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  • 5 Sterne

    5 von 7 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Lesbar, 19.08.2021

    Als Buch bewertet

    Mit Der Kolibri legt Sandro Veronesi einen zu Recht preisgekrönten Roman vor. Leicht wie ein Kolibri fliegt man durch die Seiten und findet tiefsinnige und zugleich leichte Unterhaltung.

    „Kolibri“ ist der Spitzname des Augenarztes Marco Carrera. Bereits auf den ersten Seiten erfährt man in einem Dialog derart viel über das Leben des Arztes, dass man das Buch nicht mehr aus der Hand geben möchte. Der Autor versteht es vorzüglich, den Leser durch Briefe und Erzählungen mehr und mehr an der Hauptperson teilhaben zu lassen. Dabei ist der Schreibstil unvergleichlich feinfühlig und zugleich kraftvoll.

    Es sind viele kurze, prägende Etappen im Leben des Augenarztes, die sich wie Perlen an einer Kette zu einer schönen, großen Geschichte verbinden.

    Das Buch ist derart feinfühlig und stilistisch hervorragend geschrieben, sehr empfehlenswert.

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  • 4 Sterne

    2 von 3 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    schokoflocke, 24.08.2021

    Als Buch bewertet

    Wie das Leben so ist ...

    " Marco Carrera begriff, dass es keinen Sinn hatte nachzubohren, sich zu streiten, sich durchzusetzen; zum x-ten Mal in seinem Leben war er mit dem Unvorhergesehenem konfrontiert, und er hatte gelernt, dass man das Unvorhergesehene akzeptieren musste, aber das war nicht leicht. "

    Man kann es Ironie des Schicksal nennen, dass Marco Carrera, der eine große Abneigung gegen Psychonalyse hat, ausgerechnet von Psychoanalityker seiner Frau erfährt, dass sie ihn verlassen will. Und in diesem Moment scheint es unvorstellbar, dass genau dieser Psychoanalityker Jahre später zu Marcos Freund und Vertrauten wird. Das Leben verläuft aber oft überraschend und unvorsehbar, dass hat Marco mittelweile gelernt und versucht damit einfach klar zu kommen.
    Mich hat Sandro Veronesi mit seinem Roman total überrascht. Der Anfang ist nicht leicht, bisschen skurril und Marco mit seiner passiven Einstellung wirkte irgendwie unsympathisch. Je mehr man aber die Geschichte kennt ( und man musst sie wie ein Puzzle zusammensetzen ), desto besser kann man es verstehen und im Laufe des Buches ist Marco zu einer Lieblingsfigur geworden. "Der Kolibri" ist ein wunderbares und außergewöhnliches Familienroman, mit einem Protagonisten, der viele Schicksalschläge, Lügen und unfreuliche Wendungen erdulden musst, es aber schafft sich selbst treu zu bleiben. Obwohl es in der Geschichte oft um schlimme Krankheiten und Tod geht, ist die Bottschaft doch hoffnungsvoll - das Leben hat auch Schönes zu bitten, man muss nur das Schlechte akzeptieren, nicht aufgeben und weitermachen.
    Der Schreibstil hat mir gut gefallen und ich fand das Buch angenehm zum lesen. Allerdings schweift die Geschichte manchmal ab und zeitlich ist sie so durcheinander erzählt, dass es bisschen verwirrend wirkt. Im Ganzen fand ich es aber wirklich großartig und sehr lesenswert.

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  • 4 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Barbara T., 27.08.2021

    Als Buch bewertet

    Lesenswert!

    In dem Roman „Der Kolibri“ erzählt Sandro Veronesi die Lebensgeschichte von Marco Carrera, den die Mutter in seinen Jugendjahren liebevoll Kolibri genannt hat. Es lag vor allem daran, dass Marco viel zu klein für sein Alter war, aber auch an seiner Schnelligkeit und Schönheit, die diese Assoziation in der Mutter weckten.

    Die kleinen Kolibris wurden wegen ihrer Fähigkeiten als „Akrobaten der Lüfte“ genannt. In seinem ereignisreichen Leben musste Marco oft beweisen, dass auch er diese Fähigkeiten besitzt. In der Geschichte seines Lebens gibt es viel Glück, aber wahrscheinlich noch mehr Leid; viele tragische Ereignisse, die jeden normalen Menschen mit ihrer Last erdrücken könnten.

    Marcos bewegter Lebensweg wurde in kurzen Kapiteln erfasst, jeder von ihnen mit dem Titel und der entsprechenden Jahreszahl versehen. Denn die Erzählung erfolgt nicht chronologisch; das Ereignis selbst und seine Bedeutung sind dem Autor wichtiger. Und so kommt es, dass ich zuerst über Einiges aus der Zukunft erfahre und mich dann in die Vergangenheit begeben muss, um das Geschehene richtig verstehen zu können.

    Auch die Sprache hat einiges von mir verlangt; mal erzählt der Autor viel und schnell, so als würde er alles auf einmal erzählen wollen. An diesen Stellen hatte ich das Gefühl jemandem zuzuhören, der mir was Wichtiges, Dramatisches, sofort und jetzt erzählen muss. Dann wieder bedient er sich einer ruhigen, fast poetischen Sprache, und da lässt er mich zu Atem kommen, das Gelesene genießen, miterleben.
    Es gibt in dem Roman viele gefühlvolle Momente, Kapitel, die zum Nachdenken bewegen, Ereignisse, die auf Tränendrüsen drücken. Es ist ein bemerkenswertes Buch!

    Zum Schluss erlaube ich mir die Worte des Autors über das Buch von David Leavitt, im Kapitel „Via Crucis“ erwähnt, zu zitieren:
    „Er ist wunderbar; lesen Sie ihn oder lesen Sie ihn wieder.“ (343)
    Der Satz entspricht auch voll und ganz meiner Empfehlung zum Roman von Sandro Veronesi.

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  • 4 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Fornika, 25.08.2021

    Als Buch bewertet

    Marco Carrera war als Kind lange der allerkleinste von allen, seitdem hängt ihm der Spitzname Kolibri nach. Jetzt als Erwachsener arbeitet er als Augenarzt in Florenz und staunt nicht schlecht, als statt dem nächsten Patienten, der Psychoanalytiker seiner Frau vor der Tür steht. Diese wolle ihn verlassen, eröffnet er Marco. Der fühlt sich an andere dunkle Stunden seines Lebens erinnert und beginnt zurückzudenken.
    Veronesis Roman ist raffiniert und verschachtelt erzählt, was ihn gleichzeitig faszinierend, aber eben manchmal auch etwas verwirrend macht. Briefe von und an Marco, Telefonate und Gedichte wechseln sich mit episodenhaften Szenen seines Lebens ab, alles chronologisch weitgehend ungeordnet. Man muss am Ball bleiben, um nicht den Überblick über die knapp 60 erzählten Jahre zu verlieren. Vieles klärt sich erst im Nachhinein, Charaktere lassen sich doppelt schwer einschätzen. Sätze, die sich über mehrere Seiten ziehen, machen es manchmal schwerer, aber auch deutlich interessanter. Veronesis Stil ist eigenwillig, aber sehr ansprechend und hat mich mehr als einmal überrascht.
    Marco ist ein Allerweltstyp, der aber in seinem gutbürgerlichen Leben viel Pech gehabt hat. Zumindest wirkt es in der Summe der Dinge zunächst so, was dem Roman eine etwas depressive Grundstimmung gibt. Trotzdem gibt es auch Hoffnungsschimmer, und die liegen oft in der Familie. Familie ist das Grundthema dieses Romans, mal auf traurige oder beschämende Weise, mal auf skurrile und humorvolle. Ich mochte den Kolibri ganz gerne, auch wenn sich der Autor in der ein oder anderen Abschweifung verflattert hat.

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  • 4 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Angelika T., 02.09.2021

    Als Buch bewertet

    Marco Carrera ist Augenarzt – und in den Augen seiner Freunde „der Kolibri“. Was in seiner Kindheit und Jugend für seine Körpergröße stand, wird später im Leben ein Synonym dafür, dass er mit aller Kraft versucht, an einer Stelle zu bleiben...
    Sandro Veronesi kann kann hervorragend schreiben, seine Schilderungen sind ehrlich, offen und zutiefst menschlich. Einfühlsam beschreibt er das von tragischen Schicksalsschlägen getroffene Leben von Marco, seine große Liebe, seine rührende Hingabe zu Tochter und Enkelin.
    Sandro Veronesi Geschichte hat mich sehr berührt und gefällt mir auch sehr, aber ich konnte den starken Zeitsprüngen in den unterschiedlichsten, zum Teil winzigen Puzzle-Teilchen zunächst nicht folgen und bin auch stets wieder in Verwirrung geraten. Leider habe ich erst am Ende gesehen, das es ein sehr übersichtliches Inhaltsverzeichnung mit Jahresangaben gibt, das mir sicher bei der Orientierung geholfen hätte. Da ich es immer vermeide, ein Buch vom Ende her aufzublättern, ist mir dieses natürlich entgangen.
    Eine wunderbare, sehr beeindruckende Geschichte, leider für mich sehr „zersplittert“, womöglich zu anspruchsvoll.

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  • 4 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    eine Kundin, 11.10.2021

    Als Buch bewertet

    Unkonventionell, bewegend, menschlich
    Kolibri ist der Spitzname der Hauptfigur in Sandro Veronesis neuestem Buch, ein Spitzname, den er aufgrund eines Problems erhielt, welches er in seiner Kindheit hatte.
    Kolibri ist der konservative Held, der mit Veränderungen jeglicher Art schlecht klarkommt, denn sie sind für ihn so etwas wie ein Versagen, er kommt dadurch nicht zur Ruhe. Und so lebt er ein anstrengendes Leben um Veränderungen möglichst nicht zuzulassen. In einer unaufgeräumten, unzusammenhängenden Chronologie überspringt Veronesi Jahre und ganze Zeiträume und bringt alle Gefühle ins Spiel, die aus heiterem Himmel auftauchen und den Drang verspüren, ausgesprochen zu werden.
    Mir hat dieser kraftvolle und unkonventionelle Roman von Veronesi gut gefallen, wobei mir jedoch der erste Teil viel besser gefiel als der Letzte. Es geht um Schmerz, Schuld und Verluste. An manchen Stellen war die Geschichte etwas langatmig erzählt, an anderen dafür sehr fesselnd und bewegend. Und es gibt viele literarische, filmische und musikalische Einwürfe, und ein Nachwort des Autors. Lesenswert und deshalb bewerte ich das Buch mit 4 von 5 Sternen.

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  • 4 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Mona, 25.10.2021

    Als Buch bewertet

    Spannend aber nicht leicht
    Bei diesem Buch fällt mir als erstes das wirklich außergewöhnlich schöne Cover auf. Der auf grünem Hintergrund dargestellte Kolibri ist sehr ansprechend dargestellt.
    Beim Titel des Buches hätte ich einen anderen Inhalt erwartet. Es ist ein Buch das nicht leicht zu lesen ist und auf dessen Inhalt man sich schon einlassen muss. Im Anfang erfährt der Augenarzt Marco Carrera vom Psychoanalytiker seiner Frau, dass diese schwanger von einem anderen Mann ist und ihn verlassen wird. Schon dies Gespräch ist so ungewöhnlich und bringt das Leben des sensiblen Mannes durcheinander. Das Buch besteht aus verschiedenen Momentaufnahmen, Geschichten und auch Briefen die man erst nach einer Weile in Zusammenhang bringen kann. Für mich war dieses Buch eine Herausforderung, denn es ist nicht einfach geschrieben, aber dennoch sehr interessant und daher etwas besonderes.

    Das Buch wurde 2020 mit dem Premio Strega ausgezeichnet und zählt sicher zur modernen, anspruchsvollen Literatur, mit der man eventuell erst einmal warm werden muss.

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  • 2 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Michaela F., 06.10.2021

    Als Buch bewertet

    Das Cover ist wirklich wunderschön gestaltet und zeigt einen majestätischen Kolibri. In einer Buchhandlung fällt dieser sicherlich auf.

    Das Buch wechselt sich immer wieder mit Briefen, Mails und Geprächen ab, die beinahe das Gesamte Leben von Marco, unseren Protagonisten wiedergeben. So erfahren wir auch was es mit dem Buchtitel "Kolibri" auf sich hat. Marco hat es gewiss nicht immer leicht, so musste er sich zum Beispile einer Hormonbehandlung unterziehen, damit er wuchs. Auch verfolgt ihn der Tod und zieht im immer wieder den Boden unter den Füßen weg.

    Die Erzählweise ist etwas verwirrend und hat den Lesefluss meinerseits negativ beeinflusste. Auch sind mir einige passagen einfach zu ausschweibend und langatmig. Da die Anordnung der verschiedenen Abschnitte nicht chronologisch geeordnet sind, ist es zusätzlich schwer alles zu überblicken und vor allem zu durchblicken.

    Leider konnte mich das Buch nicht wirklich überzeugen, deswegen vergebe ich nur 2 von 5 Punkten.

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  • 5 Sterne

    3 von 6 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Sabine W., 03.10.2021

    Als Buch bewertet

    Die Hängematte des Lebens – am selben Fleck und doch bewegt
    Der Augenarzt Marco Carrera trägt den Spitznamen Kolibri seit er ein kleiner Junge ist. Erwachsen scheint er glücklich verheiratet – bis der Psychoanalytiker seiner Frau gegen sein Berufsethos verstößt und ihn vor seiner Frau warnen will. Im Anschluss wird Marco gesamtes Leben aufgerollt und damit auch seine Begegnungen mit verschiedenen Menschentypen; von seiner Kindheit bis zu seinem Tod.
    Das helle Grün des Covers wirkt sehr beruhigend, wird aber belebt und bewegt durch die Abbildung eines Kolibri, der in ständiger Bewegung zu sein scheint. Und doch bleibt er an derselben Stelle. Genau wie der Protagonist Marco, der in seinem Leben einige Schicksalsschläge hinnehmen muss, dessen Leben sich aber dennoch nicht zu verändern scheint.
    Der Autor verwendet in diesem Roman einige wenige, recht kurze Sätze, deren Aussage aber immer ins Schwarze trifft. Der restliche Roman ist in langen verschachtelten Satzgebilden verfasst, die aber ebenso sitzen. Keines der Wörter ist zu viel, jedes Adjektiv, jeder weitere Nebensatz hat einen Sinn, und was für den Leser am wichtigsten scheint: niemals verliert man sich in den umfangreichen Sätzen, weil sie logisch sind und man der Aussage des Autors auf diese Weise immer spielend leicht folgen kann. Veronesis Schreibstil mag in der Theorie unmöglich erscheinen, in der Praxis wird er aber geradezu perfekt umgesetzt. An dieser Stelle gebührt auch dem Übersetzer Michael von Killisch-Horn ein großes Lob, dem es hervorragend gelungen ist, jede Nuance des italienischen Originaltextes ins Deutsche zu transportieren.
    Veronesi erzählt die Geschichte nicht chronologisch, sondern springt zwischen den verschiedenen Lebensabschnitten Marcos hin und her. Und dennoch verhält es sich auch hier wieder wie mit dem Schreibstil: der Leser verliert sich nicht, sondern hat am Ende ein komplettes Bild der Protagonisten vor Augen. Jedes Kapitel, jeder eingefügte Brief, jedes Telefonat passt großartig ins gerade Erzählte und erläutert auf eigene Weise das Gelesene, selbst wenn Jahrzehnte zwischen den Geschehnissen liegen. Der Autor findet für jede Gelegenheit die passenden Worte, egal, ob er Themen wie Ehe, Familie, Aberglaube behandelt, oder ob über Schuld und Verzeihen, Verlust und Verzweiflung, Krankheit und Tod schreibt.
    Marco ist von Anfang an sehr sympathisch gezeichnet. Seine Handlungen und Reaktionen sind nachvollziehbar. Auch alle anderen Personen sind realitätsnah beschrieben und vertiefen das Bild des Protagonisten. Den Premio Strega hat der Roman 2020 mehr als verdient. Veronesi ist damit ein herausragendes Werk gelungen, dem eine absolute Leseempfehlung gewiss ist.

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  • 5 Sterne

    3 von 6 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    anonym, 15.09.2021

    Als Buch bewertet

    Kaleidoskopblick auf ein Leben

    Sandro Veronesis Kolibri nimmt uns mit auf eine Reise durch das Leben von Marco Carrera, der erfährt, dass seine Frau ihn betrügt. Davon ausgehend spinnt Veronesi mit großer Kunstfertigkeit eine Erzählung, die nicht nur erklärt, warum Marco an diesem Punkt seiner Ehe landet, sondern auch, wie es weitergeht. Scheinbar ungeordnet werden Passagen aus seiner Kindheit, aus Briefen, aus seiner Jugend, Ehe und seine späteren Leben vermischt und doch erkennen wir beim Lesen mehr und mehr, dass sich die Texte und Kapitel genauso auf ein Ziel zubewegen wie Marco, dessen kolibriähnliche Fähigkeit doch gerade darin besteht, unter großer Kraftanstrengung auf der Stelle zu bleiben. Was Marco angeht, ist der Roman auch eine spannende Charakterstudie und erzählt von Hoffnung, Leid, verpassten Chancen und dem Umgang mit all dem gleichermaßen.

    Das Buch ist zwar eine fiktionale oder zumindest teils fiktionale Biografie (der Autor merkt im Nachwort bei einzelnen Passagen an, dass sie seiner eigenen Erfahrung entstammen), aber es ist auch magisch, macht das Schicksal auf eine angenehm nicht-spirituelle Art und Weise zum Drahtzieher hinter Marcos Leben.

    Wirklich beeindruckend - und hier geht mein Respekt vor allem auch an den Übersetzer Michael von Killisch-Horn - sind Sprache und Komposition des Buchs. Denn nicht nur in zeitlicher Hinsicht wird das Leben Marcos wie durch ein Kaleidoskop gebrochen und neu zusammengesetzt. Auch sprachlich und was den Aufbau des Buchs anbelangt, ist es ein buntes Potpourri: Da steht ein Brief voller Andeutungen neben einem Kapitel, in dem kein einziger Punkt vorkommt, da stehen anspruchsvolle intertextuelle Referenzen neben der seitenlangen Auflistung des Inventars eines Hauses. Das Buch fordert seine Leser*innen also auf allen Ebenen. Ich habe es sehr gerne gelesen und kann es nur weiterempfehlen.

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  • 4 Sterne

    1 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Ruth L., 12.09.2021

    Als Buch bewertet

    Faszinierende, hoch komplexe Geschichte
    Sandro Veronesi, einer der bedeutendsten Schriftsteller Italiens, hat schon einmal den Premio Strega, den wichtigsten Literaturpreis Italiens, erhalten , und zwar 2006 für seinen Roman „ Stilles Chaos“. 2020 wurde er für den vorliegenden Roman zum zweiten Mal mit diesem Preis ausgezeichnet.
    „Der Kolibri“ ist ein ungewöhnlich erzählter und virtuos aufgebauter Familienroman. Im Zentrum steht der Augenarzt Marco Carrera, 1959 geboren ( wie sein Autor ), aufgewachsen mit zwei Geschwistern in einer gut situierten Florenzer Architektenfamilie.
    Als Kind war Marco ungewöhnlich klein und zartgliedrig und wurde deshalb von seiner Mutter liebevoll „ Kolibri“ genannt. Eine im Teenageralter angewandte Hormonkur ließ ihn innerhalb einiger Monate um 16 Zentimeter wachsen. Marco war ein talentierter Skifahrer und Tennisspieler ( auch das verbindet ihn mit seinem Schöpfer).
    Er verliebt sich jung in die Nachbarstochter Luisa. Eine Liebe, die ein Leben lang hält, aber unerfüllt bleibt.
    Mit Ende Zwanzig trifft er die slowenische Flugbegleiterin Marina, die beiden heiraten und bekommen eine Tochter, Adele.
    Gleich zu Beginn des Romans erfährt der mittlerweile 40jährige Marco Carrera vom Psychoanalytiker seiner Frau, dass ihn diese betrügt und dass sie ein Kind erwartet, allerdings von einem anderen Mann. Die Ehe mit der psychisch labilen Marina endet in einem Rosenkrieg.
    Aber das ist nicht der einzige Schicksalsschlag, den unser Protagonist erleiden muss. Wie ein moderner Hiob erlebt er immer wieder Kummer und Leid.
    Seine geliebte ältere Schwester Irene beendet selbst ihr Leben. Die ganze Familie macht sich Vorwürfe, die Anzeichen nicht richtig gedeutet zu haben.
    Später wird Carrera seine Eltern auf ihrem krankheitsbedingten Leidensweg begleiten. Beide sterben innerhalb kürzester Zeit hintereinander.
    Doch das wird nicht alles sein, was das Leben an Grausamen für ihn bereithält.
    Das Glück seines Alters wird seine Enkelin Miraijin sein.
    Sandro Veronesi hat mit Marco Carrera einen Helden geschaffen, der trotz allem Unglück nicht verbittert sondern weitermacht. Dazu passt das Zitat von Samuel Beckett, das als Motto dem Roman voransteht: „ Ich kann nicht weitermachen. Ich mache weiter.“
    Er bleibt sich selbst treu, flüchtet nicht vor der Verantwortung, wie es viele tun, sondern hält Stand und kümmert sich.
    „ Keiner versteht es wie Du, standhaft durchzuhalten, aber keiner versteht es auch wie Du, sich der Veränderung zu entziehen,… Du bist ein Kolibri, weil Du wie die Kolibris deine ganze Energie dafür verwendest, auf der Stelle zu bleiben.“ Das schreibt ihm Luisa in einem ihrer Briefe.
    Nicht nur die Figur ist außergewöhnlich, sondern v.a. die Art des Erzählens. Sandro Veronesi hält sich an keine Chronologie. Das Buch ist aufgebaut wie ein Puzzle, das sich dem Leser langsam erschließt. Das macht die Lektüre nicht einfach. Hilfreich ist deshalb, dass jedem Kapitel die Jahreszahl vorangestellt ist.
    Dabei wechselt der Autor nicht nur die Zeitebenen, sondern auch die Erzählformen. Lange epische Passagen wechseln mit Dialogen, E- Mails, Briefen Telefonanrufen, Gedichten und Inventarlisten. So führt z.B. Marco in einem Brief an seinen jüngeren Bruder ( der nie beantwortet werden wird wie alle Briefe an den Bruder ) eine Bestandsliste aller vom Vater gesammelten Urania- Romane (Science Fiction ) auf. Anhand der wenigen fehlenden Bände werden wichtige Geschehnisse innerhalb der Familie erklärt.
    Die Sprache des Romans ist präzise und zugleich poetisch. Viele kluge Sätze lassen innehalten und nachdenken.
    Das Buch greift eine Menge verschiedene Themen auf - es geht um Bindungen unterschiedlichster Art, um die Höhen und Tiefen des Lebens, um die Frage nach Schicksal oder Zufall und vieles mehr.
    Lediglich das Ende hat meinen positiven Leseeindruck geschmälert. Hier driftet der Autor ins Esoterische oder Fantasyhafte ab. Das Enkelkind ist zu perfekt, um realistisch zu sein. Es verkörpert mehr eine Idee als eine reale Figur.
    Trotzdem kann ich den Roman nur empfehlen. In ihm steckt eine faszinierende, hoch komplexe Geschichte mit facettenreichen und unvergesslichen Charakteren. Sandro Veronesi ist ein Erzähler auf höchstem Niveau.

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  • 4 Sterne

    1 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Lesefüchsin, 30.08.2021

    Als Buch bewertet

    Das wunderschöne Cover mit dem Kolibri hatte mich angesprochen und zum Lesen motiviert.
    Im Buch geht es um die Lebensgeschichte Marco Carreras, die ziemlich tragisch verläuft und von viel Leid, Tod und Trauer, aber auch Hoffnung geprägt ist.

    Die Kapitel sind Ausschnitte aus Szenen verschiedener Jahre, nicht chronologisch sondern durchmischt, E-Mails, Telefonaten, Gesprächen und Briefen. Durch dieses Durcheinander fiel es mir teilweise schwer, mich zurechtzufinden.

    Einige Abschnitte fand ich unnötig in die Länge gezogen, wie die E-Mail an seinen Bruder, in dem über drei Seiten Gegenstände aufgelistet werden. Oder manche Hintergrunderklärung wie die über den Manga-Erfinder, die ich zwar als interessant, aber dennoch unpassend empfand.

    Zwischendurch hatte ich kaum noch Lust, weiterzulesen, dies hat sich aber im letzten Drittel wieder gegeben und ich habe mich mit dem Buch versöhnt.

    Ein etwas schwierig zu lesendes Buch über ein komplexes Leben eines besonderen Mannes und alles andere als eine Heldengeschichte. Eher die Erzählung aus einem durchaus realistischen Leben, in dessen Tragik es leider zu viele tatsächlich geben wird.

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  • 4 Sterne

    1 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    lisbethsalander, 12.09.2021

    Als Buch bewertet

    Sowohl das farblich sehr ansprechend gestaltete Cover, als auch Klappentext und Leseprobe haben mich von Anfang an sofort in ihren Bann gezogen, so dass ich dieses Buch unbedingt lesen musste und sehr neugierig darauf war. Es ist sprachlich recht anspruchsvoll geschrieben, geradezu poetisch, die langen Sätze bilden einen regelrechten Sog, dem ich mich als Leser schwer entziehen konnte. Der Handlung fand ich teilweise etwas schwer zu folgen, dass ich das Buch schwer aus der Hand legen konnte, lag eher an dem eindringlichen Schreibstil des Autors. Gleich am Anfang erfahren wir gemeinsam mit dem Protagonisten Augenarzt Dr. Marco Carrera, dass er von seiner eigenen Frau betrogen wird. Deren Psychoanalytiker sucht Marco in seiner Praxis auf und hinterbringt ihm dieses Geheimnis. Nun werden nach und nach, allerdings nicht chronologisch, Ereignisse, Schicksalsschläge aus dem Leben der Hauptfigur geschildert. Puzzleteil fügt sich an Puzzleteil, teilweise wirkt das ganze etwas verwirrend, trotzdem konnte ich mich der Faszination der Geschichte schwer entziehen. Von mir eine Leseempfehlung mit leichten Abstrichen.

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  • 5 Sterne

    anonym, 23.08.2021

    Als Buch bewertet

    Emotionale Beziehungsgeschichte voller Verwicklungen
    Mit zahlreichen Rückblicken verquickt mit gegenwärtigen Ereignissen nimmt uns der Autor Sandro Veronesis hinein in die Geschichte des Augenarztes Marco Carrera. Vom Psychologen seiner Frau, die beruflich als Stewardess arbeitet, wird ihm offenbart, dass diese schon seit langen Jahren eine Beziehung zu einem Flugzeugkapitän aufrechterhält. Das setzt bei ihm eine Lawine an Gefühlen und nachfolgenden Ereignissen in Gang, die dem Augenarzt eigentlich völlig ungelegen kommen. Er ist wie ein aufgeregter Kolibri, der sich nach Ruhe und genussvollem Nektar sehnt.
    Dem Autor gelingt es in Briefquellen nach und nach wie bei einem Puzzle die Fragmente der Beziehungen zusammenzusetzten, die angefüllt sind mit Liebe, Lügen, Leidenschaft. Denn auch der hintergangene Arzt hat seine eigenen Leichen im Keller.
    Der literarische Stil mit den Brieffragmenten, der Beteiligten ist etwas gewöhnungsbedürftig. Dadurch zerfledert der Roman etwas und man muss gedanklich permanent am Ball bleiben, um den roten Faden in der Geschichte nicht zu verlieren.
    Aber die Mühe lohnt sich, denn man wird mit einem psychologisch gut durchdachten Roman belohnt, der immer wieder mit Überraschungen aufwartet und letztlich fesselt. Wunderbar, dass dieses preisgekrönte Werk nun auch in deutscher Sprache zugänglich ist.
    Auf raffinierte und anspruchsvolle Weise verwickelt der Autor den Leser in die Beziehungsgeschichte voller Verwicklungen und einem stetigen Auf und Ab der Emotionen. Große Fragen des Lebens werden von in literarischer Form bearbeitet: Was ist die wahre Liebe, wem kann ich trauen und welche Lebenslügen tragen wir mit uns herum.

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  • 4 Sterne

    dj79, 26.09.2021

    Als Buch bewertet

    Das Schicksal kann gemein sein

    Nachdem ich ein paar Seiten in den Roman von Sandro Veronesi hineingelesen hatte, vermutete ich eine eine Dreiecksgeschichte zwischen Marco Carrera und zwei Frauen. Angekündigt als Komödie und Tragödie zugleich, hatte ich einen bequem lesbaren, von Liebe und Eifersucht getragenen Roman erwartet. Bekommen habe ich etwas ganz anderes, mehr Realität, mehr echtes Leben, eine ganze Familie.

    Der Kolibri, das ist der Protagonist dieser Geschichte, seiner Lebensgeschichte, der Augenarzt Marco Carrera. Wir begleiten ihn von der frühen Jugend bis ins Alter, jedoch nicht in der Reihenfolge wie sein Leben wirklich stattfindet, sondern bruchstückhaft in bunt gemischten Puzzleteilen. Dabei starten wir in den 1970ern, tangieren die Gegenwart und tauchen auch ein Stück weit in die Zukunft ein. Durch den Kunstgriff des fortgesetzten Zeitstrahls kann der Autor aktuelle Geschehnisse, Themen und Formate rückblickend aus der Zukunft betrachten. Das hat mir besonders im Kapitel „Der neue Mensch“ gefallen.

    Marco Carrera selbst ist ein Mann ganz nach meinem Geschmack: gebildet, trotzdem bodenständig, ein Familientyp, pflichtbewusst und liebevoll. Obwohl Marco seine Jugendliebe niemals vergessen konnte und sie sein Leben lang letztlich doch geliebt hat, blieb er seiner Familie, Frau und Kind, treu ergeben. Mit Demut ertrug er die Schicksalsschläge, die das Leben für ihn bereit hielt, fügte sich fortwährend in seine Rolle und bereicherte das Leben seiner Mitmenschen. Ich hatte Marco sehr gern. Schließlich hätte er sich auch in eine negative Richtung ähnlich wie sein bester Freund entwickeln können.

    Etwas hadern tue ich mit dem Geständnis des Psychoanalytikers von Marcos Frau zu Beginn des Romans in Kombination mit der Geschichte, die dann folgt. Er behauptet nämlich, Marco sei in Gefahr. Gleichzeitig teilt er ihm mit, dass Marcos Ehefrau schwanger von einem deutschen Piloten ist. Ein extremer Aufschlag, auf den später gefühlt nicht mehr eingegangen wird. Dennoch hat der Psychoanalytiker von Beginn an Recht, als könnte er hellsehen. Ein bisschen verwirrend, insgesamt aber stimmig. Genossen habe ich in diesem Zusammenhang die Gespräche zwischen dem Augenarzt und dem Psychoanalytiker. Sehr komisch, vielleicht typisch kurz und knapp, wo auf ein Schweigen ein Schweigen folgt und auch dies einen Teil des Dialogs darstellt.

    Am Ende habe ich einen komplexen Roman gelesen, der mich zwischendurch fast abgehängt hätte. Freundlicherweise hat Sandro Veronesi seine Kapitelüberschriften mit Jahreszahlen ergänzt, so dass eine Orientierung noch möglich war. Sprachlich waren manche Formulierungen etwas holprig für mich, manche Aufzählungsarie war mir zu viel, weil dann mein Lesen eine zu starke Beschleunigung erfuhr, bis ich ins Stolpern geriet. Die literarische Herausforderung hat sich für mich gelohnt, da sich wie erhofft ein Gesamtbild der Geschichte ergibt, das mir gefällt. Zudem war ich nach der Lektüre so gerührt, dass ich ein, zwei Tränen nicht halten konnte.

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  • 5 Sterne

    v_im_wunderland, 01.09.2021

    Als Buch bewertet

    geschickt geschrieben

    Das Cover des Buches finde ich gut gestaltet, aber es verrät noch nichts über den Inhalt des Buches. Die Geschichte des Buches dreht sich um das Leben von Marco Carrera. Dieser blickt auf seine gescheiterte Ehe zurück, aber eigentlich wird sein komplettes Leben beleuchtet. Denn die einzelnen Lebensabschnitte des Protagonisten, wie seiner Freunde und Familie, wird geschickt in diesem Buch miteinander verwoben. So springt der Autor in seiner Erzählung zwischen den verschiedenen Zeitabschnitten hin und her und auch die Erzählform wird ständig geändert, da auch verschiedene Briefwechsel mit eingeflochten werden. Somit hält der Autor die Spannung, aber es ist auch gar nicht so einfach dem Geschehen zu folgen. Trotzdem finde ich den Schreibstil sehr gut und auch die Geschichte um Marco Carrera und seine Frauen sehr interessant und umgesetzt.

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  • 4 Sterne

    SofieW, 27.08.2021

    Als Buch bewertet

    Ein Mann, sein Leben und eine Familiengeschichte drumherum

    Man öffnet dieses Buch und stürzt mitten hinein in das Leben, das Leben des Augenarztes Marco Carrera. Gerade hat er erfahren, dass ihn seine Frau, eine Stewardess, verlassen wird und zwar nicht von dieser selbst, sondern von ihrem Psychoanalytiker. Das ist schon eine doppelte Schmach und setzt eine Menge Emotionen bei diesem frei. Und dann geht das Leben einfach weiter. Da warten einige heftige Schicksalsschläge auf diesen Mann und auch die Mitglieder seiner Familie müssen harte Zeiten durchstehen. Die Geschichte blickt aber auch verstärkt zurück und erzählt von dem Weg des späteren Arztes, beginnend bei den Problemen in seiner Kindheit. Und der Name des Kolibris als Symbol eines unendlich zartknochigen aber trotzdem geradezu vibrierenden Geschöpfs hat ihn schon damals begleitet.
    Irgendwie ist bei dieser Geschichte alles im Fluss, obwohl man sie nicht in chronologischem Ablauf erzählt bekommt. Ständig wird zwischen den Zeiten gewechselt und was man erfährt, wird teilweise aus Briefen bestückt und durch sehr kunstvolle aber manchmal auch aberwitzig konstruierte Dialoge befüllt. Dies so anzunehmen und es als absoluten Gewinn für diesen Roman zu sehen, dafür braucht es 'Eingewöhnung', aber dann wird 'dieser Kolibri' einfach zu einem ganz wunderbaren Leseerlebnis.
    Und die Auszeichnung "Premio Strega 2020" steht, absolut verdient, genau dafür.

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  • 4 Sterne

    Hayatsu Y., 21.10.2021

    Als Buch bewertet

    Preisgekrönt

    „Der Kolibri“ von Sandro Veronesi wurde 2020 mit dem italienischen Premio Strega Preis ausgezeichnet und entsprechend hoch waren meine Erwartungen.

    Marco Carrera, genannt der Kolibri, muss in seinem Leben so einige Schicksalsschläge wegstecken und dennoch schafft es der Augenarzt, der Vater, Sohn, Bruder, Ehemann, Geliebte weiterzumachen. Mehr will ich zum Inhalt gar nicht sagen. Denn die Art, wie der Autor die Geschichte erzählt, ist außergewöhnlich.

    Beginnend mit einem Gespräch zwischen Carrera und dem Psychotherapeuten seiner Frau, wird die Geschichte in einzelnen Kapiteln aus Sicht Marcos, mit Hilfe von Briefen und Gesprächen erzählt, allerdings nicht chronologisch, sondern mit großen Zeitsprüngen zwischen den einzelnen Kapiteln. So fügt sich ein Puzzleteil ins andere und erzeugt eine ganz subtile Spannung.

    Veronesi schafft es wie kaum ein zweiter mit seiner Sprache eine Sogwirkung auf den Leser auszuüben. Sätze, die über mehrere Seiten gehen, wechseln sich mit knappen Sätzen ab, die durch das Unausgesprochene bestechen. Er fordert den Leser, sowohl sprachlich als auch inhaltlich.

    Während die Spannung sehr lange aufrechterhalten wird, flacht die Geschichte am Ende leider etwas ab. Dennoch ein sehr lesenswertes Buch, das noch einige Zeit im Gedächtnis bleibt.

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  • 4 Sterne

    büchernarr, 26.10.2021

    Als Buch bewertet

    Stillstand ist unmöglich, Panta rei: alles fließt. So bewegt sich auch Marco, der Protagonist. Sein Leben ist das der oberen Mittleschicht, seine Ängste und Wünsche fordert Schmerzen, Vergnügen und Leid heraus. Sein soyiels Umfeld sind Architekten, Ingenieure, Ärzte, Anwälte und dergleichen. Sie haben keine finanziellen Schwierigkeiten, daher müssen ihre Leiden anderer Art sein, hauptsächlich in Bezug auf Gesundheit und Beziehungen. Was an dem Protagonisten Marco Carrera ungewöhnlich ist, ist das schiere Ausmaß dieser Leiden, die das zentrale Thema des Romans bilden. Abgesehen davon gibt es nichts Besonderes an Marco, der als anständiger, fleißiger Mann auftritt, sportlich interessiert und mit einer starken Fähigkeit zu Freundschaft und Liebe. Als ob er sich der Fragilheit seines Schreibens bewusst wäre, mischt der Autor die Chronologie seiner Erzählung und wechselt zwischen der Erzählung von Dritten und der Brieftechnik, die vielen italienischen Schriftstellern am Herzen liegt. Sogelingt ihm ein ungewöhnliches, etwas gewöhnungsbedürftiges Werk.

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  • 3 Sterne

    Dajobama, 17.09.2021

    Als Buch bewertet

    Der Kolibri – Sandro Veronesi
    Dieser Roman wurde mit dem italienischen Premo Strega 2020 ausgezeichnet. Und wie so oft bei preisgekrönten Werken war es mir irgendwie von allem zu viel.
    Im Wesentlichen wird hier das Leben des Augenarztes Marco Carrera erzählt. Dieser ist ein ewiger Verlierer, ein typisches Opfer des Lebens, das sich von Schicksalsschlag zu Schicksalsschlag treiben lässt, ohne sich je davon zu erholen.
    Das Raffinierte an der Erzählweise ist die Anordnung der einzelnen Fragmente als großes Puzzle. Willkürlich springt die Handlung zwischen Ereignissen in Marcos Leben vor und zurück – gekennzeichnet einzig durch die Angabe der jeweiligen Jahreszahl in der Kapitelüberschrift. Dieses Vorgehen ist spannend – fügen sich doch die einzelnen Teile nach und nach zu einem Gesamtbild zusammen. Allerdings wird man immer wieder aus dem Lesefluss herausgerissen und muss sich komplett neu orientieren.
    Auch der Inhalt der verschiedenen Episoden ist besonders. Vieles erscheint märchenhaft, auf jeden Fall sehr kreativ. An Ideen scheint es Herrn Veronesi auf keinen Fall zu mangeln. An manchen Stellen fühlte ich mich an gewisse südamerikanische Autoren erinnert (wie nannte sich das noch… magischer Realismus?).
    Das Nachwort am Ende des Buches bringt hier etwas Licht ins Dunkel. Scheinbar hat Veronesi etliche Ideen (bekannter?) italienischer Autoren aufgegriffen. Bei mir bleibt auch hier wieder eher ein Gefühl der Unzulänglichkeit zurück. Es gibt so einiges, was man nicht wirklich ernst nehmen kann. Zweifellos ist auch das beabsichtigt, nur erschließt sich mir das wahre Wesen dieses Werkes nicht. Es wirkt vieles sehr künstlich, zwanghaft zu einer Geschichte gepresst.
    Inhaltlich ist die Psychoanalyse ein großes immer wiederkehrendes Thema. Beispielsweise der eingebildete Faden am Rücken der Tochter…. Allerdings ist Marco ein großer Kritiker ebendieser Psychoanalyse, scheinbar sieht er darin den Quell allen Übels. Hm, ich bin mir nicht sicher, was der Autor uns mit diesem Werk sagen will. So wie ich mir sicher bin, dass ich sehr vieles darin nicht verstanden habe. Die Familiengeschichte ist wohl nur vorgeschoben, aber worum geht es eigentlich? Ist dies eine Abrechnung mit allen möglichen Dingen, beispielsweise eben der Psychoanalyse? Es ist ein Werk, das furchtbar komplex ist. Offenkundig eine Familiengeschichte, die recht leicht zu greifen ist. Allerdings kann ich das was dahinter liegt, nicht fassen.
    Dann auch noch eine Liebesgeschichte, die Jahrzehnte andauert und sich im Prinzip auf Briefkontakt beschränkt. Einige Briefe sind abgedruckt – furchtbar überzeichnet, irgendwie unpassend und unbegreiflich, warum diese beiden unglücklichen Figuren es partout nicht geschafft haben sollen, zusammen zu kommen. Auch hier: was will der Autor damit ausdrücken? Ich komm nicht dahinter.
    Insgesamt also ein einigermaßen gut lesbarer Roman über eine Familiengeschichte, serviert als Puzzle. Zurück bleibt ein unbefriedigendes Gefühl, soviel nicht verstanden zu haben, nur an der Oberfläche gekratzt zu haben. Sprachlich und inhaltlich total überfrachtet – eine anstrengende Lektüre, für die ich auch recht lange gebraucht habe.
    Auch wenn ich der Meinung bin, dass dies schriftstellerisch eine großartige Leistung ist, hat es mir trotzdem nicht wirklich gefallen. 3 Sterne!

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