommt zweimal die Woche zur Therapie. Mit viel Engagement kämpft er darum, dass der Verlust der Sprache langsamer verläuft. Er sieht in Michka auch nicht nur eine alte Patientin, sondern interessiert sich für die Frau, die sie einmal war. Umgekehrt zeigt Michka Interesse an seinem Leben.
    Doch da gibt es noch etwas, was Michka belastet. Sie möchte vor ihrem Tod unbedingt dem Ehepaar danken, das sie als Kind aufgenommen und somit gerettet hat. Die Suche erweist sich als schwierig, aber am Ende kann Michka gelassen sterben.
    Delphine de Vigan entwickelt ihre Geschichte abwechselnd aus den Perspektiven der drei Figuren. Alle haben in ihrem Leben Verletzungen erlitten und Verluste erlebt, allerdings gab es auch immer Begegnungen, für die sie dankbar waren.
    Eindringlich zeigt die Autorin, was es heißt, wenn einem die Worte abhanden kommen. Kommunikation wird zusehends schwieriger, auch wenn manche Formulierungen einen gewissen Witz entwickeln. Für die Übersetzerin war es sicher nicht leicht, den Roman ins Deutsche zu übertragen. Michka‘s Sprachverlust führt manchmal zu komischen Versprechern ( die über die Komik hinausgehen und eine neue Bedeutung erhalten ), wie z.B. „Heimdragoner“ statt „ Heimbewohner“, „Grollstuhl“ statt „Rollstuhl“, „Vorherbestattung“ statt „ Feuerbestattung“.
    Der Roman behandelt einfühlsam ernste Themen, die jeden betreffen : Alter, Krankheit, Tod,Verletzungen und Verluste, aber auch die Bedeutung von Mitmenschlichkeit. Und er lässt den Leser mit den Fragen zurück: Wofür sollte ich dankbar sein in meinem Leben? Habe ich meine Dankbarkeit immer angemessen gezeigt?
    Es gab im Buch viele Stellen, die ich mir angestrichen habe. Nur eine davon möchte ich zitieren: „ Es ist wirklich so, am Ende wird es schwierig. Man glaubt immer, man hätte noch genug Zeit, die Dinge zu sagen und dann ist es plötzlich zu spät. Man glaubt, es würde reichen, wenn man es zeigt,..., aber das stimmt nicht, man muss es sagen.“
    Auch wenn die Geschichte manchmal etwas sentimental wird, so macht das nichts. Ab und zu braucht man solche Bücher.
    „Dankbarkeiten“ ist ein Roman, der tröstet und für den ich dankbar bin.

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 5 Sterne

    13 von 19 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Lilli33, 10.03.2020

    Einfach schön

    Inhalt:
    Michèle Seld, genannt Michka, ist eine ältere Dame, der es immer schwerer fällt, allein in ihrer Wohnung zu leben. Nach einigen Stürzen und weil auch die sprachlichen Fähigkeiten immer mehr nachlassen, zieht sie in ein Pflegeheim um. Michka hat sich um das Mädchen Marie gekümmert, die im selben Wohnblock lebte und deren Mutter oft durch Abwesenheit glänzte. Nun ist Marie eine junge Frau und kümmert sich um Michka. Auch Jerôme, der Logopäde, ist von der alten Dame fasziniert.

    Meine Meinung:
    Abwechselnd erzählt Delphine de Vigan aus der Sicht von Marie und aus der von Jerôme, wie sie die letzten Monate mit Michka erleben. Ihre Gespräche sind von Liebe, Zuneigung und Dankbarkeit erfüllt - in beide Richtungen. Michkas größte Dankbarkeit gilt allerdings einem Ehepaar, bei dem das kleine Mädchen während des Kriegs Unterschlupf fand. Zu gerne möchte sie diesen beiden selbstlosen Menschen dafür danken, dass sie ihr damals das Leben gerettet haben.

    Sehr einfühlsam beschreibt die Autorin den langsamen, aber steten Verfall Michkas. Immer mehr Wörter entfallen der Seniorin. Sie ersetzt sie durch ähnlich klingende oder lässt sie auch ganz weg. Was theoretisch lächerlich wirken könnte, da bei den Wortschöpfungen schon auch mal lustige Dinge herauskommen, empfand ich dennoch als ganz sachlich. Diese Gratwanderung ist Delphine de Vigan hervorragend gelungen. Auch die Übersetzerin Doris Heinemann hat hier sehr gute Arbeit geleistet.

    Michkas Geschichte hat mich sehr berührt und am Ende auch zu Tränen gerührt. Man muss diese Frau einfach gern haben - ebenso wie Marie und Jerôme.

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 5 Sterne

    5 von 7 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    lialuna, 28.03.2020 bei bewertet

    Was am Ende wirklich zählt

    Michka ist alt geworden. Sie verliert die Wörter und ihre Selbständigkeit. Als es nicht mehr anders geht hilft ihr Marie, eine junge Frau, die Michka schon viele Jahre kennt, einen Platz in einem Heim zu bekommen. Außer von Marie bekommt Michka nun nun noch regelmäßig Besuch von dem jungen Logopäden Jérôme. Auch er schließt die alte Dame schnell in sein Herz. Michka hat noch einen Wunsch: sie möchte sich bei dem Ehepaar bedanken, dass ihr in ihrer Kindheit das Leben gerettet hat. Marie gibt eine Anzeige in der Zeitung auf, doch zunächst scheint es ein hoffnungsloses Unterfangen zu sein, die Beiden zu finden.
    Delphine de Vigan erzählt mit leisen Tönen die Geschichte von Michkas Ende. Trotzdem habe ich "Dankbarkeiten" nicht als traurig empfunden. Häufig musste ich ob Michkas verdrehter Wortschöpfungen schmunzeln. Auch wenn der Tod vorkommt, geht es in diesem Buch viel mehr um das Leben, um die Bedeutung von Sprache und Dankbarkeit. Ich habe viele Denkanstöße erhalten.
    Ob 160 spärlich bedruckte Seiten den Preis von 20 Euro rechtfertigen, muss jeder selbst entscheiden. Mich hat jedenfalls selten ein Buch so berührt. Manchmal braucht es nicht viele Worte, um eine Geschichte zu erzählen.

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 5 Sterne

    10 von 16 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Lilofee, 12.03.2020

    Es geht um das Bewusstsein, dass ein Leben immer von anderen abhängig ist und sein wird.
    Dass es Versäumnisse geben kann, die unkorrigierbar bleiben.
    So wie im Leben der alt gewordenen Michka, die als Kind einst von einer Familie aufgenommen wurde, die in den Wirren des tobenden Krieges von ihrer Mutter verlassen wurde. Einer Jüdin die auf der Flucht war.
    Jetzt wohnt Michka in einem Seniorenheim und zunehmend quält sie der Gedanke sich bei ihren Rettern nie bedankt zu haben. Dazu kommt das sie so langsam ihre Worte verliert. Sie, die früher mal so viel mit Worten gearbeitet hat. Immer ist sie auf der Suche nach Wörtern, ersetzt sie durch ähnlich klingende.

    Die Autorin beschreibt dieses Schreckliche so behutsam und schön.
    Mit Sätzen wie:

    Alt werden heißt verlieren lernen.
    Das verlieren, was einem geschenkt wurde, wofür man gekämpft hat,
    und wo von man geglaubt hat, man würde es für immer behalten.
    Sich neu anpassen.
    Sich neu organisieren.
    Ohne zurechtzukommen.
    Darüber hinweggehen.
    Nichts mehr zu verlieren haben.
    Was bleibt, wenn die Sprache nicht mehr da ist?

    Michka hat Angst das alles zu verlieren, ohne sich vorher noch richtig bedankt zu haben.
    Es gibt dann auch noch Marie, die schon in der Wohnung für sie sorgte. Michka hat sich viel um Marie gekümmert. Sie war wie eine Mutter für sie, weil Maries eigene Mutter kaum da oder einfach überfordert war.
    Und Jérôme, der Logopäde, der Michka zweimal pro Woche besucht und mit Übungen versucht gegen Michkas Vergessen anzukämpfen. Und wie Michka kämpft.
    Wort für Wort versucht sie Sätze zu formen, die bisweilen unfreiwilligen Witz entfalten.
    Michka hat aber auch zunehmende Ängste alles immer mehr im Vergessen zu verlieren.
    Nachts hat sie die schlimmsten Alpträume, die sie nicht zur Ruhe kommen und schlafen lassen.
    Aber Michka verstummt nicht. Im Gegenteil. Mit ihren letzten klaren Gedanken ist sie bis zuletzt um das Leben anderer bemüht. Auch, wenn ihr das Formulieren immer schwerer fällt.

    In dieser Dreiecksgeschichte wird deutlich was Dankbarkeit bedeutet, wie unterschiedlich sie sein kann.
    Dankbarkeit kann am Lebensende eine Herzensangelegenheit sein und sie kann auch bestehende Beziehungen festigen und vertiefen.
    Das alles wird in einer wunderschönen Sprache erzählt. Mit wundervollen Charakteren.
    Es ist ein sehr einfühlsamer Roman über das Alt werden.
    Mit der Message das im Grunde genommen für nichts zu spät ist und schon gar nicht die Hoffnung.
    Eine Lesehighlight!

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 5 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Michaela E., 20.04.2020

    Michka leidet an Aphasie. Nach und nach verliert sie die Worte und ihre Bedeutungen. Dabei war Sprache immer sehr wichtig für sie. Sie war Korrektorin bei einem großen Magazin und ihr entging nichts.

    Sie hat keine Familie, aber Marie, um die sie sich schon in deren Kindheit gekümmert hat, begleitet sie auf ihren letzten Wegen.

    Da sie nicht mehr alleine wohnen kann, bezieht sie ein Altersheim, wo man sie sehr um sie bemüht. Ein Logopäde versucht mit ihr gemeinsam gegen den Sprachverlust zu kämpfen. Denn Michka hätte noch was zu erledigen. Sie möchte unbedingt den Menschen, die sie während des Krieges versteckt hatten, danken. Sie kennt nur das Dorf und ihre Vornamen.

    Zwischen Michka und dem Logopäden entwickelt sich eine Freundschaft und Michka vermittelt dem jungen Mann, wie wichtig es ist, mit Dingen abzuschließen. Es belastet immer, wenn etwas offen bleibt.

    Abwechselnd erzählen Marie und Jerome von ihren Gesprächen und Erlebnissen mit Michka. Es sind Begegnungen, die befruchten. Michka ist eine beeindruckende Frau mit einem klaren Blick auf das Leben, auch wenn sie nicht mehr alles so ausdrücken kann, wie sie es gerne möchte. Sie möchte sich einen letzten Rest Selbstbestimmtheit behalten und schafft das auch.

    Die Begegnungen mit Michka sind unglaublich liebevoll. Ich bin froh, dass ich diese literarische Figur kennenlernen durfte, denn ihre Sicht auf das Leben und auf das Ende sind auch für mich irgendwie tröstlich.

    Stilistisch ist das Buch toll zu lesen. Die zwei Erzählperspektiven lockern auf und die Gespräche mit Michka sind teilweise sehr humorvoll. Ihre Wortverwechslungen und -verdrehungen sind manchmal sehr amüsant. Dieses Buch war bestimmt eine Herausforderung für Übersetzerin, denn das Spiel mit der Sprache lässt sich bestimmt nicht eins zu eins übersetzen.

    Mich konnte Dankbarkeit wirklich begeistern und da es mein erstes Buch der Autorin ist, gibt es ja einiges aufzuholen. Ich freu mich drauf!

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 5 Sterne

    2 von 3 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Lilofee, 12.03.2020 bei bewertet

    Es geht um das Bewusstsein, dass ein Leben immer von anderen abhängig ist und sein wird.
    Dass es Versäumnisse geben kann, die unkorrigierbar bleiben.
    So wie im Leben der alt gewordenen Michka, die als Kind einst von einer Familie aufgenommen wurde, die in den Wirren des tobenden Krieges von ihrer Mutter verlassen wurde. Einer Jüdin die auf der Flucht war.
    Jetzt wohnt Michka in einem Seniorenheim und zunehmend quält sie der Gedanke sich bei ihren Rettern nie bedankt zu haben. Dazu kommt das sie so langsam ihre Worte verliert. Sie, die früher mal so viel mit Worten gearbeitet hat. Immer ist sie auf der Suche nach Wörtern, ersetzt sie durch ähnlich klingende.

    Die Autorin beschreibt dieses Schreckliche so behutsam und schön.
    Mit Sätzen wie:

    Alt werden heißt verlieren lernen.
    Das verlieren, was einem geschenkt wurde, wofür man gekämpft hat,
    und wo von man geglaubt hat, man würde es für immer behalten.
    Sich neu anpassen.
    Sich neu organisieren.
    Ohne zurechtzukommen.
    Darüber hinweggehen.
    Nichts mehr zu verlieren haben.
    Was bleibt, wenn die Sprache nicht mehr da ist?

    Michka hat Angst das alles zu verlieren, ohne sich vorher noch richtig bedankt zu haben.
    Es gibt dann auch noch Marie, die schon in der Wohnung für sie sorgte. Michka hat sich viel um Marie gekümmert. Sie war wie eine Mutter für sie, weil Maries eigene Mutter kaum da oder einfach überfordert war.
    Und Jérôme, der Logopäde, der Michka zweimal pro Woche besucht und mit Übungen versucht gegen Michkas Vergessen anzukämpfen. Und wie Michka kämpft.
    Wort für Wort versucht sie Sätze zu formen, die bisweilen unfreiwilligen Witz entfalten.
    Michka hat aber auch zunehmende Ängste alles immer mehr im Vergessen zu verlieren.
    Nachts hat sie die schlimmsten Alpträume, die sie nicht zur Ruhe kommen und schlafen lassen.
    Aber Michka verstummt nicht. Im Gegenteil. Mit ihren letzten klaren Gedanken ist sie bis zuletzt um das Leben anderer bemüht. Auch, wenn ihr das Formulieren immer schwerer fällt.

    In dieser Dreiecksgeschichte wird deutlich was Dankbarkeit bedeutet, wie unterschiedlich sie sein kann.
    Dankbarkeit kann am Lebensende eine Herzensangelegenheit sein und sie kann auch bestehende Beziehungen festigen und vertiefen.
    Das alles wird in einer wunderschönen Sprache erzählt. Mit wundervollen Charakteren.
    Es ist ein sehr einfühlsamer Roman über das Alt werden.
    Mit der Message das im Grunde genommen für nichts zu spät ist und schon gar nicht die Hoffnung.
    Eine Lesehighlight!

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 4 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Stefany P., 01.03.2020

    “Man muss kämpfen. Um jedes Wort. Jeden Zentimeter. Nichts aufgeben. Keine Silbe, keinen Konsonanten. Was bleibt, wenn die Sprache nicht mehr da ist?“

    In diesem überschaubaren Roman schafft De Vigan es zu berühren und bringt zu verstehen, wie bedeutsam und befreiend es sein kann, seine Dankbarkeit und Wertschätzung bewusst zu äußern, bevor die Zeit uns einholt. Aus drei Blickwinkeln erfahren wir, wie flüchtig uns der Gedanke der Dankbarkeit erscheint, bis wir damit konfrontiert werden, uns mit dem auseinanderzusetzen, was wir im Stillen mit uns getragen haben.

    Trotz ihres Leidens an Paraphrasie, dem Verlust der Worte und die Enge die die Protagonistin Michka widerfährt, seit sie nicht mehr selbstständig für sich sorgen kann und in einem Seniorenheim lebt, ist die bemerkenswerte starke Frau charmant und lebendig. Ihr Wortschatz und die Kontrolle verschmälern sich, doch ihr Esprit und ihre Persönlichkeit bleiben bis zu den letzten Seiten erhalten, welche ebenfalls auf Marie und Jérome abfärben.

    Die Themen sind ernst, doch die Geschichte hat auch simple und schöne Momente, und bringt ein hervorragendes Zusammenspiel von Charakteren. Es erzählt vom Älterwerden, dem Verlust der Selbstbestimmtheit und ist geprägt von allem was wir mit uns tragen und noch mitteilen wollen.

    Das Buch ist poetisch und echt, einfach in seiner Sprache und dennoch mitreißend. In wenigen Sätzen und in einem schmalen Rahmen entsteht eine Atmosphäre von Mitgefühl und Zuneigung, von Traurigkeit und Hoffnung. Was zählt, was bewegt und was bleibt.

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 5 Sterne

    3 von 3 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Papier und Tintenwelten, 18.03.2020

    aktualisiert am 18.03.2020

    “Dankbarkeiten” ist ein Roman der Autorin Delphine de Vigan. Auf dieses Buch habe ich mich sehr gefreut, weil es, für mich, nach einer ganz besonderen und bewegenden Geschichte klang.

    In dieser Geschichte geht es um die Protagonistin Michka. Michka hat stets ein unabhängiges Leben geführt und als sie eines Tages nicht mehr alleine Leben kann bricht für sie eine Welt zusammen. Denn nicht nur die Veränderungen in ihrer Umgebung sind schwer zu ertragen.

    Noch schwerer ist es für Michka, dass sie mehr und mehr ihre Worte verliert. Lediglich die junge Marie, die sich um Michka kümmert und der Wunsch ein Ehepaar zu finden, dem die Seniorin ihr Leben zu verdanken hat, halten Michka aufrecht. Auf ihren Wunsch hin gibt Marie erneut eine Suchanzeige auf und hofft für Michka, dass diese ihre Dankbarkeit noch eines Tages übermitteln kann …Der Einstieg in dieses Buch ist mir sehr gut gelungen. Es war für mich das erste Werk, welches ich von Delphine de Vigan gelesen habe, aber es wird definitiv nicht das letzte gewesen sein. Der Schreibstil der Autorin ist flüssig und angenehm zu lesen, aber was mir ganz besonders gut gefallen hat war, wie sie die Emotionen der Charaktere darstellt. Ich habe direkt nach wenigen Seiten mit Michka, Marie und Co mitfühlen können und ich hatte mehrmals einen dicken Kloss im Hals. Frau de Vigan hat ein großes Talent menschliche Situationen und die Gefühle, die damit einhergehen zu beschreiben.

    Die Inhalte der Geschichte sind lebensnah und haben mich auf verschiedenen Ebenen berührt und teilweise auch nachdenklich gestimmt. Ich konnte mich gut in Michka und ihre hilflose Suche nach den richtigen Worten reinversetzen und mit ihren Beschreibungen hat die Autorin auch in mir eine tolle Mischung an Emotionen hervorgerufen.

    Die Charaktere sind schön detailliert ausgearbeitet und ich habe sie gerne begleitet. Es gibt persönliche Entwicklungen und in Michka’s Fall auch Reflektionen, die mir gut gefallen haben. Das Thema Dankbarkeit kommt etwas kürzer als Michkas Erkrankung, aber das hat mich gar nicht gestört. Das einzige was ich an diesem Buch schade fand war, dass es so schnell zuende war. Ich hätte gerne noch mehr gelesen.

    “Dankbarkeiten” ist ein empathisch geschriebenes, feinfühliges Buch, welches tolle Inhalte bietet, die zum nachdenken, reflektieren und mitfühlen anregen! Von mir gibt es hier eine ganz klare Leseempfehlung!

    Meine Bewertung: 5 von 5

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 5 Sterne

    4 von 5 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Xirxe, 12.03.2020 bei bewertet

    163 Seiten hat dieses schmale Büchlein, doch gut 40 davon sind nicht bedruckt. Bleiben also noch rund 120 Seiten Lektüre mit großzügig gesetztem Text - und das für 20 €. Wäre der Inhalt nicht so grandios, wäre dies eine Ein- oder Zwei-Sterne-Bewertung geworden. Aber der Text lässt mich dann doch darüber hinwegsehen ;-)
    Michka ist eine ältere Dame, die irgendwann an einen Punkt gelangt ist, an dem sie nicht mehr alleine in ihrer Wohnung bleiben kann. Nicht nur ihre körperlichen Gebrechen machen ihr zu schaffen, auch die Schatten ihrer Vergangenheit rücken näher und versetzen sie mit Alpträumen in Angst und Schrecken. Dazu kommt der Verlust der Sprache, mit dem sie schwer zu kämpfen hat. Denn Sprache hat ihr Leben bestimmt als Korrektorin einer großen Zeitschrift und nun verliert sie Wort um Wort. Marie, eine junge Frau die ihr sehr nahe steht, kümmert sich um ihre Unterbringung in ein Pflegeheim, wo sie mit Jérôme, einem jungen Logopäden, zweimal die Woche Übungen macht.
    Diese beiden Menschen berichten abwechselnd von ihrem Zusammensein mit Michka und dazwischen erfährt man nach und nach, woher ihre Alpträume kommen. Delphine de Vigans Sprache vermittelt voller Zartheit und Sanftmut, wie Michka um ihr Leben, ihre Sprache, ihre Würde kämpft. Der Verlust ihrer Worte ist beeindruckend und wirkungsvoll umgesetzt, indem zuerst nur Buchstaben verdreht werden, dann aber neue Wörter die alten ersetzen bis sie endgültig verschwinden.
    Es ist ein trauriges Buch, doch mit vielen heiteren und warmherzigen Momenten. Und auch wenn ich am Schluss einige Tränen vergoss - es geht weiter. Ein altes Leben verschwindet, ein neues wird geboren.

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 5 Sterne

    3 von 4 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Elke S., 22.04.2020

    Dankbarkeit zeigen, bevor gilt, „Die Wörter machen sich vom Racker“

    „Ja ich sitze in meinem Sessel. Aber ich kann mich nicht mehr bewegen.“, sagt Michka zu der Dame, die sie anruft, nachdem sie den Notfallknopf gedrückt hat. Wie lange sie schon im Sessel sitzt, weiß sie nicht mehr. Auch wenn sie sich vielleicht doch noch bewegen kann, ist es die Angst, die sie so furchtbar lähmt. „Es geht so schnell, ich spüre fast andauernd, dass ich etwas verliere, aber ich finde es nicht, und … das macht mir Angst.“ Die weitgereiste alte Dame, die Fotoreportagen für Zeitschriften gemacht hat und der als Korrektorin für eine Zeitung nie ein Fehler entging, leidet sehr darunter, dass ihr die Worte zunehmend entschwinden, was furchtbare Alpträume auslöst. >>Habe ich dir erzählt, dass ich im Wohnzimmer hingefallen bin? Ganz blöd mit dem Topf voran.Was meine Beischätzung angeht. Eine Vorherbestattung ... ein paar Schnittchen und aus und vorbei.>Meinst eine Feuerbestattung?> Ja genau. Aber die Schnittchen nicht mit Leberpastete, sondern mit Pax.“ Richtig mitgefiebert habe ich auch, ob die Suche von Erfolg gekrönt sein wird.

    Michka ist mir von der ersten Seite an ans Herz gewachsen. Sie ist eine so tolle Frau und das bringt die Autorin auch auf den wenigen Seiten ihres eher kurzen Romans auch mehr als gelungen zum Ausdruck. Auch Marie und Jérôme, die eigentlich gar keine großen Auftritte haben, sind so grandios gezeichnet, dass ganz viel Zwischenmenschliches spürbar wird.

    Alles in allem völlige Begeisterung und absolute Leseempfehlung. Ausgezeichnete fünf Sterne.

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 5 Sterne

    3 von 4 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Herbstrose, 19.03.2020 bei bewertet

    Michka ist alt geworden. Bisher kam sie noch ganz gut alleine zurecht, doch seit einiger Zeit lässt das Gedächtnis nach – sie verliert und verwechselt Wörter und kann sich nicht mehr richtig ausdrücken. Als sie dann infolge häufiger Stürze ans Haus gefesselt ist, verliert sie auch noch sämtliche sozialen Kontakte. Ein Glück, dass es die junge Marie gibt, die als Kind oft von Michka betreut wurde. Sie kümmert sich rührend um sie und hilft ihr, einen Platz im Seniorenheim zu bekommen. Über die Monotonie des dortigen Alltags, ihre Ängste und nächtlichen Albträume helfen ihr die regelmäßigen Besuche des jungen Logopäden Jérôme, zu dem sie sehr rasch Vertrauen fasst. Ihm vertraut sie auch an, dass sie dem Ehepaar, das ihr während des Krieges das Leben gerettet hat, solange es noch möglich ist ihre Dankbarkeit ausdrücken möchte. Marie bemüht sich schon lange darum die Leute zu finden, doch ohne genauen Namen und Adresse ein schwieriges Unterfangen – nun erhält sie Hilfe von Jérôme …

    Delphine de Vigan ist eine französische Schriftstellerin. Sie wurde 1966 in Paris geboren und lebt heute noch mit ihren beiden Kindern in dieser Stadt. Neben ihrer Tätigkeit an einem soziologischen Forschungsinstitut hat sie seit 2001 mehrere Romane veröffentlicht, für die sie einige bedeutende französische Literaturpreise erhielt.

    „Dankbarkeiten“ ist ein unglaublich berührendes Buch, das zum Innehalten und Nachdenken anregt. Es greift Themen auf, mit denen wir alle früher oder später konfrontiert werden. Zeigen wir denen, die uns zu dem gemacht haben was wir sind, wirklich unsere Dankbarkeit und Zuneigung oder warten wir damit, bis es eines Tages zu spät ist? Sollte man mit seiner Vergangenheit ins Reine kommen, um in Ruhe in die Zukunft blicken zu können? Wie kann man in Würde altern, wenn einem Körper und Geist im Stich lassen?

    Doch nicht nur Trauriges und Bedrückendes, sondern auch Hoffnung und Zuversicht ist aus den Zeilen zu lesen. Der Schreibstil ist, wie von der Autorin gewohnt, außerordentlich intensiv und mitreißend. Die drei Protagonisten, aus deren Perspektive jeweils berichtet wird, sind sehr sympathisch und ihre Handlungen jederzeit nachvollziehbar. So erfährt der Leser auch Begebenheiten aus deren Kindheit und Jugendzeit, die ihr ganzes späteres Leben prägen werden.

    Fazit: Ein großartiges Buch, das berührt und aufrüttelt – meine absolute Leseempfehlung.

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 5 Sterne

    1 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Martin S., 17.05.2020

    Emotionaler und ergreifender Roman

    Michka ist eine selbstbewusste Frau, die auf eigenen Beinen steht. Sie hat sehr unter den Folgen des Älterwerdens zu leiden, da sie immer häufiger Sachen vergisst. In erster Linie fehlen ihr immer häufiger die Worte um sich auszudrücken, so dass sie auf ähnlich klingende ausweicht. Marie, die Michka vieles zu verdanken hat, erkennt die Situation und bemüht sich um einen Platz im Seniorenheim. Dort kommt Michka aber nur sehr schwer mit dem Verlust ihrer Selbstständigkeit klar...
    Die erfolgreiche Autorin Delphine de Vigan konnte mich schon öfter mit ihren Büchern berühren und so war ich sehr gespannt, wie sie in ihrem neuen Roman das Thema "Dankbarkeiten" verarbeitet. Nach den ersten Seiten war ich wieder gefangen von ihrem präzisen und auf den Punkt gebrachten Schreibstil. Die Hauptprotagonistin Michka wird interessant charakterisiert und drückt gerade mit ihrem sympathischen Auftritt und ihrem Umgang mit der immer weiter ausufernden Krankheit dem Roman seinen Stempel auf. Hier gelingt der Autorin aus meiner Sicht auch ein genialer Zug, indem sie Michka im Verlauf immer häufiger falsche Wörter in den Mund legt und so den Fortgang ihrer Demenz beschreibt. Das Ganze bleibt stets auf einer sehr emotionalen Ebene, da Delphine de Vigan viel Wert auf die Gefühle und Gedanken der Protagonisten legt.
    "Dankbarkeiten" ist aus meiner Sicht ein äußerst gut gelungener Roman über das Älterwerden und dem Wunsch eines Menschen, für die entgegen-gebrachten Aufmerksamkeiten danke sagen zu können. Der Autorin ist es mit ihrem Erzähltalent gelungen, mich als Leser zu packen und so den Roman auch länger nachwirken zu lassen. Ich halte das Buch für sehr lesenswert, empfehle es daher gerne weiter und bewerte es mit den vollen fünf von fünf Sternen.

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 5 Sterne

    1 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    dj79, 28.05.2020

    Tieftraurig gleichzeitig unendlich schön
    Michka muss in ein Altenheim umziehen, das Wohnen allein ist nicht mehr möglich für sie. Die ehemalige Korrektorin journalistischer Texte vergisst die Wörter, eins nach dem anderen. Sie fallen ihr einfach nicht mehr ein. Zunächst durch andere ersetzt, bleiben sie später ganz aus. Daran können auch Marie, die Michka als Kind oft betreut hatte, und auch der Logopäde Jérôme nichts ändern.

    Diese Geschichte über die Degeneration im Alter war für mich unglaublich traurig und hat mich emotional tief getroffen. Zum einen ist es natürlich bitter, wenn eine bisher immer unabhängige Frau plötzlich dermaßen auf Hilfe angewiesen ist. Obwohl die Angestellten des Heims nur ihr Bestes wollen, treten sie Michka des Öfteren unbewusst auf die Füße. Was mich aber noch mehr berührt hat, sind die Beziehungen zu ihren Vertrauten, Marie und Jérôme.

    Marie ist das Kind, das Michka nie hatte. Sie kümmert sich liebevoll, besucht Michka so oft wie möglich, ruft sie an, hält die ehemalige Korrektorin auf dem Laufenden. Was mich daran am meisten fasziniert hat, war Maries Selbstlosigkeit dabei. Nicht ein einziges Mal Murren, nie der Bedarf etwas anderes lieber zu tun, ein Verhalten, das leibliche Kinder oft nicht zustande bringen.

    Jérôme scheint ein etwas einsamer Typ zu sein, der seine ganze Energie der logopädischen Betreuung von Senioren widmet. Deshalb treffen Michka und er aufeinander. Die gegenseitige Sympathie wächst. Sie öffnet sich ihm, erzählt von Albträumen, die ihren Ursprung bereits in Michkas Kindheit haben. So kommt es ihm zumindest vor. Die als Kind erlebte Angst vergisst man nie. Ich liebte die Art, wie Jérôme auf Michka eingegangen ist, wie er immer wieder versucht hat, sie zum weitersprechen zu motivieren.

    Diese beiden Beziehungen sind nun Michkas einzige Kontakte zur Außenwelt. Sie stellen keine Fragen, warum sie sich so verhält, wie sie es tun, warum sie sich dies oder jenes wünscht. Marie und Jérôme sind einfach nur für sie da. Die ganze Atmosphäre ist geprägt von Dankbarkeit für die gemeinsame Zeit. Trotz des bitteren Schicksals, das Michka zuteil wurde, ist die Geschichte einfach nur schön, tieftraurig gleichzeitig unendlich schön und das ganz ohne Schnulzigkeit.

    Sehr zu empfehlen.

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 5 Sterne

    dj79, 28.05.2020 bei bewertet

    Tieftraurig gleichzeitig unendlich schön
    Michka muss in ein Altenheim umziehen, das Wohnen allein ist nicht mehr möglich für sie. Die ehemalige Korrektorin journalistischer Texte vergisst die Wörter, eins nach dem anderen. Sie fallen ihr einfach nicht mehr ein. Zunächst durch andere ersetzt, bleiben sie später ganz aus. Daran können auch Marie, die Michka als Kind oft betreut hatte, und auch der Logopäde Jérôme nichts ändern.

    Diese Geschichte über die Degeneration im Alter war für mich unglaublich traurig und hat mich emotional tief getroffen. Zum einen ist es natürlich bitter, wenn eine bisher immer unabhängige Frau plötzlich dermaßen auf Hilfe angewiesen ist. Obwohl die Angestellten des Heims nur ihr Bestes wollen, treten sie Michka des Öfteren unbewusst auf die Füße. Was mich aber noch mehr berührt hat, sind die Beziehungen zu ihren Vertrauten, Marie und Jérôme.

    Marie ist das Kind, das Michka nie hatte. Sie kümmert sich liebevoll, besucht Michka so oft wie möglich, ruft sie an, hält die ehemalige Korrektorin auf dem Laufenden. Was mich daran am meisten fasziniert hat, war Maries Selbstlosigkeit dabei. Nicht ein einziges Mal Murren, nie der Bedarf etwas anderes lieber zu tun, ein Verhalten, das leibliche Kinder oft nicht zustande bringen.

    Jérôme scheint ein etwas einsamer Typ zu sein, der seine ganze Energie der logopädischen Betreuung von Senioren widmet. Deshalb treffen Michka und er aufeinander. Die gegenseitige Sympathie wächst. Sie öffnet sich ihm, erzählt von Albträumen, die ihren Ursprung bereits in Michkas Kindheit haben. So kommt es ihm zumindest vor. Die als Kind erlebte Angst vergisst man nie. Ich liebte die Art, wie Jérôme auf Michka eingegangen ist, wie er immer wieder versucht hat, sie zum weitersprechen zu motivieren.

    Diese beiden Beziehungen sind nun Michkas einzige Kontakte zur Außenwelt. Sie stellen keine Fragen, warum sie sich so verhält, wie sie es tun, warum sie sich dies oder jenes wünscht. Marie und Jérôme sind einfach nur für sie da. Die ganze Atmosphäre ist geprägt von Dankbarkeit für die gemeinsame Zeit. Trotz des bitteren Schicksals, das Michka zuteil wurde, ist die Geschichte einfach nur schön, tieftraurig gleichzeitig unendlich schön und das ganz ohne Schnulzigkeit.

    Sehr zu empfehlen.

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 5 Sterne

    Zauberberggast, 07.03.2020

    "Dankbarkeiten" ist ein feinsinniger kleiner Roman über den Verlust von Sprache und darüber, was dieser Umstand mit uns macht. Eine Novelle über das Älterwerden, den unaufhaltsamen Verfall und darüber, wie wir ihm begegnen können. Fern von Fatalismus, aber dennoch mit einer großen Portion Tristesse angesichts des unvermeidlichen Wegs allen Irdischens erzählt Delphine de Vigan vom Altsein Michkas und ihren letzten Lebenswochen in einem Pariser Seniorenheim.

    Die Tragik: Michka ist kinderlos und ohne Verwandte. Sie muss sich im Alter auf die Fürsorge derer verlassen, die dies freiwillig machen, so wie Marie, eine der beiden Ich-Erzähler des Romans. Oder eben auf das ungastliche Seniorenheim mit seiner nüchternen, distanzierten Direktorin. Denn alleine wohnen kann und will sie nicht mehr. Außerdem leidet sie an Sprachverlust, sie verliert die Wörter, ersetzt sie durch die, die ihr gerade in den Sinn kommen. Ironie des Schicksals, war sie früher doch Korrektorin, hat Texte verbessert, mit Wörtern gearbeitet.

    Wenn Michka um die Worte ringt, gleichsam um sie kämpft und trotz allen Aufbäumens doch wieder in Kauderwelsch verfällt, dann ist das rührend, es geht ans Herz des Lesers.
    Jérôme, der andere Ich-Erzähler, ist Michkas Logopäde. Er macht mit ihr und anderen alten Menschen im Seniorenheim Sprachübungen. Die Wortlosigkeit, die Alter, Alzheimer und Demenz mit sich bringen, ist sein täglich Brot und dennoch lässt sie ihn nicht kalt. Die mitunter bewegendsten Sätze des Buches sind seine Gedanken über die Tragik des Sprachverlusts.

    Der Kurzroman heißt “Dankbarkeiten”, denn es geht auch um das Grundbedürfnis des Menschen, “Danke” zu sagen. Bevor Michka gehen kann, möchte sie noch Danke sagen und zwar jenen Menschen, die sie nach der Deportation ihrer Eltern während des Zweiten Weltkriegs gerettet haben - aus reinem Altruismus heraus. Der Logopäde Jérôme hilft ihr dabei.

    Es ist mein erstes Buch von Delphine de Vigan, eine wirkliche Neuentdeckung für mich! Ein wirklich berührender, in sich geschlossener Kurzroman, bei dem kein Wort überflüssig ist.

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 5 Sterne

    Lesezauber_Zeilenreise, 13.03.2020

    Alt werden ist ein Privileg, alt sein ist manchmal nur schwer zu ertragen. Um das Altsein geht es in diesem kleinen aber überaus feinen Roman von Delphine de Vigan.

    Michka, die stets ein unabhängiges Leben geführt hat, muss feststellen, dass sie nicht mehr allein leben kann. Geplagt von Albträumen glaubt sie ständig, wichtige Dinge zu verlieren. Tatsächlich verliert sie nach und nach Wörter, findet die richtigen nicht mehr und ersetzt sie durch ähnlich klingende. Die junge Marie, um die Michka sich oft gekümmert hat, bringt sie in einem Seniorenheim unter. Der alten Frau fällt es schwer, sich in der neuen Ordnung einzufinden. In hellen Momenten leidet sie unter dem Verlust ihrer Selbstständigkeit. Doch was Michka am meisten beschäftigt, ist die bisher vergebliche Suche nach einem Ehepaar, dem sie ihr Leben zu verdanken hat. Daher gibt Marie erneut eine Suchanzeige auf, und Michka hofft, ihre tiefe Dankbarkeit endlich übermitteln zu können.
    Klarsichtig und scharfsinnig zeigt Delphine de Vigan, was uns am Ende bleibt: Zuneigung, Mitgefühl, Dankbarkeit. Und zugleich würdigt sie in ›Dankbarkeiten‹ all diejenigen, die uns zu den Menschen gemacht haben, die wir sind.

    Dankbarkeiten ist ein wundervolles Buch! Ganz schlicht eigentlich und dennoch unendlich berührend! Die vertauschten Wörter von Mischka sorgten bei mir für so manchen Lacher. Und das, obwohl es ja eigentlich ein Thema ist das alles ist, nur nicht witzig. Das mag ich an diesem Buch gerade so sehr. Ein ernstes, sensibles Thema wird mit ganz viel Humor und Wärme und Liebe angegangen. Es macht so einen Spaß, Mischka´s Geschichte zu lesen, in sie einzutauchen und leider-leider ist das Buch viel zu schnell zu Ende.

    „Dankbarkeiten“ ist so menschlich und so feinfühlig und sensibel und dennoch oder gerade deswegen umso kraftvoller, intensiver und beeindruckender. Ein wirkliches kleines Juwel!

    5 von 5 Sterne und eine von Herzen kommende Leseempfehlung für all jene, die auch mal die leisen, sanften, intensiven und berührenden Töne mögen.

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 5 Sterne

    Maria B., 28.02.2020

    Sich dem Verlieren entgegenstellen

    Die bisher selbständige, unabhängige Michka muss sich den geistigen Gebrechlichkeiten des Alters stellen. Dass sie so vieles zu verlieren scheint, bereitet ihr tiefe Ängste. Vor allem sind es Wörter, die ihr abhandenkommen. Das Leben im Seniorenheim mit all seinen Neuerungen fordert sie zusätzlich. Zum Glück kümmern sich zwei junge Leute liebevoll um sie und helfen ihr, einen letzten grossen Wunsch zu erfüllen. Denn Dankbarkeit zu übermitteln, gerade jenen Menschen, die ihr einmal entscheidend geholfen haben, ist Michkas tiefstes Bedürfnis.
    Dankbarkeit ist ein problematisches Thema, mit dem wohl schon jeder konfrontiert worden ist. Besonders dann, wenn man dankbar sein MUSS. Hier aber will ein alter Mensch seine Dankbarkeit ausdrücken DÜRFEN.
    Immer wieder taucht Delphine de Vigan in die Untiefen der Menschen, in ihre Schwierigkeiten mit dem sozialen Leben, mit sich selbst. Die Leben und Schicksale verschiedener Personen werden vor dem Leser aufgerollt, zarte Fäden werden gesponnen, Sympathien sanft gefördert. Dass abwechselnd aus der Sicht der beiden jungen Helfer Marie und Jerome erzählt wird, hat mir sehr gefallen. Dankbarkeit und Verlust, beide Themen gehen sehr nahe und berühren vor allem Senioren wie mich, bei denen auch schon so manches zu verschwinden scheint… Der Roman zeigt auch deutlich, wie wichtig Anteilnahme ist, allen Menschen gegenüber.
    Vigans Übersetzerin Doris Heinemann versteht es, die gepflegte, bilderreiche Sprache der Autorin ins Deutsche zu übertragen und dabei die Spannung zu erhalten, was ja hauptsächlich zum Erfolg eines fremdsprachigen Buches beiträgt. Angenehm finde ich das Lesebändchen, treffend das eine Wort als Buchtitel. Ein positives Zeichen setzt die fröhliche Fotografie auf dem Titelbild.
    Danke, Madame Vigan, für Ihr neuestes Werk!

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 5 Sterne

    Martin S., 17.05.2020 bei bewertet

    Emotionaler und ergreifender Roman

    Michka ist eine selbstbewusste Frau, die auf eigenen Beinen steht. Sie hat sehr unter den Folgen des Älterwerdens zu leiden, da sie immer häufiger Sachen vergisst. In erster Linie fehlen ihr immer häufiger die Worte um sich auszudrücken, so dass sie auf ähnlich klingende ausweicht. Marie, die Michka vieles zu verdanken hat, erkennt die Situation und bemüht sich um einen Platz im Seniorenheim. Dort kommt Michka aber nur sehr schwer mit dem Verlust ihrer Selbstständigkeit klar...
    Die erfolgreiche Autorin Delphine de Vigan konnte mich schon öfter mit ihren Büchern berühren und so war ich sehr gespannt, wie sie in ihrem neuen Roman das Thema "Dankbarkeiten" verarbeitet. Nach den ersten Seiten war ich wieder gefangen von ihrem präzisen und auf den Punkt gebrachten Schreibstil. Die Hauptprotagonistin Michka wird interessant charakterisiert und drückt gerade mit ihrem sympathischen Auftritt und ihrem Umgang mit der immer weiter ausufernden Krankheit dem Roman seinen Stempel auf. Hier gelingt der Autorin aus meiner Sicht auch ein genialer Zug, indem sie Michka im Verlauf immer häufiger falsche Wörter in den Mund legt und so den Fortgang ihrer Demenz beschreibt. Das Ganze bleibt stets auf einer sehr emotionalen Ebene, da Delphine de Vigan viel Wert auf die Gefühle und Gedanken der Protagonisten legt.
    "Dankbarkeiten" ist aus meiner Sicht ein äußerst gut gelungener Roman über das Älterwerden und dem Wunsch eines Menschen, für die entgegen-gebrachten Aufmerksamkeiten danke sagen zu können. Der Autorin ist es mit ihrem Erzähltalent gelungen, mich als Leser zu packen und so den Roman auch länger nachwirken zu lassen. Ich halte das Buch für sehr lesenswert, empfehle es daher gerne weiter und bewerte es mit den vollen fünf von fünf Sternen.

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 5 Sterne

    Ulrike R., 11.04.2020

    Michka sucht. In ihren Erinnerungen, nach Dingen, die sie verlegt hat. Doch was sie in Wirklichkeit verliert, sind Worte. Nach und nach ersetzt sie diese durch ähnlich klingende. Als die alte Dame nicht mehr in der Lage ist, ihren Alltag alleine zu bewältigen, kümmert sich Marie um einen Platz im Seniorenheim für Michka. Doch dort vermisst Michka ihre Eigenständigkeit, findet sich nicht zurecht. Trotz der Unterstützung von Marie und dem Logopäden Jerome verliert Michka immer mehr den Bezug zum Leben. Ein großen Wunsch hat sie noch: das Ehepaar zu finden, dem sie als Kind ihr Leben zu verdanken hat.
    „Haben Sie sich schon einmal gefragt, wie oft Sie am Tag Danke sagen? Danke für das Salz, für die aufgehaltene Tür, für die Auskunft.“
    Danke zu sagen für die kleinen alltäglichen Dinge, das geht uns oft sehr leicht von den Lippen. Tiefe ehrliche verbunden Dankbarkeit auszusprechen, den Menschen gegenüber, die für uns da sind, in der Not, in Zeiten der Angst, Dunkelheit und Einsamkeit, dankbar sein gegenüber denjenigen die unser Leben retten, dankbar sein dem Leben selbst gegenüber. Ein großes Thema, das die französische Autorin Delphine de Vigan so sensibel und stark zugleich in die Hand nimmt. Die französische Autorin legt Schonungslosigkeit und Barmherzigkeit gleichermaßen uns ans Herz.
    Michkas Suche nach Worten, ihre fortschreitende Paraphasie rührt zutiefst. Es ist nicht nur der Verlust der Sprache, sondern auch der Verlust der Selbstbestimmtheit im Alter, der Michka immer mehr zum Verschwinden bringt. Nur mehr in ihren (Alp)träumen lehnt sie sich dagegen auf: „Wir brauchen nur das Gefühl, wir seine noch ein bisschen frei, denn sonst: Wozu das alles?“
    Wenn die Sprache verloren geht, was bleibt uns dann? Wertschätzung, Liebe, Zuneigung, Berührung. Dankbarkeit.

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 5 Sterne

    Laura W., 10.03.2020 bei bewertet

    Hinter dem schlichten Cover verbirgt sich eine kleine und kurze, aber ganz besondere Geschichte.

    Es geht um Michka, die vergesslicher wird und öfter stürzt und dadurch ins Heim muss. Es fällt der alten Dame nicht leicht ihre Unabhängigkeit ein Stück weit abzugeben. Und es fällt ihr nicht leicht damit zu leben, dass sie immer vergesslicher wird, immer weniger die richtigen Worte findet. Ihr zur Seite stehen ihr ihre gute, junge Freundin Marie, auf die sie als Kind aufgepasst hat und der Logopäde Jerome der im Altenheim zwei mal in der Woche mit ihr übt. Michkas sehnlichster Wunsch ist es sich bei einem Ehepaar zu bedanken, das sie in ihrer Kindheit gerettet hat. Aber sie kennt nur ihre Vornamen...

    Dies ist eine ganz besondere und sehr rührende Geschichte über das Vergessen. Aber auch über den Alltag und die Ängste in einem Pflegeheim. Außerdem geht es im Buch um Dankbarkeit und Menschlichkeit.
    Das besondere am Buch ist auch der sehr ausdrucksstarke Schreibstil der Autorin. Sie versteht es einen von Anfang an kn wenigen Sätzen fesseln zu können, und man kann das dünne Buch bis zum Schluss nicht aus der Hand legen.
    Erzählt wird aus Sicht von Marie und Jerome. Das ermöglicht es die Geschichte aus Sicht einer Angehörigen und eines aussenstehenderen Menschen zu betrachten, was mir sehr gefallen hat. Aber auch Marie selbst kommt zum Zug in der Geschichte und man erlebt ihre Hilflosigkeit und ihre Ängste auf Albträume sehr bildhaft.
    Zum Schluss musste ich schwer schlucken und mit den Tränen kämpfen. Und man stellt sich die Frage wem ist man selbst dankbar und hat man das demjenigen schon mal gesagt oder oft genug!?

    Fazit: Ein sehr rührendes, gelungenes und besonderes Buch. Ich empfehle es gern weiter!

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein